Im Rahmen der Masterarbeit wird zum einen durch einen theoretischen Teil an die Aufgaben der Sozialen Arbeit herangeführt und zum anderen entsprechend das Triple Mandat sowie die Lebensweltorientierung der Sozialen Arbeit aufgezeigt. Die Sozialpädagogik könnte ein wichtiger Faktor zur Entstigmatisierung von pädo-und hebephilen Menschen sein, da hier nicht nur mit jungen Menschen gearbeitet werden kann, die entweder selbst Opfer wurden oder werden könnten, sondern auch mit potenziellen Tätern*innen. Also auch Adressat*innen, die unter der Stigmatisierung von Pädo- und Hebephilie leiden. Weiter wird an das Thema Störungen der Sexualpräferenz, mit Fokus auf die Pädophilie und Hebephilie, herangeführt, als auch die Abgrenzung zur sexualisierten Gewalt an Kindern deutlich gemacht.
Anknüpfend sollen Modelle zur Entstehung der Sexualpräferenz und speziell auch der Pädophilie und Hebephilie aufgezeigt werden und im Zuge dessen die Pädo- und Hebephilie bei jungen Heranwachsende nbetrachtet werden. Anschließend soll die Pädosexualität in Bezug auf pädo- und hebephile Täter beleuchtet werden und weiter welche Präventionsnetzwerke bereits etabliert wurden und welche präventiven Maßnahmen es noch gibt. Daraufhin soll die Betrachtung der Stigmatisierung von Pädo- und Hebephilen in der Gesellschaft folgen, wobei hier auchspezifisch auf die Soziale Arbeit eingegangenwerdensoll, da dieser häufig vorgeworfen wird, dass sie die Stigmatisierungssituation ihrer Adressat*innen verschärfen würde. Die Selbsterfüllende Prophezeiung soll die Theorie schließlich abschließen. Diese soll Erklärung geben, welche Auswirkungen durch Stigmatisierung entstehen kann. Der empirische Teil dieser Arbeit soll aus professioneller Sicht anhand von leitfadengestützten Interviews erfolgen, als auch aus Interviews mit Betroffenen, sowohl in schriftlicher als auch persönlicher Form Informationen gewonnen werden. Hierbei wird sich auf das zuvor erarbeitete theoretische Wissen bezogen, damit so eine Antwort auf die Forschungsfrage gegeben werden kann und die aufgestellten Hypothesen verifiziert oder auch falsifiziert werden können.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Aktueller Forschungsstand
3. Die Soziale Arbeit und ihre Professionalität
3.1 Tripelmandat
3.2 Lebenswellorientierung in der Sozialen Arbeit
4. Begriffliche Einordnung
4.1 Störungen der Sexualpräferenz (Paraphilie)
4.1.1 Pädophilie
4.1.2 Hebephilie
4.2 Ätiologie und theoretische Modelle
4.2.1 Kritische Betrachtung der Erklärungsmodelle
4.3 Pädophilie und Hebephilie bei Jugendlichen
4.4 Pädosexualität/ Dissexualität
5. Stigmatisierung
5.1 Stigmatisierung in der Gesellschaft
5.2 Stigmatisierung in der Sozialen Arbeit
5.3 Selbsterfüllende Prophezeiung
6. Prävention
6.1 Präventionsnetzwerk Kein-Täter-werden
6.2 Präventive Maßnahmen
7. Wissenschaftliche Vorgehensweise
7.1 Darstellung der Erhebungsmethode
7.2 Verfahren der Datenerhebung
7.3 Beschreibung der Stichprobe
7.4 Darstellung der Auswertungsmethode
7.4.1 Kodierieitfadeji
8. Darstellung der empirischen Ergebnisse
8.1 Ziisunmenfassende kritische Diskussion
9. Reflexioa
9.1 Inliältliclie Reflexion
9.2 Methodische Reflexion
10. bazit Und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhangsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Drei-Achsen-Modell der Sexualpräferenz. Eigene Darstellung in Anlehnung an Ahlers/ Schaefer 2010
Abbildung 2: Paraphilie und Dissexualität. Eigene Darstellung in Anlehnung an Faistbauer 2011
Abbildung 3: Selbsterfüllende Prophezeiung am Beispiel Pädohebephilie. Eigene Darstellung
Abstract
If we look at the sexual tendencies of paedophilia and hebephilia, these do not appearin thefields of activity of social work. This sexualinclination is often mixed up with delinquent behaviour by society and is thus for many people synonymous with sexualisedviolence against children. This false assumptions not only found in the general population, but also among professional groups, such astherapists or doctors. Thus, stigmatisation is an important influence on the lives of thoseaffected by paedophilia andhebephilia. For this reason,thepresentresearchwork dealswith the problems described. The guiding researchquestion highlights the importance of the role of social work in relation to paedophilia andhebephilia. It cantherefore be summarisedasfollows: Can social work contribute to the preventive reduction of sexualised violence by paedophiles and hebephiles and what is the influence of stigmatisation? The research includes seven interviews, four of which were conducted by people affected by paedophilia or hebephilia themselvesandthree by experts from different specialisations. These interviews were analysed and interpreted using Mayring's evaluation method. The results showedthat social work could be important for de-stigmatisation, but also generally for providing help and support to paedophiles and hebephiles. This would help those affected to lead a happyandlegal life andto beintegrated into society. At thesametime, theseaspects could have a positive effect on their self-image, self-confidence and behavioural control, andchildren could beexposedto lesssexualisedviolence becausethefocus would not be exclusively on paedophileand hebephilie perpetrators,which would mean that more consistent and attentive attention would also be paid to nonpaedophile or hebephilie perpetrators.
Vorwort
Wichtig ist der Verfasserin dieser Arbeit, dass niemals der Eindruck erweckt werden soll, dassStraftaten, die die sexualisierte Gewalt an Kindern betrifft, zu rechtfertigen sind. Es soll hierbei jedoch ein vorurteilsfreier und offener Blick, besonders auf pädo- und hebephile Nicht-Täter*innen gelegt werden und so verhelfen, dass auch Pädophile und Hebephile, die diese Neigung an sich entdecken, ein glückliches, zufriedenes und gesellschaftlich anerkanntes, aber strafffreies Leben führen können.
1. Einleitung
,, Ich habe noch nie ein Kind missbraucht und das werde ich auch nie tun. Wie ich mir dessensichersein kann? Nun, gar nicht. Ich kann nur jeden Tag erneut darauf hinarbeiten; in jedem Kontakt mit einem Kind die Entscheidung bestätigen und wieder neu treffen, keinemKind je wehzutun" (Weber, 2015, S. 8). 2019 lag die Inzidenz1 bei 13.670 von sexualisierter Gewalt betroffener Kinder2, wobei noch 2.990 Verfahren beim Jugendamtzur Abklärung sind (vgl. Jud 2021, S.8f). Zusätzlich muss erwähnt werden, dass die Anzahl der Dunkelziffer nicht außerBetracht gelassenwerden darf. Es ist davon auszugehen,dasslediglich 12% der Taten sexualisierter Gewalt an Kindern der Justiz bekannt sind und somit im juristischen Hellfeld liegen (vgl. Institut für SexualwissenschaftundSexualmedizin 2022a). Auch hört man immer wieder in den Nachrichten über die Beschlagnahmungen kinderpornografischer Materialien und so ist in der Gesellschaft auch der Gedankean pädophile Menschen nicht weit entfernt. Allein 2020 wurden in Deutschland mehr als 18.000 Fälle von Kinderpornografie registriert (vgl. Bundeskriminalamt 2022). Und auch für einen der letzten gerichtlich verfolgten Fälle von sexualisierter Gewalt an Kindern in Deutschland muss man in den Nachrichten nicht weit in die Vergangenheit gehen (vgl. RND 2022). Gleichzeitig muss erwähnt werden, dass die Zahlen in Deutschland im internationalen Vergleich noch im niedrigen Bereich liegen (vgl. Beier et al. 2010, S.50).
Studien zufolge sind 60% der Menschen„wegen sexueller Übergriffe auf Kinder Inhaftiertet.]“ (ebd.) bei denenkeine Präferenzstörungmit pädophilen Neigungen diagnostiziert werden konnte3, entgegen der medialen Nachrichten (vgl. ebd.). Hinzu kommt die Zahl der diagnostizierten Pädophilen, welche keine Straftaten begangenhaben. Diese Zahlen sind jedoch in der Gesellschaft nicht geläufig.
Jährlich gib es ca. 15.000 aufgedeckte Sexualstraftaten in den polizeilichen Kriminalstatistiken, wovon Tätermit pädophilenNeigungeneinenAnteil von unter 50% ausmachen (ebd.). Schätzungen zufolge -anhand bislang erhobener Daten- sind bis zu 1% der männlichen Bevölkerung in Deutschland mit pädophiler Neigung diagnostiziert worden - also zwischen 250.000 bis 300.000 Männer in Deutschland. Zum aktuellen Kenntnisstand ist die Anzahl von Frauen mit pädophilen Neigungen sehr gering. Gründe hierfür sind jedoch eine sehr hohe Dunkelziffer, da auch Täterinnen, die sexualisierte Gewalt an Kindern betreiben, häufig unentdecktbleiben (vgl. Institut für Sexualwissenschaftund Sexualmedizin 2022b). Die genaue Anzahl von Pädophilen als auch Hebephilen ist schwer zu schätzen,da sich viele Betroffene nicht eingestehenund akzeptieren wollen, dass siesich zuKindem hingezogenfühlen (vgl. Shaw2018,S.186).Unabhängigjedoch davon, wie viele Menschenesmit sexueller Präferenzfür Kinder genaugibt, gibt es viele Betroffene, welche aufgrund ihrer sexuellen Präferenz leiden und es gibt auch Opfer von straffällig gewordenen Pädophilen und Hebephilen. Deshalb muss diesem Thema eine wichtige gesellschaftliche Rolle zukommen gelassenwerden muss,wasnun die Thematik der vorliegenden Arbeit sein soll. Die Pädophilie und die Hebephilie sind Risikofaktoren, Täter einer sexualisierten Straftat an Kindern zu werden. Jedochmussbeachtet werden, dassweder Pädophilie noch Hebephilie mit Straffälligkeit in keinem Fall gleichzusetzengilt. Die National Crime Agency schrieb 2015, dass „zwei Drittel aller pädophilen Männer ihre Neigung wahrscheinlich nie ausleben“(ebd. S.189). Ein nicht zu ignorierender Risikofaktor könnte jedoch auch die gesellschaftliche Akzeptanz und Weltanschauung von Menschen sein. Dies soll in der vorliegenden Arbeit genauer betrachtet werden. Wie schafft man es, Menschen, die eine pädophile und hebephile Präferenz haben, zu unterstützen, sodasssie nicht straffällig werden? Dieses Ziel sollte mit dem Schutz der Kinder gleichgesetzt werden, wodurch beide Ziele miteinander übereinstimmen würden. Somit sollte dies in DeutschlandoberstesZiel sein. In der vorliegenden Arbeit soll sowohl die Pädophilie alsauchdie Hebephilie aufgezeigt werden. Weiter soll sich mit der gesellschaftlichen Haltung, den als pädo- und hebephil abgestempelten Personen beschäftigt werden und wie diese Haltung die Betroffenen wiederum beeinflussen kann. Wie kann die Gesellschaft ihren Teil dazu beitragen, weg von der Stigmatisierung der Gruppe der Menschen mit pädosexuellen Neigungen zu kommen und Kinder so zu schützen. „Denn eine Entstigmatisierung der Pädophilie [und Hebephilie] kommt der Psychepädophiler [und hebephiler] Menschen zu Gute - und ein psychisch gesunder Mensch neigt nicht zu übergriffigem Verhalten“ (Wir sind auchMenscheno.J.).
Im Rahmender Masterarbeit wird zum einendurch einentheoretischenTeil andie Aufgaben der Sozialen Arbeit herangeführt und zum anderen entsprechend das Triple Mandat sowie die Lebensweltorientierung der Sozialen Arbeit aufgezeigt. Die Sozialpädagogikkönnteein wichtiger Faktor zur Entstigmatisierung von pädo- und hebephilen Menschen sein, da hier nicht nur mit jungen Menschen gearbeitet werden kann, die entweder selbst Opfer wurden bzw. werden könnten, sondern auch mit potenziellen Täternlnnen, also auch Adressatinnen, die unter der Stigmatisierung von Pädo- und Hebephilie leiden. Weiter wird an das Thema Störungen der Sexualpräferenz, mit Fokus auf die Pädophilie und Hebephilie, herangeführt, als auch die Abgrenzung zur sexualisierten Gewalt an Kindern deutlich gemacht. Anknüpfend sollen Modelle zur Entstehung der Sexualpräferenz und speziell auch der Pädophilie und Hebephilie aufgezeigt werden und im Zuge dessendie Pädo-und Hebephilie bei jungen Heranwachsendenbetrachtet werden. Anschließend soll die Pädosexualität in Bezug auf pädo- und hebephile Täter beleuchtet werden und weiter welche Präventionsnetzwerke bereits etabliert wurden und welche präventiven Maßnahmen es noch gibt. Daraufhin soll die Betrachtung der Stigmatisierung von Pädo- und Hebephilen in der Gesellschaft folgen, wobei hier auchspezifisch auf die SozialeArbeit eingegangenwerdensoll, da dieser häufig vorgeworfen wird, dass sie die Stigmatisierungssituation ihrer Adressatinnen verschärfen würde. Die Selbsterfüllende Prophezeiung soll die Theorie schließlich abschließen.Diesesoll Erklärung geben,welche Auswirkungen durch Stigmatisierung entstehenkann. Der empirische Teil dieser Arbeit soll aus professioneller Sicht anhandvon leitfadengestützten Interviews erfolgen, als auch auslnterviews mit Betroffenen, sowohl in schriftlicher als auchpersönlicher Form Informationen gewonnen werden. Hierbei wird sich auf das zuvor erarbeitete theoretische Wissen bezogen, damit so eine Antwort auf die Forschungsfrage gegeben werden kann und die aufgestellten Hypothesen verifiziert oder auch falsifiziert werden können. Die Forschungsfrage lautet somit Kann die Soziale Arbeit dazubeitragen, präventiv sexualisierte Gewalt durch Pädo- und Hebephile zureduzierenundwelchenEinflussfaktor hat hierbei die Stigmatisierung? undwird durch folgende Hypothesen ergänzt: Mithilfe gesellschaftlicher Akzeptanz kann präventiver gearbeitet werden und somit könnten Menschen mit pädo- und hebephilenNeigungendurch Entstigmatisierung ihr Lebenverhaltenskontrollierter gestalten(l), sowie Die SozialeArbeit kannbei der Arbeit mit Pädohebephileneine große Rolle spielen (2). So kann die weitere Hypothese aufgestellt werden Eine Sensibilisierung der Sozialpädagogik in Bezug auf das Thema Pädophilie und Hebephilie, stellt einen wichtigen Aspektin der Entstigmatisierung dar undkannso auf die Behebung der gesellschaftlichen Problematik hinwirken (3). Hierbei könnten Kinder gleichzeitig vor sexualisierter Gewalt, ausgeführtdurch Menschen mit pädophiler und hebephiler Neigung, geschützt werden. Die Verfasserin dieser Masterarbeit stellt die weitere Hypothese auf, dass die herrschende Stigmatisierung, die Menschenmit pädophilen Neigungen auch ohneje straffällig zu werden, zukommt, stellt eine Gefahr für psychischeKrankheiten dar (4). Diese wiederum könnten zu eingeschränkterVerhaltenskontrolle führen und soStraftaten an Kindern begünstigen. Weiter wird von der Hypothese ausgegangen, dass geeignete Präventionsangebote bereits junge Heranwachsende adressieren müsstenund auch hier die Einstellung der Gesellschaft eine Rolle spielt (5). Die Analyse soll mithilfe der Inhaltsanalyse nach Mayring stattfinden und so eine kritische Diskussion ermöglichen. So folgt anschließendeine inhaltliche als auch methodischeReflexion, wodurch die Ergebnissekritisch betrachtet werden sollen. Daraufhin soll die Masterarbeit mit einem Ausblick und einem Fazit abgerundet werden.
Ziel der Arbeit ist es, eine ergänzendeDatenlage zu bilden, da nicht nur in der deutschen Forschung unzureichend Datenmaterialien zu finden sind und so auch Medien ein unwissendes und falsches Bild von Menschen mit pädophilen Neigungen derGesellschaft präsentieren. Essoll gezeigt werden, dassein offenerer Umgang mit Menschen, die diese sexuelle Präferenz haben, nicht nur den Betroffenen selbst hilft, ein glückliches, ausgewogenesund legalbewährtes Leben führen zu können, sondemauchgleichzeitig Kinder schützt.
2. Aktueller Forschungsstand
Über Pädophilie gibt esnur einige wenige valide Studien. Klaus M. Beier, welcher Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin, deutscher Mediziner, PsychotherapeutundSexualwissenschaftlerist, beschäftigt sich intensiv mit der sexuellen Präferenzstörung der Pädophilie und initiierte das Präventionsprogramm „Kein Täter werden“ (vgl. Brodersen 2021, S.2). Dieses stellt ein kostenloses Behandlungsangebot an jugendliche und erwachseneFrauen und Männer, welche therapeutische Hilfe annehmen möchten, da sie sich zu Kindern sexuell hingezogen fühlen. Hierdurch konnte der Thematik mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, wodurch auch mehr Studien fokussiert wurden. Vorteil dieserStudien sind, dasshierbei nicht nur, wie dies vorher derFall gewesen ist, straffällig gewordene Pädo- und Hebephile einbezogen wurden, sondern auch nicht delinquent gewordene Pädo- und Hebephile in der Studie betrachtet werden können.
Eine 2011 bis 2015 durchgeführte Studie untersuchte 28.000 Erwachseneund über 2.000 Kinder und Jugendliche bezüglich der „Häufigkeit, Ursachen, Bedingungen und Auswirkungen sexueller Viktimisierung von Kindern und Jugendlichen“ (Neutze/ Osterheider2015, S.1). Die sogenannteMikado-Studie verdeutlicht, dass dassexuelle Interessean Kindern, eindeutig von sexualisierter Gewalt an Kindern zu differenzieren ist. Viele der Betroffenen seien in der Lage, ihr Verhalten zu kontrollieren (vgl. ebd.,S.8).
Jedochhabenviele Forschungsarbeitenund Studien verfälschte Daten, wodurch es zu verzerrten Auswertungen kommen kann. Dies kommt besondersdaher, dasseine große Dunkelziffer - besonders bei pädo- und hebephilen Frauen, aber auch bei pädo- und hebephilen Männern - besteht. Zudem mussbetrachtet werden, dassviele Erhebungen auf Daten straffällig gewordener Pädo- und Hebephiler beruhen und nur diejenigen Pädo- und Hebephilen betrachten, analysieren und auswerten, welche unter einem Leidensdruck stehen. Dies verschafft ein fehlerhaftes Bild der sexuellen Präferenzstörung, denn nicht-negative Erfahrungen und zufriedene Lebensweisen pädophiler Menschen, fallen in der Statistik einfach weg. Häufig wird in der Literatur betont, dassnicht jeder Pädo-und Hebephile Kinder sexuell missbraucht. Aber die Zahlen - welche auch hinterfragt werden sollten, da hier einfach zu wenig Hellfelder existieren - verdeutlichen, dassdies keinesfalls betont werdensollen müsste,denndiejenigen Pädo-und Hebephile, die straffällig werden, stellen nicht die Gesamtheitdar.
Eine weitere Studie aus dem Jahr 2013 untersuchte, wie Menschen andere Menschen, welche pädophil sind, sehen, um hiermit ein öffentliches Stigma einzuschätzen. Weiter sollte so die soziale Distanz der befragten Menschen zu Menschen ausgewählter Gruppen bestimmt werden. So wurden Vergleiche in Bezug zu Ansichten und Gefühlen der Befragten zwischen Menschen mit sexuellem Interesse an Kindern und komparativ zu Menschen, die dem Alkohol verfielen, gezogen.lm Weiteren wurden diesenMenschen,mit sexuellem Interesse an Kindern als auch Menschen mit sexuellem Sadismus sowie antisozialen Tendenzen gegenübergestellt (vgl. Jahnke et al. 2014). Es fehlt jedoch auch an ausreichend empirischen Studien zu der Stigmatisierung, welche pädo- und hebephilen Menschen widerfährt, die keine Straftaten begangen haben und auch keine begehen werden. Außerdem fehlt es an Studien zu den Auswirkungen von Stigmatisierung auf die Betroffenen. Auch, ob man durch Reduzierung der Stigmatisierung Einfluss auf Sexualstraftaten nehmen kann, wurde bisher nicht erforscht. Dieses Problem wird durch das, wie bereits erwähnt, sehr große Dunkelfeld, erschwert. Dementsprechend ist es herausfordernd, empirisch verwendbare Befunde zu erhalten. Jedoch erkennt man, dass auch Medien die Berichterstattung dahingehendmanipulieren, indem häufig die Begriffe Pädophilie und „Kinderschänder“ synonym verwendet werden und so die Gesellschaft ein falsches und verzerrtes Bild der sexuellen Präferenzstörung Pädophilie und Hebephilie erhält.
Nun soll im Folgendendie SozialeArbeit und zum Verständnis ihre Aufgaben und Leitlinien aufgezeigtwerden.
3. Die SozialeArbeit und ihre Professionalität
Die Soziale Arbeit soll individualisieren und gleichzeitig den gesamten LebenszusammenhangderAdressatlnnen im Blick haben.Weiter ist esihr jedoch nur soweit möglich, ihr Kompetenzprofil unter Beweis zu stellen, sofern es „von einem .organisationskulturellen System' [...] mit professionellem Charakter getragen wird bzw. in ein organisiertes Setting [...] eingebettet“ (Müller 2012, S.961) wurde. Dies wiederum hängt von densozialstaatlichen Rahmenbedingungen ab(vgl. ebd.).4
Der Sozialen Arbeit liegt ein akademisches Studium zugrunde, bei welchem Fundierungswissenschaften, „hybridisierende Kombination von Wissenschaftsdisziplinen [Hervorheb. im Original]“ (Schütze 2021, S.41), „Untersuchungsstrategien der Problembeurteilung [Hervorheb. im Original]“ (ebd.), sowie „Untersuchungsstrategien der Problembearbeitung [Hervorheb. im Original]“ (ebd.) inkludiert sind. Die Soziale Arbeit ist im intensiven Adressatinnenaustausch, wodurch der*dem Sozialarbeiterin oder Sozialpädagogin „biographische Sinnquellen“ (ebd.) und auch eigene biographische Erfahrungen zur „zentralen Sinnquelle[.] und zur wichtigen Erkenntnisressource“ (ebd.) werden. Des Weiteren ist eine kritische und ambivalente „Haltung gegenüber Organisationen“ (ebd., S.42) und der eigenen Professionsarbeit Teil des Berufsfeldes. Mithilfe von Supervisionen und Fallbesprechungen soll ein bewusst reflexiver Umgang hergestellt werden und so eine ,,selbstkritisch[e] und fehlersensib[le]“ (ebd.) Handlungshaltung bestehen. Besonders in der Sozialen Arbeit sind „hybridisierende Vermischungen unterschiedlicher fundierungswissenschaftlicher theoretischer und methodischer Erkenntnisressourcen“ (ebd.) von großer Bedeutung(vgl. ebd., S.41f).
Die SozialeArbeit wird alseigenständigeWissenschaftundDisziplin begriffen, die jedoch trotz allem interdisziplinär arbeitet (vgl. Lutz 2020). Soziale Arbeit zusammengefasst, verfügt über das Wissen an Forschung, Evaluation und Erfahrung und ist dem kontinuierlichen ProzessdesLemens ausgesetzt.Durch das Theoriewissen und dem daraus resultierenden Einfluss auf die Methoden und Handlungsformen gestaltet sich die praktische Tätigkeit und „macht [so] Soziale Arbeit zur ,Handlungswissenschaft“‘(ebd.). Dieser Handlung nachfolgend geht eine Evaluation der Methoden heraus und so geht aus den Interventionen der Ergebnisseimmer auf Theorien und Methoden der Sozialarbeit zurück (vgl. ebd.). Die Sozialgesetzbücher(SGB) entscheidendarüber, wem sozialpädagogischeHilfe und Leistungen gegeben werden soll. Somit sind die Rahmenbedingungen Leistungenauf staatlicher Grundlage(vgl. Kolhoff 2017.S.35-40).
Die Aufgaben der Sozialen Arbeit sind damit zu beschreiben, als sie die „‘unmittelbare Arbeit mit Klientinnen und Klienten'“ (Naumann2020, S. 384) ist. Hierbei ist sowohl die AufnahmeundPlanungTeil derArbeit als auchdie folgende Intervention, derAbschlusssowiedie Nachsorge.Hierbei möchtedie Autorin zwei Aspekteder Intervention kurz benennen.Sowird häufig dasfamiliäre Umfeld oder die Bezugsperson integriert in die Arbeit mit dem*der Adressatin als auch dem*der Adressatin mit entsprechenden weiteren Maßnahmen geholfen. Dies könnte für die Arbeit mit jungen pädohebephilen Adressatinnen von großer Bedeutung sein. Denn hierbei steht der Betroffene erstens nicht allein da und es wird gemeinsamnachUnterstützung professioneller weiterer Fachleutegesucht.als auch das familiäre Umfeld wird miteinbezogen. Hierbei kann die Unterstützung eines*einer Sozialpädagogin von großer Bedeutung sein, um erstens die entsprechendeStützezu sein bei demOuting, als auchdazu sein, falls dasfamiliäre Umfeld oder Bezugspersonen negativ reagieren sollten. Auch das Beraten über finanzielle Problematiken und so auch Unterstützung bei der „materiellen Grundversorgung“ (ebd.) sind wichtige Aspekte der Intervention.
So ist im SGB XII §1 das Berufsbild der Sozialen Arbeit so definiert, dassdie Begleitung durch SozialpädagoglnnenundSozialarbeiterlnnen solangeerfolgen, bis die betroffenen Menschen zur „Führung eines Lebens [...], das der Würde des Menschenentspricht“ (SGB XII) ermöglicht bekommenhaben.Hiermit sollen sie „so weit wie möglich befähig[t] [werden] unabhängigvon [der Leistung] [...] zu leben“ (ebd.). Dies ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Somit steht die Soziale Arbeit zwischen der gesellschaftlichen Erwartung und gleichzeitig des individuellen Bedürfnisses(vgl. ebd.).
Der Sozialen Arbeit wird ein „‘Technologiedefizit'“ (Müller 2012, S.959) zugeschrieben, da „Professionalität und technisches Spezialistentum explizit oder implizit gleichgesetztwird“ (ebd.). Die SozialeArbeit professionalisiert sich im Kontext und mithilfe der eigenenStruktur (vgl. ebd., S.963). Die SozialeArbeit kann sich nicht auf allgemeingültige Techniken beziehen, die über die Behandlung von Menschen Auskunft gibt, sondern musssich darüber im Klaren sein, dasssie ihre Kompetenzen „in der .Bewältigung von Ungewissheit' [...], in der Verarbeitung von .paradoxen Handlungsanforderungen' [...] und in der koproduktiven Erschließung von zunächst blockierten Handlungschancen“ (ebd., S.965) bewältigen muss. So sind ethische Bedingungen ihrer Arbeit häufig nicht einfach mit einer „Expertenrolle“ (ebd., S.966) abstimmbar. Diese ethischen Bedingungen werden als „‘Sozialpädagogisches Können“' (ebd.) bezeichnet. Die Professionalität der Sozialen Arbeit bestehtdarin, sich den Gefahren und Risiken, die aus der Problematik der Adressatinnen hervorgehen, bewusst zu sein und zu lernen mit diesen umzugehen. Die Professionalität der Sozialen Arbeit kann „als .praktische Ideologie' besondererArt“ (ebd., S.968)gesehenwerden.
Nun sollen jedochdie Widersprüche, die auf die SozialeArbeit einwirken von Staat und Adressatin durch dasim Folgenden aufgezeigte Doppel- und darausfolgende Tripelmandat verdeutlicht und anschließend auf das Konzept der Lebensweltorientierung eingegangenwerden.
3.1 Tripelmandat
Die Idee des Tripelmandats nach Staub-Bernasconis ist in drei Instanzen geteilt. Einmal die, des ersten Mandats der Hilfe und Kontrolle, womit Handeln in der Gesellschaft gemeint ist (Staat, staatliche Institutionen, etc.). Zweites Mandatsfeld ist das des*der Adressatinnen. Hier sollen die Wünsche des Hilfesuchenden betrachtet und fokussiert werden. Das Doppelmandat ergänzendeFeld ist das, des Professionsmandates, welches sowohl den Ethikkodex als auch die Wissenschaftlichkeit betrachtet und den*die Sozialpädagogin bzw. Sozialarbeiterin fokussiert (vgl. Abplanalp et al. 2020, S.57). Dies bedeutet, die Unvereinbarkeit der zwei bzw. drei Mandate in manchen Fällen. So kann dies an einem Beispiel verdeutlicht werden: Der*die Sozialarbeiterin A hat eine*n Adressatin B, welcheT pädophil ist. Von derGesellschaftundderPolitik wird die Erwartung gegenüber dem*der Sozialarbeiterin deutlich gemacht, dass Adressatin B weggesperrtgehört. Jedochist dem*der Sozialarbeiterin A bewusst, dass ihrlhre Adressatin niemals ein Kind misshandeln wollen würde. Auch seinlhr fachliches Wissen sagt ihmlhr, dassnicht jedeT Pädophile auch ein*e Straftäterin sein muss. Nun steht der*die Sozialarbeiterin in dem Zwiespalt zwischen Gesellschaft/Politik und der Verantwortung gegenüber seinemlhrem fachlichen Wissen, sowie seinemlhrem Adressatin.
Die SozialeArbeit beruft sich auf ein Tripelmandat, welches die Erweiterung des Doppelmandatsist. Dementsprechendsoll die SozialeArbeit politisch unabhängig agierenund ist sonur ihrem eigenenWissenund ihrer eigenenEthik verantwortlich. Mithilfe derUnterstützungderSozialenArbeit sollen Menschen„gegendenZugriff andererMenschenund gesellschaftlicher Strukturen und Institutionen“ (Lutz 2020) unterstützt werden und demgemäßgegen Benachteiligung und Diskriminierung vorgehen. Es mussjedoch gesagtwerden, dassdasTripelmandat ein Konstrukt ist, welches sich in der Praxis nicht einfach umsetzen lässt. Ziel desTripelmandats ist es, dassSoziale Arbeit „das Mandat der Betroffenen übernimmt] und damit für eine bessere Gesellschaft eintr[itt]“ (ebd.). Das Tripelmandat beruht auf den Komponenten: Wissenschaftliches Wissen, Ethische Basis, Menschenrechte und - würde und der Haltung. Diesewerdenals „‘ethische Leitlinien' und als .regulative Ideen“' (ebd.) genommen. So soll eine eigenständige Expertise hinzugenommen werden und so die Soziale Arbeit als Profession anerkannt werden (vgl. Staub- Bernasconi 2007, S. 6).
Weiter soll nun die SozialenArbeit mit der Lebensweltorientierung nachThiersch aufgezeigt werden.
3.2 Lebensweltorientierungin der SozialenArbeit
Die lebensweltorientierte Soziale Arbeit beschäftigt sich im Fokus mit der „Stärkung der Lebensräumeund der sozialen Bezügeder Adressatinnen [sic!] und ihrer Ressourcen und (Selbst-)Hilfemöglichkeiten, um ihnen so einen gelingenderen Alltag zu ermöglichen. Anders formuliert, die Lebensweltorientierung bearbeitet Schwierigkeiten und Probleme in der Komplexität desAlltags“ (Füssenhäuser2006, S. 127). So kann dasKonzept „als kritische und reflexive Weiterführung der hermeneutisch-pragmatischen Traditionslinie der Erziehungswissenschaft betrachtet werden, die in ihren Fragestellungen die Alltäglichkeit und die Eigenwelten der Menschen zum Ausgangspunkten pädagogischeTheorieund Praxis macht“ (Grunwald etal. 2018, S. 1283). Sie bezieht sich sowohl auf die gesellschaftlichen Bedingungen als auch auf die subjektbezogenen Möglichkeiten. Das Ziel ist somit den Alltag, selbstständig und erfolgreich bewältigen zu können. Dieses Konzept wurde von Hans Thiersch entworfen und wurde so ein fester Bestandteil der Arbeit der Sozialpädagogik und der Sozialen Arbeit. „Lebensweltorientierung fragt nachdem subjektiven Eigensinn von SelbstdeutungenundHandlungsmusternim Alltag, nach der Ganzheitlichkeit, in der Menschen sich vorfinden, und nach den darin eingelagerten Bewältigungsmustern in der Ambivalenz von Offenheit und Routinen“ (Füssenhäuser 2006, S. 128). Dieses Konzept ist jedoch nur ein „allgemeiner Rahmen, der im gesellschaftlichen und sozialpolitischen Kontext konkretisiert werden muss“ (ebd.). So ist die Soziale Arbeit seit den 1970er und 80erJahrenzuständigfür Aufgaben derLebensbewältigung (vgl. ebd., S.129). Dies gestaltetsich als wichtig, da der Alltag als Begrifflichkeit ein „vertrautes und [...] sichererlebtesFeld“ (ebd.) beschriebenwird undsoauchindividuell erlebteKrisen ein Zusammenbrechenvon Sicherheiten und Alltagsroutinen verursachen können (vgl. ebd., S.131). Wichtig ist jedoch bei der Lebensweltorientierung auch die Alltäglichkeit. So beschreibt diese die objektiven Rahmenbedingungenund auch Strukturen, welche von „historisch wandelbarengesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Strukturen“ (ebd.) abhängig sind. Lebenswelt wiederum sind die „institutionellen Arrangements]“ (ebd.) wie Familie, Schule, Beruf, Peer-Group, etc..
Füssenhäuser (2006) beschreibt die Problematik und die Notwendigkeit der SozialenArbeit wie folgt:
„Auf Grund der zunehmenden Pluralisierung und Differenzierung der Gesellschaft und der damit einhergehenden Auflösung von Routinen sowie dem Verlust von Hintergrundsicherheit wird Alltäglichkeit immer mehr in Frage gestellt. Gleichzeitig ergeben sich daraus sowohl neue Möglichkeiten wie auch Risiken, so dass für die einzelnen Individuen Fragen der Lebensgestaltung immer zentraler werden und neue Ungleichheiten entstehen. Lebensweltorientierte Soziale Arbeit muss deshalb fragen, welche Aufgaben in einem veränderten gesellschaftlichen Raum notwendig und sinnvoll sind und welche Konsequenzen sich hieraus für die Entwicklung der Institutionen Sozialer Arbeit und hinsichtlich der professionellen Handlungskompetenzen ergeben“ (ebd., S.132).
Die Aufgaben führt Füssenhäuser damit aus, dass einmal Prävention, Dezentralisierung, Regionalisierung und Vernetzung, Alltagsorientierung (Niedrigschwellige Zugangsangebote,ErreichbarkeitundVernetzung), Integration, Partizipation und Einmischung (in die Politik) zentral sind (vgl. ebd., S.134f). Einmischung gestaltetsichfür die SozialeArbeit schwierig, dadiese„allgemeinen gesellschaftlichen und sozialpolitischen Aufgaben [...] zunächstder Arbeitsmarkt, Städtebau-und Sozialraumpolitik, aber auch beispielsweise der Bildungspolitik zu[fallen]; Soziale Arbeit ist - ihrem spezifischen Auftrag gemäß - ihnen nachgeordnet“(Grunwald/Thiersch 2016, S.42f).
Soerläutern Horbach und Lutz die gemeinwesensorientierteArbeit im Sozialraum.
Diese habe „die Vielfältigkeit der lebensweltlichen Bezüge im Sozialraum im Blick, also das Ineinanderspiel der Bedürfnisse der unterschiedlichen Gruppen, der Mütter und Väter mit kleinen Kindern, der Heranwachsenden und jungen Männern und Frauen, der besser Situierten und der Ärmeren und Armen, der Menschen mit unterschiedlichem ethnischen Hintergrund, der Behinderten, der Alten. Es geht aber ebenso um die verschiedenen zivilgesellschaftlichen Aktivitäten und um die unterschiedlichen kommunalen institutionellen Hilfsangebote, die im Sozialraum präsent sind. Diese unterschiedlichen Aktivitäten müssen im Modus einer Sozialraumpolitik miteinander in Korrespondenz kommen, damit sie über das Zusammenspiel und die darin möglichen Synergieeffekte hinaus jene Problemlagen finden und angehen, die auf eine gelingendere Form des Zusammenlebens drängen. Von welchen Kristallisationspunkten solche Initiativen ausgehen und um welchen Kern herum sie sich bilden - Bürgerinitiative, Kirchengemeinde, Kinderhaus oder Erziehungsheim, Schule oder Sozialstation - ergibt sich dann aus der jeweiligen konkreten Konstellation“ (ebd., S.49).
Bei dem Konzept der Lebensweltorientierung spielt die Mäeutik eine wichtige Rolle. SomüssenAdressatlnnen einsehen,dasssie selbstnur ihre eigeneSituation bestimmen und richten können und sie „angemessene und für sie akzeptable Handlungsmöglichkeiten“ (Grunwald etal. 2018, S.1290)entdeckenkönnen.
Die lebensweltliche Betrachtung der Sozialen Arbeit bekommt jedoch auchKritik zu spüren. Die Rahmenbedingungen der Sozialen Arbeit und auch das professionelle Handeln seien begrenzend. So stünden professionelle Handlungen gegenein lebensweltorientiertes Programmder Sozialen Arbeit. Ein*e Adressatin bringe so„immer eine institutionell bedingteKonstruktion einesFalles [Hervorheb.
Im Original] mit sich“ (ebd., S.1291), wodurch „die Stimme der Adressatinnen daherimmerschonverstellt“ (ebd.) seien.Auch sei die SozialeArbeit nicht allein in ihrer Fallbearbeitung und auf weitere Institutionen und Professionelle angewiesen, wodurch die Arbeit eingeschränkt und die Bearbeitung der sozialen Probleme schwierig ist (vgl. 1290f.). So haben auch „zentrale institutionelle Weichenstellungen (z. B. in Form von Gesetzgebung,vgl. die Einführung desSGB II)“ (ebd., S.1295) einen großen Einfluss auf die Arbeit der Sozialpädagoginnen und Sozialarbeiterinnen.
