In der Arbeit werden die Prinzipien des Process Mining zusammengefasst, erfolgreiche Anwendungsbeispiele dargestellt, verfügbare Werkzeuge verglichen und eine Gegenüberstellung der Stärken und Schwächen des Process Mining erarbeitet.
In Unternehmen laufen vielfältige Prozesse ab. Basis dieser Prozesse sind immer häufiger Informationssysteme. Diese protokollieren Aktionen häufig digital. Diese digitalen Quellen können damit zum Verständnis der ablaufenden Prozesse beitragen. Das Process Mining dient zur Erschließung digitaler Quellen für die zielgerichtete Optimierung der Prozesse in Unternehmen. Mit Hilfe der Quellen kann also ermittelt werden, ob die realen Prozesse den geplanten Definitionen entsprechen. Es können zeitliche Engpässe ermittelt werden und die Prozesse mit zusätzlichen Informationen erweitert werden, wie sozialen Netzwerken. Mit Hilfe des Process Mining können Fragen von Seiten des Managements beantwortet werden, und zwar anhand realer Abläufe:
- Wie lange ist die durchschnittliche/minimale/maximale Durchlaufzeit der Fälle?
- Wie viel Zeit wurde zwischen zwei beliebigen Aufgaben im Prozessmodell verbracht?
- Wie viele Personen sind an einem Fall beteiligt?
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
Problemstellung
Aufbau und Methode
Grundlagen
Prozess-Management als Ausgangspunkt
Prinzipien des Process Mining
Herausforderungen des Process Management
Hauptteil
Verfügbare Werkzeuge
Process Discovery
Conformance Checking
Enhancement
Operational Support
Fazit
Beispiele der erfolgreichen Anwendung des Process Mining
Zusammenfassung
Anhang
Zusammenfassung des Projekts „Process-Mining bei der FORUM MEDIA GROUP“
Das Unternehmen
Das Projekt
Der Autor
Process Mining
Extraktion
Transformation und Bereitstellung in einer semantischen Softwarelösung
Dokumentation
Monitoring
Operational Support
Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - Unstrukturierter Text eines Logfiles
Abbildung 2 - Dokumentenbasierte Struktur. Die Properties unter "_source" repräsentieren die extrahierten Informationen (Screenshot mit Hilfe des Chrome- Plugin Multi Elasticsearch-Head)
Abbildung 3 - Spaltenorientierte Darstellung der importierten Logfile-Zeilen
Abbildung 4 - Graphendstruktur
Abbildung 5 - Bericht, der die Jobs mit zugehörigen Ressourcen, dem Typ der Ressourcen, Start und Ende der Nutzung und weitere Informationen enthält, und zwar in der Sortierung, wie sie im Logfile auftritt
Abbildung 6 - Dokumentation (links) und vernetzte bzw. verwendete weitere Ressourcen, beispielsweise eine Datenbanktabelle
Abbildung 7 - Liste der Ressourcen, Datum der letzten Nutzung der Ressource, zugehöriger ETL-Job und Info, ob eine Dokumentation der Ressource erstellt wurde
Abbildung 8 - ETL-Jobs mit Ressourcen und der zugehörigen Dokumentation in der Spalte Doc
Abbildung 9 - Bericht mit Datenbankelement, beispielsweise Tabelle, zugehöriger Datenbank und dem Testergebnis (Spalte LastState) des letzten Tests (Spalte LastCheck)
Abbildung 10 - Laufzeiten der wichtigsten ETL-Jobs
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 - Untersuchte Werkzeuge
Tabelle 2 - Zusammenfassung der Beurteilung der Werkzeuge anhand der Kriterien durch den Autor
Tabelle 3 - Beschreibung der Properties nach der Extraktion
Abkürzungsverzeichnis
CSV Comma-Separated Values (vgl. Shafranovich, 2005, Internetquelle) MXML Mining eXtensble Markup Language (vgl. van der Aalst, 2016, S. 127) XES eXtensible Event Stream (vgl. van der Aalst, 2016, S. 127) ETL Extract, Transform, Load (vgl. Wierse, Riedel, 2017, S.34-35)
Einleitung
Problemstellung
In Unternehmen laufen vielfältige Prozesse ab. Basis dieser Prozesse sind immer häufiger Informationssysteme. Diese protokollieren Aktionen häufig digital. Diese digitalen Quellen können damit zum Verständnis der ablaufenden Prozesse beitragen. Das Process Mining dient zur Erschließung digitaler Quellen für die zielgerichtete Optimierung der Prozesse in Unternehmen. Mit Hilfe der Quellen kann also ermittelt werden, ob die realen Prozesse den geplanten Definitionen entsprechen. Es können zeitliche Engpässe ermittelt werden und die Prozesse mit zusätzlichen Informationen erweitert werden, wie sozialen Netzwerken. Mit Hilfe des Process Mining können Fragen von Seiten des Managements beantwortet werden, und zwar anhand realer Abläufe (vgl. promtools.org, Tutorial:Introduction, Internetquelle):
- Wie lange ist die durchschnittliche/minimale/maximale Durchlaufzeit der Fälle?
