Wie kann Franchising im Rahmen der rechtlichen Grenzen in Deutschland gestaltet werden? Welche Gesetze sind analog anwendbar, welcher Rechtsnatur ist der Franchisevertrag zugehörig und welche Probleme können insbesondere in Bezug auf Kartell-, Arbeits- und Datenschutzrecht auf Franchisenehmer und Franchisegeber zukommen? Ziel der Arbeit ist es, rechtliche Fragestellungen bezüglich des Franchising zu beleuchten und diese zu beantworten.
Da kein einheitlich regelndes Gesetz für das Gebiet des Franchising existiert, werden mögliche analog anwendbare Gesetze analysiert und ihre Anwendbarkeit auf das Franchising geprüft. Mit Abschluss dieser Arbeit soll erreicht werden, dass analog anwendbare Gesetze in Bezug auf das Franchising identifiziert und die Grenzen des Franchising herausdifferenziert wurden. Das Fazit soll einen Ausblick darauf geben, ob ein Franchise-Gesetz für die Klärung Franchisesysteme betreffender Fragen von Nutzen sei.
Bereits 1974 erkannte Peter G. Jurgeleit das Potential des Franchise. Als bekannteste Beispiele sind McDonalds aus dem Gastronomiegewerbe, das Obi-Heimwerkermarkt-System und Yves Rocher aus der Kosmetikindustrie zu nennen. Hintergrund der Beliebtheit dieses Vertriebssystems sind die umfangreichen Vorteile, von denen insbesondere Start-Ups und Existenzgründer profitieren. Die seit langem steigenden Zahlen an Franchisesystemen und Franchisenehmern verdeutlichen dies. Im letzten Jahrzehnt ist die Anzahl der Franchisesysteme in Deutschland um rund 41.000 auf etwa 176.000 (2020) gestiegen. Die Zahl der Franchisenehmer ist in demselben Zeitraum um rund 34.000 auf etwa 138.000 gestiegen.
Diese Zahlen verdeutlichen die steigende Bedeutung und den stetig wachsenden Einfluss von Franchisesystemen auf die Wirtschaft. Dennoch gibt es Nachteile dieser Unternehmensform. In juristischer Hinsicht ist dies vordergründig das Fehlen eines kodifizierten Franchise-Gesetzes in Deutschland. Dagegen ist in den Ländern Frankreich, Spanien, Italien, Belgien und Schweden bereits jeweils ein Franchise-Gesetz in Kraft getreten. Dieses regelt jedoch lediglich Aufklärungs- und Informationspflichten des Franchisegebers gegenüber dem Franchisenehmer und ist daher als reines Disclosure Law (Offenlegungsgesetz) anzusehen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Vorgehensweise und Ziel der Arbeit
2. Systematik, Definition und Rechtsgrundlagen
2.1. Historie des Franchising
2.2. Wesen und Merkmale des Franchisings
2.3. Definition „Franchising“ der Europäischen-Kommission und des Europäischen Gerichtshofs
2.4. Typologie des Franchising
2.4.1. Vertriebsfranchise
2.4.2. Dienstleistungsfranchise
2.4.3. Produktionsfranchise
3. Der Franchisevertrag
3.1. Rechtsnatur des Franchisevertrags
3.2. Vorvertragliche Pflichten
3.3. Vertragsinhalte
4. Rechtsprobleme
4.1. Kartellrecht
4.1.1. EU-Gruppenfreistellungsverordnung
4.1.2. Preisbindung
4.1.3. Gebiets- und Kundenbeschränkungen
4.2. Arbeitsrecht - der Franchisenehmer ein selbstständiger Arbeitnehmer?
4.3. Datenschutzrecht - Franchising als Auftragsdatenverarbeitung?
5. Zusammenfassung und Ausblick
6. Anhang
7. Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Gender-Erklärung
Mit Hinblick auf die bessere Lesbarkeit wird in dieser Bachelor-Thesis das generischen Maskulinum angewandt. Dies soll jedoch keinesfalls eine Geschlechterdiskri- minierung oder eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes zum Ausdruck bringen. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten sind ausdrücklich inbegriffen.
