Die Arbeit setzt sich mit dem beruflichen Lebensfeld in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung auseinander. Die Intention der Forschung ist es, die Lebensqualität von Menschen mit einer Beeinträchtigung zu verbessern, indem die ungefilterte Perspektive dieser Menschen als Fundament in den Mittelpunkt gestellt wird. Die Befragungen beziehungsweise Gespräche mit den Beschäftigten der Einrichtung sollen somit verschiedenste Aspekte des beruflichen Alltags offenlegen, und zwar vor allem persönliche Eindrücke sowie individuelle Bedürfnisse und Wünsche.
Aus diesen genannten Themen und Aspekten ergibt sich folgende Fragestellung: Wie zufrieden sind Menschen mit Behinderung mit dem Lebensbereich Arbeit? Welche Stellung hat dieses Thema in ihrem Lebensalltag und für Ihre Lebensqualität?
Die befragten Klientinnen und Klienten besitzen in der Regel einen Unterstützungsbedarf aufgrund einer vordergründig geistigen Beeinträchtigung im Zusammenhang mit möglichen sekundären Behinderungen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Darstellung und Entwicklung der Fragestellung
1.2 Einordnung der Fragestellung in den (aktuellen) theoretischen Diskurs
2 Methodik
2.1 Darstellung der Forschungsmethoden (Operationalisierung)
2.1.1 Form der Datenerhebung
2.1.2 Wahl der Transkriptionsregeln und der Auswertungsmethode
2.2 Einordnung der gewählten Forschungsmethode in die Sozialforschung
3 Hauptteil
3.1 Vorgehen im Forschungsprozess
3.2 Ergebnisse aus der Datenerhebung
3.2.1 Grundbedürfnis nach dem menschlichen Lebensfeld Arbeit
3.2.2 Kooperation innerhalb der gesamten Behindertenhilfe
3.2.3 Einschränkung der Selbstbestimmtheit durch den Marktwettbewerb
3.2.4 Wünsche und Bedürfnisse der Beschäftigten
3.2.5 Förderung der Beschäftigten durch die Mitarbeitenden der Werkstatt
3.2.6 Formen von Empowerment, durch gezielte pädagogische Maßnahmen
3.2.7 Soziale Teilhabe in Form einer Werkstatt für behinderte Menschen
3.2.8 Wertschätzung und Akzeptanz von Menschen mit Unterstützungsbedarf
3.3 Vergleich der eigenen Ergebnisse mit anderen Studien
3.3.1 Studie zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf
3.3.2 Repräsentativbefragung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
3.4 Reflexion des Forschungsprozesses und der Forschungssituation
4 Abschluss
4.1 Kontextualisierung der Ergebnisse mit dem theoretischen Diskurs
4.2 Konsequenzen für die Soziale Arbeit
4.3 Handlungsempfehlungen
4.4 Ausblick und Fazit
4.5 Abschlusszitat
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Sonstige Quellen
Anhang
Dokumente
Anschreiben Einrichtung
Konzepte
Interviewleitfaden
Transkripte
Einleitung
Abkürzungsverzeichnis
Interview 1
Interview 2
Interview 3
Auswertungsschritte
Offenes Kodieren
Axiales Kodieren
Selektives Kodieren
Ergebnisdarstellung
Tabellarische Darstellung
Visuelle Darstellung
Begriffsdefinitionen
1 Einleitung
1.1 Darstellung und Entwicklung der Fragestellung
Schon während meiner Ausbildung zum Sozialassistenten konnte ich erste praktische Erfahrungen in der Behindertenhilfe sammeln, welche ich durch mein Praxissemester noch weiter ausbauen durfte. Dieses habe ich in einer stationären Wohneinrichtung für Menschen mit (vordergründig) geistiger Behinderung absolviert. Für mein, im Zusammenhang mit dem Studium, durchzuführendes Forschungsprojekt, möchte ich mich auf das berufliche Lebensfeld, in einer Werkstatt für behinderte Menschen, fokussieren. Die Intention meiner Forschung ist die Lebensqualität von Menschen mit einer Beeinträchtigung zu verbessern, indem ich die ungefilterte Perspektive dieser Menschen, als Fundament meiner Forschung, in den Mittelpunkt stellen möchte (vgl. Flieger 2013, S. 163). Die geplanten Befragungen bzw. Gespräche, mit den Beschäftigten der Einrichtung, sollen somit verschiedenste Aspekte des beruflichen Alltags offenlegen, und zwar vor allem persönliche Eindrücke, sowie individuelle Bedürfnisse und Wünsche. Aus diesen genannten Themen und Aspekten ergibt sich folgende Fragestellung:
Wie zufrieden sind Menschen mit Behinderung mit dem Lebensbereich Arbeit? Welche Stellung hat dieses Thema in ihrem Lebensalltag und für Ihre Lebensqualität?
„Forschung zu Behinderung muss zur Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit Behinderung beitragen“ (ebd., S. 163).
„Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e.V. ist ein Verein von und für Menschen mit Lernschwierigkeiten“, indem nur „(…) Menschen mit Lernschwierigkeiten ein Stimmrecht (…)“ besitzen (Göthling, Schirbort 2011, S. 59). Ein grundlegendes Ziel dieser Vereinigung ist, „(…) den diskriminierenden Begriff ‚geistige Behinderung‘ abzuschaffen“ (ebd., S. 61). In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass meine Nutzung des Wortes Behinderung, wenn auch nicht in Form einer spezifischen geistigen Behinderung, keine abwertende Haltung und somit Stigmatisierung, gegenüber dieser Gesellschaftsgruppe, beinhaltet. Die Klientinnen und Klienten, welche ich befragen werde, besitzen in der Regel einen Unterstützungsbedarf, aufgrund einer vordergründig geistigen Beeinträchtigung, im Zusammenhang mit möglichen sekundären Behinderungen.
„Das Substantiv ‚Behinderte‘ in der Werkstättenfirmierung wurde schon in den 1990er-Jahren als herabsetzend empfunden, weil es den ganzen Menschen etikettiere und diskriminiere und nicht bestimmte Eigenheiten oder spezielle Merkmale beschreibe“ (Greving, Scheibner 2017, S. 111).
Hinsichtlich der geschlechtergerechten Schreibweise möchte ich, soweit möglich, geschlechterneutrale Formulierungen verwenden. Falls dies nicht möglich ist, werde ich beide Formen nennen.
1.2 Einordnung der Fragestellung in den (aktuellen) theoretischen Diskurs
In der Vergangenheit dominierte eine defizitäre Auffassung von Behinderung, welche diesen Begriff als Störung oder Problem deklarierte und muss somit „(…) heute mittels einer reflektierten ethischen Grundhaltung und sozialen Perspektive relativiert werden (…)“ (Röh 2018, S. 14). In der historischen Epoche des Mittelalters war der Umgang, mit der als Menschen mit Behinderung klassifizierten Personengruppe, von „(…) Stigmatisierung und Kontaktvermeidung (…)“ (ebd., S. 16) geprägt, welcher in besonderen Fällen die Aussonderung in sogenannten „(…) Narrenhäusern, Spitälern und Armenhäusern (…)“ (ebd., S. 16) zur Folge hatte. Zwar sind die in der Historie verankerten Umgangsweisen, mit diesen Menschen, nicht mehr aktuell, jedoch bestehen diese „(…) wenn auch (…)“ in „(…) abgeschwächter Form auch in Deutschland noch immer (…)“ (ebd., S. 16). Ab den 1890er Jahren erfolgte in Deutschland „(…) ein Aufbau von speziellen Einrichtungen für behinderte Menschen (…)“ (Aner, Hammerschmidt 2018, S. 69). Zudem waren im Nationalsozialismus, unterstützungsbedürftige Personen „(…) Opfer menschenverachtender medizinischer Experimente und eugenisch begründeter Verbrechen (…)“ (ebd., S. 69). Zwar ist eine positive Entwicklung, im Sinne der Partizipation, in der jüngeren Geschichte ersichtlich, jedoch stärken diese ehemaligen Verhältnisse die Intention meines Forschungsvorhabens. „Zum Jahresende 2019 lebten rund 7,9 Millionen schwerbehinderte Menschen in Deutschland.“ Laut dem Statistischen Bundesamt betrug der „(…) Anteil der schwerbehinderten Menschen an der gesamten Bevölkerung in Deutschland (…)“ zum Jahresende 2019 „(…) 9,5 % (…)“ und somit „(…) 1,8 % mehr als am Jahresende 2017 (…).“1
Eine rechtliche Grundlage, von hoher Priorität, im Themenbereich der Behindertenhilfe ist die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen, welche in Deutschland im Jahr 2009 ratifiziert wurde und somit auch die Bundesrepublik Deutschland politisch und rechtlich zu einer vollen Teilhabe, aller Menschen mit Behinderung, in den verschiedensten Lebensbereichen der Gesellschaft verpflichtet (vgl. Balz, Kuhlmann, Mogge-Grotjahn 2018, S. 86). Im 1. Artikel wird der Zweck dieser Übereinkunft betitelt, und zwar mit den Worten:
„Zweck dieses Übereinkommens ist es, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten (…)“ (Artikel 1 UN-BRK).