- Wie lange ist die durchschnittliche Bearbeitungszeit für jede Aufgabe?
- Wie viel Zeit wurde zwischen zwei beliebigen Aufgaben im Prozessmodell verbracht?
- Wie viele Personen sind an einem Fall beteiligt?
In dieser Arbeit sollen die Prinzipien des Process Mining zusammengefasst, erfolgreiche Anwendungsbeispiele dargestellt, verfügbare Werkzeuge verglichen und eine Gegenüberstellung der Stärken und Schwächen des Process Mining erarbeitet werden.
Aufbau und Methode
Im Grundlagenteil der Arbeit, wird auf den Bezug des Prozess Mining zum Process Management eingegangen. Außerdem werden die Prinzipien des Process Mining näher beleuchtet. Anschließend werden dessen besondere Herausforderungen skizziert. Im darauffolgenden Hauptteil werden verfügbare Werkzeuge vorgestellt und ins Verhältnis gesetzt. Dafür wurde ein Anforderungskatalog erarbeitet, der aus den Erkenntnissen der Prinzipien des Process Mining, sowie dem Process Mining Manifesto der Taskforce on Process Mining (IEEE Taskforce on Process Mining, 2011, Internetquelle) und einem Artikel des Journals "ACM Transactions on Management Information Systems (TMIS)“ (vgl. van der Aalst, 2012, Zeitschriftenquelle) erarbeitet wurde. Diesem Abschnitt folgt ein Ka- pitel mit 2 Case Studies und einem Projektbericht, die den erfolgreichen Einsatz des Process Mining zeigen.
Grundlagen
Prozess-Management als Ausgangspunkt
In Organisationen laufen vielfältige Geschäftsprozesse ab. Der bewusste Umgang mit diesen Prozessen wird immer wichtiger, da der Druck auf Unternehmen von außen immer größer wird. Die Umwelt und der Markt führen zu einem laufenden Anpassungsdruck, bei dem frühzeitige Anpassungen an die Anforderungen notwendig sind (vgl. Becker, Kugeler, 2012, S. 3-4). Das bedeutet, dass Geschäftsprozesse bewusst und gezielt gemanagt werden müssen. Die Komplexität der notwendigen Prozesse und die Notwendigkeit der zielgerichteten Vorgehensweise, erfordern die transparente Beschreibung von Geschäftsprozessen. Hierzu dienen Prozessmodelle (vgl. Becker, Kugler, 2012, S. 47).
"Geschäftsprozessmanagement beschäftigt sich mit der Dokumentation, Analyse, Restrukturierung von Arbeitsabläufen (Prozessen). [...] Im internationalen Umfeld ist der Begriff 'Business Process Management (BPM)' üblich." (Gadatsch, 2020, S. 2)
Prinzipien des Process Mining
Process Mining versucht eine Lücke zwischen der Planung und dem Betrieb von Prozessen zu schließen und so einen ganzheitlicheren Ansatz des Prozess-Management zu ermöglichen. Der Gedanke ist, dass Event Daten, die Informationssysteme speichern, verwendet werden können, um die Prozesse zu überwachen bzw. die aus der Planung entstandenen Prozessmodelle durch den Abgleich mit der Realität zu verbessern. Hierbei spielen Event Logs, das sind digital protokollierte Arbeitsschritte der Prozesse, eine entscheidende Rolle. Dabei werden Machine Learning und Data Mining mit der Prozess Modellierung und der Prozessanalyse kombiniert, um Wissen aus Event Logs zu extrahieren und im Lebenszyklus der Prozesse fruchtbar zu machen (vgl. van der Aalst, 2016, S. 31).