1. Einleitung
1.1. Problemstellung
Bereits 1974 erkannte Peter G. Jurgeleit das Potential des Franchise und besiegelte es mit diesem Zitat „Ein System geht um die Welt - Franchise!“1 Diese Aussage hat sich bewahrheitet und trifft heute noch zu. Rund um den Globus sind Franchisesysteme in den verschiedensten Branchen vertreten. Als bekannteste Beispiele sind hier McDonalds aus dem Gastronomiegewerbe, das Obi-Heimwerkermarkt-System und Yves Rocher aus der Kosmetikindustrie zu nennen. Hintergrund der Beliebtheit dieses Vertriebssystems sind die umfangreichen Vorteile, von den insbesondere StartUps und Existenzgründer profitieren. Die seit langem steigenden Zahlen an Franchisesystemen und Franchisenehmern verdeutlichen dies. Im letzten Jahrzehnt ist die Anzahl der Franchisesysteme in Deutschland um rund 41.000 auf etwa 176.000 (2020) gestiegen. Die Zahl der Franchisenehmer ist in demselben Zeitraum um rund 34.000 auf etwa 138.000 gestiegen.2 Diese Zahlen verdeutlichen die steigende Bedeutung und den stetig wachsenden Einfluss von Franchisesystemen auf die Wirtschaft. Dennoch gibt es Nachteile dieser Unternehmensform. In juristischer Hinsicht ist dies vordergründig das Fehlen eines kodifizierten „Franchise-Gesetzes“ in Deutschland.3 Dagegen ist in den Ländern Frankreich, Spanien, Italien, Belgien und Schweden bereits jeweils ein „Franchise-Gesetz“ in Kraft getreten. Dieses regelt jedoch lediglich Aufklärungs- und Informationspflichten des Franchisegebers gegenüber dem Franchisenehmer und ist daher als reines Disclosure Law (Offenlegungsgesetz) anzusehen.4 Am Beispiel der Gesetzesentwicklung in Schweden wird deutlich, wie komplex eine Kodifizierung eines solchen „Franchise-Gesetzes“ tatsächlich ist. Es bedurfte 12 Gesetzesentwürfen und in einem Zeitraum von 19 Jahren, bis das Gesetz erlassen wurde.5 Dies gilt es bei der Frage, ob ein deutsches “FranchiseGesetz" Ruhe in die vielen Fragen bezüglich des Franchising bringen würde, zu beachten. Da es jedoch bisher an einem solchen deutschen Gesetz mangelt, stellt sich die Frage, welche Kriterien und welche Gesetze auf die Unternehmensform anzuwenden sind. Welche Normen gelten für Franchisenehmer, Franchisegeber und Franchiseverträge? Welche Gerichtsbarkeit ist in Streitfällen zuständig? All dies sind begründete Fragen, die sich regelmäßig betroffene Personen als auch Juristen stellen und für die bisher keine geregelte Antwort konstituiert wurde. Diese Arbeit bezieht sich daher auf rechtliche Fragestellungen in Bezug auf Franchise. Aufgrund der Vielfalt und des Umfangs der rechtlichen Fragestellungen werden mehrere Problemstellungen in dieser Arbeit behandelt.
Die übergeordnete Problemstellung lautet: Wie kann Franchising im Rahmen der rechtlichen Grenzen gestaltet werden? Ferner wird danach gefragt, welche Gesetze analog anwendbar sind, welcher Rechtsnatur der Franchisevertrag zugehörig ist und welche Probleme insbesondere in Bezug auf Kartell-, Arbeits- und Datenschutzrecht auf Franchisenehmer und Franchisegeber zukommen können.
