Im Rahmen dieser Arbeit beschäftigte sich der Autor mit fünf unterschiedlichen Themen, wobei das psychologische Wissen in Form von Blog-Artikeln aufbereitet wurde.
Der erste Beitrag setzt sich mit dem Tabuthema "Psychotherapeuten mit psychischen Störungen" auseinander. Im zweiten Beitrag wird das Geschlechterparadoxon der Depression untersucht. Das Thema des dritten Artikels ist Yoga. Es wird der Frage nachgegangen, welches Potenzial die Praxis in der psychischen Gesundheitsfürsorge hat. Die transorbitale Lobotomie aus dem Zeitalter der Psychochirurgie wird im vierten Beitrag beleuchtet. Der fünfte Artikel geht darauf ein, wie Social Media zu Selbstdiagnosen von AD(H)S und anderen psychischen Störungen führt. Schließlich wird im Rahmen des sechsten und letzten Beitrags der Einfluss des weiblichen Zyklus auf die Psyche dargestellt.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1. Tabuthema: Psychotherapeuten mit psychischen Störungen
1.1 Beitrag
1.2 Quellen
2. Das Geschlechterparadoxon der Depression – was es uns lehrt
2.1 Beitrag
2.2 Quellen
3. Yoga – Welches Potenzial hat es in der psychischen Gesundheitsfürsorge?
3.1 Beitrag
3.2 Quellen
4. Transorbitale Lobotomie – zum Zeitalter der Psychochirurgie
4.1 Beitrag
4.2 Quellen
5. Social Media und AD(H)S – Durch TikTok zur Selbstdiagnose?
5.1 Beitrag
5.2 Quellen
6. Der Menstruationszyklus – Psychische Achterbahnfahrt im Alltag
6.1 Beitrag
6.2 Quellen
1. Tabuthema: Psychotherapeuten mit psychischen Störungen
Kategorie:
- Gesundheitspolitik (Prävention und Gesundheitspsychologie)
- Klinische Psychologie (Psychologie)
1.1 Beitrag
Klinische Psychologen gelten als Spezialisten für die mentale Gesundheit. Eher unvorteilhaft ist hierbei die Schlussfolgerung, dass Behandelnde selbst eigentlich keine psychischen Beschwerden haben dürften. Das Entwickeln psychischer Störungen wird folglich als persönliches Scheitern gewertet. (Sydow, 2014, S. 288) Hierbei handelt es sich leider um eine gefährliche Idealvorstellung, die zu enormen Leid und Stress unter den Betroffenen führt. Verstärkt wird dieser Druck von den drohenden Konsequenzen im Beruf. Laut § 60 des Psychotherapeutengesetzes stellt die psychische Stabilität von angehenden Psychotherapeuten eine Voraussetzung für die Approbation dar. (Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, 2020) Fakt ist jedoch, dass die psychische Gesundheit, ganz unabhängig von der Profession, keinem Ideal entsprechen kann und deshalb niemand gegen psychische Störungen immun ist. Darüber hinaus ist das Risiko psychische Auffälligkeiten zu entwickeln bei klinischen Psychologen erhöht. Denn der Kontakt zu schwer suizidalen oder aggressiven Patienten stellt eine enorme psychische Belastung dar. (Posluns & Gall, 2020, S. 2; Tay, Alcock & Scior, 2018, S. 1–2) Nichtsdestotrotz bleibt der offene Umgang mit der mentalen Gesundheit von Psychotherapeuten bisher eine Ausnahme. Wie viele Betroffene leiden deshalb im Stillen?