Process Mining kann in drei Bereiche eingeteilt werden. Der erste Bereich wird Discovery genannt. Beim Discovery geht es um die Analyse eines Event Logs und die Erzeugung von Prozessmodellen, resultierend aus dieser Analyse. Für die Erzeugung der Modelle werden Algorithmen benutzt. Ziel ist es hierbei, dass die Algorithmen keine Informationen über die inhaltlichen Abläufe besitzen, also generalisiert werden können, unabhängig von dem Einsatzbereich der protokollierenden Software (vgl. van der Aalst, 2016, S.33).
Um ein Event Log zu erhalten, dass für Process Mining geeignet ist, sind in der Regel vorbereitende Schritte notwendig, wie das Bereinigen der Ausgangsdaten. Beispielsweise muss das Datumsformat in ein Format gebracht werden, dass die Process Mining Software interpretieren kann (vgl. van der Aalst, 2021, 00:06:57-00:07:1 9, Videoquelle).
Ein Event Log, dass für das Process Mining geeignet ist, enthält einzelne Einträge, die Events genannt werden. Jeder der Events ist einem Case zugeordnet. Damit stellt ein Case einen tatsächlichen Ablauf eines Prozesses dar. Ein Event hat verschiedene Attribute, die im Event Log vorhanden sein müssen. Diese Einträge sind eine Zeitdimension und eine Activity. Alternativ für die Zeitdimension kann auch eine festgelegte Reihenfolge dienen. Diese Aspekte repräsentieren einen definierten Arbeitsschritt innerhalb eines Prozesses. Eine Abfolge von Activities innerhalb eines Event Logs, wird Trace genannt (vgl. van der Aast, 2016, S. 35). Die erzeugten Prozessmodelle können in Form von verschiedenen Notationen analysiert werden (vgl. van der Aalst, 2016, S.57-83).
Der zweite Bereich wird Conformance Checking genannt. Dabei geht es um den Vergleich eines im Vorfeld geplanten Prozessmodells mit dem eines Event Logs. Hierbei geht es darum, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen geplantem und dem extrahierten Modell auszuarbeiten. Dabei können Abweichungen ermittelt oder Performance- Probleme identifiziert werden (vgl. van der Aalst, 2016, S.243). Wichtig ist es hierbei, entweder unerwünschte Abweichungen des Event Logs vom modellierten Prozessmodell zu erkennen oder sinnvolle Abweichung zu identifizieren, um Verbesserungspotential des geplanten Prozessmodells zu ermöglichen. Auf diese Art und Weise können Prozesse von Unternehmen auf einem völlig neuen Niveau gemanagt werden. Mit Hilfe der Möglichkeit, in der Realität ablaufende Prozesse zu prüfen und mit den geplanten Prozessen zu vergleichen, entsteht beispielsweise ein neuer Ansatz für die Rechnungsprüfung (vgl. van der Aalst et.al., 2010, Zeitschriftenquelle). Für den Vergleich können mit entsprechenden Notationen, wie dem Petri Net, auch Simulationen durchgeführt werden (vgl. van der Aalst, 2016, S. 246).
Der dritte Bereich des Process Mining ist das Enhancement von Modellen auf der Basis von Event Logs. Dies betrifft beispielsweise die Erweiterung von Prozessmodellen mit organisatorischen Elementen, wie Rollen und daraus resultierende Schlussfolgerungen. Diese Informationen finden sich häufig zusätzlich in Event Logs. Dadurch werden tatsächliche Abhängigkeiten der Prozesse zu organisatorischen Ressourcen sichtbar. Es wird auch möglich, Timing-Informationen in das Modell zu integrieren. Dadurch werden Kostenberechnungen einzelner Activities möglich bzw. Wartezeiten können visualisiert werden. Durch diese Zusatzinformationen entsteht ein organisatorisch integriertes Prozessmodel (vgl. van der Aalst, 2016, S. 275-276).
Eine weitere Erweiterungsmöglichkeit ist das Decision Mining. Dabei können Algorithmen, wie der Entscheidungsbaum, verwendet werden, um Voraussagen zu treffen, beispielsweise anhand zeitlicher Konstellationen, in dem Sinne, dass eine Dauer einer Activity unter 5 Minuten in der Regel zu einer negativen oder positiven Entscheidung führt. Auf diese Weise lassen sich Risiken frühzeitig erkennen und auch Vorschläge für Reaktionen erarbeiten (vgl. van der Aalst, 2016, S. 294-296).
Herausforderungen des Process Management
Es gibt verschiedene Herausforderungen des Process Mining, von denen drei der Wichtigsten hier erläutert werden sollen. Diese und weitere Herausforderungen finden sich im Process Mining Manifesto der Taskforce on Process Mining (vgl. IEEE Taskforce on Process Mining, 2011, Internetquelle).
