Die vorliegende Studie befasst sich mit der Wahrnehmung und Akzeptanz der Konsumenten bezüglich nachhaltiger Verpackungsalternativen im Online-Lebensmittelhandel, die über deren Präferenz und Zahlungsbereitschaft gemessen werden. Durch die Methode der Online-Befragung von 341 zufällig gezogenen Befragten konnten vier verschiedene Akzeptanzgruppen identifiziert werden.
Die übermäßige Produktion von Kunststoff aufgrund der stetig steigenden Nachfrage stellt eine ernstzunehmende Umweltproblematik dar. Nicht nur die Herstellung und Verwendung von Kunststoff, sondern auch dessen Entsorgung und Verwertung verbraucht eine Menge endlicher Rohstoffe, Wasser und Energie, die zur CO2-Emission und globalen Erderwärmung beitragen.
In der Lebensmittelindustrie bestehen für frisches Obst und Gemüse neben der Frischkunststoffverpackung die Alternativen Papier, Biokunststoff und Recyclingkunststoff. Der jüngste Trend unter Verbrauchern geht in Richtung des Verzichts auf jegliche Industrieverpackung.
Diese Arbeit befasst sich mit der Akzeptanz der Konsumenten für nachhaltige Verpackungs-alternativen und ihre darüber hinausgehende Zahlungsbereitschaft für diese Alternativen in dem stark aufstrebenden Online-Lebensmittelmarkt. In dieser Arbeit werden unter Verpackungsalternativen „unverpackt, Papier, Recycling-, Bioplastik“ verstanden. Mit Hilfe des Akzeptanzmodells nach Wiedmann und Frenzel werden die Akzeptanzebenen des Konsumenten von der Einstellung bis zur Nutzung quantitativ durch eine Online-Konsumentenbefragung erforscht, wobei die Einflüsse der personen- und produktbezogenen Faktoren mitberücksichtigt werden. Nach Auswertung der Primärforschung nach der Methode der deskriptiven Statistik soll die folgende Hauptforschungsfrage beantwortet werden:
Wie ausgeprägt ist die Akzeptanz unverpackter Lebensmittel im Online-Lebensmittelhandel aktuell in Deutschland?
Aus der Hauptforschungsfrage leiten sich folgende weiterführende Fragen ab:
Welche Faktoren im Online-Lebensmittelhandel können die Akzeptanz unverpackter Lebensmittel fördern?
Welche nachhaltige Verpackungsalternative des Online-Lebensmittelhandels wird am meisten bevorzugt?
Wie ist die allgemeine Bereitschaft einen Mehrpreis für nachhaltige Verpackungsalternativen zu zahlen?
Gibt es gruppenartige Unterschiede in den einflussnehmenden Faktoren zu der Akzeptanz einer nachhaltigeren Verpackungsalternative?
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Relevanz und Zielsetzung
1.2. Forschungsfragen
1.3. Aufbau der Arbeit
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Nachhaltigkeit
2.1.1. Begriffseinordnung und Di m e n s i o n e n
2.1.2. Nachhaltigkeitsstrategien der Politik und Industrie
2.2. Lebensmittelverpackung im Lebensmittel-Onlinehandel
2.2.1. Marktentwicklung des Onlinehandels
2.2.2. Geschäftsmodelle des O n l i n e - Le b e n s m i t t e l h a n d e ls
2.2.3. Anforderungen an die Lebensmittelverpackung
2.2.4. Nachhaltigkeitsbewertung von Lebensmittelmaterialien
2.3. Akzeptanz nachhaltiger Verpackungslösungen
2.3.1. Begriffseinordnung Akzeptanz und Akzeptanzforschung
2.3.2. Adoptions- und Diffusionsforschung
2.3.3. Akzeptanzmodell nach Wiedmann und Frenzel
2.3.4. Begriffseinordnung Zahlungsbereitschaft
2.3.5. Price Sensitivity Meter nach van Westendorp
2.3.6. Aktueller Forschungsstand
3. Empirische Forschung
3.1. Forschungsdesign
3.2. Methodisches Vorgehen
3.3. Forschungsfragen und -hypothesen
3.4. Operationalisierung des Forschungsmodells
4. Forschungsergebnisse
4.1. Auswertung des Fragebogens
4.1.1. Sozio- und demographische Merkmale
4.1.2. Beobachtbares Kaufverhalten
4.1.3. Psychographische Merkmale
4.1.4. Anwendungsspezifische & wahrgenommene Merkmale
4.1.5. Bewusstsein & Interesse
4.1.6. Handlung & Nutzung
4.2. Überprüfung der Hypothesen & Beantwortung der Forschungsfragen
4.2.1. Ausprägung der Akzeptanz unverpackter Lebensmittel
4.2.2. Fördernde Faktoren unverpackter Lebensmittel
4.2.3. Nachhaltige Verpackungsalternativen im Vergleich
4.2.4. Einflussfaktoren der Akzeptanz
5. Interpretation der Forschungsergebnisse
5.1. Diskussion der Ergebnisse
5.2. Grenzen der Empirie
6. Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Anmerkung
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Masterarbeit die Sprachform des generischen Maskulinums angewandt. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die ausschließliche Verwendung der männlichen Form als geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.
Abstract
Die übermäßige Produktion von Kunststoff aufgrund der stetig steigenden Nachfrage stellt eine ernstzunehmende Umweltproblematik dar. Nicht nur die Herstellung und Verwendung von Kunststoff, sondern auch dessen Entsorgung und Verwertung verbraucht eine Menge endlicher Rohstoffe, Wasser und Energie, die zur CO2-Emission und globalen Erderwärmung beitragen. In der Lebensmittelindustrie bestehen für frisches Obst und Gemüse neben der Frischkunststoffverpackung die Alternativen Papier, Biokunststoff und Recyclingkunststoff. Der jüngste Trend unter Verbrauchern geht in Richtung des Verzichts auf jegliche Industrieverpackung. Die vorliegende Studie befasst sich mit der Wahrnehmung und Akzeptanz der Konsumenten bezüglich nachhaltiger Verpackungsalternativen im Online-Lebensmittelhandel, die über deren Präferenz und Zahlungsbereitschaft gemessen werden. Durch die Methode der Online-Befragung von 341 zufällig gezogenen Befragten konnten vier verschiedene Akzeptanzgruppen identifiziert werden. Die Ergebnisse der Studie zeigen: Die Präferenz und Zahlungsbereitschaft für unverpackte Lebensmittel sind tendenziell höher als für die genannten Alternativen. Ein Vertrauen in die Hygiene- und Frischequalitätsfaktoren für unverpackte Lebensmittel können mehr Konsumenten zu dieser Alternative motivieren. Die Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass Nachhaltigkeit in der Kaufentscheidung von Verbrauchern in Deutschland einen hohen Stellenwert hat. Die Politik und die Industrie können durch mehr Aufklärung, Transparenz und Bereitstellung von nachhaltigen Verpackungsoptionen auf den Wunsch der Konsumenten eingehen.
The excessive production of plastic due to higher demand is a serious environmental issue. Not only the production and usage of plastic but also its disposal and recycling consume a lot of finite raw materials, water, and energy, which contribute to CO2 emission and global warming. The alternatives in the food industry for fresh fruit and vegetables are paper, bioplastics, and recycled plastics. The recent trend among consumers is to move away from all industrial packaging. This study addresses consumer perception and acceptance of sustainable packaging alternatives in online grocery stores, indicated by consumers' preference and willingness to pay. Through an online survey of 341 randomly drawn respondents, four different acceptance groups were identified. The results of the study show: Preference and willingness to pay for unpackaged food tend to be higher than for the mentioned alternatives. Confidence in hygiene and quality factors of unpackaged foods can motivate consumers to purchase more unpackaged food. The results indicate that sustainability has a priority for consumers in Germany. Politic and industries can respond to consumers' needs through more education, transparency, and the provision of sustainable packaging options.
Keywords: sustainability, food packaging, consumer acceptance, willingness to pay, greenwashing
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Kriterien zur Differenzierung von Geschäftsmodellen im LOH
Abbildung 2: Übersicht LOH nach Händlertyp, Sortiment und Zustellgeschwindigkeit
Abbildung 3: Schutzfunktion einer Verpackung
Abbildung 4: Akzeptanzmodell nach Wiedmann & Frenzel
Abbildung 5: Forschungsmodell Akzeptanz nachhaltiger Verpackungsalternativen
Abbildung 6: Demographische Verteilung nach Alter & Geschlecht
Abbildung 7: Soziographische Verteilung nach Erwerbstätig keit
Abbildung 8: Demographische Verteilung nach Haushaltsgröße
Abbildung 9: Soziographische Verteilung nach Haushaltseinkommen
Abbildung 10: Geographische Verteilung nach Stadt- & Gemeindetyp
Abbildung 11: Geographische Verteilung nach Bundesland
Abbildung 12: Beobachtbares Kaufverhalten: Häufigkeit, Volumen, Situation
Abbildung 13: Beobachtbares Kaufverhalten von genutzten Bestellplattformen
Abbildung 14: Beobachtbares Kaufverhalten von Lebensmittel-Warengruppen
Abbildung 15: Psychographische Verteilung der Befragten nach Verhaltensorientierung . 58 Abbildung 16: Produktspezifische Merkmale zur Verpackung
Abbildung 17: Wahrgenommene Verpackungsmaterialen
Abbildung 18: Wahrgenommene Verpackungsmenge
Abbildung 19: Bewusstsein für die Ökobilanz von Verpackungsmaterialien
Abbildung 20: Bewusstsein für nachhaltige Kennzeichen/Gütesiegel von Verpackungen. 63 Abbildung 21: Bewusstsein zur Problematik von Plastikverpackung
Abbildung 22: Interesse an der Verantwortlichkeit
Abbildung 23: Bevorzugte Lebensmittelverpackung
Abbildung 24: Fördernde & hemmende Faktoren für unverpackte Lebensmitteln
Abbildung 25: Kriterien zur Förderung einer höheren Zahlungsbereitschaft
Abbildung 26: Zahlungsbereitschaft nach Verpackungsart [in €]
Abbildung 27: Akzeptanz unverpackter Lebensmittel
Abbildung 28: Sustainable Development Goals (SDG )
Abbildung 29: Transformationsbereiche und Maßnahmen abgeleitet aus den SDGs
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ziele der Politik zur Reduktion von Plastik
Tabelle 2: Vorgaben und Richtlinien für Lebensmittel und Lebensmittelverpackung
Tabelle 3: Gegenüberstellung von Verpackungsmaterialien aus ökologischer Sicht
Tabelle 4: Operationalisierung der psychographischen Merkmale
Tabelle 5: Operationalisierung des beobachtbaren Kaufverhaltens
Tabelle 6: Operationalisierung der anwendungsspezifischen Merkmale
Tabelle 7: Operationalisierung der wahrgenommenen Merkmale
Tabelle 8: Operationalisierung der Phase Bewusstsein
Tabelle 9: Operationalisierung der Phase Interesse
Tabelle 10: Operationalisierung der Handlungsebene
Tabelle 11: Operationalisierung der Nutzungsebene
Tabelle 12: Zusammenfassung der demographischen Altersverteilung
Tabelle 13: Verteilung Bevölkerung DE insgesamt und nach Lebensmittel-Onlinekäufer
Tabelle 14: Analyse der fördernden Faktoren nach Präferenzgruppen
Tabelle 15: Unabhängigkeitstest zwischen VA und soziodemographischen Merkmalen
Tabelle 16: Unabhängigkeitstest zwischen VA und psychographischen Merkmalen
Tabelle 17: Unabhängigkeitstest zwischen VA und produktspezifischen Merkmalen
Tabelle 18: Berechnung Durchschnittspreis für Paprika (Mix 500g)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1. Relevanz und Zielsetzung
Die wachsende Bedeutung des E-Commerce ist in den letzten Jahren zu einem prägenden Trend angewachsen. Der Umsatz des B2C E-Commerce lag in Deutschland im Jahr 2021 bei 86,7 Mrd. Euro. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Umsatz um rund 19% gestiegen (HDE und IFH Köln, 2022, S. 3). Während diese Vertriebsform im Non-Food-Konsumgüterbereich (bspw. Mode, Unterhaltungselektronik) gut etabliert ist (Düssler, 2021, S. 10), trägt der Online-Lebensmittelhandel dazu bei, dass die FMCG-Branche im E-Commerce aktuell das stärkste Onlinewachstum erzielt (HDE und IFH Köln, 2022, S. 16). Die rasante Entwicklung wurde zuletzt durch die COVID-19 Pandemie bestärkt. Konsumenten in Deutschland haben während der COVID-19 Pandemie aus Sicherheits- und Komfortgründen vermehrt Lebensmittel online eingekauft (Bitkom, 2020; Brockie, 2022). Auch nach Lockerung de Lockdown-Maßnahmen sollen laut Prognosen die Nutzerzahlen zukünftig weiterhin wachsen (Statista, 2020).
