Bereits für das vorgeschichtliche Mitteleuropa sind Tonfiguren nachweisbar. Zu nennen seien hier
unter anderem die recht zahlreich vorkommenden, handgeformten Vogelfiguren der Urnenfelderund
Hallstadtzeit.
Für das mittlere Rheingebiet belegen eine Reihe handgeformter kugeliger Rasseln aus der 1. Hälfte
des 1. Jahrhunderts nach Christus, sowie eine nur fragmentarisch erhaltene Tierfigur eine
kontinuierliche Fabrikation zumindest handgeformter Figuren und Rasseln von in erster Linie
Vögeln von der Urnenfelderzeit bis in römische Zeit. Für die Provinzen Raetien und Noricum
mangelt es bisher an Belegen aus der Laténezeit um eine derartige Kontinuität auch für diese
Gebiete statuieren zu können.1
Diese vorrömischen Terrakotten unterscheiden sich jedoch sowohl in Technik, als auch im Stil stark
von jenen der Römerzeit. Der Stil ist stark stilisiert und an geometrischen Schemata orientiert.
Damit steht er in einem deutlichen Kontrast zu den um Realismus bemühten Darstellungen
römischer Plastik. Dies zeigt sich auch in zahlreichen Pferdefiguren aus der Hallstadtzeit, wie z. B.
jener aus einem Grabhügel bei Zainingen in Baden-Württemberg.2 Hals und Kopf des Pferdes
könnten isoliert gesehen auch als einer Vogelfigur zugehörig betrachtet werden. Nur in Verbindung
mit dem Körper ist das dargestellte Tier zu identifizieren. Gleiches gilt für die wenigen bekannten
anthropomorphen Figuren, wie zum Beispiel jene stark stilisierten, als Schalenaufsätze genutzten
Statuetten aus der hallstadtzeitlichen Nekropole von Fischbach-Schirndorf in der Oberpfalz.
[...]
Inhalt
1. Einführung
2. Technik und Bemalung
2.1. Drehscheiben-Ware
2.2. Handgeformte Ware
2.3. Modelware
2.4. Bemalung
3. Typen
3.1. Götter
3.2. Büsten
3.3. Darstellungen von Menschen
3.4. Reiterfiguren
3.5. Tiere
3.6. Früchte
4. Werkstätten
4.1. Kölner Werkstattgruppe
5. Verwendung und Bedeutung
Liste abgekürzt zitierter Literatur
Abbildungsnachweis
1. Einführung
Bereits für das vorgeschichtliche Mitteleuropa sind Tonfiguren nachweisbar. Zu nennen seien hier unter anderem die recht zahlreich vorkommenden, handgeformten Vogelfiguren der Urnenfelder- und Hallstadtzeit.
Für das mittlere Rheingebiet belegen eine Reihe handgeformter kugeliger Rasseln aus der 1. Hälfte des 1. Jahrhunderts nach Christus, sowie eine nur fragmentarisch erhaltene Tierfigur eine kontinuierliche Fabrikation zumindest handgeformter Figuren und Rasseln von in erster Linie Vögeln von der Urnenfelderzeit bis in römische Zeit. Für die Provinzen Raetien und Noricum mangelt es bisher an Belegen aus der Laténezeit um eine derartige Kontinuität auch für diese Gebiete statuieren zu können.1
Diese vorrömischen Terrakotten unterscheiden sichjedoch sowohl in Technik, als auch im Stil stark von jenen der Römerzeit. Der Stil ist stark stilisiert und an geometrischen Schemata orientiert. Damit steht er in einem deutlichen Kontrast zu den um Realismus bemühten Darstellungen römischer Plastik. Dies zeigt sich auch in zahlreichen Pferdefiguren aus der Hallstadtzeit, wie z. B. jener aus einem Grabhügel bei Zainingen in Baden-Württemberg.2 Hals und Kopf des Pferdes könnten isoliert gesehen auch als einer Vogelfigur zugehörig betrachtet werden. Nur in Verbindung mit dem Körper ist das dargestellte Tier zu identifizieren. Gleiches gilt für die wenigen bekannten anthropomorphen Figuren, wie zum Beispieljene stark stilisierten, als Schalenaufsätze genutzten Statuetten aus der hallstadtzeitlichen Nekropole von Fischbach-Schirndorf in der Oberpfalz.