1.2. Vorgehensweise und Ziel der Arbeit
In dieser Arbeit werden verschiedenste Frage- und Problemstellungen des Franchising behandelt. Zu Beginn, nach der Einführung, wird die Typologie des Franchising untersucht. Dies ist insofern wichtig, als dass sie die Rechtsnatur sowie die Ausgestaltung der Franchiseverträge in gewissem Maße bestimmt. Nach der Betrachtung der Franchiseverträge wird auf drei Rechtsprobleme des Franchising eingegangen: das Kartell-, das Arbeits- sowie das Datenschutzrecht. Ferner existieren noch viele weitere rechtliche Grenzen und Probleme, welche jedoch in dieser Arbeit aufgrund des Umfangs nicht betrachtet werden konnten. Die bearbeiteten Rechtsprobleme sind nach immer noch bedeutenden Rechtsprechungen wie der Pronuptia -Recht- sprechung (Kartellrecht) und den Eismann -Urteilen (Arbeitsrecht) ausgewählt. Das rechtliche Problem des Datenschutzes wird aufgrund der Einführung der gewichtigen und umfassenden europäischen Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) im Jahre 2018 ausgewählt. Insbesondere das Kartellrecht ist von enormem Umfang und wurde daher entsprechend auf die Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung (Verti- kal-GVO), Preisbindung sowie Gebiets- und Kerngruppenbeschränkungen eingegrenzt.
Ziel der Arbeit ist es, rechtliche Fragestellungen bezüglich des Franchising zu beleuchten und diese zu beantworten. Da kein einheitlich regelndes Gesetz für das Gebiet des Franchising existiert, werden mögliche analog anwendbare Gesetze analysiert und ihre Anwendbarkeit auf das Franchising geprüft. Mit Abschluss dieser Arbeit soll erreicht werden, dass analog anwendbare Gesetze in Bezug auf das Franchising identifiziert und die Grenzen des Franchising herausdifferenziert wurden. Das Fazit soll einen Ausblick darauf geben, ob ein „Franchise-Gesetz“ für die Klärung Franchisesysteme betreffender Fragen von Nutzen sei.
2. Systematik, Definition und Rechtsgrundlagen
Ziel dieses Kapitels ist es, einen theoretischen Überblick über die Grundlagen des Franchising zu bekommen, um das Thema Franchising vollumfänglich zu verstehen. Dabei wird ein Blick auf die Historie, bedeutende Definitionen sowie Merkmale des Franchising geworfen. Ferner wird zwischen für diese Arbeit bedeutende Typologien unterschieden.
2.1. Historie des Franchising
Der Unternehmenstypus Franchise ist nicht unbekannt, sie begegnen den Menschen alltäglich und doch wissen sie meist nicht, was ein Franchise genau ist und wo der Ursprung dessen liegt. Der Frage wie sich das Franchise geschichtlich entwickelt hat wird in diesem Unterkapitel nachgegangen.
Der Begriff des Franchising stammt ursprünglich aus dem Französischen „franc“ (=frei) und „francher“ (=befreien) ab. Im mittelalterlichen Frankreich bedeutete der Begriff die Befreiung der Händler von Zöllen und Steuern.6 In der Zeit der industriellen Revolution gab es einen weiteren großen Sprung in der Entwicklung das Franchising. Das heute noch operierende Unternehmen Singer Sewing Machine Company ist ein Paradebeispiel dieser Zeit. Die Singer Sewing Machine Company verkaufte im Jahr 1863 bereits Exklusivvertriebsrechte an wirtschaftlich und rechtlich selbstständige Lizenznehmer und stellte somit das erste klassische Franchisesystem dar.7 Das Konzept der Singer Sewing Machine Company war damals, Nähmaschinen durch eigenständige, fahrende Händler verkaufen zu lassen. Zur selben Zeit wurde die Bedeutung des Begriffs in Frankreich sowie Großbritannien ausgeweitet.8 Der Begriff bedeutete von nun an das von Königen gewährte Recht, gegen Vergütung die Herstellung oder den Handel mit ausgewählten Produkten betreiben zu dürfen.9 Somit bedeutete Franchising zu dieser Zeit ein Privileg innezuhaben. Dieses wurde daher nur an