In dieser Arbeit soll die Forschungsfrage: "Was sind die Chancen, Bedingungen und Grenzen eines regelmäßigen, verbindlichen Yoga-Angebotes in der Grundschule?" beantwortet werden. Da inzwischen zahlreiche positive Wirkungen des Yoga sowohl auf den Körper als auch auf die Psyche von Kindern belegt sind, erscheint das Übungssystem als geeignete Methode, um auf die zunehmenden Herausforderungen und Belastungen der jüngeren Generation zu reagieren bzw. diesen vorzubeugen. Demgemäß wird das Übungssystem in Grundschulen bereits häufig und mit Erfolg eingesetzt. Dass Yoga bereits so vielfältig implementiert wird, ist mit Blick auf seine wissenschaftlich nachgewiesenen Wirkungen positiv hervorzuheben, jedoch wird gleichzeitig deutlich, dass bei einigen Implementierungsvarianten (z.B. AG) nur ein Teil der Schüler:innen mit der Methode in Berührung kommt.
Demgemäß erscheint es notwendig, eine Implementierungsvariante zu finden und zu etablieren, durch die alle Schüler:innen die Möglichkeit erhalten, Yoga kennenzulernen. Verbindlichkeit stellt dabei einen Faktor dar, durch den gewährleistet werden kann, dass alle Kinder mit Yoga in Berührung kommen. Entsprechender Aspekt ist bei der Implementierungsvariante Yoga als Unterrichtsfach erfüllt. Da jedoch nicht absehbar ist, dass Yoga in den nächsten Jahren von der Kulturministerkonferenz zum Pflichtfach für Grundschulen ernannt wird, müssen Schulen andere Wege finden, Yoga regelmäßig und verbindlich während der Unterrichtszeit anzubieten.
Aufgrund dessen, dass Yoga staatlich nicht gestützt wird und Schulen eine Implementierung dementsprechend allein initiieren, organisieren und tragen müssen, wird angenommen, dass viele Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein regelmäßiges, verbindliches Yoga-Angebot erfolgreich implementiert werden kann. Zudem werden zahlreiche Herausforderungen während des Implementierungsprozesses vermutet (Finanzierung und Vorhandensein ausreichend qualifizierten Personals).
Insgesamt erscheint die Implementierung eines regelmäßigen, verbindlichen Yoga-Angebots damit einerseits gewinnbringend, gleichzeitig deuten sich jedoch zahlreiche Hürden auf dem Weg zu einer erfolgreichen Implementierung an. Infolgedessen erweist sich eine Gegenüberstellung der Chancen und Potenziale sowie der Bedingungen und Grenzen eines verbindlichen, regelmäßigen Yoga-Angebotes als notwendig, um dessen Geeignetheit als Implementierungsvariante im Kontext Schule abschließend beurteilen zu können.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Theoretischer Hintergrund
1.1 Yoga
1.1.1 Begriffsbestimmung
1.1.2 Der klassische achtgliedrige Yoga-Übungsweg
1.1.3 Hatha-Yoga
1.1.4 Asana und Pranayama
1.2 Kinder-Yoga
1.2.1 Begriffsbestimmung
1.2.2 Besonderheiten des Kinder-Yoga
1.2.3 Kontraindikationen von Yoga bei Kindern
1.2.4 Fundierte Wirkungen
1.3 Implementierung von Yoga in der Schule
1.3.1 Yoga als regelmäßiges Angebot
1.3.2 Gestaltungsspielräume von Grundschulen
1.3.3 Grenzen der Implementierung
2 Methodisches Vorgehen
2.1 Das leitfadengestützte Experteninterview als Erhebungsmethode
2.2 Planung und Durchführung der Interviews
2.2.1 Stichprobe und Auswahl der ExpertInnen
2.2.2 Der Interviewleitfaden
2.2.3 Die Interviewsituation
2.3 Kritische Betrachtung der Methode
2.4 Die inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse als Auswertungsverfahren
2.5 Gütekriterien
3 Darstellung der Ergebnisse
3.1 Potenziale des Yoga
3.1.1 Ganzheitliche Wirkung
3.1.2 Der Körper
3.1.3 Entspannung und Regulierung
3.1.4 Das Innere
3.1.5 Das Miteinander
3.1.6 Yoga und Lernen
3.2 Der äußere Rahmen des Yoga-Angebotes und notwendige Voraussetzungen auf der organisatorischen Ebene
3.2.1 Im Kleinen anfangen
3.2.2 Individuelle Umsetzung des verbindlichen Yoga-Angebotes und Positionierung zur Verpflichtung
3.2.3 Kooperation, Unterstützung, klare Linie - Notwendigkeit der Befürwortung von Yoga..
3.2.4 Akzeptanz von Yoga
3.2.5 Finanzierung des Yoga-Angebotes
3.2.6 Gruppengröße
3.2.7 Räumlichkeiten
3.2.8 Personal
3.2.9 Zeit für Yoga
3.2.10 Planung
3.3 Der Yoga-Unterricht
3.3.1 Inspiration für die Gestaltung
3.3.2 (Notwendige) Materialien
3.3.3 Störungen und Motivationslosigkeit
3.3.4 Individualität der Schülerinnen
3.3.5 Leistungsbeurteilung
3.3.6 Auswirkungen der Corona-Pandemie
4 Interpretation der Ergebnisse
4.1 Chancen eines regelmäßigen, verbindlichen Yoga-Angebotes
4.2 Bedingungen eines regelmäßigen, verbindlichen Yoga-Angebotes
4.3 Grenzen eines regelmäßigen, verbindlichen Yoga-Angebotes
Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Einleitung
Kinder und Jugendliche sind in unserer heutigen Gesellschaft einer Vielzahl von Stressoren ausgesetzt (Stück, 2011, S.11). Nach Einschätzung der 500 Lehrkräfte, die im Rahmen der DAK-Studie „Gesundheitsfalle Schule“ befragt wurden, sind insbesondere die mediale Reizüberflutung, der Mangel an selbstbestimmter freier Zeit, zu viele außerschulische Aktivitäten, der Erwartungsdruck seitens der Eltern sowie Leistungsanforderungen in der Schule Faktoren, die dazu beitragen, dass bereits Kinder unter Stress leiden (Pressemitteilung der Deutsche Angestellten-Krankenkasse, 2016, Online im Internet).
Gleichzeitig fehlt es an Möglichkeiten, den erforderlichen Bewegungsausgleich zu schaffen. So hat sich Salbert (2008) zufolge die Umwelt in den letzten Jahrzehnten zunehmend kinderfeindlich verändert (S.4). Es mangelt an naturbelassenen Spieloasen und gefahrlosen Spielmöglichkeiten. Daneben verbringen Kinder und Jugendliche ihre Freizeit überwiegend mit digitalem Spielen sowie Fernsehen, Streaming und Youtube (Berngruber, Gaupp & Langmeyer, 2021, Online im Internet).
Infolgedessen erreichen lediglich 22,4 % der Mädchen und 29,4% der Jungen im Alter von 3 bis 17 Jahren die Bewegungsempfehlung der WHO von mindestens 60 Minuten pro Tag (Robert KochInstitut, 2018, S. 26). Absehbar ist, dass diese Zahlen in den nächsten Jahren weiter absinken (ebd., S. 28). Damit geht einher, dass bereits jetzt 15,4 % der Mädchen und Jungen an Übergewicht oder sogar Adipositas leiden (ebd., S. 18). Fessler und Kaiser (2014) sprechen darüber hinaus von chronischen Verspannungen bei Kindern (S. 7).
Auch der psychische Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen ist zunehmend gefährdet. So sind im Jahr 2014/15 10% der schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen behandlungsbedürftig psychisch erkrankt. Vertreten sind Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen sowie Störungen des Sozialverhaltens. Daneben gehört die hyperkinetische Störung, deren Kernsymptomatik eine ausgeprägte Hypermotorik, eine Aufmerksamkeitsstörung sowie eine erhöhte Impulsivität umfasst, zu den häufigsten psychischen Störungen (Schulte-Körne, 2016, Online im Internet). Aus der Studie „Subjektive Gesundheitsbeschwerden von Schülern“ der DAK und der Universität Lüneburg, die mit 4482 SchülerInnen im Alter von 10 bis 21 Jahren durchgeführt wurde, geht zudem hervor, dass 22,1% der Kinder und Jugendlichen nach eigenen Angaben täglich oder mehrmals pro Woche unter Einschlafproblemen leiden. Weiterhin zählen Gereiztheit (21,4%), Kopfschmerzen (16,5%) und Rückenschmerzen (16,1%) zu den häufigsten Beschwerden (Scharf & Rupprecht, 2010, S.7f.).
Da die Schule ein Ort ist, an dem Kinder und Jugendliche einen Großteil ihrer Zeit verbringen, hat sie die Aufgabe, ein körperlich und psychisch gesundes Aufwachsen zu unterstützen (Schulte- Körne, 2016, Online im Internet). „[D]a Verhaltensfestlegungen, die das spätere Gesundheitsverhalten einspuren, im frühen Kindesalter erfolgen“ (Fessler & Kaiser, 2014, S.7), ist es notwendig, dass bereits Schülerinnen im Primarbereich „Einflussmöglichkeiten für einen adäquaten Umgang mit [den zunehmenden] Belastungen“ (Stück, 2011, S.22) kennenlernen.
Eine solche Präventions- und Interventionsmaßnahme kann Yoga darstellen. Da inzwischen zahlreiche positive Wirkungen des Yoga sowohl auf den Körper als auch auf die Psyche von Kindern belegt sind (siehe Kapitel 1.2.4), erscheint das Übungssystem als geeignete Methode, um auf die oben beschriebenen zentralen Herausforderungen und Belastungen der jüngeren Generation zu reagieren bzw. diesen vorzubeugen. Prädestiniert für eine Einbindung in die Schule ist Yoga außerdem, da es im Zuge seines enormen Aufschwungs in den letzten Jahrzehnten eine Ablösung von seinen ursprünglich religiösen, spirituellen und philosophischen Kontexten erlebt hat und stattdessen die Funktionalität der Übungen fokussiert wird (Fessler/ Müller/ Salbert & Weiler, 2013, S.194). Nicht zuletzt bietet Yoga auch Vorteile gegenüber herkömmlichen Entspannungsmethoden, wie dem Autogenen Training und der Progressiven Muskelrelaxation. So wird dem alterstypischen Bewegungsbedürfnis von Kindern sowie deren spielerischer Veranlagung bei den eher passiven, abstrakten und wenig handlungsbezogenen Entspannungsverfahren zu wenig Beachtung geschenkt (Stück, 2011, S.41). Demgegenüber wird Yoga laut Stück den kindlichen Ansprüchen gerecht (S.41). Weiterhin weist das Übungssystem laut Stück spezielle didaktisch-methodische Merkmale auf, für die Kinder besonders offen sind. Er nennt hier die Attraktivität des Yoga, da es eine interessante Methode aus dem östlichen Kulturkreis darstellt, betont weiterhin den anschaulichen, fantasievollen und erlebnisorientierten Charakter der Körper- und Atemübungen des Yoga sowie deren leichte Anwendbarkeit im Alltag, infolge welcher Yoga überall geübt werden kann (Stück, 2011, S.41).
Demgemäß wird das Übungssystem in Grundschulen bereits häufig und mit Erfolg eingesetzt (Augenstein, 2002, S.34). Dabei existieren vielfältige Möglichkeiten der Implementierung (ebd., S.37). So werden Yoga-Elemente in verschiedenen Unterrichtsfächern integriert, es werden Yoga-Übungen im Unterricht zur Konzentrationssteigerung eingesetzt oder Yoga findet Anwendung im Förderunterricht (ebd., S.36). Daneben wird das Übungssystem an zahlreichen Grundschulen als AG angeboten.
Das Yoga bereits so vielfältig implementiert wird, ist mit Blick auf seine wissenschaftlich nachgewiesenen Wirkungen positiv hervorzuheben, jedoch wird gleichzeitig deutlich, dass bei einigen Implementierungsvarianten (z.B. Förderunterricht und AG) nur ein Teil der Schülerinnen mit der Methode in Berührung kommt. Da Yoga zudem bisher vor allem von einzelnen Lehrkräften im Unterricht eingesetzt wird (Augenstein, 2002, S.34), zeichnet sich ab, dass zahlreichen SchülerInnen die Möglichkeit verwehrt bleibt, von den positiven Wirkungen des Yoga zu profitieren.
Demgemäß erscheint es notwendig, eine Implementierungsvariante zu finden und zu etablieren, durch die alle Schülerinnen die Möglichkeit erhalten, Yoga kennenzulernen. Verbindlichkeit stellt dabei einen Faktor dar, durch den gewährleistet werden kann, dass alle Kinder mit Yoga in Berührung kommen. Entsprechender Aspekt ist bei der Implementierungsvariante Yoga als Unterrichtsfach erfüllt. Da jedoch nicht absehbar ist, dass Yoga in den nächsten Jahren von der Kultusministerkonferenz (KMK) zum Pflichtfach für Grundschulen ernannt wird, müssen Schulen andere Wege finden, Yoga regelmäßig und verbindlich während der Unterrichtszeit anzubieten.
Aufgrund dessen, dass Yoga staatlich nicht gestützt wird und Schulen eine Implementierung dementsprechend allein initiieren, organisieren und tragen müssen, wird angenommen, dass viele Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein regelmäßiges, verbindliches Yoga-Angebot erfolgreich implementiert werden kann. Zudem werden zahlreiche Herausforderungen während des Implementierungsprozesses vermutet. Vor allem die Finanzierung sowie das Vorhandensein ausreichend qualifizierten Personals werden als kritische Punkte angenommen.