Durch den steigenden Konsum im Online-Lebensmittelhandel entsteht mehr Verpackungsmüll, dessen Folge nicht nur die Ökosysteme weltweit bedroht (Jambeck et al., 2015), sondern auch ein zunehmendes Risiko für die menschliche Gesundheit darstellt (Wright & Kelly, 2017). Eine der Hauptursachen für die Umweltbelastung und Gefährdung ist die unkontrollierte Entsorgung von Einwegplastikverpackungen (Rhein & Schmid, 2020). Dadurch gelangen jährlich mehrere Millionen Tonnen Plastik über Flüsse und Abwassersysteme in die Ozeane, die von Tieren aufgenommen aber nicht verdaut werden können, sodass sie in Form von Mikropartikeln in Nahrungsmittel für Menschen wiedergefunden werden (Detloff, 2022). In Europa lag die Gesamtnachfrage der kunststoffverarbeitenden Industrie nach neuem Kunststoff im Jahr 2019 bei bis zu 50,7 Millionen Tonnen, wovon fast 40% auf die Verpackungsindustrie entfielen (PlasticsEurope, 2020, S. 24). Ein großer Teil dieser Verpackungen wird der Lebensmittelindustrie zugeschrieben, da die meisten Lebensmittel in Einwegplastik verpackt sind (G. H. Marken & Hörisch, 2019, S. 166). Um die Plastikkrise zu entschärfen, wurden sowohl politische Maßnahmen von globaler bis nationaler Ebene (Die Bundesregierung, 2019; Europäische Kommission, 2019) als auch Maßnahmen von den Unternehmen der Lebensmittelindustrie in die Wege geleitet (Phelan et al., 2022).
Ökologie und Nachhaltigkeitsaspekte spielen auch für Konsumenten eine immer wichtigere Rolle (Brockie, 2022). Der repräsentativen Umfrage von YouGov zur Folge, wollen nahezu zwei von drei Verbrauchern in ihren Ess- und Einkaufsgewohnheiten nachhaltiger sein (YouGov, 2021a). Für viele Verbraucher ist Nachhaltigkeit inzwischen ein Kaufkriterium (Ott, 2021). Obwohl Konsumenten laut den Studien eine allgemein positive Einstellung zur Nachhaltigkeit aufweisen, herrscht Uneinigkeit darüber, ob die Verbraucher im Thema Kunststoffkrise bereit sind, mehr für alternative Verpackungen oder unverpackte Produkte zu zahlen. Einerseits nennen Wirtschaftsexperten häufig den Verbraucher als eines der Haupthindernisse, um die Plastikkrise erfolgreich zu entschärfen, weil Verbraucher nicht bereit sind, ihr Konsumverhalten zu ändern oder mehr für Alternativverpackung zu bezahlen (Ma et al., 2020). Andererseits haben verschiedene Verbraucherstudien bereits eine Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Verpackungsalternativen ermittelt. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Verbraucher bereit sind, mehr für Verpackungen zu zahlen, die sie als nachhaltig wahrnehmen (Herrmann et al., 2022).
1.2. Forschungsfragen
Diese Arbeit befasst sich mit der Akzeptanz der Konsumenten für nachhaltige Verpackungsalternativen und ihre darüber hinausgehende Zahlungsbereitschaft für diese Alternativen in dem stark aufstrebenden Online-Lebensmittelmarkt. In dieser Arbeit werden unter Verpackungsalternativen „unverpackt, Papier, Recycling-, Bioplastik“ verstanden (Rausch, o.J.). Mit Hilfe des Akzeptanzmodells nach Wiedmann und Frenzel werden die Akzeptanzebenen des Konsumenten von der Einstellung bis zur Nutzung quantitativ durch eine Online-Konsumentenbefragung erforscht, wobei die Einflüsse der personen- und produktbezogenen Faktoren mitberücksichtigt werden. Nach Auswertung der Primärforschung nach der Methode der deskriptiven Statistik soll die folgende Hauptforschungsfrage beantwortet werden:
Wie ausgeprägt ist die Akzeptanz unverpackter Lebensmittel im Online-Lebensmittelhandel aktuell in Deutschland?
Aus der Hauptforschungsfrage leiten sich folgende weiterführende Fragen ab:
- Welche Faktoren im Online-Lebensmittelhandel können die Akzeptanz unverpackter Lebensmittel fördern?
- Welche nachhaltige Verpackungsalternative des Online-Lebensmittelhandels wird am meisten bevorzugt?
- Wie ist die allgemeine Bereitschaft einen Mehrpreis für nachhaltige Verpackungsalternativen zu zahlen?
- Gibt es gruppenartige Unterschiede in den einflussnehmenden Faktoren zu der Akzeptanz einer nachhaltigeren Verpackungsalternative?
Die Studie dient der Gewinnung wertvoller Erkenntnisse über die Verbraucherpräferenzen in dem noch dünn untersuchten Markt und gibt Hinweise auf das Potenzial der Ersatzalternativen. Diese sind von entscheidender Bedeutung, um praktische Handlungsweisen für Unternehmen und politische Entscheidungsträger bei der Festlegung geeigneter und effizienter Mittel zur Entschärfung der Einwegplastikverpackungen-Problematik zu unterstützen (Hao et al., 2019). Diese Studie fokussiert sich lediglich auf das Verbraucherverhalten der Konsumenten im Online-Lebensmittelhandel ohne Bestandteile seiner Lieferkette und den Essenslieferdiensten. Auch der Offline-Lebensmarkt wird weitestgehend abgegrenzt.
1.3. Aufbau der Arbeit
Der Aufbau der theoretischen Grundlagen in Kapitel 2 folgt der Idee, das Gesamtthema mit jedem Kapitel auf eine Ebene tiefer herunterzubrechen; angefangen mit dem umfangreichen Thema Nachhaltigkeit, über Lebensmittelhandel und Lebensmittelverpackung bis hin zu dem aktuellen Stand der Forschung zur Akzeptanz nachhaltiger Lebensmittelverpackung. Zum Thema Nachhaltigkeit wird zunächst der Begriff definiert und seine Dimensionen erläutert. Dabei nimmt die ökologische Ebene eine zentrale Rolle für die vorliegende Forschungsarbeit ein. Außerdem geben die politischen Rahmenbedingungen Einblick in die Wichtigkeit und Tiefe der Thematik. Ergänzend zur politischen Ebene werden auch die Nachhaltigkeitsstrategien auf Unternehmensebene vorgestellt.
Um ein fundamentales Verständnis für den Online-Lebensmittelhandel zu erhalten, werden einerseits die Marktentwicklung des Onlinehandels und andererseits die Geschäftsmodelle des Online-Lebensmittelmarkts aufgeführt, die unterschiedliche Verpackungsstrategien verfolgen. Anschließend werden auf aktuell existierenden Lebensmittelverpackungsmaterialien und ihren Anforderungen allgemein und in Bezug auf Nachhaltigkeit eingegangen. Die gesetzlichen Regelungen für Lebensmittel und Lebensmittelverpackungen runden den Abschnitt über die Lebensmittelverpackung im Online-Lebensmittelhandel ab. Mit der Begriffseinordnung von Akzeptanz und Zahlungsbereitschaft werden die Grundsteine für die eigene Forschung gelegt. Zudem werden die theoretischen Methoden der Akzeptanzforschung im Zusammenhang mit der Diffusions- und Adaptionsforschung erläutert. Durch die Vorstellung des Wiedmann-Modells und dem Price Sensitivity Meter nach van Westendorp werden alle notwendigen Grundlagen für den Hauptteil der Arbeit in Kapitel 3 gelegt.
In Kapitel 3 wird das Forschungsdesign vorgestellt und die methodische Vorgehensweise erläutert. Es wird nochmal tiefer auf die Forschungsfragen eingegangen und die Operationalisierung durchgeführt. Kapitel 4 enthält die Darstellung der Ergebnisse aus dem Fragebogen. In Kapitel 5 werden die Ergebnisse interpretiert. Zudem werden Handlungsempfehlungen präsentiert. Kapitel 6 bildet die Schlussbetrachtung und gibt einen Ausblick auf die künftige Entwicklung des Online-Lebensmittelmarkts in Bezug auf Nachhaltigkeit.
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Nachhaltigkeit
2.1.1. Begriffseinordnung und Dimensionen
Nachhaltigkeit hat sich zu einem Modebegriff des 21. Jahrhunderts entwickelt, welcher nahezu jeden Lebensbereich erfasst: Vom Beruf über den Konsum von Lebensmittel oder Kleidung bis hin zu Mobilität - nachhaltige Aspekte werden in unzähligen Bereichen von Konsumenten, Unternehmen und Politikern pointiert (Hardtke & Prehn, 2001, S. 61). Die Forderung nach einem Wandel in Richtung Nachhaltigkeit besteht schon seit dem 18. Jahrhundert (Schretzmann & et al., 2006, S. 68). Dennoch existiert bis heute keine allgemeingültige Definition des Begriffs. Gründe hierfür liegen in den unterschiedlichen Interpretationen des Begriffs und dem daraus resultierenden Raum für Diskussionen (Hardtke & Prehn, 2001, S. 58). In der gesamtgesellschaftlichen Diskussion bündeln sich verschiedene Ausprägungen und Dimensionen des Begriffs jedoch in der normativen Leitidee, dass bei der Verbesserung des Lebensstands heutiger Generationen auf keiner Weise die Bedürfnisse künftiger Generationen gefährdet werden dürfen (Birnbacher, 1988). Auch der Brundtland-Bericht von 1987 unterstützt diese Definition: „Sustainable development seeks to meet the needs and aspirations of the present without compromising the ability to meet those of the future.“ (WCED, 1987). Es wird deutlich, dass Nachhaltigkeit nicht einen Zustand, sondern eine Art Entwicklungsziel aufweist: Es ist ein auf die Zukunft gerichtetes Konzept, welches in der Gegenwart wirksam werden soll. Dabei wird ein Gleichgewicht zwischen Ressourcenverbrauch und Ressourcenerhaltung angestrebt, die der Vorsorge der Zukunft dient. Für die Gegenwart versteht sich Nachhaltigkeit also als ein Handlungsmodus, bei dem die Abnutzung von Ressourcen eingedämmt wird (Neckel et al., 2018, S. 12). Darunter ist neben dem Erhalt der ökologischen Ressourcen auch die Bewahrung der sozialen und wirtschaftlichen Werte einer Gesellschaft zu verstehen (Grunwald & Kopfmüller, 2012, S. 46). Die Leitidee kann bspw. auf die grundlegenden Leitprinzipien der Verantwortung (ethisch-moralisches Handeln), des Kreislaufs (geschlossene Kreisläufe in allen Phasen der Wertschöpfungskette) und der Kooperation und Partnerschaft (bspw. zwischen Ländern, Industrie, Gruppen) gebündelt werden, auf den Nachhaltigkeitsmodelle fußen (Meffert & Kirchgeorg, 1999).