Aus Sicht der Betroffenen: Ergebnisse einer anonymen Umfrage
Die Datenlage zum Aspekt „psychische Störungen unter klinischen Psychologen“ ist eher als lückenhaft einzustufen. Aufgrund dieser Feststellung führten Tay et al. (2018) eine anonyme Online-Umfrage zum Thema durch. 678 klinische Psychologen aus England wurden zu ihren Erfahrungen mit den eigenen psychischen Problemen befragt. 63 % der Psychologen haben in ihrem bisherigen Leben bereits an psychischen Problemen gelitten oder leiden noch immer an psychischen Problemen. (Tay et al., 2018, S. 5) Das entspricht nahezu zwei Dritteln der Befragten und übertrifft damit die Lebenszeitprävalenz diagnoserelevanter psychischer Störungen unter der englischen Allgemeinbevölkerung. Diese liegt bei ca. 41 %. (Mental Health Foundation, 2016, S. 14) Weiterhin gaben fast die Hälfte der Betroffenen Psychologen an sogar zwei oder mehr psychische Störungen erfahren zu haben. Am häufigsten wurden depressive Störungen und Angststörungen genannt. (Tay et al., 2018, S. 5)
Der Großteil der Befragten würde laut eigenen Angaben zwar weder sich selbst noch andere psychisch Erkrankte stigmatisieren, doch besteht allgemein die Angst, dass die eigenen psychischen Probleme bekannt werden könnten. (Tay et al., 2018, S. 5) Positiv einzuschätzen ist zumindest, dass 84 % der Betroffenen sich trotz der Angst vor Stigmatisierung professionelle Hilfe einholten. Doch gab es im Gegensatz dazu auch 46 Fälle, die sich weder jemandem anvertrauten noch an professionelle Hilfe wandten. Wie zu vermuten, sind die Ursachen hierfür v. a. die Angst vor Verurteilung, Sorgen über negative Auswirkungen auf den Beruf und den Selbstwert sowie generelle Schamgefühle. (Tay et al., 2018, S. 6–7) Unbehandelte psychische Störungen unter klinischen Psychologen können sich höchst negativ auf deren therapeutische Leistung ausüben, worunter schließlich nicht nur die Behandelnden selbst, sondern genauso deren Patienten leiden. (Sydow, 2014, S. 288) Welche Maßnahmen werden also ergriffen, um diesen Missständen entgegenzuwirken? Und wo wird hierfür angesetzt?
Präventionsmaßnahmen und bisherige Lösungsansätze
Im Rahmen der Approbationsausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten wird in vielen Ländern eine gewisse Stundenanzahl an „Selbsterfahrung“ vorausgesetzt – in Deutschland sind es beispielsweise 120 h. Dies ist vergleichbar mit einer den wissenschaftlichen Standards entsprechenden Psychotherapie. (Sydow, 2014, S. 285) Das übergeordnete Ziel ist dabei zwar die Entwicklung der wichtigsten Kernkompetenzen für eine professionelle Berufsausübung, doch werden ebenso Aspekte wie persönliches Wachstum fokussiert. Dazu zählt z. B. auch die Reduktion von Ängstlichkeit oder die Stärkung des Selbstwertgefühls. (Zolles & Korunka, 2015, S. 87) Sofern davon ausgegangen wird, dass besagte Selbstentwicklung das Risiko zukünftiger psychischer Störungen vermindert, könnte der Selbsterfahrung also auch ein präventiver Nutzen zugeschrieben werden. Uneindeutig ist bisher jedoch die Wirkung der Selbsterfahrung im Allgemeinen. Insgesamt sind verschiedene Forschungsergebnisse eher widersprüchlich und lassen kaum klare Schlussfolgerungen für die Praxis zu. (Zolles & Korunka, 2015, S. 89)
Ein Ansatz, welcher bei Datenbankrecherchen zum Suchbegriff „impaired professionals“ häufig vorgeschlagen wird, ist Self-Care1 . Dauerhafte Selbstfürsorge auf verschiedenen Ebenen soll den negativen Auswirkungen von Stress entgegenwirken und klinische Psychologen folglich insbesondere vor Stressfolgeerkrankungen (z. B. Burnout) schützen. (Rupert & Dorociak, 2019, S. 1) Für wirksame Selbstfürsorge sollten die eingesetzten Strategien unterschiedliche Bereiche ansprechen, darunter Achtsamkeit, Ausgeglichenheit, physische Gesundheit oder soziale Unterstützung. In der Praxis bedeutet das z. B. eine angemessene Work-Life-Balance zu entwickeln, regelmäßig Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen, auf ausreichend Schlaf zu achten sowie Achtsamkeit zu üben. (Posluns & Gall, 2020, S. 12)
Fazit: Prävention allein reicht nicht aus
Wie sich herausstellt sind Lösungsansätze überwiegend präventiv orientiert, sodass Maßnahmen damit fast ausschließlich zur Verhinderung von psychischen Störungen unter Psychotherapeuten dienen. Prävention ist zweifelsohne richtig und notwendig, doch reicht allein nicht aus, um die Missstände zu lösen. Eine große Problematik besteht darin, dass Betroffene Ihre psychischen Probleme aus Angst vor Stigmatisierung vertuschen und dadurch oftmals keine professionelle Hilfe erhalten. Veränderung sollte daher ganz besonders auf das bisherige Narrativ abzielen, dass es keine psychisch erkrankten Psychotherapeuten geben dürfe. Nach Meinung des Autors ist im Umgang mit der Problematik die weitreichende Aufklärung und Normalisierung psychischer Probleme unter Psychotherapeuten ein zentraler Ansatzpunkt. Ziel sollte dabei in erster Linie sein, einen offenen Austausch über die Thematik zu ermöglichen und zu fördern. Nur so können Stigmatisierungen Stück für Stück abgebaut werden. Außerdem sollte das Hilfsangebot, speziell für betroffene Psychotherapeuten, erweitert und ausgebaut werden. Insgesamt könnten die Entstigmatisierung und die bessere Erreichbarkeit von sinnvollen Hilfsangeboten die Hemmschwelle senken, sich bei Bedarf an professionelle Hilfe zu wenden.