Damit nun von einem einheitlichen begrifflichen Standpunkt ausgegangenwerden kann, erfolgt nun die Einbettung in die wichtigsten Begrifflichkeiten der vorliegendenArbeit.
4. Begriffliche Einordnung
Nun soll der theoretische Hintergrund dargestellt werden, damit so die Grundlage für die vorliegende Forschungsarbeit gebildet werden kann. Damit die Begriffe nachfolgend mit einheitlichem Verständnis im Folgenden benutzt werden können, sollen hier die Begriffe der sexuellen Präferenzstörungen Pädophilie und Hebephilie eingeordnetwerden, nachdemeineallgemeine Definition zur Paraphilie gegebenwerden soll.
4.1 Störungender Sexualpräferenz (Paraphilie)
Die sogenannteSexua/präferanzsteht sowohl als „Überbegriff für alle Aspekte der sexuellen Ansprechbarkeit eines Menschen“ (Ahlers/ Schaefer 2010) als auch im Internationalen Klassifikationssystem für psychischeund Verhaltensstörungender Weltgesundheitsorganisation (ICD-10), es existiert allerdings keine einheitliche Definition für denBegriff (vgl. ebd.).
Die Störung der Sexualpräferenzwird im ICD-10 derWeltgesundheitsordnungim Kapitel V unter F00-F99PsychischeundVerhaltensstörungen undgenauerbei F60- F69 Diagnosen unter Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen definiert (vgl. Bundesinstitutfür Arzneimittel und Medizinprodukte 2022a).Hier finden sich neun unterschiedliche Ausprägungen der Störungen von Sexualpräferenzen (vgl. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 2022b). Eine weitere Möglichkeit zur Klassifikation für psychische Störungen ist das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5) der Organisation American Psychiatrie Association. Sowohl die DSM-Diagnose als auchdie ICD-Diagnose ist eine gerichtlich verwertbare Diagnose. Sie wird von der Psychiatrie als allgemein anerkanntes und klinisch valides Kategoriensystem angesehen(vgl. First 2014, S.199). Jedoch schreibt das DSM-5 einleitend, dass dem von der Norm abweichenden sexuellen Interesses an sich kein psychischer Störungscharakter beigemessenwerdensollte (vgl. Briken 2015, S.141).
„Eine Intervention bei ungewöhnlichen sexuellen Interessen kann erfolgen, wenn diese
1. gegen das Einverständnis einer anderen Person durchgesetzt worden sind (wie z. B. im Rahmen von Sexualdelikten) bzw. ein Risiko für solche Handlungen besteht (Risiko der Fremdgefährdung),
2. Leiden und/oder verursachen.“ (ebd.).
Wichtig ist hier, dassPädophilie als Störung der Sexualpräferenz(Paraphilie) erst diagnostiziert wird, wenn dassexuelle Verlangen zu einem Problem für die Person selbst wird, sprich Leidensdruck erzeugt und /oder wenn die Person sich oder anderen PersonenSchadenzufügt, welche auf der sexuellen Präferenz basieren5. Es wird unter den am häufigsten vorkommenden Paraphilien der Fetischismus, der Exhibitionismus, der Voyeurismus, die Pädophilie und der Sadomasochismus verstanden.So fällt hier direkt auf, dassHebephilie nicht differenziert aufgeführt wird.
F60bis F69werdenim ICD-10 als „Ausdruck descharakteristischenjndividuellen Lebensstils, des Verhältnisses zur eigenen Person und zu anderen Menschen“ (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 2022b) bezeichnet. Die Entstehung sei bei einigen eine „Folge [von] konstitutionelle^] Faktoren und sozialer Erfahrungen schon früh im Verlauf der individuellen Entwicklung, während andereerst späterim Leben erworben werden“ (ebd.).
Paraphilie besteht aus den Worten „para“, was einmal “abseits“ oder „neben“ bedeutet und einmal dem Wort „philfa“ was so viel wie „Liebe“ oder auch „Freundschaft“ bedeutet(vgl. Sievers/Padrock,o.J.). Soist Paraphilie einevon der Norm „abweichende sexuelle Neigung[.]“ (Institut für Sexualwissenschaftund Sexualmedizin der Charité - Universitätsmedizin Berlin 2022a).
Des Wéiteren möchte die Verfasserin hervorheben, dasseine Paraphilie nichts ist, was sich ein Individuum aktiv aussuchenkann. Es soll jedoch im weiteren Kapitel (4.2 Ätiologie und theoretische Modelle) darauf eingegangen werden, wie diese sexuelle Neigung entstehen kann.
Nun soll im Folgenden näher auf die sexuelle Präferenzstörung der Pädophilie eingegangen werden.
4.1.1 Pädophilie
Pädophilie wird im ICD-10 unter dem Punkte F65.4 definiert und beschriebenals: „Sexuelle Präferenz für Kinder, Jungen oder Mädchen oder Kinder beiderlei Geschlechts, die sich meist in der Vorpubertät oder in einem frühen Stadium der Pubertätbefinden“ (Krollner/ Krollner 2022).
Betrachtet man die Begrifflichkeit und die Bedeutungder Pädophilie historisch, so stößt man schon in der griechischen Antike auf die verbreitete Praktik „der Knabenliebe (paiderastia)“ (Walter et al. 2015, S.28). Hierbei durften sich griechische, meist adelige und vermögende Männer, Knaben zwischen zwölf und 18 Jahren aussuchen und diese mit Geschenken umwerben. Die Knaben bzw. jungen Geliebten mussten sich dagegen desinteressiert und keineswegs sexuell erregt zeigen. Der Knabe hatte somit die passiveRolle und esgalt als Bedingung, dass die Liebesbeziehung einseitig war und trotzdem eine gegenseitige Freundschaft (philia) bestand. Weiter durften die jungen Geliebten nicht zu sexuellen Handlungengedrängtwerden, also nur auf Freiwilligkeit basieren.Hierzu mussjedoch auch gesagtwerden, dassesals „veritable Schande“ (ebd.) galt, wenn ein heranwachsenderJungeausguten Verhältnissen nicht von einem erwachsenen Liebhaber beworben wurde. Die Päderastie wurde zwischen dem 6. und 4. Jahrhundertvor Christus als „öffentlich anerkannte^] Praxis“ (ebd.) diagnostiziert (vgl. ebd., S.28-30). „Pais“ heißt aus dem Griechischen übersetzt, das Kind, wodurch Pädophilie als Freundschaftbzw. Liebe zum Kind übersetztwerdenkann (vgl. Krüger et al. 2022, S.389).
Der Psychiaterund Arzt Richard von Krafft-Ebing definierte erstmalsdenBegriff „Paedophilia Erotica“ damit, dassdiese durch eine krankhafte Veranlagung, eine psycho-sexuelle Perversion“ (übersetzt aus dem Englischen) sei und dies in manchenFällen nicht einer degenerierten Moral oder psychischenoder physischen Impotenz zum sexuellen Interesse an Kindern entstanden ist (vgl. WbrdSense Dictionary 2022). Auch Sigmund Freudbeschäftigtesich mit von ihm bezeichneten „sexuellen Abirrungen“ (Freud/ van Haute2015, S. 14) undbezogsich kurz auf die Sexualität mit Kindern. So bezeichnet er die Menschen, die sich zu Kindern als Sexualobjekt hingezogenfühlen, als „feige und impotent geworden[.]“ (ebd.) oder auchMenschen,bei welchen „ein impulsiver (unaufschiebbarer)Trieb sich zurzeit keines geeigneten Objektes bemächtigen kann“ (ebd.). Außerdem ist Freud der Auffassung, dassjedesgeistig abnormelndividuum „in sozialer, ethischerHinsicht, deristesnach[seiner] Erfahrung, regelmäßig[auch] in seinemSexualleben“ (ebd.). Somit seienKinder nicht dasprimäre Sexualziel, sondernein Mittel zum Zweck, wenn kein anderes passendesSexualobjekt vorhanden sei. Dies kann auf einige Sexualstraftäterinnenzutreffen, jedochsollte diesin Bezugzur Pädophiliekritisch betrachtet werden.
Pädophilie als Begriff, laut des Berliner Charitès sagt aus, dass die sexuelle Ausrichtung auf das vorpubertäre Alter gerichtet sei, nichts jedoch über das sexuelle Verhalten aussage. So werden Pädophile als „'Männer, deren sexuelle Wünsche und deren Wünsche nach Beziehung und Liebe vorrangig oder ausschließlich auf vorpubertäreKinder gerichtet sind [bezeichnet], wobei diesedrei Bereiche - Sexualität, Beziehung, Liebe - wie bei anderen Menschen auch unterschiedlich gewichtet sein können'. [Dies sei i]m Unterschied zu den diagnostischenKriterien desICD unddesDSM [...] damit denemotionalenAspekt der pädophilen Sexualpräferenz“ (academic 2019) zu sehen.
Die pädophile Sexualorientierung kann in homo-, bi- oder heterosexuell gegliedert werden(Bundschuh 2001, S.96ff).
GemäßDSM-5 ist ein Kriterium eine „wiederkehrende sexuell erregendeFantasie, sexuell dranghafte Bedürfnisse oder Verhaltensweisen über einen Zeitraum von mindestens 6 [sic!] Monaten (Kriterium A), die ein Leiden aufseiten des Betroffenen verursacht oder zu Zwischenmenschlichen schwierigkeiten“ (Mokros etal. 2012,S.355)führt (Kriterium B). Werdendemlndividuum beidederKriterien diagnostiziert, so spricht man hier von einer Personmit einer paraphilen Störung. Wird jedochlediglich dasKriterium A erfüllt, nicht aberdasKriterium Bfür eine entsprechende Paraphilie, so ist dies als eine Pädophilie, „nicht aber um eine paraphile Störung“ (Briken 2015, S.142)zu bezeichnen(vgl. ebd.). Zudemkommt Kriterium C, bei welchem der Betroffene mindestensdas 16. Lebensjahr erreicht und mindestens5 Jahreälter sein als eventuelle Opfer habenmuss(vgl. Fromberger etal. 2013, S.1125).
Generell sind Paraphilien überwiegend bei Männern zu finden (vgl. Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité 2022a). Dennoch musshierbei auch erwähnt werden, dass es definitiv Erfahrungsberichte pädophiler und hebephilerFrauengibt. Allerdings sind auchviele Preventions- und Hilfsangebote ausschließlich auf Männerausgerichtet,wodurch die Dunkelziffer bei Frauenhöher liegen könnte. Speziell zu Frauen gibt es kaum Literatur, wobei dies eine große Forschungslückein einem solch sensiblenund wichtigen Themazu sein scheint. In der vorliegenden Arbeit wird sich jedoch hauptsächlich auf vorhandeneLiteratur bezogen, wodurch pädo- oder hebephile Frauen häufig nicht betrachtet wurden. Nichtsdestoweniger möchtedie Verfasserin dieser Arbeit geschlechtsneutralPädo- und Hebephilie behandeln,wodurch sowohl der pädo-und hebephile Mann alsauch die pädo- und hebephile Frau inkludiert sein soll und mithilfe der geschlechtergerechten Sprache verdeutlicht werden soll. Ausnahmen sind jedoch Forschungsberichte, bei denenausschließlich Männer inkludiert wurden und auch im Weiteren bei Inhalten der Interviews, die sich ausschließlich auf pädo- und hebephile Männer beziehen.
Auch soll hier noch einmal betont werden, dassdie Bezeichnung eines Pädo-oder Hebephilen nicht abfällig oder beleidigend gemeint sein soll, sondern lediglich Menschen mit entsprechendersexueller Präferenz zuzuordnen sind.
4.1.2 Hebephilie
Tatsächlich ist die Hebephilie der Pädophilie sehr nahestehendund zeichnet sich durch „die gleichen Merkmale wie die Pädophilie“ (Beier et al. 2015, S.132)aus. Zwar wurde in der Definition des ICD-10 Pädophilie als „Sexuelle Präferenzfür Kinder, Jungenoder Mädchen oder Kinder beiderlei Geschlechts,die sich meist in der Vorpubertät oder in einem frühen Stadium der Pubertät befinden“ (Krollner/ Krollner 2022) definiert, grenzt allerdings Pädophilie das Alter zur Neigung zu vorpubertären Kindern ein. Die Hebephilie ist auf Kinder beschränkt, welche bereits frühpubertäre Geschlechtsmerkmale ausgebildet haben, wie beispielsweise Schambehaarung, Wachstum der Geschlechtsmerkmale usw. und somit in der Regel zwischen elf und 14 Jahrenalt sind (vgl. Shaw2018, S.184). So wird Hebe „nach der griechischen Göttin der Jugend“ (Krüger et al. 2022, S.389) benannt. Weiter gibt esbei derHebephilie die begriffliche UnterscheidungdesGeschlechtes der pubertärenKinder. Sowird dassexuelle Interessebei Hebephilie zu Jungenals Ephebophilie und die Zuneigung zuMädchen Parthenophilie bezeichnetet ebd., S.185). Hebephilie erwirkt den Anschein, dassdiesevon der Gesellschaft weniger scharf verurteilt würde, als dies bei Pädophilie der Fall ist. So gibt es Länder, in denenbereits unter 15-jährige einen deutlich älteren Partner heiraten (müssen)und dies eine anerkannte und gesellschaftlich gewünschte Heirat ist6. Auch werden bereits viele junge Mädchen und Jungen in sehr frühen Jahren als Model sexualisiert und auch das Betrachten einer 18-Jährigen, aber sehr kindlich wirkenden jungen Frau, als Pornostar oder als Prostituierte als normal angesehen (vgl. Shaw 2018, S.184f). So möchte die Verfasserin sich dem 2017 etablierten Begriff der Pädohebephilie anschließenund nicht nur Pädophilie, sondernauchdie Hebephilie im Weiteren mitinkludieren und somit sowohl sexuelle Präferenzenfür pubertierendeKinder alsauchpräpubertierendemiteinbeziehen(vgl. McPhail et al. 2019).
Der Vollständigkeit halber, sollen jedoch auch noch weitere sexuelle Präferenzstörungen kurz erläutert werden, wenn auch der Fokus der vorliegenden Arbeit auf derPädohebephilieliegen soll.
So gibt es weiter die Teleiophilie, bei welchem Menschen überwiegend oder ausschließlich ein sexuelles Interesse an Erwachsenen, bei denen die körperliche Entwicklung bereits abgeschlossenist, haben. Ebenfalls gibt es einen Begriff für das primär sexuelle Interesseauf Kleinkinder - also an Kinder unter drei Jahren. Dies wird als Infantophilie bezeichnet. Auch Gerontophilie ist eine Paraphilie. Diese bezeichnet das vorwiegend sexuelle Interesse bzw. Neigung zu alten Menschen (vgl. Janssen2014, S.2). Jedoch werden diese Begriffe nicht offiziell anerkannt und werden so in dem ICD-10 unter der Aufteilung der ,,Sonstige[n] Störungender Sexualpräferenz“ bei F65.8 klassifiziert (vgl. academic2019).
Nun soll die Sexualpräferenz ätiologisch genauerbeleuchtet werden, um daraufhin die diversen Modelle zur Entstehung einer sexuellen Präferenzstörung zu analysieren und anschließend kritisch zu betrachten. Jeneserfolgt nun deshalb, da dies der Autorin nach wichtig ist, um Vorurteilen entgegenzuwirken und ein Verständnis für die sexuelle Neigung, welche von der gesellschaftlichen Norm abweicht, zu bekommen.
4.2 Ätiologie und theoretischeModelle
Die Ursachen der Sexualpräferenz sind bislang noch nicht genau bekannt (vgl. Schneeberger2015). Jedoch gibt es Entstehungsmodelle. Eines davon wurde von Ahlers et al. 2004 analysiert und in einem sogenanntenDrei-Achsen-Modell-der- Sexualpräferenzdargestellt. Wie der Namebereits verrät, wird die Sexualpräferenz individuell und auf drei Achsen ausgebildet. So ist die erste der drei Achsen die sexuelle Ausrichtung auf ein präferiertes Alter und so auch auf den „körperlichen Entwicklungsstatus (Kinder, Jugendliche, Erwachsene)“ (Ahlers/Schaefer 2010, S.45) ausgerichtet(vgl. Ahlers et al. 2004, S.87f). Weiter bildet die zweite Achse des Modells, die sexuelle Neigung zu „der präferierten Art und Weise (eines gewünschten Partners bzw. Objektes oder einer Interaktion)“ (ebd., S.88). Dies kann beispielsweise Voyeurismus, Petting, Geschlechtsverkehr, Oralverkehr oder Exhibitionismus sein. Die X-Achse bildet die Ausrichtung nach dem Geschlecht, also die sexuelle Orientierung auf das bevorzugte Geschlecht („gegen-, beid- oder gleich-geschlechtlich“ (ebd.)).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Drei-Achsen-Modell der Sexualpräferenz (Eigene Darstellung in Anlehnung an Ahlers/ Schaefer 2010, S.45J.
So habe jedes Individuum eine „individuelle Ausprägungskonstellation“ (Ahlers/Schaefer 2010, S.45) in dem Modell, welche sich „bis zum Ende der zweiten Lebensdekadeindividuell konfiguriert“ (ebd.) und so wird dies als„bio- psycho-sozialesPhänomenaufGrundlageder „Körperlichkeit“ (Ahlers et al. 2004, S.87) (biologisch), „Persönlichkeit“ (ebd.) (psychologisch) und „Sozial- und Partnerbezogen“(ebd.) (soziologisch) betrachtet. Dies zeigt somit, dassdie sexuelle Präferenz nicht eine individuell aktive und bewusste Entscheidung ist, sondern durch externe, aberauch interne Faktoren gebildet wird. Weiter ist Sexualität von drei unterschiedlich movierten Dimensionen geprägt, welche Lust, Fortpflanzung und Beziehungsind (vgl. ebd.).
Nun sollen jedoch genau diese externen und internen Faktoren, welche zu einer Pädohebephilie führen können, betrachtet werden. Es gibt hierzu diverse Erklärungsmodelle. So ist ein solches Modell das Psychoanalytische Erklärungsmodell. Hierbei mutmaßt die klassische Psychoanalyse, dass der Hauptfaktor der menschliche Trieb sei. So sei die Pädophilie die „Folge einer unvollständigen Integration und/oder einer unbewußten[sicl] Abwehr infantiler bzw. triebhafter Wünsche“ (Bundschuh 2001, S.106). Soentstündenvon der Norm abweichendesexuelle Präferenzendadurch, dasshier eine Entwicklungsstörung in der Kindheit verantwortlich gewesensei und die Sexualentwicklung im Falle der Pädohebephilie auf einem bestimmten kindlichen Niveau geblieben sei. Grund hierfür seien „ödipale Konflikte bzw. Kastrationsängste“ (ebd.), welche nicht bewältigt werden konnten. Die Reaktion der Sexualpräferenz Pädohebephilie sei somit eine „Stabilisierungsfunktion“ (ebd., S.110), damit die Kindheitsproblematiken ausgeglichen werden können. Bei dem PsychoanalytischenErklärungsmodell sei dasMachtgefühl, welchesder Pädophile gegenüber Kindern fühlt, dazu da, um seine Komplexe, die in der Kindheit entstandensind, auszubalancieren(vgl. Brandt 2003, S.32).
Weiter gibt es den Lemtheoretischen Erklärungsansatz. Hierbei wird in drei Komponente unterschieden, welche nach dem britischen Lemtheoretiker Howells und in Anlehnung an David Barlow ausgearbeitetwurden. Die erste Komponente ist die sexuelle Erregung. Diese kann durch sexuelle Erfahrungen mit der PeerGroup, welche bereits in der Kindheit erfolgt, hervorgerufen werden und dann später folgend mit der Masturbation und sexuellen Fantasien bekräftigt werden. Besondersträgt die negative sexuelle Erfahrung mit angemessenenSexualpartnem -alsoaltersgerecht-mit erfolgten Verletzungen und Enttäuschungendazubei, dass die pädophile Neigung gefestigt wird, da die Erinnerung an erlebte positive Erfahrungen mit der kindlichen Peer-Group positiv verknüpft wurde (vgl. Bundschuh2001, S.114). Eine weitere Komponente ist dasSexualverhalten. Dieses knüpft an die in der Behavioristische Lerntheorie operantenKonditionierung nach Thorndike Skinner an (vgl. Aronson et al. 2004, S. 16). OperanteKonditionierung ist „ein Phänomen,bei dem Verhalten, über dasder Mensch selbst entscheidet, in seiner Häufigkeit ab- oder zunimmt, je nachdem, ob dieses Verhalten positive Verstärkung nachsich zieht oder Bestrafung“ (ebd., S.233). Dies bedeutet,dassein Verhalten erlernt wird, durch positive und negativeVerstärkungen sowie durch die Bestrafung 1. Art (Verabreichung Strafreiz) und die Bestrafung 2. Art (Wegnahme eines angenehmenReizes) (vgl. ebd.). Im Falle der Entstehung von Pädo-oder Hebephilie wäre der Verstärker die sexuelle Erregung oder/und der Orgasmus, der direkt nach einer pädohebephilen Handlung erfolgt. So würde dies mehrere Wiederholungsvorgängemit sich bringen. Laut bereitserfolgter Forschung,beginnt die pädohebephile Ausrichtung meist in der Adoleszenz. So müsstebereits in der Adoleszenz eine Sanktionierung erfolgen, um der positiven Verstärkung entgegenzuwirken und nicht erst, wenn sich die Pädohebephilie im Erwachsenenalterbereits manifestiert hat. Dies gestaltet sich auchdarin schwierig, da häufig im Jugendalter die sexuelle Auslebung nicht negativ gesellschaftlich auffällt und so auch nicht eingegriffen werden kann. Auch spielt der Nachahmungseffekt eine Rolle bei der Lemtheorie. So besagt die Theorie des Sozialen Lernens, dass Individuen beim Beobachten/Erleben anderer Menschen, Verhalten imitieren und erlernen (vgl. ebd., S. 454). Dies könnte auch bei sexualisierten Gewalterfahrungen der Fall sein, wobei pädohebephileTäterlnnen die selbst gemachten Erfahrungen nachahmen. Dies entspricht wiederum der Täterinnen- Opfer Theorie, welche in empirischen Forschungen untersucht wurden (vgl. Jespersenetal. 2009). Jedochmusserwähnt werden, dasshierbei über pädohebephile Täterinnen gesprochen wird. Empirische Forschungen zu Pädohebephilen,welche abernicht Missbrauch verübt haben,gibt eshierbei nicht. Dies wird im Folgenden näher betrachtet. Auch bedeutet, sexualisierte Gewalterfahrungen gemacht zu haben, nicht im Umkehrschluss, dassdamit Pädo- oder Hebephilie entwickelt wird und auch nicht, dassselbst sexualisierte Gewalt verübt werden muss. Dritte Komponente deslemtheoretischen Erklärungsansatzes ist der nicht-sexuelle Faktor. Bei diesem würden altersentsprechende Sozialkontakte gemieden werden, da diese eine Gefahr für das Individuum darstellen, welche herrschend und auch überlegen dem Individuum gegenüber agieren, wasgegensätzlich zu Kindern und Jugendlichen ist.
Ein weiterer Erklärungsansatz stellt das Sozialisationstheoretische Modell nach Bundschuh 2001 dar. Durch Biographiearbeit mit 20 männlichen Pädophilen konnte die Forscherin drei Typen differenzieren. Den ersten Typ prägten „Emotionale Zurückweisung, Vernachlässigung und zum Teil auch physische Verletzungen“ (Bundschuh 2001, S.277). So sucht sich dieser Mensch, welcher meist mit einem negativem Selbstbild zu kämpfen hat, Menschen, die ihm nicht überlegen sind - wie Kinder dies sind (vgl. ebd.). Den zweiten Typ zeichnen gute Rahmenbedingungen, wie beispielsweise stabile finanzielle Verhältnisse, aus. Jedochsind die Eltern oft nicht bei dem Kind und damit ist Vemachlässigungauch hier vorhanden. Dritter Typus ist Teil eineswarmenundbehütetenFamilienlebens. Jedochkommt eshier zu einem Bruch mit der Peer-Group in der Pubertät und die Selbstwahmehmung divergiert und es entsteht ein Gefühl der Wertlosigkeit, Verunsicherung und Schwäche(Hatzl 2010, S. 23f.).
Letztes hier vorgestelltes Erklärungskonzept ist das Vier-Faktorenmodell zur Pädosexualität, welches von dem Sozialwissenschaftlicher David Finkelohr 1984 aufgezeigt wurde. Da Pädohebephilie Pädosexualitätzwar nicht bedingt, jedoch ein Risikofaktor dafür sein kann, soll nun in Kürze diesesModell betrachtet werden. Hierbei sind die vier Faktoren: Emotionale Kongruenz, sexuelle Erregung, Blockade und Enthemmung. Letzterer wird das intendierte Interesse zur Kriminalität betrachten und die vorhergehenden Faktoren beziehen sich auf die Entwicklung des sexuellen Interessesan Kindern. Diese gliedert er wiederum in individuelle und soziokulturelle Betrachtungsweise. Der emotionale KongruenzFaktor versucht zu erklären, wieso das Bedürfnis als Erwachsenernach sexuellem Kontakt mit Kindern besteht und emotional befriedigend empfunden wird. Individuell gesehen,kann dies auf eine emotionale Entwicklungsverzögerung und Unreife schließen lassen, zudem können Selbstwertprobleme und/oder „narzisstische Identifikation7 mit dem Kind“ (Launer 2012, S.26) hinzukommen. Soziokulturell „verknüpft Finkelohr die männliche Sozialisation allgemein zu einer Dominanz und Machtausübung gegenüberanderenMenschen“ (ebd.) (vgl. ebd.). Die sexuelle Erregung beschäftigt sich damit, wie es dazukommt, dass ein erwachseneslndividuum sich sexuell von Kindern erregen lassen kann. Hierbei könnensexualisierteGewalterfahrungenin derKindheit dazuführen, die wiederum durch Erregung im weiteren Lebenslauf „gekoppelt wurden“ (ebd.) (individuelle Ebene). Soziokulturell wird diese Erklärung durch sexualisierte Werbung Minderjähriger oder auch der Nutzung kinderpomografischer Darstellungen bekräftigt (vgl. ebd.). Die Blockade hinterfragt die Ursachen,die dafür zuständig sind, dassmit Erwachsenensexuelle Erfahrungen nicht als befriedigend empfunden werden können. Individuell betrachtet können hierfür Gründe „unzureichende soziale Fertigkeiten, sexuelle Angst, wie auch die allgemeine Angst vor heterosexuellen Kontakten“ (ebd., S.27) sein. Auch repressive Normen auf der soziokulturellen Ebene tragen fördernd zur Blockade bei. Der letzte Faktor Enthemmung, ist der Faktor, welcher Nicht-Täterinnen von Täternlnnen unterscheidet. In diesem Faktor wird die Ausübung sexualisierter Gewalt an Kindern durch Individuen mit pädohebephilenNeigungen dargestellt. Individuell bemisst Finkelohr dies damit, dass psychische Störungen, Alkoholmissbrauch, patriarchalische Anschauungen, etc. dazu beitragen. Diese Ausübungen sexualisierter Gewalt werden wiederum gering sanktioniert und aufgrund des Alkoholmissbrauches, patriarchalischer Anschauung gerechtfertigt und so auch soziokulturell miteinander verbunden (vgl. ebd.). Wichtig ist es, dassauch in der Gesellschaft Wissen über diese Thematik generiert wird und eine Differenz zwischen straffällig gewordenenund regelkonformen Pädohebephilengesetztwird. Problematisch gestaltet sich jedoch die Forschung, da deutlich einfacher und häufiger Faktoren, die zur Delinquenz geführt haben,von Täternlnnen beschrieben werden können, weniger jedoch die Ursachen, die die Nicht-Täterinnen davon abhalten zu Täternlnnen zu werden und wie man sie als Gesellschaft hierbei unterstützen kann.
Neuen Forschungen zufolge soll die Entstehung von Pädohebephilie mit dem Bereich des neuronalen Netzwerks Zusammenhängen. Hierbei handelt es sich um einen Bereich, der dafür sorgt, dassEltem ein Fürsorgeempfinden, wie Erkennen der Hilfsbedürftigkeit und Animation zum „Schutz- und Pflegeverhalten“ (Kressenstein 2018) (Brutpflegeverhalten) ihrem Nachwuchs gegenüber haben, was man auch als „Kindchenschema“ (ebd.) bezeichnet. Dieses sei bei pädohebephilen Männern stärker ausgeprägt als bei nicht-pädohebephilen Männern. Dies könnte mit einem fehlgeleiteten Fütterungstrieb Zusammenhängen. Somit wäre, die durch eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Studienergebnisse, dass somit das Brutpflegesystem gestört sein könnte, ein weiterer Erklärungsansatz. Dies bezeichnen die Autoren als „Sexualisierung der Brutpflege“ (ebd.). Dies gibt dahingehend Möglichkeiten, sodassdas Kindchenschema durch Hormone eventuell verändert werden könnte und so weitere Therapieansätzegeschaffen werden könnten (vgl. ebd.).
Auch die Erziehung bzw. der elterliche Umgang mit der Sexualität ihrer Kinder, die entweder unterstützend oder ablehnend agieren, sind Indikatoren für die Identitätsentwicklung und beeinflussen die psychische Gesundheit von nichtheterosexuellen Kindern. Auch zeigte sich, dasssich soziokulturelle Normen und auch das soziokulturelle Verhalten, sowohl auf das Selbstwertgefühl als auch auf die Identitätsfindung auswirken (vgl. Bregmannet al. 2012).
Es soll nun jedoch auch das Thema von Geburt an pädohebephil geboren zu sein, genauer beleuchtet werden. So gibt es Studien, die Pädohebephilen gewisse körperliche Merkmale zuschreibenund sovon postnatalen Hinweisen ausgehen.So seien Pädohebephilein etwa zwei Zentimeter kleiner als der Nicht-Pädohebephile (vgl. Cantor et al. 2007), außerdem seien viele Pädohebephile Linkshänder (Wahrscheinlichkeit ist dreimal sohoch)(vgl. Cantoretal. 2005)und derlQ sei im Durchschnitt bei Pädohebephilenniedriger (vgl. Blanchard et al. 2007). Auch wäre ein „beeinträchtigtes visuell-räumliches Vorstellungsvermögen, unterdurchschnittliche Schulleistungenf...] und Schädel-Hirn-Traumen“ (Mokros et al. 2012, S.356) Hinweise für Pädophilie. Diese Ergebnisse sind jedoch fast ausschließlich von straffällig gewordenen und inhaftierten Pädohebephilen. So fehlen auch hier erneut Daten von Nicht-Tätem*innen, um ein valides Bild zu erhalten. Hierbei mussbeispielsweise aucherwähntwerden,dassHirnverletzungen zu kriminellem Verhalten führen können und auch nicht selten bei Sozio- und Psychopathinnen vorhanden sind8. Auch würden Sexualstraftäterinnen, welche Kinder missbrauchen, mehr neuropsychologische Defizite aufweisen als Sexualstraftäterinnen, welche erwachsene/gleichaltrige Opfer missbrauchen So hätte möglicherweise die Erziehung und die Umwelt Einfluss darauf, ob Pädohebephilezu Tätemlnnen werden (vgl. Shaw 2018, S.195f.). Auch gibt es mögliche Hinweise, dass Pädohebephilie vererbbar sei und es „eine relative Häufung pädophiler Neigungen unter den männlichen Verwandten 1. Gradesf...] 5% gegenüberkeinerlei Fällen in der Kontrollgruppe“ (ebd.) gebenkönnte.
Nun soll gesamtheitlich auf die verschiedenen Erklärungsmodelle eingegangen werden und diese kritisch betrachtet werden.
4.2.1 Kritische Betrachtung der Erklärungsmodelle
Das Psychoanalytische Erklärungsmodell ist der Ansicht, dass die Entwicklung einer Pädohebephilie in der Kindheit auf Basis desmenschlichen Triebs geschehe. Hierbei müssten gewisse Ereignisse in der Kindheit passiert sein und diese Ereignisse würden somit kompensiert werden. Jedochmüsstenin Langzeitstudien die Kindheit von Erwachsenen betrachtet werden, die gleiche Ereignisse in der Kindheit mitmachen mussten. Nicht jeder, der sexuell missbraucht wurde, wird später pädohebephil oder entwickelt eine andere sexuelle Präferenzstörung. Dies wurde bereits in Studien erforscht (vgl. Glasseret al. 2001). So kann hierbei nicht ausschließlich der Psychoanalytische Erklärungsansatz ausschlaggebendsein.
Auch der Lemtheoretische Erklärungsansatz weist Lücken auf und kann nicht vollständig Erklärung geben. Dennoch scheint der Ansatz über das Psychoanalytische Erklärungsmodell hinauszugehen. Jedoch fehlt hierbei die Betrachtungder soziokulturellen Umweltfaktoren undauchpsychiatrische Belange bleiben hierbei unberücksichtigt. PsychosenoderpsychischeErkrankungen können - müssen jedoch nicht - ein Risikofaktor für Straftaten sein. Das Sozialisationstheoretische Modell nach Bundschuhweist dahingehendLücken auf, dassalle drei Gliederungstypen, Defizite in der Kindheit erleben. Jedoch würde man die Kindheit aller Menschen betrachten, würden sich sehr viele Kinder mit einer der drei Typuskriterien finden, von denenwiederum jedoch nur wenige eine sexuelle Präferenzstörung entwickelt haben.
Letzter beleuchteter Erklärungsansatz ist das Vier-Faktorenmodell, welcher versucht, möglichst viel „Wärum“- und Ursachenfragenzu ergründen. So ist eine empirische Überprüfung dahingehend möglich - dank dieses Modells - da „das Modell ein Ordnungsrahmender Hypothesenund Theorien und [...] Sexualität als abweichendesVerhalten verschiedene^] Bereiche^] zusammenfasst“ (Hahn 2007, S.63). Jedochsind auch hier die „Modellvorstellungen zum sexuellen Missbrauch [...] in sich nicht abgeschlossenund müssen sicher auch als nicht vollständig eingeschätztwerden“ (ebd.).
Jedesder Erklärungsmodelle zeigt wichtige Einflussfaktoren. Jedoch kann keines der Modelle als vollständig betrachtet werden. In der Sexualpräferenzbildung fließen viele Faktoren mit ein, wie auch biologische Ursachen und es können ebenfalls soziokulturelle Verstärker miteinfließen. Problematisch ist hierbei, dass generell die Sexualpräferenzentwicklung wissenschaftlich noch lange nicht ausreichenderforscht wurde. Esspielen multifaktorielle Einflüsse mit ein.
Auch die Kindheit spielt laut Wissenschaftlern, eine auf jeden Fall bedeutende Rolle zur Bildung der Sexualpräferenz. Allein dieser Einflussfaktor zeigt, wie schwierig es ist, Aussagen und allgemeingültige Erklärungsmodelle zu einer speziellen Sexualpräferenz wie Pädohebephilie zu erheben, da hierzu Langzeitstudien durchgeführt werden müssten.
Die biologische Erklärung von Geburt an pädohebephil geboren zu sein, muss ebenfalls mit Vorsicht betrachtet werden. Denn es gibt noch keine zuverlässigen und empirisch validen Daten, dass die im vorherigen Kapitel aufgeführten körperlichen Merkmale tatsächlich für Pädo-oderauchHebephilie charakteristisch sein müssen(vgl. Mokros et al. 2012, S. 356). Die Theorie, lässt vermuten, dass danach gesucht wird, Pädohebephile von außenerkennenzu, damit sie so von der Gesellschaft abgegrenzt werden können.
Anhand der Theorien lässt sich sagen, dass Pädohebephilie nicht ausschließlich angeboren ist, da es beispielsweise viele Linkshänder, etc. gibt, welche nicht pädohebephil sind. So bedingen die Umwelt, die Gesellschaft und auchangeborene Tendenzen sich gegenseitig und gestaltet so die Erklärungsversuche sehr komplex. Im Folgenden wird nun auf die Pädophilie und die Hebephilie in der Jugendzeit eingegangen, da hier erste mögliche Abweichungen zur ,normal‘verlaufenden Pubertät stattfinden könnten. Dies soll deshalb herausgestellt werden, damit möglicherweise bereits frühzeitig Hilfsangebote entwickelt werden könnten.
4.3 Pädophilie und Hebephilie bei Jugendlichen
Der Hormoneinfluss lässt bereits in der Pubertät die sexuellen Präferenzen und Interessen der Jugendlichen zum Vorschein kommen und so richtet sich auch die Internetsuche der Heranwachsenden darauf aus. Mit dem Beginn der sexuellen Ansprechbarkeit beginnt auch die Selbstbefriedigung bei Jungen (vgl. Schneeberger 2015). Die Pubertät stellt jeden Jugendlichen vor große Herausforderungen. So verändert sich in dieser Zeit nicht nur der Körper und die sexuelle Reifung, sondemauchdie „neuronalen Organisationen der Netzwerke im Gehirn“ (Brisch 2019, S.26), sowie hormonelle Veränderungen gehen hiermit einher. Durch diese Veränderungen kommen häufig Spannungenin der Familie, Probleme in der Schule und auch individuelle Stimmungsschwankungen.„Viele Jugendliche sind verschlossen und erzählen wenig von dem, was sie begeistert oder berührt“ (Heuves2014, S. 10). In einer Studie von Houtepenetal. 2016gabenviele pädophile Interviewte an, dassesihnen schwerfiel, ihre pädophilen Interessensich selbst gegenüber zuzugeben und dadurch auch an psychischen Folgeproblemen litten (vgl. Houtepen et al. 2016). Auch begingen sie häufig, während der JugendzeitSexualvergehen,waslaut Houtepenetal. (2016) daraufzurückzuführen sei, dass „Risikofaktoren nicht früh genug erkannt wurden und es keine angemessenenlnterventionen gab“ (Shaw 2018, S.197). Da, wie bereits erwähnt, sich die sexuelle Präferenz in der Pubertät manifestiert und auch häufig in dieser Zeit den Betroffenen bewusstwird, ist dies bei der Diagnostizierung schwierig, da der Altersunterschied bei den präferierten Partnernund Partnerinnenmeist nicht so große Unterschiede zeigt, da das Individuum mit einer pädophilen Störung teils selbst noch im präferierten Alter ist und so auch die sexuelle Anziehung Gleichaltriger als „normal“ anzusehenist(Krüger et al. 2022, S. 388).