Bei dem Versuch, ein allgemeines Konzept für die Umsetzung von Nachhaltigkeit in der Literatur zu finden, sind gleich mehrere bekannte Modelle erschienen. Den Anfang machte das in den 90er Jahren entwickelte Nachhaltigkeitsdreieck, welches heute auch unter dem Namen Drei-Säulen-Modell bekannt ist. Es bildet die drei Nachhaltigkeitsdimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales ab (Kleine, 2009, S. 5). Im Jahre 2013 wurden die Dimensionen durch die Nachhaltigkeitspyramide erweitert. Hierbei sollen zum einen die natürlichen Grenzen als Handlungsrahmen für Wirtschaft und Gesellschaft klarer aufgezeigt werden, zum anderen soll das Bedürfnis nach Wachstum inhaltlich weiter differenziert werden (Hochschule Darmstadt, o.J.). Ein anderer Ansatz verfolgt die Cradle-to-Cradle-Vision mit der Zielsetzung einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft (Bergius, 2009). Da der Fokus dieser Arbeit auf der ökologischen Nachhaltigkeit liegt, wird im Folgenden nur das Konzept des Drei-Säulen-Mo- dells genauer betrachtet. Ein fundamentales Merkmal des Modells ist, dass alle Dimensionen gleichrangig betrachtet werden, was in der Wissenschaft für Kritik sorgt (Döring, 2004, S. 25). Die ökologische Nachhaltigkeit sollte aus Sicht der Wissenschaft Priorität haben, denn der Schutz natürlicher Lebensgrundlagen ist auch eine Grundvoraussetzung für wirtschaftliche und soziale Stabilität. Hierbei wird von dem gewichtetem Drei-Säulen-Modell gesprochen.
Die ökonomische Dimension des Drei-Säulen-Modells fordert gutes Wirtschaften (Fröhlich et al., 2011, S. 25). Für Unternehmen bedeutet das: Um einen langfristigen Erfolg sicherzustellen, müssen Wertschöpfungspotenziale genutzt, Wettbewerbsvorteile umgesetzt und Innovationen gefördert werden. Zu den Aufgaben der Unternehmen im ökonomischen Bereich steht im Vordergrund nicht nur die „Erhaltung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit“, sondern auch die „Aufrechterhaltung der Wertschöpfung“, sowie die „Beschäftigung für zukünftige Generationen“ (Backhaus et al., 2009, S. 41). Darüber hinaus sollen Unternehmen eine dauerhafte Innovation und die damit verbundene Wettbewerbsfähigkeit fördern.
Im Vergleich zu den beiden anderen Dimension ist die soziale Dimension schwieriger greifbar (Herrmann, 2010, S. 48). Die soziale Nachhaltigkeit stellt den Menschen in den Mittelpunkt, sowie die Erhaltung menschlicher Gesellschaften und deren Entwicklung (Koplin, 2006). Dabei stehen im Vordergrund die Schaffung und Wahrung des sozialen Friedens und das gemeinwohlorientierte Handeln.
Zentrales Anliegen der ökologischen Dimension ist die Bewahrung des Ökosystems einschließlich der Schonung der natürlichen Ressourcen für jetzige und spätere Generationen (Prexl, 2010, S. 46). Deshalb sind Unternehmen und Staaten dazu aufgefordert, sich für einen bewussten Umgang mit Wasser, Energie und endlichen Rohstoffen einzusetzen, um dieses Hauptziel erreichen zu können. Zusätzlich sollten sie bestmöglich zur Verminderung von Umweltverschmutzung beitragen und den Einsatz von erneuerbarer Energie fördern. Sie sind dazu verpflichtet, eine Reduktion und im besten Fall eine Vermeidung aller Gesundheitsgefährdungen für Menschen, Pflanzen und Tiere zu unterstützen. Die Herausforderungen der ökologischen Dimension in der Umsetzung bilden das zentrale Anliegen der vorliegenden Arbeit.
2.1.2. Nachhaltigkeitsstrategien der Politik und Industrie
Auf europäischer Ebene ist nachhaltige Entwicklung bereits seit mehr als zwei Jahrzehnte ein fester Bestandteil der Politik. Schon im Vertrag von 1998 hatte die Europäische Union (EU) den Fokus auf Schlüsselaktivitäten für das soziale Wohlergehen und die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit in Europa gelegt (Europäische Kommission, 2012). Im Jahr 2001 hat die Europäische Kommission die „Strategie für nachhaltige Entwicklung“ als Ergänzung zur „Lissabon-Strategie“ verabschiedet. Die Kommission hat die Problemstellungen für die wichtigsten Ziele und Maßnahmen eingegrenzt, die das Wohlergehen der europäischen Bürger „in Zukunft ernsthaft oder irreversibel gefährden“ könnten (Europäische Kommission, 2001b).
Mit dem European Green Deal von 2019 hat die EU noch einmal das Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt ihrer politischen Agenda gerückt (Europäische Kommission, 2019). Er ist ein integraler Bestandteil zur Umsetzung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Durch eine Reihe von Maßnahmen zur umfassenden Umgestaltung der EU-Wirtschaft in den Bereichen Finanzmarktregulierung, Energieversorgung, Verkehr, Handel, Industrie sowie Land- und Forstwirtschaft soll bis 2030 die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf 55% gesenkt und bis 2050 auf null reduziert werden. Ziel ist es globaler Vorreiter im Kampf um die Klimaneutralität zu werden. Dabei soll das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abgekoppelt werden, während das Versprechen gegeben wurde, niemanden bei der Umgestaltung außen vor zu lassen.
Die deutsche Bundesregierung setzte sich offiziell seit 1999 aktiv mit dem Thema Nachhaltigkeit verstärkt auseinander. Es etablierte dazu den „Rat für nachhaltige Entwicklung“, um für die Entwicklung der Nachhaltigkeitsziele im Lande konkrete Indikatoren zu erarbeiten (Lexikon der Nachhaltigkeit, 2015). Im April 2002 wurde die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie für das 21. Jahrhundert unter dem Titel „Perspektiven für Deutschland - Unsere Strategie für eine nachhaltige Entwicklung“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Diese beinhalten 21 messbare und quantifizierbare Kennzahlen, auch Nachhaltigkeitsindikatoren genannt, die den vier Hauptthemen zugeordnet sind: Generationengerechtigkeit, Sozialer Zusammenhalt, Lebensqualität und Internationale Verantwortung. Bis heute werden in einem Abstand von zwei Jahren der aktuelle Stand der Nachhaltigkeitsentwicklungen in Indikatoren-Berichten des Statistischen Bundesamts dargestellt (Deutsche Bundesregierung, 2002, 6 ff.).
Seit der Verabschiedung der Agenda 2030 der UN-Generalversammlung im Jahre 2015 hat Deutschland seine Nachhaltigkeitsstrategie überarbeitet und weiterentwickelt. Zu jedem der „17 globalen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung“ (eng. sustainable development goals - SDG) der „Agenda 2030“ wurden in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie thematisch passende Transformationsfelder definiert, die nationale Ziele und Maßnahmen mit insg.
72 Indikatoren beinhalten (Statistisches Bundesamt, 2022c). Bspw. wird in dem Transformationsbereich „Kreislaufwirtschaft“ die europäische Nachhaltigkeitsstrategie „Wachstum vom Ressourcenverbrauch entkoppeln“, und die „globalen SDGs 8, 9, 11, 12, 13, 14“ gebündelt (Anhang A). Die Maßnahmen des Transformationsbereichs betreffen sowohl die Umgestaltung der Wertschöpfungsmuster für Ressourceneffizienz, Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Lieferketten als auch den individuellen Konsum durch Vermeidung, Recycling und verantwortungsvolle Entsorgung von Abfällen (Bundesregierung, 2021, S. 10)). In dem „5-Punkte- Plan für weniger Plastik und mehr Recycling“ folgt Deutschland der „EU-Einwegplastik-Richtlinie 2019/904" (Bundesregierung, 2019). Außerdem wurden weitere Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung von Plastik im Supermarkt aufgestellt.
Tabelle 1: Ziele der Politik zur Reduktion von Plastik
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: BMU, 2019; Die Bundesregierung, 2019
Auf Seite der Industrie ist die Nachhaltigkeit ebenfalls nicht mehr wegzudenken. Es ist als zentrale Strategie angekommen, da viele Unternehmen ihren wirtschaftlichen Erfolg anhand der Maßnahmen gegen negative Umweltauswirkungen messen, die durch eigene unternehmerische Tätigkeiten entstehen (Kords, o.J.). Die Maßnahmen stehen unter der Prämisse eines schonenden Umgangs mit Ressourcen, sodass ökologische Systeme in der Lage bleiben, sich zu regenerieren. Hintergrund der Verlagerung vom rein monetären Fokus auf die Integration der Nachhaltigkeitsziele liegt zum einen in der Erkenntnis über die Mitverantwortung gegenüber der Umwelt und der Gesellschaft (MW Energie AG, 2022). Dieser ist unter anderem durch den Öffentlichkeitsdruck massiv angestiegen. Durch eine Verbesserung der Unternehmensreputation wollen Unternehmen Risiken präventiv entgegenwirken. Anderseits hat das Einbinden von nachhaltigen Aspekten auch ökonomische Vorteile wie bspw. Kosteneinsparung durch den effizienten Einsatz von Ressourcen, aber auch Umsatzsteigerung durch höhere Nachfrage aufgrund von marketingwirksamen Strategien für mehr Nachhaltigkeit.
In dem Zusammenhang haben sich in der Wirtschaftspraxis zwei Konzepte etabliert, die die Verantwortung von Unternehmen gegenüber der Gesellschaft beschreiben: Corporate Social Responsibility (CSR) und Corporate Citizenship (CC) (Mayr, 2019). CSR umfasst alle Maßnahmen im eigenen Unternehmensbereich und entlang der gesamten Wertschöpfungskette (Europäische Kommission, 2001a, S. 5-8). Die Verantwortung steht im Sinne einer freiwilligen Selbstverpflichtung, die über den Vorgaben der Gesetze hinaus gehen. Zu den Instrumenten, zu denen sich Unternehmen selbstverpflichten, können Verhaltenskodizes (von bspw. der OECD oder UN), Labels (wie bspw. Der Blaue Engel oder das Bio-Siegel), und Standards (ISO-Norm 14001, GRI-Leitfaden oder ähnliches) genannt werden (Pommerening & Thilo, 2005, S. 15-19). Je nach Instrument folgen bei Nichteinhaltung Konsequenzen wie Aberkennung der Glaubwürdigkeit durch Externe bis hin zum Nutzungsverbot der Labels. Insbesondere die Global Reporting Initiative (GRI) wird häufig von Organisationen weltweit zur Unterstützung der Nachhaltigkeitsberichterstattung im Jahresabschluss genutzt (Globalreporting, o.J.). Unter Corporate Citizenship (CC) wird das gesellschaftliche Engagement verstanden, welches außerhalb der eigentlichen Geschäftstätigkeit stattfindet (Pommere- ning & Thilo, 2005, S. 21-22). Hierbei handelt es sich um eine aktive Förderung bestimmter Gruppen des gesellschaftlichen Umfelds bspw. durch Spenden, Sponsoring oder Corporate Volunteering.
Für Unternehmen der FMCG-Branche, in der auch Lebensmittel aufgelistet werden, ist Nachhaltigkeit ein fester Bestandteil (Sossna, 2021). Hier haben Themen wie „Nachhaltiges Verpackungsmanagement sowie Schutz der Ökosysteme und Biodiversität“ an hohe Relevanz gewonnen. Um dem wachsenden Umweltbewusstsein der Verbraucher entgegenzukommen, die Kundenbindung zu stärken, Neukunden zu gewinnen, und sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen (Hardtke & Prehn, 2001, S. 58); integrieren Unternehmen auf operativer Sicht das Nachhaltigkeitsmarketing (Green Marketing), welches sich vom Marketing für Nachhaltigkeit (Greenwashing) unterscheidet (Staschke, 2013). Während Nachhaltigkeitsmarketing auf konkreten, ganzheitlich geplanten und durchgeführten Aktionen beruhen, dessen Vorteile sozialer oder ökologischer Natur sind, handelt es sich beim Greenwashing um eine reine rhetorische Simulation von Nachhaltigkeit (Peters, 2022). Nachhaltigkeit wird einer Verbrauchertäuschung gleichgesetzt, wenn Unternehmen zwar durch Presseaktionen oder Werbeanzeigen ein positives, umweltbewusstes Produkt- oder Firmenimage vermitteln, aber die nachhaltigen Werte im Kerngeschäft nur in Teilen oder gar nicht verfolgt werden (Kadura, 2020). Auch wenn der Lebensmitteleinzelhandel sich bereits mit verschiedenen Aktivitäten für den Klima- und Umweltschutz engagiert „gezeigt“ hat, so besteht zurzeit noch keine Transparenz und kein ganzheitlicher Bewertungsansatz für Produkte, die tatsächlich auf eine Verbesserung aus Umweltsicht zurückzuführen sind (UBA, 2020a).
