Als die Kommission im Frühjahr 2008 ihren Vorschlag für eine Verordnung zur Societas Privata Europaea vorstellte, war das Aufsehen groß. Nicht zuletzt deshalb, weil eine über zehn Jahre alte Idee damit endlich einen Schritt in Richtung Realität ging. Der hohe Anspruch hinter dem Projekt ist, eine einheitliche Europäische Rechtsform zu schaffen, die es insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) erleichtern soll, in der gesamten EU tätig zu werden. Etwas mehr als ein Jahr später ist der Entwurf Untersuchungsgegenstand zahlreicher Aufsätze und anderer Veröffentlichungen geworden und auch politische Institutionen sowie Wirtschaftsverbände haben Stellungnahmen abgegeben. Im März 2009 hat zuletzt das Europäische Parlament Änderungsvorschläge im Rahmen einer legislativen Entschließung nach Art. 308 EG zum Statut vorgebracht. Ein wichtiger Untersuchungsgegenstand in der aktuellen Diskussion ist die Organisationsverfassung der SPE. Gegenstand der Seminararbeit soll daher ein Vergleich der Organisationsverfassungen von GmbH und SPE sein.
Zum besseren Verständnis werden zunächst die Rechtsquellen von GmbH und SPE erläutert. Sodann wird nach der Darstellung der grundsätzlichen Organisationsmöglichkeiten in beiden Gesellschaftsformen anhand der einzelnen Organe untersucht, wo Vor- und Nachteile von SPE und GmbH liegen und welche Unterschiede hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Organe bestehen. Ein Schwerpunkt ist dabei auf die Geschäftsleitung gelegt, insbesondere auf deren Haftung gegenüber der Gesellschaft, den Gesellschaftern und Dritten gegenüber. In diesem Zusammenhang werden auch die Änderungsvorschläge des Europäischen Parlaments berücksichtigt.
GLIEDERUNG
A. Einführung
B. Regelungstechnik des GmbHG und des SPE-VO-E
C. Übersicht über grundsätzliche Organisationsmöglichkeiten
I. GmbH
II. SPE
1. Satzungsautonomie
2. Monistisches System
D. Geschäftsführer / Geschäftsleitungsorgan
I. Persönliche Voraussetzungen
1. GmbH
2. SPE
II. Bestellung und Abberufung
III. Der „faktische Geschäftsführer“
IV. Pflichten gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftern
1. Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung
2. Pflicht zur Vertretung der Gesellschaft
a) Unbeschränkbarkeit im Außenverhältnis
b) Insichgeschäfte
3. Pflicht zur Erteilung von Auskünften
V. Haftung der Geschäftsleitung gegenüber der Gesellschaft
1. Pflichtenmaßstab
2. Gesamtschuldnerische Haftung
3. Beweislastfrage
4. Geltendmachung der Ansprüche
5. Vorschläge zur Änderung des Haftungsregimes durch das EP
a) Verschuldensunabhängige Geschäftsleitungshaftung
b) Abschließendes Haftungsregime in der Verordnung
c) Geschäftsleitungshaftung gegenüber Gläubigern?
VI. Haftung gegenüber Gesellschaftern und Dritten
1. GmbH
2. SPE
E. Gesellschafterversammlung
I. Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung
1. GmbH
2. SPE
II. Weisungsrecht und Vorlagepflicht
1. GmbH
2. SPE
III. Durchführung der Gesellschafterversammlung und Beschlussanfechtung
F. Aufsichtsorgan
I. GmbHG
II. SPE
G. Fazit
LITERATURVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A. Einführung
Als die Kommission im Frühjahr 2008 ihren Vorschlag für eine Verordnung zur SPE vorstellte, war das Aufsehen groß. Nicht zuletzt deshalb, weil eine über zehn Jahre alte Idee damit endlich einen Schritt in Richtung Realität ging. Der hohe Anspruch hinter dem Projekt ist, eine einheitliche Europäische Rechtsform zu schaffen, die es insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) erleichtern soll, in der gesamten EU tätig zu werden.[1] Etwas mehr als ein Jahr später ist der Entwurf Untersuchungsgegenstand zahlreicher Aufsätze und anderer Veröffentlichungen geworden und auch politische Institutionen sowie Wirtschaftsverbände haben Stellungnahmen abgegeben.[2] Im März 2009 hat zuletzt das Europäische Parlament (nachfolgend EP) Änderungsvorschläge im Rahmen einer legislativen Entschließung nach Art. 308 EG zum Statut vorgebracht. Ein wichtiger Untersuchungsgegenstand in der aktuellen Diskussion ist die Organisationsverfassung der SPE. Gegenstand der vorliegenden Arbeit soll daher ein Vergleich der Organisationsverfassungen von GmbH und SPE sein.