Eine einheimische vorrömische Tradition für tönerne Kleinplastiken ist demnach durchaus gegeben, lässt sichjedoch in Form und Technik nur bedingt mit jener der Römerzeit in Verbindung setzten.3 In diesem Zusammenhang seien die Untersuchungen von V. v. Gonzenbach zu den römischen Terrakotten in der Schweiz zu erwähnen. Demnach konzentriert sich das Vorkommen von Terrakotten des 1. Jh. in der Schweiz überwiegend an Orten, für welche die Stationierung römischer Truppen belegt ist. Die Hauptfundmenge für das 1. Jahrhundert nach Christus stammt entsprechend dieser Feststellung aus dem Legionslager von Vindonissa und dem Kastellvicus von Oberwinterthur, welche somit Bezugspunkte und Hauptzeugen für die Beziehung zwischen Militär und Terrakottenvorkommen sind. Eine auffallend hohe Anzahl an Terrakotten fand sich auch in den vorflavischen Gräbern entlang der Rheinstraße. Gonzenbach interpretiert dies als ein Indiz für den zivilisatorischen Einfluss der hier stationierten Legionsdetachements. Die offenbar zunächst nicht in einheimischen Werkstätten hergestellten, sondern importierten Terrakotten wurden weniger von Einheimischen, denn von Angehörigen der Armee, sowie ihren Familien abgenommen, die sie in Haus- bzw. Kasernenkapellen aufstellten, wie ein Befund aus Vindonissa belegt, in armeeeigenen Heiligtümern weihten und in Gräbern niederlegten.
Bei der einheimischen Bevölkerung fanden die in römischer Tradition geformten Plastiken scheinbar erst spät im 1. Jahrhundert nach Christus Anklang. Dem einheimischen, späteisenzeitlichen Brauchtum war, wie eingangs erwähnt, das natürliche, realistische Abbilden organischer Formen und somit auch die Formenwelt der römischen Plastik fremd. Wie aus den weiteren Ausführungen noch hervorgehen wird, handelte es sich bei den römischen Plastiken zu einem hohen Anteil um Darstellungen von Göttern und anderen anthropomorphen Formen, die in hohem Maße als Träger von Kulturinhalten betrachtet werden müssen. Zu ihrer Integration in das autochthone Brauchtum bedarf es daher wohl besonderer Impulse, welche nur durch eine länger währende Akkulturation gegeben sind.4
2. Technik und Bemalung
In der Herstellungstechnik zeigen sich sowohl regionale als auch zeitliche Unterschiede, auf die im Folgenden eingegangen werden soll. Die Einteilung in Drehscheiben-Ware, Handgeformte Ware und Modelware folgt der Arbeit von H. Lange zu den Töpfereien in Raetien und Noricum.5
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1
2.1. Drehscheiben-Ware
Bei dieser Herstellungsweise wurden Basis und Rumpf der Figur wie ein Gefäß auf der Drehscheibe hochgezogen. Dies wird durch deutlich sichtbare Drehrillen erkenntlich (Abb. 1). Im folgenden Arbeitsschritt wurde der Rand des „Gefäßes“ zusammengebogen, so dass sich oben eine durchgehende, geschlossene Naht bildete. Hals, Kopf und gegebenenfalls Schwanz wurden massiv frei aus der Hand geformt und angefugt.
Diese Technik ist insbesondere typisch für Vogelfiguren der Provinzen Raetien und Noricum. Dementsprechend ist aus der Germania Superior nur eine einzige auf der Töpferscheibe geformte Vogelfigur bekannt. Die in der frühen Laténezeit aus dem Mittelmeerraum importierte Technik der Drehscheibe ist zwar bei der Keramik, doch sonst weder bei der vorgeschichtlichen, noch bei der frühkaiserzeitlichen Tonplastik nachweisbar.