Insgesamt erscheint die Implementierung eines regelmäßigen, verbindlichen Yoga-Angebots damit einerseits gewinnbringend, gleichzeitig deuten sich jedoch zahlreiche Hürden auf dem Weg zu einer erfolgreichen Implementierung an. Infolgedessen erweist sich eine Gegenüberstellung der Chancen und Potenziale sowie der Bedingungen und Grenzen eines verbindlichen, regelmäßigen YogaAngebotes als notwendig, um dessen Geeignetheit als Implementierungsvariante im Kontext Schule abschließend beurteilen zu können. In dieser Arbeit soll daher die Forschungsfrage: „Was sind die Chancen, Bedingungen und Grenzen eines regelmäßigen, verbindlichen Yoga-Angebotes in der Grundschule?" beantwortet werden. Das Ziel ist, herauszufinden, ob ein regelmäßiges, verbindliches Angebot eine Implementierungsvariante des Yoga darstellt, deren Verbreitung weiter vorangetrieben werden sollte.
Der erste Teil der vorliegenden Staatsexamensarbeit widmet sich der theoretischen Verortung des Forschungsanliegens. Dafür wird zunächst das Yoga als traditionelles indisches Übungssystem vorgestellt. Eine weitere Annäherung an den Forschungsgegenstand erfolgt durch die Charakterisierung des Begriffs „Kinder-Yoga“ sowie die Darstellung der Besonderheiten und der wissenschaftlich belegten Wirkungen der zielgruppenspezifischen Yoga-Form. Zuletzt wird die Organisation eines regelmäßigen Yoga-Angebotes theoretisch fundiert und es werden die Gestaltungsspielräume, die Grundschule haben, um ein entsprechendes Angebot zu implementieren sowie die Grenzen der Implementierung von Yoga aufgezeigt. Da es sich bei dem Forschungsvorhaben um die Erschließung eines neuen Themenfeldes handelt, werden für die Beantwortung der Forschungsfrage Experteninterviews mit VertreterInnen von Schulen mit verbindlichem Yoga-Angebot geführt. Dementsprechend werden im darauffolgenden Kapitel zum methodischen Vorgehen das leitfadengestützte Experteninterview als Erhebungsinstrument begründet, die inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse nach Kuckartz als Auswertungsverfahren vorgestellt und darüber hinaus alle wesentlichen Aspekte des Untersuchungsdesigns dargelegt. Den analytischen Teil der
Staatsexamensarbeit bildet die Ergebnisdarstellung der Interviews. Die Interpretation der Ergebnisse und ein Fazit mit Ausblick beschließen die Arbeit.
1 Theoretischer Hintergrund
1.1 Yoga
1.1.1 Begriffsbestimmung
Im heutigen Sprachgebrauch werden unter dem Begriff Yoga verschiedenste physische und mentale Techniken und Übungssysteme zusammengefasst (Augenstein, 2002, S.23), die allesamt zum Ziel haben, ein physisches und psychisches Gleichgewicht herzustellen (Goldstein, 2002, S.46). Daneben bezeichnet der Begriff eines der sechs brahmanischen philosophischen Systeme (Darshanas) Indiens und steht in diesem Zusammenhang für ein Selbsterfahrungssystem, welches Versenkungstechniken zur Erweiterung des Bewusstseins, eine theoretische bzw. philosophische Betrachtung der Welt sowie eine bestimmte Art der Lebensführung umfasst (Ebert, 1986, S.11).
Das Wort yoga aus der altindischen Sprache Sanskrit ist auf die Verbwurzel yuj zurückzuführen, welche mit dem Anschirren der (Zug-)Tiere bzw. dem Einspannen unter das Joch übersetzt werden kann (Fuchs, 1994, S.3). Aus der Urbedeutung des Anjochens der Zugtiere resultieren für den Begriff yoga zwei grundlegende Bedeutungsebenen. Dabei bezieht sich die Ebene des Vereinigens (Vereinigung verschiedener Zugtiere unter einem Joch) auf die Verbindung von Körper, Geist und Seele, während die Ebene des Beherrschens (Beherrschung der Zugtiere durch das Joch), als Voraussetzung für die Vereinigung, auf die Beherrschung der Gedanken und Sinne sowie des Verstandes bezogen ist.
Demgemäß wurde Yoga in den Upanishaden (ca. 500 v.Chr.), der ältesten Quelle des Yoga, wörtlich übersetzt als Anjochen des Bewusstseins bzw. der Gedanken sowie interpretiert als Zügelung der Sinne (Stück, 1998, S.59). Die Gedanken wurden mit wilden Ochsen verglichen, die mit den in den Upanishaden beschriebenen Techniken, wie der Beschränkung des Atems, dem Zurückziehen der Sinnesorgane, der Kontemplation, der Festlegung des Denkorgans, der Selbstprüfung sowie der Versenkung angejocht und zur Ruhe gebracht werden können (Augenstein, 2002, S.22; Stück, 1998, S.59f.). Ziel dabei ist es, den höchsten Zustand, das Einssein, zu erreichen (Täube, 1977, S.21).
1.1.2 Der klassische achtgliedrige Yoga-Übungsweg
Die Wurzeln des Yoga zu erfassen ist kaum möglich, da aus den frühesten Zeiten der indischen Kulturgeschichte keine schriftlichen Quellen existieren. Zudem wurde das Yoga-Wissen ursprünglich allein in mündlicher Form vom Lehrenden an seinen Schüler weitergegeben (Stück, 1998, S.59). Die ersten bildlichen Darstellungen eines Meditierenden in yogischer Sitzhaltung sind der Zeit der Industalkultur von 2500 bis 1800 v.Chr. zuzuordnen, wohingegen die erste begriffliche Erwähnung in den Veden (ca. 500 v.Chr.), den ältesten überlieferten Schriftdokumenten der indoeuropäischen Sprachfamilie, zu finden ist (Ebert, 1986, S.11). Weiterhin zählen die Upanishaden, die philosophischen Kommentare zu den Veden (ca. 500 v.Chr.), die Bhagavadgita, ein philosophisch-ethisches Lehrgedicht (ca. 400 v.Chr.) und die Yoga-Sutras des Patanjali (ca. 200 v.Chr.) zu den ersten schriftlichen Quellen des Yoga (Stück, 1998, S.59).
In den Yoga-Sutras wurde das Yoga-Wissen erstmalig in Form von einfachen, religionsungebundenen Regeln für Yoga-Praktizierende systematisiert. Sie bilden die Grundlage des Raja-Yogas (klassisches Yoga), das sich neben drei weiteren klassischen, stark geistig geprägten YogaRichtungen, Jnana-Yoga (Erkenntnis-Yoga), Karma-Yoga (Tat-Yoga) und Bhakti-Yoga (Hingabe-Yoga), entwickelte (Fuchs, 1994, S.9; Fessler/Müller/Salbert & Weiler, 2013, S.193). Um das höchste Ziel, das „Innere Einswerden" (Täube, 1977, S.21), zu erreichen, gibt es im Raja-Yoga einen achtgliedrigen Pfad, ashtanga-yoga, der das Kernstück der Yoga-Sutras bildet (in Anlehnung an Fuchs, 1994, S.75; Goldstein, 2002, S.48f. und Stück, 2000, S.13f):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Bezeichnung ashtanga-yoga bedeutet so viel wie „acht ineinandergefügte und aufeinander angewiesene Glieder“ (Goldstein, 2002, S.49). Es handelt sich bei dem achtgliedrigen Weg demnach um ein zusammenhängendes, geschlossenes, lebensbegleitendes System von gleichzeitig aufeinander bezogenen, sich ergänzenden Elementen im Sinne von Übungs- und Verhaltensregeln (Jahn, 1990, S.28).
1.1.3 Hatha-Yoga
Das, was im Westen häufig als Yoga aufgefasst wird, ist das Hatha-Yoga, das als Einstiegsmöglichkeit in das klassische Raja-Yoga gilt (Stück, 2008, S.107). Dieses wurde im 11. und 12. Jahrhundert von Goraksanath und Matsyendranath entwickelt (ebd.). Beeinflusst wurde das Hatha-Yoga vom Tantrismus, wo man sich, da der Körper als Tempel des Göttlichen angesehen wurde, zunehmend dem Körperlichen zuwendete (Trökes, 1994, S.114). Dementsprechend wird das Hatha-Yoga auch als „Yoga der Anstrengung“ oder als „Körper-Yoga“ bezeichnet (Jahn, 1990, S.32). Wörtlich übersetzt bedeutet Hatha-Yoga jedoch „Verbindung von Sonne- und Mond-Atem“ (Evans-Wentz 1937, zitiert nach Ebert, 1986, S.13) und kann interpretiert werden als Harmonisierung der beiden Gegensätze Körper und Geist (Ebert, 1986, S.26). Der homöostatische Zustand zwischen Körper und Psyche (Stück, 2008, S.107) wird bei dieser Yoga-Form vor allem durch die Stufen drei und vier des achtgliedrigen Yoga-Pfades erreicht (Ebert, 1986, S.14). Demgemäß wird das Hatha-Yoga heute als ein System von Körperhaltungen (Asanas) und Atemübungen (Pranayama) gelehrt.
Im Zuge des enormen Aufschwungs des Yoga in den letzten Jahrzehnten hielt er zunehmend Einzug in verschiedene Fitness- und Wellnessausrichtungen, ebenso wie in gesundheitlich-präventiven sowie therapeutischen Kontexten (Fessler et al., 2013, S.194). Infolgedessen verlor der ganzheitliche Geist des Yoga an Bedeutung (Yoga in Berlin, 2018, Online im Internet). Zudem ist eine weitgehende Ablösung von ursprünglich religiösen, spirituellen und philosophischen Kontexten zu verzeichnen (Fessler et al., 2013, S.194). Durch die damit einhergehende Fokussierung auf die Funktionalität der Übungen ist das Hatha-Yoga prädestiniert für eine Einbindung in die Schule (ebd.), wie sie in der vorliegenden Arbeit untersucht werden soll.
1.1.4 Asana und Pranayama
Das Wort Asana ist auf die Wort-Wurzel as zurückzuführen, welche sitzen bedeutet. Asana meint demnach den Sitz bzw. die Sitzhaltung (Trökes, 1994, S.113). Während anzunehmen ist, dass der Lotossitz die ursprünglichste und zur Zeit des Patanjali vermutlich auch die einzige Haltung war (Ebert, 1986, S.26), werden in den Grundlagentexten des Hatha-Yoga bereits über 80 Asanas erwähnt. Ziel der Asanas „ist das Herstellen einer physiologischen Balance in den verschiedenen Körpersystemen" (Augenstein, 2002, S.87).
Ausgehend von der Haltung des Rumpfes im Raum können nach Ebert (1986, S.27) sieben Asana-Grundformen unterschieden werden. Stück (2000, S.14) ergänzt zudem die dynamischen Bewegungsabläufe als weitere Gruppe, wodurch sich folgende Einteilung ergibt:
1. Entspannungshaltung im Liegen, ohne jede Muskelanspannung, z.B. Shavasana1
2. Sitzarten, z.B. Diamantsitz
3. Umkehrhaltungen - der Kopf befindet sich im Schwerefeld der Erde unterhalb des Unterkörpers, z. B. Kopfstand, Schulterstand, Pflug, Fisch
4. Rumpftorsionen, z.B. Sternhaltung
5. Rumpfbiegen nach vorne, z.B. Zange, Pflug
6. Rumpfbiegen nach hinten, z.B. Schulterbrücke, Fisch, Kobra, Heuschrecke, Bogen
7. Balanceübungen - der Balance-Aspekt steht bei einigen Asanas im Vordergrund, z.B. Baum
8. Dynamische Bewegungsabläufe, z.B. Sonnentanz
Um die Effektivität der Übungen zu erhöhen, sollten die Asanas bewusst und konzentriert ausgeführt werden. Weiterhin sollte während der Übungen die Nasen-Zwerchfell-Atmung (Bauchatmung) bewusst beobachtet werden. Die Asanas sollten zudem unter Minimierung der Anstrengung ruhig und stabil gehalten werden. Die für die Aktion nicht benötigten Muskel sollten dabei entspannt werden (Stück, 2000, S.16).
Dementsprechend weist der Übungsablauf folgende Merkmale auf: Die Haltungen werden beim Üben langsam und konzentriert eingenommen, in der Endstellung unter Minimierung der Anstrengung für einige Atemzüge gehalten und nachfolgend wieder aufgelöst. Eine Phase des Nachspürens, charakterisiert durch Bewegungslosigkeit und Stille, schließt sich an (Salbert, 2008, S.18).
Pranayama heißt wörtlich übersetzt Zügelung des Prana2, wird aber oft auch mit Regulierung des Atems übersetzt. Praktisch verbunden ist Pranayama mit der Ausführung von bestimmten Atemübungen bzw. -techniken (Änderung der Atemkraft, Verlängerung von Atemphasen etc.). Diese dienen nach dem traditionellen Verständnis dazu, „die Aufnahme und Verteilung von Prana im Körper zu steuern“. Dies soll die Harmonie von Körper und Geist fördern sowie auf die geistigen Übungen der Meditation vorbereiten (Ebert, 1986, S.59).
Um auf der physiologischen Ebene die Bedingungen für die Konzentration bzw. Meditation herbeizuführen, verfolgen die Pranayama-Techniken3 das Ziel, die Phase der Atemanhaltung des Atemprozesses allmählich zu verlängern (Augenstein, 2002, S.88).
In der nachfolgenden Tabelle sind die Hauptwirkungen des Hatha-Yoga (Asanas/Pranayama) aufgelistet. Die Tabelle ist bei Stück (2011, S.39) entnommen und bezieht sich auf eine Studie von Ebert (1986).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.2 Kinder-Yoga
1.2.1 Begriffsbestimmung
Augenstein definiert Kinder-Yoga wie folgt: „Unter einem pädagogischen Aspekt wird Yoga als methodisches und weltanschaulich neutrales System zur ganzheitlichen Entwicklung der Persönlichkeit verstanden. Übungsfelder sind Sozialverhalten, innere Einstellung, Körperhaltung, Atmung, Sinneswahrnehmung und Konzentration“ (Augenstein, 2002, S.21).