Zum besseren Verständnis werden zunächst die Rechtsquellen von GmbH und SPE erläutert. Sodann soll nach der Darstellung der grundsätzlichen Organisationsmöglichkeiten in beiden Gesellschaftsformen anhand der einzelnen Organe untersucht werden, wo Vor- und Nachteile von SPE und GmbH liegen und welche Unterschiede hinsichtlich der Rechten und Pflichten der Organe bestehen. Ein Schwerpunkt ist dabei auf die Geschäftsleitung gelegt, insbesondere auf deren Haftung gegenüber der Gesellschaft, den Gesellschaftern und Dritten gegenüber. In diesem Zusammenhang gilt es auch die Änderungsvorschläge des EP zu berücksichtigen. Aufgrund des großen Umfangs der Problematik und der nur mittelbaren Zugehörigkeit zum Thema „Organisationsverfassung“ soll auf eine Darstellung der Arbeitnehmermitbestimmung verzichtet werden.
B. Regelungstechnik des GmbHG und des SPE-VO-E
Die Normen des GmbHG, die die Organisationsverfassung betreffen, sind detailliert und vom Gesetz vorgegeben, lassen jedoch oft explizit Spielraum für Abweichungen in der Satzung. Daraus folgt für die GmbH, dass wenn die Gesellschafter in der Satzung bestimmte Bereiche nicht regeln, die Normen des GmbHG eingreifen. Die große Gestaltungsfreiheit der Satzung steht im Gegen- satz zum grundsätzlich strengen System bei der AG nach § 23 V AktG und hat seinen Grund in der personalistischen Prägung der GmbH. [3] Die Gesellschafter sind hier einander oft persönlich bekannt und ihre Zusammensetzung wechselt nicht so häufig wie bei der AG. Gleiches gilt auch für die SPE, deren Anteile nach Art. 3 I lit. d SPE-VO-E nicht öffentlich angeboten oder gehandelt werden dürfen.
Der SPE-VO-E verfolgt dennoch hinsichtlich der Regelungssystematik einen anderen Ansatz als das GmbHG. Viele wichtige Bereiche, insbesondere im Bereich der Organisationsverfassung, sind im Entwurf selbst nicht geregelt. Statt- dessen verweist der Entwurf hier auf den Anhang I des VO-E und gibt den Gesellschaftern auf, insgesamt 44 Einzelpunkte in der Satzung selbst zu regeln.
Zu Gute halten lässt sich dem „Instrument der obligatorischen Regelungsaufträge“[4] im SPE-VO-E, dass ein Maximum an Flexibilität den individuellen Bedürfnissen der KMU entgegen kommt und gleichzeitig einer Zersplitterung des SPE-VO-E durch einzelne Sondervorschriften für Mitgliedsstaaten vorgebeugt wird.[5] An der Regelungstechnik des SPE-VO-E wird im Schrifttum und in der Politik aber auch viel Kritik geübt. Insbesondere wird kritisiert, dass eine Gesellschaftsform, die grundsätzlich für KMU gedacht ist, ihre Zielgruppe mit einem derartigen Regelungsaufwand überfordere. Außerdem würden die Vorteile der Rechtsvereinheitlichung durch die SPE-VO dadurch konterkariert, da diese gerade Rechtsberatungskosten durch Vereinheitlichung reduzieren soll- te.[6] Gerade bei den weit reichenden Gestaltungserfordernissen für die Organisationsverfassung entsteht jedoch ein erheblicher Beratungsaufwand. Gefordert wird daher, dass die SPE-VO klare Regelungen vorgeben sollte, diese jedoch in weiten Bereichen dispositiv sein sollten.[7] Die Gründer hätten dann ein festes Statut, auf das sie sich berufen könnten, wenn nicht alle Fragen in der Satzung geregelt wären. Gegenwärtig sei nicht immer klar, von welchen Regelungen des SPE-VO-E durch die Satzung abweichen darf und welche zwingend sind.[8] Für die hier betrachtete Organisationsfassung soll diese Frage jedoch durch die VO geklärt sein. Gem. Art. 26 II SPE-VO-E legen die Anteilseigner die Organisation der SPE vorbehaltlich der Verordnung fest. Daraus ist zu schließen, dass die im Kapitel V vorgegebenen Normen, falls nicht ausdrücklich die Regelung der Satzung überlassen wird, zwingend sind. Inwieweit dies umzusetzen ist, soll anhand der einzelnen Organe der Gesellschaft nun Untersucht werden[9]. In diesem Zusammenhang muss jedoch auch berücksichtigt werden, dass sich ein Rückgriff auf nationales Gesellschaftsrecht gem. Art. 4 II SPE-VO-E verbietet, falls Verordnung und Anhang I eine Regelung vorsehen und nicht explizit auf nationales Recht verwiesen wird.