Für meinen Forschungsbericht ist vor allem der 27. Artikel dieser Vereinbarung essenziell, welcher das Recht von beeinträchtigten Menschen auf Arbeit und Beschäftigung definiert. In diesem stellen die Vertragsstaaten „(…) sicher, dass Menschen mit Behinderungen nicht in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden und dass sie gleichberechtigt mit anderen vor Zwangs- oder Pflichtarbeit geschützt werden“ (Artikel 27 Absatz 2 UN-BRK).2 Ebenfalls ist das deutsche Sozialgesetzbuch von bedeutender Relevanz, in dem das neunte Gesetzesbuch dieser Kodifikation die Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen beinhaltet. Als sozialpolitisches Ziel aller Teilhabeleistungen nennt § 1 des SGB IX die Förderung dieser klassifizierten Gesellschaftsgruppe, in Hinsicht der „(…) Selbstbestimmung (…)“, sowie der „(…) volle(n), wirksame(n) und gleichberechtigte(n) Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (…)“ (§ 1 SGB IX). Außerdem plädiert das SGB IX für eine kooperative Zusammenarbeit aller am Prozess beteiligten Leistungsträger, indem es „(…) Bestimmungen zur Zusammenarbeit der verschiedenen Leistungsträger untereinander sowie mit den Leistungserbringern (…)“ enthält.3 Im achten Paragrafen des SGB IX wird das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten dargelegt, in dem die verschiedenen „(…) Dienste und Einrichtungen (…) den Leistungsberechtigten möglichst viel Raum zu eigenverantwortlicher Gestaltung ihrer Lebensumstände (…)“ lassen, und somit „(…) ihre Selbstbestimmung (…)“ fördern (§ 8 Absatz 3 SGB IX). Das 10. Kapitel des neunten Sozialgesetzbuches definiert die konkreten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Diesbezüglich enthält § 56 die Leistungen in Werkstätten für behinderte Menschen, welche mit der Zielsetzung verbunden sind „(…) die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit der Menschen mit Behinderungen zu erhalten, zu entwickeln, zu verbessern oder wiederherzustellen, die Persönlichkeit dieser Menschen weiterzuentwickeln und ihre Beschäftigung zu ermöglichen oder zu sichern“ (§ 56 SGB IX). Zu einem ähnlichen Zeitpunkt, der „(…) Verabschiedung des Sozialgesetzbuches IX, ist auch die Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO) eingeführt worden, durch die die Beschäftigten deutlich mehr (und verbriefte) Rechte erhalten“ (Fornefeld 2013, S. 163). Diese im Jahr 2001 geschaffene Rechtsverordnung ist mit dem Ziel verbunden, als „(…) fest integriertes Gremium (…)“, die direkte Interessenvertretung und Mitwirkung der beeinträchtigten Menschen in allen Angelegenheiten der Werkstatt zu fördern.4 Zudem ist die Behindertenhilfe von rechtlichen Neuerungen durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) geprägt, welches „(…) den Umsetzungserfordernissen aus der UN-Behindertenrechtskonvention (2009) (…)“ nachkommt und somit „(…) die gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen“ (König, Wolf 2018, S. 5) stärken soll. In dieser Hinsicht ist somit auch eine Werkstatt für behinderte Menschen von einem dynamischen Entwicklungsprozess geprägt, welcher ebenfalls die Umsetzung von Forderungen seitens der Behindertenverbände beinhaltet, und zwar mit dem Fokus auf der stärkeren Priorisierung der Bedürfnisse von beeinträchtigten Menschen. Seitdem Jahr 2017 hat dieses Reformvorhaben Gesetzeskraft (vgl. ebd., S. 5 f.).
Laut einer Mitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 26. Mai 2020 sind Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt deutlich unterrepräsentiert. Im Vergleich zu nicht beeinträchtigten Menschen, von denen im Jahr 2017 65 Prozent einer Beschäftigung nachgingen, lag der Anteil von berufstätigen behinderten Menschen bei 30 Prozent.5 Dieses Verhältnis besteht trotz des, im SGB IX, verankerten Anspruchs aller Personen, die „(…) wegen Art und Schwere einer Beeinträchtigung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein (…)“ können, „(…) auf Teilhabe am Arbeitsleben in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen“ (Röh 2018, S. 123 f.). In der Bundesrepublik Deutschland gibt es um die 700 Werkstätten, in denen zum Beispiel im Jahr „(…) 2014 ca. 265.000 Personen beschäftigt waren“ (ebd., S. 125). Daraus resultierend, haben diese Einrichtungsformen der Behindertenhilfe ihren Fokus auf der beruflichen Rehabilitation, und sind somit „(…) keine Erwerbsbetriebe, sondern (…)“ gelten „(…) als Eingliederungseinrichtungen (…)“ des „(…) umfassenden Systems der beruflichen Rehabilitation in der Bundesrepublik Deutschland.“
„Nicht die private Gewinnerwartung, Kapitalverwertung, Warenproduktion oder das wirtschaftliche Ergebnis stehen im Vordergrund, sondern die regionale Versorgung behinderter erwachsener Menschen (…).“6
Die hier aufgezeigten Informationen resultieren aus einem Internetartikel der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e.V., welche in Form eines „(…) eingetragene(n) gemeinnützige(n) Verein(s) (…)“, der „(…) am 18. Juni 1975 in Bonn (…)“ gegründet wurde, als „(…) als bundesweite Interessenvertretung der Werkstätten (…)“ fungiert.7 Innerhalb einer Werkstatt für behinderte Menschen werden durch den „(…) so genannte(n) sozialen Fachdienst (…)“, in dem verschiedene Berufsgruppen, wie zum Beispiel „(…) Sozial- und Heilpädagogen, Sozialarbeiter, Ergotherapeuten (…)“ und weitere Fachkräfte tätig sind, „(…) individuelle Förderpläne, die unterschiedliche pädagogische oder therapeutische Angebote enthalten“ (Fornefeld 2013, S. 165), entwickelt.
„Ziel der Werkstatt ist die Entwicklung der individuellen Leistungsfähigkeit der Erwachsenen“ (ebd., S. 165).
Durch diese aufgezeigten personenzentrierten Maßnahmen, werden somit die Teilhabe am Arbeitsleben und der Gemeinschaft, durch die beeinträchtigten Menschen, gefördert, sowie sichergestellt (vgl. ebd., S. 165). Im Rahmen des sogenannten Hilfeplanverfahrens ist vor allem der persönliche und somit notwendige Unterstützungsbedarf, im Zusammenhang mit dem Instrument der Bedarfsermittlung, grundlegend für eine Teilhabe in diesem Lebensbereich bzw. dieser Lebenswelt (vgl. Weber 2013, S. 169). Diese berufliche Teilhabe kann als Grundbedürfnis, eines jeden Menschen, angesehen werden und stellt eine Möglichkeit zur Verwirklichung dar. Außerdem ist diese Form der Teilhabe eine wesentliche Stütze für die soziale Integration, wie zum Beispiel in Form der Werkstattgemeinschaft (vgl. Röh 2018, S. 119). Ein jedoch aufzuzeigender negativer Aspekt, ist die Isolation der stigmatisierten Menschen in diese spezielle Einrichtungsform, für lediglich diese gesellschaftlich klassifizierte Gruppe, und somit eine gewisse Exklusion bzw. Segregation, in Hinsicht des gesellschaftlichen Lebensbereiches Arbeit (vgl. Feuser 2015, S. 42).
„Durch ihre Arbeit fühlt sie sich erwachsen und sozial anerkannt, auch wenn die Büroarbeit nicht ihrem ‚Traumjob‘ entspricht“ (Fornefeld 2013, S. 158).
Zum Ende der Darlegung des aktuellen Diskurses, möchte ich noch kurz auf das revolutionäre Forschungsfeld der Disability Studies eingehen (vgl. Dederich 2007, S. 17). Laut diesem neuen Verständnis von Behinderung ist kein Mensch zwangsläufig aufgrund der gesundheitlichen Situation behindert, sondern wird durch ein gesellschaftliches Konstrukt, aus verschiedenen Arten von umweltlichen Barrieren, in seiner Partizipation eingeschränkt. Das aus diesem Ansatz resultierende soziale Modell von Behinderung, welches als Fundament der Disability Studies angesehen wird, steht im Kontrast zu den traditionellen Rehabilitationswissenschaften und dem medizinischen Modell (vgl. Waldschmidt 2007, S. 57). Durch meine direkten Befragungen, in einer Werkstatt für behinderte Menschen, möchte ich dem Leitsatz der Disability Studies „(…) ‚Nichts über uns ohne uns‘ (…)“ (Hermes, Rohrmann 2006, S. 7) folgen und die möglichst ungefilterte Perspektive der unterstützungsbedürftigen Menschen darlegen.
„Das heißt, das Problem Behinderung ist nicht mehr an individuellen Eigenschaften eines Menschen festzumachen, sondern an nicht gewährter Unterstützung, die eine soziale Ausgrenzung zur Folge haben kann“ (Stein 2008, S. 357).
2 Methodik
2.1 Darstellung der Forschungsmethoden (Operationalisierung)
2.1.1 Form der Datenerhebung
„Insbesondere Leitfaden-Interviews haben größere Aufmerksamkeit erfahren und werden im breiten Maß angewendet. Diese Aufmerksamkeit ist von der Erwartung bestimmt, dass in der relativ offenen Gestaltung der Interviewsituation die Sichtweisen des befragten Subjekts eher zur Geltung kommen (…)“ (Flick 2017, S. 194).
Aufgrund der prägenden Intention meines Forschungsvorhabens, die individuelle Perspektive der Beschäftigten möglichst transparent darzulegen, habe ich mich dafür entschieden, die Generierung der zu analysierenden Daten durch leitfadengestützte Einzelbefragungen zu verwirklichen. Dabei wird der, zuvor erstellte, Fragenkatalog als Orientierungshilfe genutzt, kann aber personenzentriert angepasst und situationsadäquat verändert werden. In diesem Zusammenhang möchte ich eine hohe Validität gewährleisten, und somit die Perspektive der befragten Menschen nicht durch meine Auffassung oder Prägung verfälschen (vgl. ebd., S. 492 f.). Von dieser aufgezeigten Position ausgehend, „(…) wird die Frage der Validität von qualitativer Forschung zu einer Frage, inwieweit die Konstruktionen des Forschers, in den Konstruktionen, die er untersucht hat, begründet sind (…)“ (ebd., S. 493).