zuverlässige Personen vergeben. Die Form des Franchising wie wir es heute kennen, entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts in den USA und begründet seither eine anerkannte Unternehmensform.10 Als Franchise-Pioniere gelten insbesondere Howard Johnson und Ray Kroc. Bereits 1935 vergab Howard Johnson Franchiselizenzen für sein Eisdielen-Geschäftsmodell in den USA. Nach nur vier Jahren existierten bereits 100 Eisdielen nach seinem Konzept - und das zu der damaligen, nicht globalisierten Zeit. Die Fast-Food-Kette Dairy Queen begann 1940 mit dem Franchising. Im Jahr 2018 existierten bereits über 6.700 Restaurants der Fast-Food-Kette in 25 verschiedenen Ländern. Vierzehn Jahre nach der Vervielfältigung von Diary Queen arbeitete Ray Kroc daran, das McDonald's-Franchise- System zu entwickeln und zu vervielfältigen.11 Rund 38.700 etablierte McDonald - Restaurants existieren nach Statista-Erhebungen im Jahr 2019 weltweit.12 Noch vor diesen Pionieren schaffte es jedoch ein anderes Unternehmen sich zu multiplizieren - Coca-Cola. 1892 schloss Coca-Cola mit einer Firma in Boston den ersten mehrjährigen Vertrag über den Vertrieb von Produkten.13 Heute zählt die aus Atlanta stammende Firma zu den führenden Unternehmen der Konsumgüterindustrie, mit einem operativen Gewinn von rund 10,1 Milliarden US-Dollar im Jahr 2019.14
In Deutschland erhielt Franchising erst in den 1960er Jahren Einzug. Unter den ersten Unternehmen, die sich das Franchisekonzept zu eigen machten, waren Obi, Nordsee und Ihr Platz, gefolgt von dem systemgastronomischen Betrieb Wienerwald (1955) und Wimpy (1965). Doch auch ein Jahrzehnt später standen deutsche Unternehmer dem Franchisesystem noch kritisch gegenüber. Erst Mitte der 80er Jahre boomte das Franchising-Konzept auch in Deutschland, gefördert von der Bundesregierung durch Kampagnen sowie finanzielle Unterstützungsleistungen. Das Interesse an dem „neuen“ Unternehmenskonzept stieg, und so gab es 1990 erstmals eine Franchise-Messe, die seither jährlich in Frankfurt stattfindet. Seit Mitte der 90er Jahre entwickelte sich die Messe zu einer internationalen Messe, genannt Franchise Expo, die jährlich internationale Interessenten aus den unterschiedlichsten Branchen anzieht.15 Heute ist Franchising einer der bedeutsamsten Wirtschaftsfaktoren in Eu- ropa.16 Die Anzahl an Franchisepartnern in Deutschland lag im Jahr 2020 bei rund 139.000. Die Anzahl der Franchisebetriebe betrug im Jahr 2020 etwa 176.000. Im Vergleich zum Jahr 2004 ist die Zahl der Franchisepartner um etwa 60.000 und die Zahl der Franchisebetriebe um rund 100.000 gestiegen.17 Dies verdeutlicht die stetig steigende Popularität der Franchisesysteme auf die Wirtschaft in Deutschland. Aus diesem Hintergrund ist es für involvierte Parteien wichtig, die rechtlichen Grenzen des Franchising zu kennen, um ein erfolgreiches Franchisesystem aufzubauen und erfolgsbringend zu vervielfältigen.
2.2. Wesen und Merkmale des Franchisings
Im Grunde ist das Franchising eine Wachstums- und Profilierungsstrategie sowohl für Start-Ups als auch bereits etablierte Unternehmen. Es ist eine vergleichsweise schnelle Vorgehensweise Geschäftskonzepte zu vervielfältigen.18 Dabei ist unter verschiedenen Franchisetypologien zu unterscheiden. Unterscheidungskriterien sind dabei, Macht- und Interessenkonstellation, Leistungssubstanz als auch Umfang des Franchise. Rechtlich ist insbesondere das Unterscheidungskriterium Macht- und Interessenkonstellation von Bedeutung sowie in geringem Maße die Unterscheidung nach Leistungssubstanz.19 Auf die Unterscheidung der Typologien sowie deren rechtliche Bedeutung wird im Laufe der Arbeit näher eingegangen. Im Folgenden wird nun auf das Wesen und die Merkmale des Franchising eingegangen.