C. Übersicht über grundsätzliche Organisationsmöglichkeiten
Nachdem die Unterschiede im Regelungssystem des SPE-VO-E des GmbHG dargestellt sind, soll nun auf die grundsätzlichen Möglichkeiten der Organisation der beiden Gesellschaftsformen eingegangen werden.
I. GmbH
Als einzig zwingende Organe sieht das GmbHG den Geschäftsführer und die Gesellschafterversammlung vor. Die Verpflichtung zur Einrichtung eines Aufsichtsrats besteht grundsätzlich nur in der mitbestimmten GmbH.[10] Aber auch die Bildung eines fakultativen Aufsichtsrats ist möglich. Da das GmbHG keine Normen über den Aufsichtsrat kennt, werden in diesem Fall im Wesentlichen die aktienrechtlichen Vorschriften entsprechend angewendet.[11] Für den fakultativen Aufsichtsrat ergibt sich dies aus § 52 GmbHG, der in weiten Teilen auf 12 das AktG verweist.[12]
II. SPE
1. Satzungsautonomie
Bei der SPE ist die Gestaltungsfreiheit der Gründungsgesellschafter sehr groß. Der Verordnungsentwurf gibt ihnen kein System zwingend vor. Lediglich die Gesellschafterversammlung und ein Geschäftsleitungsorgan sind vorgegeben.[13] Soll eine Aufsicht der Geschäftsleitung erfolgen, so besteht eine Wahlmöglichkeit zwischen dem dualistischen System mit einem Aufsichtsrat oder dem monistischen System.[14] Wie genau die Kompetenzverteilung zwischen, bzw. innerhalb dieser Organe dann gestaltet ist, bleibt weitgehend der Satzung überlassen.
Die Wahlmöglichkeit zwischen den verschiedenen Aufsichtssystemen bei der SPE äußert sich auch in der Terminologie des SPE- VO-E. So spricht der Entwurf von den „Mitgliedern der Unternehmensleitung“ als Überbegriff für die Mitglieder des Geschäftsleitungsorgans[15], des Verwaltungsrats (monistische Strukur) und des bei Wahl einer dualistischen Struktur gegebenen Aufsichtsorgans.[16]
2. Monistisches System
Ein monistisches System ist dem deutschen GmbH-Recht unbekannt. Bei einem solchen wird ein Verwaltungsrat („board of directors“) gebildet, der aus geschäftsführenden und beaufsichtigenden Direktoren besteht.[17]
Für die GmbH ergibt sich die Unmöglichkeit der Nutzung eines solchen Systems aus der analogen Anwendung des Aktienrechts, dem eine monistische Struktur ebenfalls unbekannt ist. § 105 I AktG bestimmt außerdem, dass die Mitgliedschaft in Vorstand und Aufsichtsrat sich ausschließen. Entgegen der weit reichenden Disposivität der aktienrechtlichen Vorschriften über den Aufsichtsrat im GmbH-Recht wird diese Vorschrift auch für das GmbH-Recht als unabdingbar erachtet.[18] Überdies ist sei solches System dem kontinenaleuropä- ischen Rechtskreis fremd, was auch bei der Einführung eines solchen Systems für die deutsche SE für viel Kritik sorgte.[19] Der Vorteil dieses Aufsichtssystems wird in seiner Effizienz gesehen. Da die Aufsicht im selben Organ erfolgt wie die Geschäftsführung, sei der Informationsfluss reibungsloser als beim dualistischen System.[20] Dadurch könnten zudem Transaktionskosten gesenkt werden. Die größere Flexibilität der SPE im Gegensatz zur GmbH könnte sich hier als Vorteil erweisen. Dem gegenüber steht jedoch die Rechtsunsicherheit durch die fehlenden dispositiven Regelungen im VO-E, gerade in der Anfangsphase.[21] Diese resultiert aus ggf. fehler- oder lückenhaften Satzungsbestimmungen sowie aus der am Anfang nicht vorhandenen Rechtsprechung.