Pädophilie kann auch gemäß des ICD-10 WHO erst ab dem 16. Lebensjahr diagnostiziert werden und man spricht so bei unter 16-Jährigen, welche eine sexuelle Anziehung zu Kindern empfinden von sexueller Präferenzbesonderheit oder sexueller Ansprechbarkeit. Hiermit solle einer Stigmatisierung möglicherweise Betroffener vorgebeugt werden (vgl. Institut für Sexualwissenschaftund Sexualmedizin der Charité - Universitätsmedizin Berlin 2022b). Bei einem Interview, welches die Süddeutsche Zeitung mit dem Sexualwissenschaftlicher und Präventionsnetzwerksleiter Klaus Michael Beier 2015 führte, erläuterte dieser, dass gerade jugendliche Pädophile für Kinder dahingehendgefährlich sein können, da der „Kontakt zu Kindern für Jugendliche sehr leicht herzustellen“ (Schneeberger2015)sei. Viele Kinder würden zu Älteren aufschauen und ihnen vertrauen. Sie würden sich profilieren, weil sie mit den Größeren spielen dürften. Auch erklärt der Sexualwissenschaftler, dassder größte Anteil, der zu dem Präventionsnetzwerk gekommenen Jugendlichen, bereits sexualisierte Gewalt an Kindern verübt hat. Sosei jedoch auchder Einstieg häufig durch Missbrauchsabbildungen und hier auch die immer größere Internetaffinität der Jugendlichen nicht unbedeutend (vgl. ebd.). Forschungen und Studien zum Thema Pädophilie bei Jugendlichen gibt es jedoch kaum bzw. konnte die Verfasserin der Forschungsarbeit hierzu keine finden. Obwohl gerade in der Adoleszenzwomöglich die wichtigste Zeit sein könnte, unterstützendeinzugreifen, gibt es hierzu weder Forschung noch genügend Aufklärung. Natürlich ist Entstigmatisierung richtig und wichtig, jedoch gestaltet sich die Diagnose bei Jugendlichen bereits schwierig und gleichzeitig werden in dieser Lebensspanne häufig Jugendlichezu Tätemlnnen sexualisierter Gewalt an Kindern. 2018 verdeutlichte eine Erhebung auf der Basis der PKS des Bundes, dass26,2% der polizeilich registrierten Tatverdächtigen, aufgrund der Nutzung von Kinderpornografie, unter 21 Jahrealt sind (Ahlig 2020, S.16). Dies bedeutetim Umkehrschluss zwar nicht, dass dies auch zwingend pädohebephile Jugendliche sein müssen, zeigt jedoch, dasshier dringend weitere Forschungen und vor allem Handlungsbedarfnötig sind.
Im weiteren Kapitel soll nun der Begriff der Dissexualität erläutert werden und somit die sexualisierte Gewalt an Kindern. Dies erfolgt, um die Abgrenzung und den Unterschied aufzuzeigen zwischen einer sexuellen Präferenzstörung bzw. einer sexuellen Neigung und einer sexuellen Verhaltensstörung, welche illegal ist.
4.4 Pädosexualität/ Dissexualität
Ein von der Pädophilie abzugrenzenderBegriff ist die Dissexualität, die ebenfalls als sexuelle Verhaltensstörung bezeichnet wird (siehe Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Paraphilie und Dissexualität (Eigene Darstellung in Anlehnung an Faistbauer 2011, S.7).
Die Wortherkunft Dys kommt aus dem Griechischen und bedeutet schlecht, also „vom Normalen/von einer Norm in schlechter, krankhafter Weise abweichend“9. Diese wird als „fremdbeeinträchtigende sexuelle Verhaltensäußerung[.] gegendie sexuelle Selbstbestimmung anderer Personen(unabhängig davon, ob eine sexuelle Präferenzstörunggegebenist odernicht)“ (Ahlers/Schaefer 2010, S.47) bezeichnet. Hierunter gehören sowohl die „Versuche [...] [als auch] die Durchführungen sexueller Handlungen,vor, anodermit Kindern (sog. ,PädosexuelleHandlungen‘, strafrechtlich: ‘Sexueller Missbrauch von Kindern' §176 StGB) oder sonstigen Personen,die in die sexuellen Handlungen nicht einwilligen können“ (ebd.) (vgl. ebd.). Darunter ist auch„die Nutzung von kinderpornografischen Medien, für deren Herstellung, die sexuelle Selbstbestimmung von kindlichen Personen verletzt“ (ebd.) wird, zu verstehen. Kinder können aufgrund des „geistigen Entwicklungsstatus“ (ebd.) nicht ihre Einwilligung dazu gebenund auch werden sie zu solchen pornografischen Handlungen gezwungen (vgl. ebd.).
Die Ausübung der Dissexualität verkörpert ein Dominanz- und Machtstreben gegenüberschwächerenOpfern (vgl. Beier 2013, S.6). Anders und kurz formuliert ist ein „dissexuelles Verhalten [...] ein ,sich im Sexuellen ausdrückendes Sozialversagen' [...] [also] sexuell motivierte Verhaltensweisen, die nicht im Einklang mit den erwartbaren Interessen des Gegenübers sind“ (von Heyden/Stockmann 2021, S.161).
Die Dissexualität ist keinesfalls gleichzusetzenmit derPädophilie oderHebephilie. Dies wurde bereits im vorherigen mehrmals beschrieben. Nun soll jedoch hierauf genauer eingegangen werden. So wurden nicht einmal 50% der sexuell missbrauchten Kinder von pädohebephilen Männern sexuell misshandelt. Sowohl Beier et al. (2010) als auch Krüger et al. (2022) beschreiben dies in ihren Forschungen. So unterscheidet auch die Dissexualität in unterschiedliche Täterprofile. Ein großer Teil derjenigen, welche sexualisierte Gewalt an Kindern verüben, sind weder pädo- noch hebephil. Diese Taten sind sogenannteErsatztaten. Nun soll genauerauf Täterprofile von sexualisierter Gewalt eingegangenwerden10. Gleichzeitig möchte die Autorin darauf verweisen, dass nun nicht ausschließlich von pädohebephilen Täterinnen gesprochen wird, sondern generell die sexualisierte Gewalt im Vordergrund steht.
Esgibt unterschiedliche Ausprägungenund Typen von Täterinnen. Soteilt Berner und Hill (2004) in drei Täterinnentypen auf. Hiermit ist der sogenanntefixierte Typ kernpädophil undwird auchalsstrukturiert pädophil11 definiert. Menschenmit pädophilen Hauptströmungen sind ausschließlich sexuell auf Kinder ausgerichtet.
Sie sind in ihrem soziografischen Hintergrund sehr unterschiedlich (vgl. Stiels- Glenn o.J.). Dies wiederum bedeutet, dassdieserTyp ausschließlich von Kindern sexuell erregt werden kann (vgl. Kröber 2017, S.273). Möglich ist hier dennoch, dassermit Gleichaltrigen sexuelleErfahrungenhatoderauchverheiratetist, jedoch ist dieswenigerseinersexuellen Anziehung zuverursachen,sondemviel mehrdem gesellschaftlichen Druck. Andere Individuen mit pädophilen Hauptströmungen haben keine sexuellen Beziehungen zu erwachsenen Partnern und „erleben sich auch häufig nicht als sexuell deviant, sondern attribuieren die gesellschaftlichen Schwierigkeiten mit ihrer sexuellen .Lebensform' auf eine .verklemmte' Moralvorstellung“ (Pierschke2004).
Der zweite Typ wird als regressiverTypus, als pädophile Nebenstörungoder auch Ersatzobjekt-Täter definiert, was bedeutet, dass er sich Gleichaltrigen sexuell angezogenfühlt und die sexuelle Orientierung auf Gleichaltrige fokussiert ist. Jedoch kommt es, beispielsweise in Stresssituationen im Erwachsenenalter, bei Problemen mit der sexuellen Befriedung mit erwachsenenSexualpartnemlnnen oder auch anderen nichtsexuellen Problemen, zu der Suche nach Ersatzobjekten, wobei Kinder Opfer werden können (vgl. Stangl, 2022). Sie haben Probleme aus unterschiedlichen Gründen, keinen Kontakt zu altersentsprechenden Sexualpartnernaufzunehmen.Ein Teil der Ersatzobjekt-Täterinnen sind „sexuell unerfahrene Jugendliche, die in der Peer-Group wenig integriert sind, die wenig Kontaktmöglichkeiten haben und sexuelle Wünsche an Kindern ausprobieren, ausleben wollen, da von diesen ein geringerer Widerstand zu erwarten ist“ (Pierschke 2004). Es befinden sich in der Gruppe des regressiven Typus, jedoch auchlndividuen mit dissozialen Zügenund auchintelligenzgeminderte Menschen. Letztere haben häufig wenig soziale Kontakte mit altersentsprechenden Partnemlnnen undauchwenig Sozialkompetenz.
Dagegen gibt es noch den dritten Typus, welcher als soziopathischer Typus einzuordnen ist. Diese Art von Typus zeigt wenig Opferempathie und besitzt sadistische Neigungen. Die Hauptintension der sexualisierten Gewalt ist die Unterdrückung desOpfers. Der soziopathische Typus empfindet keine Reue.wenn er tätig geworden ist.
Wie bereits erwähnt, gestaltet sich die Diagnostik und auchgenerelle Forschungen über Pädophilie und Hebephilie als äußerst schwierig. Häufig sind Aussagenund Angaben Betroffener „im Sinne der sozialen Erwünschtheit verformt“ (Briken 2015, S.143). Im DSM-5 werden sosogarzwischen Geständigenund Leugner, also denjenigen die nicht offen über ihre paraphilen Interessen sprechen, differenziert. So werden häufig Diagnosen auf der Grundlage der Delinquenz und der Opfer gestellt. Dies ist und sollte jedoch keine Voraussetzung für die Diagnose sein. So zeigt sich, wie verzerrt Studien und Statistiken in dieserThematik sein können (vgl. ebd.). Essoll sich in der vorliegenden Arbeit jedoch auf Primärpädophile bezogen werden, da vermutlich die Beweggründe bei unterschiedlichen Typen jeweils unterschiedlich sind.
So sollte dem*der Leserin mithilfe diesesKapitels die Unterscheidungzwischen Täterinnen und Nicht-Täterinnen verdeutlicht worden sein. Hiermit soll die weitere Bearbeitung desThemaserleichtert werden.
5. Stigmatisierung
Die gesellschaftliche Akzeptanz spielt eine große Rolle bei den von sexueller PräferenzstörungBetroffenen. Deswegensoll nun die Stigmatisierung sowohl von der Gesellschaft ausgehendals auch im Rahmen der Sozialen Arbeit beleuchtet werden. Weiterführend soll auch der psychische Mechanismus Selbsterfüllende Prophezeiung, verdeutlichen, welche Auswirkungen eine Stigmatisierung und die negative Haltung desGegenübersauf daseigene Verhalten haben kann.
5.1 Stigmatisierung in der Gesellschaft
In Zeitschriften liest man Überschriften wie beispielsweise „UN verurteilt alle Formen von Gewalt gegenKinder - auch Pädophilie“. Aber laut Definition nach dem ICD-10 und DSM-5 ist Pädophilie nicht gleich Dissexualität - sprich nicht gleich der sexualisierten Gewalt an Kindern - gleichzusetzen. Aber genaudaswird unter anderemhierbei gemacht:„Gewalt gegenKinder“ ist gleich Pädophilie, wenn man dem Artikel Glauben schenken wollte. Googelt man beispielsweise die Begriffe „Pädophilie in Deutschland“ dann erscheint als dritter Eintrag von Statista.com „Fälle pro 100.000 Einwohner in Deutschland bis 2021“ (Statista ResearchDepartment2022) worunter die „polizeilich erfasstenFälle von sexuellem Missbrauch von Kindern fallen“ (ebd.). Das Ergebnis der Googlesucheimpliziert unter Pädophilie direkt die sexualisierte Gewalt an Kindern. So ist es nicht erstaunlich, dass Pädohebephilie ein stark stigmatisiertes Thema ist. Auch die Öffentlichkeit, Politik und Medien verwendenden Begriff sexuellePräferenzund sexuellesVerhalten häufig synonym (vgl. Beier et al. 2015, S. 133).
Aydin und Fritsch (2015) definiert dasStigma als normabweichend. Stigma kommt aus dem Griechischen und bedeutet Zeichen oder Brandmal. Und genau dieses unterscheidet die stigmatisierte Person von der .normalen' Gesellschaft. Die stigmatisierte Person wird „nicht mehr als Individuum mit einer eigenen Persönlichkeit wahrgenommen, sondern lediglich als Träger eines Stigmas“ (Aydin/ Fritsch 2015, S. 247) und somit negativ assoziiert. Das Verständnis von normal und nichtnormal „ist ein kollektives Normverständnis darüber, wie eine Personzu sein hat, um in der Gemeinschaftals vollwertiges Mitglied akzeptiert zu werden“ (ebd.). Stigmatisierung bedeutet aber auch vorurteilbehaftet anderen Individuen zu begegnen.Schnell wird eine Tat oderein Individuum abgestempelt. So auch der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche. Demgemäß wurde schnell auch hier in den Medien von Pädophilie gesprochen, nicht aber von Pädosexualität. Das wiederum las die Gesellschaft und so assoziierte man erneut Pädophilie mit sexualisierter Gewalt an Kindern.
Diese Problematik wurde auch in der deutschen Studie von Jahnke et al. 2014 deutlich. Hierbei wurde-wie bereitsim Forschungsstandkurzerwähnt-die soziale Distanz der Gesellschaft auf bestimmte Menschen mit entsprechendenNeigungen oder Erkrankungen bestimmt, wie beispielsweise Alkoholmissbrauch, sexueller Sadismusund Individuen mit antisozialen Tendenzen. Die Haltung der Befragten wurde damit ergänzt, dasssie zu Pädophilen12, welche ein „dominantes sexuelles Interesse an Kinder[n]“ (Jahnke et al. 2014, S.1) haben, befragt wurden. Die Ergebnisse zeigten, dass eine extreme Haltung der befragten Probandinnen gegenüberPädophilen zu sehenwar Sowaren 28% der Meinung, Pädophile sollten bessertot sein und 39% würden Pädophile sofort inhaftieren. Jedochging klar aus dem Fragebogenhervor, dassesum jene Pädophile ging, welche definitiv noch nie eine Straftat begangenhatten (vgl. ebd., S. 11f). Auch zeigte sich, dass80% Ärger empfanden, wenn sie an pädophile Menschen dachten. Befragte Individuen mit höherer Bildung wiesen weniger Tendenzen zur stigmatisierenden Meinung auf. Die Studie zeigte jedoch auch, dassdasStigma gegenüberPädophilen bei jüngeren Menschen stärker ausgeprägt ist. Jahnke et al. (2014) schließen die Studie damit, noch einmal darauf hinzuweisen, dass viele Menschen, welche unter einer psychischen Störung leiden, Angst davor haben, stigmatisiert zu werden und sich so weniger professionelle Hilfe suchen sowie ein geringeres Selbstbewusstsein entwickeln (vgl. ebd., S. 13). Auch geht hervor, dass es wenige Daten zu der Reaktion und dem Verhalten von Pädo(hebe)philen auf die Stigmatisierung gibt. Dazuträgtauchdie Haltung der Therapeutinnen bei, denn„über 95%derambulant arbeitenden Psychotherapeutinnen in Deutschland, sind nicht bereit, mit pädohebephilenPatientlnnen zu arbeiten“ (Beier et al. 2015, S.134). Über 60% der Psychotherapeutinnen, die sich in Ausbildung befinden, lehnen eine Zusammenarbeit,,mit einem bereits übergriffig gewesenenpädophilen Menschen“ (ebd.) ab. Befragungen von Pädophilen13 zufolge, sei diese Haltung der Therapeutinnen sogar ein Hauptgrund, sich keine für sie so wichtige therapeutische Hilfe zu suchen. Diese Problematik wiederum kann zur sozialen Isolation und reduziertem Selbstbewusstsein führen, welches zur verringerten Selbstkontrolle und „intensiven negativen Zuständen“ (ebd.) führen kann. So sind Pädo- und Hebephile nicht selten „einsam und empfinden ihre Lebenslage als instabil, da sie ihre sexuellen Bedürfnisse nicht ausleben können“ (Illersperger 2020) und sich sozial ausgegrenztfühlen. Es kann auch zu Suizidabsichten führen oderauchzu durchgeführtenSuiziden. Die Dunkelziffer ist auchhier sehrhoch, da nur selten etwas über die sexuelle Präferenz bekannt ist, wenn ein Individuum die Selbsttötung beabsichtigt und durchgeführt hat (vgl. dpa- Newskanal 2018).
Auch stellen Hosser und Greve 2022 heraus, dass aus Stigmatisierung Stress hervorgeht und sich so „negativ auf Psyche, Körper und Gesundheit auswirkt“ (Hosser/ Greve 2022, S.103).
Wichtig ist eine Therapie dahingehend, dass die teilweise existierenden und tatbegünstigenden kognitiven Verzerrungen therapeutisch behandelt werden müssen (vgl. Gieseler/ Beier 2015, S. 124). Ebenfalls kann die Therapie dabei helfen mit der Stigmatisierung umgehen zu lernen (vgl. Aydin/ Fritsch 2015). Jedoch müsste dazu die Bereitschaft von Therapeutinnen zur Behandlung von Pädohebephilengrößer werden. Weiter erschließt sich die Stigmatisierung auch in Berufsgruppen wie Richterinnen. So betrachten diese das Beweismaterial, Missbrauchsabbildungen, Filme etc. überhaupt nicht, wobei diese wichtig sein könnten, um Erkenntnisse über Täterinnen zu bekommen (vgl. Schneeberger 2015).
Betrachtet man die Finanzierung der Therapie ist hier ein Schritt in die richtige Richtung erkennbar. So ist die kostenlose und auchanonymeTherapie seit 2018 als Gesundheitsleistungvon gesetzlichen Krankenkassenanerkanntworden (vgl. Apin 2018).
Da hier nun kurz die Stigmatisierung und Ablehnung auchvon Professionsgruppen gezeigt wurden, soll nun die Stigmatisierung in der Sozialen Arbeit detaillierter aufgezeigt werden.
5.2 Stigmatisierungin der SozialenArbeit
Die SozialeArbeit ist meist für sozialeRandgruppenzuständig,welche nicht selten sozial isoliert unddegradiertsind. Eine„Entstigmatisierung im praktischenKontext der Sozialarbeit bedeute^] [...] vor allem, sozialarbeiterisches Handeln an der Lebens-und Erfahrungswelt seiner Adressatenzu orientieren, ihr Verhalten nicht als .Tatbestand', sondern als Ausdruck psycho-sozialer Prozessezu erkennen und ihre Problemenicht als registrierbare ,Fälle‘, sondernals Konflikte zu begreifen“ (Böhnisch 2005). Böhnisch schreibt hierzu, dass auch die Sozialarbeit und - Pädagogik diesen Zustand nicht verbessern könne, sondern stattdessen diese stigmatisiere. Diese Stigmatisierung könne sogar noch verschärft werden und so selbst zur „‘Stigmatisierungsinstanz'“ (ebd.) werden. So seien zwei „‘Stigmatisierungsschwellen‘“(ebd.) in der Fürsorgeerziehungersichtlich. Diese sei einmal:
„Die der Anordnung fürsorgerischer Maßnahmen zugrundeliegenden Defmitionsmuster entsprechen meist nicht der Verhaltenssituation des Jugendlichen und bilden damit kaum die Grundlage für lernorientierte Resozialisierungssituationen, sondern führen eher zu Ablehnung und Entfremdung“(ebd.) und weiter:
„Das Fürsorgesystem selbst ist oft Auslöser für weiteren Widerstand seitens des Jugendlichen und damit für weitere »Verhaltensauffälligkeiten«:, die jedoch als individuelles Fehlverhalten des Jugendlichen interpretiert werden, worauf in der Regel mit »geschlosseneren« Maßnahmen geantwortet wird“ (ebd.).
Ähnliche Stigmatisierungsschwellen seienauchin anderenSozialarbeitsbereichen, wie Straffälligkeit von Jugendlichen oder Streetwork, erkenntlich. So seien Merkmale und Verhaltensweise, die man bei Obdachlosensieht, sehr häufig nicht auf ,den typischen Obdachlosen' zu beziehen, sondern viel mehr die „Folge der behördlichen Reaktion auf Obdachlosigkeit [...] [also] eine Folge despraktizierten Einweisungs- und Unterbringungssystems in Obdachlosenunterkünfte“ (ebd.). So wäre es nötig „bestimmtet.] institutionell-organisatorische[.] Strukturen der Jugendhilfe [abzuschaffen, und] die Definitions- und Selektionsprozesse [zu] fördern“ (ebd.). Um dies zu erreichen,formuliert Böhnisch folgende Perspektiven:
„1. Die Institutionen der Sozialarbeit müssen so umstrukturiert werden, daß [sic!] genügend Kapazitäten für sozialstrukturell orientierte, gesellschaftspolitische Aktivitäten der Sozialarbeiter frei werden.
2. Das direkte sozialarbeiterische Interventionssystem muß [sic!] so organisiert werden, daß [sic!] individualisierende und isolierende Interventionsmuster abgebaut werden können zugunsten einer tendenziellen Ausrichtung der sozialarbeiterischen Interventionen auf die Lebens- und Erfahrungswelt ihrer Adressaten“(ebd.).
Mithilfe desEmpowermentswird in der Sozialen Arbeit versucht, die Ressourcen und Fähigkeiten der Adressatinnen zu fokussieren und nicht defizitorientiert zu handeln,um sogegenStigmatisierung in derGesellschaftvorzugehen(vgl. Lauber/ Rössler 2007, S.212).
Zusammenfassend ist in Artikel 2 der Menschenrechte ein Verbot der Diskriminierung enthalten.Die SozialeArbeit hat als Ziel sozialeUngerechtigkeit zu verringern und bezieht sich auf die Gesetzeder Menschenrechte. Somit ist es auch Aufgabe der Sozialen Arbeit, Pädophile und Hebephile vor Diskriminierung und Ausgrenzung zu schützen. Denn Diskriminierung und Stigmatisierung haben einen negativen Einfluss auf den Menschen. Dies soll im empirischen Teil der Arbeit untersuchtwerden. Weiter soll die Soziale Arbeit hinterfragt werden, denn die Pädohebephilie ist nicht in ihrem Handlungsfeld enthalten und es gibt keine sozialpädagogischeHilfe für Betroffene. Dies erfolgt unter anderemdaher, dassdie psychische Problematik der Pädohebephilenund ihre Lebenswelt nicht ausreichend bis sogar überhaupt nicht in Betracht gezogen werden. Ziel der Sozialen Arbeit sollte es sein, mit stigmatisierten und tabuisierten Menschengruppen zusammenzuarbeitenund daran zu arbeiten, die Stigmatisierung zu reduzieren und Menschen in ein funktionierendes Zusammenleben im Einklang mit der Gesellschaft zu integrieren. Dies soll im Kapitel 8. Darstellung der empirischen Ergebnisse, 8.1 Zusammenfassendekritische Diskussion sowie in Kapitel 9. Reflexion untersucht werden und Lösungsansätzeetabliert werden.
Um nun die Auswirkungen der Gesellschaft, der Sozialen Arbeit bzw. der Institutionen und so der dargestellten Stigmatisierung aufzuzeigen, soll im Folgenden ein psychischer Mechanismus dies verdeutlichen.
5.3 Selbsterfüllende Prophezeiung
Mit einer Selbsterfüllenden Prophezeiung meint man, dass „Menschen (1) eine Erwartung davon haben, wie eine andere Person ist, was (2) einen Einfluss darauf hat, wie sie diesen Menschen behandelt, was (3) diese Person dazu führt, sich auf eine Weise zu verhalten, die mit der ursprünglichen Erwartung der Menschen übereinstimmt“ (Aronson et al. 2004, S. 507). So wird ein Beispiel angeführt, bei dem von der Person gegenüberangenommen wird, dasseine Person Namens Amy dumm sei. Da die Person, die Amy gegenüber ist, davon ausgeht, dasssie dumm sei, wird diese,Amy vermutlich keine interessantenFragenstellen, ihr nicht richtig zuhören und ihr die Haltung entgegenbringen, kein Interesseandemzu haben,was Amy sagt, da sie vermutlich sowieso nichts Kluges oder Interessantes zu sagen habe.Amy wiederum merkt, dassihr nicht viel Aufmerksamkeit entgegengebracht wird, während sie redet und wird sich unsicher fühlen, sich zurückziehen und dadurch nicht ihre Intelligenz unter Beweis stellen können. So wird aber der Eindruck, den die gegenübersitzendePersonhat, bestätigt und so ist der Kreislauf der Selbsterfüllenden Prophezeiung vollständig (vgl. ebd.). Bezieht man dies auf die hier vorliegende Thematik, könnte man die Selbsterfüllende Prophezeiungwie folgt beschriften:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Selbsterfüllende Prophezeiung am Beispiel Pädohebephilie (Eigene Darstellung).
So hat die Gesellschaft gegenüber Pädohebephilen Erwartungen. Diese sind beispielsweise, dassPädohebephiliegleich Dissexualität bedeutet.Hierdurch wird ein Verhalten der Gesellschaft generiert. Eben diese kann beispielsweise die mediale Berichterstattung als auch Hassnachrichten im Internet sein. Solches kann wiederum eine Reaktion bzw. ein Verhalten der Pädohebephilenerzeugen.Dieses Verhalten bzw. Reaktion kann Unsicherheit erzeugen, was gegebenenfalls zu Straffälligkeit führen kann. Im schlimmsten Fall kann dies bedeuten, dass Pädohebephile der Ansicht sind, dass sie sowieso durch die Gesellschaft als kriminell abgestempelt werden und so nichts zu verlieren haben und somit Straftaten begehenund sexualisierte Gewalt an Kindern verüben.
Nun soll dentheoretischenTeil abschließend,diePräventionvor Übergriffen durch Pädohebephile beleuchtet werden. Hier soll nun erneut, nicht aus Kindersicht, sondern aus der Sicht, der von der Präferenzstörung Betroffenen ausgegangen werden.
6. Prävention
In diesem Kapitel soll auf die Prävention von sexualisierter Gewalt an Kindern in Bezug auf Täterinnen mit pädohebephilen Präferenzstörungen, eingegangen werden. Hierzu wird sich mit dem Präventionsnetzwerk Kein-Täter-werden beschäftigt als auch im Weiteren mit anderen vorhandenen Möglichkeiten Pädohebephile präventiv zu behandeln bzw. zu unterstützen, damit existierende Unterstützungsformen aufgezeigt werden können.
6.1 Präventionsnetzwerk Kein-Täter-werden
In dem Präventionsnetzwerk Kein-Täter-werden wird die Prävention fokussiert, entweder erneut oder erstmalig Täter zu werden und weder durch direkten körperlichen nochindirekten Kontakt mit Kinderpornografie straffällig zu werden. Ziel istesweiter, Menschen,welche sich sexuell zu Kindern hingezogenfühlen, zu ermöglichen, ohneihren sexuellen Präferenzennachzugehen,ein glückliches Leben zu führen.
Es existieren anonyme Telefonhotlines für Pädohebephile. Jedoch bietet das von Klaus M. Beier etablierte Präventionsprojekt Kein-Täter-werden (ehemals Präventionsprojekt Dunkelfeld) seit 2005 Therapieplätze für pädohebephile Menschenan, die Hilfe und Unterstützung suchen,um keine (weiteren) Übergriffe zu begehen. Das ehemals nur in Berlin ansässige Projekt ist mittlerweile in Düsseldorf, Gießen, Kiel, Mainz, Hamburg, Hannover, Leipzig, Regensburg, Stralsund und Ulm vertreten. Hier soll vollständige Anonymität gewährt werden. „Ziel [diesesProjektes] ist es,dasssexuelleübergriffe durch direkten körperlichen Kontakt oder indirekt durch den Konsum oder die Herstellung von Missbrauchsabbildungen im Internet (sogenannte Kinderpornografie) zu verhindern“ (Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité - Universitätsmedizin Berlin 2022c). Das Präventionsnetzwerk Kein-Täter-werden ist ein Verbund vorwiegend universitärer klinischer Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland, der nach gemeinsamen Standards ein kostenfreies und durch die Schweigepflicht geschütztes Therapieangebot für Menschen mit einer pädophilen und/oder hebephilen Sexualpräferenzanbietet und kontinuierlich weiterentwickelt. Finanziert wird das Projekt Kein-Täter-werden von dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkasse,dem Bundesministerium für Justiz und der Deutschen Kinderschutzstiftung Hänsel+Gretel. Therapeutisch sollen folgende Punkte erreicht werden:
- „Ihre sexuelle Präferenz zu akzeptieren und in ihr Selbstbild zu integrieren,
- Ihre sexuellen Wünsche und Bedürfnisse angemessen wahrzunehmen und zu bewerten,
- fremdgefährdende Entwicklungen zu identifizieren und zu bewältigen,
- Strategien zur Verhinderung von sexuellen Übergriffen zu erlernen.“ (Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin o.J.).
Das Projekt Kein-Täter-werden besteht aus vier Säulen: Netzwerkarbeit, Öffentlichkeitsarbeit und Patientlnnenrekrutierung und Pressearbeit. So ist das Ziel die therapeutischen Angebote weiter auszuweiten. Daher möchte das Präventionsnetzwerk die „gesellschaftliche^ Ächtung [...]“ (von Heyden/ Stockmann 2021, S.162) verringern, „da sich die verhaltensunabhängige Stigmatisierung bei Betroffenen ungünstig auf das Hilfesucheverhalten, die psychische Gesundheit und das Risiko für sexuell grenzverletzendes Verhalten auswirken kann“ (ebd.).
Ebenfalls unter der Leitung von Klaus M. Beier fällt auchdas„Online-Selbsthilfe- Programm TROUBLED DESIRE“ (Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin 2020), welches Zugang zu einem anonymen, diagnostischen und therapeutischen Angebot für Menschen, die ein sexuelles Interesse an Kindern verspüren“ (ebd.) bietet und so mithilfe eines anonymen Online-Fragebogens zur groben Einschätzung, ob eine sexuelle Präferenzstörung und wenn, welche vorliegt, geben kann. Abschließend werden auch Hilfemöglichkeiten und Unterstützungen angeboten. Dieses Angebot richtet sich auch an jüngere Individuen (ab 14 Jahre) (vgl. ebd.).
Nun sollen weitere Präventivmaßnahmenvorgestellt werden.
6.2 Präventive Maßnahmen
Präventiv für eineerneuteStraftat ist dasProjekt VISIER.rlp zuständig, welchesein „Vorbeugendes Informationsaustauschsystem zum Schutz vor Inhaftierten und EntlassenenRückfalltätem“ (VISIER.RLP o.J.) ist. Hierbei werdenzwei Gruppen von Personen unterschieden. Zum einen die Gruppe S (Sexualstraftaten) und die Gruppe G (Gewaltstraftaten). Hierbei wird diese Art von verurteilten Straftäterinnen in das VISIER Programm dann aufgenommen, wenn von einer erhöhten Rückfälligkeit nach Entlassung auszugehen ist. Auf Basis einer Datenanalyse zur Risiko- und Gefährdungsbewertung erfolgen präventive Maßnahmen. Die Polizei entscheidet über die Auf- und Herausnahmeeiner Person in oderausdemKonzept VISIER undistfür Informationssammlung und-steuerung zuständig (vgl. ebd., S. 20f). Zusammenfassend soll dieses Konzept zur Minimierung desRückfallrisikos führen.
Umstritten sind alternative Präventionsmaßnahmen,wie die sexuelle Befriedigung mit pornographischen Produktionen, die Erwachsene mit kindlichem Aussehen zeigen,kindliche Ersatzpuppen,alsauchKindersexroboter. Soschreibt Julia Shaw: „‘Unechte Kinder‘ haben das Potenzial, als Ersatz für echte Kinder zu dienen, den Schaden für die Gesellschaft zu verringern und es Pädophilen zu ermöglichen ein sinnvolles und ethischeres Leben zu führen. Aber sie haben auch das Potenzial, den Neigungen derjenigen, die zu einem solchen Ersatz greifen, den Anstrich des Normen zu verleihen und zu größerem Fehlverhalten zu führen“ (2018, S. 202).
Hier ist jedoch zu betrachten, ob nicht auch ohne diese .unechten' Kinder ein sinnvolles undethischesLebenmöglich wäre. Eherist diesin Bezugzur Befriedung der sexuellen Bedürfnisse zu sehen. Es muss erwähnt werden, dass zu diesem Themengebiet erforderliche Studien fehlen, um hier wissenschaftlich argumentieren zu können. Bereits in Japanwurden von dem Unternehmen Trottla Kindersexroboter produziert. Hierbei handeltessich umeineSexpuppe,welcheden anatomischen Körper einer Fünfjährigen hat. Erwiesen ist weder, dass diese Nutzung eine kathartische Wirkung hat, noch dass sie die Verhaltenskontrolle mindert. Das Betrachten von Kinderpomografie sei jedoch Studien zufolge, ein Risikofaktor für eine Kontaktstraftat (vgl. Schuppisser2017). Dies könnte somit auch bei der Nutzung von kindlichen Sexpuppen der Fall sein. Daneben ist dies ethisch unter Betracht des Normalitätsbezugs grenzwürdig, wobei dem gegenüber wiederum die sexuelle Befriedigung Betroffener auf legale Weise steht. Wieder wird deutlich, wie wichtig entsprechendeForschungendiesbezüglich wären.
Auch ist die Kastration eine angewendeteMethode zur Prävention. In Deutschland und in der Tschechischen Republik ist die physische Kastration erlaubt. Das europäischeKomitee jedoch hatte diese scharf kritisiert. Die chemische Kastration wird in manchen Ländern zwangsweise bei überführten Sexualstraftäternlnnen durchgeführt. Dies ist jedoch in vielen Ländern, soauchDeutschlandnicht derFall. Die positiven Ergebnisse einer Kastration und somit auch die Aussage der kastrierten Betroffenen, einfacher die Triebe kontrollieren zu können und dass„das Verlangen und dasAusleben dessexuellen Verlangens ab[nehme]‘‘ (Shaw 2018, S. 201), sind hier zu erwähnen.Jedochist die „Qualität der Forschungf...] nicht gut genug, um gesicherte Schlussfolgerungen ziehen zu können“ (ebd.) (vgl. Shaw 2018, S.200f.). So zeigt sich erneut, dass zwingend weitere Forschungen auch diesbezüglich erforderlich sind. Esist erstaunlich undauchfragwürdig, warum hier nicht mehr Motivation existiert, Studien durchzuführen, um neue und valide Forschungsergebnissezu erzielen. Denn selbst, wenn esnicht darum geht, denca. 1% der deutschen Pädohebephilen zu helfen und sie so zu unterstützen ein legalbewährtes und glückliches Leben zu führen, so sollte doch das Ziel sein, Kinder zu schützenunddie Gefahrfür sie effektiv zu minimieren.
7. Wissenschaftliche Vorgehensweise
Nun soll auf die Erhebungsmethode und anschließend auf die Datenerhebung der vorliegenden Arbeit eingegangen werden. Hierdurch soll verständlich gemacht werden, warum diese Art derErhebungsmethodeausgewähltwurde. Ebenfalls soll nachstehend die Stichprobe der durchgeführten Forschung erfolgen, um so die Transparenz der Arbeit gewährleisten zu können. Darauf folgt die Auswertungsmethode, welche für die hier verwendeten Daten ausgewählt wurde. Diesesoll in ihren Schritten erläutert werdenund auchhier dem Leserverständlich machen, wieso die Methode als passend empfunden wurde. So soll auch der Kodierleitfaden dargestellt werden.
7.1 Darstellung der Erhebungsmethode
In der vorliegenden Arbeit soll qualitative Forschung betrieben werden. Es kann zum einen visuell (Beobachtungen, Ethnografie oder Fotoanalyse/ Filmanalyse) und zum anderen verbal (Interview, Gruppenverfahren) geforscht werden (vgl. Heistinger 2006, S.13). Als Erhebungsmethodesoll nun das Interviewformat gewählt werden. Hierbei gibt es die Möglichkeit, das Interview unterschiedlich stark zu strukturieren. Es gibt unterschiedliche Arten, das Interview zu führen. Einmal können die Befragten das Gespräch „selbst steuern oder der*die interviewende Person[lenkt] den Gesprächsfluss“(ebd., S.6). Durch die Auswahl und den Status der Befragten können Experteninterviews generiert werden. Alternativ gibt es die Möglichkeit, ein Leitfadengestützteslnterview zu führen. Wichtig bei der methodologischenMethode desLeitfadengestützten Interviews ist die Gestaltung der Interviewsituation, wobei die Fragen „wie und mit welcher Begründung das Sprechend..] der interviewten Person beeinflusst und gesteuert [Hervorheb. im Original]“ (Helfferich 2019, S.669) werden soll, leitend sind. Weiter muss geklärt werden, wie die Rollen, der dem Interview beiwohnenden Personen,verteilt sein sollen. Dem Leitfadeninterview liegt ein vorab gestalteter Leitfaden zugrunde, welcher sich mithilfe von Erzählaufforderungen, „explizit vorformulierten Fragen, Stichworten für frei formulierbare Fragen und/oder Vereinbarungen für die Handhabungvon dialogischer Interaktion für bestimmte Phasendes Interviews“ (ebd., S.670) aufweist. Wichtig ist bei dieser Art der Methode, eine maximale Offenheit einzugrenzen, um dasForschungsinteressebzw. die Forschungsfrage beantworten zu können. Hierdurch ist dem doch sehroffenen Interviewablauf eine gewisse Struktur gegeben. Da zwar auf einen sehr offenen Interviewablauf Wert gelegt werden soll, das Thema Pädophilie und Hebephilie jedoch sehr umfangreiche Thematiken sind, soll das Leitfadengestützte Interview für dasForschungsdesigngewählt werden, damit die geforderte Offenheit dennoch durch den vorgegebenenLeitfaden eingegrenzt wird (siehe im Anhang 1 Leitfaden für von pädohebephilie Betroffene und Anhang 2 Leitfaden für professionelle Experten). Weiter wurden die gleichen Fragenfür die jeweiligen Expertinnen im Interview gewählt und nur leichte spontane im Interviewverlauf vorkommende Abweichungen gewählt, da hierdurch eine höhere Vergleichbarkeit geschaffen werden sollte.