Weiterhin wird das Kinder-Yoga nach Stück (2011) als Vorbereitung auf den achtgliedrigen Übungsweg des klassischen Yogas nach Patanjali angesehen (S.34). Vor allem die ersten drei Glieder des Yoga-Weges, Yama, Niyama und Asana und für Schulkinder darüber hinaus auch Pranayama und beginnende Meditation eignen sich für die Arbeit mit Kindern (ebd., S.44). Das Verlangsamen der wählenden Bewegungen bzw. Gedanken bleibt dabei nach wie vor das Ziel der Praxis (ebd., S.34).
Damit unterscheidet sich Kinder-Yoga in erster Linie in der Zielgruppe vom Erwachsenen-Yoga. Demgemäß werden die Art und der Umfang der Übungen, also das, was geübt wird sowie die Art und Weise der Vermittlung speziell auf die Kinder abgestimmt (Stück, 2000, S.16). Der Unterschied zum Erwachsenen-Yoga besteht in der spielerischen, kreativen Umsetzung (Stück, 2011, S.34).
Während beim Erwachsenen-Yoga im traditionellen Sinne eine ganzheitliche Erfahrung fokussiert wird, haben sich die Kinder-Yoga-Techniken an das wichtige Bedürfnis der Kinder, sich zu bewegen, angepasst (Salbert, 2008, S.19). Daraus resultiert die Körpererfahrung als zentrales Ziel des Kinder-Yoga.
1.2.2 Besonderheiten des Kinder-Yoga
Da sich das Kinder-Yoga vor allem in der Art und Weise der Vermittlung, aber auch in dem, was geübt wird, vom Erwachsenen-Yoga unterscheidet (Stück, 1998, S.87), zeichnet er sich durch folgende grundlegende Merkmale und didaktische Prinzipien aus:
- Sich dem Yoga und seinen Prinzipien spielerisch, kreativ nähern, Übungen mit fantasievollen Namen, eingebaut in Gedichte oder Yoga-Geschichten (Salbert, 2008, S.19)
- Gruppengröße beschränken für individuelles und konzentriertes Arbeiten, da sonst Gefahr der Überlastung des Yoga-Lehrenden bei zu großen Gruppen (Stück, 1998, S. 89)
- bei Zusammenstellung der Gruppe das Zusammenpassen der Übenden berücksichtigen, um Konzentration beim Üben zu ermöglichen (Stück 1998, S. 89).
- aufgrund der eingeschränkten Konzentrationsfähigkeit die Dauer einer Übungseinheit verkürzen (Fessler et al., 2013, S.196)
- Bewegungsabläufe sollen mit statischen Haltepositionen wechseln, um dem kindlichen Bedürfnis nach Bewegung gerecht zu werden (Augenstein, 2002, S.149), Dauer von Entspannungsphasen verkürzen (Fessler et al., 2013, S.196)
- Asanas nicht zu lange halten, überwiegend dynamische Körperübungen, die die Entwicklung der sich im Wachstum befindlichen Knochen, Muskel und Bänder unterstützen, verhindern von Überlastung oder Überdehnung (Salbert, 2008, S.19)
- Körperlichen und psychischen Entwicklungsstand der Kinder berücksichtigen, Yoga-Übungen an die individuellen Möglichkeiten der Kinder anpassen (Salbert, 2008, S.19)
- Wohlbefinden der Kinder steht im Vordergrund, üben ohne Leistungsdruck und Vermittlung von Erfolgserlebnissen zur positiven Verstärkung, beim Neueinführen von Übungen nicht korrigieren (Salbert, 2008, S.20, 24), Kinder bei Desinteresse nicht zum Üben zwingen (Stück, 1998, S.87)
- Yoga-Unterrichtende mit positiver Einstellung zum Yoga, authentisch sein, eigenen Stil der Umsetzung finden, innerlich ruhig und ausgeglichen sein, keine dominante Rolle einnehmen, Frustrationstoleranz gegenüber störenden Kindern, Empathie, flexible Anpassung an veränderte Situationen (Erkert, 2007, S.18; Stück, 1998, S.87f.)
- Meditative Übungen kindgerecht anbieten, können zum Beispiel als Fantasiereise durchgeführt werden (Stück, 2011, S.48)
- Einbindung von Gesprächen über Sinneseindrücke und Gefühle (Salbert, 2008, S.20)
- Kein Pranayama im klassischen Sinne, Atemwahrnehmungsübungen z.B. Kuscheltieratmung4, Atemvorgang beobachten, Bauch-Atemübungen, Verlängerung der Ausatmung und Atemtechniken erst ab dem 11.-12. Lebensjahr (Stück, 2011, S.46f.; Salbert, 2008, S.50)
- Vermittlung durch Vorbild der Yoga-Unterrichtenden: Übungen vor- und mitmachen, damit die Kinder nicht nur durch Anweisung, sondern auch durch Beobachtung die richtige Ausführung der Asanas erlernen können (Salbert, 2008, S.21)
- Zur Übernahme von Verantwortung die Kinder in die Gestaltung einbinden (Stück, 1998, S.88)
1.2.3 Kontraindikationen von Yoga bei Kindern
Die folgende Darstellung der Kontraindikationen5 des Yoga ist von Stück (2011, S.51f.) übernommen:
- „Besonderheiten des aktiven und passiven Bewegungsapparates beachten, keine extremen Dehnungen, keine Extremhaltungen, Halswirbelsäulenbelastung minimieren (Wachstumsphase der Kinder beachten).
- Mit Kindern sollten keine Reinigungsübungen, keine Bandhas (Verschlüsse im Zusammenhang mit der Atmung) und fortgeschrittenen Atemübungen angewendet werden (Bhastrika, keine langen Atemverhaltungen).
- bei Kindern können sich „entspannungsindizierte Ängste“ einstellen (paradoxe Reaktionen mit erhöhter Muskelspannung, Erregung, erhöhte Herzfrequenz, unangenehmes Schwere- und Wärmeempfinden, Angst vor Kontrollverlust, Hilflosigkeit, Bedrohungsgefühl). Deshalb: kein Zwang zum Yoga-Training, Augen müssen nicht geschlossen werden, Vorgehen und Ziele der Übungen sollten dem Kind transparent sein (Entspannung ist keine zu erbringende Leistung, diese Haltung ist hinderlich)
- Yoga sollte nicht von psychisch schwer gestörten Kindern ausgeübt werden (z.B. Psychosen), Kinder und Jugendliche mit neurotischen und psychosomatischen Störungen (Zwangssyndrome, Anorexia nervosa, jugendliche Hypochonder, Herz-Kreislauf-Probleme) sollten nur unter Anleitung eines Lehrenden üben.
- mit Kindern mit Hypotonie keine blutdrucksteigernden Asanas durchführen (z.B. Umkehrhaltungen)
- Kinder mit Schilddrüsenproblemen sollten Haltungen, bei denen es zum Druck auf die Schilddrüse kommt, vermeiden (z.B. Schulterstand)
- bei Netzhautablösungen dürfen wegen des dabei auftretenden erhöhten Augeninnendrucks keine Umkehrhaltungen und Kumbhakas (Atemanhalten) geübt werden.“
1.2.4 Fundierte Wirkungen
Eine wissenschaftliche Fundierung trägt dazu bei, Institutionen wie Schulen für Kinder-Yoga-Projekte zu begeistern. Dementsprechend ist es von Vorteil, dass die Kinder-Yoga-Forschung in Deutschland heute im weltweiten Vergleich betrachtet, weit entwickelt ist (Weishaupt & Dinges, 2008, S.18). Bei der nachfolgenden Darstellung der bisherigen Forschung zum Kinder-Yoga werden drei wissenschaftlichen Dissertationen als Grundlage genommen, da laut Stück (2011) „nur solche Arbeiten die Anforderungen der Zulassung von Yoga an Schulen [...] erfüllen“ (S.66).
Marcus Stück legte mit seinem Dissertations-Projekt am Institut für Psychologie der Universität Leipzig den Grundstein für die Kinder-Yoga-Forschung in Deutschland. Seine Arbeit wurde im Jahr 1997 unter dem Titel „Entwicklung und Evaluation eines Entspannungstrainings mit Yogaelementen für Mittelschüler als Bewältigungshilfe für Belastungen“ veröffentlicht (Stück, 2011, S.67).
Im Rahmen seiner Dissertation führte Stück von 1994 bis 1997 mit 21 Kindern einer Leipziger Mittelschule im Alter von 12 bis 13 Jahren ein von ihm entwickeltes Yoga-Programm durch. Das Programm, welches den Namen „Entspannungstraining mit Yogaelementen für Kinder (EMYK)“ erhielt, umfasste 18 Sitzungen, verteilt auf zwei Sitzungen pro Woche von 60 Minuten Dauer (Stück, 2011, S.67f.).
Stück erfasste folgende Wirkungen: Übungen (Asanas, Atemtechniken, Selbstinstruktion) wurden über das Training hinaus von den SchülerInnen zur Selbstregulierung angewendet, sie verbesserten die Kontaktfähigkeit, bauten Unsicherheiten im Umgang mit anderen ab, extravertierte Aktivitäten nahmen signifikant ab, es kam zu einer zunehmenden Verlagerung in Richtung einer Innenorientierung, die emotionale Ausgeglichenheit verbesserte sich signifikant, die SchülerInnen waren in leistungs- und sozial relevanten Situationen weniger ängstlich, Impulsivität und Schulunlust reduzierten sich und die Übungen hatten unmittelbare Entspannungswirkungen und verbesserten das Wohlbefinden. Weiterführende Untersuchungen zeigten zudem folgende Effekte: Verbesserung der motorischen Beweglichkeit und der Koordinationsfähigkeit, zunehmende Herzkohärenz (verbesserte Balance zwischen Sympathikus und Parasympathikus) und eine signifikante Reduktion der typischen Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (Stück, 2011, S.69ff.).
An die wichtige Pionierarbeit von Stück schlossen sich fünf Jahre später die Dissertationen von Suzanne Augenstein und Nicole Goldstein an.
Suzanne Augenstein entwickelte von 2000 bis 2002 das KOP - Körperorientiertes Programm für GrundschülerInnen. Das im Rahmen ihrer Dissertation mit dem Titel „Auswirkungen eines Kurzeitprogramms mit Yogaübungen auf die Konzentrationsleistung bei Grundschulkindern" an der Universität Essen entwickelte Programm umfasste 10 Unterrichtseinheiten mit einer Dauer von 45 Minuten. Untersucht wurden insgesamt über 200 Kinder im Alter von 5 bis 10 Jahren, die den folgenden Gruppen zugeordnet wurden: Gruppe mit Yoga-Training, mit Alternativ-Training (Psychomotorik), Kontrollgruppe ohne Training. Das Programm umfasste Asanas, Verhaltensregulierungen, Atemübungen und Meditationen über ein attraktives Objekt. Letztere wurden neben Gleichgewichtshaltungen zur Konzentrationsschulung eingesetzt. Zur Schulung des Sozialverhaltens wurde auf Gruppen- und Partnerübungen zurückgegriffen (Stück, 2011, S.74ff.).
Gezeigt haben sich Verbesserungen in den Bereichen Konzentration, Motorik und Sozialverhalten. Weiterführende Evaluationen des Programms wiesen zudem eine deutliche Verbesserung in der muskulären Leistungskraft sowie eine Verbesserung der Koordination, des Gleichgewichts und der Körperwahrnehmung nach (Stück, 2011, S.76).
Im Rahmen der ebenfalls 2002 veröffentlichten Dissertation mit dem Titel „Übungen des klassischen Hatha-Yoga als Interventionsmaßnahme bei Grundschulkindern mit expansiven Störungen" entwickelte Nicole Goldstein ein störungsspezifisches Yoga-Programm für Kinder mit Aufmerksamkeitsstörungen (TAK- Training Aufmerksamkeit und Konzentration mit Yoga). Sie führte das Programm mit 20 Kindern im Alter von 7 bis 10 Jahren durch, die verschiedene expansive Störungen aufwiesen (Stück, 2011, S.76f.).
Nachgewiesen werden konnten eine signifikante Abschwächung der Hyperaktivität und der Impulsivität, eine Verbesserung der Aufmerksamkeit sowie positive Auswirkungen auf das expansive Sozialverhalten (Stück, 2011, S.78).
Unter Beachtung weiterer wissenschaftlicher Studien fassen Fessler und Kaiser (2014, S.13) die wissenschaftlich fundierten Wirkungen des Kinder-Yoga wie folgt zusammen: 1. Verbesserung der Gleichgewichtsfähigkeit, 2. Verbesserung der Körperhaltung und von Kraftfähigkeiten, 3. Verbesserung der Beweglichkeit und Dehnfähigkeit, 4. Entspannungswirkung, 5. Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit und 6. Steigerung des Wohlbefindens.
1.3 Implementierung von Yoga in der Schule
1.3.1 Yoga als regelmäßiges Angebot
Fessler & Kaiser (2014) zufolge lässt sich Yoga aufgrund seiner Körperorientierung und seiner unterschiedlichen ,Verpackungsmöglichkeiten' in vielfältigen Formen in den Schulalltag integrieren (S.12). Auch die Recherchen von Augenstein (2002) belegen, dass bereits „vielfältige Möglichkeiten der Integration existieren und wahrgenommen werden“ (S.37). So werden Yoga-Elemente in verschiedene Unterrichtsfächer integriert, es werden Yoga-Übungen im Unterricht zur Konzentrationssteigerung eingesetzt, Yoga findet Anwendung im Förderunterricht für geistig behinderte, verhaltensauffällige, lernbehinderte und sprachbehinderte Kinder und wird dabei sowohl durch Lehrerinnen mit Yoga- Lehrerlnnen-Ausbildung, durch Lehrerinnen mit eigener Yogaerfahrung als auch durch YogaLehrerinnen mit Erfahrung in der Arbeit mit Kindern vermittelt (Augenstein, 2002, S.36).