2.2. Handgeformte Ware
Etwa ein Drittel der aus Raetien und Noricum stammenden Statuetten wurde frei aus der Hand, ohne Hinzunahme von Hilfsmitteln wie Drehscheibe oder Model geformt. In den anderen Provinzen ist diese Technik vergleichsweise selten anzutreffen. Einige der so hergestellten Terrakotten waren hohl gearbeitet, was auf ein durchaus hohes Maß an töpferischem Können hinweist.
Diese Technik wurde für vielerlei Formen angewandt, so zum Beispiel für die Darstellung von Pferden, Vögeln und auch Menschen.
2.3. Modelware
Nur etwa ein Zehntel der in Raetien und Noricum hergestellten Terrakotten sind mit Hilfe von Modeln hergestellt worden. Wesentlich häufiger ist diese Technik in den gallischen Provinzen anzutreffen.
Hierbei wurden zunächst Archetypen, auch Patrizen genannt, hergestellt. Sie stellen die Urform dar, von welcher die Model für die eigentlichen Terrakotten abgenommen werden. Seit dem fortgeschrittenen 2. Jahrhundert ist, nach typologischen und stilistischen Kriterien, auch das Abformen von Bronzestatuetten anstelle der Patrizen wahrscheinlich.6 Die Model, auch Matrizen genannt, bestehen meist aus Gips und sind zweiteilig, für die Vor- und Rückseite, oder die linke und rechte Hälfte der zu fertigenden Terrakotten. Die beiden aus den Modeln gewonnenen Hälften wurden angepasst und an den Nahtstellen verschmiert. Um ein Zerplatzen während des Brandes zu verhindern wurden, je nach Form des Objekts Luftlöcher angebracht. Manche Figuren wurden vor dem Brand retuschiert. Dies geschah insbesondere bei flauen Terrakotten, deren Form auf Grund stark abgenutzter, oder ebenfalls flauer Model an Tiefe und Detail verloren hatte.7 Es ist technisch unmöglich Terrakotten mit unterschnittenen Partien direkt aus den Model zu gewinnen, sofern man wünscht letztere wieder zu verwenden. Bei manchen Figuren wurden daher separat geformte Einzelteile angesetzt, wie z. B. die Buchrolle des Mimen, oder Becher, bei Liegenden Symposiasten.8 Gleiches gilt für mehrteilige Figuren, wie z. B. auf drehbaren Tonrädchen stehende Reiterfiguren.9
Für die Modeltechnik, welche offenbar eine besondere Bedeutung für die Massenproduktion von Terrakotten hatte, ist eine Beobachtung von Interesse, welche V. v. Gonzbach bei der Bearbeitung der Terrakotten in der Schweiz machte. In Folge dieser treten in der Mittleren Periode der Terrakottenproduktion (spätes 1.- Mitte des 2. Jahrhundert) Applikationsteile wie die oben genannten in geringerem Maße auf. Dies gilt auch für in unterschiedlicher Haltung angebrachte Körperteile, wie Köpfe, Unterarme und Beine. Dieses Bemühen um einen möglichst geschlossenen Umriss wirkt sich begrenzend auf das Formenspektrum aus. Unter anderem können von der Frontalität abweichende Kopfhaltungen, sowie Schreitmotive nicht mehr dargestellt werden. Darüber hinaus sind auch weniger Nachbearbeitungen an den formfrischen Terrakotten zu beobachten, was ihre Oberflächen insgesamt glatter und einheitlicher wirken lässt. Eine Erklärung für diese Rationalisierung der Terrakottenproduktion sieht Gonzenbach in dem Bestreben, die Produktion zu beschleunigen um den gewachsenen Bedarf zu decken.10
2.4. Bemalung
Ein wichtiges Zierelement der Terrakotten bildete die teils offenbar sehr farbenfrohe Bemalung, die leider in den wenigsten Fällen erhalten ist. Insbesondere der in den zentralgallischen und rheinischen Provinzen verwendete Pfeifenton stellte hierfür, durch seine von Natur aus weiße Färbung eine besonders geeignete Malgrundlage dar. Rötlich braune und graue Tone hingegen mussten mit einem weißbrennenden Tonschlicker überzogen werden, um einen neutralen Malgrund zu schaffen. Das Farbenspektrum ist auf Grund der Erhaltungsbedingungen nicht vollständig rekonstruierbar. Nachzuweisen sind in erster Linie die Farben gelb, rot und grün.