1.2 Quellen
Literaturverzeichnis
Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. (2020).Approbationsordnung für Psychotherapeutinnen Psychotherapeuten (PsychThApprO),Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz.
Mental Health Foundation. (2016).Fundamental Facts about Mental Health 2016. Verfügbar unter: https://www.mentalhealth.org.uk/publications/fundamental-facts-about-mental-health-2016
Posluns, K. & Gall, T. L. (2020). Dear Mental Health Practitioners, Take Care of Yourselves: a Literature Review on Self-Care.International Journal for the Advancement of Counseling,42(1), 1–20. https://doi.org/10.1007/s10447-019-09382-w
Rupert, P. A. & Dorociak, K. E. (2019). Self-Care, Stress, and Well-Being Among Practicing Psychologists.Professional Psychology: Research and Practice,50(5), 343–350. https://doi.org/10.1037/pro0000251
Sydow, K. von. (2014). Psychotherapeuten und ihre psychischen Probleme. Forschungsstand zu einem Klischee.Psychotherapeut,59(4), 283–292. https://doi.org/10.1007/s00278-014-1056-2
Tay, S., Alcock, K. & Scior, K. (2018). Mental health problems among clinical psychologists: Stigma and its impact on disclosure and help-seeking.Journal of Clinical Psychology,74(9), 1–11. https://doi.org/10.1002/jclp.22614
Zolles, M. & Korunka, C. (2015). Die Rolle der Selbsterfahrung für die Entwicklung psychotherapeutischer Schlüsselkompetenzen.Psychotherapie Forum,20(3), 81–91. https://doi.org/10.1007/s00729-015-0044-5
2. Das Geschlechterparadoxon der Depression – was es uns lehrt
Kategorie:
- Klinische Psychologie (Psychologie)
- Gesundheitspolitik (Prävention und Gesundheitspsychologie)
2.1 Beitrag
Das Risiko in seinem Lebensverlauf mindestens eine depressive Störung zu entwickeln, liegt nach DSM-IV bei bis zu 30 %. (Beesdo-Baum & Wittchen, 2020, S. 1035) Obwohl Depressionen damit zu den weltweit häufigsten psychischen Erkrankungen überhaupt zählen, weist der bisherige Wissenstand noch immer enorme Lücken auf. Ein Mysterium, welches im Zusammenhang mit der Verteilung depressiver Störungen steht, ist das sogenannte Geschlechterparadoxon. Was hat es damit genau auf sich? Und welche Bedeutung hat das Phänomen für die Praxis?
Was ist das Geschlechterparadoxon?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Prävalenz von Depressionen in Deutschland nach Geschlecht, Alter und sozialem Status im Jahr 2011 (Quelle: Statista, 2022)
Wenn man sich mit der Verteilung der Depression auseinandersetzt fallen einem schnell einzelne Bevölkerungsgruppen ins Auge, die scheinbar besonders häufig betroffen sind. Neben einem niedrigen sozioökonomischen Status (SES) und der Adoleszenz bzw. dem jungen Erwachsenenalter, zählt ebenso das weibliche Geschlecht zu den Risikofaktoren für das Entwickeln einer depressiven Störung. (Caspar, Pjanic & Westermann, 2018, S. 59) Aus einer Studie des Robert-Koch-Instituts geht hervor, dass im Jahr 2011 in etwa 10,2 % der Frauen aber „nur“ 6,1 % der Männer eine Depression aufweisen. (Busch, Maske, Ryl, Schlack & Hapke, 2013) Damit scheinen Frauen fast doppelt so häufig an depressiven Störungen zu leiden wie Männer. Diese Information ist auch in den aktuellen Lehrbüchern fest verankert. Doch können die Ergebnisse tatsächlich so interpretiert werden?