Weiterhin kann Yoga in Form eines regelmäßigen Angebotes von Schulen implementiert werden (Augenstein, 2002, S.38). Bei Salbert (2008), Erkert (2007) und Stück (1998) finden sich Hinweise zur Gestaltung eines regelmäßigen Yoga-Angebotes.
Salbert zufolge sollte das Angebot ein- oder zweimal die Woche, an einem bestimmten Tag und immer zur gleichen Zeit stattfinden, um den Kindern Beständigkeit zu geben und die Verfügbarkeit des Raumes abzusichern. Daneben können Übungen weiterhin spontan im Tagesablauf integriert werden (S.11). Salbert spricht sich dafür aus, den Kindern die Teilnahme am Angebot freizustellen, da sich die Befürchtung, dass die Kinder, die ein solches Angebot am nötigsten hätten, nicht kommen würden, in der Praxis nicht bestätigt hat (S.11).
Während am Anfang eine Gruppengröße von sechs Kindern nicht überschritten werden sollte, kann die Kinderanzahl später erhöht werden (Salbert, S.11). Auch Stück empfiehlt eine Gruppengröße von maximal sechs Kindern, um ein individuelles, konzentriertes Arbeiten abzusichern und eine Überlastung der Kursleitung zu verhindern (S.89). Hingegen findet Erkert eine Gruppengröße von acht bis zehn Kindern ideal. Bei einer Schulklasse empfiehlt sie, diese zu teilen. Zudem schlägt sie zur Unterstützung die Einbindung interessierter Eltern vor (S. 23).
Optimal findet das Angebot eine Stunde nach der letzten Mahlzeit statt, da dann der Magen nicht mehr drücken kann und Beugeübungen kein Unwohlsein auslösen (Salbert, S.11).
Salbert zufolge sollte das Angebot anfangs 30 Minuten betragen und kann später bei abwechslungsreicher und interessanter Gestaltung auf bis zu 90 Minuten ausgedehnt werden (S.12). Demgegenüber hält Stück aufgrund der Gefahr des Nachlassens der Konzentration und der Übungsfreude eine Dauer von maximal einer Stunde pro Einheit für angemessen (S.88). Aus demselben Grund sollten Stille- und Entspannungsphasen Erkert zufolge beim Üben mit jüngeren Kindern verkürzt werden (S.24).
Salbert zufolge sollte so oft wie möglich im Freien geübt werden. Aufgrund der größeren Ablenkung der Kinder und der Abhängigkeit vom Wetter sollte zudem ein Raum zur Verfügung stehen, in dem das Angebot durchgeführt werden kann. Dieser sollte ansprechend gestaltet und fußwarm sein und allen Kindern ausreichend Platz bieten (Salbert, S.12). Auch laut Erkert sollte der Übungsraum angenehm temperiert sein, eine behagliche Atmosphäre ausstrahlen und weiterhin frei sein von übermäßig vielen Bildern und Bastelarbeiten an den Wänden (S.23). Ein Zimmer mit Teppichboden und wenig Möbeln wird empfohlen (Salbert, S.12). Während es Salbert nicht für notwendig hält, dass der Raum ruhig und abgelegen ist, da sich die Kinder an laute Geräusche gewöhnen und sie ihnen Geborgenheit vermitteln und die Ruhe sogar noch vertiefen können (S.12), spricht sich Erkert für einen Übungsort aus, der möglichst geschützt sein sollte vor äußeren, störenden Einflüssen wie dem Straßenlärm (S.23). Steht ein sehr großer Raum zur Verfügung, kann dieser geteilt werden. Dabei kann die eine Hälfte für den Bewegungsteil (Yoga-Übungsreihe) und die andere Hälfte für den Ruheteil genutzt werden (Salbert, S.12). Der Raum sollte gute Belüftungsmöglichkeiten besitzen (Erkert, S.23) und da während des Übens viel Kohlendioxid abgegeben wird, sollte vor dem Angebot ausreichend gelüftet werden (Erkert, S.23; Salbert, S.12). Ebenso sollte der Raum Verdunklungsmöglichkeiten wie z.B. Vorhänge oder Rollläden bieten (Salbert, S.12; Erkert, S.23). Salbert zufolge können beim Üben im Klassenzimmer entweder die Tische und Stühle zur Seite geschoben werden oder es kann im Stehen und Sitzen geübt werden. Weiterhin sollte ein Abstellraum oder ein großer Schrank zur Verfügung stehen, um die notwendigen Materialien zu verstauen (S.12).
Zu den notwendigen Utensilien zählt Salbert Unterlagen wie z.B. Yoga- oder Gymnastikmatten, die beim Üben kreisförmig angeordnet sein sollten, Kissen, warme Decken für die Entspannung, Kuscheltiere für Atemübungen, zum Stundenthema passende Materialien zur Gestaltung der Kreismitte wie z.B. Blätter und Früchte im Herbst, einen Gegenstand wie z.B. eine Kugel oder einen Stein, der anzeigt, wenn ein Kind mit Erzählen dran ist sowie Entspannungsmusik. Decken, Kuscheltiere und Kissen sollten die Kinder selbst mitbringen, da sie sich mit ihren eigenen Sachen besonders wohlfühlen (S.12f.).
Während des Übens sollten die Kinder bequeme und der Temperatur entsprechende Kleidung tragen, die eine gewisse Bewegungsfreiheit garantiert und die Atemluft ungehindert in den Bauch fließen lässt. Geübt werden kann aufgrund eines besseren Gespürs für die Füße entweder barfuß oder in rutschfesten Strümpfen (Salbert, S.12).
Weiterhin wird von den AutorInnen die Zusammenstellung der Gruppe als wichtigste Voraussetzung für den Übungserfolg betont (Stück, S.89; Erkert, S.24). Die Gruppe der Übenden muss laut Stück zusammenpassen und nach dem Harmonie-Aspekt zusammengestellt werden (S.89). Erkert spricht sich für eine Gruppenbildung unter Berücksichtigung persönlicher und altersspezifischer Eigenheiten der Kinder aus (S.24). Ihr zufolge sollte „sehr genau überlegt werden, wie viele unruhige Kinder eine Gruppe verträgt“ (S.24).
Laut Salbert gibt es vor allem Disziplinschwierigkeiten, wenn Kinder gegen ihren Willen zum Angebot geschickt werden (S.14). Um diesen Schwierigkeiten vorzubeugen, empfiehlt sie den Kindern zu erklären, warum das Angebot durchgeführt wird und wie die Übungen wirken. Um Konkurrenzkampf zu vermeiden, sollte wiederholt betont werden, dass es nicht darum geht die Übungen besonders gut oder schnell zu machen. Weiterhin sollten den ruhigeren Übungen Bewegungsspiele vorausgehen. Im Gegensatz dazu empfiehlt Stück die Stunde mit Entspannungsübungen zu beginnen (S.88). Weiterhin kann es helfen, unruhigen Kindern während der Entspannung über den Kopf oder Rücken zu streicheln (Salbert, S.14; Erkert, S.24). Zudem sollte die Teilnahme der Kinder auf Freiwilligkeit beruhen. Lehnt ein Kind die Ausführung einer Übung oder die Teilnahme an einem Spiel ab, sollte es nicht gezwungen werden, jedoch kann es nach dem Grund der Verweigerung gefragt werden (Stück, S.87; Erkert, S.224). Wird die gesamte Gruppe durch ein störendes Kind dennoch nachhaltig beeinträchtigt, sollte es aus der Gruppe genommen werden (Erkert, S.24; Salbert, S.14).
Um das Wohlfühlen der Kinder in der Gruppe zu garantieren und um den sozialen Umgang mit anderen zu erlernen, sollten am Anfang einer Angebotsreihe gemeinsam mit den Kindern Regeln aufgestellt werden. Diese können organisatorische Aspekte betreffen, bspw., dass Toilettengänge vor der Stunde erledigt werden, sich aber auch auf das Miteinander beziehen und regeln, dass andere ausreden dürfen und nicht unterbrochen werden. Dabei sollte sich zu Beginn auf wenige, wichtige Regeln beschränkt werden, die später bei Bedarf ergänzt werden können (Salbert, S.14).
Da Salbert zufolge die Unterstützung der Eltern notwendig ist, sollte bereits in der Planungsphase des Angebotes der Kontakt mit diesen gesucht werden. Die Eltern sollten weiterhin über das Vorhaben informiert und in die Realisierung des Angebotes eingebunden werden. Beispielweise können Eltern bei der Ausgestaltung des Übungsortes unterstützen (S.15).
1.3.2 Gestaltungsspielräume von Grundschulen
Da nicht absehbar ist, dass Yoga in den nächsten Jahren von der KMK zum Pflichtfach für Grundschulen ernannt wird, müssen andere Wege gefunden werden, um ein regelmäßiges, verbindliches YogaAngebot im Schulalltag zu implementieren. Demgemäß wird nachfolgend dargestellt, welche alternativen Möglichkeiten Grundschulen zur Verfügung stehen, Yoga umzusetzen.
Die deutsche Schullandschaft teilt sich in Halbtagsschulen und Ganztagsschulen. An Halbtagsschulen sind die SchülerInnen ausschließlich am Vormittag in der Schule. In dieser Zeit findet der Unterricht gemäß der Stundentafel des jeweiligen Bundeslandes statt. Da die durch die Stundentafeln geregelten Wochenpflichtstunden6 die Schultage der GrundschülerInnen bereits füllen, bleibt an Halbtagsschulen neben dem Pflichtunterricht wenig Zeit für ein zusätzliches Angebot. Aufgrund dessen müssen innerhalb der ausgewiesenen Kontingentstunden Gestaltungsspielräume identifiziert werden.
In einigen Bundesländern (Hamburg, Thüringen, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Niedersachen) werden in den Stundentafeln für die Primarstufe zusätzliche Stunden für Schwerpunktsetzungen ausgezeichnet. Dabei variieren die Bezeichnung sowie die Anzahl entsprechender Stunden von Bundesland zu Bundesland. So stehen den Klassenstufen eins bis vier bspw. in Hamburg unter der Bezeichnung „Gestaltungsraum" je acht Wochenstunden zur Schwerpunktsetzung zur Verfügung (Behörde für Schule und Berufsbildung Hamburg, 2011, S.15), während es in Sachsen-Anhalt unter der Bezeichnung „Schulspezifische Unterrichtsangebote" nur ein bis zwei Wochenstunden sind (Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt, 2005, S.12). Da diese Stunden den Schulordnungen zufolge bspw. für die Verstärkung des Unterrichts, für individuelle Förderung oder für Projekte verwendet werden sollen, bieten sich diese für die Umsetzung eines YogaAngebotes an.
Weiterhin verweisen die Stundentafeln in Sachsen, Bayern und im Saarland auf zusätzliche Förderstunden, im Rahmen welcher, da sie für die individuelle Förderung der GrundschülerInnen verwendet werden sollen, ein regelmäßiges, verbindliches Yoga-Angebot stattfinden könnte. In Sachsen stehen unter der Bezeichnung „Angebote zur individuellen Förderung" in den Klassenstufen eins bis vier je zwei Wochenstunden zur Verfügung (Sächsische Staatskanzlei, 2018, Online im Internet), während es in Bayern unter der Bezeichnung „Flexible Förderung" in der ersten Klassenstufe zwei Stunden und anschließend eine Stunde pro Woche sind (Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München, 2022, Online im Internet). Im Saarland können für den „Förderunterricht" in den Klassenstufen eins und zwei je fünf Stunden und in den Klassenstufen drei und vier je zwei Stunden pro Woche verwendet werden (Schreier, 2005, S.2f.).
In den Stundentafeln der anderen Bundesländer (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Bremen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen) wird hingegen kein Gestaltungsspielraum für ein Yoga-Angebot deutlich.
Neben den Halbtagsschulen prägen Ganztagsschulen7 die deutsche Schullandschaft. Deren Ausbau wurde 2001 nach dem schlechten Abschneiden bei der PISA-Studie im Jahr 2000 beschlossen und im Zeitraum von 2003 bis 2007 durch das „Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung" mit 4 Milliarden Euro gefördert (KMK, 2015, S.3, 17). Seitdem haben sich Ganztagsschulen nahezu flächendeckend ausgebreitet. Im Jahr 2020 wiesen bereits 71,2% aller Grundschulen einen Ganztagsschulbetrieb auf (KMK, 2021, S.9). Dabei variiert der Anteil von Ganztagsschulen in den Bundesländern stark. Während in Hamburg, Sachsen und Thüringen bereits alle Grundschulen in öffentlicher Trägerschaft Schulen in Ganztagsform sind, haben in Baden-Württemberg gerade einmal 28,7% und in Brandenburg 38,3% der Grundschulen einen Ganztagsschulbetrieb (KMK, 2021, S.15). Insgesamt sind alle Bundesländer gewillt, den Ausbau der Ganztagsangebote vor allem im Primarbereich in den nächsten Jahren weiter voranzutreiben (KMK, 2015, S.18-23).
Das Ganztagsschulangebot umfasst neben dem Pflichtunterricht und den Förderstunden im Sinne der Stundentafel zusätzlich außerunterrichtliche Angebote (KMK, 2015, S.8), in welche Yoga eingebunden werden kann. Besondere Gestaltungsspielräume haben dabei Ganztagsschulen gebundener Konzeption. Diese zeichnen dadurch aus, dass alle SchülerInnen verpflichtet sind, an mindestens drei Wochentage für jeweils mindestens sieben Zeitstunden an den ganztägigen Angeboten teilzunehmen, während die SchülerInnen an offenen Ganztagsschulen auf Wunsch an den ganztägigen Angeboten teilnehmen können (KMK, 2021, S.5).