2.1.2 Wahl der Transkriptionsregeln und der Auswertungsmethode
Nach der grundlegenden Informationsbeschaffung, über die Möglichkeiten der verschiedenen Transkriptionsregeln, habe ich mich für die wörtliche Transkription entschieden. Mein ausgewähltes Regelsystem, an dem ich mich orientieren werde, kommt aus der Kategorie der einfachen Transkriptionsarten und beruht auf den Regeln von Thorsten Dresing und Thorsten Pehl. Dieses Regelsystem findet häufige Anwendung in der qualitativen Forschung, und zwar vor allem an Hochschulen.8 Somit findet zum Beispiel eine Glättung der Umgangssprache, sowie von Dialekten statt und die Priorität liegt auf dem semantischen Inhalt des Gespräches (vgl. Dresing, Pehl 2018, S. 17).
Eine wichtige Grundhaltung, bei der Erstellung von Transkriptionen, ist die Erkenntnis, dass eine Person, die „(…) mit Transkripten arbeitet (…) sich im Vorfeld bewusst sein (…) sollte (…), dass eine Transkription nie die Gesprächssituation vollständig festhalten kann“ (Dresing, Pehl 2018, S. 16 f.). In dieser Hinsicht möchte ich die Transformation der verbalen Aussagen in die Schriftform, authentisch gestalten und somit die originalen Aussagen möglichst unverändert transkribieren.
„Transkription (lat. transcribere ‚umschreiben‘) bedeutet das Übertragen einer Audio- oder Videoaufnahme in eine schriftliche Form“ (ebd., S. 16).
Die daraufhin folgende Auswertung der Daten, orientiert sich an der Forschungsmethodologie von Barney G. Glaser und Anselm L. Strauß, welche als Grounded Theory bezeichnet wird (vgl. Equit, Hohage 2016, S. 11). Das folgende Zitat, aus dem Handbuch über die Grounded Theory, fasst die grundlegende Vorgehensweise, relativ kompakt, zusammen:
„Im Mittelpunkt des Kodierens steht die Entwicklung von Verbindungslinien zwischen Phänomenen im Untersuchungsfeld einerseits, und der sich sukzessive herausbildenden Grounded Theory andererseits“ (ebd., S. 13).
Dabei sollen gemeinsame Anknüpfungspunkte und Kausalitäten gefunden werden, um ein Netzwerk an Kategorien zu erstellen, indem zu Beginn der Datenanalyse, durch das offene Kodieren, eine Untergliederung erster theoretischer Abstraktionen ermöglicht wird. Darauffolgend besteht der nächste Schritt aus dem axialen Kodieren, welcher die Kategorisierung weiterentwickelt, um die Intensität der Kontextualisierungen zu verstärken.9 Im letzten Schritt der Kodierung werden die, durch das axiale Kodieren, herausgebildeten Achsenkategorien, durch das als selektive Kodieren bezeichnete Vorgehen, so verknüpft, dass sich sogenannte Kernkategorien herauskristallisieren. Das Endresultat ist die, schrittweise erfolgte, Kodifizierung des erhobenen Datenmaterials, um breitgefächerte Oberthemen zu generieren.10
2.2 Einordnung der gewählten Forschungsmethode in die Sozialforschung
„Sozialforschung ist die systematische Analyse von Fragestellungen unter Einsatz von empirischen Methoden (z. B. der Befragung, Beobachtung, Datenanalyse etc.) (…)“ (Flick 2016, S. 15).
Dieser Forschungsbereich kann in zwei Kategorien untergliedert werden, welche als quantitative und qualitative Forschung deklariert werden können. Die Datenerhebung bei einer quantitativen Forschung erfolgt in der Regel standardisiert, wobei ein mögliches Ideal die Messung in der Naturwissenschaft ist. Zudem ist die quantitative Forschung auf die Generierung von Zahlenwerten ausgerichtet, um eine statistische Analyse zu ermöglichen (vgl. ebd., S. 22 ff.). Daraus resultiert als Ziel dieser Forschungsmethode, das Erhalten „(…) generalisierbare(r) Ergebnisse (…)“, wobei der „(…) einzelne Untersuchungsteilnehmer (…) entsprechend nicht als Subjekt (…)“ (ebd., S. 23) interessiert. Im Kontrast dazu orientiert sich die qualitative Forschung nicht an einer Standardisierung des Umfeldes der Datenerhebung, sondern versucht stattdessen „(…) wenige Fälle nach Ihrer Relevanz (…)“ (ebd., S. 23 f.) einzubeziehen. Somit wird die „(…) Datenerhebung (…) offener gestaltet und zielt auf ein umfassenderes Bild ab (…)“ (ebd., S. 24). Aufgrund der hohen Priorität der Individualität des menschlichen Subjektes, in meinem Forschungsvorhaben, habe ich mich für die qualitative Forschung entschieden. Denn meine Intention ist nicht eine standardisierte Messung, zum Beispiel mittels eines Fragebogens und daraus resultierender statistischer Analyse, sondern die möglichst transparente Darlegung der Eindrücke, Perspektiven und Bedürfnisse der befragten Personen. Denn bei den „(…) qualitativen Methoden (…)“ wird „(…) die Kommunikation des Forschers mit dem jeweiligen Feld und den Beteiligten zum expliziten Bestandteil der Erkenntnis (…)“ und nicht „(…) als Störvariable (…)“ angesehen, die „(…) so weit wie möglich (…)“ (Flick 2017, S. 29) vermieden werden soll. Außerdem kann das, durch mich initiierte, Forschungsvorhaben der praxisorientierten Forschung zugeordnet werden, und somit dem Kontext der Behindertenhilfe, da die Ergebnisse dieser angewandten Forschung nämlich „(…) auch für die Praxis und die Lösung von Problemen darin relevant (…)“ (Flick 2016, S. 16) sein sollen. Im Kontrast dazu kann meine Arbeit jedoch nicht der partizipativen Forschung zugeordnet werden, weil zum Beispiel die generierten Informationen nicht (unmittelbar) an die teilnehmenden Menschen mit Unterstützungsbedarf rückgemeldet werden (vgl. ebd., S. 16).
3 Hauptteil
3.1 Vorgehen im Forschungsprozess
Nach dem erfolgten Kontaktaufbau zur Leitungsebene und der daraus resultierenden Bestätigung zur Durchführung der Interviews, erfolgte die weitere Kommunikation über den Sozialdienst der Werkstatt. Die Voraussetzung war eine freiwillige Teilnahme, um eine offene Gesprächssituation zu ermöglichen und die Autonomie der unterstützungsbedürftigen Menschen zu wahren. Ebenfalls war es mir wichtig die Anonymität, und somit den Schutz der intimen Perspektiven und Informationen, zu gewährleisten, indem nicht nur die Identität der einzelnen Menschen, sondern auch der gesamten Einrichtung, nicht näher benannt werden. Dies wird durch eine Zensur sensibler Daten, beim händischen Niederschreiben der aufgenommenen Audiodateien, sichergestellt, um eine Schädigung der Teilnehmenden zu vermeiden (vgl. Flick 2016, S. 281). Ebenfalls war es mir wichtig sensible Themen emotional angemessen, sowie ohne lediglich mit dem Fokus auf die Datenerhebung, zu behandeln und somit die befragten Subjekte, während der Kommunikation über derartige Themen, nicht zu belasten (vgl. ebd., S. 287 f.). Während der Durchführung der Befragungen fand, wie schon aufgezeigt, eine individuelle Anpassung des Interviewleitfadens bzw. Fragenkataloges statt. Zwar erfolgten gezielte Nachfragen und leitende Maßnahmen der Gesprächsführung, durch meine Person, aber mir war es wichtig meine Interventionen auf ein bestimmtes Maß zu beschränken, und somit die Datenerhebung nicht durch meine subjektive Prägung, in Hinsicht des Gütekriteriums der Objektivität (vgl. Flick 2017, S. 499), zu beeinflussen. Jedoch gibt es auch in meinem Forschungsvorhaben eine ungleiche Verteilung der Macht, nämlich zwischen meiner Person als Forschenden und den befragten Menschen mit Behinderung (vgl. Flieger 2013, S. 154). Zum Beispiel lag es in meiner Hand den Interviewleitfaden zu erstellen, sowie die Transkriptionsart und die Auswertungsmethode auszuwählen.
„In der Forschung zu Behinderung sind Definitions- und Gestaltungsmacht charakteristischerweise in der Hand von WissenschaftlerInnen ohne Behinderungserfahrungen“ (ebd., S. 155).
Im Anhang sind die notwendigen Dokumente für den Kontaktaufbau zur Einrichtung, sowie der Interviewleitfaden hinterlegt. Auch die transkribierten Interviews, die Schritte der Auswertung nach der Grounded Theory und die Ergebnisdarstellung sind diesem beigefügt. Ebenfalls erfolgt eine kurze Definition wichtiger Begrifflichkeiten am Ende des Anhangs.
3.2 Ergebnisse aus der Datenerhebung
Im nun folgenden Abschnitt meines Forschungsberichtes, werde ich die Endresultate meiner Datenanalyse darlegen. In dieser Hinsicht werde ich mich, bezüglich der Untergliederung, an den, durch die Grounded Theory, generierten Kernkategorien orientieren.
3.2.1 Grundbedürfnis nach dem menschlichen Lebensfeld Arbeit
„Für mich ist es […] sehr wichtig, […], weil wenn ich keine Arbeit habe, fühle ich mich auch nicht richtig […] wohl“ (4.1. – Interview 2).