Eine Herausforderung ist der sogenannte „representational Bias“. Dabei geht es um den geistigen Einfluss von Repräsentationen wie Notationen, auf die daraus folgenden Überlegungen. So hat beispielsweise die Notation „Transition System“ Probleme, KonkurrenzKonstellation abzubilden. Dadurch beeinflusst sie den geistigen Umgang mit Konkurrenzsituationen.
Die Wahl der Algorithmen und daraus resultierenden Abbildungen von Prozessen, beschränken die Beschreibung der Realität oder ermöglichen nur bestimmte Blickwinkel (vgl. van der Aalst, 2016, S. 183). Dem Problem des „representational Bias“ kann mit explorativer Vorgehensweise in Bezug auf die Auswahl der Algorithmen und Notationen entgegengewirkt werden. Man sollte also das Ergebnis des Process Discovery aus verschiedenen repräsentationalen Blickwinkeln betrachten, um Vorurteilen aufgrund der Repräsentation entgegenzuwirken.
Eine weitere Herausforderung ist die Extraktion der Event Daten aus den Quellsystemen. Dabei gibt es Probleme, wie verteilte Daten über mehrere Systeme oder die Zentrierung von Daten auf Objekte und nicht Prozesse, beispielsweise die Konzentration auf ein Produkt und nicht auf einen Ablauf. Die Daten müssen häufig vorbereitet werden, um für das Process Mining genutzt werden zu können. Dies ist ein aufwändiger Prozess, der manuelle Schritte erfordert. Auch müssen Ausreißer bereinigt werden, damit die Event Daten für das Process Mining nutzbar werden. Ein weiteres Problem sind verschiedene Formate der Daten, wie Datumsformate, die angeglichen oder in relative Abstände umgewandelt werden müssen. Die Task Force on Process Mining schlägt 5 Qualitätsstufen von Event Daten vor (vgl. IEEE Taskforce on Process Mining, 2011, Internetquelle). Je niedriger der Level ist, desto unzuverlässiger werden die Ergebnisse. Ab Level zwei der Skala abwärts, bei dem Events fehlen, weil die Aufzeichnung der Events nicht systematisch erfolgt, wird es sehr schwierig, Process Mining sinnvoll zu betreiben. Um diese Grenze der Nutzbarkeit zu erkennen, muss von einem erfahrenen Fachmann eine Analyse der Event Daten durchgeführt werden. Dabei kann das Ergebnis eines Process Mining Projekts auch sein, dass es nicht durchgeführt werden sollte.
Eine weitere wichtige Herausforderung ist der Umgang mit Änderungen von Prozessen, während sie analysiert werden. Diese Herausforderung wird Cocept Drift genannt. Wird er nicht erkannt, führt dies evtl. zu einer völligen Fehlinterpretation von Prozessen (vgl. IEEE Taskforce on Process Mining, 2011, Internetquelle). Für das Problem des Concept Drift, arbeiten die Algorithmen mit Zeitfenstern und der Erkennung und Visualisierung von Prozessvarianten. Trotzdem bleibt dieses Problem eine große Herausforderung, da grundlegende Änderungen in Prozessen zu neuen Prozessen führen und die Erkennung der Grenze zwischen Variation und neuem Prozess fließend ist. (vgl. van der Aalst, 2016, S. 320-321)
Hauptteil
Verfügbare Werkzeuge
Für dieses Kapitel wurden verschiedene Werkzeuge untersucht und mit Hilfe eines Anforderungskatalogs ins Verhältnis gesetzt. Die zu vergleichenden Werkzeuge wurden aus verschiedenen Quellen entnommen (IEEE Task Force on Process Mining, Case Studies, Internetquelle; Dilmegani, 2022, Internetquelle). Weiterhin wurde ein Vergleichsportal für die verschiedenen Process Mining Tools herangezogen (processmining-software.com, 2020, Internetquellen). Neben den Werkzeugen aus dem Vergleichsportal, wurde das Werkzeug ProM in der Version 6.11 untersucht (vgl. promtools.org, ProM Tools, Internetquelle).
Tabelle 1 - Untersuchte Werkzeuge
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Folgenden werden die aus den Prinzipien und den Kriterien des Vergleichsportals erarbeiteten Kriterien beschrieben und die Werkzeuge zu den Kriterien ins Verhältnis gesetzt.