D. Geschäftsführer / Geschäftsleitungsorgan
Im Folgenden soll nun auf markante Punkte der Organisationsverfassung eingegangen werden. Zu beginnen ist mit dem Geschäftsleitungsorgan. Bei der GmbH ist dies der (oder die) Geschäftsführer, § 35 GmbHG. Ihm obliegen die Geschäftsführung und die Vertretung der Gesellschaft im Außenverhältnis (§ 35 GmbHG). Im SPE-VO-E ist das Geschäftsleitungsorgan das Pendant zum Geschäftsführer der GmbH. Bei der Betrachtung der Geschäftsleitung der SPE müssen entsprechend dem oben Gesagten aber auch Vorschriften über die Unternehmensleitung berücksichtigt werden.
I. Persönliche Voraussetzungen
Zunächst sollen die persönlichen Voraussetzungen für die Geschäftsführerposition betrachtet werden.
1. GmbH
Die persönlichen Voraussetzungen für die Bestellung als Geschäftsführer einer GmbH sind in § 6 GmbHG geregelt. Demnach können nur natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Personen Geschäftsführer werden. Wer wegen einer der in § 6 II Nr. 3 genannten Straftaten verurteilt ist, kann in der gesetzlichen bestimmten fünfjährigen Sperrfrist kein Geschäftsführer sein.
2. SPE
Im Gegensatz zur SE können laut Art. 30 I SPE-VO-E bei der SPE nur natürliche Personen Mitglieder der Unternehmensleitung sein.[22] Dies entspricht der Regelung bei der GmbH und ist für Privatgesellschaften sehr zu begrüßen. Wenn ein Organ einer juristischen Person ebenfalls als Geschäftsleitungsorgan einer SPE tätig wird, besteht stets die Gefahr von Interessenkonflikten, denn eine juristische Person kann nur durch ihre Organe handeln. In der Rolle des Geschäftsleitungsorgans wäre dieses Organ aber gewissermaßen „zwei Herren“ gegenüber in der Pflicht.[23]
Der SPE-VO-E trifft keine Aussage darüber, ob ein Geschäftsleiter geschäftsfähig sein muss. Dies wird jedoch unter Heranziehung allgemeiner zivilrechtlicher Grundsätze anzunehmen sein.[24] Art. 30 III SPE-VO-E statuiert weiterhin, dass „eine Person, die den nationalen Rechtsvorschriften zufolge aufgrund eines Gerichts- oder Verwaltungsurteils für die Ausübung der Aufgabe eines Mitglieds der Unternehmensleitung als ungeeignet erklärt wurde“ nicht als Mitglied der Unternehmensleitung tätig werden kann. Hieraus ist in der Literatur teilweise der Schluss gezogen worden, dass die Vorschriften des § 6 II GmbHG durch einen Verweis Anwendung fänden.[25] Dies ist jedoch nicht zutreffend, denn die Formulierung „erklärt wurde“ bezieht sich nicht auf die „nationalen Rechtsvorschriften“ sondern auf die Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung. Dies wird besonders durch die englische Version der Vorschrift deutlich („disqualified under national law [...] by an administrative or judicial decision“). Demnach findet das nationale Recht mit der geltenden Formulierung des Art. 30 III SPE-VO-E nur insoweit Anwendung, als es Grundlage für eine solche Erklärung ist. Eine Erklärung durch eine Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung liegt aber insbesondere im Fall des § 6 II Nr. 3 GmbHG nicht vor. Denn dieser knüpft an eine strafrechtliche Verurteilung die gesetzliche Folge der Ungeeignetheit für die Geschäftsführerposition, ohne dass dies im strafrechtlichen Urteil erwähnt würde.