Diese Antwort des Beschäftigten zeigt die hohe Priorität des beruflichen Lebensfeldes, für seine Lebensqualität bzw. sein menschliches Wohlempfinden. Um dies weiter darzulegen, möchte ich ein Zitat aus dem ersten Interview anbringen, welches lautet: „‚[…] Arbeit nimmt einen […] gewissen Raum ein und die Leute kommen nicht wegen dem Geld hierher, […] nicht wegen der Arbeit, sondern wegen der Person, es wird auch mal länger geblieben, […], weil es einfach gebraucht wird!´“ (10.2. – Interview 1). Diese Aussage des Beschäftigten möchte aufzeigen, dass die berufliche Tätigkeit nicht lediglich aus finanziellen Gründen zum Lebensalltag gehört, wobei auch die Schließung der Werkstatt, aufgrund der Pandemie durch das Coronavirus (COVID-19), einige Indikatoren dafür liefert: „Auch gerade in Corona Zeiten […], war das ganz schlimm, die Leute waren zwei Monate zu Hause, (…). Die Leute sind teilweise verrückt geworden, die haben mich bald […] täglich angerufen […], nach dem Motto: ‚Wann dürfen wir wieder arbeiten? ´“ (10.2. – Interview 1). Laut dem Beschäftigten hat in dieser Zeit die Tagesstruktur gefehlt: „Dieses geregelte, ich gehe arbeiten und bin die meiste Zeit hier“ (10.2. – Interview 1). Ebenfalls beschreibt der gleiche Klient den hohen Faktor des Zugehörigkeitsgefühls, durch diese Einrichtungsform der Eingliederungshilfe, in Form von Normalität:
„Eine sehr hohe, die Leute gehen nicht […] wegen der Arbeit, hier arbeiten, sondern weil eine gewisse Person da ist, weil sie verstanden werden, weil Kollegen da sind, weil […] ja, man dazugehört, weil man […] Normalität hat“ (10.1. – Interview 1).
Um jedoch die Persönlichkeit des jeweiligen Individuums darzulegen, möchte ich ein Zitat der Klientin aus der dritten Befragung anführen: „Also, […] wenn ich mal sagen darf, […] wenn ich mal in Rente bin und ich hätte keine Arbeit, ich habe eigentlich immer Arbeit (…)“ (3.1. – Interview 3). Diese Darlegung wird mit der Äußerung abgeschlossen, dass die Klientin weitere Aktivitäten, mit anderen sozialen Kontakten oder auch betreuenden Mitarbeitenden, in den anderen Lebensbereichen durchführt (vgl. 3.1. – Interview 3).
3.2.2 Kooperation innerhalb der gesamten Behindertenhilfe
Die bereichsübergreifende Kooperation, aller Einrichtungen der Behindertenhilfe, ist ebenfalls ein Faktor von hoher Priorität. Der Grund dafür liegt in der Normalität der menschlichen Sozialisation, welche auch wie bei Menschen, die nicht dieser klassifizierten Gesellschaftsgruppe angehören, alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens miteinander verknüpft:
„Also, ich habe mal […], also wir hatten in der Schule mal ein Praktikum hier gemacht. Das allererste Praktikum war, da war, ich glaube ich […] in der Aktenvernichtung, ja […] hier in der Werkstatt. […] Da war auch meine ganze Schule mit der Klasse da (…)“ (1.1. – Interview 2).
In diesem Zitat wird von einem Praktikum in Kooperation mit der schulischen Institution berichtet. Dieses soll das Kennenlernen der verschiedenen Tätigkeitsbereiche ermöglichen, um eine möglichst selbstbestimmte Entscheidung treffen zu können. Nach dem erfolgten Praktikum berichtet der Klient von einem intensiveren Kennenlernen des Tätigkeitsbereiches seiner Wahl (vgl. Abschnitt 1 – Interview 2), mit dem Resultat, welches er mit den Worten, er habe sich „(…) irgendwann so gut gefühlt, hier in der Gärtnerei (…)“ (1.2. – Interview 2), beschreibt. Ein ähnliches Praktikum wird auch im dritten Interview beschrieben. Zudem berichtet die Beschäftigte davon, dass dieses Praktikum von jeder Person, die in diese Einrichtung der Behindertenhilfe kommt, absolviert werden muss. Jedoch konnte diese Person, laut eigener Aussage, ihre Wunschtätigkeit nicht aufnehmen, weil diese in einem anderen Bereich gebraucht wurde (vgl. Abschnitt 1 – Interview 3). Ein weiteres Beispiel für die Notwendigkeit der bereichsübergreifenden Kooperation, ist die eingeschränkte Selbstbestimmtheit im Zusammenhang mit den Arbeitszeiten, des Beschäftigten aus der zweiten Befragung, welche aus der Entfernung des Wohnortes und dem damit verbundenen Fahrdienst resultiert. In dieser Hinsicht äußert der Klient den Wunsch in die Nähe seiner Arbeitsstätte zu ziehen, und somit seine Teilhabe zu erweitern (vgl. Abschnitt 3 – Interview 2). Diesen beschreibt die Person am Ende des Interviews im achten Abschnitt: „Also, […] ich würde ja gerne hier […] auf dem Gelände, irgendwo wohnen, […] das ist mein Wunsch und […], dass ich hier wohne und […]“ (8.1. – Interview 2). An dieser Stelle möchte ich einen Vergleich mit dem Arbeitsweg der Klientin, aus der dritten Befragung, anführen, welche lediglich „(…) fünf Minuten mit dem Rad“ (Abschnitt Arbeitsweg – Interview 3) den Weg, zu Ihrer Arbeitsstelle, bewältigen muss.
3.2.3 Einschränkung der Selbstbestimmtheit durch den Marktwettbewerb
„[…] Wie gesagt, früher die Montage war anders, man hat Kugelschreiber montiert […] und zum Beispiel Schaumstoff für Autofirmen aus, […] so Schaumstoffmatten gedrückt. Die sind auch nicht mehr, die werden jetzt zum Teil […] im Gefängnis gemacht, weil […] die Arbeitskraft billiger ist, wie wir“ (3.1. – Interview 1).
Die beeinträchtigte Person, welche auch im Werkstattrat fungiert, zeigt den Konkurrenzkampf der Werkstatt mit anderen Unternehmen im Marktwettbewerb auf. In diesem Zusammenhang beschreibt er die Abwanderung von Aufträgen, in eine andere Einrichtung, aufgrund der kostengünstigeren Produktion. Ebenfalls geht er auf die Werkstatt als wirtschaftliches Unternehmen ein, nämlich in der Hinsicht, dass diese Löhne und weitere Kosten zahlen muss. Er zeigt auf, dass es staatliche Zuschüsse gibt, aber diese, seiner Auffassung nach, lediglich einen kleinen Teil der Ausgaben abdecken (vgl. 3.1. – Interview 1). Dies fasst er durch die Aussage zusammen, dass man „(…) also auch als Werkstatt, […] ja, im Marktwettbewerb bleiben (…)“ (3.1. – Interview 1) muss . Darauffolgend beschreibt das Mitglied des Werkstattrates mögliche Folgen dieser wirtschaftlichen Ausrichtung, mit den Worten: „Wir müssen manchmal Arbeiten verrichten, […] wo ich mir denke: ‚LEUTE HABT IHR SIE NOCH ALLE, dass wir das machen müssen! ´“ (5.1. – Interview 1). Diese werden, in seiner folgenden Aussage, zwar verrichtet, aber dies lediglich um weitere Aufträge durch den Kunden zu sichern (vgl. 5.2. – Interview 1).
„Das haben wir eigentlich nur für den Kunden gemacht, weil […] der uns immer Aufträge gibt und da haben wir gesagt: ‚Gut! Dann beißen wir halt in den sauren Apfel und um den Kunden zu halten, machen wir DAS AUCH NOCH! ´“ (5.2. – Interview 1).
3.2.4 Wünsche und Bedürfnisse der Beschäftigten
Im achtzehnten Abschnitt des ersten Interviews berichtet der Beschäftigte über seine Funktion als Teil des Gremiums des Werkstattrates, indem er seinen Aufgabenbereich darlegt, welcher „(…) alle Belange der Werkstatt (…)“ betrifft und somit „(…) auch […] finanziell, also wenn der Lohn geändert wird, […], wenn irgendetwas geändert wird (…)“ muss er laut „(…) Mitwirkungsverordnung (…) darüber informiert werden (…)“ und hat „(…) auch ein Mitspracherecht (…)“ (18.1. – Interview 1). Außerdem kritisiert dieser Beschäftigte den Personalschlüssel des Werkstattrates, mit der Begründung, dass manche beeinträchtigte Menschen, aufgrund von teilweise introvertierten Zügen, mehr Betreuungszeit benötigen, um deren Bedürfnisse und Perspektiven zu vertreten (vgl. 18.1. – Interview 1). In Hinsicht der weiteren Wünsche und Bedürfnisse möchte ich noch auf den ersten Abschnitt des ersten Interviews eingehen. In diesem beschreibt der Klient einen Tätigkeitswechsel, aufgrund körperlicher Gründe, mit den Worten: „(…) das ging, ja, […] aus klimatischen Gründen (…) ging das nicht mehr, […] wir haben es in der Gärtnerei immer sehr heiß und sehr kalt“ (1.1. – Interview 1). Daraufhin beschreibt der Beschäftigte die darauffolgende Tätigkeit „(…) in Form von am Computer sitzen, Logistiksachen machen […], Listen erstellen (…)“ (2.1. – Interview 1), welche er als sehr unangenehm beschreibt (vgl. 2.1. – Interview 1). Im Vergleich dazu, berichtet diese Person, ebenfalls, von einer individuellen bzw. personenzentrierten Anpassung der Arbeitszeiten, weil er „(…) es einfach körperlich nicht mehr (…)“ (8.1. – Interview 1) schafft. Der Klient hat somit nicht die reguläre Arbeitszeit, sondern seine wöchentliche Arbeitszeit ist um eine Stunde verkürzt (vgl. 8.1. – Interview 1).
3.2.5 Förderung der Beschäftigten durch die Mitarbeitenden der Werkstatt
Im siebten Abschnitt des ersten Interviews beschreibt der Klient „(…) einen speziellen Tisch (…)“, der ihm die Arbeit erleichtert, sodass er trotzdem „(…) zum gleichen Ergebnis“ (7.1. – Interview 1) kommt. Zudem tätigt er die Aussage, dass es auch Mitarbeitende gibt, die derartige Hilfsmittel bauen (vgl. 7.2. – Interview 1). Im Kontrast dazu, gibt es jedoch, laut seiner Aussage, einen zu geringen Personalschlüssel (vgl. Abschnitt 13 – Interview 1). Dies wird durch die Worte begründet, dass die betreuenden Personen „(…) logistische Sachen machen (…)“ müssen, wie „(…) zum Beispiel LKW abladen (…)“ (13.1. – Interview 1).