7.2 Verfahren der Datenerhebung
Da in der vorliegenden Arbeit qualitative Methoden verwendet werden sollen, sollen hierzu, wie bereits erwähnt, Interviews geführt werden, um detaillierte Erkenntnisse und unterschiedliche Perspektiven zu der Stigmatisierung bei Pädohebephilen zu erhalten. Anschließend soll das erhaltene Forschungsmaterial entsprechend ausgewertet werden, um so Lösungen zur Reduktion der Stigmatisierung, wie auch möglicherweise gleichzeitig Lösungen zur Reduktion sexualisierter Übergriffe durch Pädohebephilezufinden und die Rolle der Sozialen Arbeit herauszuarbeiten.Dazu werden vier von Pädo-oder Hebephilie Betroffene mithilfe einesLeitfadeninterviews befragt und ergänzendhierzu - um eine weitere professionelle Sichtweise hinzuzunehmen - werden ein auf Sexualstraftaten spezialisierter Psychotherapeut,sowie ein Psychotherapeut,welcher auf Pädophilie spezialisiert ist und weiter eine Psychologin, welche präventiv mit Pädohebephilen arbeitet, interviewt. Alle Interviews, außerdaslnterview mit demlnterviewten B7, wurden Face-to-Face absolviert. Somit sind die interviewten Psychotherapeuten sowie die Psychologin als Expertinnen anzusehen,dasie Praxis und Erfahrung in dem geforderten Handlungsfeld aufweisen. Sie haben langjährige Erfahrung mit Sexualstraftäterinnen und/oder mit Pädohebephilen, wodurch das Wissen als wichtige Erkenntnis bei der Beantwortung der Forschungsfragezu sehenist. Somit wird davon ausgegangen,dassdas Expertinnenwissen in einem gewissen Sinne repräsentativ für andereExpertlnnen, dergleichen Ausbildung mit entsprechend langjähriger Praxiserfahrung und nicht individuell und persönlich zu sehen ist. Trotzdem kann die Beantwortung nicht als vollständige Objektivität bewertet werden, da auch Expertinneninterviews subjektive Äußerungen und Ansichten enthalten (vgl. Helfferich 2019, S.680f). Die drei Expertinnen wurden teils telefonisch, teils via E-Mail nachlnterviewterminen angefragt.Die Interviews mit dem Psychotherapeuten fand im persönlichen Face-to-Face Kontext statt, das Interview mit der Psychologin und dem weiteren Psychotherapeutenfand jedoch, da sie selbst dies präferierten und aufgrund von räumlicher Distanz dies so vereinfachte, via der Videokonferenz Zoom im Face-to-Face-Kontext statt. Der Leitfaden wurde zwei der interviewten Personen bereits vorab geschickt. Dies erfolgte deshalb, da die Interviewten dies ausdrücklich wünschten, um sich bei einem solch sensiblen Themawie diesem, vorbereiten zu können.
Weiter wurden drei Interviews mit Betroffenen in Face-to-Face-Austauschvia Zoom und ein Interview schriftlich geführt. Diese Kontakte wurden durch Selbsthilfe- und Online-Foren hergestellt und mit überraschend großer Bereitwilligkeit vereinbart. Auch hier wurden die Fragenbereits vorab mitgeteilt, da es bereits erlebte negative Erfahrungen gab und so die Leiterinnen der Foren vorsichtiger geworden sind, um den Schutz der Teilnehmerinnen zu gewährleisten. Da diese Betroffenen aufgrund ihres „spezifischen Rollenwissens“ (ebd., S.681) und so „eine darauf basierendebesondereKompetenz für sich selbst in Anspruch nehmen“ (ebd.), werden sie somit auch als Experten im Folgenden angesehen.Diskriminierte Gruppen verfügen über ein Sonderwissen, und so soll denlnterviewten ein „positiver Status“ (ebd., S.681)verliehen werdenundsogenau dieses Wissen und die Erfahrung in den Mittelpunkt gestellt werden, was gleichzeitig „die Interviewbereitschaft deutlich stärken“ (ebd.) kann. Die Teilnehmerinnen der Interviews wurden deshalb auf sieben beschränkt, da sonst der Rahmender Masterarbeit gesprengtworden wäre.
Die Interviews wurden von der Autorin der Forschungsarbeitin deutscherSprache durchgeführt.
Bei dem Interview-Leitfaden wurde der narrative Einstieg gewählt, um so in die Thematik leicht einzusteigen und die Gesprächsbereitschaftzu fördern. So sollten die Therapeutenunddie Psychologin erzählen,wie sie zuder Arbeit mit pädophilen und hebephilen Menschen bzw. der Spezialisierung von Sexualstraftäterinnen gekommensind und wie lange sie in ihrem Berufsfeld bereits tätig sind. Auf diese Weise sollte dasfreie Erzählen generiert werden und gleichzeitig die Atmosphäre und sodasSetting angenehmdurch einfache Fragen gestaltet werden. Es wurde im weiteren Verlauf des Leitfadens darauf geachtet, offene Fragen zu stellen. Jedoch wurde von einem ganzheitlich narrativen Interview abgesehen, da die Forschungsfragen zu spezifisch sind und die Fachmeinung zur Beantwortung der Forschungsfragen von Nöten waren. Da es sich bei den Interviews um Leitfadeninterviews handelt, sind hier auchmehr „strukturierte^] Abfolge[n] von konkret und prägnantbeantwortbarenFragen“ (ebd., S.682) erfolgt.
Auch die Interviews mit den von Pädo-oder Hebephilie Betroffenen basierte auf einem Leitfaden. Ebenfalls wurde hier der narrative Einstieg gewählt (Wie geht es Ihnen?), um den Interviewten eine gewisse Sicherheit bei der Beantwortung zu geben und ein angenehmesSetting zu schaffen. Trotzdem war auch hier eine gewisseStruktur für daslnterview von Nöten, wobei trotzdem dasoffene Gespräch im Vordergrund stehensollte. Somit wurde nachdem Prinzip „‘so strukturiert wie notwendig'“ (ebd., S.676) und gleichzeitig „so offen wie möglich“ (ebd.) das Gesprächgeführt.
7.3 Beschreibungder Stichprobe
Es wurden 16 Anfragen für die Interviewteilnahme verschickt. Fünf Anfragen wurden abgesagt, acht verblieben ohne Rückmeldung und bei drei wurde eine erfolgreiche Rückmeldung verzeichnet. Durch eine der drei zurückgemeldeten Anfragen, wurde das Angebot bereitgestellt, die Interviewanfrage in einem Forum zu veröffentlichen. Hierdurch ergaben sich aktive Interessensanfragen, durch welche sieben Interviews letztendlich geführt werden konnten.
So wurde den meisten interviewten Personen vorab der Fragebogen zugeschickt, als auch die dazugehörige Datenschutzerklärung. Ausnahme bildet hier B6, welcher vorab keinen Fragebogen aufgrund der Kurzfristigkeit wollte. Da die genauen Altersangaben nichts zur Forschungsgrundlage beitragen, wird somit darauf verzichtet, diese genau zu nennen, da die Thematik so sensibel zu betrachten gilt, dass keinesfalls Rückschlüsse auf die befragten Personen gezogen werden sollen, weshalb das Alter jeweils in einer Zeitspanne angegeben wurde. So soll es möglich sein, trotzdem wichtige demografische Merkmale zu erhalten. Auch ist dies der Grund, warum keine Orte und Namen im Weiteren genannt werden. Dies würde ebenfalls nichts zur Forschung beitragen. Die Aufnahme erfolgte entweder über den Videokonferenzdienst Zoom selbst, über das Aufnahmegerät Digital Voice Recorder oder über die Aufnahmeoption des IPhones.
Das erste Interview mit Bl fand am 06.07.2022 um 12:00 Uhr anhand des Videokonferenzdienstes Zoom statt. Der Betroffene Bl ist männlich, pädophil, zwischen 60 und 70 Jahre alt und er nahm, nach der Kontaktierung der Autorin eines Forumportals für pädohebephile Menschen, Kontakt per E-Mail mit der Interviewerin auf. Das zweite Interview mit B2 fand einen Tag später ebenfalls um 12:00 Uhr via Zoom statt. Hierbei handelt es sich um eine Mitarbeiterin des Präventionsnetzwerks Kein-Täter-werden, welche bereits während ihres Psychologiestudiums anfing, bei dem genannten Arbeitgeber zu arbeiten. So ist sie seit sechs Jahren Angestellte des Präventionsnetzwerks. Die Kontaktaufnahme durch die Interviewerin erfolgt per E-Mail. Am 07.07.2022 um 15:00 Uhr wurde ein Interview mit dem Betroffenen B3 erneut via Zoom geführt, welcher männlich, pädo- oder hebephil und zwischen 25 und 35 Jahre alt ist. Dieser kontaktierte die Interviewerin per E-Mail, da dieser die veröffentlichte Anzeige im Forum las und so Interesse an dem Interview bekam. Den professionellen Interviewten B4 stellt der Psychotherapeut René Cuadra-Braatz dar. Das Interview fand am 11.07.2022 um 11:00 Uhr in persönlicher Form statt. Der Psychotherapeut möchte nicht anonymisiert werden und ist zwischen 50 und 60 Jahre alt. Er arbeitet in einer Justizvollzugsanstalt mit männliche Insassen. Der Betroffene B5 kontaktierte die Interviewerin auf dem gleichen Weg wie der Interviewte B3. Dieses Interview fand am 12.07.2022 um 12:25 Uhr über den Videokonferenzdienst Zoom statt, wobei zwischendurch auf Jitsi gewechselt wurde, da die Intemetverbindung für Zoom zu instabil war. Der Interviewte ist ebenfalls männlich, pädophil und zwischen 35 und 40 Jahre alt. Weiter wurde am 12.07.2022 um 18:00 Uhr per Zoom ein Interview mit einem Heilpraktiker für Psychotherapie (B6), dessen Schwerpunkt Pädophilie ist, geführt. Der Interviewte B6 ist zwischen 55 und 65 Jahre alt und kontaktierte die Interviewerin ebenfalls über die Anzeige im Forum via E-Mail. Der Interviewte B7 war ebenso bereit, Fragen zu beantworten, präferierte jedoch die Beantwortung ohne Face-to-Face und schickte so die Antworten schriftlich per E-Mail. Der Interviewte hat eine pädo- oder hebephile Neigung und ist zwischen 35 und 40 Jahre alt.
Alle Aufnahmen wurden mit oben genannten Methoden aufgenommen und die Audioaufnahme im Weiteren transkribiert. Die Transkription erfolgte anhand Dresing und Pehl (2012). Hierzu wurde das Einfache Transkriptionssystem ausgewählt. Hinzu wurden erweiterte Regelungen ergänzt. So sollen „Pausen [...] je nach Länge durch Auslassungspunkte in Klammern markiert [werden]. Hierbei steht {.} für circa eine Sekunde, (..) für circa zwei Sekunden, (...) für circa drei Sekunden und (Zahl) für mehr als drei Sekunden“ (Dresing, Pehl 2012, S.29). Ebenfalls werden „Verständnissignale und Fülllaute des Interviewers („mhm, ja, aha, ähm, etc.) [...] transkribiert. Alle Äußerungen des Befragten werden transkribiert. Dies bedeutet auch Fülllaute wie Mhm und Ähm“ (ebd.). „Sprecherüberlappungen werden mit // gekennzeichnet. Bei Beginn des Einwurfes folgt ein //. Der Text der gleichzeitig gesprochen wird liegt dann innerhalb dieser // und der Einwurf der anderen Person steht in einer separaten Zeile und ist ebenfalls mit // gekennzeichnet“ (ebd.).
Die aufgenommenen Daten wurden nach der Transkription von allen Geräten unwiderruflich gelöscht.
7.4 Darstellung der Auswertungsmethode
Als Auswertungsmethode soll die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring erfolgen, welche die Texte bearbeitet, die mithilfe von sozialwissenschaftlicher Forschung gewonnen wurden (vgl. Mayring/ Fenzl 2019, S.633). Diese Methode wird häufig bei großen Materialmengen angewendet, bleibt jedoch trotzdem qualitativ-interpretativ und gewinnt so „latente Sinngehalte“ (ebd.) (vgl. ebd.). Diese Auswertungsmethode unterscheidet sich dahingehend von anderen, als dass sie das Merkmal der „Kategoriengeleitetheit [Hervorheb. im Original]“ (ebd.) innehat. So gibt es zur Analyse Ober- und Unterkategorien, in die wiederum die entsprechenden Transkriptionspassagen unterteilt werden. Die Bildung des Kategoriensystems ist der zentrale Punkt dieser Auswertungsmethode. So werden ausschließlich die Textstellen beachtet, welche sich auf die Kategorien beziehen. Die Kategorien sind „streng regelgeleitet [Hervorheb. im Original]“ (ebd., S.635). So wird primär ein Kodierleitfaden angelegt, bei dem die Kategoriendefinition, Ankerbeispiele und die Kodierregeln festgelegt werden. Als Vorgehensweisewird in dieser Forschungsarbeit nach der induktiven Kategorienentwicklung vorgegangen. So ist der erste der sieben Schritte die Bestimmung der Analyseeinheiten. Damit wird die vollständige Aussage der Experten zu der Forschungsfrage bestimmt. Zweiter Schritt ist die Paraphrasierung der inhaltstragendenTextstellen, wodurch die Aussagenauf Wichtigkeit betrachtetund sauber aufgeschrieben werden sollen. Drittens soll die „Bestimmung des angestrebtenAbstraktionsniveaus“ (Mayring 1991, S.211) erfolgen. Hierbei sollen paraphrasierte Sätze zu Kategorien reduziert werden. Somit soll die „Reduktion durch Selektion, Streichen bedeutungsgleicher Paraphrasen“ (ebd.) und im Weiteren eine „Reduktion durch Bündelung, Konstruktion, Integration von ParaphrasenaufdemangestrebtenAbstraktionsniveau“ (ebd.) erfolgen. Der sechste Schritt ist die Zusammenfassungais Kategoriensysteme. Letzter Schritt bildet die Rücküberprüfung der bereits zusammengefasstenKategorien (vgl. ebd).
So soll nun im Folgenden, der für die vorliegende Forschungsarbeit verwendete Kodierleitfaden, welcher Teil des Auswertungsverfahrens ist, kurz beschrieben werden.
7.4.1 Kodierleitfaden
Es soll nun hierfür die strukturierende oder auch deduktiv genannte Kategorienentwicklung verwendet werden. Hierbei werden vorab theoriegeleitete Kategorien erstellt. Hierzu wird ein Kodierleitfaden verwendet, bei dem „für jede Kategorie eine Definition, typische Textpassagen als Ankerbeispiele und Kodierregeln zur Abgrenzung zwischen den Kategorien“ (Mayring/Fenzl 2019, S.638) verwendet werden (vgl. ebd.). Der beschriebeneletzte Schritt wird in der vorliegenden Arbeit nicht verwendet, dadie Abgrenzung zwischenden Kategorien eindeutig ist. Um den Kodierleitfaden zu optimieren, wird dieser, der vorerst theoriegeleitet erarbeitetwurde, „am Material weiter ausgebautundergänzt“ (ebd.). Der entwickelte Kodierleitfaden mit entsprechenden Textstellen und dazugehörigenAnkerbeispielen ist im Anhang3 Kodierleitfaden zu sehenundauch die dazugehörige bearbeitete Transkription ist ebenfalls im Anhang 4: GesamtTranskript der siebenLeitfadeninterviews.
8. Darstellung der empirischen Ergebnisse
Im aktuellen Kapitel sollen nun die einzelnen erarbeiteten Kategorien erläutert werden und mit Beispielen belegt werden. So sollen im Weiteren die Forschungsfragenbeantwortet und somit verifiziert oder falsifiziert werden. Das ausführliche Gesamt-Transkript ist im Anhang angefügt, um gesamtePassagenund deren vollständigen Kontext nachvollziehen zu können. Es handelt sich in der Gesamt-Transkription um sieben verschiedene Interviews, bei denen sowohl professionelle Expertinnen als auchvon der pädohebephilenNeigung Betroffene, Interviews gaben.Die Autorin möchte darauf verweisen, dassFehlinterpretationen von AussagenBefragter, ausschließlich der Fehler der Autorin ist und so zielt sie darauf ab, die korrekte Aussage der Äußerungen von den Befragten, hier zu verschriftlichen. Die Gliederung der Ergebnisse im aktuellen Kapitel erfolgte anhand des erstellten Kodierleitfadens, welcher nochmals im Anhang gesamtheitlich und ausführlich betrachtet werden können (Anhang 3 Kodierleitfaden).
K1 Aktueller Gemütszustand
Diese Frage wurde ausschließlich den Betroffenen gestellt. Hierbei möchte die Autorin die AussagedesBetroffenen (B1) herausstellen,ja, ich bin zufrieden, ich kann gut mit mir leben, mit mir und meiner Neigung“ (Z.765). Dieser Betroffene hatte einen langen Lebensweg, um zu dieser Aussagezu kommen. Seine pädophile Neigung belasteteihn sehrviele Jahre. Nach vielen Versuchen eine passendeHilfe zu bekommen, fand er diese auch bei dem Präventionsprojekt Kein-Täter-werden und lernte mit seiner Neigung zu leben und zu dem Punkt zu kommen „das war für mich dann schon mal ein ,Oh ja ist so, ist so, ich bin Mensch, ich bin erstmal Mensch und dann bin ich ein Mensch mit pädophilen Neigungen, aber ich bin deswegenkein Unmensch,kein Monster oder sonstirgendwas'“ (Z.693-695), was ihm half zu dem aktuellen Gemütszustandzu gelangen. Ein anderer Betroffener (B3) beschreibtseineaktuelle Situation so, dasserimmer noch„Tage [hat], wo [...] [er] darunterleide[t] an[s]einer Neigung, aberesgibt auchTage, wo [...] [er] auch gutzurechtkomm[t], [Er] [...] musszugeben,aktuell mit derUnterstützung[s]einer Pädophilie, da [ist er] [...] zufrieden“ (Z.1572-1574). Der Betroffene (B7) beschreibt seine aktuelle Lebenswelt als „suboptimal“ (Z.3531), da er „kaum Freunde [sic!] außerhalb des Internets“ (ebd.) habe und „wegen ständiger Krankheiten[sic!] arbeitsunfähig[sic!]“ (Z.3532f) sei.
K1.2 Komorbiditäten
Dies wurde ausgewählt,daesauffällig häufig vorkam, dassüberDepressionenund weitere komorbide StörungensowieauchSuizidgedankenvon Betroffenen geklagt wurde. Auch die Expertinnen bestätigten diese Kategorie. So erzählt der Betroffene (B1) von einer Lebensphase, die ausgelöst wurde, durch häufiges Scheitern in Beziehungen aufgrund seiner pädophilen Neigung (vgl. Z.640f) und auch durch erneut gescheiterte Hilfegesuche bei Hilfeeinrichtungen (vgl. 406f; Z.636f). Hierdurch kam er zu dem Punkt, dasser„es nicht mehr ertragen [habe], mit [sich] [...] selber zu leben. [Er] [...] hatte (..) verschiedeneMöglichkeiten einigermaßen sauberausdiesem Leben zu treten, ohne allzu große Schweinerei zu hinterlassen“ (Z.654-656). Auch der befragte Psychologe bestätigte die nicht seltenenSuizidabsichten von Menschenmit pädo-und hebephiler Neigung („Ja, ja, das [gemeint sind hier die Suizidabsichten] ist nicht unbedingt was Seltenes“ (Z.2514)). Er macht dies an einem konkreten Patienten deutlich, welcher „schon Suizidversuch unternommen habe, auch mit Blick auf die begangeneTat oder Taten, undauchmit Blick auf Stigmatisierung“ (Z.2516f). Weiter werdenvon der befragten Mitarbeiterin des Präventionsnetzwerkes Kein-Täter-werden (B2) bestätigt, dass „die Pädophilie [...] schon mit einem sehr hohen Leidensdruck verbunden[sei] und dassKomorbiditäten wie Depressionenvorliegen, dasist, ähja dasist keine Seltenheit. Also [sie] [...] würdesagensodasHäufigste, (..) doch,sind schon Depressionen, ähm ja teilweise auch Zwangsgedanken“ (Z.1043f). Auch Stress durch die innere Unzufriedenheit konnte der Betroffene (B1) beschreiben und vermutet so auch als Folge seinen erlittenen Herzinfarkt (vgl. Z.280f). Und genaudie Unzufriedenheit, die sowohl durch die Gesamtsituation, aberauchdurch Krankheitsbilder hervorgerufen werden kann, stellt „eben schon [einen] Risikofaktor dar[.], auchfür [...] einen Rückfall oder ja einen Rückfall, sowohl beim, bei den Missbrauchsabbildung, aber als auch ja im Worst-Case-Zenario ein ähmübergriff1 (Z.1201-1203).
K2 Jugendzeitund Kenntnis über die pädo- und hebephile Neigung
So sei diese „jedem Patienten gar nicht ganz klar [...], wann das für sich, wann ihnen dasklar geworden“ (Z.1130-1132) sei. Bei demBetroffenen (B1) ist dies ein sehr langer Prozessgewesenund „erst mit circa 30 Jahren“ (Z.52f) ist ihm die Neigung bewusst geworden. Trotzdem gab es bereits in der Jugend Schlüsselmomente,„die darauf hinw[ie]sen, dass[s]ein Lebennicht soganznormal verlaufen ist“ (Z.55f). Auch beschreibt er, dassdie Gesellschaft anderer Jungen „oftmals nicht [s]eine Welt [war], [er] fühlte [sich] [...] dort nicht wohl, wenn, wenn die am protzen und prahlen waren. Es war nicht [s]eins [Hervorheb. im Original], [Er] [...] hatte damals allerdings noch keine Gedankenan an jüngere Menschen, Kinder verschwendet. Es war halt nicht [s]eine Welt, es war nicht die Welt, in der[er] [...] [s]ich wohlfühlte. Ähm (..) [er] [...] habeauch(.) nicht sosehr nach ja als Jugendlicher nach Mädchen geschaut, wie anscheinend bei anderen Menschen Jungs“ (Z.69-75). In einer Beziehung mit einer jungen Frau, welche bereits eine Menge Kinder hatte und die jüngste Tochter bei der Mutter lebte, merkteer, dass„die Gedanken]...] wiederstärkerfwurden], weil [...] [er] merkte, dass]...] [ihn] die Tochter manches Mal mehr ansprach, mehr erregte als die Mama“ (Z.149f). Der Zeitpunkt, wann Menschenmit pädophilen und hebephilen Neigungen diese bei sich entdecken, sei laut der Präventionsbeauftragten (B2) „ganz unterschiedlich. Esgibt Personen,die stellen dasim Jugendalterfest. Es gibt Personen, die sagen ,ähm so wirklich ist es mir erst aufgefallen im höheren Erwachsenenalter(.) oder mittleren Erwachsenenalter'. Letztendlich lässt sich das sogenau]...] gar nicht sagen“(Z.972-975). Meist werdeeserstauffällig, „je mehr eben dieses ganze auseinander, das Alter auseinanderrückt, fällt einem dann eben doch auf, oder den Patienten eben doch auf äh, ja, dass wie man selbst sich einfach weiterentwickelt hat, aber eben die Personen, auf die die sexuelle Anziehung passiert, das eben nicht“ (Z.980-983). Soerzähltauchein Betroffener (B3) davon, dasser „erste Anzeichen“ (Z.1390) bereits mit 17 Jahrenbei sich merkte, da die Jungenbei dem Supertalentihn anzogen(vgl. ebd.). Auch ein weiterer Betroffener (B5) hatbereitsmit demAnfang derPubertät(„so 14 rum“ (Z.2622)) bemerkt, dass etwasandersist und mit ungefähr 17 Jahrendachteer„da stört was“ (Z.2633f). Der Betroffene (B7) bemerktemit 20 Jahren,dasser sich sexuell für Kinder interessiert (vgl. Z.3525).
K3 Outing gegenüberprofessionellen und privaten Personenund ihre Reaktion Hierbei spielten sowohl professionelle Personen eine Rolle, als auch Freunde, Bekannte sowie die Familie. Es wurden sehr unterschiedliche Reaktionen von den Betroffenen beschrieben.So gab esverständnisvolle und hilfsbereite Reaktionen, aber auch destruktive Reaktionen. Der Betroffene (B1) beschreibt die Reaktion seinerEx-Frau überseineNeigung als unproblematisch („Und für sie wardasdann neu, aber auch ganz okay“ (Z.112f)). Besonders hervorzuheben ist die unvoreingenommene Verhaltensweise des Kindes von einer ehemaligen Lebenspartnerin. So interviewte das Kind mit einer Klassenkameradin den Betroffenen zu seiner sexuellen Neigung für eine Schulaufgabe. Diese Situation schien den Betroffenen positiv zu beeinflussen. Er beschreibt die Reaktion des Kindes als „offener“ (Z.197) im Gegensatz zu Reaktionen von Erwachsenen. Erklären kann er dies mit den Worten „sie hat mich vorher ja auch kennengelemt und wusste, es ist nichts passiert. Sie wusste nur ich, ich fühle eben anders als andereMenschen. Daswar alles. Und eswar schon Interessedaranja, wie wie jetzt undwasjetzt, aberhatteebenkeinen, keinen negativen Bezug dazugehabt“ (Z.193- 195). Anders erging es dem Betroffenen (B1) in seinem Beruf. Hier war ihm bewusst, dass er niemandem von seiner Neigung erzählen darf, da er sich sicher war, dasser sonst,,[s]einen Job los[geworden]“ (Z.274) wäre und daswollte er auf keinen Fall. Zusammenfassend meint er, dass er über seine sexuelle Neigung gesprochen habe und „offen“ (Z.307) gewesen sei, jedoch „viel Ablehnung erfahren“ (Z.307f) habe. Aufgrund seiner Neigung und nachdem den Eltern der Schulkinder, in deren Schule der Betroffene (B1) Hausmeister gewesen ist, erfuhren, dasser pädophil sei und straffällig mit Konsum der Kinderpornografie gewordensei, stellten drei Eltern Anzeige wegenKindesmissbrauchs(vgl. Z.321f). An den Vorwürfen sei jedoch nichts Wahres gewesenund so seien die Anzeigen auch fallen gelassenworden. Jedochgilt hierzu betonen, dassallein aufgrund der Neigung des Betroffenen, Anzeige gestellt wurde und die Vermutung dargelegt wurde, dasser Kindesmissbrauch begangenhabe.Somit folgte denAnzeigen auch die strafrechtliche Verfolgung und so auch die Strapazen, die der Betroffene über sich ergehenlassenmusste.Auch die Hilfesuche in einer REHA (Rehabilitation) für eine BehandlungseinerDepressionwurde aufgrund seiner pädophilen Neigung abgelehnt (vgl. Z.388-403). Nachdem er selbst die Neigung beim Aufnahmegesprächerwähnte, wurde er gebeten, die Klinik zu verlassen, da er „dort nicht behandelt werden“ (Z.406f) könne. Diese Haltung ihm gegenüberbeschreibt er mit denWorten „hat mich nicht direkt aufgebaut,nein (seufzen)“ (Z.408f). Auch auf Nachfragebei der REHA sei ihm klipp und klar von diesermitgeteilt worden: „,So Leutenwie Ihnenbietenwir keinenUnterschlupf' (Z.440). Als derBetroffene eine andereREHA fand, bei welcher er mit seinenDepressionengeholfen bekam, erfuhr er „Gott sei Dank [Hervorheb.im Original] erst nachder REHA“ (Z.473f), dasser hinter seinem Rücken als „Kinderficker“ (Z.475) bezeichnetwurde.
Jedoch kann der Betroffene (B1) besonders im privaten Bereich auf positive, aufbauendeReaktionen zurückblicken. So hatte er mit einer Frau Kontakt, welche sexuelles Interesseanihm zeigte. Ihre Reaktion auf sein Geständnis,dasserauf das „kindliche Körper-Schema stehe“ (Z.491), sei „nicht umdrehen und weglaufen [gewesen], sondemsie [habe] [...] gesagt,Dann kommt esdir vielleicht gelegen, dassich untenrum rasiert bin'“ (Z.492f). Solche Reaktionen habendem Betroffenen (B1) gezeigt, dasser„als Mensch“ (Z.498) angenommenwurde und als Mensch akzeptiert wurde (vgl.498-500).
Die Präventionsexpertin (B2) zeigt sich nicht verwundert, dassviele Betroffene „Schwierigkeiten haben, sich ihren Angehörigen, Freunden oder sonst wem in der Gesellschaft mitzuteilen“ (Z.1084). So hätten viele ihrer Patientinnen „keine weiteren Personen ins Vertrauen gezogen“ (Z.1088f). Auch würde sie nicht pauschal sagen, dass der Einbezug der Eltern immer positiv für die Betroffenen wäre. Denn was man nicht vergessen dürfe „es sind zwei Personen mehr, die darüber Bescheid wissen und in den Familienkontexten, kann es durchaus auch passieren, dass, wenn Kinder anwesend sind, dass man das Gefühl hat, man wird, man wird beobachtet, jeder, jede, jede Handlung und ähm ja wird genauestens ähm (.) ins Visier genommen“ (Z.1324-1327). Es sei prinzipiell gut, wenn es Personen gäbe, die eine „unterstützende Funktion haben“ (Z.1334), aber dies müssten nicht zwingend die Eltern sein. So erklärt der Betroffene (B5), dass die Eltern zwar zu einer Generation gehören, denen Offenheit wichtig sei, jedoch sei dies „auf irgendwie einer anderen Ebene“ (Z.2641f) und sie hätten dies „nicht begriffen“ (Z.2642). Dass die Eltern nicht unbedingt miteinbezogen werden, bestätigt auch der Betroffene (B3). So wisse lediglich der Therapeut und seine Mutter von seiner pädophilen Neigung (vgl. Z.1397; Z.1477). Jedoch reagierte Letztere nicht unbedingt unterstützend, sondern zweifle die Neigung ihres Sohnes „bis heute“ (Z.1598) an. Der Betroffene (B3) beschreibt den Einbezug von Freunden dahingehend als schwierig, als dass man hier „gezwungen [sei], immer darauf einzugehen und dazu zu sagen ,Nein so ist es nicht, sondern so und so‘ ist es. Weil wenn [man dies] [...] nicht [...] [machen würde], dann [...] [sei] diese Verurteilung immer noch da“ (Z.1614f). Er fasst dies so zusammen, dass man „extrem aufpassen [müsse], wo man sich oute[.]“ (Z.2012).
Auch der Betroffene (B5) erzählt von einer erfahrenen Ablehnung aufgrund seiner pädophilen Neigung bei Bekannten. So hätten diese „einfach wirklich richtig dämlich reagiert“ (Z.2778f) und ihm verdeutlicht, dass wenn er in ihrem Umfeld wohnen würde, sie sich „verpflichtet sehen [würden], über [...] [ihn], sämtlichen Eltern Bescheid zu geben“ (Z.2780f). Jedoch hat er auch über eine sehr positive Bekanntschaft zu berichten. So habe er eine Bekannte mit Kindern, die über seine Neigung Bescheid wisse, welche ihn mit den Kindern normal umgehen ließe und auch für Fragen bei Unsicherheiten zur Verfügung stehe (vgl. Z.2820-2825).
Auch auf professioneller Ebene sei die Aufklärung über die sexuelle Neigung nicht immer einfach. So erzählt der Betroffene (B5), dass ein Hausarzt ihn, nachdem dieser über seine Neigung erfuhr, den Betroffenen „wie den letzten Dreck behandelt“ (Z.3000) habe.Er habeihn sogarunter einem Vorwand „formell ja der Praxis verwiesen“ (Z.3005f). Dass nicht jeder Hausarzt so ist, verdeutlicht der Betroffene (B1), da sein Hausarzt auf seine Erläuterung über seine sexuelle Neigung, professionell reagiert habeund Kein-Täter-werden empfohlen habe(vgl. Z.550-668).
Ebenfalls ein Gegenbeispiel nennt der Betroffene (B5) bei seinem Neurologen, welcher „sehr ruhig, völlig normal reagiert“ (Z.2664) habe, als ob er ihm von einem „roten Fleck“ (Z.2666) erzählt habe. Diese Reaktion sei „professionell und wie man es sich wünschen würde“ (Z.2668f) gewesen. Ähnlich sei die Reaktion von den Angestellten des Präventionsnetzwerks Kein-Täter-werden am Telefon gewesen. Diese ruhige Reaktion habe den Betroffenen (B5) „voll irritiert“ (Z.2674).
Der Psychotherapeut der Justizvollzugsanstalt erklärt seine Haltung seinen Patienten gegenüber so, dass er ihnen „keine moralische [Hervorheb. im Original]“ (Z.2603) Haltung gegenüberbringe. Er lege Wert darauf, dass ihm eine „gemeinsame [Hervorheb. im Original] Betrachtung“ (Z.2604) also ihm eine ,,offene[.] gemeinsame^], also fern der Moral, zunächst eine moralfreie Betrachtung“ (Z.2604f) wichtig sei.
K4 Professionelle Hilfe
K4.1 Angenommene professionelle Hilfe
Die meisten befragten Betroffenen sind als ersten Weg über den Hausarzt gegangen, da sie nicht wussten, wie und wo sie sonst Hilfe bekommen sollen (vgl. Z.119f). Andere sind auch direkt zu Kein-Täter-werden gegangen (vgl. Z.I482; Z.2679f). Besonders bei dem Betroffenen (Bf) war die Überweisung auch für Hausärzte nicht einfach, da das Präventionsnetzwerk erst 2005 entstand, der Betroffene aber heute bereits über 60 Jahre alt ist und so für ihn noch nicht zur Verfügung stand. So schickte der Hausarzt den Betroffenen (Bf) zu einem Psychiater, von diesem er sich jedoch „überhaupt nicht verstanden“ (Z.I25) fühlte, da dieser ihm erzählte, „dass dieses Gefühl, eben jetzt dadurch kam, dass [er] [...] nach der Beziehung eben (..) ja nach wie vor sexuelle Wünsche habe und dass die sie sich irgendwo ausleben wollen, dass die irgendwo raus wollen“ (Z.77f) würden. So sei der „Wunsch nach Sexualität, [...] [eine] ganz normale Phase“ (Z.130f). Auch der hinzugezogene Therapeut gab dem Betroffenen eher das Gefühl, ihn zu stören, als ihm eine wirkliche Hilfe sein zu wollen, worauf auch diese professionelle Hilfe von Seiten des Betroffenen abgebrochen wurde (vgl. Z.130-132). So konnte der Betroffene (Bl) die Frage des Interviews, ob der Wunsch nach mehr professioneller Hilfe bei ihm dagewesen sei, ganz klar bejahen (vgl. Z.421). Er beschreibt seine gesuchte Hilfe anfangs als „erfolglos“ (Z.232) und enttäuschend (vgl. ebd.), wodurch die „Hilfesuche brach“ (Z.235) lag. Nachdem bei dem Betroffenen (Bl) ein Herzinfarkt diagnostiziert wurde, der auf Stress zurückzuführen gewesen sei und er immer noch unter Depressionen litt, suchte sich der Betroffene (Bl) einen weiteren Therapeuten. Bei diesem habe er sich wohl gefühlt und konnte so auch das Thema der Pädophilie miteinbringen. Da der Therapeut zwar „auch keine Erfahrung mit dem Thema“ (Z.291) gehabt habe, habe er sich aber dennoch dafür bereiterklärt, dass er versuchen wolle, ihm „zu helfen“ (Z.385). Dieser habe ihm letztendlich „auch wahnsinnig viel geholfen“ (Z.384), besonders in Bezug auf Stabilisierung. Dieser Therapeut half ihm, den „Alltag zu bewältigen“ (Z.385). Auch die REHA gab ihm nicht die gesuchte Hilfe. So entschloss er sich, direkt beim Aufnahmegespräch für die Aufnahme aufgrund seiner Depressionen seine sexuelle Neigung anzusprechen. Daraufhin wurde er jedoch wie bereits oben beschrieben, abgelehnt. Als Problem für den Betroffenen (Bl) wurde auch die Finanzierung der professionellen Unterstützung genannt. So konnte beispielsweise ein von ihm aufgesuchter Männer-Hilfe-Verein (vgl. Z.569f) nicht mit den Krankenkassen abrechnen („Da sind manche Hilfeangebote, die aber nicht mit der Krankenkasse abrechenbar sind“ (Z.576f)). Da der Betroffene (Bl) allerdings straffällig geworden ist, konnte er Hilfe erhalten, die auch vom Bundesland finanziert wurde. So formuliert der Betroffene (Bl) „man muss straffällig werden, um Hilfe zu bekommen“ (Z.583f). Jedoch lief auch diese Hilfe darauf hinaus, dass er „Kontakt zu Frauen finden [solle], dann [würde] [...] sich der Rest legen“ (Z.589f). Diese Erfahrung habe auch der Betroffene (B5) gemacht. Auch er habe von einem bereits aufgesuchten Neurologen einen „Kollegen“ (Z.2652) von diesem empfohlen bekommen. Dieser gab dem Betroffenen den Ratschlag „‘Suchen Sie sich eine Freundin, dann gibt sich das‘“ (Z.2656f). Auch als der Betroffene (Bl) bei einem Suchttherapeuten, welcher auf Sexsucht spezialisiert gewesen sei, Hilfe gesucht habe, habe er diese nicht erhalten. Hier sei die Bedingung, dass dieser Therapeut mit ihm arbeitete, gewesen, dass er mit dem Rauchen aufhören solle. Da er allerdings in den sechs Monaten, in denen er dies beweisen sollte, eine Beendigung der Beziehung erneut aufgrund seiner sexuellen Neigung durchlief, schaffte er nicht, diese Bedingung zu erfüllen. Trotz Erläuterung der Umstände, waren dessen Worte daraufhin „Ja, okay, dann finde [der Betroffene (Bl)] [...] sicherlich Hilfe, aber nicht bei ihm“‘ (Z.636f). Auch der Betroffene (B3) erhielt zwar Hilfe, jedoch sei dessen Therapeutin ebenfalls „nicht dafür ausgebildet“ (Z.I605) gewesen und so meint der Betroffene, dass diese seine Probleme „nicht so richtig wacAvollziehen [Hervorheb. im Original]“ (Z.f606f) könne. Generell sei es laut dem Befragten (B7) schwierig eine*n Psychologen zu finden, da auch die Wartelisten „sehr lange“ (Z.35I8) seien und auch er machte Erfahrung damit, dass ein Psychiater „wohl keine Lust hatte“ (Z.3542), mit ihm zu arbeiten und ihn zu behandeln.