[26] In der Literatur ist diese Diskrepanz zum GmbH-Recht auch erkannt worden, die Bewertung fällt jedoch sehr unterschiedlich aus. Teilweise wird von einer „hinnehmbaren Divergenz“ gesprochen,[27] während andere versuchen, durch Auslegung von Art. 30 III SPE- VO-E die Wertungen von § 6 II GmbHG einzubeziehen .[28] Ein beträchtlicher Teil der Literaturstimmen fordert jedoch eine direkte Berücksichtigung nationaler gesetzlicher Anforderungen [29]. Letztgenannter Ansicht ist zuzustimmen. Insbesondere wenn auf ein grenzüberschreitendes Element bei der Gründung der SPE verzichtet wird, wie es beim Vorschlag der Kommission der Fall ist, kann nicht hingenommen werden, dass die SPE als Umgehungsvehikel für nationale gesetzliche Verbote missbraucht wird.[30] Die hinter den Verboten stehenden Wertungen, den Rechtsverkehr vor bestimmten Personen zu schützen, scheinen dem deutschen Gesetzgeber insbesondere vor dem Hintergrund der Erweiterung des Straftatenkatalogs in § 6 III GmbHG durch das MoMiG [31] darüber hinaus besonders wichtig zu sein. Vorzugswürdig wäre daher ein dynamischer Verweis in entsprechende nationale Bestimmungen, die den Ausschluss von der Geschäftsführerposition begründen.
Unabhängig von den gesetzlichen Vorgaben steht es den Gründungsgesell- schaftem bei der SPE und der GmbH frei, weitere Qualifikationserfordemisse in der Satzung aufzustellen.[32]
II. Bestellung und Abberufung
Die Bestellung des Geschäftsleitungsorgans fällt bei der GmbHG gem. § 46 Nr. 5 GmbHG in den Aufgabenkreis der Gesellschafterversammlung. Diese kann die Bestellung durch Beschluss oder durch Satzung vornehmen. Auch eine Delegation der Bestellung auf ein anderes Organ, etwa einen Aufsichtsrat, ist zulässig.[33] Bei der SPE sollen die Anteilseigner gem. Art. 27 I lit. j SPE- VO-E die Ernennung und Entlassung von Mitgliedern der Unternehmensleitung durch einen Mehrheitsbeschluss regeln. Durch diese Formulierung ist nicht klar, ob eine satzungsmäßige Bestellung oder eine Delegation der Bestellung zulässig ist.[34] Für die Zulässigkeit einer satzungsmäßigen Bestellung spricht jedoch, dass auch die Satzung die Zustimmung der Gesellschafter finden und genau wie ein Bestellungsbeschluss bekannt gemacht werde muss, so- dass eine entsprechende Publizität auch in diesem Fall gewahrt ist.[35] Eine satzungsmäßige Bestellung ist daher wohl auch bei der SPE zulässig. Es empfiehlt sich aber dennoch eine Klarstellung des Entwurfs aus Gründen der Rechtssicherheit.
Zweifelhafter erscheint das Delegationsrecht. In der Literatur wird teilweise mit Verweis auf den abschließenden Charakter von Art. 27 SPE-VO-E ein Delegationsrecht für die Bestellung bei der SPE kategorisch abgelehnt.[36] In der Tat dürfte der Wortlaut von Art. 27 SPE-VO-E einem Delegationsrecht entgegenstehen („durch einen Mehrheitsbeschluss der Anteilseigner “). Ob dies jedoch vom Verordnungsgeber so gewollt ist, darf bezweifelt werden. Zum einen ist ein solches Delegationsrecht für dualistisch strukturierte Gesellschaften typisch.[37] Zum anderen steht eine derartige Regelung im Widerspruch zum Grundanliegen des SPE-VO-E. Dieser lässt nämlich den Gesellschaftern im Innenverhältnis die Freiheit, die Kompetenzen und sogar die Existenz bestimmter Organe selbst zu regeln. Es wäre daher widersprüchlich, wenn die Bestellung der Geschäftsleitung unabdingbar den Gesellschaftern überlassen bliebe. Es empfiehlt sich eine Änderung dahingehend, dass eine Delegation der Bestellung wie bei der GmbH zulässig ist.