Da gebundene Ganztagsschulen zumeist ganztägig rhythmisiert sind, findet der außerunterrichtliche Bereich nicht mehr wie bei offenen Ganztagsschulen vorrangig am Nachmittag statt, sondern findet sowohl vormittags als auch nachmittags seinen Platz (Appel & Rutz, 2009, S.102ff.). Insbesondere diese Ganztagsschulform bietet damit die Möglichkeit, ein Yoga-Angebot während der Unterrichtzeit zwischen den Pflichtunterrichtsstunden durchzuführen. Zusätzlich bieten gebundene Ganztagsschulen in besonderer Weise die Möglichkeit, neu entwickelte Unterrichtsfächer anzubieten, welche sich ebenso in der vor- und nachmittäglichen Konzeption finden (ebd., S.104).
Insgesamt kann damit festgehalten werden, dass alle Schulen mit Ganztagsschulbetrieb und davon insbesondere Ganztagsschulen in gebundener Form viele Möglichkeiten für zusätzliche Angebote bieten. Da der Anteil an Ganztagsschulen im Primarbereich sehr hoch ist, haben die meisten Grundschulen die Gestaltungsspielräume, um ein regelmäßiges, verbindliches Yoga-Angebot zu implementieren.
1.3.3 Grenzen der Implementierung
Suzanne Augenstein hat im Rahmen ihrer Dissertation die Grenzen einer Integration von Yoga an Schulen mithilfe von Literaturrecherche sowie im Austausch mit VertreterInnen des Berufsfeldes während zwei von ihr durchgeführten Tagungen zum Thema „Yoga für Kinder- Yoga an Schulen“ erhoben (Augenstein, 2002, S.33f.).
Als Grenzen hat sie vor allem die Akzeptanz des Yoga durch SchülerInnen, Schulleitung und Eltern, die Struktur der Schule sowie die Qualifikation der Unterrichtenden identifiziert. Daneben hat sie Literatur ermittelt, in der die Frage der Finanzierung des Yogaunterrichts (Moors 1995) sowie die Qualität des Yogaunterrichts (Lüdtke 1999) thematisiert werden (ebd., S.38).
Bezüglich der Qualität konstatiert Stück (1998) einen Mangel an evaluierten Trainingsprogrammen (Augenstein, 2002, S.38). auch Fessler und Kaiser (2014) stellen fest, dass „[d]ie Aufbereitung von Yogaformen speziell für Kinder der Primarstufe unter didaktisch-methodischer Perspektive und auf der Grundlage systematisch, entwickelter, implementierter und evaluierter Ansätze bzw. Übungsprogramme“ (S.13) noch aussteht.
Die Akzeptanz des Yoga an Schulen betreffend stellt Augenstein (2002) unter Beachtung von Berichten von LehrerInnen über durchgeführte Yoga-Programme fest, dass Akzeptanzprobleme bei SchülerInnen mit dem Einsatz von Übungen, die Kinder aufgrund ihrer körperlichen Konstitution überfordern, im Zusammenhang stehen. Dementsprechend werde bei einer zielgruppengerechten Auswahl der Yoga-Übungen die Resonanz als positiv beschrieben (Augenstein, 2002, S.38).
Folglich bestehen eher auf Seiten der Eltern, der LehrerkollegInnen und der Schulleitung Akzeptanzprobleme, da diese eine Manipulation von Kindern durch Sekten und Psychotechniken befürchten (Augenstein, 2002, S.38). Als weiteren Grund für Skepsis und Desinteresse gibt Salbert (2008) Unwissenheit an (S.15). Demgemäß plädiert Augenstein (2002) für eine Transparenz im Hinblick auf die vermittelten Inhalte. Es solle Aufklärungsarbeit geleistet und die Hintergründe der Arbeit offengelegt werden (S.38). Die Notwendigkeit von Aufklärungsarbeit, um Ängste und Vorurteile bei den Eltern abzubauen, betont auch Stück (2000, S.25).
Auch Salbert (2008) zufolge sollte umfassend über die pädagogischen Absichten und Ziele eines Angebotes informiert werden. In Bezug auf die Eltern empfiehlt sie zudem diese in die Realisierung des Vorhabens einzubinden und sie zu einem Ruheangebot einzuladen, bei dem mit ihnen die Übungen, die auch von den Kindern praktiziert werden, durchgeführt werden. Außerdem würden die Eltern Salbert zufolge das Angebot unterstützen, sobald sie die Reaktion ihrer Kinder auf das Angebot erleben (Salbert, 2008, S.15).
Laut Augenstein zeigen sich im Schulbereich unterschiedliche Formen von Akzeptanz. Zuerst weist sie die Befürwortung und Unterstützung des Yoga aus, indem sie ausführt, dass YogaAusbildungen für LehrerInnen steuerlich absetzbar sind und eine Unterrichtsbefreiung für YogaFortbildungen möglich ist. Weiterhin spricht sie davon, dass einige Schulen mit ihrem Engagement für Yoga werben und Eltern ihre Kinder wegen des Yoga-Angebotes an Schulen anmelden. Demgegenüber führt Augenstein zuletzt an, dass der Yoga-Unterricht an Schulen zumeist aber eher stillschweigend geduldet als offiziell anerkannt wird (Augenstein, 2002, S.38f.).
Da Yoga jedoch in den 20 Jahren seit Augensteins Dissertation einen enormen Aufschwung erlebt hat und mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist (Fessler et al., 2013, S.193f.), ist anzunehmen, dass diese Grenze an Aktualität verloren hat. Bestätigt wird diese Annahme dadurch, dass auch bei den Recherchen für diese Arbeit auffiel, dass zahlreiche Schulen8 mit einem YogaAngebot, bspw. einer Yoga-AG, werben.
Hingegen ist die Art der Leistungsorientierung in Schulen eine weiterhin bestehende Grenze für eine Integration von Yoga. Augenstein (2002) zufolge sind Integrationsmöglichkeiten für Yoga dort gegeben, „wo selbstbestimmtes Lernen im Vordergrund steht, und individuelle Förderung angestrebt wird“ (S.39). „Wo dies nicht der Fall ist, kann sich eine Interessenskollision aus den Zielen der Schule und den Zielen des Yoga ergeben“ (ebd.). Dementsprechend zeichnet sie die „vorherrschende Form der Leistungsmaximierung an Schulen“(ebd.) als Haupthindernis für eine Integration des Yoga aus und führt als Begründung an, dass viele der an der Schule angestrebten Ziele, denen des Yoga entgegenstehen.
Zuletzt bezieht sich Augenstein (2002) auf die Notwendigkeit qualifizierter Unterrichtender und erklärt mit Verweis auf die Literatur, dass Einigkeit darüber herrscht, „dass Yoga nur unter qualifizierter Anleitung durch Lehrer mit eigener Übungserfahrung vermittelt werden sollte“ (S. 40).
Nachdem in diesem Kapitel das Forschungsanliegen theoretisch verortet wurde, wird im nächsten Kapitel das methodische Vorgehen bei der Erhebung der Daten sowie der Auswertung der Ergebnisse vorgestellt. Darüber hinaus werden alle wesentlichen Aspekte des Untersuchungsdesigns dargelegt.
2 Methodisches Vorgehen
2.1 Das leitfadengestützte Experteninterview als Erhebungsmethode
Yoga, umgesetzt als verbindliches Angebot, ist in Deutschland bisher kaum verbreitet. Dementsprechend hat auch die Literaturrecherche zu diesem Thema keine Ergebnisse erbracht. Gezeigt hat sich dadurch, dass die für die Beantwortung der Forschungsfrage notwendigen Informationen bisher nicht schriftlich fixiert wurden und damit allein die Personen, die mit Schulen, die Yoga als Unterrichtsfach anbieten, in Verbindung stehen, über das relevante Wissen verfügen. Demnach handelt es sich bei dem benötigten Wissen um ein Sonderwissen, „das prinzipiell nicht jedermann zugänglich ist“ (Pfadenhauer, 2005, S.116.). Das Experteninterview stellt demgemäß ein geeignetes Erhebungsinstrument für das Forschungsvorhaben dar, da es eine Methode ist, um den „relativ exklusiven Wissensbestand" (ebd., S.115) von ExpertInnen zu erschließen.
Bislang gibt es kein allgemeingültiges Verfahren für die Durchführung von Experteninterviews. Stattdessen beeinflusst das spezifisch untersuchungsleitende Interesse die konkrete Handhabung und Ausgestaltung der Erhebungsmethode. Demnach werden Expertengespräche je nach Forschungsfrage „unterschiedlich stark vorstrukturiert, unterschiedlich offen geführt, verschieden aufbereitet, ausgewertet und interpretiert". (Bogner & Menz, 2005, S.34)
Da beim systematisierenden Experteninterview, in Abgrenzung zum theoriegenerierenden bzw. explorativen Experteninterview, in Übereinstimmung mit dem Forschungsvorhaben das aus der „Praxis gewonnene, [...] spontan kommunizierbare Handlungs- und Erfahrungswissen" (Bogner & Menz, 2005, S.37) der Interviewten im Vordergrund steht und es „auf die systematische und lückenlose Informationsgewinnung" (ebd.) abzielt, orientiert sich die vorliegende Arbeit am spezifischen Vorgehen dieses Typus.
Hier wird empfohlen, die Erhebung „unter Zuhilfenahme eines relativ ausdifferenzierten Leitfadens" (Bogner & Menz, 2005, S.37) durchzuführen, sodass das thematische Vergleichen der Daten möglich wird (ebd., S.38). Auch Gläser und Laudel (2010) argumentieren für eine Erhebung mithilfe von nichtstandardisierten Leitfadeninterviews, da das unbekannte Wissen der ExpertInnen bei einem standardisierten oder halbstandardisierten Vorgehen kaum angemessen erfasst werden kann (S.43). Gegenüber weiteren nichtstandardisierten Interviewformen wie dem offenen Interview hat das Leitfadeninterview zudem den Vorteil, dass über eine Frageliste sichergestellt werden kann, dass die Interviewten in einer begrenzten Zeit zu allen wichtigen Aspekten des Sachverhaltes Informationen geben (Gläser & Laudel, 2010, S.43).
2.2 Planung und Durchführung der Interviews
Nachdem das Forschungsvorhaben präzise formuliert wurde, musste die Datenerhebung mithilfe der Interviews gut vorbereitet und geplant werden. Aspekte, die hierbei beachtet werden sollten, sind unter anderem die Festlegung der Stichprobe, der Zugang zu den Erzählpersonen sowie die Auswahl dieser, die Konstruktion des Leitfadens und die Ausgestaltung der Interviewsituation (Helfferich, 2011, S.168ff.).
2.2.1 Stichprobe und Auswahl der ExpertInnen
Aufgrund der geringen Verbreitung von verbindlichen Yoga-Angeboten an deutschen (Grund-)Schulen wurde zu Beginn der ExpertInnen-Suche entschieden, dass ein einzelnes Interview eine hinreichende Datengrundlage darstellen würde. Eigentliches Ziel war jedoch ein Stichprobenumfang von mindestens N=2. Vor Beginn der Internet-Recherche wurde überlegt, wer als Experte/ als Expertin in dem Bereich „Yoga als verbindliches Angebot“ infrage kommt. Die Schulleitung einer Schule mit entsprechendem Angebot, schulinterne Yoga-Unterrichtende, aber auch externe Yoga-Lehrende, die das Angebot in einer Schule durchführen, wurden in Betracht gezogen. Da die Arbeit den Grundschulbereich fokussiert, wurde vor allem nach ExpertInnen aus diesem Kontext gesucht. Erfahrungsberichte über Yoga an weiterführenden Schulen wurden jedoch nicht ausgeschlossen, da angenommen wurde, dass die Informationen zumindest teilweise auf den Grundschulbereich übertragbar sind.
Von acht recherchierten ExpertInnen, die per E-Mail kontaktiert wurden, haben sich fünf zu einem Interview bereiterklärt. Davon berichteten vier über ihre Erfahrungen mit einem verbindlichen Yoga-Angebot in der Grundschule, während ein Interview mit einer Lehrkraft einer Gesamtschule geführt wurde. Drei der betreffenden Schulen befinden sich in Berlin und die anderen beiden in Hamburg.
Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die Interviewten:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2.2 Der Interviewleitfaden
Der Leitfaden wurde nach dem SPSS-Prinzip (Sammeln, Prüfen, Sortieren, Subsumieren) von Helfferich (2011) entwickelt. Es dient neben der Leitfadenerstellung „gleichzeitig der Vergegenwärtigung und dem Explizieren des eigenen theoretischen Vorwissens und der impliziten Erwartungen an die von den Interviewten zu produzierenden Erzählungen“ (S.182).
Im ersten Schritt wurden alle Fragen, die mit dem Forschungsthema „Chancen, Bedingungen und Grenzen eines regelmäßigen, verbindlichen Yoga-Angebotes in der Grundschule“ im Zusammenhang stehen, in Form einer Mind-Map (siehe Anhang 1) gesammelt. Basis hierfür bildete das im Studium erworbene Vorwissen über schulische Abläufe und Strukturen sowie die theoretische Vorbetrachtung dieser Arbeit. Außerdem wurde sich an der Struktur des systemischen Mehrebenenansatzes der Innovationen, dargestellt bei Liebers (2020), orientiert. Der Mehrebenenansatz folgt Ansätzen aus der Educational Governance, welche den Fokus auf die unterschiedlichen Institutionen, deren Akteure sowie deren Gestaltungsmöglichkeiten und Ressourcen legen (Kussau & Brüsemeister, 2007 zitiert nach Liebers, 2020, S.262). Entwickelt wurde der Mehrebenenansatz, um zentrale staatliche, nichtstaatliche und zivilgesellschaftliche Akteure auf unterschiedlichen Ebenen sichtbar zu machen, die an einer gelungenen Verbreitung von gemeinsamen Innovationen am Übergang von der Kita in die Schule beteiligt sind (Liebers, 2020, S.262f.). Unterschieden werden fünf Ebenen mit entsprechenden Akteuren, die in wechselseitigen Handlungskontexten miteinander verwoben sind: die Makro-Ebene (Ebene Bildungssystem), die Intermediäre Ebene (Ebene Aufsichtssysteme), die Meso-Ebene (Ebene einzelne Institution), die MikroEbene (Ebene des gemeinsamen Handelns) und die Intrapersonale Ebene (Ebene der einzelnen Akteure). In Anlehnung an diese Unterteilung wurden Fragen gesammelt, die sich thematisch von übergeordneten schulischen Strukturen (Legitimation des Angebotes vor dem Kultusministerium) über Rahmenbedingungen auf der Ebene der Einzelschule (Schulkonzept, Räumlichkeiten, Finanzierung) bis hin zu notwendigen Einstellungen und Überzeugungen der einzelnen Yoga-Lehrkraft erstrecken.