Bei Sozialarbeiterinnen und Sozialtherapeut*innen habe der Betroffene (Bf) keine Unterstützung gefunden. Er habe nicht gewusst „an wen [er sich] [...] wende[n]“ (Z.357) solle, wer für ihn zuständig sei, „wen [er] [...] ansprechen [könne], wie [er] [...] daran [käme]“ (Z.358f) und so hatte er über seine Problematik der Depressionen einen Therapeuten gefunden, nicht aber einen Sexualtherapeuten. So kann man zusammenfassend sagen, dass alle Betroffenen Probleme hatten, einen Therapieplatz, REHA-Platz oder sonstige Hilfe zu finden, bei denen sie angenommen wurden und ihnen professionell und auch fachlich geeignete Hilfe angeboten wurde.
Der Psychotherapeut empfiehlt, dass Hilfe bereits „früher“ (Z.2463), mit Kindern und Jugendlichen, die diese sexuelle Neigung in sich vermuten und „die dann vielleicht ein Coming-out erleben [...] oder so was [, notwendig wäre und] [...] [man] dasgescheiterbegleiten undsoweiter“ (Z.2464f) könne.
K4.2 Kein-Täter-werden Präventionsangebot
Die Betroffenen habenalle Erfahrungen mit dem PräventionsangebotKe/n-7ater- werden gemacht.So wird fast ausschließlich positiv über die gemachteErfahrung mit dem Präventionsprogramm berichtet („Und so hat mir dannletztendlich diese kTW- Therapie wirklich geholfen, mich selber als Menschenwahrzunehmenund von diesemBilderkonsum wegzukommen“(Z.728f)).
Auch die Nachsorge-Gruppe von Kein-Täter-werden, die nach der Therapie in Anspruch genommenwerdenkannund in regelmäßigenAbständenstattfindet, wird als positiv empfunden und so ist es den Betroffenen möglich, auch nach der Therapie bei Problemen „jederzeit [...] dort anrufen [zu können] und hierfür ein Gespräch[zu] finden“ (Z.760). Die Verhaltenskontrolle würde bei der Therapie thematisiert, was dem Betroffenen (B1) jedoch nicht „so ganz bewusst“ (Z.872f) gewesenund ihm erstspäterdeutlich geworden sei.
Die Präventionsprojekt-Mitarbeiterin (B2) berichtet über ihr Projekt, dass es denjenigen bei denenaktuell ein Strafverfahren läuft, jedoch nicht helfen dürfe. So dürfen sich diejenigen bei ihnen melden, die entweder noch nicht straffällig geworden sind, nicht erwischt wurden oder diejenigen, die die Strafe bereits abgeschlossenhabenund sokeine Bewährungsauflagen mehrerfüllen müssen.Die Argumentation lautet hierbei, dassdie Betroffenen „eigenmotiviert“ (Z.962) sein sollen, was „in der Regel“ (ebd.) der Fall sei (vgl. Z.961-963). So sollen die Betroffenendie Haltung haben:„,Ich bin in der Situation, ich kann nichts dafür, aber ich möchte was daran ändern'“ (Z.1308f). Das kämeauchdaher, dassdieses Projekt ein „freiwilliges“ (Z.1001) sei. Die Personen,die zu dem Projekt kämen, würden „etwas verändern wollen, weil sie lernen woll[t]en, mit der Neigung umzugehenund ebenauch keine Missbrauchsabbildung[en] mehr zu konsumieren“ (Z.1003f). Nichtsdestoweniger lässt sich die AussagedesBetroffenen (B1) hierzu gegensätzlich sehen. So meinte dieser, dass man um Hilfe zu erhalten, erst straffällig werden müsse, damit einem geholfen werde und so auch die Finanzierung geregelt sei (vgl. Z.583f). Jedochmusserstensergänzt werden, dass Kein-Täter-werden ein Präventionsprojekt ist unddieseserst2005gegründetwurde und der Betroffene (B1) die geschilderten Situationen vor einigen Jahren hatte, wobei mittlerweile einige Änderungenstattfanden.ln der Zwischenzeit wird auch Kein-Täter-werden von der „Gesetzlichen Krankenkassefinanziert oder gefördert“ (Z.1251). Dies sei seit einigen Jährender Fall (vgl. Z.1253f), wobei vorher auch beispielsweise kirchliche Förderstellen die Finanzierung übernahmen (vgl. Z.1255).
Problematisch sieht jedoch die Expertin, die Zeit zwischen dem Prozessbeginn und dem Urteil, da die Betroffenen sich hierbei in einem „Schwebeprozess“ (Z.1261) befinden würden. Da es in diesem Fall zu einem Prozess käme, dürfe Kein-Täter- werden keine Hilfe anbieten. Gleichzeitig fehle jedoch das Urteil, wodurch auch die Forensik nicht zuständig ist, da diese entsprechende Therapieauflagen benötige. Würde man die Hilfe einer*s ambulanten Therapeutin in Anspruch nehmen, so wird durch das Einlesen der Krankenkassenkarte die Diagnose mit in die Gesundheitsakte aufgenommen und die Pädophilie steht fest und ist für die Krankenkassen und Gesundheitsämter etc. einsehbar. Kein-Täter-werden dagegen ist vollkommen anonym. Die Expertin (B2) meint jedoch, dass das Projekt Bios, welches ähnlich wie Kein-Täter-werden arbeitet, auch bereits straffällige Personen aufnimmt und behandelt, jedoch vermutet die Expertin, dass Kosten, die am Einkommen berechnet werden, in solch einem Falle fällig werden würden. Dagegen würden die Personen, die im Dunkelfeld sind, kostenlos behandelt werden (vgl. Z.1274f).
Ein Betroffener (B3) kritisiert das System Kein-Täter-werden jedoch teilweise. So sei eine Gruppentherapie häufig auf eine oder wenige Personen bezogen worden und nicht jeder sei zu Wort gekommen. Auch die Therapeutin sei nicht richtig strukturiert gewesen und es sei in den Therapiestunden darum gegangen, die Betroffenen „wach[zu]rütteln, wo es aber gar nicht in Frage kam oder [...] [der Betroffene (B3)] das ja gar nicht“ (Z.1433f) wollte. Auch hatte er gehofft, zu lernen „mit [s]einer Neigung besser[Hervorheb.im Original] zurechtzukommen.Also(..) ähmnicht mehr die Angst zu haben.[Er habe][...] halt immer sehrgroßeProbleme gehabt,[...] [ob er] Missbrauchstäter[werde], Was[...] [er dürfe], was [er] nicht [dürfe]?“ (Z.1453-1455), aber er habe „nicht die Antworten bekommen, die [er] [...] eigentlich wollte“ (Z.1461). Dagegenführt derBetroffene (B1) aus,dasserbei Kein-Täter-werden gelernt habe, sich „selber dann auch endlich als pädophilen Menschen akzeptieren [zu] können, weil [er] [...] gesehenhatte, was jetzt die Pädophilensind. [Er] [...] habedort andereMenschengetroffen, die sofühlen wie [er] [...], die ähnliche Probleme“ (Z.682) haben würden. Auch „habe [er] dort gelernt, ebendoch mehr(..) auf die Kinder zu gucken, die auf denBildem zu sehen waren, die [er] [...] konsumierte“ (Z.696f). So lernte er, „dassdasVerdrängen ist, und [er] [...] konnteesnicht mehrverdrängen.[Er] [...] konnteeseinfach [nicht] mehrverdrängen. Und auchbei Posing-Fotos, die keinen hartenMissbrauch zeigen. Auch die habe [er] [...] dann mit anderen Augen angesehenals vorher“ (Z.702- 705). Er fasst zusammen „letztendlich [habe] diese kTW- Therapie wirklich geholfen, [sich] [...] selber als Menschen wahrzunehmen und von diesem Bilderkonsum wegzukommen“ (Z.729f).
Als schwierig sehen viele die Standortverteilung des Präventionsnetzwerks. So sei auch für den Betroffenen (Bl) das Präventionsnetzwerk lediglich in Berlin und dies sei „zu weit weg“ (Z.594) gewesen, als dass dies mit der Arbeit funktioniert hätte (vgl. Z.593f). Es kamen mit der Zeit jedoch immer mehr Standorte hinzu und mittlerweile stünden in Deutschland „eigentlich relativ viele Standorte“ (Z.1250) zur Verfügung. So konnte auch der Betroffene (Bl) nach langer Zeit „Kontakt zur Charité“ (Z.676) aufnehmen, da „in der relativen Nähe von [...] [ihm] ein neuer Standort auf ist. Der war da zwei Jahre inzwischen offen. Das waren nur noch 120 Kilometer ungefähr“ (Z.678).
Auch seien die Wartezeiten nicht allzu lange (vgl. Z.lOlOf). Dies sei jedoch standortabhängig, da manche Standorte größere Einzugsgebiete hätten. Ansonsten könne an dem Standort der Expertin (B2) „innerhalb von vier Wochen zumindest das Gespräch“ (Z.1020) angeboten werden.
Ein Betroffener (B5) erzählt von seiner Therapie bei Kein-Täter-werden. Er betont das kompetente und ruhige Verhalten besonders beim Ersttelefonat. So sei man ihm mit „Freundlichkeit und und einfach normal [Hervorheb. im Original] begegnet [..] und professionell“ (Z.3026f). Er beschreibt seine Gefühle daraufhin mit den Worten „Und das fand ich total toll. Ja so wünsche ich mir das“ (Z.3027f). So seien es ungefähr 50 Therapiestunden, auf ungefähr ein Jahr aufgeteilt. Jedoch habe der eigentliche Beginn der Therapie „eine Weile gedauert“ (Z.2706). Es seien vorab Telefoninterviews, Voranamnese, Fragebögen „auch richtige ausführliche und sehr lange Sexualanamnese gemacht“ (Z.2709f) worden. Er habe jedoch Probleme nach der Therapie gehabt und habe keine Nachsorge-Gruppen-Besuche absolviert. So sei er mit dem Gedanken „dann bin ich gesund [...], dann habe ich keine Probleme mehr“ (Z.2716) aus der Therapie gegangen. Den Gedanken beschreibt er nun im Nachhinein als „Blödsinn“ (Z.2714).
Einen Kritikpunkt habe er allerdings an dem Präventionsprojekt. So seien diese nicht auf weitere Diagnosen eingestellt gewesen. Er hätte sich hier in Therapiestunden parallel zu seiner sexuellen Neigung auch Unterstützung bei seiner ADHS14 -Symptomatik gewünscht (vgl. Z.3030-3034). Auch habe er eine Behandlung mit Antiandrogenen bei Kein-Täter-werden erhalten. Jedoch habe er hier nach einer gewissen Zeit, Depressionen als Nebenwirkung entwickelt, wurde jedoch nicht ernst genommen von den Fachleuten. So entschied er sich diese Medikamente eigenständig abzusetzen und „im nächstenGesprächwurde dann gesagt,Ja klar eskann Depressionenauslösen'“ (Z.3019), wasihn verärgerte, weil er vorher nicht ernstgenommenworden war.
K4.3 Kontakt mit anderenBetroffenen und Gruppentherapie
Nun soll der Kontakt mit anderenBetroffenen aufgezeigt werdenund ebenfalls der Einbezug von weiteren nicht betroffenen Personenerfolgen und was dies für die Betroffenen bedeutet.Soreflektiert ein Betroffener (B1), dasserbei derNachsorge- Gruppe von Kein-Täter-werden viele andere Teilnehmer unterstützen und ihnen Zuspruch geben könne, wenn diese noch nicht so lange aus der Therapie seien. So könne er ihnen „auch Tipps geben von dem, was [er] [...] inzwischen erfahren habe“ (Z.748f). Auch die Expertin (B2) empfindetdie Gruppentherapiealssinnvoll, da hier doch merklich „die Patientendavon profitieren“ (Z.1164f) würden, da sie „einfach das Gefühl [hätten] [...], nicht allein zu sein, weil [man dies kaum jemandemsonstin der] [...] Gesellschaft [erzählen könne]“ (Z.1165f). Besonders stabilisiere den Betroffenen (B1) die Arbeiten im Forum und die Kontakte, die er dort gemacht habe. Auch der Betroffene (B3) äußerte, dass er beim Forum für Menschen mit pädophiler Neigung Antworten auf seine Fragen bekommen habe und auch „dort eigentlich am meisten gelernt [habe], mit [s]einer Neigung zurechtzukommen“ (Z.1466). Darüberhinauspflegeerauch„persönlichen Kontakt [...] über Anrufen“ (Z.1474)mit einem Pädophilenvom Forum, wasihm anfangs schwerviel, „darüber zu reden“ (Z.1473), ihm abergleichzeitig guttue, dasser„mal erzählen [könne] [...], einfach mal frei erzählen“ (Z.1849) könne. Er habe mit diesem Menschen einen „sehr intensiven Kontakt“ (Z.1846) und auch eine „sehr starke Freundschaft entwickelt“ (Z.1848). Mit ihm könne er auch über seine Wünsche reden, wodurch er diese „einfach mal rauslassen“ (Z.1855) könne und somit „fällt eine/die Last ist dannweg“ (Z.1856), da er „offen ohneirgendwelche Verurteilungen“ (Z.1859f) reden könne. Es tue ihm „gut, dassjemandmal zuhört“ (Z.1863) und es nicht nur in sich hineingefressen werde (vgl. Z.1845-1864). Von Angesicht zu Angesicht habeer eslediglich getraut seinerMutter zu erzählen(vgl. Z.1476f). Der Betroffene (B5) hat „durchaus Leute mit denen [er] [...] reden“ (Z.3056f) könne. Auch einzelne andere Menschen wüssten über seine sexuelle Neigung Bescheid. So habeer eine Bekannte, welche selbst Kinder habe. Bei dieser sei er vor derCovid-19-Pandemie häufig zu Besuchgewesen.Eshelfe ihm, dasser dort „die Möglichkeit, wenn [er] [...] irgendwelche Bedenken,oder Fragenhabe, [könne er] [...] sie einfach fragen [beispielsweise] ,Du, ich habedasGefühl, deine Tochter hat sich hier ein bisschenseltsammir gegenüberverhalten, wie soll ich das einordnen?' [Er könne] [...] daseinfach ansprechen“(Z.2059-3062).
Der Psychotherapeut(B6) empfindet den„Kontakt zu Menschenim realen Leben“ (Z.3317) ebenfalls als „stark stabilisierend“ (ebd.). Es sei wichtig zu merken, „'Nein du bist nicht allein, da gibt es ja noch andere'“ (Z.3313f). Auch bestätigt dies der Psychologe(B4). Er ist der Meinung, dassessehrwichtig und „hilfreich wäre, wenn die Eltern oder wenn es Vertrauenspersonen gäbe, denen gegenüber mansich darüberöffnen“ (Z.2550) könne.
K13 Beruf
Auffällig in den Interviews ist gewesen, dass die Betroffenen häufig keinen aktuellen Beruf haben. So habenalle einen Beruf gelernt („Elektriker (.) äh und Klempner“ (Z.202)(B1), „Elektrofachkraft“ (Z.1741) (B3), Studium im Bereich Naturwissenschaften(vgl. Z.2720) (B5)), jedoch ist beispielsweiseder Betroffene (B5) arbeitslos (vgl. Z.2735), da er gesundheitliche Probleme habe (vgl. Z.2735). Er „würde eigentlich gerneda arbeiten in demBereich“ (Z.2745f) und dasser den Anschluss verloren habe, sei „ganz schön scheiße“ (Z.2744). Auch der Betroffene (B3) ist seit Ausbildungsende arbeitslos, absolvierte aber „viele Maßnahmen“ (Z.1742) beispielsweise im Kindergarten als Hausmeister oder auch im Tierpark, wobei ihm letzteresviel „Spaß gemacht“ (Z.1772) habe.Auch der Betroffene (B1) hatte nach seiner Straffälligkeit, Schwierigkeiten erneut eine Arbeit zu finden. Jedoch schaffte er dies an einem anderen Ort. Er hatte vor dem Bekanntwerden seiner pädophilen Neigung in einer Grundschule als Hausmeister gearbeitet (was aber „mehr oder weniger Zufall“ (Z.209) gewesen sei), wurde dann jedoch gekündigt (vgl. Z.504) und hatte anschließend Schwierigkeiten, einen Job zu bekommen(vgl. Z.510-512).
K4.4 GewünschteUnterstützung
Um den Alltag zu bewältigen, hätte sich der Betroffene (Bl) „wirklich Unterstützung“ (Z.421) gewünscht. Diese Unterstützung wünsche er sich in Form eines*einer Therapeutin oder eines*einer Sozialarbeiterin, „der [*die ihn] [...] nicht [Hervorheb.im Original] abstößtwegen[s]einerNeigung.Der[*Die ihn] [...] akzeptiert als Mensch[...] der in demMomentebenin einer Situation ist, in derer Hilfe sucht“ (Z.422f). Auch die Expertin des Kein-Täter-werdens-Pro\ektes(B2) meint, dasseswichtig wäre, „dass es mehr Stellen gäbe, die sich bereit erklären, mit den entsprechenden Personen zu arbeiten. „Was schon schön wäre, gerade Personen, die ähm (.) sozial so isoliert oder so im Stich gelassen sind [...], wenn es da Personen gibt, die über die Neigung Bescheid wissen, mit dem man sich austauschen kann, aber eben auch gleichzeitig ein Schritt ins [...] soziale Leben erhält, das wär natürlich schon wünschenswert“ (Z.1193-1197). „Personen, die unterstützend helfen, damit sich die „generelle Lebenssituation für die Patienten verbessert“ (Z.1200). Sie ist der Auffassung, dass besonders Hilfestellen für Personen im Hellfeld, die aber wie bereits oben genannt, in kein Hilfespektrum fallen, dringend Instanzen erschaffen werden müssten (vgl. Z.1258-1260). Der Betroffene (B3) sieht Bedarf in den Stellen der Sexualtherapeut*innen bzw. in Therapeutinnen generell, die sich mit dieser Thematik beschäftigen wollen. So gäbe es „zu wenige [Sexualtherapeutinnen] anscheinend in Deutschland“ (Z.1499f). Er wünscht sich außerdem jemanden, der ihm zuhört und „mal nicht weghört“ (Z.1524). Er wünscht sich jemanden, der zuhört, welche Menschen die Pädophilen sind „also was [Hervorheb. im Original] für Menschen [sie seien] [...]. Dass [sie] [...] nicht hier vorhaben, zu missbrauchen oder zu schaden. Also die die schädigen, das [würden sie] [...] ja nicht.“ (Z.1525-1527) wollen. Er erhofft sich, dass die „Sexualität so anerkannt wird wie Homosexualität, Bisexualität, Heterosexualität“ (Z.1527f) und vergleicht so das Verhalten der Gesellschaft und der Gesetzeslage zu Homosexualität. Er meint, dass die Anerkennung der Pädophilie und der Hebephilie noch am Anfang sei und er strebe danach an, „dass es was Normales [sei] [...] und dass man sich nicht verstecken brauch[e], dass [sie] [...] Kinder lieben [Hervorheb. im Original], dass dass wir Kinder mögen [Hervorheb. im Original], aber in einer besonderen Art und Weise [...]. Aber dahinter die sexuelle Komponente ist aber nicht so wichtig [Hervorheb. im Original],“ (Z.1535-1543). Ein weiterer Betroffener (B3) sieht dies ähnlich. So fehle ihm „im Großen und Ganzen, egal ob Ärzte oder sonst ein Beruf oder so auch [s]eine Eltern, [...] bis heute noch die Unterstützung, die [er sich] [...] wünschen würde. Also [die Menschen mit pädophiler Neigung seien] [...] jetzt nicht in diesem Bereich, wo man jetzt sagen könnte ,Ja, ich bin jetzt zufrieden damit, wie es jetzt hier läuft in Deutschland' und das ist (..) schwierig. Und man leb[e] schon irgendwie auch, wenn man damit klarkommt und damit leben kann, aber mit Angst“ (Z.1821-1826). Somit würde er sich jemanden wünschen, der ihn begleitet und Bescheid weiß, „wovon“ (Z.1838) er redet. Und gleichzeitig bedürfe es jemanden, bei welchem er offen reden könne, „also ohne Hemmungen,ohne Schamgefühl, ohne Angst und so ohne Sorgen haben zu müssen, das, das ja, das klingt jetzt irgendwie bescheuert,aberhalt weitererzählt, dass[die Person][...] falsch darüber denkt und so“ (Z.1841-1843). Und er bekräftigt dies mit den Worten: „Das würde ich mir schon gerne wünschen“ (Z.1843f). Lehrkräfte und soziale Berufe sollten dem Betroffenen (B5) nach, normal auf die sexuelle Neigung reagieren und er vergleicht dies mit einem roten Punkt, weswegenmanzum Hautarzt gehenwürde und ihn bittet, sich diesen genauer anzusehen (vgl. Z.2666). Er ist auch der Auffassung, dass durch Pädagoginnen Aufklärungsarbeit und Workshops angebotenwerden müssten, um jedem die „Vielfalt der Bedürfnisse der Mensch“ (Z.2899) bewusst zu machen. So erhoffe er sich, dass man so „sinnvoller] umgehen“ (Z.2892) könne und den sexuellen Bedürfnissen „nicht einfach ausgeliefert“ (ebd.) sei. Der Betroffene (B7) betone besonders, dass die Therapiemöglichkeiten undauchGesprächefürihn in der Erwachsenenzeitwichtig gewesenwären und er sich hier jemanden gewünscht hätte (vgl. Z.3512f).
K5 MedienundPolitik
Die Medien spielen einen besonderenEinfluss im Leben der von Pädohebephilie Betroffenen. So erzählt der Betroffene (B1) davon, dass ihm „die Medien prophezeiten[...], jeder Pädophile[werde] [...] irgendwann übergriffig und[...] [er] wusste einfach nicht, wie es wird, wenn [er] denganzenTag mit dem Kind lebe“ (Z.162f). SohatteerlangeZeit Probleme,denBegriff der Pädophilie für sich anzunehmen,weil durch die Medien für ihn derBegriff derPädophilie gleichgesetzt warmit einemsexuellenübergriff (vgl. Z.827-830). DenUnterschiedzwischenden Begriffen lernte der Betroffene (B1) bei Kein-Täter-werden kennenund sobetont er, dass diese Begriffe zwar häufig synonym verwendet werden, aber der Zusammenhangnicht„ex/sf/er/e7 [Hervorheb. im Original],“ (Z.689) und nur „in denMedien immer gepredigt“ (ebd.) werde. Esseienjedoch nicht nur die Medien, die diesen Irrtum in der Gesellschaft bereite, sondern auch Politiker, die den Unterschied zwischen Pädophilie und Missbrauch nicht kennen würden (vgl. Z.892). So nennt er als Beispiel den Nordrhein-Westfälischen Innenminister, welcher öffentlich auf einenKindesmissbrauchsfallaussagte,„Pädophile, wir jagen euch!'“ (Z.834f). Solche Schlagzeilen würden bei der Öffentlichkeit hängen bleiben, meint derBetroffene (B1) undso„präg[e] [dies] auchdieeigeneMeinung“ (Z.855). Auch derExpertin (B2) istderEinfluss derMedien bewusstundsoist auch siederMeinung, dass„das[...] einerderwichtigsten Punkte[sei], der(..) aufgeklärt werden solle. Dass es eben nicht bedeutet, dass Pädophilie aus/immer zu einem Übergriff führt und genauso,dassnicht ein Übergriff immer von einem Pädophilen begangen“ (Z.1066-1068) werde. So sei der Gesellschaft nicht bewusst, dass50- 60%derKindesmissbraucher*innen nicht pädohebephilsind, daes„in denMedien einfach nicht thematisiert“ (Z.1074) werde. Diesen Punkt bestätigt auchder Experte (B4) und kritisiert somit die politische, öffentliche und auch gesellschaftliche Debatte(vgl. Z.2201f). Der Betroffene (B3) bringt denEinfluss der Medien soauf den Punkt, sodasser sagt„Wo ich immer wieder halt Angst habe, sind einfach die Medien“ (Z.1510f). So kann er aus Erfahrung sagen, dassman lernen muss, „mit diesen Medien und auch generell damit klarzukommen, bis man zufrieden damit leben kann“ (Z.1715f). Wie viel Einfluss die Medien und die Gesellschaftauf die Betroffenen haben, sieht man daran, dass der Betroffene (B5) sich nicht einmal traute, mehr als die Telefonnummer von Kein-Täter-werden im Internet zu recherchierenund diesesich im Kopf behielt, um dann von einer Telefonzelle aus anzurufen (vgl. Z.2681-2685). Dies beschreibt er mit den Beweggründen „barbarische [Hervorheb. im Original] Angst [gehabtzuhaben]geoutetzuwerden“ (Z.2680f).
Politischer Einfluss zeigt sich nicht nur in Äußerungenvon Politikern, sondernauch dadurch, dass Gelder gekürzt würden (vgl. Z.1948f). So wünsche sich der Betroffene (B7) „Gesetzesänderungender Regierung, mehr Mittel [...] [des] Bund[es] und Länderfür [den] [A]usbau derTherapiemöglichkeiten“ (Z.3570f). So müsse ein Interesse daran liegen, dass Langzeitstudien angelegt würden. Diese ,,koste[n] [jedoch] Geld“ (Z.2302) unddadieseArt derStudienaufeinen„Zeitraum von zehnbis 15 Jahre[n]“ (Z.2305) gerichtet sei, bestehedie Möglichkeit, dassin dieserZeit auch„das Geld versieg[e]“ (Z.2306). Sosei es„unheimlich [Hervorheb. im Original] schwierig, gute [Hervorheb. im Original] Studien zu kriegen“ (Z.2308f). Auch beeinflusst die Politik Verbote und Regeln. So seien die Sexpuppen,alsauchweitere Ersatzmöglichkeiten verboten worden, auf die jedoch im späterengenauereingegangenwerden soll. Diese politischen Verbote seien in den Augen des Experten (B6) der „völlig [Hervorheb. im Original] falsche Weg“ (Z.3198). Er meint, dassGesetzenicht da seien,,,um Signale zu senden“ (Z.3248) und eswürden dadurch keine Fragen beantwortet werden.
K6 Gedankenund Verhalten zuKindern
Die Gefühle der Betroffenen können als ambivalent gesehen werden. Der Betroffene (B7) antwortet auf die Frage,Was Kinder für ihn seien' mit „teilweise einfach nur Kinder, teilweise aberauchschöneSexualobjekt[e]“ (Z.3529), wasdie Ambivalenz verdeutlicht. Einerseits beschreibt ein Betroffener (B1), dassersich aus dem Kontakt „manches Mal [...] auch mehr wünschte“ (Z.159f) und der „kindliche Körperbau [auch] [...] sexuelle Reaktionenin [ihm] [...] aus[löste]‘‘ (Z.643f), erabergleichzeitig „nie [Hervorheb. im Original] auf die Idee gekommen [sei], deswegenein Kind anzufassen,das[läge ihm] [...] sowasvonfem, weil [er] [...] immer mehr ja (..) differenziert habe, zwischen Bildern, die auf [ihn] [...] wirken, und denwirklichen, lebendigenMenschen,denen[er] [...] Leidzufügen“ (Z.644-647) könne. Er habe sich immer mehr mit dem Thema Missbrauch beschäftigt und so „wusste [er], dass durch [ihn] [...] kein Kind irgendwie zu Schadenkommen soll[e], ob jetzt in der Beziehung, dasMädchen meiner Freundin oder ob esanderSchulesei, (.) eine[s]einer Schülerinnen“ (Z.173-175). Auch für den Betroffenen (B3) seien Kinder, wie auch für die meisten anderen Menschen „süß und noch so winzig und noch so verspielt und so“ (Z.1539f). Jedochsei bei manchen Kindern die Gefühlslage anders, weil bei diesen noch die „sexuelle Komponente“ (Z.1542) hinzukomme, allerdings sei diese „nicht so wichtig [Hervorheb. im Original] beim Kind, so ist esbei mir [Hervorheb. im Original]“ (1542f.). So handle der pädohebephile Mann so, so dass er sich selbst versucht abzuschätzen,ob ersieh daszutraue oder nicht zutraue, mit Kindern zum Beispiel auch im beruflichen Kontext direkten Kontakt zu haben (vgl. Z.1741-1752). So beschreibterbei einerseinerTätigkeiten, bei denener lediglich indirekten Kontakt gehabthabe„Du hasthalt ähmachtStundennichts mit denKindem zu tun, sondern ähindirekt ist ja, dusiehstesmal kurz, aberdanngehteswieder“ (Z.1747f), sodass „auch mal halt der Fall [gewesensei], dass[er] [...] dasKind auch mal attraktiv [gefundenhabe][...]. Okay, abermehrauchnicht. [So habeer] [...] seineArbeiten [gemacht] und gut ist“ (Z.1776f). Kinder seien für ihn „ganz besondereWesen dieserWelt. Wenn [er] [...] Kinder sehe,[gäbe] [...] es immer bei [ihm] [...] so eineArt Schutzfunktion. Weil [er] [...] immer möchte,dassesdemKind gut [gehe] [...]. Also wenn [er] [...] sehe,dassein Kind weint, geh[e] es [ihm] [...] auch schlecht.Wenn ein Kind glücklich [sei] [...], dann lächle [er] [...] mit und [er] merke [...] immer wieder (..) ein Kontakt zu Kindern kann auch schön sein, also mit denenmal zu spielen, oder generell, das wäre auch eine Befreiung also, dass manmalwaserleb[e], womansichwohlfühlt, womanglücklich [sei] [...], woman nicht überSorgendenk[e], über Ängste denk[e] und Kinder [seien] [...] für [ihn] [...] heilig, also die schönstenGeschöpfeauf dieser Welt“ (Z.1890-1896). Die sexuellenGefühleseien„nur ein Teil von [ihm] [...], wie ein Bausteinundähmzu nehmenund mal ist esmal drauf auf diesem Turm und mal ist esmal nicht sodrauf auf diesemTurm. Man kann es ganz normal [Hervorheb. im Original] abnehmen“ (Z.1904-1907). Der Betroffene (B5) erklärt seine Denkweise zu Kindern damit, dassihn dieserkurze Impulsverlust, wenner sich seinersexuellenGefühle verleiten ließe, „die Möglichkeit, was[er] [...] hier habejrgendwaslustigesmit demKind zu machen, auf der Couch zu sitzen, Film zu gucken, Mensch-ärgere-dich-nicht zu spielen, äh irgendwas [sei ihm] [...] wesentlich mehr wert, als daswas irgendwie eigentlich als kurzen Moment vielleicht (..) möglich machenkönnte, dieaberauch ganzviel kaputt machenwürde“ (Z. 2811-2815). SogenießeerdenKontakt, dener mit den Kindern seiner Bekannten haben dürfe. Er sei dort „auch öfter zum Kindersitten“ (Z.2824). Es sei „für [ihn] [...] einfach auch wichtig, Kontakt mit Kindern zu haben. Es [...] [gäbe] da auch, [er] [...] habe da auch völlig unterschiedliche Situationen kennengelemt. Und ähm(.) für manche,diefinden halt Kinder einfach nur sexuell attraktiv und interessierensich sonstnicht für sie. Für [ihn sei] [...] einfachauchderKontakt wichtig“ (Z.3078-3081).
Anders formuliert der Experte (B6) die Gefühlslage der Betroffenen. So meint er, dassdiese nicht dem Kind weh tun und ihm schadenwollen würden. So wolle der Menschja einemMenschen,denmanliebt, nicht schaden.Dasistja nicht die Idee“ (Z.3187f). Auch betonter, dassnicht jedes Kind für Pädophile attraktiv sei, wie dies auchbei Homosexuellen und Heterosexuellen beispielsweise nicht der Fall sei (vgl. Z.3192-3194). So seien seiner Meinung nach, auch Gesetze und Verbote kritisch zu betrachten, denn wenn die Nutzung einer Kindersexpuppe genauso bestraft würde, wie sexualisierte Gewalt an Kindern, so müsse die rationale Entscheidung sein, dassdasKind sexualisierte Gewalt erfahren würde. Diesseiaber bei denmeisten„trotzdem nicht“ (Z.3297) der Fall.
K7 Gefühle, Gedanken und das Selbstbild
Nun sollen aber nicht nur die Gefühle für die Kinder beleuchtet werden, sondern im Folgenden die Gefühle über die Betroffenen selbst, sowie ihr Selbstbild näher beleuchtet werden. Der Betroffene (Bl) schildert, dass er sich anfangs sicher war, solange er über die Gefahren der sexualisierten Gewalt Bescheid wisse, da er sich viel belesen habe, könne den Kindern nichts Besseres passieren, da so kein „versehentlicher Übergriff' (Z.221) passiere. So war er der Meinung, „wenn [er] [...] die Neigung selber leugnen würde vor [sich] [...], dann wäre die Gefahr eines versehentlichen Übergriffes oder unbewussten Übergriffes wesentlich größer. Und von daher [habe er] [...] keinerlei Veranlassung, diesen Job [des Hausmeisters an einer Schule] zu wechseln“ (Z.223f). Er fühlte sich wohl bei seinem Job in der Schule. Hier wurde er als Teil ,,e/w[es] [Hervorheb.im Original] Werk[es]“ (Z.265) gesehen. „Die Arbeit war schön [und er hatte dort] [...] kein[en] Stress“ (Z.266). Trotzdem beschreibt er seine Gefühle so, dass er sich „nicht wohl in [s]einer Haut [fühlte], mit [s]einem Gefühl. [Er habe] es nicht gut [empfunden], dass [er] [...] auf Kinder stehe und (.) nicht (..) ein normales Leben führe[n] könne. Das [habe] schon ab und zu an [ihm genagt]“ (Z.236-238). So sei sein Selbstbild ,,kaputt[.]“ (Z.641) gewesen. Die Probleme bestanden „weniger mit den Kindern als mit [s]einen eigenen Gefühlen“ (Z.252) und mit dem Zwiespalt des Konsums von Missbrauchsabbildungen, welche einerseits erregend aber auch gleichzeitig als abstoßend empfunden wurden, wurde er „schlecht [Hervorheb. im Original] fertig“ (Z.251) (vgl. Z.247-252). So habe er mit 46 Jahren aufgrund des psychischen Stresses und der psychischen Belastung einen Herzinfarkt bekommen (vgl. Z.253). Demgemäß machte er auch seine „eigene Zerrissenheit mit für diesen Herzinfarkt verantwortlich“ (Z.281). Er zeigte auch Verständnis für die Eltern, deren Kinder in der Schule, in der er arbeitete, waren („als Elternteil hätte ich auch Angst vor mir gehabt, weil man kann mir nicht, kann nicht in mich hineingucken“ (Z.278-280)).
So machte er auch seine sexuelle Neigung für die Beziehungsabbrüche verantwortlich („wegen [Hervorheb. im Original] meiner Gefühle ging bei mir dann auch einiges kaputt“ (Z.640f)). Er wusste, dass er Hilfe benötige, um von den Missbrauchsabbildungen wegzukommen, da seine „Willenskraft [Hervorheb. im Original]“ (Z.642) nicht ausreichte. So war sein Selbstbild geprägt von dem Konsum von Kinderpomografie und er sah nur noch „den Wichser [...], der sich zum Anblick missbrauchter Kinder einen runterhol[te]“ (Z.650f). So sei er selbst ein Mensch in seinen Augen gewesen, ,,mitdem[er] [...] nicht mehrlebenwollte“ (Z.653), was ihn, wie bereits beschrieben, zu Suizidgedanken trieb (vgl. Z.654- 658). Da der Hausarztihn an Kein-Täter-werden verwies und er dort nun auchHilfe erhielt, lernte er, sich als Mensch zu sehen („ich bin Mensch, ich bin erstmal Mensch und dann bin ich ein Mensch mit pädophilen Neigungen, aber ich bin deswegen kein Unmensch, kein Monster oder sonst irgendwas“ (Z.693f)). So beschreibt auch die Expertin des Präventionsnetzwerkes (B2) die Situation im Projekt, denndiessei „die ersteAnlaufstelle, bei der man überhaupt sich geöffnet hat und gesagt hat ,Ich bin pädophil oder ich glaube pädophil zu sein oder hebephil zu sein“ (Z.1089-1091). Da einige sich aber erst viel später bei Kein-Täter-werden melden, wie auch der Betroffene (Bl), „ist [es] eine ganze Zeit, in der man sich ja selber hinterfragt, und auch schämt, diese Neigung zu haben und ja ähm einfach lernen möchte, damit umzugehen“ (Z.1094-1096). Dies beschreibt auch die Situation in der der Betroffene (Bl) sich befunden hatte. Die Expertin erklärt, wie wichtig es sei, „Zuversicht zu haben und Vertrauen zu sich selbst [...]. [Dies sei] definitiv ein Faktor, der äh der wichtig [sei] [...]. Ob das jetzt das bedeutet.], dass jemand, der nur jemand, also dass jemand der Vertrauen zu sich hat, nicht übergriffig werden [könne] [...] oder dass jemand, der kein Vertrauen hat ähm äh übergriffig [werde] [...], das würde [sie jedoch] daraus nicht schließen“ (Z.1297 - 1301).
Die Wichtigkeit der Anonymität bei Kein-Täter-werden verdeutlicht die Expertin (B2) damit, dass Patientinnen Angst hätten, dass ihre Neigung ,,aufflieg[e]“ (Z.1345), wenn gesehen wird, dass man an dem Projekt teilgenommen hat und dies bedrohe die „ganze Existenz“ (Z.1346) der Patientinnen. Dies sieht man auch an der Aussage von dem Betroffenen (B3), welcher aussagt, dass er „Angst [habe] [...] aufgedeckt zu werden“ (Z.1590). Sobald der Betroffene (B5) „mit dem Thema in irgendeiner Weise in Verbindung komme oder vor allem in den Augen anderer Menschen mit dem Thema in Verbindung komme, [sei er] [...] am Arsch“ (Z.2762f).