Process Discovery
Die verschiedenen Werkzeuge bieten Schnittstellen, um Event Logs dem Process Mining zugänglich zu machen. Das sind zum einen verschiedene Dateitypen, die Importiert werden können, wie spaltenorientierte Text-Dateien, die in den Spalten die notwendigen Attribute für das Process Mining enthalten, beispielsweise im Dateiformat CSV. Manche Werkzeuge bieten auch den Import von Dateien im XES- oder MXML-Format an, wie Celonis Process Mning oder Disco. Diese Formate erlauben es, die notwendigen Attribute, aber auch Zusatzinformationen, wie Rollen, festzuhalten (vgl. van der Aalst, 2016, S. 127).
ProM unterstützt eine große Bandbreite von Import-Formaten mit Hilfe eines ImportFrameworks, welches verschiedene Dateitypen in das Format MXML umwandeln kann. (promtools.org, 2022, Internetquelle). Viele der Werkzeuge unterstützen auch Datenbankschnittstellen, da Event Logs häufig verteilt über mehrere Tabellen oder Datenbanken vorliegen (vgl. van der Aalst, 2016, S. 127). Außerdem bieten viele der Werkzeuge integrierte Verbindungen zu dedizierten Anwendungen an, die direkt genutzt werden können, ohne den Umweg über das Exportieren und Importieren von Dateien.
In Bezug auf Notationen, unterstützen die betrachteten Werkzeuge zum großen Teil nur den sogenannten directly-follows-graph. Dies ist eine sehr vereinfachende Notation, die leicht zu verstehen ist, aber bei komplexen Abläufen zu missverständlichen Darstellungen führen kann, weil Konkurrenz-Situationen als Schleifen abgebildet werden (vgl. van der Aalst, 2019, Zeitschriftenquelle). Einige Werkzeuge, wie EverFlow oder ProM, unterstützen auch weitere Notationen, wie BPMN.
Die meisten Tools unterstützen Metriken, wie die Anzahl der Aktivitäten oder Zeitmetriken, wie die durchschnittliche Dauer eines Events. Damit wird es möglich, Abweichungen zu analysieren und verschiedene Perspektiven zu analysieren, wie eine zeitliche Perspektive. Dies kann dem representational Bias entgegenwirken (vgl. van der Aalst, 2016, S. 269).
Conformance Checking
Es gibt verschiedene Techniken des Conformance Checking, wie Token Replay bzw. Seqeunce Filtering. Damit wird ein Vergleich von Event Log im Verhältnis zum definierten Prozessmodell aber auch zwischen Varianten von Event Logs möglich. Die meisten der Werkzeuge unterstützen die Visualisierung von Unterschieden, beispielsweise in Listen von Verstößen gegen das geplante Modell. Dabei spielen Methoden, wie das Filtern der Traces mit Hilfe von Zeitrahmen oder die Filterung der verschiedenen Varianten von Traces eine wichtige Rolle, um brauchbare Ergebnisse zu erhalten (vgl. fluxicon.com, 2020, Internetquelle). Dies unterstützt die Vergleichbarkeit von tatsächlichen mit geplanten Prozessmodellen (vgl. van der Aalst, 2016, S. 256).
Enhancement
Enhancement kann mit Hilfe von Sozialen Netzwerken durchgeführt werden, also beispielsweise durch die Visualisierung von Abhängigkeiten der Traces zu Organisationseinheiten. Dabei wird vom Organizational Mining gesprochen (vgl. van der Aalst, 2016, S. 281 ff.). Eine weitere Möglichkeit des Enhancements ist beispielsweise das Ableiten von Regeln mit Hilfe von Entscheidungsbäumen. Dies wird Decision Mining genannt. (vgl. van der Aalst, 2016, S. 294-296) Nur wenige der untersuchten Werkzeuge bieten eine Unterstützung des Organizational Mining. In Bezug auf das Decision Mining, bietet nur ProM über entsprechende Plugins eine Unterstützung (vgl. Rozinat, van der Aalst, 2006, Zeitschriftenquelle).
Operational Support
Sobald Process Mining innerhalb des operativen Geschäfts zyklisch bzw. in Echtzeit ablaufen soll, spielen vor allem die Werkzeuge eine wichtige Rolle, die über entsprechende Konnektoren, direkte Verbindungen zu hochgeschwindigkeits- und Echtzeit Datenquellen aufbauen können (vgl. van der Aalst, 2016, S. 381). Dadurch wird es möglich, zyklisches Process Discovery und Conformance Verstöße nahezu in Echtzeit zu erkennen und dann eine entsprechende Alarmierungskette zu initiieren. (vgl. van der Aalst, 2016, S. 307)
Viele der Werkzeuge bieten die Möglichkeiten, Empfehlungen auszusprechen. Diese könnten sein, dass zur Reduzierung der Durchlaufzeit von einem bestimmten Status zu einem bestimmten anderen Status gewechselt werden sollte. Bestimmte Varianten können sich so als sinnvoller als andere herausstellen (vgl. van der Aalst, 2016, S. 316).