In einem zweiten Schritt wurden die Fragen geprüft, was dazu führte, dass einzelne Fragen gestrichen, andere aus- und wieder andere umformuliert wurden. Das Entwickeln von Fragen, die ein offenes Antworten oder Erzählen auf Seiten der Erzählperson erzeugen, war dabei das Ziel (Helfferich, 2011, S.183). Anschließend wurden die überarbeiteten Fragen vorstrukturiert. Währenddessen wurde wiederholt überprüft, ob sie inhaltlich den Rahmen des Forschungsinteresses abdecken.
Im nächsten Schritt wurde der Fragenkatalog nach inhaltlichen Aspekten sortiert. Insgesamt ergaben sich neben den Abschnitten „Einstieg und Abschluss“ acht Frageblö>Zuletzt wurde der entstandene Leitfaden für die Verwendung in den Interviews angepasst. Dafür wurde er in eine tabellarische Form überführt. Die thematischen Blöcke sind nun in der ersten Spalte dargestellt. In der zweiten Spalte sind die übergeordneten Erzählaufforderungen zu finden, die zuvor für die einzelnen thematischen Abschnitte formuliert wurden. Die den Erzählaufforderungen zugeordneten Aspekte sind in der Spalte „Schlagwörter“ abgebildet. Die letzte Spalte verweist auf vertiefende Nachfragen. Der ausformulierte Leitfaden (siehe Anhang 2.1), der nach dem Sortieren entstanden ist, sowie der in den Interviews verwendete Leitfaden (siehe Anhang 2.2) sind im Anhang zu finden.
2.2.3 Die Interviewsituation
Aufgrund der räumlichen Entfernung zu den Gesprächspartnerinnen wurden vier Interviews als Videokonferenzen per Zoom und eines per Telefon durchgeführt. Durch den Entschluss, die Interviews digital zu führen, ließen sich technische Probleme nicht gänzlich ausschließen. Insgesamt kam es in jedem Interview zu mindestens einer kurzen Unterbrechung. Dies ging mit einer kurzzeitig veränderten Gesprächsatmosphäre einher. Die Expertinnen benötigten einige Zeit, um an ihren ursprünglichen Redefluss anzuknüpfen. Auf die Informationsgewinnung hatten die technischen Unterbrechungen jedoch keinen Einfluss.
Um die Interviews später detailliert auswerten zu können, wurden diese aufgezeichnet. Zoom bietet hierfür das Tool „Meeting aufzeichnen“ an. Für den Mitschnitt des Telefonats wurde eine App verwendet, die Anrufe speichert. Die Voraussetzung für die Aufzeichnung stellte eine unterschriebene Einwilligungserklärung der Interviewten dar. Diese wurde ihnen einige Tage vor dem Interviewtermin zugesendet. Der Einwilligungserklärung (siehe Anhang 3) lag ein Informationsblatt (siehe Anhang 4) bei, in welchem die Interviewten noch einmal detailliert über die Hintergründe des Forschungsprojektes aufgeklärt wurden. Zudem wurden eine Anonymisierung sowie die Löschung der Daten am Ende des Projektes zugesichert.
Vor Beginn des eigentlichen Interviews wurden organisatorische Aspekte besprochen. Beispielsweise wurde der zeitliche Rahmen noch einmal abgestimmt. Als Einstieg in den inhaltlichen Teil wurde die Frage nach der persönlichen Verbindung zum Yoga gewählt. Ziel war es, anschließend alle im Leitfaden dokumentierten Aspekte zu den thematischen Blöcken abzudecken. Dabei wurde weder die im Leitfaden festgelegte Reihenfolge der Fragen noch die Fragenformulierungen als verbindlich angesehen (Gläser & Laudel, 2010, S.42). Damit ging einher, dass mehrfach „unter Zeitdruck und spontan eine passende Frageformulierung [...]" (Helfferich, 2011, S.12) gefunden werden musste. Diese Fähigkeit stellt nach Helfferich (2011) eine notwendige Kompetenz für Interviewende innerhalb eines Leitfadeninterviews dar (ebd., S.11f.). Während auf die durch die Gesprächspartnerinnen veränderte thematische Reihenfolge flexibel und angemessen reagiert werden konnte, erwies sich die angepasste Formulierung der Fragen zum Teil als Herausforderung. So wirkten die Fragestellungen mitunter sehr ausformuliert und wissenschaftlich und an anderer Stelle nicht ausreichend präzise.
Eine weitere Anforderung an Interviewende stellt nach Helfferich (2011) der Umgang „mit der eigenen selektiven Aufmerksamkeit und den eigenen Erwartungen" (S.12) sowie „die Fähigkeit zum Zuhören" (S.12) und zur „Impulskontrolle" (S.12) dar. Vor allem in den ersten Interviews fiel die Bewältigung der Gleichzeitigkeit des Zuhörens, des Abgleichs mit den im Leitfaden festgelegten thematischen Aspekten und des innerlichen Strukturierens des weiteren Gesprächsverlaufs noch schwer. Daraus resultierte, dass Teile gegebener Antworten stellenweise nicht in Gänze auf- und wahrgenommen wurden. Aus diesem Grund und aufgrund des zum Teil sehr engen zeitlichen Rahmens wurde es vereinzelt versäumt, vertiefende Nachfragen zu stellen. Auch erwies sich die Impulskontrolle in den ersten Interviews als herausfordernd. Auf kurze Pausen des Nachdenkens wurde, anstatt abzuwarten, vermehrt reagiert, indem die nächste Frage gestellt wurde. Jedoch führten die Erzählpersonen ihre Gedankengänge dennoch zumeist unbeirrt zu Ende.
Während der Interviews herrschte eine angenehme Gesprächsatmosphäre. Dazu trug unter anderem die Vertrautheit bei, die während der Kommunikation vor den Interviews geschaffen werden konnte. Die Interviewten waren durchgehend daran interessiert über das Thema zu sprechen. Drei Interviews zeichneten sich darüber hinaus durch Besonderheiten aus. Während angenommen wird, dass die Interviewende in den meisten Gesprächen eher als „Co-Expert[in]" (Bogner & Menz, S.50) bzw. als „Expert[in] einer anderen Wissenskultur" (ebd., S.52) wahrgenommen wurde, was für Interviews, in denen es in erster Linie um die Erhebung „sachdienlicher Informationen" geht, gewinnbringend ist (ebd., S.52) und die Interviewsituation im Allgemeinen wie ein Gespräch auf Augenhöhe wirkte, erschien Frau Cramers Wahrnehmung der Interviewenden different. Äußerungen wie „[...] vielleicht auch interessant als ein Abschnitt in Ihrer Arbeit [...]" (C, 13) oder „da kann das drin vorkommen in Ihrer Arbeit" (C, 19), ebenso wie die zum Teil sehr umfassenden Erklärungen prägten das Gespräch. Gezeigt hat sich, dass aus diesem Interview weniger verwertbare Informationen gewonnen werden konnten, was jedoch auch mit dem Umstand zu begründen ist, dass Frau Cramer auf die Fragen, die die konkrete Ausgestaltung des Yoga-Unterrichts betrafen, nicht eingehen konnte. Als Schulleiterin sprach sie vor allem über Erfahrungen bezüglich der Organisation und des Implementierungsprozesses des Yoga-Angebotes. Auch Jasmin konnte als externe Yoga-Lehrerin nicht alle Fragen beantworten. Das Gespräch mit ihr bot jedoch wertvolle Einblicke in die Umsetzung und die Gestaltung des Yoga-Unterrichts und stellte damit eine Ergänzung zum Interview mit Frau Cramer dar. Zuletzt ist das Gespräch mit Katharina zu erwähnen. Während die restlichen Interviews allesamt eine Länge von über einer Stunde hatten, standen für dieses lediglich 45 Minuten zur Verfügung. Dementsprechend hektisch gestalteten sich die letzten Minuten der Unterhaltung. Während die Atmosphäre zu Beginn sehr angenehm erschien, war der Zeitdruck zuletzt auf beiden Seiten deutlich zu spüren. Fragen wurde nur sehr knapp beantwortet und wichtige Nachfragen konnten nicht gestellt werden.
Zum Abschluss der Interviews wurden die Gesprächsinhalte noch einmal zusammengefasst. Es schloss sich die Frage an, ob etwas Relevantes vergessen wurde oder ob die Interviewten noch irgendetwas anmerken möchten. Dies gab den Erzählpersonen noch einmal die Gelegenheit, „eigene Relevanzen zu setzen und den Interviewverlauf zu kommentieren" (Helfferich, 2011, S.181).
2.3 Kritische Betrachtung der Methode
Gegenüber standardisierten Fragebögen bietet das leitfadengestützte Experteninterview den Vorteil, dass die Interviewten weiterführende Erfahrungen und vertiefende Informationen in das Gespräch einbringen können. Auch die Handhabung des Leitfadens als „Richtschnur" (Gläser & Laudel, 2010, S.42) lässt eine individuelle inhaltliche Akzentuierung auf Seiten der Interviewten zu. Damit wird dem „Prinzip der Offenheit" (Helfferich, 2011, S.51) Rechnung getragen.
Die Erhebungsmethode stellt jedoch wie oben beschrieben einen hohen Anspruch an den Interviewenden. Um die Grundhaltung der Offenheit zu entwickeln und Sicherheit im Gestalten von Interaktionsprozessen zu erlangen und um die Wahrscheinlichkeit von Interviewfehlern zu verringern, sollte daher der Umgang „mit der eigenen selektiven Aufmerksamkeit und den eigenen Erwartungen" (Helfferich, 2011, S.12) sowie insgesamt das Führen von Interviews vor der eigentlichen Interviewsituation geübt werden (ebd., S.12, 17). Aus zeitlichen Gründen konnte dieser Empfehlung nur begrenzt nachgekommen werden. Es wurden vor den Interviews mit den ExpertInnen zwei Probeinterviews mit Personen geführt, die jedoch nicht zum Kreis der befragten Expertinnen gehörten. Dennoch wurde auf diese Weise der Anregung von Kaiser (2021), den Leitfaden als Erhebungsinstrument im Vorfeld der eigentlichen Befragung zu testen, gefolgt (S.82).
Da der Stichprobenumfang mit fünf Interviews verhältnismäßig klein ist, sind die Ergebnisse nur in eingeschränktem Maße verallgemeinerbar. Eine größere Anzahl an Interviews sowie die Auswahl von Expertinnen, deren Schulen sich in mehreren verschiedenen Bundesländern befinden, hätten die Verallgemeinerbarkeit erhöht. Letzteres ist damit zu begründen, dass die Einzelschule in verschiedenen Bundesländern über unterschiedliche Gestaltungsspielräume verfügt, was einen Einfluss auf die Umsetzung eines verbindliches Yoga-Angebotes haben kann (siehe Kapitel 1.3.2).
Insgesamt erwies sich die Erhebungsmethode trotz des hohen zeitlichen Aufwandes, den die Erstellung, Durchführung und Auswertung der Interviews mit sich bringt, als geeignete Methode, um die Forschungsfrage zu beantworten. Das gewählte Auswertungsverfahren wird im nachfolgenden Abschnitt vorgestellt.
2.4 Die inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse als Auswertungsverfahren
Nachdem die Interviews geführt wurden, lagen diese als Audio-Dateien vor und mussten im nächsten Schritt verschriftlicht werden. Dafür wurden Transkriptionsregeln (siehe Anhang 5) festgelegt, die dem Ziel und dem Zweck der Forschung entsprechen. Da bei der späteren Analyse der Inhalt der Interviews ausgewertet werden sollte, wurden nicht-verbale Merkmale wie z.B. die Lautstärke, Hüsteln oder Überlappungen bei der Transkription nicht berücksichtigt (Kuckartz, 2018, S.166).
Als Analyseverfahren wurde die inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018) gewählt, da eine „[...] inhaltlich-reduktive Auswertung“ (Lamnek, 1993, zitiert nach Kuckartz, 2018, S. 97) des Materials intendiert wurde. Dementsprechend wurde ein Kategoriensystem entwickelt, welches anschließend auf das Material angewandt wurde.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Ablaufschema einer inhaltlich strukturierenden Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2018, S.100)
Im ersten Auswertungsschritt, der initiierenden Textarbeit, wurden die Transkripte (siehe Anhang 6) sorgfältig gelesen, besonders wichtig erscheinende Textstellen markiert und erste Auswertungsideen in Form von Memos festgehalten (Kuckartz, 2018, S.101).