2.2. Lebensmittelverpackung im Lebensmittel-Onlinehandel
2.2.1. Marktentwicklung des Onlinehandels
Der Markt für den Onlinehandel (E-Commerce) hat in den letzten Jahren ein starkes Wachstum erfahren, da zunehmend auch die ältere Altersgruppe (60+) online einkauft (HDE und IFH Köln, 2022, S. 7-8). Außerdem sind über alle Altergruppen die Ausgaben beim OnlineEinkauf gestiegen. Den Zahlen des Handelsverbands zur Folge betrug der Umsatz von ECommerce mit Waren in Deutschland im Jahr 2011 noch ca. 24,4 Mrd. €. Zehn Jahre später, im Jahr 2021, wuchs der Umsatz dieser Branche auf ca. 86,7 Mrd. €. Diese Entwicklung wurde zuletzt besonders durch die COVID-19 Pandemie unterstützt und scheint weiterhin im Trend zu wachsen. Beobachtungen zur Folge kaufen Konsumenten nicht nur mehr und länger im Netz ein, sie probieren auch andere Produkte und neue Services aus (Lehmann, 2021).
Der Wandel vom stationären zum mehr digitalen Einkaufen lässt sich durch ein breites Spektrum an Faktoren erklären, die einerseits markt- oder länderabhängig sind. Andererseits haben weltweite Veränderungen diesen Wandel im Konsumentenverhalten vorangetrieben. Die Digitalisierung und der damit einhergehende Zugang zu Onlinediensten sowie die Etablierung digitaler Zahlungsmethoden hat die Reichweite von E-Commerce Diensten enorm begünstigt (Mansoor, 2018). Bis 2025 wird prognostiziert, dass mindestens die Hälfte der Menschen auf der Welt Zugang zu mobilen Internetdiensten haben wird (GSM Association, 2020, S. 8). Auf volkswirtschaftlicher Ebene kann zu dem der Anstieg des verfügbaren Einkommens sowie die Lockerung der Handelsschranken genannt werden. Aber auch persönliche Gründe wie Bequemlichkeit, schnelles und zeitlich unabhängiges Einkaufen, sowie globale Vergleichbarkeit von Preisen, trugen zum größeren Bewusstsein der Kunden für den Onlinehandel bei (Mansoor, 2018). Auch wenn der boomende Onlinehandel viele Vorteile für Industrie und Konsument mit sich bringt, steigen auch die daraus resultierenden Konsequenzen für die Umwelt: Anstieg von Abgasemissionen, Verpackungsmüll usw. (Reske, 2021).
Bei einem Blick auf den E-Commerce-Markt in Deutschland der letzten zwei Jahre, stehen unter den Top 10 der umsatzstärksten Onlineshops vorrangig die Segmente Generalisten und Unterhaltungselektronik (Bocksch, 2021). Jüngsten Studien zur Folge erhält jedoch der unscheinbare Sektor Konsumgüter des alltäglichen Lebens, auch „Fast Moving Consumer Goods“ (FMCG) genannt, in den letzten Jahren ein besonderes Augenmerk (HDE und IFH Köln, 2022, S. 12, 20, 47). Der Sektor weist zwischen 2020 und 2021 mit einem 30% Zuwachs auf 9,7 Mrd. € das mit Abstand stärkste Wachstum im Onlinesektor auf, vor allem durch Güter im Bereich Lebensmittel. Lebensmittel verzeichnen im Onlinehandel seit 2019 ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 47%, während es im Offlinemarkt nur um 4,9% wuchs.
2.2.2. Geschäftsmodelle des Online-Lebensmittelhandels
Das rasche Wachstum des Onlinehandelshat viele neue Geschäftsformen hervorgebracht. Neben den bekannten Formen wie business to business (B2B), customer to customer (C2C), business to customer (B2C) hat sich das Online-to-Offline (O2O) als neustes E-Commerce Geschäftsmodell durchgesetzt (Hagspiel, 2022). Der O2O-Handel ist eine auf der Informations- und Kommunikationstechnologie basierende Marketingmethode, bei der Verbraucher Waren oder Dienstleistungen online bestellen und die Waren oder Dienstleistungen an einem Offline-Standort konsumieren oder erleben. Durch das O2O-Geschäft können Unternehmen vorrangig ihre Reichweite erhöhen und größere Marktanteile erschließen (Ram & Sun, 2020). Seit einigen Jahren ist das O2O in der Lebensmittelbranche in Form von OnlineLebensmittellieferdienste (unverarbeitete Lebensmittel) und Online-Essenslieferdienste (verarbeitete Lebensmittel direkt zum Verzehr) vertreten (Seebach, 2019). Die vorliegende Arbeit behandelt nur die Branche der unverarbeiteten Lebensmittel.
Im Wesentlichenunterscheidensich die Geschäftsmodelle der Lebensmittel-Onlinehändler (LOH) inihrem Betriebsmodell, der Organisation des Kommissionierungsvorgangs, der Distributionsmodi (Zustellgebiet,-zeitpunkt, -option), sowie ihremSortiment(Mensing, 2018, S.34). In Abb. 1 geben die genannten Abgrenzungstypen und ihre möglichen Kriterien einen Überblick, wie Geschäftsmodelle im LOH ausgestaltet werden können:
Abbildung 1: Kriterien zur Differenzierung von Geschäftsmodellen im LOH
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Mensing 2018, S.34
Im deutschen LOH sind vorrangig die Betriebstypen Pure-Player und Multichannel-Händler zu beobachten (Heinemann, 2016, S. 109-112). Pure-Player zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihr angebotenes Sortiment ausschließlich online vertreiben und keine stationäre Verkaufsstätten besitzen (wie bspw. Food.de). Multichannel-Händler bieten ihr Sortiment auf mehreren Verkaufskanälen an, sowohl stationär als auch online. Unter den MultichannelAnbieter fallen bspw. stationäre Händler, die ihre Produkte um einen Online-Absatzkanal erweitern (bspw. Rewe Online) oder die eine Kooperation mit Onlinehändlern eingehen, um von dessen Knowhow zu profitieren (bspw. mit Flink).
Im Rahmen der Kundenakquise und Kundenbindung im Front-End Fulfillment unterscheiden sich Geschäftsmodelle in ihrem Sortiment, dem Liefergebiet und den anfallenden Kosten für Endverbraucher (Mensing, 2018). Das Back-End-Fulfillment differenziert sich in der Standortwahl, der Kommissionierungsmethode, sowie der Gestaltung des Warenausgangs (Verpackung und Übergabe). Somit spielt die typische Verkaufsfläche des Einzelhandels im LOH keine Rolle mehr und wird durch die Lagefläche ersetzt. Die Größe der Lagefläche tangiert dabei nicht nur mit der Standortwahl, sondern legt auch die strategische Ausrichtung des Produktsortiments und die Anzahl der angebotenen Produkte fest. Je nach Lagerkonzept können die Fixkosten (Mietpreise, Energieverbrauch, Leasingkosten, usw.) und variablen Kosten (Personalkosten, Distanz pro Bestellung, usw.) von mittel bis sehr hoch variieren. Die letzte Meile im LOH, die den Weg der online bestellten Ware zwischen dem Warenausgang und der Zustellung des Kunden definiert, unterscheiden sich in der Zustellungsart, der verantwortlichen Person für die Zustellung, der Zustellgeschwindigkeit oder dem Zustellfenster. Um die Kosten für die letzte Meile zu decken, werden sie in der Regel den Kunden separat in Rechnung gestellt, da Konsumenten höhere Preise für Lebensmittelprodukte nicht zu zahlen bereit sind (Wagner & Wiehenbrauk, 2014, S. 22; Warschun & Jens Rühle, 2012, S. 8).
Aus den möglichen Merkmalskriterien des LOH lassen sich drei klassische Marktteilnehmer bündeln: Online-Spezialisierungshändler, Online-Supermärkte, Online-Abo-Händler (Berens, 2015, S. 5; Dautzenberg et al., 2017). Die Gruppe der Spezialisierungshändler stellte unter den Anbieter für Frischprodukte im Jahr 2017 noch den größten Marktanteil auf dem deutschen Markt. In ihrem Sortiment befinden sich hauptsächlich Nischenprodukte, die mit einer hohen Marge eingehen (wie bspw. Delikatessen, Fleisch, Käse). Die Nischenprodukte können von Fachhändlern, Spezialitätenhändlern oder Biohändlern stammen. Fachhändler wie bspw. MyMuesli konzentrieren sich auf eine limitierte Anzahl von Produktgruppen, bieten dafür aber eine hohe Anzahl an Auswahlmöglichkeiten an. Spezialitätenhändler wie bspw. Marktschwärmer hingegen fokussieren sich auf regionale oder landesweite Produkte. Das Sortiment der Biohändler wie bspw. Biotop zeichnet sich durch die Bioqualität von Trocken- oder Frischware aus. Im Gegensatz dazu bieten Online-Supermärkte wie bspw. Rewe Online, Amazon Fresh oder myTime ein Vollsortiment an, dessen Warengruppen den täglichen Bedarf eines Haushalts abdecken können. Das Vertriebsmodell der Online-Abo-Händler ist im Vergleich zu den bisher genannten Händler am jüngsten (Scherf, 2020, S. 15). Hierbei erhalten Verbraucher automatisch in regelmäßigen Abständen vom Händler zusammengestellte Kisten mit Obst und Gemüsen wie bspw. bei Etepete oder maßgeschneiderte Kochboxen wie bspw. bei Hello Fresh. Verbraucher haben keinen direkten Einfluss auf den Inhalt der Box, sondern können sich nur für ein Thema oder eine Kistengröße entscheiden. Eine besondere Gruppe im LOH bilden die Mischhändler wie bspw. Flaschenpost, die Lebensmittel nur als Zusatzsortiment anbieten (HDE und IFH Köln, 2022, S. 22).
Die Zahl der derzeitigen Online-Anbieter von Lebensmittel ist groß. Die bekanntesten Anbieter und Plattformen werden beispielhaft in Abb. 2 wie folgt zusammengefasst:
Abbildung 2: Übersicht LOH nach Händlertyp, Sortiment und Zustellgeschwindigkeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung aus Eigenrecherche in Anlehnung an: HDE und IFH Köln, 2022, S. 22; Manufactum; Mymuesli; myTime; Scherf, 2020; Utopia
Die Verbrauchersichtweise zu den bestehenden Geschäftsmodellen im LOH wurde bisher in zahlreichen Studien erforscht (Appinio & Spryker, 2021; ATKearney, 2019; Brockie, 2022; PosPulse, 2019; Sossna, 2021). Die wesentlichen Erkenntnisse zur Motivation, zum Bestellverhalten und weiteren Themengebieten werden nachfolgend zusammengefasst.