„In dem Moment, in dem ICH SIE BRAUCHE, sind Sie nicht da!“ (13.1. – Interview 1).
Zudem begründet der Beschäftigte dieses Problem weitergehend mit dem Sachverhalt, dass den beeinträchtigten Personen nicht genügend neue Kompetenzen vermittelt werden können (vgl. 13.3. – Interview 1). Um ein Beispiel für die Priorität der Kompetenzerweiterung, durch die pädagogischen Fachkräfte, zu nennen, möchte ich auf den sechzehnten Abschnitt dieser Befragung eingehen und ein Resultat durch den Sozialdienst der Einrichtung darlegen, welcher laut dem Befragten „(…) eben, […] wie soll ich sagen, auch mal vermitteln muss, […] ja, wenn es da irgendwie knirscht“ (16.1. – Interview 1) oder die Leute in der Hinsicht schulen muss, dass diese „(…) gut trainiert sind (…)“ und gelernt haben, mit konfliktbehafteten Situationen „(…) selbstständig umzugehen (…)“ (16.2. – Interview 1). Diese essenzielle Betreuung, mit dem Ziel eines konfliktfreien sozialen Umfeldes, wird durch folgendes Zitat aus dem sechzehnten Abschnitt nochmals zentralisiert:
„Es wird gemobbt, […] es gibt hier nichts, was […] man beschönigen könnte. Es gibt hier alles, was es im normalen Leben auch gibt“ (16.3. – Interview 1).
Zudem beschreibt dieser Interviewpartner nochmals den Tätigkeitswechsel aus körperlichen Gründen (vgl. 1.1. – Interview 1), welcher ohne „(…) Umschulung in dem Sinne (…)“ und dem persönlichen Gefühl, welches er mit den Worten „(…) entweder du schwimmst oder du gehst unter!“ (17.1. – Interview 1) beschreibt, stattgefunden hat. Diese psychische Belastung, welche er wiederum mit den Worten „(…) man musste ja, […] irgendwie Geld verdienen […] oder die Seele, ja […] die Gefühlswelt ist ja auch noch da!“ (17.2. – Interview 1) beschreibt, musste daraufhin durch persönliche Hilfe kompensiert werden (vgl. 17.3. - Interview 1). Eine weitere wichtige Form der individuellen und somit personenzentrierten Förderung beschreibt der Beschäftigte aus dem zweiten Interview, welcher bei der Urlaubsplanung von den Mitarbeitenden der Einrichtung unterstützt werden muss, um seine Beeinträchtigung zu kompensieren (vgl. Abschnitt 5 – Interview 2).
3.2.6 Formen von Empowerment, durch gezielte pädagogische Maßnahmen
„Es gibt festgeschriebene […] Schulungen, wir müssen zum Beispiel Brandschutzschulungen machen, […] Hygieneschulungen auf jeden Fall, [unv.], da werden wir beschult“ (11.1. – Interview 1).
Eine weitere Fortbildungsmaßnahme, welche von dieser Person beschrieben wird, findet in dem Sinne statt, „(…) dass die Polizei (…) kommt (…)“ (11.1. – Interview 1), um die Beschäftigten der Werkstatt im Umgang mit Kriminalität zu fördern (vgl. 11.1. – Interview 1). Zudem gibt es weitere Fortbildungen, wie zum Beispiel eine „(…) Ernährungsberatung (…)“ (11.1. – Interview 1). Ebenfalls beschreibt dieser Beschäftigte eine Schulung im Umgang mit einem Hubwagen, bei dem „(…) die Leute einen richtigen Führerschein für machen“ (11.2. – Interview 1). Diese pädagogische Maßnahme findet sich ebenfalls in der beruflichen Biografie des zweiten Befragten wieder, welche durch verschiedene Prüfungsfragen zur autonomen Nutzung dieses Arbeitsgerätes führt (vgl. Abschnitt 2 – Interview 2). Um diesen Teil der Auswertung mit einem Nachweis der Kompetenzförderung, durch die aufgezeigte Brandschutzschulung (vgl. 11.1. – Interview 1), abzuschließen, möchte ich ein Zitat aus der dritten Befragung anbringen. Dieses beruht auf einem Brand in einer Abteilung der Werkstatt für behinderte Menschen (vgl. Abschnitt 5 – Interview 3) und zeigt das geschulte Verhalten im Fall eines Brandes auf: „Wenn es mal […] brennt, […] müssen wir ja da hinten auf die Wiese, […] Sammelplatz, […] ja“ (5.1. – Interview 3). Weitere Formen der Wissenserweiterung sind die begleitenden Maßnahmen innerhalb der Einrichtung, in Form von „(…) Lese- und Schreibkurse(n) oder […] ja, walken gehen und so weiter, je nachdem was man so braucht“ (12.1. – Interview 1), welche in der gegenwärtigen Situation, der Befragungen, leider zum größten Teil nicht stattgefunden haben (COVID-19) (vgl. 12.1. – Interview 1).
3.2.7 Soziale Teilhabe in Form einer Werkstatt für behinderte Menschen
„Ja natürlich […] und gerade wegen den Freundschaften, geht man ja in die […] Werkstatt. [unv.] Man geht nicht […], das ist nicht der Geldkonsum, […] ich darf ja wieder mit dem und dem arbeiten oder (…) DAS WIRD JA GEWOLLT!“ (14.1. – Interview 1).
Diese Form der sozialen Teilhabe, zwischen den Beschäftigten in einer Werkstatt für behinderte Menschen, wird, in Form von „(…) kleine(n) Tagesausflügen, wo man wirklich nur mit der Abteilung wegfährt (…)“ (15.1. – Interview 1), gefördert und somit auch durch gezielte Interventionen gestärkt. Die Befragungen aus dem zweiten Interview können Anreize für derartige Fördermaßnahmen liefern. Mit den Worten „(…) wir reden nicht so viel zusammen, […] die Kollegen und ich (…)“ (6.1. – Interview 2) zeigt der Klient aus dem zweiten Interview auf, dass die soziale Interaktion eher gemindert ist (vgl. 6.2. – Interview 2). Zudem berichtet der Beschäftigte von Konflikten zu Beginn seines Berufseinstieges, in der Hinsicht, dass es „(…) am Anfang (…) schon […] sehr extrem“ (7.1. – Interview 2) war und die Kolleginnen und Kollegen bestimmen wollten, was dieser zu tun hatte (vgl. 7.1. – Interview 2). Einen weiteren Faktor, für die mögliche Priorität der personenzentrierten Förderung von Sozialkontakten, liefert das dritte Interview, in dem von wenigen engeren Beziehungen berichtet wird (vgl. Abschnitt 4 – Interview 3).
„Ich geh nicht wegen der Arbeit hierher, […] ich gehe hierher, […], weil es mir gefällt […] und nicht wegen, ich muss ja arbeiten, um Geld zu verdienen. Das ist es nicht!“ (10.2. – Interview 1).
3.2.8 Wertschätzung und Akzeptanz von Menschen mit Unterstützungsbedarf
In dem ersten Interview äußert sich der Befragte in Hinsicht der fehlenden Aufklärung der Gesellschaft, über den beeinträchtigten Personenkreis (vgl. Abschnitt 6 – Interview 1). In diesem Zusammenhang ist er der Meinung, dass die Menschheit wissen muss, „‚(…) was in Werkstätten passiert (…)‘“ und darüber aufgeklärt werden muss, „‚(…) dass die Leute, die hier arbeiten, eine gute Arbeit machen (…)‘“ und diese sollte auch „‚(…) verdammt nochmal gut bezahlt werden, ENTSCHULDIGUNG´“ (6.1. – Interview 1).
„[…] Und darum setze ich mich dafür ein, dass immer mehr Menschen mitkriegen, was da passiert! […]“ (6.2. – Interview 1).
Im neunten Abschnitt, des hier beschriebenen Interviews, tätigt die befragte Person zudem eine Aussage über die Mitarbeitenden im pflegerischen, sowie sozialen Bereich. Er zeigt auf, dass es aus seiner Perspektive ein wichtiger Ansatz wäre, diese Berufsgruppe auch durch eine angemessene Entlohnung wertzuschätzen (vgl. Abschnitt 9 – Interview 1). Als Argument dafür, betitelt er diesen Tätigkeitsbereich als „(…) hochprofessionell (…)“, welcher „(…) aber, ENTSCHULDIGUNG, scheiße bezahlt!“ (9.2. – Interview 1) wird.
3.3 Vergleich der eigenen Ergebnisse mit anderen Studien
3.3.1 Studie zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf
Um mein Forschungsprojekt mit anderen Ergebnissen zu vergleichen, möchte ich eine Studie der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e.V. (BAG WfbM) aufzeigen. Die „(…) Mitglieder der BAG WfbM sind Träger von Eingliederungseinrichtungen, insbesondere von Werkstätten, Förderstätten und Inklusionsbetrieben.“11 Diese Arbeitsgemeinschaft hat die „Studie zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf“ durchgeführt. Der weitere Teil des offiziellen Titels lautet „Umsetzung des Wunsch- und Wahlrechts verursacht keine Mehrkosten“, welches somit nicht durch den Faktor der wirtschaftlich verwertbaren Arbeitskraft eingeschränkt werden sollte. Die Studie möchte zudem aufzeigen, dass der Nährwert der Teilhabe am Arbeitsleben über den finanziellen Aspekt hinausgeht und vor allem „Wertschätzung, Selbstbestimmung, Anerkennung (…)“, sowie „(…) die Befähigung zu einem möglichst selbstbestimmten Leben und der Teilhabe an der Gesellschaft (…)“ beinhaltet.