Für die Abberufung ist grundsätzlich das Organ zuständig, das auch für die Bestellung zuständig ist.[38] D ie Abberufung der Geschäftsführung erfolgt bei der GmbH nach dem Grundsatz der freien Abberufbarkeit[39] gem. § 38 I GmbHG, wonach die Bestellung der Geschäftsführung jederzeit widerruflich ist. Nach § 38 II GmbHG kann die Abberufung in der Satzung auch vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig gemacht werden. Auch bei der SPE dürfte die Abberufung mangels gegenteiliger Anhaltspunkte jederzeit möglich sein.[40] Auch die Festlegung eines wichtigen Grundes ist möglich.[41] Trotz fehlenden Regelungsauftrags im Anhang I, ergibt sich dies aus der Satzungsautonomie der Gesellschafter.
Hinsichtlich der Delegation der Abberufung auf andere Organe stellt sich die gleiche Problematik wie bei der Bestellung. Auch diese sollte bei der SPE möglich sein.
III. Der „faktische Geschäftsführer“
Art. 30 SPE-VO-E bestimmt, dass auch eine Person, die als Mitglied der Unternehmensleitung agiert, ohne offiziell dazu bestellt zu sein, als ein solches angesehen wird und insbesondere hinsichtlich des Pflichtenmaßstabes und der Haftung einem ordnungsgemäß bestellten Mitglied gleichgestellt ist. Eine entsprechende Norm existiert im GmbHG nicht. Dennoch ist dem GmbH-Recht ist die Figur eines „faktischen Geschäftsführers“ nicht fremd. Die Rechtsprechung erkannte bereits früh die Notwendigkeit, die Haftung auch auf solche Personen auszudehnen, die trotz mangelhafter Bestellung zum Geschäftsführer Aufgaben der Geschäftsleitung wahrnehmen.[42] Der Grund dafür liegt im Schutzzweck von § 43 GmbHG, der eine Haftung im Interesse der Gesellschaft und der Gläubiger anordnet, die nicht an die interne Befugnis zur Geschäftsführung anknüpft.[43] Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob wenigstens ein tatsächlicher Bestellungsakt erforderlich ist[44] oder ob schon die reine Leitungstätigkeit eine Haftung begründet[45]. Folgt man letztgenannter Ansicht, so ist auch das erforderliche Ausmaß der Geschäftsführungstätigkeit nicht abschließend geklärt. Fraglich ist insbesondere, wie weit der „faktische“ den echten Geschäftsführer verdrängen muss. Klar ist nur, dass nicht jeder, der in irgendeiner Weise in Einzelfragen Einfluss auf die Geschäftsführung nimmt nach § 43 GmbHG haften soll.[46]
Der BGH hat in einer jüngeren Entscheidung die Voraussetzungen für die Haftung eines faktischen Geschäftsführers konkretisiert. Es ist demnach nicht erforderlich, dass der in Anspruch genommene den ordnungsgemäß bestellten Geschäftsführer völlig verdrängt. Vielmehr ist es ausreichend, dass der Handelnde „die Geschicke der Gesellschaft durch Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus - durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat“[47] hrers“ bei der GmbH keinesfalls pauschal beantwortet werden kann und das Aufstellen von allgemeinen Grundsätzen sehr schwer fällt.[48]
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei der GmbH für die Beurteilung des Vorliegens eines faktischen Geschäftsführers ein Rekurrieren auf dessen Rolle im Vergleich zum „echten“ Geschäftsführer vorgenommen wird, auch wenn der BGH in der bezeichneten Entscheidung davon ein wenig Abstand genommen hat. Der SPE-VO-E geht hier weiter. Indem er den faktischen Geschäftsführer dem Ordnungsgemäßen gleichstellt, verzichtet er auf das Element der Verdrängung des tatsächlichen Geschäftsführers zumindest als Maßstab, der für das GmbH-Recht kennzeichnend ist. Die Haftung ist demnach stärker ausgeweitet, was aus Gesichtspunkten des Verkehrsschutzes sachgerecht erscheint.