Bei der Bemalung der Terrakotten sind zwei grundsätzliche Prinzipien zu beobachten.
Das eine war nur bestimmte Teile der Figur durch Farbe hervorzuheben und die übrigen Flächen weiß zu lassen. Die besten Beispiele für diese Art der Bemalung stammen aus Boppard und Heidelberg. Bei der reitenden Epona aus Boppard sind die Haare der Göttin, ihr Diadem sowie Mähne und Schweif des Pferdes flächig bemalt, außerdem sind Augen und Mund der Göttin, beziehungsweise Ohren, Augen und Maul des Pferdes farbig betont. Das Gewand der Göttin ist mit ornamentalen Streifen verziert. Die verwendeten Farben beschränken sich auf rot (Mund, Haar, Mähne, Schweif), blau-grau (Diadem), braun (Augen, Pferdeohren) und gelb (Streifen).
Die in Heidelberg gefundenen Grabterrakotten eines Hahns und einer Henne zeigen die Bemalung von Augen, Schnabel (beim Hahn auch Kamm und Bart), Flügel und Schwanz in einem braunen Farbton. Vermutlich war bei beiden Vögeln auch der untere Sockelrand mit einem Farbstreifen umgeben.
Eine derartige akzentuierende Bemalung fand sich auch aufTerrakotten aus Nida-Heddernheim. Als Beispiel seien hier zwei Hahndarstellungen, sowie das Fragment einer Pferdestatuette genannt, für welche der Bearbeiter sich an einer Rekonstruktion der Bemalung versuchte (Abb. 2). Es zeigen sich klare Parallelen zu den Bemalungsschemata, wie sie auch für Boppard und Heidelberg festgestellt werden konnten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2
Das zweite Prinzip war eine flächige Gesamtbemalung. Bei Venusfiguren aus Nida-Heddernheim zeigten sich Farbspuren meist brauner Tönung nicht nur in den Falten des Gewandes, sondern gleichermaßen in allen Ritzen und an verschiedenen Stellen an der Oberfläche des Körpers. Es scheint, als sei die ganze Figur, möglicherweise mit Ausnahme der Haare, mit einer roten Farbe überzogen gewesen. In den nicht vom Gewand bedeckten Partien sollte ein weiterer weißlicher Überzug wohl die Fleischfarbe assoziieren. Auch hierfür findet sich ein Rekonstruktionsversuch des Bearbeiters. Auch die Frauenbüsten aus Nida-Heddernheim weisen mehrfach Farbspuren im Gesicht und am Hals auf, was auch hier eine flächige Bemalung nahe legt.
Insgesamt istjedoch zu bemerken, dass die flächig bemalten Terrakotten wohl eher eine Ausnahme und die Teilbemalten die Regel bilden.11
[...]
1 Zu urnenfelder- und hallstadtzeitlichen Tierdarstellungen im Rheinland vgl. u. a. W. Torbrügge: Europäische Vorgeschichte. Kunst im Bild, 1968, S. 112f
2 Ebda. S. 114
3 Lange 1992, S. 125ff
4 Gonzenbach 1995, S. 10ff
5 Lange 1992, S. 160ff
6 Gonzenbach 1995, S. 291 ff
7 Rüger 1980, S. 20
8 Gonzenbach 1995,S. 345
9 Rüger 1980, S. 22
10 Gonzenbach 1995, S. 345
11 Rüger 1980, S. 22ff
- Citar trabajo
- Svenja Muche (Autor), 2008, Römische Terrakotten, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131841
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