„Die BAG WfbM ist der Überzeugung, dass die Wünsche und Ziele der Menschen ausschlaggebend sein sollten.“12
Die grundlegenden Ergebnisse, dieser Forschungsarbeit, können als teilweise kongruent mit meinen Ergebnissen bezeichnet werden. Auch meine Datenauswertung zeigt auf, dass die Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben, sowie die darin enthaltene soziale Gemeinschaft, über den finanziellen Aspekt hinausgehen kann (z. B. vgl. Abschnitt 10 – Interview 1 / vgl. Abschnitt 14 – Interview 1). Zudem möchte ich, um einen weiteren Vergleich zu ermöglichen, ein Zitat wiedergeben, welches lautet: „(…) wenn ich keine Arbeit habe, fühle ich mich auch nicht richtig […] wohl“ (4.1. – Interview 2) und somit ebenfalls eine Form des, in der Vergleichsstudie, dargelegten Nährwertes aufzeigen. Ein weiteres Zitat, um diese Übereinstimmung zu bekräftigen, ist, dass die beeinträchtigten Menschen nicht nur wegen der Arbeit in diese Einrichtung gehen, sondern „(…), weil […] ja, man dazugehört, weil man […] Normalität hat“ (10.1. – Interview 1).
3.3.2 Repräsentativbefragung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
Zudem möchte ich noch ein anderes Forschungsprojekt in den Fokus nehmen, welches durch das Institut für angewandte Sozialwissenschaften (infas) in Bonn durchgeführt wird, und zwar im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). Die sogenannte „Repräsentativbefragung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“ möchte Daten, von den beiden gesellschaftlich klassifizierten Gruppen Menschen mit und ohne Behinderung, generieren und somit die Teilhabe von Menschen mit Unterstützungsbedarf in unterschiedlichen Lebensbereichen erforschen.13 Die Auswertung der erhobenen Daten soll im Jahr 2021 abgeschlossen sein.14 Mein Interesse für diese Form der Datenerhebung bekundet sich durch den direkten Vergleich dieser beiden Gesellschaftsgruppen, welcher es ermöglicht Teilhabebarrieren, im Sinne der gleichberechtigten Partizipation von Menschen mit Unterstützungsbedarf, zu erkennen und zum Beispiel die „(…) Barrierefreiheit im öffentlichen Raum (…)“ oder „(…) den Ausbau ambulanter Strukturen (…)“ (Köbsell 2012, S. 44) effizient zu fördern.
„Mit der sozialen Inklusion verbindet sich eine Vision – eine entfernte Zielvorstellung für eine Gesellschaft“ (Balz, Kuhlmann, Mogge-Grotjahn 2018, S. 13).
3.4 Reflexion des Forschungsprozesses und der Forschungssituation
Schon während der Kontaktaufnahme zur Einrichtung und der Vorstellung des Forschungskonzeptes wurde mir nahegelegt, den zu erforschenden Bereich stärker einzuschränken. Aus diesem Grund befinden sich im Anhang meiner Arbeit zwei Versionen des Anschreibens an die Einrichtung, sowie des Forschungskonzeptes. Dieser Ansatz ist ein, teilweise wiederkehrender Faktor, indem ich gerne weitere Themenbereiche, Inhalte und Ansätze, wie zum Beispiel den schulischen Lebensbereich oder den darauffolgenden Berufsbildungsbereich, hätte mit einfließen lassen, was aber aufgrund der Beschränkung des Textumfangs dieser Prüfungsleistung, sowie notwendigen Kürzungen, leider nur bedingt möglich war. Ebenfalls war es mir wichtig, Aspekte aus allen drei Befragungen zu berücksichtigen, um die Aussagekraft meiner Ergebnisse zu maximieren und eine gerechte Behandlung aller teilnehmenden Menschen zu gewährleisten (vgl. Flick 2016, S. 281). Jedoch in diesem Zusammenhang der qualitativen Forschung an das Gütekriterium der Reliabilität anzuknüpfen (vgl. Flick 2017, S. 489), wäre ein Widerspruch bezüglich der Individualität des menschlichen Daseins. Somit ist dieses „(…) Kriterium am aufschlussreichsten (…), wenn es nicht erfüllt ist“ (ebd., S. 490), was sich durch teilweise inkongruente Aussagen widerspiegelt. Um diese Auffassung weiter darzulegen, habe ich mich gegen die Aufstellung einer vorherigen Hypothese in meiner Forschungsarbeit entschieden, und somit versucht eine möglichst ungefilterte Datenerhebung zu erreichen. Zudem gab es aufgrund der Corona-Pandemie zeitliche Verzögerungen bei der Durchführung der Interviews, sowie besondere Umstände, die zu bewältigen waren. Des Weiteren möchte ich bei einem möglichen zukünftigen Forschungsvorhaben, basierend auf leitfadengestützten Interviews, die sprachliche Darlegung des Fragenkataloges nochmals deutlicher an die zu befragenden Menschen anpassen und somit von meinen Erfahrungen dieser Arbeit profitieren.
4 Abschluss
Im folgenden Teil meiner Forschungsarbeit werde ich meine, anhand der dargelegten Forschungsmethoden bzw. Ansätze, generierten Ergebnisse mit dem dargelegten theoretischen Diskurs verknüpfen. Darauf basierend werde ich Konsequenzen für das sozialarbeiterische Handlungsfeld darlegen und mögliche Handlungsempfehlungen aussprechen.
4.1 Kontextualisierung der Ergebnisse mit dem theoretischen Diskurs
Die historische Entwicklung der Behindertenhilfe möchte ich, an dieser Stelle, nicht weiter aufgreifen, sondern die aktuelle partizipative Situation darlegen und somit die individuelle Förderung beeinträchtigter Menschen, mit einem Bevölkerungsanteil von 9,5 Prozent im Jahr 2019,15 indem ich meine Ergebnisse mit dem zuvor dargelegten theoretischen Diskurs verknüpfe. Einsteigen möchte ich mit dem menschlichen Grundbedürfnis nach beruflicher Teilhabe, welche ein positives Empfinden (vgl. 4.1. – Interview 2), Zugehörigkeitsgefühl, Tagesstruktur, Normalität und auch soziale Teilhabe ermöglichen kann. Im ersten Interview zeigt der Klient deutlich, dass nicht die Entlohnung, sondern vor allem auch der soziale Kontakt und die Regelmäßigkeit des Tagesablaufes im Vordergrund stehen (vgl. 10.1. – Interview 1/vgl. 10.2. – Interview 1). Dies kann durch die Schließung der Werkstatt, in der Phase der Pandemie, nochmals verdeutlicht werden (vgl. 10.2. – Interview 1). In dieser Hinsicht möchte ich auf die Behindertenrechtskonvention verweisen, welche das Recht auf Teilhabe beeinträchtigter Menschen in allen Lebensbereichen enthält (vgl. Balz, Kuhlmann, Mogge-Grotjahn 2018, S. 86 f.). Die Auswertungsergebnisse meiner generierten Daten zeigen auf, dass die Umsetzung dieses Rechtes von hoher Priorität ist, und der Lebensbereich in einer Werkstatt für behinderte Menschen eine wichtige Form der Teilhabe darstellt. An dieser Stelle möchte ich jedoch verdeutlichen, dass die Priorität der beruflichen Lebenswelt, je nach Individualität des Menschen, eine relativ große Varianz aufweisen kann (vgl. 3.1. – Interview 3), aber jeder Person auch eine persönliche und individuelle Entfaltung in diesem Lebensbereich ermöglicht werden sollte. Jedoch zeigt die Mitteilung des Statistischen Bundesamtes auf, dass die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung, im Vergleich zu nicht beeinträchtigten Personen, eingeschränkt ist, und zwar trotz des im § 136 des SGB IX verankerten Rechtes „(…) auf Teilhabe am Arbeitsleben in (…) Werkstätten für behinderte Menschen“ (Röh 2018, S. 123 f.). Zudem wird die berufliche Teilhabe, durch die, zu einem gewissen Teil, wirtschaftliche Ausrichtung von Werkstätten für behinderte Menschen, in ihrer grundlegenden Selbstbestimmtheit eingeschränkt. Ein Befragter zeigt den Wettbewerb auf, um Aufträge durch verschiedene Unternehmen zu generieren, damit Löhne und weitere Kosten gezahlt werden können (vgl. 3.1. - Interview 1). Dies steht in einem gewissen Widerspruch zum Auftrag einer Wiedereingliederungseinrichtung, welcher die berufliche Rehabilitation enthält und somit nicht „(…) die private Gewinnerwartung, Kapitalverwertung, Warenproduktion oder das wirtschaftliche Ergebnis (…)“ im Vordergrund stehen sollen, sondern die Förderung der dort arbeitenden Menschen mit Unterstützungsbedarf, durch pädagogische Fachkräfte.16 Eine mögliche, aus diesem Sachverhalt resultierende Folge, ist die Unzufriedenheit der Menschen mit den auszuführenden Tätigkeiten (vgl. 5.2. – Interview 1). Zwar wird die Finanzierung dieser Einrichtungsform durch die Sozialhilfeträger bzw. Rehabilitationsträger unterstützt und somit die Refinanzierung durch Produktionseinnahmen gemindert, indem die verschiedenen „(…) Werkstätten (…) mittlerweile von einer 2-Säulen-Finanzierung getragen (…)“ (Röh 2018, S. 125) werden. Jedoch möchte ein Mitglied des Werkstattrates aufzeigen, dass der Staat lediglich „(…) den kleineren Teil (…)“ (3.1. – Interview 1) dazugibt. An dieser Stelle möchte ich nochmals auf das Ergebnis der Studie der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e. V. verweisen, und zwar auf die Aussage, dass die Wünsche und Ziele der Beschäftigten in einer derartigen Einrichtung, trotz wirtschaftlicher Faktoren, als Leitmaxime gelten sollten. In diesem Zusammenhang zeigt § 56 des SGB IX jedoch auch den deutlichen Auftrag dieser Einrichtungsform, „(…) die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit der Menschen mit Behinderungen zu erhalten, zu entwickeln, zu verbessern oder wiederherzustellen (…)“ (§ 56 SGB IX), welcher ebenfalls eine hohe Priorität darlegt und ein wichtiger Faktor für diese Art der Einrichtungen in der Behindertenhilfe ist. Zudem findet in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung, durch die Einführung der „(…) Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO) (…)“ (Fornefeld 2013, S. 163), eine direkte Einflussnahme auf die Gestaltung des Werkstattalltags statt. Durch diese Form der direkten Interessenvertretung kann wiederum die Selbstbestimmtheit und somit auch die Umsetzung von Wünschen und Bedürfnissen gefördert werden. Ein befragtes Mitglied dieser Institution beschreibt jedoch einen zu geringen Personalschlüssel, welcher zur Folge hat, dass nicht alle individuellen Bedürfnisse der Menschen, in einem angemessenen Rahmen, vertreten werden können (vgl. 18.1. – Interview 1). Dies steht im Kontrast zum achten Paragrafen des SGB IX, welcher das Wunsch- und Wahlrecht von Menschen mit Behinderung dargelegt, in dem die verschiedenen „(…) Dienste und Einrichtungen (…) den Leistungsberechtigten möglichst viel Raum zu eigenverantwortlicher Gestaltung ihrer Lebensumstände (…)“ (§ 8 Absatz 3 SGB IX) geben sollen.