Die nächsten Schritte bestanden darin, die thematischen Hauptkategorien herzuleiten und das gesamte Material mit den Hauptkategorien zu codieren. Da bei der Datenerhebung ein Interviewleitfaden genutzt wurde, konnten einzelne Hauptkategorien (Potenzial und Akzeptanz) direkt aus dem Leitfaden abgeleitet, d.h. deduktiv gewonnen werden. Andere Hauptkategorien wurde induktiv gebildet, indem ein Teil des Materials Zeile für Zeile durchgearbeitet wurde und sich bei jedem Abschnitt die Frage gestellt wurde, welches Thema behandelt wird und inwiefern dieses relevant für die Beantwortung der Forschungsfrage ist (ebd., S.80). Auf diese Weise ergaben sich 11 Hauptkategorien, für welche jeweils eine Kategoriendefinition festgelegt wurde. Im Anschluss daran wurden die thematischen Hauptkategorien sowie ihre Definitionen auf ihre konkrete Anwendbarkeit hin überprüft (ebd., S.102). Drei Interviews wurden dabei vollständig kodiert. Beim Probedurchlauf hat sich gezeigt, dass einzelne Anpassungen notwendig sind. So wurde die Kategorie „Umsetzung des festen Yoga-Angebotes“ in die drei Kategorien „äußerer Rahmen des festen Yoga-Angebotes“, „Der Yoga-Unterricht“ sowie „Wie/Wodurch ist Yoga-Unterricht möglich?“ geteilt, sodass sich insgesamt 13 Hauptkategorien ergaben. Nachfolgend wurde das gesamte Material mit den Hauptkategorien kodiert. „Nicht sinntragende Textstellen oder Textpassagen, die für die Forschungsfrage nicht relevant sind“ (ebd., S.102), blieben unkodiert und wurden grau markiert. Da innerhalb einer Textstelle zum Teil mehrere Hauptthemen angesprochen wurden, wurden diese folglich mehreren Kategorien zugeordnet (ebd., S.102).9
Im folgenden Schritt wurden alle Textstellen, die mit der gleichen Hauptkategorie kodiert wurden, zusammengestellt. Aus den Zusammenstellungen wurden gemäß dem Verfahren der induktiven Kategorienbildung10 Vorschläge für Subkategorien entwickelt. Diese wurden anschließend überarbeitet, präzisiert und geordnet. Bspw. wurde der Kategorie-Vorschlag „Kleidung und Umziehen“ der Subkategorie „Vor- und Nachbereitung“ zugeordnet und die Kategorie „Umgang mit Störungen“ umbenannt in „Störungen und Motivationslosigkeit“. Für jede festgesetzte Subkategorie wurde eine Zuordnungsregel formuliert. Insgesamt wurde auf eine kohärente und plausible Gesamtgestalt des Kategoriensystems geachtet (ebd., S.71). Zuletzt wurde das gesamte Material mit dem ausdifferenzierten Kategoriensystem (siehe Anhang 7) kodiert.
2.5 Gütekriterien
Die klassischen Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität der quantitativen Forschung lassen sich aufgrund der zentralen Abhängigkeit des Forschenden schwer auf qualitative Methoden übertragen (Al-Kaddah, 2020, S.85). Während die Perspektive eines/einer quantitativen Forschenden auf den Untersuchungsgegenstand von messbaren Dingen und Zusammenhängen bestimmt ist und die Untersuchung mit standardisierten und situationsunempfindlichen Methoden durchgeführt wird, wird der Untersuchungsgegenstand bei qualitativen Forschungen über eine Interpretationsleistung der Forschenden erschlossen (ebd., S.85f.). Dementsprechend werden die klassischen Gütekriterien von einigen InhaltsanalytikerInnen infrage gestellt (Mayring, 2015, S.123). An deren Stelle treten „spezifisch inhaltsanalytische Gütekriterien" (ebd., S.125).
Zur inhaltsanalytischen Reliabilitätsbestimmung wird üblicherweise die gesamte Auswertung von mehreren Personen durchgeführt und die Ergebnisse verglichen (Intercodereliabilität) (ebd., S.124). Das Konzept der Intercodereliabilität wird bspw. von Lisch und Kriz jedoch gänzlich infrage gestellt, „da sie bei sprachlichem Material Interpretationsunterschiede zwischen mehreren Analytikern als Regeln ansehen" (ebd., S.124). Bei diesem Forschungsprojekt verhinderte der Rahmen der Staatsexamensarbeit, dass das Material von weiteren Personen kodiert werden konnte.
Weiter stellt ein systematisches, regelgeleitetes Vorgehen bei der Inhaltsanalyse (ebd., S.50) ein spezifisch inhaltsanalytisches Gütekriterium dar (Kuckartz, 2018, S.203). Da die Inhaltsanalyse kein Standardinstrument ist, das immer gleich aussieht, ist vor der Auswertung ein Ablaufmodell festzulegen, in welchem die einzelnen Analyseschritte definiert und in ihrer Reihenfolge festgesetzt werden (Mayring, 2015, S.51). Wie bei diesem Projekt bei der Analyse vorgegangen wurde, wurde im Abschnitt „Die inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse als Auswertungsverfahren" daher umfassend beschrieben.
Um zuletzt die „Transparenz und Auditierbarkeit" (Kuckartz, 2018, S.222) sicherzustellen, ist eine umfassende Verfahrensdokumentation anzufertigen. Kuckartz (2018, S. 219-222) führt Hinweise zur Darstellung des Erhebungs- und Auswertungsprozesses im Forschungsbericht auf. In diesem Kapitel wurden alle dort angegeben Punkte berücksichtigt und nach eigener Einschätzung umgesetzt.
3 Darstellung der Ergebnisse
3.1 Potenziale des Yoga
3.1.1 Ganzheitliche Wirkung
Zunächst wird von Frau Hildebrand einschränkend angemerkt, dass die Wirkungen von Yoga nicht sofort wahrnehmbar sind. Ein kontinuierliches und regelmäßiges Üben wird als Voraussetzung angesehen (H, 71).
Ist diese erfüllt, vereint Yoga jedoch durch seine Vielseitigkeit und die Verbindung unterschiedlicher Konzepte wie z.B. Achtsamkeit und Empowerment (H, 113-114) viele Wirkungen auf verschiedenen Ebenen (S, 131). Ruhig zu werden spielt im Yoga genauso eine Rolle wie Bewegung (H, 165). Es wird der ganze Mensch betrachtet (S, 131) und Körper, Geist und Seele werden angesprochen (H, 165, 167). Dementsprechend schreiben Frau Hildebrand und Frau Schreier dem Yoga positive Wirkungen auf diesen drei Ebenen zu (S, 131; H, 165, 167) und Frau Cramer merkt explizit an, dass Yoga dazu beiträgt, Körper und Seele miteinander zu verbinden (C, 36). Insgesamt hängt die Wirkung von Yoga dementsprechend davon ab, worauf im Unterricht der Fokus gelegt wird, also „was [genau] man macht“ (K, 25).
3.1.2 Der Körper
Die „körperliche Ertüchtigung“ (J, 69) stellt einen wichtigen Schwerpunkt im Kinder-Yoga dar (J, 69; S, 104; H, 165; K, 123). Dementsprechend wird im Hauptteil einer Yoga-Stunde das Üben von YogaPositionen fokussiert (J, 63; H, 175). Durch die „sportlichen Sachen“ (K, 25) kommen die Kinder in Bewegung und gleichen damit das Sitzen aus (H, 68). Zudem wird Kraft und Muskulatur aufgebaut und der Körper gekräftigt (K, 25; C, 24; S, 104). Demgemäß wird Yoga von Jasmin auch als Therapie bei Skoliose und als wirksam zur Prävention von Schmerzen wahrgenommen (J, 3).
Weiterhin verbessert sich durch das Praktizieren bestimmter Übungen das Gleichgewicht (H, 68), die Koordination (H, 70, 167) sowie die Geschicklichkeit (H, 71). Auch über eine verbesserte Flexibilität und einem gedehnten Körper wird von drei Expertinnen gesprochen (J, 3; H, 207; S, 105). Jasmin hebt weiterhin hervor, dass der Yoga-Unterricht durch die, im Vergleich zum herkömmlichen Unterricht, weniger strikten Regeln, den Kindern Gelegenheit bietet, sich auszuleben und alles einfach „mal raus[zu]lassen“ (J, 24). Die SchülerInnen können agil sein und sich auspowern (K, 25), „auch mal laut“ (J, 24) sein und ihrem Bewegungsdrang nachkommen (J, 24).
3.1.3 Entspannung und Regulierung
Anschließend ist es den Kindern eher möglich, sich zu entspannen (J, 24). Die Entspannung hat im Yoga insgesamt einen hohen Stellenwert und wird von zwei Expertinnen als Element einer üblichen YogaStunde benannt (J, 63; H, 175). Die SchülerInnen üben hier still zu sein und in sich hineinzuhorchen (H, 175).
Darüber hinaus lernen die Kinder im Yoga-Unterricht wahrzunehmen, wenn sie etwas überfordert (H, 167). Um in diesen Momenten gezielt regulierend reagieren zu können, werden ihnen außerdem Übungen (z.B. die Schildkröte11 (H, 68)) vermittelt, die sie dabei unterstützen, ruhig und still zu werden, sich von äußeren Reizen zu lösen und abzuschalten (H, 62).
Weitere regulierende Elemente, die Frau Schreier erwähnt, sind spezielle Übungen, die zur Förderung der Konzentration eingesetzt werden können, sowie Mutsprüche (S, 20). Jasmin gibt darüber hinaus an, dass sie mit den SchülerInnen gelegentlich Atemübungen12 durchführt (J, 63).
Katharina führt zudem aus, dass auch bestimmte Akzentuierungen und Yoga-Richtungen, wie z.B. das Yoga-Nidra, die Entspannung fördern. Diese wirken darüber hinaus beruhigend, ausgleichend und erdend (K, 26). Die Ausgeglichenheit resultiert Frau Hildebrand zufolge aus der Gleichzeitigkeit von Bewegung und Entspannung beim Yoga (H, 225). Zuletzt wird das Üben von Achtsamkeit von mehreren Expertinnen erwähnt (S, 131; H, 18; J, 108).
3.1.4 Das Innere
Der Yoga-Unterricht wird von Jasmin als „gefühlt therapeutisch“ (J,40) deklariert. So stellt sie zu Beginn jeder Stunde die Frage „Wie geht es euch?“ (J, 69) und eröffnet den SchülerInnen damit den Raum, offen über ihre Gefühle zu reden (J,40).
Weiterhin erklärt Jasmin, dass Yoga eben nicht bedeutet, einen strikten Plan zu verfolgen, sondern dass vielmehr dem Schaffen einer Wohlfühlatmosphäre Priorität eingeräumt wird (J, 76). Dementsprechend wandelt sie den Ablauf der Stunde bei Bedarf zugunsten der Bedürfnisse der SchülerInnen ab. Kommuniziert ein Kind bspw., dass es durch einen Streit belastet ist, hat die Klärung der Situation gegenüber dem Fortgang des Unterrichts Vorrang (J, 40).
Dies ermöglicht den Kindern zu lernen, ihre Bedürfnisse und Gefühle wahrzunehmen, wichtig zu nehmen und auszudrücken (J, 76). Laut Frau Hildebrand lernen die SchülerInnen auch bei der Massage, die ebenfalls Element einer typischen Yoga-Stunde ist (J, 63; S, 91; H, 175), ihre Gefühle zu äußern (H, 175). So gab es in ihrem Unterricht die Regel, dass bei Massieren gesagt werden muss, wenn man etwas nicht mag, fester massiert werden will oder etwas kitzelt (H, 175).
Wohlfühlen bedeutet für Jasmin weiterhin, dass die Kinder im Yoga-Unterricht frei entscheiden können, ob sie eine Übung mitmachen wollen oder nicht (J, 76). Dadurch verstehen sie, dass sie sich aus Situationen rausziehen können und lernen auf Grundlage ihrer Bedürfnisse Grenzen zu ziehen und nicht „zu allem „Ja“ [zu] sagen“ (J, 76).
Daneben sind sich die Expertinnen einig, dass Yoga förderlich für die Selbstakzeptanz und Selbstliebe (K, 26; S, 139) sowie für das Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein (K, 26; H, 167) ist. Im selben Kontext wird zudem von Selbstwirksamkeitserfahrungen gesprochen (K, 26).
Begrüßungsrituale können bspw. bewusst zur Stärkung der Selbstliebe eingesetzt werden. So wird sich im Unterricht von Jasmin zu Beginn jeder Yoga-Stunde mit dem Spruch: „Ich bin, wie ich bin, okay, Namasté“ begrüßt (J, 59). Darüber hinaus setzt sie das „Komplimente-Spiel“ (J, 75) ein, um das Selbstvertrauen der SchülerInnen zu stärken. Bei diesem wird der Person rechts neben sich ein Kompliment gemacht (J, 63). Eingebettet hat Jasmin das Spiel in eine Stunde zur TänzerInnen-Position. In dieser wurde weiterführend ein Gespräch über das Selbstvertrauen als notwendige Eigenschaft von TänzerInnen geführt (J, 63).
Yoga bietet weiterhin zahlreiche Herausforderungen, deren Bewältigung den Kindern Freude bereitet (S, 105). Die SchülerInnen nehmen Verbesserungen deutlich wahr, da sie Übungen immer länger halten können (S, 104) und sind stolz, wenn sie Asanas, die sie vorher nicht beherrschten, nun ausführen können (H, 73). Insgesamt entwickeln die Kinder ein besseres Körpergefühl (H, 167).
3.1.5 Das Miteinander
Yoga birgt den Expertinnen zufolge außerdem das Potenzial für ein besseres Miteinander. Nähe und Gemeinschaft werden gefördert (C, 24). Frau Schreier beschreibt dahingehend, dass Probleme, die in Gruppen auftreten können wie z.B., dass einzelne Kinder zu Außenseitern werden, in Form von Geschichten und Übungen im Yoga-Unterricht aufgegriffen werden. Anschließend werde über die Thematiken, im Sinne von: „Kennst du das auch?“, gesprochen und reflektiert (S, 25). Auf diese Weise kann Moral im Yoga-Unterricht vermittelt werden (H, 68; S, 99).
Ebenso tragen die im Unterricht aufgestellten Regeln zu einem besseren Sozialverhalten bei (H, 68). So geben die Regeln bei Frau Hildebrand bspw. vor, dass kein Kind ausgelacht wird (H, 68) und dass Kindern, die etwas nicht können, geholfen wird (H, 201.202). Demgemäß lernen die SchülerInnen im Yoga-Unterricht andere zu akzeptieren, wie sie sind (K, 26) und zu akzeptieren und wahrzunehmen, dass jeder Körper anders ist (H, 68, 70).