Der Betroffene (B3) erhoffte sich bei Kein-Täter-werden, Antworten darauf zu finden, ob er „jetzt ein guter Mensch [sei], [...] [oder] nicht so der gute Mensch, [ob er] [...] jetzt potenzieller Täter oder [...] noch kein Täter [sei]? Werde [er] [...] zum Täter, werde [er] [...] nicht zum Täter. Sowas [sei] auch immer auch ein Konflikt mit [sich] [...] selber“ (Z.1456-1459) gewesen. Für ihn selbst ist es unverständlich, dass er als Kind sexualisierte Gewalt erfuhr und dann selbst eine pädophile Neigung entwickelt hat. Dies sei für ihn ein „sehr große[r] Widerspruch“ (Z.1554), welcher ihn belastet (vgl. Z.1553-1561). Er fühlt sich unsicher im Umgang mit Kindern, jedoch weiß er wie wichtig „Selbstsicherheit zu Kindern“ (Z.1723f) sowie ein „sehr sehr stark[es]“ (Z.1725) Selbstbewusstsein ist und dies müsse „gelernt [Hervorheb. im Original] sein“ (Z.1727). Er ist derMeinung, wenn „diese Ängste und Sorgen nicht wären oder (.) dann wäre es sehr gut. Alles dann ist ja alles normal. Also zufrieden sein, glücklich sein und so weiter. Dann noch das Zutrauen, dann auch mit Kindern was zu machen, also spielen und so. Aber wenn diese Angst und so das was man sicher auch mal macht und meistens [sei] [...] es ja bei [ihm sei] [...] es so der Fall, dass [er] [...] erschaffe ja die Angst, weil [er] [...] erschaffe ja die Sorgen, weil [er] [...] die Selbstsicherheit nicht habe, die [er sich] [...] wünschen würde. Das ist eine Sache, wo [er] [...] dran arbeiten [müsse] [...] und [er] [...] arbeite schon seit 2020 daran und das ist nicht sehr einfach“ (Z.1914-1921). Auch der Betroffene (B5) spricht von einer Angst, aber der „Angst vor [s]einen Gefühlen“ (Z.2844). Dies präzisiert er und beschreibt, „dass in Situationen, wenn [er] [...] mit Kindern zu tun hatte, irgendwie das Gefühl [gehabt habe], [er müsse sich] [...] selber überwachen und und aufpassen was [s]eine Gefühle machen. Und ja eine höhere Anspannung einfach bekomme, wenn [er] [...] gemerkt habe, oh da ist irgendwie äh beginnt irgendeine Fantasie im Ansatz. Oder das mit mehr mehr Ruhe anzugehen. Zu sagen okay, selbst wenn so eine Fantasie beginnt, das tut niemandem irgendwas“ (Z.2844-2849). Auch die Unterscheidung zwischen dem normalen Kontakt mit Kindern und den Beginn des Verliebtseins mit Kindern musste er erst lernen. Dazu habe einmal die Unterstützung von Kein-Täter- werden beigetragen, aber auch die Bekanntschaft mit der Mutter und ihren zwei Kindern, auf die er aufpassen dürfe (vgl. Z.3059f).
Der Experte (B6) erklärt den Prozess des Outings. Er selbst habe diesen erlebt, da er homosexuell sei. So sei es wichtig, sich beim Outing-Prozess „mit sich selber auseinanderzusetzen. Und dann irgendwann zu der Frage zu kommen, ,Gehe ich damit nach außen oder nicht'. [Er] [...] würde heute einem Pädophilen empfehlen, es nicht zu tun. Vielleicht nur im ganz ganz engen Familienkreis oder so. Das würde [er] [...] bei Schwulen jetzt anders sehen. Heute, natürlich.“ (Z.3167-3171). Deshalb ist er der Meinung, man brauche keine Therapie deswegen, weil man „schwul“ (Z.3338) oder pädophil sei, sondern es bedürfe ,,eine[r] Therapie, weil [man] [...] ausgegrenzt werde oder weil [man mit sich] [...] selber nicht klarkomm[e] und [sich] [...] selbst verurteile“ (Z.3338-3340).
Der Psychologe der Justizvollzugsanstalt erklärt, dass „die Grenze zwischen, sagen wir mal, Fantasie und äh Ausübung von sexuellen Wünschen oder sowas ganz genau beachte[t] [werden muss]. Und äh die [Betroffenen] vielleicht sehr stark darunter leiden, dass das, was sie sexuell gerne wollen und wie sie sich selbst, also was sie als Selbstbild, äh was sie als Selbstbild haben, dass sie das nie umsetzen können. Therapeutische Hilfe für solche Menschen, läge darin, wie bei anderen Menschen auch äh, also mit dieser dieser Widrigkeit des Lebens, wenn man das so nennen kann, umzugehen“ (Z.2401-2407).
K8 Sexualisierte Gewalt an Kindern
Da die Thematik der sexualisierten Gewalt an Kindern Menschen, die eine pädo- und hebephile Neigung haben, beschäftigt, sollen nun diese Aspekte der Interviews beleuchtet werden. Die Expertin (B2) erläutert, dass ihrer Erfahrung nach, übergriffig gewordene Patientinnen selten sind („Übergriffe haben wir jetzt in der Regel nicht“ (Z.996f)). Dies stelle auch die Statistik dar, „die besag[t], dass vom Kindesmissbrauch ähm oder oder Personen, die Kindesmissbrauch begangen haben, eben nur ungefähr 40 bis 50 %“ (Z.1069-1071) Pädo- oder Hebephile seien. Dagegen seien „die anderen 50 bis 60% [...] es eben nicht [Hervorheb. im Original]“ (Z.1073). Die Patientinnen, die doch zu Kein-Täter-werden kommen und einen Übergriff begangen haben, haben diesen begangen „bevor [Hervorheb. im Original] sie zu uns [Hervorheb.im Original] kamen“ (Z.1138) und das liegt „auch schon mal zehn Jahre zurück“ (Z.1139f).
Wie schlimm sexualisierte Gewalt tatsächlich ist, hat der Betroffene (B3) bereits selbst erfahren müssen („Ich weiß, wie es ist“ (Z.1549)) und so leide er heute noch an „den Missbrauchssachen, was [ihm] [...] angetan wurde“ (Z.1552f). Er selbst möchte dies nie einem Kind antun, denn er erlebte selbst wie der „Körper eines Kindes aus[ge]nutzt“ (Z.1550) wurde, für die „sexuelle Befriedigung“ (ebd.) des der Täterinnen entfremdet wurde. Für ihn sei es jedoch schwierig sexualisierte Gewalt einzuordnen. So frage er sich „immer, wann fängt eigentlich Missbrauch an. Weil die Sache ist das ist ja eigentlich noch schlimmer für [die Betroffenen] [...], wenn man jetzt zum Beispiel, [...] mit einem Kind spielt, und es ausversehen mal berührt oder mal kuschelt. Also also, dass hier das Kind das möchte, ist das schon Missbrauch? Das ist eigentlich das, wo ich nicht so richtig klarkomme. Wo fängt Missbrauch an?“ (Z.2025-2030). Er vergleicht es mit seinem eigenen erlebten Missbrauch. Dies sei „Missbrauch“ (Z.2035) gewesen, da es „mit Zwang gewesen“ (ebd.) sei. Die Frage nach dem „Wann fängt [sexualisierte Gewalt] [...] an?“ (Z.2037) beschäftige viele Betroffene. Anders sei dies bei Menschen, welche nicht diese Neigung haben. Diese können ,,kuschel[n] und nichts passiert. Und meistens ist es auch so, ob das Kind es will oder nicht“ (Z.2039f). Genau hier sieht auch der Psychotherapeut (B6) die Problematik dieses Themas. Er habe in seinem Beruf feststellen müssen, dass „die völlig Falschen verdächtigt] würden. [...] Die Gesellschaft, verdächtiget.] Pädophile als Täter. Das [seien] [...] sie aber nicht, was Hands-on-Delikte angfinge]“ (Z.3121f). Er ist der Ansicht, dass dadurch, dass sich die Pädophilen „selbermit [ihrer] [...] Sexualitätundsichauseinander[setzen][...], dasheißtim Endeffekt, dassdaein Vorgang stattfinde[.], der zu einem bestimmten Ergebniskomm[e]“ (Z.3180-3182).Dies führe sodazu,„dass Pädophile [...] eher diejenigen sind, die weniger Straftaten begehen, aus unterschiedlichsten Gründen, also was Hands-on-Delikte angehfen]“ (Z.3184f) würde. So würden die meisten Übergriffe auf Kinder „von heterosexuellen Männern [...], jungen Frauen, von Schwulen, von allen möglichen, aber eben nicht [Hervorheb. im Original] von Pädophilen“ (Z.3252f) begangen werden. So würde auf das „falsche Pferd konzentriert] [und nicht bemerkt werden], wo die Gefahr wirklich“ (Z.3270f) sei. Dies bestätigt auch der Psychologe des Strafvollzugs (B4), mit den Worten „die größte Zahl von einem sexuellen Missbrauch [findet] im sogenannten familiären Nahraum statt[.]. Das ist überhaupt nichts Neues, das weiß man jetzt seit Jahrzehnten [Hervorheb. im Original]“ (Z.2199f). So seien „Kinder [...] dort gefährdet leider von Gewalt, aber auch von sexueller Misshandlung, wo sie eigentlich am besten geschützt äh sein sollten“ (Z.2203f). So seien Kinder im Gewaltverhältnis von „missbrauchenden Menschen [...] [...] wie de[m] Vater [...] oder de[m] Onkel oder der (..) ältere Bruder oder der Partner der Mutter“ (Z.2217f). Er erlaubt sich die Aussage, dass seiner Empfindung nach, „die größte Zahl der Menschen, bei denen eine Pädophilie diagnostiziert werden konnte [Hervorheb.im Original], [...] also im Sinne einer dominanten Orientierung bezogen auf Kinder oder vielleicht auch Jugendliche, ähm, dass die meisten dieser Leute keine Sexualstraftaten begehen. Sondern die meisten dieser Leute wissen sehr wohl, dass das schlecht und falsch ist. Also nicht nur, dass das strafwürdiges Unrecht ist. Sondern auch im eigenen Wertesystem etwas Schlechtes ist“ (Z.2395-2401). So komme es bei den allermeisten Pädophilen und Hebephilen „nicht zu diesen Grenzübertritten in Form von Straftaten“ (Z.1992f). Der Psychologe (B4) gibt an, dass der Anteil an Kindesmissbrauchem bei den Sexualstraftätern „hoch“ (Z.2166) sei. Jedoch hat er keine Statistik dazu, wer tatsächlich pädo- oder hebephile Neigungen bei den Gefangenen habe. Dies sei auch möglicherweise deshalb der Fall, da „die Diagnoseeiner Pädophilie [...] nichts Einfaches[sei], Jasondernsie [sei] [...] schwererals in anderenFällen undähm(..) ist erst spruchreif vielleicht nach vielen [Hervorheb. im Original] Jahren“(Z.2529f).
K8.1 Verhaltenskontrolle
Viele der befragten Betroffenen sind der Ansicht, dassdie „Verhaltenskontrolle [...] sicherlich mit Straffälligkeit zu tun“ (Z.863) habe. So sei diese „ja die eigentliche Ursachefür denübergriff, nicht [die] pädophileNeigung“ (Z.865f). So sei es auch wichtig für jeden „anderen Menschen“ (Z.868), auch die Verhaltenskontrolle zu verbessern, um generelle „ganz allgemeine^]“ (Z.871) Übergriffe zu reduzieren (vgl. Z.867-871). So sieht der Betroffene (B1) die Verhaltenskontrolleals„sich seines eigenen Verhaltens bewusst zu werden, sich bewusst zu machen [Hervorheb.im Original], wastu[t] [man] [...] eigentlich, was sind die Impulse dafür, warum [man] [...] etwas tun möchte. Ist [das] [...] Verhalten, den Impulsen über den Ursachen adäquat, passt es dazu, ist es noch angemessen oder ist es überzogen? [So] glaub[t] [er] bewusst, sich seines selbst und seines Handelns bewusst zu sein, ist ein großer, großer und wichtiger Punkt in der Verhaltenskontrolle, auch auch zu sehen was kann [man] [...] mit [s]einem Verhalten anrichten. Wie wird das von anderen aufgenommen, von denen denen gegenüber [man] [s]ich eben schlecht verhalte und das nicht nur auf Kinder bezogen geben, sondern ganz allgemein [Hervorheb.im Original], Wenn [er] sehe, wie wie gering diese Verhaltenskontrolle ganz allgemein ist, habe [er] Angst darum“ (Z.873-882). Der Betroffene (B3) erklärt „was [ihn] [...] am meisten daran hindert, [sei] [...], weil [er] [...] es selber erlebt habe“ (Z.1545f). Auch führt er weiter aus, dass Impulskontrolle ebenso wichtig sei. So müsse man „sich halt [...] bewerten, ja was [man sich] heute zu[traue], also den Tag nicht hier die ganze Zeit, sondern es kommt halt immer auf den Tag an“ (Z.1703-1705). So führt er die Gedanken weiter aus: „Wie fühlst du dich? Ähm wie sind deine Reize an dem Tag, also die (.) sexuellen Reize, fühlst du dich traurig, fühlst du dich glücklich, weil da gibt es einen ganzen ganz großen Unterschied. Wenn du dich traurig fühlst, dann dann ist es halt so, dass alles dir scheißegal oder hab keinen Bock mehr und lass mich in Ruhe. Aber glücklich ist es so, dass du freier bist, halt bist zufriedener, du gehst raus mit einem Lächeln und so“ (Z.1705-1710). So ist er der Ansicht, dass es hilfreich für die eigene Verhaltenskontrolle sei, „sich selber zu hören, also mit Zutrauen, [...] mit den Gefühlen, also wie es heute geht [Hervorheb.im Original]“ (Z.1719f). So meide er beispielsweise den Kontakt zu Kindern, wenn er merke, dass ,,[s]eine Reize zu groß [Hervorheb.im Original]“ (Z. 1721) seien. Auch der Betroffene (B5) unterscheidet sich von straffällig gewordenen Pädophilen und Hebephilen in dem er sich „entscheide^ [Hervorheb. im Original]“ (Z.2802). Dies generalisiert er jedoch ebenfalls wie der Betroffene (Bl) und ist der Meinung, dass jeder Mensch sich dem ihm gegenüberstehenden Menschen entscheiden muss, wie er sich hier verhält und dies sei bei Kindern auch nicht anders. Er stelle sich hier „einfach mal bewusst [Hervorheb.im Original] die Frage [...], ,Guck mal diese Situation, die könnte man in dieser oder jener Weise eventuell manipulieren und das würde keiner merken und was weiß ich‘. [So stelle er sich] [...] einfach die Frage [...], ,Was wäre mir das wert?‘ Und die Antwort, die [er sich] [...] jedes einzelne mal gebe [sei] [...] ,Nichts‘“ (Z. 2807-2811). Es würde lediglich Vertrauen zerstören und dies sei ihm „viel mehr wert [Hervorheb. im Original]“ (Z.2817). So vergleicht er dieses Verhalten auch mit dem einer Beziehungssituation. So sei die Antwort eines Alkohol trinkenden Mannes, dass er trinke, weil ihn seine Frau verlassen habe, jedoch sei dies falsch. Die eigentliche Motivation sei die mit Alkohol gefüllte Flasche. Man könne sich jedoch die Gründe auch anders auslegen. Dies ändere jedoch nichts an der Wahrheit. So würde sich der Betroffene wünschen, dass diese Erkenntnis in „vielen anderen Bereichen“ (Z.2883) wichtig wäre und so auch „viel bewegen“ (ebd.) würde. Der Experte (B6) ist der Meinung, dass es für die Verhaltenskontrolle ebenfalls wichtig wäre, „sich seiner Sexualität bewusst“ (Z.3159) zu sein. So könne man erst beantworten, wie man mit dieser umgehen werde (vgl. ebd.).
Ob Opferempathie „eine rückfallpräventive Wirkung“ (Z.2275) habe, sei der Forschungslage nach, „einfach überhaupt [Hervorheb. im Original] nicht klar“ (Z.2276.). Dadurch seien sinnvolle Trainings, die die Opfer-Empathie abzielen würden, nicht im Programm fokussiert (vgl. Z.2279f).
K9 Kinderpornografie
Ein Betroffener (Bl) offenbart den illegalen Konsum von Kinderpomografie. Hier sei er erwischt worden und bekam so auch eine entsprechende Strafe, wurde jedoch erneut rückfällig, da der „Drang danach immer wieder da“ (Z.ölOf) war, wobei er hier nicht entdeckt wurde (vgl. Z.604f). Er habe angefangen, indem er „Bilder abgezeichnet von Kindern in Badebekleidung [und diese dann] [...] abgepaust“ (Z.241f) habe. Weiter suchte er auch im Internet nach FKK-Bildern, wobei er auch auf Missbrauchsabbildungen stieß. Hier habe er „mit Erschrecken auch feststellen müssen, dass diese Bilder, auch wenn [er] [...] die selber abstoßend fand, dass die eine erregende Wirkung auf [ihn] [...] hatten“ (Z.247-249). Ihm war bewusst, dass hierbei Kinder sexualisierte Gewalt erfuhren, jedoch habe er dies „weggeschoben“ (Z.698). Hier zeigen sich wieder ambivalente Gefühle des Betroffenen. So haben ihn die Bilder einerseits „erregt“ (Z.699) und andererseits „nach der Erregung“ (ebd.) brachte es ihn „zum Kotzen“ (Z.700) und er hatte „Bauchschmerzen wirklich hinterher“ (ebd.). Er habe das „einfach nicht“ (Z.701) gewollt. Er wusste, dass auch wenn die Kinder auf den Bildern lächelten, sie das eigentlich nicht wollten und nicht freiwillig machten (vgl. Z.706f). Auch Nacktaufnahmen seien ihm bewusst, dass dies zwar „noch gar kein körperlicher Missbrauch“ (Z.719) sei, jedoch auch hier bereits Missbrauch vorliege (vgl. Z.718f). Als ihm dies entsprechend klar und bewusst wurde und er lernte, diese Fakten nicht mehr zu verdrängen, konnte er „auch nicht mehr konsumieren“ (Z.726f), da er „immer missbrauchte Kinder hinter sehe“ (Z.727f).
K10 Lösungsansätze
K10.1 Ersatzobjekte und Medikamente
So gebe es Ersatzmöglichkeiten zur Befriedigung der sexuellen Wünsche (K10.1), bei denen kein Kind zu Schaden kommt. Dies seien einmal Kindersexpuppen, als auch „fiktive animierte Abbildungen eines Kindes als Mädchen“ (Z.1626f) (Lolicon) und fiktiv und animiertfe] [Abbildung] [...] ein[es] Junge[n]“ (Z.1627.) (Shotacon). So erklärt der Betroffene (B3), dass sich hierbei alles in einer „Fantasiewelt“ (Z.1629) abspiele und „alles frei erfunden“ (ebd.) sei. Dies seien ,,kein[e] echte[n] Kind[er]“ (Z.1630), jedoch seien hier „sexuelle Sachen zu sehen“ (Z.1631). Er kritisiert den Begriff der ,,fiktive[n] Darstellung der Kinderpornografie“ (Z.1647), da er argumentiert, dass Kinderpomografie für ihn „Bilder und Video-Materialien, wo Kinder missbraucht werden“ (Z.1650) seien. Jedoch würden Lolicon- und Shotacon-Abbildungen ebenfalls in das Genre Kinderpornografie fallen und so wäre der Konsum dieser ebenfalls illegal. Diese wären - die Kindersexpuppen eingeschlossen - laut den Politkern, „ein Leitfaden für einen echten Missbrauch“ (Z.1657f) und somit der „Übergang zum echten Missbrauch“ (Z.1658.). Dies sei aber nicht der Fall (vgl. ebd.). So empfindet der Betroffene (B3) diese Argumentation als falsch, denn man könne nicht nur, weil „einer [Hervorheb. im Original] das nutzt also eine KindersexpuppeoderLolicon oderder Konsum von ShotaconundderbegehtdannMissbrauch“ (Z.1660f), könne man nicht alle Menschen über einen Kamm scheren, da es „tausende von Menschen [gäbe], die aber nichts gemacht haben, keinen Missbrauch, also nicht als Übergang“ (Z.1662f). Er wünscht sich, dass, wie in Skandinavien, Lolicon- und Shotacon- Abbildungen legalisiert würden, da es auch „keine [Hervorheb.im Original] Belege dafür [Hervorheb. im Original]“ (Z.1670) gäbe, dass diese zu sexualisierter Gewalt führen würden. Jedoch wären in Deutschland für den Konsum von Lolicon und Shotacon, sowie die Nutzung der Kindersexpuppe „Gefängnisstrafen von fünf Jahren“ (Z.1679) vorgesehen und so würde „es so gehandelt wie echte Sachen“ (ebd.). So ist er der Meinung, dass die Nutzung der Kindersexpuppen sowie der Konsum von den fiktiven Darstellungen „vielen Menschen helfen [würde]“ (Z.1698). Auch der Betroffene (B7) würde sich die Aufhebung der Verbote von Ersatzaltemativen wünschen, da diese den von Pädo- und Hebephilie Betroffenen helfen würden und so auch möglicherweise Opfer verhindern könnten. So seien laut ihm, auch die Gesetzeslagen zu der Nutzung von Lolicon und Shotacon „sehr konfus und irreführend“ (Z.3565) (vgl. Z.3562-3565). Seiner Meinung nach, wären auch unterstützende Angebote, „indem betroffene personen [sic!], die glauben, das [sic!] es ihnen hilft keine [sic!] Missbrauch zu begehen, das ganze [sic!] mit ihrem Psychiater besprechen können, und wenn dieser der ansicht [sic!] [sei] [...] das [sic!] es [helfen könne] [...], sich eine solche puppe [sic!] kaufen können und der Staat oder die Krankenkassen [...] als Therapieform einen teil [sic!] der kosten [sic!]“ (Z.3575-3579) tragen würden. So sei er froh, weder sexualisierte Gewalt an Kindern verübt, noch Kinderpornografie konsumiert zu haben, jedoch nutze er „ersatzaltemativen [sic!] wie Lolicons“ (Z.3527), die ihm so auch helfen, nicht übergriffig zu werden. So ist auch der Experte (B6) der Ansicht, dass Sexpuppen wichtig seien (vgl. Z.3203f). Es sei „völlig normal, dass da Menschen Gegenstände mit Emotionen [verbinden würden], und das passiert dann da eben auch und dann wird die Puppe eben mehr als nur Gegenstand am Ende. Und das dann zu kriminalisieren [sei] schon mehr als fragwürdig, weil es überhaupt kein Opfer“ (Z.3207-3210) gäbe. So sei das Verbot dieser Kindersexpuppen „falsch“ (Z.3210), weswegen er gegen dieses Verbot sei. Auch Lolicon und Shotacon müssten seiner Meinung nach erlaubt werden, da Verbote keine Lösung seien (vgl. Z.3209-3211). So vergleicht er dies, mit einer Kiste mit Sexobjekten, welche er in seiner Jugend besaß. Diese müssten ihm dann ebenfalls weggenommen werden, da er hier ja „Akte üben“ (Z.3218) könne. Aber keiner übe hierbei eine „Vergewaltigung“ (Z.1610). So habe auch die „Mehrheit der Experten [...] damals bereits gesagt, dass dies eher nicht zu befürchten“ (Z.3221f) sei. Auch der Experte (B4) ist der Ansicht, dass Verbote, Tabuisierungen und Restriktionen kontraproduktiv und nicht hilfreich seien. So sollte es zu einer „Öffnung der Thematik“ (Z.2574f) kommen. Er erzählt aus seiner Praxis, dass erfolgreiche Arbeit mit den Patienten15 nur dann hilfreich sei, wenn diese wüssten, dass „sie bestimmte Dinge sagen dürf[t]en“ (Z.2576). So stellt er in Frage, ob nicht genau diese Verbote und Kontrollen, bestimmtes Verhalten antreibt und eben nicht unterbindet (vgl.Z.2577-2580).
Weiter gebe es die Möglichkeit, Antiandrogene einzunehmen. Diese würden die „Wirkung vonTestosteronsoein bisschenrunter[fahren] (Z.2991f). Der Betroffene (B5) habe diese ausprobiert, bis er starke Nebenwirkungen in Form von Depressionenerlitt. Trotzdem spricht er hier von einem„kurzfristig aufjedenFall [...] sehrwertvolle[n] Erlebnis“ (Z.2986f). So könne man hierdurch „sich selber [...] erleben, wo[bei] diesesganzeThema,waseinem dasganzeLeben lang belastet hat, einfach abgeschaltet wird, sozusagen“ (Z.2987f). Der Betroffene (B7) beschreibt die zwölf Wochen, in denenermedikamentösbehandeltwurde, als eine „Fehlentscheidung“ (Z. 3545)und „Horrorwochen“ (Z.3546).
K10.2 Stigmatisierung und Ablehnung durch die Gesellschaft und Professionelle Dass das Thema Pädophilie stark stigmatisiert wird, konnte von jedem der Befragten Interviewteilnehmer bestätigt werden. So erklärt der Befragte (Bl), dass Therapeutinnen, die Pädophile aufnehmen würden, „damit rechnen [müssten], dass das Schild [an der Haustür] bald zugemalt“ (Z.783) werden würde. So sei die Stigmatisierung allein mit dem Begriff der Pädophilie „ein Hemmschuh für Therapeuten, damit zu arbeiten. Unabhängig von der eigenen Einstellung zur Pädophilie“ (Z.786f). Auch erzählt er, dass er einen Psychiater, welcher ebenfalls Therapeut war, kannte, der nicht wisse, dass es einen Unterschied zwischen sexualisierter Gewalt und Pädophilie gebe (vgl.Z.789f). So würden Therapeutinnen abgeschreckt durch die Unwissenheit, die die Thematik der Pädohebephilie mit sich bringe, da diese Thematik „in der therapeutischen Ausbildung kaum behandelt“ (Z.793) werden würde. So wünsche er sich, dass hier mehr getan wird, damit Therapeutinnen Pädophile als ,,normale[.]“ (Z.795) Patientinnen wahmehmen. Die Entstigmatisierung des Pädohebephilenbegriffs würde möglicherweise dazu führen, dass mehr Therapeutinnen mit dieser Patientinnengruppe arbeiten würden, da sie eben weniger von der „Öffentlichkeit deswegen [Hervorheb. im Original] diffamiert werden“ (Z.820f) würden. Als Gründe dafür, dass Therapeutinnen die Behandlung Pädophiler ablehnen, nennt die Präventionsbeauftragte (B2) „einmal [...], weil die entsprechenden Personen selbst äh Eltern sind und (..) das einen vielleicht persönlich irgendwie ähm ja [mitnehme]. Im Endeffekt, [...] [wisse man] nicht, ist eine Person vielleicht früher auch selber mal Missbrauchsopfer gewesen. Das [sei] [...] zumindest nicht auszuschließen. Aber auch natürlich, weil man sich ähm mit der Thematik nicht auseinandergesetzt hat oder nicht das Gefühl hat, man ist nicht (..), man kann nicht wirklich professionell umgehen“ (Z.1211-1217). Es seien einfach „ganz unterschiedliche Gründe“ (Z.1223), worüber sie als Präventionsnetzwerk jedoch „keine Auskunft“ (Z.1224) erhalten würden und so lediglich Informationen aus dem „beruflichen Kreis“ (Z.1225) zur Verfügung stehen würden. Der Experte (B6) erläutert, dass es Therapeutinnen gäbe, die „einen interessantenVorbehaltgegen Pädophile [hätten, mehr] als das in der Normalbevölkerung der Fall ist, angeblich laut Statistik. Wenn dasstimm[e], [sei] [...] es zum einen traurig für [s]einen Berufsstand und zum anderennatürlich dadurch, dass[sich die Gesellschaft] [...] mit dem Problem [beschäftige], da wo es weh tu[e] (Z.3147-3151). So berichtet auch der Betroffene (B3)von den Worten einer „damaligen Therapeutin“ (Z.1954). Sie habe „haufenweise Mails bekommen an schlimmsten Wörtern und Todesdrohungen und Morddrohungen“ (Z.1955f). So sei in Bonn ein Fall gewesen, bei dem Menschen vor dem bewohnten Haus demonstrierten und „einfach geschrien haben ,Wir wollen dich hier nicht mehr, geh hier raus aus der Stadt' und so weiter. [Dabei helfe die Therapeutin den pädophilen und hebephilen Hilfesuchenden] [...] nur“ (Z.1959f). Diese Hilfe sei jedoch „für viele Leute“ (Z.1963) schon falsch. So seien die besten Lösungen für einige Menschen entweder „einsperren, Knast [...], die Geschlechtsorgane entfernen [...] und da [gäbe] [...] es keine Grenzen an Mord und Foltergedanken“ (Z.1966f). So sei ein Familienvater, der „die Neigung“ (Z.1970) habe, krankenhausreif verprügelt worden, obwohl nach Überprüfung „nichts [Hervorheb. im Original] gar nichts“ (Z.1971f) illegales passiert sei. Auch gäbe es in YouTube sogenannte Pädohunters, die „bewusst [Hervorheb. im Original] Pädophile suchen, um die Leute aus der Gesellschaft zu verbannen“ (Z.1976f). So erzählt auch der Betroffene (B7) davon, wie er sich der Öffentlichkeit öffnete und so seine Daten im Internet veröffentlicht wurden. Gefolgt wurde dies im Internet von „Morddrohungen, als auch Kommentaren im Internet über Pädophilie wie ,Ab ins Gas‘“ (Z.3522), die er hier gelesen hatte (vgl. ebd.). Die Expertin (B2) berichtet von Erzählungen der Patientinnen, die von der Gesellschaft als Monster dargestellt werden und dann ihr gegenüber aussagen „aber bin ich doch eigentlich gar nicht, bin doch ein ganz normaler Mensch [Hervorheb. im Original], ich habe halt eine Neigung“ (Z.1294f). So fasst der Therapeut (B6) zusammen „das Stigmatisieren und das Kriminalisieren geht überhaupt [Hervorheb. im Original] nicht. Das steht außerhalb jeder Diskussion“ (Z.3198f). So ist er der Auffassung, dass wenn Betroffene in einem „sozial anerkannten Umfeld [...] [leben würden], sich viel mehr an die Regeln [halten würden] [...], als wenn man auf Dauer stigmatisiert [...] und unterdrückt ist und sich nicht öffnen [dürfe]“ (Z.3325-3327). So beschreibt er auch die Ungleichbehandlung Straffälliger. So würde ein Straffälliger, welcher nachweisen könne, dass er eigentlich nicht auf Kinder stehe und heterosexuell sei, ein Kind aber angefasst habe, „nicht so hoch bestraft“ (Z.3351) werden, wie ein Pädophiler mit dem gleichen Vergehen, da bei diesem nahe liege, dass er ..immer [Hervorheb. im Original]“ (Z.3353) ein Rückfallrisiko habe, da er die Neigung habe und ein heterosexueller Nicht-Pädophiler dieses Rückfallrisiko wahrscheinlich“ (Z.3351.) nicht habe (vgl. Z.3350-3353). Auch herrsche die Stigmatisierung, laut dem Experten der Vollzugsanstalt (B4), in den Gefängnissen, also die gesellschaftliche Stigmatisierung von Sexualstraftätem liege „in verschärfter Form“ (Z.2154) vor. So werde auch nicht nach sexueller Nötigung oder sexuellem Missbrauch von einem Kind groß unterschieden (vgl. Z.2156f). Daher würden die „so genannten Kinderschänder oder Kinderficker im Gefängnis als äh der Abschaum betrachtet“ (Z. 2493) werden von den anderen Gefangenen. So käme es nicht nur ihnen gegenüber zu „Androhungen von Gewalt, sondern äh manche von denen [hätten] [...] gravierende Körperverletzungen erlitten durch durch Mitgefangene“ (Z.2499- 2501). Dies sei der Grund, wieso es in seiner Vollzugsanstalt eine Bedrohtenabteilung gebe, in denen von anderen Straffälligen bedrohte Inhaftierte leben würden. Der Experte ist der Ansicht, dass der Begriff der Pädophilie bestenfalls geändert werden müsse „um aus der Stigmatisierung rauszukommen“ (Z.2482f). So müsse auch, laut dem Betroffenen (B7), dafür gekämpft werden, dass „weniger Falschinformationen verbreitet werden über Pädophilie“ (Z.3549) und auch Pädophilie als eine Sexualität anerkannt werde. Dies ermögliche, von Hass bedrohte Menschen, Strafanzeigen gegen die Angreifer wegen „sexueller Orientierung stellen zu können“ (Z.3553). Denn er beschreibt, dass sich Menschen, die unter dem Hass anderer Menschen leiden, „zurückiehen [sic!], depressiver, ängstlicher, ärgerlicher [werden] und sind dann eher tatgeneigt etwas herunterzuladen oder missbrauch [sic!] zu begehen aus Frust“ (Z.3555f). Denn würde mehr Toleranz den pädo- und hebephilen Betroffenen entgegengebracht werden, würde es diesen „leichter [...] [machen], sich dann zu outen“ (Z.2484) und mit der sexuellen Neigung besser umgehen zu können.
KIO.2.1 Die Psyche der Gesellschaft
Genauer sollen nun die Hintergründe der Stigmatisierung der Gesellschaft beleuchtet werden. So wäre der Grund, laut dem Experten (B6), warum die Differenzierung der sexualisierten Gewalt gegen Kinder in der Gesellschaft nicht präsent wäre, derjenige, dass dies „nicht wahrgenommen [wird], weil man dann ja plötzlich selber betroffen wäre. Dann müsste ja jeder sich [...] dem Verdacht aussetzen, dass er äh ja. Und in so einer Welt [wollen die Menschen] [...] natürlich lieber nicht leben. Und [so werde] [...] die Gruppe, äh stigmatisiert], kriminalisiert] und so [werde] [...] aber das Problem nicht von den Kindern [Hervorheb.imOriginal] [gelöst]. Aber [das] [...] psychologische^] Problem [wird so] ziemlich gut [gelöst]. Weil [die Menschen] [...] dann die Guten sind und die, die Bösen sind, definiert. Und alles was wir gegen die Bösen machen, zeigt, dass wir die Guten sind. Und dass die Kinder, dann gar nicht mehr vorkommen, das ist dann relativ egal. Das scheint niemanden mehr zu stören“ (Z.3253-3261). Wichtig sei nur, dass die Gesellschaft so „nicht zu den Schweinen [gehöre]. Das [sei] [...] ja wieder praktisch“ (Z.3284f). Hätte man den Begriff der Pädophilie nicht, so wären viel zu viele Menschen, die betroffen wären (vgl. 3285f). So vergleicht er auch das heutige Verhalten Pädophiler gegenüber mit dem Verhalten, welches man in den „fünfziger, sechzigerauchin densiebzigerJahren“ (Z.3355) Homosexuellen gegenüber hatte. „Das Erschreckende“ (Z.3360f) sei, dass dies zeige, dass die Gesellschaft„n/cbfe [Hervorheb. im Original] gelernt“ (Z.3360) habe. Auch der für Gefangene zuständige Psychotherapeut (B4) kann den Eindruck der Abgrenzung zu speziellen Randgruppen bestätigen. So sei es einfach, dass die Gesellschaft „mit dem Finger [...] auf diejenigen [zeige], die man quasi sehen [Hervorheb. im Original] kann“ (Z.2366). Dies seien Menschen, die in der Psychiatrie oder im Gefängnis sind. Somit lässt sich diese Gruppe als ,,[k]rank[.] und [g]estört[.]“ (Z.2368) und als schlecht abgrenzen. Jedoch habe dies mit der tatsächlichen „Entstehung und Begehung von, von sexueller Gewalt gegen Kinder, aber auch gegen Erwachsene hat das ja nichts zu tun. Also äh die meisten Täter sind Normalos“ (Z.2371). So sind diejenigen, die sexualisierte Gewalt an Kinder verüben,„wir alle“ (Z.2377) und nicht die „Monster, [wie] [...] Sexualstraftäter gerne stilisiert“ (Z.2376f) werden. Hiermit lasse sich das Böse nicht auf die Menschen, die in der Psychiatrie und im Gefängnis sind, projizieren, sondern das Böse stecke in jedem Menschen (vgl. Z.2383-2385). Durch Zuteilung des Bösen auf Gefangene und psychiatrisch Behandelte, könne die Abgrenzung des Abgründigen der Individuen erfolgen. So werde jedoch „in einem selbst etwas geleugnet“ (Z.2444), was aber wiederum Straftaten begünstige. Es müsse eine offenere und reflektiertere Betrachtung angestrebt werden, damit diese flexibler werdeund soauchmöglich „die schlichte Tatsache zur Kenntnis zu nehmen, dass es Leute gibt in der Gesellschaft, die unverschuldet diese sexuelle Orientierung haben“ (Z.2459-2461) und man komme, von der Betrachtung weg, die Pädophilen seien „Schweine, die [der Mensch] gerne totschlagen möchte“ (Z.2456f). Diese Einstellung der Gesellschaft, dass also „viele Personen [...] davon aus[gehen], dass jemand der einen Übergriffbegangenhat, [...] automatisch pädophil“ (Z.1075f) sei, könne dazu führen, dass „das Gefühl entsteht, ,Okay, ich bin pädophil. Das heißt alle denken von mir, ich werde automatisch übergriffig“ (Z.1079-1081). Dies sei im Sinne der Selbsterfüllenden Prophezeiung und könne so als Konsequenz gegebenenfalls einen sexuellen Übergriff ergeben (vgl. Z.1082f). So ist auch der Betroffene (B5) der Ansicht, dass eine Korrelation zu finden sei, je stärker stigmatisiert werden würde, desto häufiger würden aus dieser Gruppe Individuen auch sexualisierte Gewalt an Kindern ausüben. Hier wünsche er sich mehr Untersuchungen und Studien (vgl. Z.2974-2976). Hierbei müsse allerdings auch der Unterschied zwischen diversen Tätergruppen berücksichtigt werden und könne nicht pauschal sagen, dass Entstigmatisierung überall Straffälligkeit reduzierend wirken würde. So gebe es „die wesentlich kleinere Gruppe derjenigen, die pädophile Neigungen haben. Und unter denen gibt es auch wiederum die Gruppe, die egal wie die Umstände und egal wie die Gesetze sind, das scheiß egal ist. Weil das Unrechtsbewusstsein oder die Selbstreflexion massiv fehlt. Oder Ähnliches. Da wird man mit solchen Sachen nichts groß ändern können. Aber mit einem, die Menschen, die die äh ich sag das mal böse, Wackelkandidaten sind, die selber nicht recht wissen, was ist jetzt richtig. Und die auf irgendwie auf äh aussprechen oder die einfach verzweifelt sind. Ja, weil denen ihr Leben einfach am Arsch ist. Und denen irgendwann eine Sicherung durchbrennt oder ähnliches“ (Z.2965-2974).