Um jedoch das Feld der politischen und juristischen Ebene zu verlassen, möchte ich auf die direkten Maßnahmen der Fachkräfte eingehen. Ein Beispiel hierfür ist das durch den Sozialdienst der Werkstatt durchgeführte Sozialtraining, um eine gewisse Selbstständigkeit im Konfliktmanagement zu erreichen (vgl. Abschnitt 16 – Interview 1), welcher somit auch als Konfliktbegleiter angesehen werden kann. Durch diese gezielten pädagogischen Interventionen können Faktoren, wie das beschriebene Mobbing (vgl. 16.3. – Interview 1), kompensiert werden. Ebenfalls müssen psychische Belastungen durch personenzentrierte Hilfen gemindert werden (vgl. Abschnitt 17 – Interview 1), oder auch zum Beispiel Personen bei der Urlaubsplanung unterstützt werden (vgl. Abschnitt 5 – Interview 2). Dies geschieht durch die Mitarbeitenden der Einrichtung, und zwar durch deren pädagogischen Interventionen, welche durch die personenzentrierte Bedarfsermittlung erörtert werden (vgl. Weber 2013, S. 169). Die „(…) pädagogischen, therapeutischen, sozialen, psychologischen und pflegerischen (…)“ Dienste „(…) entwickeln zusammen individuelle Förderpläne, die unterschiedliche pädagogische oder therapeutische Angebote enthalten“ (Fornefeld 2013, S. 165). Die daraus entstehenden Arten von Pädagogik haben zum Beispiel das Endresultat des Empowerments (vgl. Röh 2018, S. 68), welches auch durch gezielte strukturierte Fortbildungsmaßnahmen erreicht werden kann. Beispiele hierfür sind die genannten Schulungen, welche zum Beispiel zur Autonomie im Umgang mit Arbeitsgeräten (vgl. 11.2. – Interview 1/vgl. Abschnitt 2 – Interview 2) oder dem Wissen über ein sicheres Verhalten im Brandfall (vgl. 5.1. – Interview 3) führen können. Ein weiteres Beispiel für ein Resultat der Tätigkeiten, durch die Mitarbeitenden in einer Werkstatt für behinderte Menschen, sind die in Eigeninitiative hergestellten Hilfsmittel, um den Arbeitsprozess für die unterstützungsbedürftigen Menschen zu vereinfachen (vgl. 7.1. – Interview 1/vgl. 7.2. – Interview 1). Um nun die Verknüpfung meiner Ergebnisse mit den theoretischen Annahmen abzuschließen, möchte ich auf den essenziellen Faktor der sozialen Teilhabe in einer Werkstatt für behinderte Menschen eingehen. Im Rahmen des ersten Interviews wird aufgezeigt, dass man „(…) gerade wegen den Freundschaften (…)“ (14.1. – Interview 1) und nicht wegen des finanziellen Erwerbs in eine Einrichtung dieser Art geht. Diese Form der sozialen Gemeinschaft wird wiederum durch gezielte pädagogische Interventionen, in Form von Maßnahmen des Beziehungsaufbaus gefördert (vgl. 15.1. – Interview 1). Dadurch können Konflikte vermieden und fehlende soziale Interaktionen (vgl. Abschnitt 6 – Interview 2/vgl. Abschnitt 7 - Interview 2/vgl. Abschnitt 4 – Interview 3), auf Wunsch, durch die (pädagogischen) Fachkräfte gefördert werden.
Durch diese verschiedenen Formen der positiven Einflussnahme auf die Lebensqualität behinderter Menschen können, nach den Vorstellungen der schon aufgezeigten Disability Studies, Barrieren der Teilhabe, nach dem Prinzip des sozialen Modells, beseitigt werden (vgl. Waldschmidt 2007, S. 57). Diese Formen der aufgezeigten Fördermaßnahmen werden jedoch, laut einer Aussage des Beschäftigten aus dem ersten Interview, durch einen zu geringen Personalschlüssel, seitens der Mitarbeitenden, gemindert (vgl. 13.1. – Interview 1) und es kann keine ausreichende Vermittlung neuer Kompetenzen erfolgen (vgl. 13.3. – Interview 1). Laut Anne-Dore Stein wird somit das Problem Behinderung nicht an den persönlichen Eigenschaften festgemacht, sondern an der fehlenden Unterstützung und daraus resultierender fehlender Partizipation (vgl. Stein 2008, S. 357). Außerdem beinhalten meine Ergebnisse auch das menschliche Bedürfnis nach Wertschätzung und Akzeptanz in der Gesellschaft (vgl. Abschnitt 6 – Interview 1). Dieser Wunsch, sowie dessen Umsetzung, ist ebenfalls in der Behindertenrechtskonvention verankert, und zwar in Form von „(…) Nichtdiskriminierung (…)“ und „(…) Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit (…)“ (Artikel 3 UN-BRK). Zwar gibt es durch die Befragungen auch Äußerungen, über Formen von Wertschätzungen der verschiedenen Berufsgruppen im Bereich der Behindertenhilfe, aber ich möchte meinen Fokus auf die unterstützungsbedürftigen Klientinnen und Klienten legen.
4.2 Konsequenzen für die Soziale Arbeit
Pädagogische Fachkräfte, wie zum Beispiel in Form von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, können auch als Sozialpolitiker an der Basis bezeichnet werden und „(…) erbringen sozialpolitische Leistungen“ (Fehmel 2019, S. 11). Jedoch ist diese Berufsgruppe nicht explizit in politische Entscheidungsfindungen und Gesetzgebungsprozesse eingebunden, kann aber durch die praxisbezogene Tätigkeitsausübung deutlich an der Verbesserung der Verhältnisse beitragen. Die Soziale Arbeit ist kurzgefasst „(…) eine personenbezogene soziale Dienstleistung, die im sozialstaatlichen Rahmen zur Bearbeitung sozialer Probleme eingesetzt wird (…)“ (Aner, Hammerschmidt 2018, S. 2). Aus diesem Zitat ergibt sich eine mögliche Grundintention sozialarbeiterischen Handelns und somit ist es die Aufgabe der Sozialen Arbeit, in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung, die berufliche Teilhabe und Rehabilitation sicherzustellen und in dieser Hinsicht „(…) keine Ausgrenzungen zu akzeptieren (…)“, sowie die „(…) Teilhabe an der Gesellschaft und Selbstbestimmung zu ermöglichen“ (Hähner 2016, S. 29). In diesem Zusammenhang ist der Handlungsspielraum in der Sozialen Arbeit durch die begrenzten Ressourcen eingeschränkt, und jede Hilfeform steht, laut Pierre Bourdieu, im Kontrast zur Auseinandersetzung mit verschiedenen Verwaltungsorganen (vgl. Balz, Kuhlmann, Mogge-Grotjahn 2018, S. 69). Pierre Bourdieu bezeichnet die „(…) Soziale Arbeit als Teilbereich der ‚linken Hand‘ des Staates, die zwar eine unterstützende und helfende, also positive Rolle spielt (…)“, aber „(…) aufgrund ihrer mangelnden materiellen Ressourcen ihre eigentlichen Aufgaben (…) nur sehr selten oder nur mit einem besonderen persönlichen Engagement bewältigen kann“ (ebd., S. 69). Jede Art der Intervention in der Sozialen Arbeit sollte sich an verschiedenen Leitkonzepten orientieren. Ein wichtiges Element ist zum Beispiel die Idee der Hilfe zur Selbsthilfe, welche eine der wichtigsten Handlungsmaxime dieses Berufszweiges ist und den Hilfeempfänger zur Autonomie anleiten soll (vgl. Aner, Hammerschmidt 2018, S. 3). Dies kann durch verschiedene Formen der pädagogischen Maßnahmen, mit dem schon aufgezeigten Ziel des Empowerments, erreicht werden. In diesem Zusammenhang möchte ich ein mögliches Orientierungsideal darlegen, welches auf dem Bildungsideal des preußischen Staatsmannes Wilhelm von Humboldt (1767-1835) beruht und Bildung als möglichst weitreichende Entfaltung des menschlichen Potenzials, in Form der selbstbestimmten und individuellen Entwicklungsmöglichkeiten, ansieht (vgl. Koller 2018, S. 11 f.). Somit sollte sich jede sozialpädagogische Intervention möglichst an den Bedürfnissen und Interessen des Individuums orientieren.
„Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung“ (Artikel 24 Absatz 1 UN-BRK).17
Um in jeglichen Formen der pädagogischen Maßnahmen ein effizientes Ergebnis zu ermöglichen, sind verschiedene Arten von primären Lernstrategien notwendig, welche an die Form der pädagogischen Maßnahme adäquat angepasst werden sollten, sowie auch an die individuellen (kognitiven) Fähigkeiten der Klientinnen und Klienten. Ein Beispiel hierfür liefert die kognitive Lernstrategie namens Wiederholungsstrategie, um Handlungskompetenzen zu verinnerlichen und das Wissen im Langzeitgedächtnis zu verankern. Um in dieser Hinsicht das Ziel des Lernerfolges zu gewährleisten und das Empowerment der teilnehmenden Personen möglichst zu maximieren, sind metakognitive Kontrollstrategien zur Überwachung des Lernerfolges und der Regulierung des Lernprozesses ebenfalls von hoher Priorität (vgl. Hofer, Pekrun, Wild 2001, S. 249). Im Kontrast zu den Primärstrategien, dessen Ziel die Kompetenzerweiterung durch Wissenserwerb ist, beinhalten die Sekundärstrategien die Optimierung und das Management verschiedener Arten von Ressourcen, innerhalb einer gezielten pädagogischen Maßnahme (vgl. ebd., S. 249 f.). In diesem Sinne möchte ich auf den Begriff der Didaktik verweisen, welcher die Theorie des organisierten Lehrens und Lernens, sowie des selbstständigen Lernens enthalten kann (vgl. Steinbacher 2015, S. 295). Ein Beispiel hierfür liefert der Ansatz einer konstruktivistischen Didaktik, mit einer Partizipation der teilnehmenden Menschen mit Unterstützungsbedarf „(…) an der Auswahl von Zielen, Inhalten, Methoden und Beziehungen (…)“ (Reich 2016, S. 183). Eine mögliche These hierfür liefert der Gedanke, dass die Vorerfahrungen und persönlichen Perspektiven, der Beschäftigten in einer Werkstatt für behinderte Menschen, grundlegend für die Pädagogik sind und somit ein Lernender selbstgesteuert ist (vgl. Siebert 2012, S. 125 f.), wodurch ebenfalls das didaktische Prinzip der Teilnehmerorientierung begründet werden kann. Der Hintergrund sind somit die individuellen Entwicklungsmöglichkeiten, Bedürfnisse und Interessen des einzelnen Subjektes, welche durch die Bedarfsanalyse ermittelt werden können.
„Die Unterstützung Benachteiligter sowie Lern- und Bildungsprozesse nutzen nicht allein den unmittelbaren EmpfängerInnen der Leistungen, sondern der gesamten Gesellschaft“ (Kubon-Gilke 2013, S. 303).
Jedoch kann das sozialarbeiterische Handlungsfeld auch als Form von „(…) Kontrolle und/oder Herrschaftssicherung (…)“ (Aner, Hammerschmidt 2018, S. 3) angesehen werden. Diese Perspektive spiegelt sich im Begriff des doppelten Mandates wider, welcher auf dem Spannungsfeld der Bedürfnisse und Interessen der Klientinnen und Klienten, sowie den Kontrollfaktoren öffentlicher Verwaltungsorgane beruht (vgl. Schmid Noerr 2018, S. 939). Zudem kann die Professionsethik der Sozialen Arbeit mit den Aspekten einer „(…) Ethik der sozialen Verantwortung und der Schadensbegrenzung institutionellen Handelns sowie einer Ethik der Menschenrechte der von diesem Handeln Betroffenen“ (ebd., S. 92) deklariert werden und somit einer Kompensation möglicher negativer Faktoren, durch adäquate Handlungen der sozialarbeiterischen Fachkräfte.
„Viel eher ist die Vorstellung des Berufs der sozialen Arbeit mit der Idee verbunden, dass man in einer Gesellschaft, die überwiegend durch Konsum, Geld und Macht bestimmt ist, auch geben kann“ (Erler 2012, S. 35).
4.3 Handlungsempfehlungen
Eine mögliche Handlungsperspektive auf politischer Ebene, ist die Betreibung von diversen Forschungsstudien, um in diesem Bereich der Behindertenhilfe Einfluss auf politische und gesetzgebende Entscheidungsfindungen zu nehmen. Diese Möglichkeit der Einflussnahme, im Sinne des Wohles der Menschen mit einer Beeinträchtigung, sieht das Instrument der „(…) Sozialforschung als Entscheidungsgrundlage und -hilfe in praktischen und politischen Kontexten (...)“ (Flick 2016, S. 17) an. Ein daraus resultierender möglicher positiver Faktor wäre die Bereitstellung von finanziellen und materiellen Gütern, durch eine Veränderung der staatlichen Regulation. Somit würden für die (pädagogischen) Fachkräfte, in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder auch der gesamten Behindertenhilfe, andere Rahmenbedingungen geschaffen werden. Ein weiterer prioritärer Faktor, für die gleichberechtigte Gestaltung der beruflichen Teilhabe, in Form einer Werkstatt, nach den individuellen Bedürfnissen und Wünschen der Beschäftigten, ist die Notwendigkeit des Paradigmas einer bereichsübergreifenden Kooperation aller Einrichtungen der Behindertenhilfe. Ein grundlegendes Beispiel hierfür, ist die Verknüpfung der selbstbestimmten Wahl der Arbeitszeiten mit dem Lebensbereich Wohnen, in Hinsicht des Arbeitsweges (vgl. Abschnitt 3 – Interview 2). Zudem ist auch der, in der Lebensbiografie verankerte, Übergang von der Schule in das Berufsleben ein wichtiger Grund für diese Zusammenarbeit, um eine individuelle und selbstbestimmte Wahl der Tätigkeitsaufnahme zu gewährleisten (vgl. Abschnitt 1 – Interview 2/vgl. Abschnitt 1 - Interview 3), wobei dies „(…) oft in Kooperation mit abgebender Förderschule und aufnehmender Werkstatt (…)“ (Fornefeld 2013, S. 166) geschieht. Somit ist eine kooperative Zusammenarbeit aller Personen, die am Wohlergehen beeinträchtigter Menschen beteiligt sind, grundlegend, um das sozialpolitische Ziel des SGB IX umzusetzen und in diesem Zusammenhang eine „(…) volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (…)“ (§ 1 SGB IX) zu gewährleisten. Um jedoch Handlungsempfehlungen für die gegebenen Rahmenbedingungen im sozialarbeiterischen Handlungsfeld einer Werkstatt für behinderte Menschen auszusprechen, möchte ich auf die „(…) individuellen Förderpläne (…)“ (Fornefeld 2013, S. 165) eingehen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass die individuellen Entwicklungsmöglichkeiten der Beschäftigten erkannt werden, und somit deren Stärken gefördert und Schwächen kompensiert werden. Jedoch sollten dabei deren Bedürfnisse und Wünsche, aus deren eigenen Perspektive, miteinbezogen werden und somit eine Unterstützung erfolgen, die im Sinne der beeinträchtigten Menschen stattfindet. In dieser Hinsicht ist der kommunikative Faktor von hoher Bedeutung.
[...]
1 https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/06/PD20_230_227.html;jsessionid=D2FDB2EEED26F0FB1D1A91759CF46446.live741 [Abruf am 26.07.2021] [Abb. 1: Schwerbehinderte Menschen nach Alter 2019 (in Deutschland)].
2 https://www.behindertenbeauftragte.de/SharedDocs/Publikationen/UN_Konven tion_deutsch.pdf?__blob=publicationFile&v=2 [Abruf am 04.06.2021].
3 https://www.integrationsaemter.de/Fachlexikon/SGB-IX--Rehabilitation-und-Teilhabe-behinderter-Menschen-/77c376i/index.html [Abruf am 02.06.2021].
4 https://www.bagwfbm.de/article/5311 [Abruf am 24.07.2021].
5 vgl. https://www.eu-schwerbehinderung.eu/index.php/schwerbehinderung/3325-menschen-mit-behinderungen-sind-auf-dem-arbeitsmarkt-deutlich-unterrepraesentiert [Abruf am 05.05.2021] [Abb. 2: Teilhabe am Berufsleben 2017 (in Deutschland)].
6 https://www.bagwfbm.de/page/29 [Abruf am 06.05.2021].
7 https://www.bagwfbm.de/page/24 [Abruf am 26.07.2021].
8 vgl. https://www.mentorium.de/transkriptionsregeln/ [Abruf am 22.11.2020].
9 vgl. https://studi-lektor.de/tipps/qualitative-forschung/grounded-theory.html [Abruf am 24.11.2020].
10 vgl. https://www.scribbr.de/methodik/grounded-theory/ [Abruf am 22.11.2020].
11 https://www.bagwfbm.de/page/24 [Abruf am 24.07.2021].
12 https://www.bagwfbm.de/page/teilhabe_fuer_alle [Abruf am 11.12.2020] Studie zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf. Umsetzung des Wunsch- und Wahlrechts verursacht keine Mehrkosten (Datei im PDF-Format).
13 vgl. https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/publikationen/repraesentativbefragung-zur-teilhabe-von-menschen-mit-behinderungen-4-zwischenbericht-1874098 [26.07.2021] (Datei im PDF-Format).
14 vgl. https://www.dgvt-bv.de/news-details/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=4526&cHash=8cbd0b270e8c347b11d61dd8de651622 [Abruf am 24.07.2021].
15 vgl. https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/06/PD20_230_227.html;jsessionid=D2FDB2EEED26F0FB1D1A91759CF46446.live741 [Abruf am 26.07.2021].
16 https://www.bagwfbm.de/page/29 [Abruf am 06.05.2021].
17 https://www.behindertenbeauftragte.de/SharedDocs/Publikationen/UN_Konvention_deutsch.pdf?__blob=publicationFile&v=2 [Abruf am 03.09.2021].
- Arbeit zitieren
- Timo Krause (Autor:in), 2021, Die Lebenswelt in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Im Spannungsfeld zwischen Inklusion und Exklusion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1313203
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