IV. Pflichten gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftern
Weiterhin sollen die Hauptpflichten des Geschäftsleitungsorgans gegenüber der Gesellschaft betrachtet und verglichen werden.
Bei den durch das GmbHG konstituierten Pflichten für GmbH-Geschäftsführer handelt es sich um ein Mindestmaß von nicht dispositiven Regelungen.[49] Auch bei der SPE sind die Hauptpflichten grundsätzlich zwingend und lassen, wie gesehen, wenig Spielraum „nach unten“ fur Satzungsautonomie (vgl. Art. 26 II SPE-VO-E).
1. Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung
Der Sorgfaltsmaßstab der Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung wird bei der GmbH konkretisiert durch § 43 I GmbHG, wonach der Geschäftsführer „die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ anzuwenden hat. Eine vergleichbare Norm für die SPE findet sich in Art. 31 I 3 SPE-VO-E, die für die SPE-Geschäftsführung „die Sorgfalt und Eignung fordert, die vernünftigerweise für eine solche Tätigkeit gefordert werden können“. Da beide Formulierungen unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten, stellt sich die Frage nach der Auslegung und damit der Konkretisierung der Pflichten. Die Kommission setzt hier auf die nationalen Gerichte, da sie diesen in der Begründung zum Entwurf die Interpretation von Art. 31 I 3 SPE-VO-E explizit überlässt.[50] Daher wird angenommen, dass ein Gleichlauf zum GmbH in der Praxis eintreten wird.[51] Kritisiert wird an der Formulierung des SPE-VO-E jedoch der Zusatz „Eignung“, der dem GmbH-Recht unbekannt sein soll.[52] Dieser Kritik ist zuzustimmen. Es ist nicht klar, was mit „Eignung“ in diesem Zusammenhang gemeint sein soll. Vieles spricht dafür, dass der Begriff Eignung wohl als Übersetzung des englischen Begriffs „Skills“ den Weg in den deutschen VO-E fand. Als Übersetzung dieses Begriffs ist jedoch „Sachkenntnis“ besser geeignet.[53]
Bei der Pflicht im GmbHG handelt es sich um einen objektiven Mindeststandard, bei dem individuelle Defizite keine Rolle spielen.[54] Dies wird man angesichts der Formulierung in Art. 31 IV SPE-VO-E auch für die SPE annehmen können, da hier jeglicher subjektiver Einschlag fehlt. Für die GmbH ist weiterhin anerkannt, dass der Geschäftsführung im Rahmen des „unternehmerischen Ermessens“, bzw. der sog. „business judgement rule“, ein gerichtlich nicht nachprüfbarer Ermessenspielraum zugestanden werden muss ohne die eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht möglich ist.[55] Dies bedeutet, dass wenn die Geschäftsführer im Rahmen einer unternehmerischen vertretbaren Entscheidung handeln und sich diese als nachteilig für die Gesellschaft erweist, darin nicht im Wege einer ex-post-Betrachtung eine Pflichtverletzung
[...]
[1] Begründung der Kommission zum SPE-VO-E, S. 2.
[2] Übersicht bei Bücker, ZHR 2009, 281 (283 f.).
[3] Körber/Kliebisch, JuS 2008, 1041 (1046).
[4] Feltl, SWI 2009, 191 (191).
[5] Schmidt, EWS 2008, 455 (456 f.).
[6] Beschluss Bundesrat SPE, Drucks. 479/08, Drucks. 479/08, S. 4; Brems/Cannivé, 629 (637).
[7] Stellungnahme Deutscher Anwaltverein, Rn 30; Krejci 2008, Rn 572.
[8] Arbeitskreis Europäisches Unternehmensrecht, NZG 2008, 897 (898).
[9] Siehe dazu ab D.
[10] Siehe § 1 MitBestG, § 1 I DrittelbeteiligungsG.
[11] Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, S. 138.
[12] Zum Aufsichtsrat siehe F.