Vertikale Kooperation
Ein typisches Merkmal für das Franchising ist die vertikale Kooperation zweier oder mehrerer Unternehmen. Die Unternehmen sind dabei grundsätzlich rechtlich selbst- ständig.20 Die Beteiligten im Franchising sind der Franchisenehmer und der Im letzten Fall wäre der Großhändler (=Franchisegeber) beispielsweise (bspw.) die Media-Saturn-Systemzentrale in Ingolstadt und der Einzelhändler (=Franchiseneh- mer) der Media-Saturn-Markt in Heidelberg. Die Darstellung zeigt eine aus der Betriebswirtschaftslehre entlehnte Differenzierung. Sie hat dabei keine juristischen Bedeutung und soll lediglich die Grundlage der vertikalen Kooperation veranschaulichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Rechtliche Selbstständigkeit
Grundsätzlich ist der Franchisenehmer als rechtlich sowie wirtschaftlich selbstständiger Unternehmer zu betrachten.21 Es gibt jedoch Ausnahmen. Die Feststellung der Selbstständigkeit eines Franchisenehmers bedarf jeweils einer Einzelfallprüfung. Maßgeblich ist insbesondere, der Grad der Weisungsbindung und die daraus folgende persönliche Abhängigkeit des Franchisenehmers, nach § 611a Abs. 1 S. 1. S. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) .22 Grundsätzlich handelt der Franchisenehmer im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung. Dies trifft ebenso auf den Franchisegeber zu.23 Die beiden selbstständigen Unternehmer gehen demnach keinen Arbeitsvertrag, sondern ein bilaterales Dauerschuldverhältnis ein. Dieses bilaterale Dauerschuldverhältnis wird per Vertrag, dem Franchisevertrag, festgelegt.24 Pflichten des Franchisegebers sind dabei die zur Verfügung Stellung des Beschaffungs-, Organisations- und Nutzungskonzepts sowie die laufende Unterstützung des Franchisenehmers. Ferner muss der Franchisegeber die Know-how-Generierung sicherstellen, sowie das Recht zur Nutzung von Schutzrechten an den Franchisenehmer übergeben. Der Franchisenehmer ist verpflichtet, Entgelte für die Verwendung des identischen Namens, die Markennutzung, die identische Einrichtung sowie das identische Vertriebssystem zu zahlen.25
Einheitlicher Marktauftritt
Ausschlaggebend für die Marktposition des Franchise ist die Einheitlichkeit des Außenauftritts. Um einheitlich auf dem Markt auftreten zu können, benutzen Franchisenehmer und Franchisegeber den gleichen Namen sowie dieselbe Marke.26 Weiterhin werden das Erscheinungsbild sowie das systemkonforme Verhalten der Unternehmen vereinheitlicht. Zweck des einheitlichen Marktauftritts ist die Steigerung des Bekanntheitsgrades bei den Kunden.27
Weisungs- und Kontrollsystem
Das Weisungs- und Kontrollsystem dient der Sicherstellung des einheitlichen Marktaufritts sowie dem systemkonformen Verhalten des Franchisenehmers. Ausdifferenziert hat der Franchisegeber Auskunfts-, Einsichts-, Weisungs- und Kontrollrechte.28 Der Franchisegeber ist berechtigt, dem Franchisenehmer Richtlinien und Standards vorzuschreiben, welche im Franchisevertrag festgehalten werden.29 Durchgesetzt werden die schriftlich vereinbarten Richtlinien durch ein Weisungssystem.30
Verbildlicht: Ein McDonald's-Franchisenehmer dürfte bspw. keine Schuhe veräußern, da dies nicht in den Richtlinien des Franchisevertrages genehmigt wurde und ebenso kein systemkonformes Auftreten darstellt.