Hauptvorteil des LOH liegt in dem Bequemlichkeitsfaktor (Convenience). Hierzu wird bspw. die flexible Lieferung nach Hause, das Zeitersparnis im Vergleich zum stationären Handel und die Unabhängigkeit von den Ladenöffnungszeiten genannt (Appinio & Spryker, 2021; ATKearney, 2019). Insbesondere der Service und die Kundenfreundlichkeit, sowie das generelle Kauferlebnis wird im Vergleich zum Einzelhandel als positiver empfunden. Einer größeren Auswahl wird nur bedingt zugestimmt. Dabei wünschen sich Verbraucher im LOH schnellere Lieferungen, günstige Preise und eine größere Auswahl an Produkten. Besonders der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit gewinnt bei Konsumenten an Relevanz (Brockie, 2022; Sossna, 2021). Negative Erfahrungswerte bestehen am häufigsten im Zusammenhang mit dem Mindestbestellwert oder einer unvollständigen Lieferung (Appinio & Spryker, 2021).
Unter den bekanntesten LOH-Marken müssen an erster Stelle die Online-Supermärkte wie REWE online und Amazon Fresh genannt werden (Kunst, 2022). Aber auch der Abo-Händler Hello Fresh und die Schnell-Lieferdienste (Quick Commerce) wie Flink gehören zu den Top 10 der bekanntesten Marken im LOH. Die am häufigsten bestellten Produktkategorien mit ca. 60% bis 80% Zustimmung wie Süßigkeiten, Snacks, Getränke und fertiges Essen kommen aus der Warengruppe, die länger haltbar sind (Appinio & Spryker, 2021). Die frischen Warengruppen wie Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch und Milchprodukte werden seltener (40% bis 50%) online eingekauft, weil zum Teil an ihrer Qualität gezweifelt wird. Diese Warengruppe wirkt für viele Konsumenten im LOH weniger attraktiv, weil die Produkte nicht in ihrem aktuellen Zustand angesehen oder angefasst werden können.
Zu der Bestellhäufigkeit fällt auf, dass vor allem „Konsumenten mit speziellen Anforderungen häufiger online“ einkaufen, „als Konsumenten mit allgemeinen Anforderungen“ (AT- Kearney, 2019). Die Anforderungen können sich auf ein besonderes Interesse an einem Ernährungsstil wie bspw. vegan oder auf eine Lebensmittelunverträglichkeit wie bspw. Laktoseintoleranz beziehen. Zu der Bestellsituation gehen die Ergebnisse der Studien auseinander, ob Routine- oder spontane Einkäufer häufiger Lebensmittel online bestellen (Appinio & Spryker, 2021; ATKearney, 2019). LOH findet allen Vorrang bei der jüngere Generation Anklang, die digitalaffiner sind (Brockie, 2022; PosPulse, 2019).
Die Frage, wie nachhaltig Online-Anbieter im LOH sind, kann nicht pauschal beantwortet werden. Die Auswirkung der Digitalisierung des Lebensmittelhandels ist weitgehend ungerichtet und von positiven als auch negativen Effekten abhängig (Scherf, 2020). Eine Evaluation der Nachhaltigkeitsorientierung von LOH-Anbieter ist in erster Linie nur mit Hilfe von verfügbaren Informationen aus der Unternehmenskommunikation möglich. In der Studie von Scherf wurden die wichtigsten Stellschrauben der ökologischen Ebene auf alle möglichen Nachhaltigkeitseffekte untersucht und um beispielhafte Anbieter ergänzt. Auf der ökologischen Ebene stehen Kriterien wie Logistik (An- und Auslieferung, Lager von Waren), Anbau und Produktangebot, sowie Materialeinsatz und Abfallvermeidung im Zentrum der Evaluierung zur Nachhaltigkeit, die von Gailhofer & Scherf, 2019; Gensch et al., 2019; Scherf, 2020 wie folgt abgegrenzt werden:
- Eine Anlieferung von Produkten aus der Region wie bspw. bei Biobote Emsland kann im Zusammenhang mit der CO2-Emission als umweltfreundlicher angesehen werden, weil es mit kürzeren Lieferwegen verbunden ist. Ebenso entscheidend ist das Transportmittel der Anlieferung (per Schienen wie bei Altnatura, oder LKW) und der Auslieferung (PKW, Fahrrad, zu Fuß, usw.). Bei der Auslieferung stellt sich zusätzlich die Frage nach der Distanz zum Kunden und ob eine energieoptimierte Routenplanung gegeben ist. Eine umweltfreundliche Lagerung ist mit dem Verbrauch der Lagerfläche und mit der Energieversorgung (konventionell oder Ökostrom) verbunden.
- Die Herkunft des Produkts steht im Fokus des Produktangebots. Hierbei schneiden überregionale Produkte in der CO2-Emission und dem Energieverbrauch tendenziell schlechter ab als regionale Produkte. Die Effekte im Anbau werden durch Kriterien wie übermäßiger Wasserverbrauch oder Verschmutzung von Böden und Gewässern durch den Einsatz von chemischen Stoffen bestimmt, weshalb Bio-Anbieter wie Alna- tura und Etepete in diesem Punkt besser abschneiden.
- Der Einfluss von Online-Anbietern auf den Materialeinsatz von Produktverpackung hängt davon ab, ob sie Eigenprodukte oder externe Produkte vertreiben. Ihnen wird jedoch die Verantwortung der Verpackungsart und des Verpackungsmaterials im Versand zugesprochen. Auch hier wurden verstärkt nachhaltige Maßnahmen festgestellt. So setzen sich viele Anbieter bewusst für Papierverpackungen ein, andere vermeiden gänzlich eine Einwegverpackung aus Karton, indem sie auf Mehrwegverpackung oder unverpackt umsteigen. Bspw. verwendet Biobote Emsland und Rewe Online ausschließlich Pfandkisten und Too Good to Go stärkt ihre Kunden darin, eigene Behälter mitzubringen. Außerdem können portionierte Kochboxen (wie bspw. von Hello Fresh) und Gemüse- und Obstkisten (bspw. von Etepete) Maßnahmen gegen die Lebensmittelverschwendung darstellen.
Insgesamt lassen sich unterschiedliche Faktoren bzw. Mittel zur nachhaltigen Ausrichtung von Online-Lebensmittelanbietern identifizieren. Es ist zu beobachten, dass die bekanntesten Marken und Unternehmen mit den höchsten Marktanteilen im LOH wie Amazon Fresh, Hello Fresh u.a. in der Nachhaltigkeitsbewertung hinter den eher unbekannten Spezialisierungshändlergruppen stehen. Eine integrierte Bewertung aller Ebenen ist notwendig, um eine abschließende Aussage machen zu können. Da dies allerdings nicht im Fokus der Arbeit liegt, wird hierauf nicht weiter eingegangen. Der für diese Arbeit relevante Aspekt zur Nachhaltigkeit der LOH-Verpackungen wird in den nächsten Kapiteln detaillierter behandelt.
2.2.3. Anforderungen an die Lebensmittelverpackung
Die steigende Beliebtheit der Online-Lebensmittelbranche trug nicht nur zum Umsatzwachstum im E-Commerce bei, sondern auch zur Erhöhung des Verpackungsaufkommens, denn zusätzlich zu der Produktverpackung können noch Versandverpackungen für die Lieferung anfallen (UBA, 2020b). Laut dem Bundesamt für Umwelt liegt der Grund für steigende Verpackungszahlen auch in dem Angebot von immer kleineren Portionierungsgrößen aufgrund der steigenden Anzahl von Ein- und Zweifamilienhaushalten. Allerdings verraten Studien wie die vom Deutschen Verpackungsinstitut, dass jeder zweite Verbraucher Nachhaltigkeit als hoch relevant empfindet und sich beim Einkauf von nachhaltigen Verpackungen beeinflussen lässt (DVI, o.J.). Bevor jedoch auf die Nachhaltigkeitsfrage von Verpackungen im LOH eingegangen werden kann, müssen zunächst Begrifflichkeit, Eigenschaften und Funktionen, sowie gesetzliche Regelungen von Verpackungen betrachtet werden.
„Grundsätzlich ist unter einer Verpackung die äußere Umhüllung eines Erzeugnisses zu verstehen.“ (Vaih-Baur & Kastner, 2010, S. 9). In §3 der Verpackungsverordnung werden drei wesentliche Verpackungsarten differenziert: Verkaufsverpackung, Umverpackung und Transportverpackung. Eine Verpackung kann aus diversen Materialien hergestellt werden. Eine Verkaufsverpackung ist eine Verkaufseinheit, die die „Übergabe von Waren an den Endverbraucher ermöglicht oder unterstützt“. Die Umverpackung kann zusätzlich zur Verkaufsverpackung angeboten werden, allerdings dient sie nicht primär dem Schutz der Ware. Die Transportverpackung bewahrt das Verkaufsprodukt beim Transport zusätzlich sicher vor Schäden und soll die Handhabung beim Transport erleichtern. Hierbei wird von Container im Schienen-, Luft-, oder Schifftransport unterschieden. Aus der logistischen Sichtweise besteht eine Verpackung aus dem Packmittel, Packhilfsmittel und Packstoff (Hompel et al., 2007, 9 ff.). Das Packmittel kann bspw. ein Sack, eine Kiste, oder eine Flasche sein. Während das Packmittel die Ware umhüllt und sie für weitere Schritte des Verkaufs fertig macht, können Packhilfsmittel diesen Vorgang unterstützen. Zu den Packhilfsmitteln zählen bspw. Schaumstoffpolster, Klebeband und Luftkissen. Der Packstoff hingegen beschreibt das Material, aus dem die beiden anderen Produktgruppen bestehen.
Eine Verpackung besitzt eine Vielzahl an Funktionen für Hersteller, Verbraucher, Handel, Umwelt und Wirtschaft (Buchner, 1999, S. 1). Um diese zu bedienen, rücken insb. Kosten- und Qualitätsfaktoren bei der Verpackungsherstellung in den Vordergrund der Entscheidung, da nicht erneuerbare Rohstoffe knapper werden und deshalb neue Verpackungstechnologien benötigt werden (Kaßmann & Monika, 2020, S. 2). Hierbei geht der Trend zunehmend in Richtung der Reduzierung von Verpackungsmaterial bei gleichzeitig konstanten oder steigenden Qualitätsanforderungen (Bovensiepen et al., 2018, S. 26). Außerdem ist die Verpackung ein wichtiges Marketinginstrument, um Produkte von ihrer Masse abzuheben (busi- ness-wissen.de, 2013). Infolgedessen wird die Kundenbindung durch Verpackungen immer wichtiger. Zur Realisierung einer optimalen Verpackung müssen alle möglichen Teilfunktionen in die Planung und Gestaltung der Verpackung beachtet werden, welche je nach Funktionsbereich stark variieren können (Hompel et al., 2007).
In der Lebensmittelindustrie wird zwischen direkten und indirekten Funktionen einer Verpackung unterschieden (Buchner, 1999). Die indirekte Funktion besteht vorrangig in der Aufgabe, Lebensmittel vor dem Verderben zu schützen, um Lebensmittelverschwendung und Lagerverluste zu vermeiden, wodurch die Umweltbelastung verringert werden kann (Deutsches Verpackungsinstitut, o.J.). Außerdem dient es der Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Infrastruktur, in der die moderne Güteversorgung nur durch Verpackung möglich ist (Buchner, 1999, S. 1-2). Bspw. wären Joghurt, Tiefkühl- und Fertiggerichte u.a. ohne eine Verpackung nicht herstellbar, verteilbar und lagerbar. Für die Verpackung von Lebensmitteln bestehen die wichtigsten direkten Funktionen in dem Schutz, der Kühlung, der Lagerung und dem Transport, sowie in der Information und Kommunikation, die abhängig von der Produktgruppe (trocken oder frisch) unterschiedliche Eigenschaften annehmen (Kaßmann & Monika, 2020):
Nach Kaßmann beinhaltet die Schutzfunktion (Abb. 3) drei Disziplinen: Der Schutz des Packguts, Schutz der Packung und Schutz der Umwelt (Kaßmann & Monika, 2020, S. 15). Die primäre Funktion einer Verpackung liegt damit in dem Schutz des Packguts vor äußeren Einflüssen. Bei Lebensmitteln schließt dies die Hygiene-, Haltbarkeits- und Qualitätssicherungsfaktoren mit ein. Dadurch wird sichergestellt, dass der Kunde das Produkt unversehrt nutzen kann, ohne dass die Haltbarkeit des Produkts verändert wird (Vaih-Baur & Kastner, 2010, S. 17). Die Schutzfunktion nimmt im LOH bei der Auslieferung eine bedeutende Rolle ein, da der Händler oder Lieferant für die Produktqualität währenddessen haftet (Dautzenberg et al., 2017).