Beim Massieren lernen die SchülerInnen außerdem Rücksichtnahme sowie das Eingehen auf andere. So müssen die SchülerInnen darauf achten, dass dem Kind, dass sie massieren, die Massage guttut und darauf eingehen, wenn es etwas nicht mag (H, 203). Daneben gibt es im Unterricht von Frau Hildebrand die Regel, dass Veränderungswünsche leise geäußert werden, um die anderen Kinder nicht zu stören (H, 203).
Frau Hildebrand berichtet demgemäß über soziale Einsichten, Hilfsbereitschaft und Achtsamkeit füreinander und weiterhin über eine Abnahme des Schlagens, des Verpetzens anderer und der Verwendung von Ausdrücken (H, 68). Jasmin bezieht sich auf Partnerübungen im Yoga und stellt fest, dass diese dazu beitragen, zu lernen, sich gegenseitig zu helfen und das gegenseitige Vertrauen zu stärken (J, 65). Ein verminderter Fokus auf Leistung, Konkurrenz und Wettbewerb wird darüber hinaus von Katharina erwähnt (K, 26). Auch kann das Anwenden von Elementen, die im YogaUnterricht gelernt wurden, z.B. das Massieren, die Beziehung zu den Eltern und den LehrerInnen stärken (C, 24). Frau Hildebrand berichtet weiterhin von einem Begrüßungsritual, durch welches die SchülerInnen lernen können, Respekt vor der Natur und vor allen Lebewesen zu zeigen: „Wir grüßen den Himmel, wie grüßen die Erde, wir grüßen die Sonne, den Mond und die Sterne und die Blumen“ (H, 175).
Das Entwickeln von Mitgefühl wird als Wirkung des Yoga sowohl von Frau Schreier als auch von Frau Hildebrand thematisiert (S, 131, 24; H, 66, 153, 177). Beide erwähnen ein Ritual, bei dem zu Beginn jeder Yoga-Stunde an andere Menschen, denen es schlechter geht, gedacht wird (S, 24; H, 91). Laut Frau Hildebrand fordern die Kinder dieses Ritual ein, wenn sich auf der Welt eine Katastrophe (z.B. Erdbeben und Krieg) ereignet hat (H, 66). Darüber hinaus berichtet sie von einem stärkeren Mitgefühl gegenüber Tieren (H, 153).
Frau Hildebrand berichtet weiterhin von einer Lehrkraft, die Yoga als „mitfühlende Art des Unterrichtens“ beschrieben hat (H, 62). Auch sie selbst habe über Yoga einen besseren Zugang zu den SchülerInnen bekommen (H, 167). Außerdem erklärt Frau Hildebrand, dass Yoga eine Möglichkeit darstellt, eine schwierige Klasse, in der es viele Probleme gibt, zu händeln (H, 191). Die Entdeckung der Wirkung von Yoga auf eine herausfordernde Klasse habe ihr neuen Mut gemacht, in einer Zeit, in der sie über einen Berufswechsel nachdachte (H, 195).
3.1.6 Yoga und Lernen
Zuletzt wird Yoga von mehreren Expertinnen mit dem Lernen in Verbindung gebracht. Angebracht wird, dass Yoga „gut für das Denken“ (S, 104) ist. Ebenso wird seine konzentrationsfördernde Wirkung bestätigt (C, 24; K, 26; S, 104, 131; H, 68). Die Kinder lernen sich zu fokussieren (C, 24), die Gedächtnisleistung und Merkfähigkeit verbessern sich und eine Verbesserung der Wahrnehmung durch Tast- und Geschmacksübungen ist möglich (H, 165).
Insgesamt kann das Lernen durch Yoga-Übungen unterstützt und interessant gestaltet werden (H, 225). So können Lerninhalte aus anderen Fächern im Yoga-Unterricht, bspw. in Form von Geschichten und Gedichten, aufgegriffen und in Übungen übersetzt werden (H, 158). Demgegenüber werden die Yoga-Geschichte und die Yoga-Philosophie von den Expertinnen weniger aufgegriffen (J, 67; S, 102). Gründe hierfür sind ein vermutetes mangelndes Interesse der SchülerInnen an diesen Themen (J, 67) sowie der Fokus auf Bewegung im Yoga-Unterricht (J, 67; S, 102).
Vorteil der „bewegungsaktiv[en]“ (H, 159, 225) Aufarbeitung ist, dass „der Stoff eigentlich auch noch viel mehr verarbeitet“ (H, 158) wird. Im Unterricht von Frau Hildebrand gibt es dementsprechend zu jeder Zahl und jedem Wochentag eine Yoga-Übung (H, 225). Dies fördere nicht zuletzt das Lernen von SchülerInnen, die noch Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache haben (H, 225).
Neben Frau Hildebrand stellt auch Frau Schreier die Sprachförderung als Wirkung des Yoga explizit heraus. Im Yoga-Unterricht werden Sprüche vor- und nachgesprochen (S, 27), es gibt Spiele, in denen Sätze gebildet werden müssen (S, 27) und Vokabeln in Bezug auf den Körper werden erlernt (H, 64). Zudem werden viele Geschichten erzählt und Übungen mündlich angesagt, die daraufhin ausgeführt werden müssen (H, 64). Das Lernen der Sprache steht demnach nicht explizit im Vordergrund (im Sinne von „das ist ein Tisch“ (H, 64)). Vielmehr wird die Sprache in der Gruppe und nebenbei gelernt, was Frau Hildebrand als erfolgreicher wahrnimmt (H, 60, 64). Ebenso erklärt sie, dass Sprachförderung in Verbindung mit Bewegung effektiver sei als das Lernen mit teuren Materialien (H, 108).
Insgesamt wird Yoga von Frau Cramer als Stütze aufgefasst, um den Unterricht und den Ganztag erfolgreich zu machen (C, 13).
3.2 Der äußere Rahmen des Yoga-Angebotes und notwendige Voraussetzungen auf der organisatorischen Ebene
3.2.1 Im Kleinen anfangen
Der Implementierung von Yoga im Allgemeinen muss eine Initiative vorausgehen. Initiierende Personen können den Expertinnen zufolge yoga-begeisterte Lehrkräfte (H, 39; K, 23), aber auch Schulleitungen sein, denen die Wirkung des Yoga bekannt ist (K, 23; C, 5, 7). Daneben kann auch die Initiative externer Yoga-Lehrkräfte dazu führen, dass eine Schule sich dazu entscheidet, Yoga zu implementieren (J, 5).
Frau Hildebrand ist im Hinblick auf die Implementierung eines Yoga-Angebotes der Ansicht, dass man „immer im Kleinen anfangen und es dann weiter ausdehnen“ (H, 239) kann. Dementsprechend berichten mehrere Expertinnen, dass vor Einführung des verbindlichen Angebotes Yoga von den Schulen bereits anderweitig implementiert wurde.
So ging der Einführung des Yoga-Unterrichts an der Schule von Frau Hildebrand die Integration von Yoga-Elemente in den Unterricht voraus. Frau Hildebrand führte Rituale ein, machte mit den Kindern Guten-Morgen-Yoga und darüber hinaus auch Yoga nach den Pausen und nutze außerdem bei einer Doppelstunde Sport eine Stunde für die Yoga-Praxis (H, 39, 58).
An der Schule von Katharina gab es ursprünglich eine externe Yoga-Lehrerin, die in den fünften und sechsten Klassen Yoga unterrichtete (K, 7). Diesem Angebot folgte später ein Wahlpflichtkurs Yoga. Bevor das verbindliche Yoga-Angebot an Jasmins Schule eingeführt wurde, wurde von einer externen Yoga-Lehrerin eine Yoga-AG angeboten (J, 11).
Wird an einer Schule bereits eine Yoga-AG angeboten, ist Jasmin zufolge auch der Schritt zur Implementierung eines Yoga-Angebotes während der Schulzeit nicht mehr weit. Dann habe man bereits „einen Fuß in der Tür“ (J, 11) und könne eher sagen: „Hey, wie wäre es denn, wenn [ich] das auch während der Schulzeit machen könnte [...]?“ (J, 11).
3.2.2 Individuelle Umsetzung des verbindlichen Yoga-Angebotes und Positionierung zur Verpflichtung
Die Organisation des verbindlichen Yoga-Angebotes gestaltet sich in den Schulen der Expertinnen sehr unterschiedlich.
Yoga wird an der voll gebundenen Ganztagsschule von Frau Cramer als Kurs, der innerhalb der Schulzeit stattfindet (C, 95), umgesetzt (C, 32, 67). Während die Kurse, die eine Ergänzung zum Pflichtunterricht darstellen, normalerweise von den Kindern gewählt werden, wurde der Yoga-Kurs als „Standard“ (C, 56) und „verbindlich“ (C, 67) für die Schülerinnen aller Klassen(stufen) (C, 11) festgelegt.
An der Schule von Jasmin ist die Doppelstunde eines anderen Faches in die Umsetzung des Yoga-Angebotes eingebunden. Die Klasse wird zumeist in einer Doppelstunde des Faches Sport, zum Teil auch der Fächer Musik und Deutsch so geteilt, dass der eine Teil der Klasse in der ersten Stunde der Doppelstunde Yoga macht, während die andere Halbklasse Unterricht hat. In der nächsten Stunde wird getauscht (J, 14).
Diese Umsetzung nimmt Jasmin aufgrund der Teilung in Halbklassen als „gute Möglichkeit“ (J, 106) wahr. Für sie würde es anders „auch nicht funktionieren“ (J, 106), da eine einzelne Yoga-Lehrkraft dann eine komplette Klasse im Unterricht hätte (J, 106). Ein weiterer Vorteil ist die Einbettung des Angebotes in die Schulzeit, da die Schülerinnen auf diese Weise „eine kleine Auszeit haben“ (J, 24). Dennoch sieht Jasmin in der Implementierungsvariante auch eine Gefahr. Sie vermutet, dass dadurch, dass nicht die ganze Klasse im Fachunterricht anwesend ist, die Erfüllung des Lehrplans „stressiger wird“ (J, 110). Beim Sportunterricht schätzt sie dies jedoch als weniger problematisch ein als bei anderen Unterrichtsfächern (J, 110).
Weiterhin wurde, nachdem es zuvor eine externe Yoga-Lehrerin gab, die Yoga mit der fünften und sechsten Klasse durchführte (K, 7), das regelmäßige, verbindliche Yoga-Angebot an der Gesamt- und Ganztagsschule von Katharina im Rahmen eines Wahlpflichtkurses13 umgesetzt (K, 7; 62).
[...]
1 Bildliche Darstellungen der Asanas finden sich z.B. im „Handbuch zum Entspannungstraining mit Yogaelementen in der Schule" von Marcus Stück (2000).
2 In der Indologie wird Prana meist mit Lebensenergie oder kosmischer Energie übersetzt (Ebert, 1986, S.59).
3 Eine Übersicht der Pranayama Techniken findet sich bei Ebert (1986, S.61f.).
4 Die Kinder liegen auf den Rücken und legen ihr Kuscheltier auf den Bauch. Anschließend schauen sie auf ihr Stofftier und beobachten die Schaukelbewegung (Salbert, 2008, S.52).
5 Eine Kontraindikation ist ein Faktor, der gegen eine bestimmte therapeutische Maßnahme spricht.
6 Die jeweiligen Bundesländer haben unterschiedliche Gesamt-Wochenpflichtstunden. Im Durchschnitt haben GrundschülerInnen gemäß der Wochenpflichtstunden vier bis fünf Unterrichtsstunden pro Tag. In den meisten Bundesländern steigern sich die Wochenpflichtstunden mit jeder Klassenstufe (KMK, 2020, S.1-22).
7 Ganztagsschulen sind laut der KMK Schulen (Primar- und Sekundarbereich I), an denen über den vormittäglichen Unterricht hinaus - an mindestens drei Tagen in der Woche ein Angebot bereitgestellt wird, das täglich mindestens sieben Zeitstunden umfasst, - ein Mittagessen bereitgestellt wird, - die Ganztagsangebote unter der Aufsicht und Verantwortung der Schulleitung organisiert und in enger Kooperation mit der Schulleitung durchgeführt werden sowie in einem konzeptionellen Zusammenhang mit dem Unterricht stehen (KMK, 2021, S.4).
8 Schulen, die mit einer Yoga-AG werben sind z.B. die Grundschule Marienmünster, die Friedrich-Ebert-Schule in Esslingen oder die Peter-Hille-Schule in Nieheim.
9 Yoga-Nidra ist eine Yoga-Technik aus der tantrischen Tradition, mit der durch tiefe Entspannung und bewussten Schlaf tiefere Bewusstseinsschichten erreicht werden sollen (Yoga Vidya, 2022, Online im Internet).
10 Das Verfahren ist nachzulesen bei Kuckartz (2018) im Kapitel 4.2 „Kategorienbildung am Material (induktive Kategorienbildung)“.
11 Wie sich eine Schildkröte in ihr Haus verkriecht, ziehen sich auch die Kinder bei dieser Übung zurück, indem sie sich zusammenrollen (H, 68, 69, 159).
12 Mithilfe von Atemübungen kann das Nervensystem beruhigt und die Aktivität des Sympathikus gesenkt werden (Lingen, 2022, Online im Internet).
13 Wahlpflichtunterricht gibt es nur an weiterführenden Schulen. Welche Fächer im Wahlpflichtbereich angeboten werden, ist meist in den Stundentafeln geregelt. Die Schülerinnen sind zur Teilnahme am Wahlpflichtunterricht verpflichtet. Der Wahlpflichtbereich unterliegt einer Noten-Bewertung. Zusätzlich gibt es
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- Isabell Kratzert (Author), 2022, Yoga in der Grundschule. Bedingungen, Chancen und Grenzen eines regelmäßigen, verbindlichen Yoga-Angebotes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1319331
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