Suizidrate im Vergleich
Suizidalität und Depression sind eng miteinander verknüpft - immerhin sind 60 % der Suizide auf eine primäre Depression der Betroffenen zurückzuführen. (Wolfersdorf, 2012, S. 284) Es liegt also nahe, dass die Selbstmordrate genauso wie die Depressionsrate bei Frauen deutlich höher ausfällt als bei Männern. Doch erstaunlicherweise ist hier genau das Gegenteil der Fall. Obwohl Frauen scheinbar doppelt so häufig depressiv sind, begehen Männer nahezu dreimal so häufig Suizid. (Neuner, Hübner-Liebermann, Hausner & Spießl, 2010, S. 42) Wie Abbildung 2 verdeutlicht, lässt sich diese Verteilung auch in Deutschland konsequent über die verschiedene Bundesländer hinweg beobachten. Wie ist das möglich?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2Selbstmordrate in Deutschland nach Bundesländern und Geschlecht im Jahr (Quelle: Statista, 2022)
Offensichtlich widerspricht sich die Datenlage zur Verteilung von Depressionen und Suiziden. Diese bizarre Diskrepanz wird deshalb in der Fachwelt auch als Geschlechterparadoxon bezeichnet. (Wüstel, 2018, S. 22)
Potenzielle Erklärungsansätze
Für das Zustandekommen des Geschlechterparadoxons gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Grundlage ist hier jeweils die Annahme, dass Männer mit Depressionen anscheinend häufig unentdeckt bleiben, also bildlich gesprochen durch das Raster fallen. (Staiger et al., 2020, S. 66) Welche Faktoren lassen sich ausmachen, die diese Unterdiagnostizierung begünstigen?
Geschlechtsrollenerwartungen
Ein ernstzunehmender Aspekt sind zunächst einmal die gender-spezifischen Rollenanforderungen, die den Handlungsspielraum der männlichen Bevölkerung stark einschränken. Laut stereotypischen Geschlechtsnormen sind Männer stets beherrscht, unabhängig und besonnen. Schon im Kindesalter werden Jungen mit Floskeln wie „Männer weinen nicht“ konfrontiert und verinnerlichen schnell, dass „Männer keine Schwäche zeigen“. (Vogel, Heimerdinger-Edwards, Hammer & Hubbard, 2011, S. 368–369) Hilfe zu suchen geschweige denn Beschwerden zu äußern ist daher für viele Betroffene kaum mit ihrem typisch männlichen Rollenverständnis zu vereinbaren. Ein generell gehemmtes Hilfesuchverhalten unter Männern könnte schließlich dazu führen, dass Betroffene weder diagnostiziert noch adäquat behandelt werden.
Die Männliche Depression
Ein weiterer Ansatz ist die These zur „männlichen Depression“. Diese sagt aus, dass sich Depressionen bei Männern oftmals durch nach außen gewendete Symptome bemerkbar machen, wodurch die Kardinalsymptome Niedergeschlagenheit, Erschöpfung, etc. verdrängt werden. Während also Aggression, Reizbarkeit, Feindseligkeit oder Substanzmissbrauch Hinweise auf eine männliche Depression sein können, überdecken diese externalisierenden Symptome gleichzeitig jene Symptome, die mit den Screeninginstrumenten untersucht werden. (Staiger et al., 2020, S. 66) Weiter wird diskutiert, dass betroffene Männer ihre Depressionen selten auf das Vorhandensein einer psychischen Störung zurückführen und eher äußere Gegebenheiten, z. B. zu viel Stress in der Arbeit, für ihre Beschwerden verantwortlich machen. (Staiger et al., 2020, S. 66)
[...]
1Fürsorgliche Haltung sich selbst gegenüber, um psychisches Wohlbefinden durch Selbstreflexion und förderliche Tätigkeiten aufrechtzuerhalten ( Posluns und Gall 2020, S. 4)
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- Daline Ostermaier (Autor), 2022, Journalistische Auseinandersetzung mit psychologischen Themen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1314026
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