Fazit
Tabelle 2 zeigt die Bewertung der betrachteten Werkzeuge ausgehend von den Einschätzungen des Vergleichsportals und den erarbeiteten Kriterien aus der Sicht des Autors. Die Wertung 1 bedeutet dabei „erfüllt“. Höhere Zahlen bedeuten eine umfangreichere Unterstützung. Für die Beurteilung von ProM wurden verschiedene weitere Quellen genutzt (vgl. promtools.org, Question Answered, Internetquelle; promtools.org, prom- tools.org, 2009, Internetquelle; Pessens et. al., 2010, Zeitschriftenquelle; Carmona et.al., 2018, Internetquelle; promtools.org, Exercise 1, Internetquelle; Rozinat, van der Aalst, 2006, Zeitschriftenquelle).
Tabelle 2 - Zusammenfassung der Beurteilung der Werkzeuge anhand der Kriterien durch den Autor
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Beispiele der erfolgreichen Anwendung des Process Mining
Im Folgenden werden 2 Case Studies von erfolgreichen Projekten und eine Projektzusammenfassung der Anwendung von Process Mining vorgestellt.
Siemens führte im Jahr 2013, in Zusammenarbeit mit Celonis, Process Mining ein, um verschiedene Ziele zu erreichen (vgl. Celonis, 2015, Internetquelle). Es ging darum, die volle Transparenz über fachübergreifende Prozesse zu erlangen und das volle Potential der Prozessoptimierung auszuschöpfen. Dabei sollten zeitliche Engpässe identifiziert, die Performance der Prozesse überwacht, Verstöße der tatsächlich ablaufenden Prozesse gegen geplante Modelle gefunden und ineffiziente Prozesse identifiziert werden.
Wie bei datengetriebenen Anwendungen üblich, standen bestimmte Use Cases bei der Analyse im Vordergrund. Ein Use Case bestand darin, die Identifikation und Optimierung von Bestellkanälen zu unterstützen. Die länderübergreifende Liefergeschwindigkeit sollte durch die Überprüfung der Prozessvarianten optimiert werden. Es sollte ermittelt werden, wie wiederkehrende Acitivies, beispielsweise Preisänderungen, einfach protokolliert und die zu Grunde liegenden Muster intuitiv erkannt und genutzt werden können.
Für die Echtzeitanalyse der Prozesse, wird bei Siemens „Celonis Process Mining“ eingesetzt in Kombination mit „SAP Hanna“, wodurch große Datenmengen und Echtzeitanalysen möglich werden. In dem Projekt wurden alle Bereiche des Process Mining bedeutsam, bis hin zur Echtzeitintegration des Process Mining in den organisatorischen Alltag. Es wurden dabei über 70 ERP Systeme von Siemens angebunden und 800 Mitarbeiter wurden durch das Process Mining direkt in ihrer organisatorischen Arbeit unterstützt. Die Ziele konnten erreicht werden. Vor allem die Möglichkeit, den Ursprung von Prozessschwierigkeiten wesentlich schneller zu ermitteln als vor der Nutzung von Process Mining, stand dabei im Vordergrund.
Das zweite Beispiel der erfolgreichen Einführung von Process Mining, wurde von Telefonica I+D in Zusammenarbeit mit Fluxicon durchgeführt (vgl. Algarra, Gomez, 2017, Internetquelle). Telefonica I+D ist ein Unternehmen des Telefonica Konzerns. Das Unternehmen befasst sich mit Forschung und Entwicklung und führte 2017 ein Projekt im Bereich Process Mining durch. Dabei ging es darum, das Inhouse Casemanagement Tool UDO mit Hilfe des Process Mining zu analysieren, um die Anzahl von Critical und Major Incidents zu verringern. Telefonica definiert Incidents als ungeplante Unterbrechungen oder Verringerungen der Qualität der zu erbringenden Dienstleistungen. Außerdem sollten "stille" Änderungen in den Abläufen erkannt werden, die vorher unerkannt blieben.
[...]
- Quote paper
- Tassilo Weller (Author), 2022, Process-Mining als Werkzeug zur Prozesstransparenz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1315346
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.