K10.3 Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung
Dem vorherigen Abschnitt gemäß, wünscht sich die Expertin (B2) „mehr Aufklärungsarbeit [...] und insbesondere über den Punkt, dass Pädophile eben nicht gleich Missbrauch bedeutet“ (Z.1279f). Auch müssten mehr Stellen geschaffen werden, für beispielsweise Sozialpädagoginnen, „die sich bereit erklären, mit den entsprechenden Personen zu arbeiten“ (Z.1192f). So könnten gerade sozial Isolierte und von der Gesellschaft im Stich gelassene Personen hiervon profitieren, wenn „es da Personen [gäbe] [...], die über die Neigung Bescheid wissen, mit dem man sich austauschen kann, aber eben auch gleichzeitig ein Schritt ins ins soziale Leben erhält“ (Z.1196f). Die Expertin (B2) ergänzt weiter, dass es jemanden bedürfe, der an der generellen Lebenssituation des Patienten arbeiten würde und diese so verbessern könnte (vgl. Z.1200). So empfiehlt sie auch im Sinne von Kein-Täter- werden, mehr Öffentlichkeitsarbeit und mehr Werbung für dieses Projekt (vgl. Z.1256f). Dies würde sich auch der Betroffene (B5) wünschen („dass halt die Pädophilie, ja nicht falsch ankommt [Hervorheb.im Original], Also dass wir keine Täter sind und so“ (Z.1584f)). Er würde gerne zur Aufklärung beitragen („Präsentationen irgendwie zu machen“ (Z.1588)), aber die Angst aufgedeckt zu werden, sei zu groß (vgl. 1589f)). So müsse laut dem Betroffenen (B5) beispielsweise in der Schule vermittelt werden, dass wenn [Kinder oder Erwachsene] [...] sexuelle Bedürfnisse [haben] [...], ob nun sexueller Natur oder anderer Art, kann man mit denen sinnvoll umgehen“ (Z.2891f). Niemand sei diesen „einfach ausgeliefert“ (Z.2892). Pädagog*innen könnten hierbei „Bilder [...] vermitteln [...] und verändern“ (Z.2895f). Auch könnten Workshops zur Aufklärung in Bildungseinrichtungen angeboten werden, so der Betroffene (B5) (vgl. Z.2897f). Er wünscht sich, dass auf professioneller Ebene, so also in sozialen Berufen und in Bildungseinrichtungen, normal mit der sexuellen Neigung umgegangen wird, ähnlich wie bei einem ärztlichen Problem (vgl. Z.2908-2911). So kann der Experte auch das mangelnde Interesse der Gesellschaft, „gravierende Straftaten“ (Z.2359) möglichst zu reduzieren, nicht nachvollziehen und plädiert für Aufklärung und somit für mehr Prävention (vgl. Z.2380f). Wichtig sei es auch Kinder entsprechend zu erziehen und ihnen ihre Rechte klar zu machen und offen zu kommunizieren, dass es auch über eine Umarmung von Verwandten und Bekannten selbst entscheiden könne, ob es diese möchte oder eben nicht. So würden Kinder sensibilisiert werden, auch einmal ,Nein‘ zu sagen (vgl. Z.3099f). Ebenfalls müsse an Therapieplätzen gearbeitet werden, sowie auch an weiteren Standorten oder Online-Angeboten. So schreibt der Betroffene (B7), dass er „seit langer Zeit“ (Z.3568) auf platz [sic!] 11 [sic!] der warteschlange [sic!]“ (ebd.) sei.
K12 Pädophilie und Hebephilie allgemein
Allgemein möchte die Präventionsexpertin (B2) darauf verweisen, dass „kein Mensch auf die Welt gekommen und [...] sich ausgesucht [habe], pädophil zu sein. [...]. [Dann gäbe] es auch Unterschiede in der Ausrichtung. Das heißt, es gibt exklusive Pädophile. Das heißt, sie sind ausschließlich auf Kinder ausgerichtet. Und es gibt noch non-exklusive, die haben zumindest die Möglichkeit ihre Sexualität noch anderweitig zu leben. [...] [So mache dies] schon noch mal einen Unterschied, oder inwieweit oder wie stark der Leidensdruck ist, den eine Person hat. Eine Person, die eine exklusive Orientierung hat, für diese ist es eben überhaupt nicht möglich, Sexualität jemals zu leben“ (Z.1055-1063). Auch argumentiert sie so, dass es Sinn macht, junge Menschen noch nicht mit der Diagnose Pädo- oder Hebephilie zu stempeln, denn sie seien noch in der „Entwicklungsphase [...] und letztendlich da (.) es kann sich verschieben“ (Z.1103). Dies sei auch bei Persönlichkeitsstörungen der Fall, da man hier argumentiere, dass noch alles „in Bewegung“ (Z.2114) sei, so der Experte (B4). Auch auf die Frage, nach dem äußeren Scheinbild der meisten Pädophilen und Hebephilen, die zu dem Präventionsprojekt kommen, antwortet die Expertin, dass dies sehr unterschiedlich und schwer zu pauschalisieren sei. So seien manche mit „Frau, Kinder Haus, ganz normaler Beruf ähm, Freunde und gehen gewöhnlichen Hobbys nach“ (Z.1176f) und andere seien sozial isoliert (vgl. Z.1179-1185). Die Patientinnen seien aus „unterschiedlichen Altersspektren“ (Z.1316) („Anfang 20 also gerade 20, wir haben aber auch Patienten, die sind 70“ (Z.1317f)).
Die Diagnose der Pädophilie sei „nicht leicht“ (Z.2521), da aufgrund „von Scham und aufgrund von Stigmatisierung ist es ja eben nicht etwas, was Leute, was Menschen, die das so erleben, gerne zugeben oder so“ (Z.2522f). Folgendermaßen äußere sich der Betroffene möglicherweise „aus Angst vor Stigmatisierung oder aus Scham“ (Z.2526f) nicht wahrheitsgemäß. So sei die Diagnose „schwerer als in anderen Fällen und ähm (..) ist erst spruchreif vielleicht nach vielen [Hervorheb. im Original] Jahren“ (Z.2530).
Nun sollen die erarbeiteten Ergebnisseder Interviews interpretiert und reflektiert werden undsoauf die Forschungsfragen und erarbeiteten Theseneingegangenund kritisch diskutiert werden.
8.1 Zusammenfassende kritische Diskussion
Nun soll auf die erstellten Hypothesen eingegangenwerden. Es gibt zwar wenige Studien bezüglich der gesellschaftlichen Akzeptanz Pädohebephiler, jedoch zeigte die Studie von Jahnke et al. 2014 sehr eindrücklich, wie stigmatisiert diese Menschenvon derGesellschaft sind. Weiter verdeutlichten Hosserund Greve2022, welche Folgen Stigmatisierung tatsächlich für Betroffene haben kann. So wird Stigmatisierung als ein „starker Stressfaktor betrachtet“ (Hosser/Greve 2022, S.103). Stresskann, einer Untersuchung zufolge, auf das„Entscheidungsverhalten von weiteren interindividuell unterschiedlichen Faktoren wie Stressreaktivität und chronischer Stressexpositionabhängen“(Radenbach2017, S.39). Wie bereits in der Literatur gezeigt, kann sich Stigmatisierung auf die Selbstkontrolle auswirken und negative Gefühle und Zustände mit sich bringen. So wurde die Hypothese aufgestellt, dass durch gesellschaftliche Akzeptanzpräventiver gearbeitet werden kann und so Menschen mit pädo- und hebephilen Neigungen durch Entstigmatisierung ihr Lebenverhaltenskontrollierter gestaltenkönnen(l). Hierzu stellte sich anhand der Interviews eindeutig heraus, dass Menschen, welche pädohebephile Neigungen haben, keine gesellschaftliche Akzeptanz erfahren und stark stigmatisiert sind. Viele Betroffene trauen sich aus Angst vor der gesellschaftlichen, medialen und politischen Haltung, Hetze und Ausgrenzung, nicht, sich für Menschenmit ihrer Neigung öffentlich einzusetzen.Auch wurden die echtenNamenbei drei von vier, der Autorin dieserArbeit, nicht mitgeteilt und es wurden nur die Nicknamen vom Forum anvertraut. Ebenfalls teilte ein Betroffener mit, dasser nicht über das Zoom-Portal aufgezeichnet werden wolle, sondern lediglich die Audioaufnahme zur Transkription genommenwerden solle. Sowohl selbst von der Neigung Betroffene, als auch alle drei befragten Expertinnen, stellten klar heraus, dasssich die Stigmatisierung negativ auf die Betroffenen auswirke. Ob hierbei auch eindeutig von einer Kausalität zwischen Entstigmatisierung und Verhaltenskontrolle gesprochen werden kann, konnte schlussendlich nicht beantwortet werden. So sei die Verhaltenskontrolle die „eigentliche Ursache für den Übergriff (Z.865), wobei diese Aussage sowohl Expertinnen als auch Betroffene bestätigten. Ebenfalls ist sich ein Betroffener (B5) sicher, dass von einer Korrelation ausgegangen werden kann, dass eine stärkere Stigmatisierung der Gruppe der Pädo- und Hebephilen zu häufigeren sexualisierten Übergriffen führe (vgl. Z.2974-2979). Dies würde vorhandener Literatur entsprechen,welche auch bei anderenstigmatisierten Gruppen zu finden ist, wie beispielsweise bei Haftentlassenen. So erfolgt eine „Ausgrenzung von bestimmten gesellschaftlichen Teilsystemen“ (Hosser/Greve 2022, S.103), wodurch sie nur begrenzt Ressourcenerhalten können. Dies bedeutet im Falle der Haftentlassenen, dasssie Probleme haben, eine Unterkunft sowie einen Arbeitsplatz zu finden, wodurch sie keine finanzielle Absicherung erlangen. Da ein Einkommen allerdings die Chancenauf eine Wohnung „drastisch“ reduziert, entstehthierdurch ein Teufelskreislauf, der nicht selten zur erneutenKriminalität führt (vgl. ebd.). Dies ist jedochnicht im Detail auf die von PädohebephilieBetroffenen übertragbar, verdeutlicht jedoch sehrgut, welche GefahrenStigmatisierung innehat. Wie bereits erwähnt sind Studien und Literatur zu dieserProblematik nur in anderenBereichen vorhanden - nicht jedoch in Bezug zu Pädohebephilie.
Allerdings musshierbei auch gesagtwerden, dassEntstigmatisierung nicht gleich bedeute, dass bei jeder Tätergruppe durch Entstigmatisierung Straffälligkeit reduziert werden könne. Jedochführt der Betroffene (B5) aus,dassessovon ihm bezeichnete „Wackelkandidaten“ (Z.2971) gebe. Diese seien verzweifelt und würden so keinen anderen Ausweg als die Straffälligkeit sehen. Pädophile und hebephile Menschen würden sich „zurückiehen [sic!], depressiver, ängstlicher“ (Z.3555) und auch gleichzeitig frustrierter und so auch tatgeneigter sein, wenn sie von der Stigmatisierung und dem Hassder Gesellschaft betroffen seien(vgl. ebd). Auch ob durch Entstigmatisierung präventiver gearbeitetwerden könne, wurde von vielen bestätigt. So seien viele Therapeuten ebenfalls von Stigmatisierung betroffen, wenn sie Pädohebephilen Hilfe anbieten würden, was die betroffenen Interviewten berichteten. Zwei der befragten Therapeutinnen konnten diesjedoch aus eigener Erfahrung noch nicht bestätigen, dagegen erzählte ein Therapeut von sichaus,dasserdieseTatsacheebenfalls in Statistiken gesehenhabe(vgl. Z.3148f). So kann hier gesagtwerden, dassdie gesamtegesellschaftliche Akzeptanz wichtig wäre, damit auch Therapeutinnen, Psychologinnen, Ärztinnen, Lehrkräfte, Sozialpädagoginnen und Sozialarbeiterinnen, wenn sie Menschen mit pädohebephiler Neigung helfen wollen, keine Angst vor Ausgrenzung oder Hass und Drohungen andererMenschenhabenmüssen(vgl. Z.1954f). Auch könnten so eigene Vorbehalte bei professionellen MenschengegenüberBetroffenen reduziert werden. Solche Situationen, wie der Betroffene (B1) beim Ersuchen einer REHAAufnahme mitmachen musste, sollten andere Betroffene heutzutage nicht durchstehen müssen. Denn professionelle Angestellte einer REHA sollten unter keinen Umständen einen Satz wie „So Leuten wie Ihnen bieten wir keinen Unterschlupf (Z.440) aussagen - und besonders keinesfalls zu einem*einer Patientin, welcheT sich auf Hilfesuche begibt und sich in einem labilen Gesundheitszustandbefindet. Hierzu muss nochmals betont werden, dassmit „so Leuten“ (ebd.) ein Mensch bezeichnet wurde, welcher keinen sexualisierten Übergriff an Kindern beging.
So kann definitiv resultieren, dass stärkere gesellschaftliche Akzeptanz eine präventive Arbeit unterstützen würde und somit auchbetroffene Menschenleichter an der Verhaltenskontrolle arbeiten könnten. Manche Therapeutinnen und REHA’s haben sich aufgrund von Vorurteilen geweigert, die Betroffenen zu behandeln. Dies deckte sich mit bereits vorhandener Literatur (vgl. Beier et al. 2015, S.134). Hingegen zeigte sich bereits in dargestellter Literatur, dasseswichtig ist, sich mit der Neigung zu beschäftigen, wodurch teilweise existierende und tatbegünstigende kognitive Verzerrungen thematisiert und behandelt werden können (vgl. Gieseler/ Beier 2015, S. 124). Auch zeigte sich, dassalle befragten nicht übergriffig gewordeneBetroffene von einem Therapiebesuchprofitierten.
Fraglich ist, ob die Stigmatisierung in Berufsgruppen nicht auch für die Soziale Arbeit gelten könnte, da eigentlich die Arbeit mit Pädohebephilen in die Arbeitswelt einesT Pädagogin passenwürdejedoch kaum bis garkeine Angebote der Sozialen Arbeit an Pädohebephile gestellt werden. Hierbei kann ebenfalls hinterfragt werden,obdiesnicht auf derStigmatisierung basiert, dasich womöglich kaum Sozialarbeiterinnen finden würden, welche unvoreingenommen mit den Betroffenen arbeiten könnten oder aber das Thema so wenig im Bewusstsein der Gesellschaft sein könnte, dassdie Notwendigkeit eines Einschreitens der Sozialen Arbeit nicht bewusstwäre. Der durch Entstigmatisierung herbeigeführten größeren Akzeptanz, würde demnachmehr professionelle Angebote entstehenlassenund so hätten Betroffene erstensweniger Vorbehalte, sich professionelle Hilfe zu suchen, aberauchmehr Erfolgschancen, eine erfolgreiche professionelle Hilfe zu erhalten. Denn auch hier erklärten Betroffene, dassgroße Defizite vorhanden wären. Nicht nur, das Finden einesT Therapeutin sei schwierig, auch die Suche nach einem geeigneten und auf die Probleme der Pädophilie und Hebephilie eingehenden spezialisierten Person sei schwierig. Die Hypothese (1) kann somit bestätigt werden.
Dabei schließt die darauffolgende Hypothesedirekt an (Die SozialeArbeit kannbei der Arbeit mit Pädohebephilen eine große Rolle spielen (2)). Diese wurde dahingehend aufgestellt, als dass die Soziale Arbeit gerade bei stigmatisierten Gruppen ihre Aufgabe innehat und diesen helfen soll, Hilfe zur Selbsthilfe zu schaffen (SGB XII). Sie ist für soziale Randgruppenzuständig, zu welchen häufig sozial isolierte und degradierte Menschen gehören. Die Hilfe sollte unter den Blickwinkeln erfolgen, nicht selbstzur Stigmatisierungsinstanzzu werdenjedoch kann die Soziale Arbeit durch ihre reflexive und bewusste Arbeit dies bei der Unterstützung der Pädohebephilen im Blick behalten. Da jedoch weder Literatur noch sonstige Informationen zu der Arbeit mit Pädohebephilen in der Sozialen Arbeit gefundenwerdenkonnte, stellte die Autorin dieo.g. Hypotheseauf, welche nun mithilfe der geführten Interviews betrachtet wird. So wäre ein mögliches Handlungsfeld der SozialenArbeit, Aufklärungsarbeit zu betreiben(vgl. Z.2896f). Auch wäre hierbei wichtig, dassWerbung und Aufklärung dafür gemachtwerden würden, dassesHilfestellen gäbe(„ich wusstenicht ,An wen wendestdu dich?'“ (Z.357). Somit wäre eine Zusammenarbeit zwischen Therapeutinnen, Sozialarbeiterinnen und Medien gewünscht und wichtig. Dies wiederum beschreibt dasAufgabenfeld der SozialenArbeit, welche die Zusammenarbeitund Vermittlung mit verschiedenenBerufsfeldernbeinhaltet. Die SozialeArbeit könnte vor allem auch als Vermittler dienen. Jenesbedeutet der*die Sozialarbeiterin bemerkt, dass es beispielsweise ohne therapeutische Unterstützung nicht funktioniert und dadurch eine Vermittlung an eine*n Therapeutin nötig ist. Sozialarbeiterinnen habeneinen lebensweltorientierten Zugang - anderswie dies bei Therapeutinnen der Fall ist. Der*die Sozialarbeiterin begleitet den*die Adressatin im Alltag und kann dadurch Vertrauen aufbauen. So könnte beispielsweise in der Situation, in der der Betroffene (B1) gewesen ist, als er fälschlicherweise verdächtigt wurde, sexualisierte Gewalt an Kindern begangenzu haben,ein*e Sozialarbeiterin ihm hierbei die nötige Unterstützung, Vertrauen und Expertise geben können, sodasser mit seinen Gedanken, Gefühlen und Ängsten nicht hätte allein sein müssen. An diesem Beispiel sieht man jedoch auch, wie schnell falsche Anschuldigungen aufgrund eines Stigmas erfolgen kann. Es muss jedoch auch richtiggestellt werden, dassder Betroffene (B1) straffällig durch den Konsum von Kinderpomografie wurde. Ob es jedoch auch bei einem nichtpädophilen Menschenvon den Eltern gleich zu einer Anzeige wegensexualisierter Gewalt gekommenwäre, ist nicht ersichtlich.
Geradeda die Arbeit der Sozialen Arbeit darin besteht, stigmatisierte Gruppen zu unterstützenund sieebennicht zu verurteilen, ist hier einegroßeLücke im System. Außerdemarbeitetdie SozialeArbeit dafür, mehrlnklusion zu schaffen. Denndiese Hilfestellen von der Sozialen Arbeit existieren weder laut Wissen der Autorin der Arbeit noch der befragten Betroffenen und Expertinnen, nicht. Es wäre wünschenswert und wichtig, den Betroffenen, jemanden neben der Therapie zur Seite zu stellen, welcher wederverurteilend noch abstoßend(vgl. Z.421-426) mit den Betroffenen umgeht und die Betroffenen als Menschen akzeptiert („ich bin erstmal Mensch“ (Z.694f). Genaudies ist eine Aufgabe, die den Mitarbeitenden, die in dem sozialen Feld arbeiten, zu Grunde liegen sollte. Auch aus Expertinnensicht ist Öffentlichkeitsarbeit, die durch SozialeArbeit geleistetwird, wichtig und sinnvoll. So könnten für die Betroffenen wichtige Selbsthilfegruppen durch Sozialpädagoginnen ins Leben gerufen werden. Hierbei wäre erneut wichtig, die Betroffenen anonym zu behandeln und ihnen vorurteilsfrei zu begegnen. Sozialpädagoginnen könnten helfen, dass Betroffene nicht sozial isoliert und sich allein gelassen fühlen. Die Sozialpädagoginnen wären hier wichtig zum Austauschmit denBetroffenen undermöglichten ihnen soein soziales Leben. Auch zeigte eine Studie von Lieberman et al. (2007), dassdie Formulierung von negativen Gefühlen zur Regulierung negativer Erfahrungen beitragen kann und so die psychische als auch körperliche Gesundheit von dem Austausch mit einem Gegenüber profitieren kann (vgl. Lieberman et al. 2007, S. 427). Da wiedie befragten Betroffenen alle aussagten,sie vor der Therapie und vor dem Austausch mit dem Forum, keine oder kaum eine Person- meist nicht einmal die Familie - hatten, mit der sie über ihre Probleme, Gefühle und Gedankenredenkonnten, wäre es wichtig hier mehr Möglichkeiten zum Austausch zu schaffen. Hierbei könnte auch die Soziale Arbeit eingreifen und erstens mit neuen Selbsthilfegruppen Angebot schaffen, aber auch selbst als Gesprächspartnerin, dem*der sich anvertraut werden könnte, zur Verfügung stehen. Die von Pädohebephilie Betroffenen erhielten also Hilfe, den Alltag zu strukturieren und so könnte eine Verbesserung der ,,generelle[n] Lebenssituation“ (Z.1200) erzielt werden (vgl. Z.1188-1197). Durch mehr Einbindung würde wiederum die Abgrenzung zwischen Gesellschaft und Pädohebephilen verringert werden. Denn dadurch würde gesellschaftlich gesehenwerden, dassessich um Menschen handelt, die zwar eine der Norm abweichendesexuelle Neigung haben, diesejedoch kontrollieren können und somit ganz„normale[.] Menschen“ (Z.795) sind. Weiter könnten gemeinsam mit dem*der Sozialpädagogin Strategien entwickelt werden, die im Umgang mit Kindern oder Begegnungen hilfreich sein könnten. Um weiter aufklären und so einen offenen Diskurs schaffen zu können, ist esvon großer Wichtigkeit weiter zu forschen. Darausresultierend würde wiederum mehrAufmerksamkeit darauf gelegt werden, dassTäter und Täterinnen von sexualisierter Gewalt an Kindern auch im nahenFamilienumfeld existieren. Denndie Einteilung derMenschenim Umfeld in gut und der Einteilung der pädohebephilen Menschen in böse, würde gekippt werden. Entsprechend begünstige die Leugnung in einem selbst die Straftat, was mithilfe vermehrter Aufklärung entgegengewirkt werden könnte (vgl. Z.2442f). Ebenfalls kommentierte der Experte (B4) die Neigungen von Menschen, Pädohebephile von der Gesellschaft abzugrenzen, damit, dass so das „Böse“ (Z.2383), Schlechteabgegrenztwerden soll, womit auch die Entwicklungstheorie von Geburt an pädohebephil geborenzu sein und dies an körperlichen Merkmalen messenzu können, einhergehen könnte. Dadurch könnten Menschen sehenwollen, dass das Schlechte bei den anderen ist und nicht bei einem selbst - bei den Normalen - sein kann. Zudem wäre es ersichtlich und würde beruhigen, dassder Mensch von welchem Gefahr ausgeht, klar erkennbar wäre.
Die Aufmerksamkeitsverschiebung könnte nicht nur zu mehr Prävention zum Schutz der Kinder verhelfen, sondernsoauchEltern und Sorgeberechtigten helfen, wachsamer im richtigen Umfeld zu sein. Dies könnte beispielsweise durch Eltemabendeerfolgen, bei denenExpertlnnen (auf Pädohebephilie Spezialisierte, Sozialpädagoginnen, etc.) anwesendsein könnten. Somit wärediesein möglicher Weg, Kinder vor sexualisierter Gewalt, aber nicht lediglich vor Menschen mit pädophiler und hebephiler Neigung, sondern generell vor jeglichen Übergriffen mehrzu schützen. Denn die sexualisierte Gewalt sei häufig ein Ausweichverhalten, also eine von einem Ersatztäter - und eben nicht von einem Pädophilen oder Hebephilen - ausgeführteHandlung. Der Experte (B4) ist der Auffassung, dassdie meisten Pädophilen und Hebephilen wüssten, „dass [sexualisierte Gewalt an Kindern] [...] schlecht und falsch ist. Also nicht nur, dass das strafwürdiges Unrecht ist. Sondemauchim eigenenWertesystemetwasSchlechtesist“ (Z.2400f). So sollte das Hauptaugenmerk auf Aufklärung und Prävention gelegt werden, so der Experte (vgl. Z.2380f). Diese wiederum kann von Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagoginnen geleitet werden.
Weiter stellte sich heraus, dass die Betroffenen größtenteils berufliche und so teilweise auch finanzielle Probleme haben. Auch hier kann die Soziale Arbeit in ihrem Aufgabenfeld der Intervention agieren und helfen, Möglichkeiten zu geben, einen geeigneten Beruf auf Basis der bereits absolvierten Ausbildung oder des Studiums zu finden. Dies würde wiederum zu mehr Zufriedenheit beitragen und auch die Anbindung zur Gesellschaft schaffen. Außerdem könnten Sozialpädagoginnen denBetroffenen, wenn der*die Betroffene dies dennmöchte und sich dazu bereit fühlt, beim Umgang mit Kindern begleiten. Denn auch dies beschrieb ein Interviewter als sehr wichtig für ihn. Nur so lernte er sich selbst kennen und auchwaren für ihn Nachfragen an die Erziehungsberechtigten wichtig, damit ersieh in seinemVerhalten sichererfühlen konnte. Sicherheit ist wiederum wichtig und auch ein gesundesSelbstbild. Hier könnte und müsste die Soziale Arbeit einsetzen, um wichtige Lücken zu schließen. All dies trägt dazu bei, die generelle Lebenssituation der Betroffenen zu verbessern. Auch Signale, die durch die Politik gesetzt würden, wären von großer Wichtigkeit. So ist die finanzielle Unterstützung, die nun über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnetwerden muss, ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Jedoch ist es wichtig auch finanzielle Lücken, die der Betroffene (B1) beschrieb (vgl. Z.576-578), zu schließenund politische Lösungenfür die Finanzierung zu finden.
Der Wunsch nach weniger Stigmatisierung ist durch alle Interviewten sichtbar und sowohl Expertinnen als auch Betroffene sehen viele Parallelen zwischen den Reaktionen und Verhaltensweisen der Gesellschaft von Homosexualität in der Vergangenheit und der Pädophilie und der Hebephilie in der Gegenwart. So ist der Wunsch, dass man auch diese sexuelle Neigung als solche akzeptiert und den Menschen, die diese sexuelle Ausrichtung niemals ausleben dürfen, Unterstützung bietet, damit sie ihr Verhalten regulieren können und Bewältigungsstrategien entwickeln können. So sollte jedoch niemanden allein mit seiner sehr intensiven und schweren Gefühlslage gelassen werden. Die Lebensweltorientierung in der Sozialen Arbeit besagt, dass sie zur „Stärkung der Lebensräumeundder sozialen Bezüge der Adressatinnen [sic!] und ihrer Ressourcen und (Selbst-) Hilfemöglichkeiten, um ihnen so einen gelingenderen Alltag zu ermöglichen [beiträgt und unterstützt und so] [...] Schwierigkeiten und Probleme in der Komplexität des Alltags“ (Füssenhäuser 2006, S. 127) gemeinsam mit den Adressatinnen bearbeitet. So sind auch institutionelle Arrangements Inhalt der Lebensweltorientierung, womit die Familie, FreundeundPeer-Groups,etc.gemeint sind. Diese Unterstützungsaspekte entsprechen der in den Interviews herausgearbeitetenHilfe, die diejenigen, die von der sexuellen Neigung betroffen sind, benötigen. Jedoch istes unerlässlich, dass die Aufklärung zur sexuellen Präferenzstörungauchbei weiteren Institutionen und Professionellen ankommt, da die Soziale Arbeit in ihrer Fallbearbeitung nicht allein ist und so ihre Arbeit mit Pädohebephileneingeschränktwerdenkönnte (vgl. Grunwald et al. 2018, S.1290f). Kritisch zu betrachten, gelten die erarbeiteten Entstehungsmodelle. Da die Kenntnisse nicht ausreichen, um davon sicher auszugehen,wie Pädohebephilie und sogargenerell wie die sexuelle Neigung entstehtund eslediglich Modelle gibt, ist esschwierig von diesem Standpunkt geeigneteLösungen zu erarbeiten. So lässtdie Forschung es lediglich zu, von Aussagenaus Erfahrungen der Experten und selbst Betroffenen, Lösungen und Hilfen zu ermitteln. Auch umgekehrt lassensich aus den Interviews keine Entstehungsmodellevollständig bestätigen oder widerlegen. Wenn die Täter-Opfer-Theorie betrachtet werden soll, kann diese insofern widerlegt werden, wenn als Richtlinie der interviewte Betroffene (B3) betrachtet werden soll, denn diesersei selbst Opfer sexualisierter Gewalt geworden, sei jedoch bis dato nicht straffällig geworden. Allerdings muss betont werden, dass die Modelle nicht FokusoderprimäresThemaderArbeit seinundnurzumallgemeinen Verständnis im theoretischenTeil aufgeführt werden sollten.
Weiter wurde die Betreuung nach der Therapie angesprochen. Hier könnte in die Richtung eines Übergangsmanagementsvon der Sozialen Arbeit gestaltet werden, wie esbeispielsweiseauchin der Strafanstalt der Fall ist (vgl. Hosser/Greve2022, S.110). Hierdurch würde der*die Betroffene nicht direkt fallen und allein gelassen werden, sondern die Soziale Arbeit könnte unterstützend im Alltag agieren und darauf hinauszielen gemeinsame Lösungsstrategien im Alltag zu entwickeln. Dadurch könnte der*die Betroffene irgendwann ohneProblemedeneigenenAlltag bewältigen, ohne durch die Gesellschaft hindurchzufallen. Denn abschließend ist das Ziel der Sozialen Arbeit, die Hilfe zur Selbsthilfe, welche bei dem Thema Pädohebephilietreffend wäre. So ist Kein-Täter-werden eine gute Etablierung, die jedoch nicht als Angebot ausreichen, sondernworan gearbeitet werden sollte, dass weitere professionelle Angebote geschaffen werden. So zeigte Kein-Täter-werden erstensDefizite in der räumlichen Erreichbarkeit, aberauchberichteten Betroffene davon, dass sie danach in ein „gewaltiges Loch“ (Z.2792) fielen, als sie die Behandlung bei Kein-Täter-werden beendeten. Es benötigt darüber hinaus Hilfe und Unterstützung. Die Unterstützung sei nicht nur deshalb wichtig, weil die Menschen entsprechende sexuelle Neigungen haben, sondern weil sie gesellschaftlich ausgegrenztwerden und aber auch, weil sie mit ihrem Selbstbild und ihren Gefühlen nicht klarkommen und sich möglicherweise auch selbst verurteilen. Somit gilt die Hypothese (2) als bestätigt. Sie gilt in dem Sinne verifiziert, dass das Endresultat von Entstigmatisierung und mehr Aufklärung möglicherweise zu weniger sexualisierten Gewalt führen würde, jedoch muss hier weiter erforscht und präventiv gearbeitet werden, denn die Gefahr geht nicht ausschließlich - nicht mal größtenteils - von pädo- oder hebephilen Menschen aus, sondern und besonders vom nahen und familiären Umfeld. Und hier sollte insgesamtmehr Prävention und Aufklärung erzielt werden, wodurch gleichzeitig auch die Thematik der Pädophilie und Hebephilie thematisiert werden müsste. Dementsprechend könnte die Psyche entlastet werden und auch psychische Krankheiten und hierdurch erfolgend mögliche Arbeitsausfälle verhindert oder reduziert werden könnten. Die Punkte könnten mithilfe der Sozialen Arbeit aufgearbeitet und entwickelt werden und somit eine entscheidendeRolle spielen.
Auch, dass die Stigmatisierung aus professioneller Sicht Pädohebephilen gegenübergebrachtwird, zeigtevorhandeneLiteratur (vgl. Beier et al. 2015, S.134). Genau hier soll nun die letzte Hypothese anschließen Eine Sensibilisierung der Sozialpädagogik in Bezug auf das Thema Pädophilie und Hebephilie, ist ein wichtiger Aspektin der Entstigmatisierung (3). Denn wie bereitsin Kapitel 3. Die SozialeArbeit und ihre Professionalität erwähnt, soll die Soziale Arbeit politisch unabhängig handeln und sich nur auf die eigene Ethik berufen. Hierdurch soll es möglich sein, dass Menschen „gegen den Zugriff anderer Menschen und gesellschaftlicher Strukturen und Institutionen“ (Lutz 2020) mithilfe der Sozialen Arbeit lanciert werden und somit der Diskriminierung und Stigmatisierung Einhalt geboten wird. Letztendlich kann die Soziale Arbeit allerdings nicht völlig unabhängig von der Politik agieren, da sie beispielsweise finanziell auf diese angewiesen ist. Gerade in diesem Beruf, wie oben genannt, ist es wichtig einen reflektierten und vorbehaltlosen Blick gegenüberden Adressatinnen zu haben. Folgend sollten sich Sozialarbeiterinnen nicht von den eigenen Schubladen und Erfahrungen in ihrem Beruf leiten lassen.Demgemäßist ihre Aufgabe, daseigene Tun ständig zu reflektieren, wodurch die Professionalität der Sozialen Arbeit geradezu passendfür Pädohebephile ist. Dementsprechend ist dies zweifelsohne keine einfache Aufgabe, aber dennoch umso wichtiger Damit auch wiederum dieses Berufsfeld Vorbehalte und Vorurteile ablegen kann, muss viel Aufklärungsarbeit erfolgen und die Professionellen, sowohl im therapeutischen Kontext als auchsozialen Kontext entsprechendgeschult werden. Sobegegnetauch derTherapeut(B4) seinenAdressatenohneVorurteile undmit einemoffenen Blick (vgl. Z.2585-2587). Besonderskönnte sich der Zwiespalt, der aufkommen könnte, wenn Adressatinnen einerseits aus Kindern bestehen, die möglichweise einen sexualisierten Übergriff erlitten haben und andererseits aus Adressatinnen bestehen, die pädophil oder hebephil sind, erfolgen. Hier sind regelmäßige Supervisionen wichtiger denn je. Aber auch in diesem Beispiel muss ein reflektierter Blick stattfinden. Dennder*die pädophile oder hebephileAdressatln hat möglichweise oder sogarwahrscheinlich nochnieein Kind straffällig angefasst und wird dies auch nie tun. Nur weil der Mensch die Neigung hat, kann es nicht sein, dass diese Person von einem Sozialstaat allein gelassen wird, da sie Hilfe dringend benötigt.
Die Soziale Arbeit stellt einen wichtigen Einfluss bei sozialen Randgruppendar. Jedoch konnte bereits Befragungen zufolge gesehen werden, dass Berufsgruppen wie Therapeutinnen, die eigentlich den Auftrag haben, Personenzu unterstützen und zu stabilisieren, selbst stigmatisieren. So stellt dies die Gefahr dar, dassauch Berufsgruppen wie die Soziale Arbeit stigmatisieren könnten, besondersda sie bereits die Gefahr beherbergt, selbst zur Stigmatisierungsinstanz zu werden. Hierbei sei es laut Böhnisch (2005) wichtig, dass „individualisierende und isolierende Interventionsmuster abgebaut werden können“ (Böhnisch2005)und die Soziale Arbeit sich auf die Lebenswelt der Adressat*innen einlässt.
Die Soziale Arbeit verfügt, wie bereits in Kapitel 3. Die SozialeArbeit und ihre Professionalität geschrieben,überWissenanForschung, Evaluation und Erfahrung und ist somit dem kontinuierlichen Prozessdes Lernens ausgesetzt. Entsprechend dürfen diese Aufgabenbereiche nicht Menschen ausschließen, sondern auch für pädohebephile Menschen gelten. Die Soziale Arbeit gilt als Handlungswissenschaft, welche aus vorher angeeignetem theoretischem Wissen hervorgeht. Dieses Wissen gilt es, in Bezug zur Pädohebephilie anzugehen, um daraus unterstützende Handlungen zu erzielen. Häufig spielen der Einbezug vom familiären Umfeld sowie die Bezugspersonender Betroffenen bei der Sozialen Arbeit eine Rolle und diese werden in die Arbeit mit dem*der Adressatin integriert. So könnte der*die pädohebephile Adressatin Unterstützung auf zwei Ebenenerhalten. Mithilfe der Sozialen Arbeit wäre der*die Pädohebephilebereits weniger allein mit seinenlhren Gedanken und Gefühlen, aber auch durch die Anbindung eine für ihnlhr wichtige Person, könnte so ein für ihn*sie sicherer Rahmen erfolgen. Die Unterstützung durch jemanden, dem der*die Betroffene vertraut, seidenExpertenzufolge, äußerstwichtig, wassiehäufig bis datolediglich durch das Präventionsnetzwerk erfahren haben. So zeigt sich wie wichtig die Sensibilisierung in dem Berufsfeld der Sozialen Arbeit wäre, wodurch sich die Hypothese (3) eindeutig verifizieren lässt.
Dies lässtzur weiteren Hypothesekommen,welche der Autorin für die vorliegende Forschungsfrage wichtig war Da literarisch belegt wurde, dass Stress negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann und wie bereits beschrieben, Stress wiederum ausStigmatisierung erfolgt, wird angenommen,dassdieAuswirkung der Stigmatisierung auf die Gesundheitdervon Pädohebephilie Betroffenen ebenfalls negative Folgen auf die psychische Gesundheit zur Folge haben könnte (Die herrschende Stigmatisierung, die Menschenmit pädophilen Neigungen auch ohne je straffällig zu werden, zukommt, stellt auch eine Gefahr für psychische Krankheiten dar (4)). Dies konnte eindeutig anhand des Interviewmaterials verifiziert werden.Der Betroffene (B7) spricht von ,,ständige[n] krankheiten[sic!]“ (Z.3531f), was jedoch nicht zwingend psychische Krankheiten sein müssen. Hier zeigensich die Nachteile einesschriftlich geführten Interviews, dahier Nachfragen nicht möglich sind. Trotz allem leidet er unter häufigen Krankheiten, wasbei ihm zur Arbeitsunfähigkeit führte und so weder die Arbeitslosigkeit noch die Krankheiten förderlich für Depressionen und das Wohlbefinden sind. Auch bestätigt die Expertin (B2), dasssie in ihrem Beruf bei Kein-Täter-werden sehr häufig mit Komorbiditäten, wie DepressionenundZwangsgedanken,zutun haben.