Abbildung 3: Schutzfunktion einer Verpackung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung nach Kaßmann (2020, S. 15)
Die Kühlungsfunktion zählt neben der Schutzfunktion zu den wichtigsten Funktionen der Verpackung frischer Lebensmittel wie bspw. Fleisch oder Milchprodukte (Bücher & Sezer, 2003, S. 62). Diese Lebensmittel stellen im Transportwesen meist einen größeren Aufwand dar, weil die Kühlkette dieser Produktgruppe nicht unterbrochen werden darf, um deren Qualität zu gewährleisten. Es wird zwischen aktiver und passiver Kühlung unterschieden. Die aktive Kühlung beruht auf Kühlsysteme, die entsprechende Produktgruppen mit ähnlichen Temperaturanforderungen gleichmäßig in ihren Temperaturzonen kühlen. Die aktive Kühlung findet meistens in Lagerräumen oder Spezial-LKWs statt. Zur Lieferung von Frischware auf der letzten Meile wird meist zur passiven Kühlung gegriffen. Hierbei werden gekühlte Transportverpackungen wie bspw. isolierte Kühltaschen oder Kühlboxen aus Styropor gemeinsam mit Kühlpads oder Trockeneis verwendet (myenso, 2022; Packaging journal, 2019). Je länger die Wegstrecke und Transportzeit zwischen LOH-Anbieter und dem Kunden ist, desto höher sind die Kosten der Lieferung, da mehr Kühlmittel und mehr Verpackungsmaterial benötigt werden (Mensing, 2018, S. 208). Dies hätte auch negative ökologische Effekte: Es wird mehr Verpackungsmüll produziert und mehr Verpackungsmüll müsste entsorgt werden.
Um Kosten, Zeit und Personal zu sparen, sollte eine Verpackung sowohl platzeffizient in der Lagerung als auch einfach zu transportieren sein (Vaih-Baur & Kastner, 2010, S. 22). Außerdem sollte sie robust und gut stapelbar sein, sodass einzelne Verpackungen einfach für den Transport beladen und zusammengestellt werden können. Dadurch liegt das Hauptziel für Händler in der optimalen Nutzung der Lagerflächen und der optimalen Transportfähigkeit (Arnold et al., 2008, S. 702). Dem Verbraucher ist es wichtig, dass die Ware beim Transport unversehrt bleibt, weshalb das Verhältnis zwischen Versandverpackung und der Ware bzw. der Produktverpackung nicht zu groß sein darf (Bovensiepen et al., 2018, S. 20). Im LOH verlagert sich der Mehrwert der Transport- und Lagerfunktion einer Verpackung vom Endverbraucher auf die Händler und Lieferanten, weil das Bündeln, Einpacken und der Heimtransport der Produkte bis vor die Haustür nun vom Händler übernommen wird (Brabänder, 2020, S. 13). Allerdings äußern sich trotzdem manche Verbraucher hierzu, dass sie eine Mehr-weg-
Versandverpackung statt den herkömmlichen Papiertüten oder -kartons bevorzugen (Bovensiepen et al., 2018, S. 25).
In der Informationsfunktion oder auch Kommunikationsfunktion präsentiert eine Verpackung das innenliegende Produkt mit Werbebotschaften, um ein gezieltes Image aufzubauen und sich dadurch von seinen Wettbewerbern abzuheben (Kaßmann & Monika, 2020, 15 ff.). Neben der Wertevermittlung wird die Verpackung dazu genutzt, Konsumenten über die gesetzlich vorgeschriebenen Produktinformationen und Kennzeichen aufzuklären, wie bspw. Kaufpreis, Menge, Haltbarkeit, usw. (BMEL, 2020; BVL, 2022). Das Einbetten einer bildlichen Darstellung des Produkts, der Produkt- und Markenname, Qualitätssiegel, Artikelnummer oder Strichcodes sind freiwillige Angaben für Kunden und den Parteien der Warenkette (Vaih-Baur & Kastner, 2010, S. 20-21). Im LOH verlagert sich das Augenmerk bei der Kaufentscheidung von der aufwendig gestalteten Verpackung hin zu einer differenzierten Informationsdarstellung auf dem Bildschirm, weshalb die herkömmliche Produktverpackung für den LOH strategisch überarbeitet werden könnte (Arnold et al., 2008, S. 533). Bei unverpacktem Obst und Gemüse ist zu beobachten, dass trotz des Wegfalls der Verpackung nicht auf das Logo verzichtet wird, welches in Form eines Stickers auf jedem Produkt vorzufinden ist (Bovensiepen et al., 2018, S. 16).
Neben den funktionalen Aspekten bestehen auch eine Reihe gesetzlicher Vorgaben und Richtlinien, die eine Lebensmittelverpackung im Lebensmittelhandel erfüllen muss. Die folgende Tabelle 2 stellt nur die relevantesten Vorgaben zusammen, welche nicht abschließend zu betrachten sind. Weitere Richtlinien und Gesetze zu Lebensmittel und Lebensmittelverpackungen sind auf der Webseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und der Webseite des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) aufzufinden.
Tabelle 2: Vorgaben und Richtlinien für Lebensmittel und Lebensmittelverpackung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2.4. Nachhaltigkeitsbewertung von Lebensmittelmaterialien
Damit eine Verpackung ihren Zweck erfüllen kann, ist sie an erster Stelle vom Verpackungsmaterial abhängig (Istel, 2021). Im Folgenden wird deshalb zunächst eine Reihe von konventionellen Verpackungsmaterialien vorgestellt, die für Lebensmittel verwendet werden können. Anschließend werden diese auf Kriterien für Nachhaltigkeit überprüft.
Papier, Pappe oder Karton (im Folgenden zusammengefasst zu Papier) ist laut dem BMUV seit Jahren das mit Abstand am meisten genutzte Verbrauchsmaterial für Verpackungen in Deutschland (BMU, 2020). Papier besteht hauptsächlich aus Faserstoffen, die aus dem biologisch abbaubaren und recyclebaren Rohstoff Holz oder Altpapierstoff hergestellt werden können (o.V., 2017). Papiersorten unterscheiden sich je nach Einsatzzweck in ihrer Dichte, Masse, und damit ihrem Gewicht und ihrer Stabilität (Kaßmann & Monika, 2020, 50 ff.). In der Lebensmittelindustrie findet das Verpackungsmaterial Papier vielseitig Anwendung. Unter der Kategorie Produktverpackung fallen bspw. Trockenprodukte wie Pasta, Mehl und Zucker, bis hin zu frischen Produkten wie Obst und Gemüse, sowie Tiefkühlprodukte wie bspw. Pizza. Festeres Papier in Form von Kartons werden als Sammelverpackung oder Versandverpackung eingesetzt. Allerdings eignet sich Papier nur selten in seiner reinen Form als Verpackung, weshalb es mit einer Plastikbeschichtung versehen wird, um keine Feuchtigkeit aufzunehmen (Gerber et al., 2011, 41 ff.). Durch die wasserabweisende Eigenschaft bleibt das Material in Form und kann außerdem Gase und Aromen in dem Produkt halten. Papier ist sowohl ein beliebtes Packmittel als auch beliebtes Material zum Etikettieren, weil es sich leicht bedrucken lässt (Kaßmann & Monika, 2020, S. 53).
Kunststoff ist ebenfalls ein Material, dass in der heutigen Gesellschaft in fast jedem Bereich unseres alltäglichen Lebens vorzufinden ist (PlasticsEurope, 2021). 40% (20 Mio. Tonnen) der Kunststoffnachfrage des europäischen Markts im Jahr 2020 kommen aus der Verpackungsindustrie. Die gängigsten Varianten für Lebensmittelverpackungen sind: Polypropylen (PP) für bspw. Snacks und Süßigkeiten, Polyethylen low density (PE-LD) für Gefrierbeutel oder - behälter, Polyethylenterephthalat (PET) für Einweg- oder Mehrweggetränkeflaschen, Polystyrol (PS) für Milch- und Fischprodukte usw. Styropor ist PS in aufgeschäumter Form und wird in Form von Schalen oder Behälter für Obst, Gemüse, Fleisch oder Fisch verwendet (Verbraucherzentrale, 2022a). Die genannten Kunststoff- oder Plastiksorten haben aufgrund ihres geringen Gewichts und ihrer Beständigkeit gegen Fette, Öle, verdünnte Säuren und Alkohole mehr Vorteile im Vergleich zu den anderen Materialien (Gerber et al., 2011, 46 ff.; Kaßmann & Monika, 2020, 74 ff.). Zu den positiven Eigenschaften zählen auch Feuchtigkeitsverträglichkeit, Biegsamkeit, Stabilität und niedrige Kosten. Der Nachteil von lichtdurchlässigem Kunststoff könnte die Qualität und Haltbarkeit von Lebensmittel vermindern.
Glas wird in der Lebensmittelindustrie als Behälter für flüssige und feste Produkte verwendet, wie bspw. für Getränke, Obst-, Gemüse-, Wurstkonserven (Gerber et al., 2011, S. 39). Die Glasfärbung kann ihr Produktinhalt vor Licht schützen, doch ist Glas auch viel schwerer als Plastik. Glas ist ein neutrales Material, das aus natürlichem Rohstoff hergestellt wird und keine Fremdstoffe abgibt. Es eignet sich als Einweg- und als Mehrwegverpackung. Allerdings ist das Material empfindlich gegenüber sehr niedrigen Temperaturen und äußeren Einwirkungen. Für den Transport werden deshalb Umverpackungen benötigt.
Das am häufigsten verwendete Metall für Lebensmittelverpackung ist Aluminium (Gerber et al., 2011, S. 44; Kaßmann & Monika, 2020, 33 ff.). In Form von Konservendosen oder Aluminiumfolien hat es durch sein im Vergleich zu Glas leichteres Gewicht viele Einsatz- möglichkeiten. Das Material ist nicht nur wasserdicht, sondern lässt auch kein Licht- und Gas durch. Es hält kühlere und heißere Temperaturen aus. Je nach Beistoffe kann es formbar gemacht werden, behält aber dennoch seine stabile Eigenschaft. Der nachwachsende Rohstoff Holz kann, wie bereits erwähnt, für die Herstellung von Papier verwendet werden oder in seiner reinen Form als Kiste, Korb oder Fass eingesetzt werden (Kaßmann & Monika, 2020, 72 ff.). Holz ist ein stabiles Material für den Transport. Es ist das älteste Verpackungsmaterial für Lebensmittel, doch aufgrund seiner begrenzten Einsetzbarkeit ist es heutzutage nur noch als Um- und Außenverpackung vorzufinden (Verma et al., 2021, S. 3).
Bisher wurden die Vorteile von Verpackungen aus funktionaler und ökonomischer Sicht beleuchtet. Aus ökologischer Sicht kann eine Verpackung ebenfalls einen großen Wert für die Umwelt annehmen, denn es schützt mit wenig Aufwand seinen verhältnismäßig wertvolleren Inhalt (DVI, o.J.). Bei Betrachtung der Nachhaltigkeit von Lebensmitteln, würde die ökologische Belastung bei Verderb des Lebensmittels zu 90% von dem Lebensmittel selbst stammen; nur 10% werden der Verpackung zugeschrieben. Auch wenn ihr Anteil an der Umweltbelastung in diesem Vergleich gering ausfällt, darf trotzdem nicht geleugnet werden, dass jede Verpackung einen negativen Effekt auf Natur und Umwelt hat (Istel, 2021). Aus ökologischer Sicht kann ein nachhaltigerer Umgang mit Verpackung durch verschiedene Strategien erreicht werden (DVI, o.J.). Hierbei gilt an erster Stelle die Vermeidung von Verpackung, wo es möglich ist. An der Stelle, wo nicht auf sie verzichtet werden kann, sollte so viel wie möglich Material- und Energieverbrauch in der Herstellung reduziert werden. Es sollte auf Rezyklate, kompostierbare Materialien oder nachwachsenden Rohstoffen zurückgegriffen werden; sowie reine Materialien eingesetzt werden, um die Recyclingfähigkeit und - quote hochzuhalten. Frischkunststoff erfüllt nur wenige der genannten Kriterien, weshalb noch andere Verpackungsmöglichkeiten im Sinne der Nachhaltigkeit vorgestellt werden .