[13] Vgl. § 26 I SPE-VO-E; Brems/Cannivé, GmbHR 2009, 519 (524).
[14] Vgl. Anhang I zum SPE-VO-E, Kapitel V, 10. Spiegelstrich.
[15] Während der Entwurf der Kommission von einem „Leitungsorgan“ spricht, plädiert das Europäische Parlament in seinem Bericht für eine Umbenennung in „Geschäftsleitungsorgan“ zu Klarstellungszwecken. Im Folgenden wird ebenfalls vom Geschäftsleitungsorgan gesprochen.
[16] Krejci 2008, Rn 582; Hommelhoff / Teichmann, GmbHR 2008, 897 (902).
[17] Feltl, SWI 2009, 191 (193).
[18] OLG Frankfurt, GmbHR 1982, 159, Roth/Altmeppen - Altmeppen, § 52 Rn 7; Baumbach/Hueck - Zöllner/Noack, § 52 Rn 28; Rowedder/Schmidt-Leithoff - Koppensteiner, § 52 Rn 8; Karsten Schmidt, GesR, S. 1108.
[19] Bayer/Schmidt, BB 2008, 454 (454) m.w.N..
[20] Feltl, SWI 2009, 191 (193).
[21] Cannivé/Seebach, GmbHR 2009, 519 (524).
[22] Stellungnahme Deutscher Anwaltverein, Rn 114.
[23] Zur Diskussion bei der SE: Brandes, NZG 2004, 642 (647).
[24] Hadding/Kießling, WM 2009, 145 (158).
[25] Peters/Wüllrich, DB 2008, 2179 (2183).
[26] Beschluss Bundesrat SPE, Drucks. 479/08, Drucks. 479/08, S. 22.
[27] Stellungnahme Deutscher Anwaltverein, Rn. 116.
[28] De Erice/Gaude, DStR 2009, 857 (859).
[29] Arbeitskreis Europäisches Unternehmensrecht, NZG 2008, 897 (900); Bücker, ZHR 2009, 281 (297); Beschluss Bundesrat SPE, Drucks. 479/08, Drucks. 479/08, S. 22.
[30] Beschluss Bundesrat SPE, Drucks. 479/08, S. 22.
[31] BGBl I, 2026.
[32] Feltl, SWI 2009, 191 (194); Vgl. Anhang I zum SPE-VO-E, Kapitel V, 14. Spiegelstrich.
[33] Baumbach/Hueck, GmbHG - Zöllner, § 46, Rn 34.
[34] De Erice/Gaude, DStR 2009, 857 (859); Schmidt, EWS 2008, 455 (461).
[35] De Erice/Gaude, DStR 2009, 857 (859).
[36] Feltl, SWI 2009, 191 (194).
[37] De Erice/ Gaude, DStR 2009, 857 (859); Schmidt, EWS 2008, 455 (461).
[38] Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, S. 84.
[39] Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, S. 84.
[40] Bücker, ZHR 2009, 281 (296).
[41] Feltl, SWI 2009, 191 (196).
[42] Für die Genossenschaft RGZ 152, 273 (277); BGHZ 47, 341 (343).
[43] Goette, Die GmbH, Rn. 191.
[44] So Reich, DB 1967, 1664 (1664 f.).
[45] Übersicht zum Meinungsstand bei Scholz - Schneider, § 43 Rn 22.
[46] Scholz - Schneider, § 43 Rn 22.
[47] BGH NZG 2005, 755 (755).
[48] Baumbach/Hueck - Zöllner/Noack, § 43 Rn 3.
[49] Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, S. 91; Fleck, GmbHR 1997, 237 (238).
[50] Begründung der Kommission zum SPE-VO-E, S. 10.
[51] Stellungnahme Deutscher Anwaltverein, Rn. 117.
[52] Stellungnahme Deutscher Anwaltverein, Rn. 117.
[53] Schmidt, EWS 2008, 455 (461).
[54] Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, S. 113.
[55] Für die AG BGHZ 135, 244 (244); Scholz - Schneider, § 43 Rn 53.
- Citar trabajo
- Christoph Kramer (Autor), 2009, Die Organisationsverfassung der Societas Privata Europaea (SPE) im Vergleich zur GmbH, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132329
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.