Der psychische Stress, den die Gesellschaft und dadurch auch der Betroffene (B1) sich selbst machte, trug vermutlich zu dem erlittenen Herzinfarkt bei. Der Leidensdruck und auch die Hilflosigkeit können sogar zu suizidalen Gedanken führen, was sowohl von einem Betroffenen als auch von Expertinnen bestätigt wurden. Fraglich hierbei ist, ob nicht einige erfolgreich durchgeführte Suizide ebenfalls eine Pädophilie oder Hebephilie zur Grundlage hatten und aufgrund der mangelnden Hilfeangebote, der erfolgten Stigmatisierung und dem eigenen Leidensdruck und Selbstbild, keine Alternative sahen, als sich das Leben zu nehmen. Da die wenigsten von der sexuellen Neigung Betroffene offen über ihre Neigung sprechen, ist dementsprechendauch nicht bekannt, weswegender Suizid tatsächlich erfolgt sein könnte. Krankheitsbilder können ein Risikofaktor für sexualisierte Gewalt an Kindern darstellen, so die Expertin (B2). Auch, dassdie Komorbiditäten die Verhaltenskontrolle reduzierenkönnenundsodie Straftaten an Kindern begünstigen könnten, kann weitestgehend verifiziert werden. Ob die Kausalität tatsächlich darauserfolgt, dassStigmatisierung zu mehrKomorbiditäten führen und wiederum hierdurch weniger Verhaltenskontrolle vorhanden ist, was häufiger zu Straftaten an Kindern führt, kann aus der vorliegenden Arbeit nicht hervorgehen. Dafür bedarf es weiterer Forschungen,die explizit die Kausalitäten untersuchen.
Dass die Thematik der Pädohebephilie bereits bei Jugendlichen von großer Wichtigkeit ist, zeigten unter anderem Houtepen et al., da viele Sexualstraftaten bereits im jungen Alter begangen wurden. Sosei esvon großer Bedeutung, dass Risikofaktoren rechtzeitig erkannt werden und entsprechende Interventionen erfolgen. Außerdem ist die Jugend die Zeit, in der sich die sexuelle Präferenz entwickelt undfestlegt. Ebenfalls zeigte die Studie von Jahnkeetal. 2014, dasseine Stigmatisierung deutlich auch von jungen Menschen gegenüber Pädophilen ausgeht. Auch die hohe Anzahl von unter 21-Jährigen bei den polizeilich registrierten Tatverdächtigen, welche Kinderpornografie konsumieren(vgl. Ahlig 2020, S.16), sollte Anlass zur Handlung geben.
So soll nun die Hypothese Geeignete Präventionsangebote sollten bereits junge Heranwachsende adressieren, wobei auch hier die Einstellung der Gesellschaft eineRolle spielt (5), untersuchtwerden.Sowarensichdie Expertinnen einig, dass frühzeitig präventiv gearbeitet werden müsste, da viele Betroffene viel zu lange ohneUnterstützung und mit ihren Gedankenund demmedialen Input allein seien. Der Experte (B4) betont hier konkreter, dass es wichtig sei, mit Kindern und Jugendlichen frühzeitig zusammenzuarbeitenund sie zu begleiten. Sodasssie eben auch beispielsweise im Fall eines Coming-outs nicht allein sein müssten,sondern begleitet werden, durch beispielsweise Sozialpädagoginnen und Sozialarbeiterinnen. Diesen Wunsch, jemanden auch schon in der Jugend zu haben, bei dem*der esmöglich ist, sich anzuvertrauen, und mit diesem Menschen sich über seinelhre Gedanken zu unterhalten, beschrieben die Betroffenen alle. Hieraus ergibt sich jedoch ein Dilemma, da gleichzeitig frühzeitige Angebote zu einerStigmatisierung im jungen Alter führen könnte. Selbstwennjedoch hier etwas etabliert werden würde, müssteauch an der Stigmatisierung gearbeitet werden, da sonst die Bereitschaft, sich aktiv Hilfe zu suchen, nicht da sein würde, da die Hemmung durch Angst zu groß sei. Hier wäre esvon großer Bedeutung, dassdurch die Medien ein anderesrealitätsnaheresBild von der sexuellen Neigung Pädophiler und Hebephiler gezeichnet werden würde. Dies wäre wiederum nur dannmöglich, wenn auch auf politischer EbeneÄnderungen einträten. So darf es nicht sein, dass Politiker, die dasVolk vertreten, nicht den Unterschied zwischen Pädophilie und einem Missbrauch kennen. Wie soll mit solchen .Vorbildern' die Gesellschaft offener und reflektierter werden? So muss ein Appell an die Politik als auch einhergehendandie Medien angestrebtwerden. DiesesBewusstsein kann vor allem mit Forschung erlangt werden, um Druck auf die Politik ausüben und wissensbasiert Forderungen stellen zu können. Hierbei liegt die Verantwortung auchwiederum bei der Sozialen Arbeit.
Auch im Falle eines Outings auf das negativ reagiert wird, können die Mitarbeiterinnen der Sozialen Arbeit entsprechend unterstützend agieren. Dies könnte durch die Hilfe und Unterstützung der Sozialen Arbeit verbessertwerden, dennder*die Betroffene ist nicht allein undauchbei derSuchenachprofessionellen Fachleutenkanndie ExpertisederSozialenArbeit hilfreich sein.dadiesemit ihrem VerweisungswissenAbhilfe leisten können. Auch stellte sich bereits in der Studie nach Jahnke et al. (2014) heraus, dass besonders junge Menschen pädohebephile Menschen stigmatisieren. Entsprechend könnte Aufklärungsarbeit auch diesbezüglich besonders in jungen Jahren effektiv sein und die negative und vorurteilbehaftete Haltung zu Pädohebephilen verbessern. So wäre es von großer Wichtigkeit, Studien Gehör zu schenken, wie beispielsweise der Mikado-Studie (Neutze/ Osterheider 2015), welche das sexuelle Interesse an Kindern, eindeutig von sexualisierter Gewalt an Kindern differenziert. Diese Erkenntnissepräsenterzu machen, wäre von großer Bedeutung, damit auch bei jungen Menschen, sowohl selbst Betroffene und auch Nicht-Betroffene ein besseresVerständnis für die sexuelle Neigung entstünde. Somit ließe sich die Hypothese (5) weitestgehend bestätigen. Allerdings unter dem Gesichtspunkt, dass Präventionsangebote die Gefahr einer fälschlichen Zuschreibung der sexuellen Neigung bergen, da sich die Jugendlichen noch in der Entwicklungsphase befinden.
Bei allen Verifizierungen und Falsifizierungen musseingehendgesagtwerden, dass die vorliegende Arbeit lediglich aus den Aussagenvon sieben Befragten besteht. Diese können zwar als verallgemeinernd angenommen werden, jedoch um hier wissenschaftlich fundierte und eindeutige Aussagen treffen zu können, müssten hier deutlich größereForschungenbetriebenwerden. Trotz allem verdeutlichen die Aussagen und ganz allgemein, diese Arbeit, den dringenden Bedarf an Forschungsarbeitenin der vorliegenden Thematik.
9. Reflexion
Abschließend sollen nun die geführten Interviews als auch die hierbei gewählten Methoden reflektierend betrachtet werden, um entwicklungsfähige als auch gut gelungeneAspekte in künftigen Arbeiten anpassenzu können.
9.1 Inhaltliche Reflexion
Die Ergebnisseder geführten Interviews sind nicht als repräsentativ anzusehen,da hier lediglich vier Betroffene und drei Professionelleinterviews gaben.Trotzdem können sie Auskunft geben und einen ersten Aufschluss über diesesThema geben. Die Interviewzahl lag zum einen daran, dass es sich hier um einen begrenzten Rahmen aufgrund des Formats der Masterarbeit handelt und zudem auchzeitliche Aspekte eine Rolle spielen. Es hätte deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen, weitere freiwillige Interviewerinnen zu finden, da generell wenig anzufragende Experten zur Verfügung stehen und auch durch die sensible Thematik wenig Rückmeldungen erfolgten, was an der Rücklaufquote erkennbar ist. Trotz allem konnte die Forschungsfrage beantwortet werden, wenn auch die Ausführlichkeit Spielraum nach oben hat. Dies resultiert jedoch auch daher, dass die Thematik wenig aktuelle Forschungen aufzuweisen hat. Damit die Forschungsfrage entsprechend umfangreich hätte beantwortet werden können, hätten hierzu ebenfalls Interviews mit Sozialpädagoginnen oder Sozialarbeiterinnen erfolgen müssen, da jedoch bisher hier noch kein etablierter Arbeitsbereich vorhanden ist, muss dies als Theorienkonstrukt gesehen werden. Der Autorin sind auf diesem Gebiet keine Spezialisierungen, welche eine Kombination von Sozialpädagogln/Sozialarbeiterln und Pädo- bzw. Hebephilie in ihrem Beruf ausüben, bekannt, wodurch von dieser Befragung abgesehenwerden musste und Rückschlüsseausdenerfolgten Interviews gezogenwurden.
Die richtigen Namender Betroffenen tragen nichts zur Wichtigkeit bei, jedoch ist es auffällig, dass trotz der Anonymität, mit welcher die Inhalte der Interviews behandelt werden, eine sehrgroße Angst besteht, dassder richtige Name mit ihrer sexuellen Neigung in Verbindung in der Öffentlichkeit gebrachtwird. Deswegen kann esauch nicht als selbstverständlich genommenwerden, dassdie Betroffenen den Mut hatten, sich überhauptfreiwillig für diese Forschungsarbeitzu melden und sich sogar der Interviewerin in dem Videokonferenzdienst Zoom persönlich zu zeigen und nicht die Funktion „Video beenden“ zu nutzen, wodurch nur der Ton übertragen worden wäre. Hieran sieht man, welcher Sensibilität das Thema Pädophilie und Hebephilie bedarf. Sowäreessehrwichtig, entsprechendgeschulte professionelle Unterstützungen herbeizuziehen, die entsprechende Sensibilität durch Auswahl ihres Berufsfeldes mit sich bringen. Generell ist erstaunlich und besonderspositiv hervorzuheben, dasszu diesem delikaten Thema, sich überhaupt vier Betroffene meldeten, um offen überihre Gefühle zu sprechen.Dagegenkonnte diese Bereitschaft bei den Experten nicht verzeichnet werden. Die Bereitschaft bei den Experten war sehr mühselig zu finden. Dies rührt mit Sicherheit auch daher, dass viele sich diesem Thema nicht annehmen wollen, es wenig hierauf Spezialisierte gibt und dadurch möglicherweise auch die eigentliche berufliche Arbeit keine Interviews auszeitlichen Gründenzulässt. Möglich wäre hier jedoch auch, dassAngst vor der Stigmatisierung Professioneller eine Rolle spielt.
Entgegen der Vorstellung der Interviewerin, dassdie soziale Erwünschtheit eine Rolle besonders bei den Betroffeneninterviews spielen werde, konnte dies im Großen und Ganzen nicht bestätigt werden (vgl. Brosius et al. 2008, S.100). So wurden auch moralisch schwierigere Themen angesprochen, sowie auch beispielsweise die Straffälligkeit oder die Nutzung von Ersatzalternativen nicht verschwiegen, noch verfälscht. So konnte der Eindruck von glaubhaft und empirisch verwertbar geführten Interviews gewonnenwerden.
Besonders ein vorab verschickter Leitfaden birgt die Gefahr von Ausstrahlungseffekten, was bedeutet, dasseinzelne anfangs gestellte Fragen sich wiederum auf die Antwort von späteren Fragen auswirken könnten. Jedoch kann dies den Vorteil eines flüssigen Gesprächs haben, was wiederum eine positive Wirkung auf ein informatives Interview habenkann (vgl. ebd.,S.99).
Da Pädohebephilie sowohl Männer als auch Frauen betrifft, wäre eswünschenswert gewesen, auch eine Frau mit pädophilen oder hebephilen Neigungen als Interviewpartnerin zuhaben.Jedochspiegeltdiesauchdenim Verhältnis geringen Anteil von Frauen im Hellfeld und vielleicht auch im generellen Anteil von Pädophilen und Hebephilen wider.
Da in Interviews häufig nur von männlichen Adressaten oder Betroffenen gesprochen wurde, wurde auchin der Wiedergabe derAussagenentsprechendnicht gegendert. Gegendertwurde dann, wenn dies sowohl männliche als auchweibliche Betroffene einschloss. Ebenfalls war es der Autorin der vorliegenden Arbeit wichtig, nicht nur Pädophile zu betrachten, sondern auch Hebephile. Es gibt deutlich weniger Forschungenzu Hebephilen. Meist wird diese Gruppe entweder unwissendzu denPädophilen gezählt odernicht in Forschungenmiteingeschlossen. Auch kritisch zu betrachten,gilt die Tatsache,dasssich die Betroffenen freiwillig meldeten, was vermuten lässt, dass tatsächlich bereits übergriffig gewordene Betroffene sich nicht meldeten, möglicherweise vor SchamundSchuldgefühlen. So geben die Interviews kein vollumfängliches Bild Pädophiler und Hebephiler wieder. Jedochäußertesich ein Betroffener dazu, dasser straffällig im Sinne des Konsums von Kinderpornografie geworden war. So zeigte sich hier ein wichtiger Aspekt mit dem Umgang von Straffälligkeit und der eigenen Reflexion über Jahre hinweg.
Die befragten Experten ergänzten sich dahingehend, dass aus verschiedenen Positionen Erfahrungen berichtet werden konnten, wenn auch alle als Therapeutinnen bzw. Psychologinnen tätig sind. Obwohl die Befragung einmal aus allgemeiner Sexualtherapeutensicht, welcher mit Straftätern arbeitet, einer PräventionsbeauftragtendesProjektes Kein-Täter-werden und einem Heilpraktiker für Psychotherapie, welcher spezialisiert für Pädophilie ist, bestand, zeigten sich dennoch sehr überschneidendeAussagen, Empfindungen und Ansichten bezüglich des befragten Themas. Interessant wäre es zudem gewesen, eine*n lnterviewpartner*in zu befragen, welcheT mit Jugendlichenarbeitet, sowohl im straffälligen oder auch im legalen Bereich. So hätten besondersauf die Jugendphase bezogene Nachfragen beantwortet werden und auch betrachtet werden können, welche Möglichkeiten hier bereits bestehenund wo Defizite sein könnten. Weiter hätten hierdurch möglicherweise spezifischere Lösungsansätzegefunden werden können, um frühzeitig zu agieren. Da die Befragten hierauf nicht spezialisiert waren, konnte keine konkrete Lösung herausgearbeitet werden, was jedoch auch nicht primär Thema der vorliegenden Arbeit ist und somit weiterer Forschungsarbeiten bedarf.
Die Auswahl an Betroffenen als auch Experten zeigte keine altersbedingten Schwerpunkte, sondern es kann hier von Aussagen aus verschiedenen Altersgruppen gesprochenwerden. Dadurch kann auch die erfolgte Entwicklung, die bei Hilfsangeboten stattfand, betrachtet, aberauchfestgestellt werden, dasssich in derAblehnung und dergesellschaftlichen Stigmatisierung gegenüberPädophilen und Hebephilen nichts Erwähnenswertes getan hat, wodurch ein eindeutiger Handlungsbedarfdeutlich wird. Solag die Vermutung bei demerstenGesprächmit dem Betroffenen, welcher bereits zwischen 60 und 70 Jahre alt ist, nahe, dassdie negativ gemachten Erfahrungen bezogen auf die erfolgten Hilfesuche des Betroffenen, heutzutage anders verlaufen würde. Jedoch verdeutlichten die weiteren Interviews mit deutlich jüngeren Betroffenen, dass immer noch viele Hürden und Probleme bei derSuchenach Unterstützung und Hilfe zu verzeichnen sind. Jedoch zeigt sich hier, dass die Suche dahingehend einfach wird, da Kein- Täter-werden etabliert wurde und am Ausbauweiterarbeitet.
Whiter muss erwähnt werden, dassesunterschiedliche wissenschaftliche Angaben zu manchen Definitionen gibt und so nun die Arbeit, auf der für die Autorin erscheinend sinnvollsten und validesten Aussagen erfolgte. Dennoch ergeben geradedieseUnstimmigkeiten einen Eindruck darüber, wie unklar vieles bei dieser Thematik immer noch ist. Auch die Kriterien nach denen Pädophilie und Hebephilie gemessen werden, sind teilweise undurchsichtig zu verstehen und erschweren die wissenschaftliche Arbeit, da dies die Vergleichbarkeit schwierig macht.
9.2 Methodische Reflexion
Wie bereits in der inhaltlichen Reflexion ersichtlich wurde, müsste die Durchführung der Datenerhebung überdacht und verändert bzw. umfangreicher gestaltet werden, um bereits erwähnte Schwächen auszubessem. Das Leitfadeninterview zeigte sich dennochals sinnvoll, da viele relevanteThemenim offenen Gespräch angesprochen wurden und durch lediglich gezielte Fragestellungen, ohne die Möglichkeit der offenen Gesprächsführung, nicht zur Sprache gekommen wären. So gilt der Leitfaden nur als Richtlinie, was in den Interviews auch ersichtlich wurde, da die Beantwortung der Fragen an ganz unterschiedlichen Stellen erfolgte. Das Leitfadeninterview bietet gute Möglichkeiten, Aussagenmiteinander zu vergleichen, was wiederum ein Vorteil einer gewissen Strukturierung, die im Leitfadeninterview gegeben ist, ist. Das Vorabversenden, auf Wunsch der Betroffenen und Expertinnen, des Leitfadens erwies sich ebenfalls als sinnvoll, da erstens die Nervosität der Betroffenen hierdurch reduziert werden konnte, weiter aber auch bereits vorab über Fragen nachgedacht werden konnte und so mehr Informationen in das Gespräch miteinfließen konnten. Trotzallem konnten Nachfragen und spontane Fragen gestellt werden, die im Laufe desGesprächsentstanden.
Auch die ausgewählte Methode der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring gestaltetesich in der Auswahl alssinnvoll für die vorliegende Forschung.Soerwies sich dasschrittweise und geregelteVorgehen als effizient. Besonderszeigt sich das Kategoriensystem dahingehend als sinnvoll, da der Umfang der sieben geführten Interviews hoch war, aber mithilfe der Methode nachMayring, alle wesentlichen inhaltlich wichtigen Aussagen herausgearbeitet werden konnten und Aussagen mithilfe desKategoriensystems zusammengefasstundverglichen werden konnten. Auch die Wiederholung desVorgangs bei der Bildung desKategoriensystemszur Überprüfung der Kategorien und Reduzierung der Kategorienpunkte ließen ein sorgfältiges und detailreiches Arbeiten zu.
Nachteilig ist jedoch der hohe Arbeitsaufwand, der besondersdurch mehrmaliges Überarbeiten sichtbar wird. Schwierig gestaltet sich ebenfalls die intersubjektive Überprüfbarkeit. Dies kann mithilfe mehrerer Forscher reduziert werden, jedoch war in dieser Forschungsarbeitdie Möglichkeit einer weiteren Forscherin nicht vorhanden.
Die weitere Überprüfung durch die qualitativen Gütekriterien gestaltetsich bei der vorliegenden Arbeit als schwierig. Dennoch soll hierzu ein Einblick gegeben werden, da es Teil einer qualitativen Forschung sein sollte. So ist eines der drei Kriterien die Transparenz. Hierbei soll dem Leserder Forschungsarbeitklar sein, wieso entsprechendeMethoden sowie Interviewteilnehmer gewählt wurden und alle Beweggründetransparentund nachvollziehbar aufgezeigt werden. Dasweitere Gütekriterium ist die Reichweite. Diese lässt sich dahingehendsicherstellen, wenn weitere Forscherinnen zu den gleichen odersehrähnlichen Ergebnissengelangen oder generell die erneute Durchführung der Forschung ähnliche bzw. gleiche Ergebnissezur Folge hätten. Drittes und letztes Kriterium ist die Intersubjektivität. Da die qualitativ erhobenenDaten aussubjektiver Sicht erhobenwurden, spielt die Reflexion und kritische Diskussion eine wichtige Rolle bei denGütekriterien (vgl. Mey et al. o.J.). Nun sollen im Folgendenschlussendlich die Kenntnisse, die in der Forschungsarbeit gewonnen wurden, kurz zusammengefasst, die Forschungsfrage der Arbeit abschließendbehandeltund ein Ausblick gewagt werden.
10. Fazit und Ausblick
Viele bereits im Theorieteil aufgezeigten Studien konnten durch die empirische Forschungsarbeit der vorliegenden Arbeit bestätigt, unterlegt und weiter ergänzt werden. Jedoch konnten darüber hinaus neue Kenntnisse gewonnen werden, besonders in Bezug zur Stigmatisierung und entsprechend eines möglichen Lösungswegs,bei dem die Hilfestellung durch die Soziale Arbeit eine großeRolle spielen könnte. Die Soziale Arbeit steht zwischender gesellschaftlichen Erwartung und gleichzeitig dem individuellen Bedürfnis. Es ist jedoch ihre Aufgabe, sich stigmatisierten hilfesuchenden Menschenanzunehmen.WiesodiesesThemain der SozialenArbeit bis datonicht behandeltwurde, kannhier nicht beantwortetwerden. Die Ursachenforschung zu der vorliegenden Thematik ist noch am Anfang und so wäre es möglich, dass aufgrund vieler unbeantworteter Fragen, sich die Soziale Arbeit hierfür nicht zuständig sieht. Jedoch sollte sich die Soziale Arbeit nicht abgrenzen lassen und niemanden ausschließen, welcher aufgrund der Stigmatisierung in das Bedarfs- und Handlungsfeld der Sozialen Arbeit fällt. So müssen eindeutige oder auch neue Instanzen gegründet werden, um diese gesellschaftliche Lücke, welche eine so großeWichtigkeit - auch oder besondersin Bezug zum Schutz der Kinder - hat, zu schließen.
Die ambivalentenGefühle, diebei denProfessionellenderSozialenArbeit auftreten könnten, da sie bei der Arbeit mit Betroffenen möglicherweise befürchten, sich gegen die Opfer zu stellen und im Dilemma des Tripelmandats zu stecken, erschweren die professionelle Hilfe, die eigentlich der stigmatisierten Gruppe Pädohebephilervon der Sozialen Arbeit zustünde.
Allein um sich sicher zu werden, mit Regeln zu beispielsweiseErsatzaltemativen, entsprechendenHilfsangeboten und auch Hilfestellungen, damit sie genau wissen, was sie tun dürfen und was nicht, bedarf einer Unterstützungsperson, welche der*die Sozialarbeiterin darstellen könnte. Das Tripelmandat beruht auf den Komponenten Wissenschaftliches Wissen, Ethische Basis, Menschenrechte und - würde und der Haltung. Diese stellen Leitlinien der Sozialen Arbeit dar, welche sich aberoft gegenseitigausschließen.Die Soziale Arbeit hat sich in der Thematik Pädohebephilie jedoch nicht bewährt und mussdringend agieren.
Es muss rechtfertigender Weise gesagt werden, dass es nicht einfach für diesen Beruf ist, Adressatinnen, die Opfer sexualisierter Gewalt durch Pädohebephile geworden sind, zu haben und gleichzeitig Empathie für Pädohebephile aufzubringen. Dies ist jedoch nicht Voraussetzung. Es müsste ein völlig neues Arbeitsfeld geschaffen werden, wodurch der*die Sozialarbeiterin nicht mit Kindern und gleichzeitig mit Pädohebephilen arbeiten müsste. So würde das genannte Dilemma umgangen werden, indem das Setting in festgelegten Organisationen, wie beispielsweise Kein-Täter-werden stattfindet, anstatt beispielsweise in pädagogischen Zentren. Gerade deswegen ist es von großer Wichtigkeit, hierbei erstens zwischen Täterinnen und Nicht-Täterinnen zu differenzieren, wobei mehrAufklärungsarbeit nötig ist undweiter die Aufgabender Sozialen Arbeit auszuführenund nicht schonmit der Auswahl von Adressatinnen zu stigmatisieren und diskriminieren, denn dies ist genau das Gegenteil, welches eigentlich die Arbeit der Sozialen Arbeit definiert. So kann die Forschungsfrage damit in Kürze beantwortet werden, dass die Soziale Arbeit handeln muss und Pädohebephileneine Hilfestellung geben sollte. So kann auf direktem Wege dazu beigetragen werden, dass stigmatisierte Pädohebephile zum einen weniger unter ihrer Neigung zu leiden hätten, weniger ausgegrenztwären und so mehr integriert wären, unter Komorbiditäten weniger zu leiden hätten und soauch hier dasvon der Expertin (B2) bezeichnete „Worst-Case-Zenario“ (Z.729) eines Übergriffs reduziert werden könnte. Zum anderen jedoch kann indirekt hierdurch auch beigetragen werden, dassein offenerer und aufgeklärterer Umgang hilft, auch mit wachsamerenAugen sexualisierter Gewalt auchim nahenUmfeld zu begegnenund hier nicht wegzuschauen,weil die Annahme bestehe,dassdas,Böse nicht in der Familie sein könne'. Hier wird deutlich, welchen Einfluss die Stigmatisierung hat. Es zeigt sich durch die erzielten Forschungsergebnisse, dass Hilfe bei den Pädohebephilen benötigt wird und aus Sicht der Befragten auch angenommen würde. BesonderseineAlltagsunterstützung wurde häufig direkt oderauchindirekt gefordert.
Esgehtin der Literatur kaum um die Stigmatisierung der Pädohebephilenund ihrer Gefühlslage. Selbst in der Literatur kommt es immer wieder vor, dass nicht zwischen derpädohebephilenStörung unddemVerhalten unterschiedenwird. Gibt es vereinzelt Studien, so geht nicht hervor, wie genau die Daten erhoben wurden bzw. wie hier unterschieden wurde und welche multiplen Krankheitsbilder möglicherweise noch bei pädohebephilen Täterinnen gewesen sind. Genauso geben Studien häufig völlig verzerrte Einschätzungen und Hinweise auf die Straffälligkeit Pädohebephiler. So fehlen häufig Daten der nicht-tätig gewordenen Pädohebephilen,dadie Dunkelziffer hoch ist. Auch kann nicht ins Gewicht fallen, wie viel Pädohebephile keinen Leidensdruck verspüren und ein legalbewährtes - mehr oder weniger - problemfreies Leben führen, da diese weder bei Präventionsnetzwerkenwie Kein-Täter-werden in die Statistik mitaufgenommen werden, noch bei Delinquenzen auftauchen. So fehlen von den Positivbeispielen jegliche Studienergebnisseund es werden häufig nur Negativbeispiele betrachtet. Aufgrund dessen,gibt dieseForschungsarbeiteinen möglichen Anstoß, weiter und vor allem, reflektiert zu forschen. Auch die Forschungsarbeit bedarf einer vorurteilsfreien Betrachtung, damit das Forschungsdesign entsprechend darauf ausgerichtetsein kann. Wie wichtig die Medien, die öffentliche Berichterstattung und die Politik in dieser Thematik sind, konnte in der Arbeit verdeutlicht werden. Die Berichterstattung trägt dazu bei, dass gesellschaftlich ein entsprechender (positiver oder negativer) Eindruck zu aufgezeigten Personenzuteilwird. Negativ formulierte Berichterstattungen tragen zur Stereotypisierung und so zur Stigmatisierung bei.
So zeigte sich in der Literaturarbeit, dass es sowohl den regressiven und auch soziopathischenTypus gibt, die allerdings nicht zwingendetwasmit Pädophilie und Hebephilie zu tun haben. Sie stellen zwar eine Gruppe dar, die diese Eigenschaften in Kombination mit Pädohebephilie hat, jedoch lässt Pädohebephilie nicht im Umkehrschluss zu diesem Typus schließen. So gibt es auch in der Gesellschaft Soziopathen,die allerdings nicht die Allgemeinheit darstellen undauchwiederum nicht zwingend pädohebephil sein müssen. Literarisch ist jedoch bei Studien zu Pädohebephilie die Differenzierung schwierig, da wenig Daten über Pädohebephilie generell im Hellfeld verfügbar sind und so die Forschungsstudien häufig zwischendenTäter*innentypen nicht differenzieren. Auch gestaltetsich die Differenzierung zwischen Täterinnen und Nicht-Täterinnen in Forschungsarbeiten als schwierig, da Daten über sanktionierte pädohebephile Täterinnen zu erzielen, deutlich einfacher sind - da sich diese im Gefängnis befinden - als überpädohebephileNicht-Täterlnnen. Wobei auch hier wiederum laut dem Psychotherapeutender Vollzugsanstalt (B4) essich als äußerstschwierig gestaltet, überhaupt die Diagnose Pädohebephilie zu stellen und darüber hinaus entsprechendeTypen zu trennen.
Die Forschungsfrage Kann die Soziale Arbeit dazu beitragen, präventiv sexualisierte Gewalt durch Pädo- und Hebephile zu reduzieren und welchen Einflussfaktor hat hierbei die Stigmatisierung? kann bejaht werden, da durch die Arbeit herausgearbeitet werden konnte, dass die Soziale Arbeit zu den Lösungswegeneinen erheblichen Beitrag leisten könnte.
Somit soll nun mit dem Appell diese Forschungsarbeit geschlossen werden, Menschen möglichst vorurteilsfrei zu begegnen und Medien kritisch zu hinterfragen. Weiter gilt es als unverzichtbar, sich dieser Thematik anzunehmen, weitere Forschungsarbeitenund Studien durchzuführen und weg von Verboten und Regelnzu kommen, die keinerlei wissenschaftlicher Fundierung angehen,umnicht nur die schützenswertestenunserer Gesellschaft - die Kinder - zu hüten, sondern auch eine Gruppe Menschen, die sich ihre sexuelle Neigung nicht ausgesucht haben, zu unterstützen und ihnen eine Hilfe zu sein, gesellschaftlich anerkannt, legalbewährt, glücklich und mit einem guten Selbstbild leben zu können. So soll dem Leser dieser Arbeit klar sein, dass zwischen Pädohebephilie und sexuellem Missbrauch ein großer Unterschied bestehenkann.
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Schneeberger, R. (2015): Pädophile und sexuell auffällige Jugendliche. Süddeutsche Zeitung. [Online] https://www.sueddeutsche.de/leben/paedophile- und-sexuell-auffaellige-jugendliche-die-erwachsenenwelt-versagt-1.2443937 [Abgerufen am 13.07.2022],
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Schütze, F. (2021): Professionalität und Professionalisierung in pädagogischen Handlungsfeldern:SozialeArbeit. Opladen& Toronto: BarbaraBudrich GmbH.
Schuppisser, R. (2017): Maschinen im Bett: Wenn esunsRoboter besorgen Sexroboter versprechen die ultimative Befriedigung. Doch wollen wir Maschinenwesenim Bett? Fest steht nur: So clean war Sex noch nie. In: Tagblatt. [Online] https://www.tagblatt.ch/leben/maschinen-im-bett-wenn-es-uns-roboter- besorgen-ld.1606270[Abgerufen am 13.08.2022],
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Anhangsverzeichnis
Anhang 1: Leitfaden für von PädohebephilieBetroffene
Anhang 2: Leitfaden für professionelleExpert*innen
Anhang 3: Kodierleitfaden
Anhang 4: Gesamt-Transkript der siebenLeitfadeninterviews
Interview an Betroffene
Biografie
- Wiegeht eslhnen?
- Bitte beschreibenSielhre Jugend.Gabeshier Schlüsselmomente?
- Von wem hätten Sie sich mehr Unterstützung im Leben gewünscht?Wo hat es an familiärer Hilfe gefehlt. Wo an professioneller?
- Fühlen Sie sich häufig allein? Können Sie außerhalbdes Forums über Ihre sexuelle Neigung reden?
- Haben Siebereitsetwaserlebt, waslhnengezeigthat,sich nicht deröffentlichkeit oder auch Angehörigen zu öffnen?
- Wänn habenSie dasersteMal die Vermutung gehabt,dassSie sich sexuell für Kinder interessieren?
Pädophilie und Hebephilie
- Wäs hindertSiedaran,tätigzu werden?
- Wäs sind Kinder für Sie?Wie würden Sie diesebeschreiben?
- Wie beschreibenSielhreaktuelle Lebenswelt?
Stigmatisierung
- Wie kann durch äußereEinflüsse(wie z.B. Institutionen und die SozialeArbeit) dazu beigetragen werden, weniger stigmatisierend auf Pädophilie und Hebephilie zu reagieren?
- Haben SieStigmatisierungauchim professionellenUmfeld erlebt?
Lösungsansätze
- Wodurch könntemansexualisierteGewalt anKindern, die durch Menschenmit pädo- und hebephiler Neigung stattfindet, eindämmen?
- Wäs für Unterstützungen/Werkzeugewürdendafürbenötigt?
- Wie könnte man Ihnen, Ihrer Meinung nach, helfen, die Verhaltenskontrolle beizubehalten?
Anhang 1: Leitfaden für von Pädohebephilie Betroffene
Experteninterview
Fragen zur Person
1. Wie ist Ihr beruflicher Werdegang?
2. (Wieso haben Sie sich für die Arbeit mit pädophilen und hebephilen Menschen entschieden?)
3. (Wie lange arbeiten Sie bereits mit Pädo- und Hebephilen?)
Straffällige Pädo- und Hebephile
4. Zu welchem Zeitpunkt entdeckenviele Pädo-und Hebephile ihre sexuelle Neigung?
5. Erleben Sie charakteristische Unterschiede zwischen tätig gewordenen Pädohebephilen und nicht-tätig gewordenen Pädohebephilen?
6. Können Sie ausder Erfahrung herausbestätigen, dassdie Pädohebephilen,die straffällig wurden, mit Erkrankungen wie Depressionen zu kämpfen hatten? Oder waren auch „glückliche“ und gesundePädophilestraffallig geworden?
Pädo-und Hebephilie im Kontext desprofessionellenUmfelds
7. Wb sind Grenzen der therapeutischen Hilfe und wo könnten Hilfen der Sozialpädagogik/ Sozialen Arbeit ansetzen?
8. Wie kann die Sozialpädagogik/Soziale Arbeit dazu beitragen, weniger stigmatisierend auf pädophile und hebephile Menschenzu reagieren?
9. Haben Sie konkret bereits gesehen, welchen Einfluss die gesellschaftliche Stigmatisierung auf die Betroffenen hat?
10. Wie wichtig ist es, Eltern miteinzubinden?
11. Könnten Siesich vorstellen, dassviele/einige sexualisierte Übergriffe, mit entsprechend professioneller Unterstützung, nicht stattgefündenhätten?
12. Würden Sie sich hier mehr Hilfeinstanzen wünschen, wie auch beispielsweise pädagogische Unterstützung?
13. Haben Sie schoneinmal etwas von der Lebensweltorientierung in der Sozialen Arbeit gehört? Wie meinen Sie, dass Sozialpädagoginnen den Lebensraum so gestalten können, dassesden Pädophilen und Hebephilen hilft?
14. Viele Therapeutinnen möchten keine pädo- und hebephilen Menschen therapieren. Haben Sie dies schon mitbekommen? Wie könnte man diese Problematik behebenoder reduzieren?
Anhang 2: Leitfaden für professionelle Expertinnen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anhang 3: Kodierleitfaden
[...]
1 Inzidenz: Innerhalb eines Jahres neu aufgetretene Missbrauchsfälle.
2 §§ 176, 176a, 176b Strafgesetzbuch (StGB).
3 Gleichzeitig muss hierbei direkt erwähnt werden, dass laut einer anderen Studie 50-80% der verurteilten Sexualstraftäter*innen pädophil seien (Brodersen 2021, S.3).
4 Die Begriffe der Sozialpädagogik sowie der Sozialarbeit werden häufig als Synonyme verwendet. Dies soll im Folgenden unter dem Begriff der Sozialen Arbeit, welcher sowohl die pädagogischen als auch die sozialarbeiterischen Aufgaben als Einheit bezeichnen soll (vgl. Thole 2002, S. 14), ebenfalls erfolgen. Jedoch erfolgt dies mit dem Wissen, dass es sich hierbei nicht um synonyme Inhalte, sondern um zwei unterschiedliche Wissenschaften handelt. Es soll sowohl der Aspekt des pädagogischen als auch administrativ fürsorgerischen Blick betrachtet werden, da sich die weitere Thematik auf beide Berufsbilder beziehen wird und die Exklusion der einen oder anderen Wissenschaft thematisch kontraproduktiv für die Entstigmatisierung bestimmter Personengruppen sein würde.
5 Anhand dieser Definition ist fraglich, ob Pädophile, welche nicht straffällig wurden und nicht unter der sexuellen Neigung leiden, überhaupt pädophil im solchen sind. Somit muss auch der Begriff der Pädophilie und Hebephilie in der vorliegenden Arbeit mit diesem Wissen vorsichtig betrachtet werden.
6 https://www.globalcitizen.org/de/content/5-countries-with-highest-child-marriage/ (Abgerufen am 25.08.2022).
7 Unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung wird ein „mangelndes Selbstwertgefühl [...] [,] eine starke Empfindlichkeit gegenüber Kritik [, eine] auffällige Selbstbewunderung und übersteigende Eitelkeit [sowie] [...] einem übertriebenen Selbstbewusstsein nach außen hin“ (Pro Psychotherapie e.V., o.J.) verstanden. Weiter fällt es den betroffenen Menschen schwer empathiefähig zu sein (vgl. ebd.). So ist eine narzisstische Identifizierung eine Bedeutungslosigkeit der bisherigen Eigenschaften, wodurch das Objekt die emotiv-affektive Bedeutung verliert (vgl. Zepf/Hartmann 2005).
8 https://science.orf.at/v2/stories/2884212/ (Abgerufen am 27.07.2022).
9 https://www.wortbedeutung.info/dys-/ (Abgerufen am 24.07.2022).
10 Hierzu muss erwähnt werden, dass die Definitionen der Typenbeschreibungen zum einen sehr komplex sind und es zum anderen häufig unterschiedliche wissenschaftliche Beschreibungen existieren. Auch sind manche Typendefintionen auch auf Nicht-Täter*innen zutreffend.
11 Hier wird in den Täter*innentypen ausschließlich auf Pädophile literarisch bezogen. Vermutlich ist dies auch auf hebephile Täter*innentypen zu beziehen. Um diese nicht zu verzerren, verzichtet die Autorin der Arbeit auf den Begriffder Pädohebephilie im Folgenden.
12 In dieser Studie wurde die Meinung zu Pädophilen befragt. Somit wird hierbei erneut auf den Begriff pädohebephil verzichtet.
13 Hier wurden lediglich Individuen mit der sexuellen PräferenzstörungPädophilie befragt.
14 ADHS = Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung
15 Der Psychologe ist in einer Strafanstalt, in der lediglich Männer inhaftiert sind und therapiert somit lediglich männliche Patienten.
- Citar trabajo
- Laura Pfaffenrath (Autor), 2022, Beitrag der Sozialen Arbeit zur Prävention sexualisierter Gewalt, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1315919
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