Während Frischkunststoff aus neu gewonnen fossilen Brennstoffen wie Erdöl und Erdgas hergestellt wird, kennzeichnet sich Recyclingkunststoff durch die Wiederverwertung von bereits entsorgten Kunststoffen (Hunold&Knoop, 2022). Hierbei wird zwischen werkstofflichen (zerkleinern und einschmelzen), rohstofflichen (zersetzen) und thermischen (verbrennen) Verfahren unterschieden. Je unreiner der zu verwertende Kunststoff ist, desto höher ist der Recyclingaufwand, was höhere Kosten und größere Umweltbelastung zur Folge hat. Bspw. werden bei der Verbrennung von Kunststoff giftige Gase und umweltschädliche Substanzen freigesetzt. Recyclingplastik steht deshalb einerseits vor der Herausforderung, dass aufgrund von mangelnder Infrastruktur und falscher Mülltrennung durch Verbraucher, nicht alles recycelt wird, was recyclebar ist. Andererseits sind Material- und Qualitätsverlust beim Recyclingprozess nicht auszuschließen, weshalb nicht jedes Kunststoff recyclebar ist oder unendlich recycelt werden kann (PlasticsEurope, 2020). In Europa wurde im Jahr 2018 ca. 1 Mio. Tonnen Kunststoffrezyklate für die Herstellung neuer Verpackungen verwendet. Der Vergleich zu der Gesamtproduktion von ca. 50 Mio. Tonnen zeigt, dass dies derzeit bei weitem nicht ausreicht, die Verwendung von Frischplastik zu ersetzen. Außerdem ist es aus Sicht der (Lebensmittel-)Industrie nicht lukrativ auf Recyclingmaterial umzusteigen, weil es im Vergleich zu Neukunststoff um fast 25% teurer ist (Quarks, 2020).
Beim Material Biokunststoff wird zwischen biologisch abbaubaren Kunststoffen und biobasierten Kunststoffen unterschieden (Gerber et al., 2011, 54 ff.; Kaßmann & Monika, 2020, 96 ff.). Während Ersteres sich auf die Abbaubarkeit und Kompostierbarkeit des Materials ungeachtet der Rohstoffbasis konzentriert, richtet sich Zweiteres nur auf die Herstellung durch nachwachsende Rohstoffe wie bspw. das Pflanzenmaterial Mais. Es besteht der Trugschluss, dass Biokunststoff in allen Fällen umweltschonender ist (Taufik et al., 2020). Tatsächlich hängt es im Einzelfall vom Herstellungs- und Entsorgungsprozess ab. Manche Arten von Biokunststoffen benötigen im Vergleich zu herkömmlichem Kunststoff in der Herstellung sogar mehr Zusatzstoffe, andere Arten wiederum führen bei falscher Entsorgung zu ähnlichen Umweltproblemen wie herkömmlicher Kunststoff. Wird beim Anbau der Rohstoffe umweltschädliche Produkte wie bspw. Pestizide eingesetzt, kann das Material ebenfalls nicht als nachtal- tigere Alternative eingestuft werden (Âlvarez-Châvez et al., 2012). Genau wie Recyclingplastik ist auch Bioplastik mit hohen Produktionskosten verbunden, was für Unternehmen eine ökonomische Herausforderung darstellt (Neves et al., 2020).
Zuletzt besteht eine weitere nachhaltige Verpackungsalternative im unverpackten Zustand, wodurch kein Verbrauch und keine Verwertung von Rohstoffen stattfindet (Cat-Krause et al., 2021). Der Kauf von losen und unverpackten Lebensmitteln ist ein wachsender Verbrauchertrend (Louis et al., 2021). Unverpackte Lebensmittel sind häufiger als Bioprodukt vorzufinden (Istel, o.J.b). Das verpackungsfreie Einkaufen findet immer mehr Anklang bei Obst und Gemüse (Splendid Research, 2018). Allerdings sind unverpackte Lebensmittel nur dann nachhaltig, wenn es für diesen Fall geeignet sind (G. H. Marken & Hörisch, 2019). Denn wenn die Vermeidung von Verpackungen zu mehr Lebensmittelverschwendung aufgrund von hygienischen oder wirtschaftlichen Faktoren führt, ist diese Alternative aus ökologischer Sichtweise schlechter als eine herkömmliche Verpackung (Bodinek, o.J.). Unverpackte Lebensmittel müssen im LOH lokal einzeln zusammengestellt werden, was mit einem höheren Arbeitsaufwand und höheren Kosten verbunden sein könnte (Dautzenberg et al., 2017).
Aus der bisherigen Betrachtung lässt sich sagen, dass sowohl Plastik als auch alle seine Alternativen ihre ökologischen und wirtschaftlichen Vor- und Nachteile haben. Selbst von einem theoretischen Standpunkt aus ist es schwierig zu beurteilen, ob eine Verpackung mehr oder weniger nachhaltig ist als eine andere. In der Einzelfallbetrachtung können jedoch zusammengefasst folgende Kriterien herangezogen werden (Heiserich et al., 2011, S. 277; Weileder & Mathias, 2020): Menge an Rohstoff, der Wasser- und Energieverbrauch für dessen Herstellung und Entsorgung, die Nutzungsdauer, die Abbaubarkeit & Recyclingfähigkeit und über alle Kategorien hinweg die Menge der dabei entstehenden CO2-Emission, wodurch in Summe die Ökobilanz bewertet werden sollte. Eine Studie von Worldwatchers zeigt, dass Papier im CO2-Ranking für 1 kg Verpackungsmaterial besser als Glas, Plastik und Aluminium abschneidet (Rauschecker, 2020). Nach der Definition von Nordin & Selke (2010) ist eine nachhaltige Verpackung „eine Verpackung, die den vier Prinzipien folgt: effektiv, effizient, zyklisch und sicher“. Die folgende Tabelle 3 stellt die für diese Arbeit relevanten Vor- und Nachteile der Verpackungsalternativen aus ökologischer Sicht zusammen:
Tabelle 3: Gegenüberstellung von Verpackungsmaterialien aus ökologischer Sicht
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Gerber et al., 2011; Ritgen & Anna-Maria, 2022; Weileder & Mathias, 2020
Zu guter Letzt soll noch das Thema Verpackung von Obst und Gemüse angerissen werden. In Deutschland entstehen aktuell „jährlich über 103.000 Tonnen Verpackungsmüll für frisches Obst und Gemüse“, darunter 65% Plastik und 31% Papier (Istel, 2020). Dies liegt daran, dass ca. 60% der Obst- und Gemüsesorten bereits mit Frischplastik, Pappe oder in Netzen vorverpackt verkauft werden, wobei Gemüse mehr industriell vorverpackt ist als Obst. Die Vorverpackung, hier auch Produktverpackung, hat für den Handel nicht nur den Vorteil, dass Waren leichter zu transportieren und zu stapeln sind. Es kann schneller kassiert werden, weil nicht noch abgewogen werden muss. Die Service- oder Umverpackung z.B. in Form einer Papiertüte ist in 36% der Fälle vorzufinden. Das bedeutet, dass derzeit nur 4% Obst und Gemüse unverpackt verkauft werden. Vorverpackungen sind zudem materialintensiver als Serviceverpackungen, weshalb „keine Vorverpackung“ die nachhaltigere Alternative ist. Eine Industrieverpackung braucht für 1 kg Obst oder Gemüse durchschnittlich das Siebenfache an Material. Gerade bei Papierverpackungen ist die Differenz nochmal um ein Vielfaches größer. Jüngsten Beobachtungen des Naturschutzbund Deutschlands zur Folge sind frische Paprikas zu 9% mehr vorverpackt, allerdings hat sich die Verpackungsmenge um ca. 20% reduziert. Der umgekehrte Fall ist bei Salatgurken zu sehen: Die Industrieverpackung ist um 43% gesunken, allerdings ist die Verpackungsmenge um 77% gestiegen.
Bei der Frage, ob es ein Kennzeichen oder eine Zertifizierung für nachhaltige Lebensmittelverpackungen gibt, antwortet die Initiative Lebensmittelklarheit des BMEL, dass es kein Label gibt, „das die Nachhaltigkeit von Verpackungen umfassend und neutral bewertet.“ (Lebensmittelklarheit, 2022). Es existiert keine Rechtsprechung für eine Kennzeichnungspflicht für Verpackungen in diesem Bereich (Söllig, o.J.). Dennoch werden zahlreiche Kennzeichen bedruckt, die ein Hinweis auf Umweltfreundlichkeit geben (Istel). Für recyceltes Papier gibt es bspw. die Zeichen Der Blaue Engel und FSC Recycled, die die Verbraucher darüber informieren, dass dieses Papier aus 100% Recyclingmaterial besteht. PEFC ist kein Siegel für Altpapier, sondern ein Label „zur Sicherstellung einer nachhaltigen Waldbewirtung“ bei Frischpapier. Bei Plastikverpackungen gibt es bspw. das Kennzeichen Der Grüne Punkt, das den Verbraucher darauf hinweist, dass die Verpackung in der gelben Tonne entsorgt werden sollte (Söllig, o.J.). Zusätzlich zu den Kennzeichen zur Verpackung sind auf Lebensmittelverpackungen auch eine Menge anderer Codes, Siegel und Kennzeichen zur ökologischen Nachhaltigkeit zu finden, die bspw. einen Hinweis auf die Herstellung und Haltung des Produkts sowie einem fairen Handel geben (Verbraucherzentrale, 2021). Fest steht, dass es auch eine Menge an Hinweisen gibt, die irreführend für den Verbraucher sind. Bei Hinweisen „wie „kompostierbar“, „100 % recyclebar“ oder „0 % Plastik“ wird meist nur Auskunft über einzelne Aspekte des Gesamtprodukts gemacht“, doch der Verbraucher versteht diese Hinweise meist anders als der Hersteller und trifft aufgrund der Hinweise seine Kaufentscheidung (Verbraucherzentrale, 2022b). Im Thema Verbraucheraufklärung ist Frankreich deshalb Vorreiter (Lebensmittelklarheit, 2021). Der neu entwickelte Eco-Score berücksichtigt mehrere Nachhaltigkeitsaspekte und gibt Auskunft über die Nachhaltigkeit des Gesamtprodukts.
Insgesamt ist festzustellen, dass die Diskussion um die Nachhaltigkeit von Lebensmittelverpackungen viele Facetten birgt. Die Politik und Industrie haben konkrete Strategien und machen bereits konkrete Schritte in Richtung Schutz der Umwelt. Im nächsten Kapitel 2.3. wird die Einstellung und das Verhalten der Verbraucher zu diesem Thema näher beleuchtet.
2.3. Akzeptanz nachhaltiger Verpackungslösungen
2.3.1. Begriffseinordnung Akzeptanz und Akzeptanzforschung
Die Terminologie Akzeptanz wird oft als Synonym für die Befürwortung, Zustimmung, oder Anerkennung verwendet, weshalb sie als ein Begriff für eine positive Annahmeentscheidung verstanden wird (Simon, 2001). In der Literatur gibt es verschiedene Ansätze zur Erklärung von Akzeptanz. Alle Auffassungen haben in ihrer Definition eines gemeinsam: Es handelt sich um die Annahme von Innovation durch ein Individuum, wobei nicht zwischen neuen Produkten und Dienstleistungen unterschieden wird (Kroeber-Riel & Gröppel-Klein, 2013, S. 737). Die Wissenschaftler Wiedmann und Frenzel fassen Akzeptanz als einen zu erklärenden intraindividuellen Vorgang zusammen, der nicht direkt beobachtbar ist. Hierbei werden auf die Erklärungssätze des neobehavioristischen SOR-Modells zurückgegriffen. Akzeptanz wird als sogenannte intervenierende Variable verstanden, um die nicht-beobachtbaren Vorgänge im Organismus (O) zu erklären, dessen Auslöser beobachtbare Reize (Stimulus, S) und dessen Folge beobachtbare Reaktionen (R) sind (2004, S. 103).
Die Akzeptanzforschung findet ihren Ansatz im Rahmen der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung, der die Anwenderseite von Innovation untersucht (Reichwald, 1982, S. 36). Nach Reichenwald und Manz hat die Akzeptanzforschung eine analytische und gestaltende Zielsetzung. Während die analytische Perspektive sich mit der Wechselbeziehung zwischen der Einführung und den Auswirkungen von Innovation auseinandersetzt, geht bei es bei der gestalterischen Komponente darum, wie der Anwender die Innovation für sich nutzt und welche Wirkung die Innovation hat (Manz, 1983, S. 83; Reichwald, 1982, S. 37).
In den betriebswirtschaftlichen Ansätzen der Akzeptanzforschung wurde zunächst zwischen der Einstellungsakzeptanz und Verhaltensakzeptanz unterschieden (Müller-Böling & Müller, 1986, S. 23-27). Bei der Verhaltensakzeptanz handelt es sich um ein positives und beobachtbares Verhalten gegenüber einer Innovation, während es in der Einstellungsakzeptanz für den Beobachter nicht ersichtlich ist (Kroeber-Riel & Gröppel-Klein, 2013, S. 737). Später wurde der Begriff Verhaltensakzeptanz in der deutschen Marketingforschung nochmals in Handlungsakzeptanz und Nutzungsakzeptanz spezifiziert (Weiber & Kollmann, 1995, S. 68). Diese Betrachtung deutet auf eine prozessbezogene Erklärung des Akzeptanzbegriffs hin, was für die vorliegende Arbeit von hohem Interesse ist. Daher werden die drei Ebenen hier genauer aufgeführt werden: (Kollmann et al., 2013, S. 59)
- Einstellungsebene: Auf dieser Ebene nimmt der Konsument die Innovation wahr, beurteilt und plant ggf. den Kauf oder die Nutzung. Eine Akzeptanz auf dieser Ebene ist gegeben, wenn die Wahrnehmung eine dauerhafte positive affektive (emotionale)
und kognitive (verstandsmäßige) sowie konative (handlungsorientierte) Komponente besitzt (Meinefeld, 1977, S. 26).
- Handlungsebene: Bei einer Handlungsakzeptanz macht der Konsument den aktiven Schritt des Kaufs durch eine freiwillige Übernahme. Darüber hinaus stellt er Überlegungen zu künftigen Nutzungsabsichten auf (Weiber & Kollmann, 1995, S. 68).
- Nutzungsebene: In der Nutzungsakzeptanz wird die geplante Nutzungsintention vom Konsumenten umgesetzt. Wenn eine freiwillige problemorientierte Nutzung bis zum Ende des gesamten Nutzungsprozesses erfolgt, wird auch von einer (Gesamt-) Akzeptanz gesprochen (Weiber & Kollmann, 1995, S. 68).
In der Marketinglehre kann die Akzeptanz einer Innovation in weitere Akzeptanzniveaus untergliedert werden, die durch eine dichotome Ausprägung (bspw. Annahme oder Ablehnung) bestimmt werden können (Kollmann, 1998, S. 61). Hierauf wird in Kapitel 2.3.3 tiefer eingegangen. Vor dem Hintergrund der skizzierten Auffassungen hinsichtlich des Akzeptanzbegriffs kann jedoch an dieser Stelle festgehalten werden: im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird dann von Akzeptanz nachhaltiger Verpackungsalternativen im Online-Lebensmittelhandel gesprochen, wenn sowohl eine Einstellungs- als auch Handlungs- und Nutzungsakzeptanz vorliegt. Das heißt, dass die Akzeptanz nur mit einer positiven Einstellung einhergeht und die Nutzung auf Seiten des Konsumenten freiwillig erfolgt.
2.3.2. Adoptions- und Diffusionsforschung
Die Recherche zur Akzeptanzforschung führte oft zu den Ansätzen der Diffusions- und Adoptionsforschung, weshalb beide Begriffe an dieser Stelle aufgenommen und differenziert werden sollen. Die Adoptionsforschung bezieht sich nur auf die verhaltensrelevante Phase bei einer Entscheidung (Kroeber-Riel & Gröppel-Klein, 2013, S. 737), also der Phase, an dem der tatsächliche Kauf eines Produkts oder die Nutzung einer Dienstleistung stattfindet, während die Akzeptanzforschung die Einstellungsebene mitberücksichtigt. Nach heutigem Stand der Wissenschaft wird die Adoption nach Rogers in drei Phasen untergliedert: Entschei- dung/Kauf, Implementierung und Bestätigung/Nutzung (Rogers, 1995, 161 ff.). Das weiterentwickelte Modell trennt die Adoptionsphase von der vorangehende Meinungsbildungsphase (Persuasion), die Interesse, Bewertung sowie Versuch von neuen Produkten beinhalten (Wiedmann & Frenzel, 2004, S. 105). In den beiden genannten Phasen kann eine vorläufige oder endgültige Ablehnung der Innovation auftreten (Meffert et al., 2008, S. 105). Der Wissenschaftler Bruhn hingegen fasst die Meinungsbildungsphase und den Adoptionsprozess zusammen, sodass die Gesamtphase aus den Teilen Aufmerksamkeit, Interesse, Bewertung, Versuch und Annahme bestehen (Bruhn, 2014, S. 143). Somit zeigt sich, dass die Phasen der Adoptionsforschung in der Literatur nicht homogen abgebildet werden.
Wie bereits erwähnt, konzentriert sich die Akzeptanzforschung auf die zeitpunktbezogene Adoption einer Innovation; die Diffusionsforschung beschäftigt sich hingegen mit der Frage, wie schnell eine Innovation angenommen wird (Pfeiffer, 1981, S. 32). Inhalt der Diffusionsforschung liegt damit in dem Prozess der Übernahme von Innovation. Die in 1962 von Rogers entwickelte Diffusionstheorie beinhaltet die insgesamten Adoptionen einer Innovation (Kö- nigstorfer & Gröppel-Klein, 2008, S. 20). Aus dem Übernahmezeitpunkt können Konsumenten in unterschiedliche Gruppen segmentiert werden, die bspw. Innovatoren, Frühadoptoren, frühe und späte Mehrheit und Nachzügler genannt werden (Meffert et al., 2008, S. 105). Nach Meffert werden beispielsweise diejenigen Konsumenten als Innovatoren bezeichnet, die unter den ersten 2,5% gehören, die die Innovation übernehmen.
In den jüngeren Untersuchungen von Trommsdorff werden Einflussgrößen (wie bspw. Alter, Bildung, oder die Größe des Wohnorts) genannt, die voraussagen könnten, zu welcher Segmentgruppe (Innovatoren oder Adoptoren) Individuen angehören (Trommsdorff, 2002, S. 232). Allerdings führt Trommsdorff auch auf, dass eine Vorhersage durch die genannten Merkmale nur begrenzt möglich ist, weil auch produktspezifische Variablen darauf Einfluss nehmen. Beispielsweise könnte ein Konsument bei Elektronikgeräten jede Innovation erwerben wollen, im Bereich Lebensmittel aber nicht, weil andere produktspezifische Anforderungen erwartet werden. Für die vorliegende Arbeit wird die Akzeptanzforschung als ein ausgedehntes Feld der Adoptions- und Diffusionsforschung verstanden. Das im nächsten Kapitel vorgestellte Forschungsmodell nach Wiedmann und Frenzel vereint einige Aspekte der beiden beschriebenen Felder und kombiniert diese zu einem Akzeptanzforschungsmodell.
2.3.3. Akzeptanzmodell nach Wiedmann und Frenzel
In Anlehnung an die bisher aufgeführten Forschungsrichtungen zur Akzeptanz wird im folgenden Abschnitt ein Modell zur Forschung von Akzeptanz nachhaltiger Lebensmittelverpackungen im Online-Lebensmittelhandel (LOH) vorgestellt. Hierfür wird konkret das Akzeptanzmodell nach Wiedmann und Frenzel (Abb. 4) über die „Akzeptanz von Systemen der digitalen Distribution im E-Commerce der Musikwirtschaft“ herangezogen (Wiedmann & Frenzel, 2004, S. 105-113). Da der Onlinevertrieb von Musik zu diesem Zeitpunkt noch nicht gut erforscht wurde, lässt sich das Modell auch gut auf die Forschungsfragen der vorliegenden Arbeit anwenden. Das Modell integriert die Prozessperspektive der Adoptions- und Diffusionsforschung, die die Akzeptanz in die Einstellungsebene, Handlungsebene und Nutzungsebene unterteilt. Zudem wird im Akzeptanzprozess die Möglichkeit zur Ablehnung zu jedem Zeitpunkt mitberücksichtigt. Die von den Wissenschaftlern leicht modifizierten Phasen des Akzeptanzprozesses beinhalten das Bewusstsein, das Interesse, der Versuch bzw. die Erfahrung, der Kauf bzw. die Übernahme und die Nutzung, die von Wiedmann und Frenzel wie folgt beschrieben werden können: (Wiedmann & Frenzel, 2004, S. 105-107)
- Bewusstsein: Der potenzielle Konsument erhält zum ersten Mal Information über die Existenz eines Produkts, ohne über die Detailinformationen zu verfügen.
- Interesse: Dem potenziellen Konsumenten wird eine mögliche Verwendung des Produkts bewusst und er sucht nach detaillierteren Informationen.
- Versuch/Erfahrung: Der Konsument testet das Produkt aus.
- Kauf/Übernahme: Der Konsument entscheidet sich zur Übernahme und erstmaligen Verwendung des Produkts in einer gegebenen Situation.
- Nutzung: Nach positivem Versuch und Kauf des Produkts entscheidet sich der Konsument für die Nutzung des Produkts, um eine kontinuierliche positive Bestätigung für die Übernahme des Produkts zu erfahren.
Die genannten Phasen ergeben zusammen den Akzeptanzprozess, der den Kern des Modells beschreibt (Wiedmann & Frenzel, 2004, S. 107-111). Die Wissenschaftler integrierten außerdem die einflussnehmenden Faktoren auf den Akzeptanzprozess; diese Faktoren sind Akzeptanzsubjekt (Nutzer), Akzeptanzobjekt (Produkt) und Akzeptanzkontext (Umwelt). Hierbei wird angenommen, dass die Wirkung dieser Einflussfaktoren gleichzeitig, zu jedem Zeitpunkt jeder Akzeptanzphase und in unterschiedlicher Intensität sein könnte. Die drei Einflussfaktoren werden wie folgt beschrieben: (Meffert et al., 2008, S. 449; Wiedmann & Frenzel, 2004, 107 ff.)
- Personenbezogene Faktoren: Einflussfaktoren, die individuell von der Person abhängig sind, wie sozioökonomische Merkmale, psychographische Merkmale und beobachtbares Kaufverhalten.
- Umweltbezogene Faktoren: Hierzu zählen die externen Bedingungen der ökonomischen und politisch-rechtlichen Umwelt, sowie die der technologischen und kulturellen Umwelt.
- Produktbezogene Faktoren: Sind persönlich wahrgenommene Attribute durch den Konsumenten sowie produktspezifische Merkmale. Hierzu haben bisher viele Autoren gezeigt, dass zwischen der positiven Wahrnehmung dieser Faktoren und der Akzeptanz eine Korrelation vorliegt.
[...]
- Arbeit zitieren
- Sabrina Nguyen (Autor:in), 2022, Nachhaltigkeit im Online-Lebensmittelhandel. Wahrnehmung, Akzeptanz, Prognose, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1323456
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