Das Kontrollsystem dient der Überprüfung der Einhaltung der vom Franchisegeber definierten Weisungen. Der Franchisenehmers ist verpflichtet dem Franchisegeber gegenüber Bericht zu erstatten sowie dem Franchisegeber zu gestatten sein Unternehmen zu besichtigen. Ferner ist dem Franchisegeber gestattet Proben (bspw. von einem Weinfass) zu nehmen. Dadurch soll vermieden werden, dass der Franchisenehmer von einem anderen Produzenten oder (Groß-)Händler Produkte bezieht, wenn dies im Franchisevertrag ausgeschlossen wurde. Gerechtfertigt wird dies dadurch, dass dadurch die Höhe der Franchisegebühren sowie die Qualität der Waren beeinträchtigen werden könnten.31 Die Rechtsgrundlage liegt teilweise im Weisungsrecht des Franchisegebers sowie teilweise in der systemimmanenten Notwendigkeit aufgrund des besonderen Charakters einer Franchisepartnerschaft.32 Die Grenzen des Weisungs- und Kontrollsystems sind im Kartellrecht zu finden.
Vor- und Nachteile
Vor Abschluss eines Franchisevertrages sollten zuerst die Vor- und Nachteile des Systems gegeneinander abgewogen werden. Vorteile gegenüber anderen Unternehmenstypen sind insbesondere ein einfacherer Markteinstig infolge eines bereits geläufigen (Geschäfts-)Systems, häufig Gebietsschutz, geringeres unternehmerisches Risiko, wenig Planungsaufwand sowie fortlaufende Hilfestellung durch den Franchisegeber.33 Besonders für Start-Ups bietet das Franchising erhebliche Vorteile. Durch eine feste Bindung an den Franchisegeber können sich Start-Ups in eine etablierte Marke und deren Marktstellung verankern und helfen diese auszubauen.34 Dies gilt zudem für (noch) nicht erfolgreiche Unternehmen. Dem Franchisegeber bietet sich so eine günstige Alternative zum Aufbau eigener Filialen zum Zwecke der Multiplikation der eigenen Marke.35
Trotz all den bereits genannten Vorteilen bedarf es einer soliden und umfänglichen Vorbereitung von Seiten des Franchisegebers, als auch von Seiten des Franchisenehmers, vor allem mit Blick auf die Dauer des Vertrags.36 Ferner ist der Franchisenehmer den Weisungen des Franchisegebers untergeordnet, hat einen eingeschränkten Entscheidungsspielraum sowie zusätzliche Kosten in Form von laufenden und einmaligen Franchisegebühren.37
2.3. Definition „Franchising“ der Europäischen-Kommission und des Europäischen Gerichtshofs
Durch die Komplexität sowie die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten ist es unmöglich, eine eindeutige Begriffsbestimmung und -abgrenzung vorzunehmen. Es fehlt an einem Alleinstellungsmerkmal des Franchising.38 Weltweit existieren viele verschiedene Franchise-Definitionen in Literatur, Rechtsprechung und Praxis. Franchiseverbände verschiedener Länder haben ihrerseits eigenständige Begriffsbestimmungen erstellt. Somit existieren viele divergierende Definitionen des Begriffs, jedoch keine Legaldefinition.39 Dieses Problem hängt ebenfalls mit der Tatsache zusammen, dass bis jetzt kein eigenständig regelndes „Franchise-Gesetz“ normiert wurde.40 Im Folgenden werden ausgewählte, für diese Arbeit ausschlaggebende, Definitionen erläutert.
Deutsche Definition
Der Deutsche Franchise-Verband e.V. (DFV), gegründet in München mit Sitz in Berlin, hat eine umfassende Begriffsbestimmung erstellt.41 Zusammengefasst besagt diese folgendes: Franchising ist ein einheitlich auftretendes Absatzsystem rechtlich selbstständiger Unternehmen auf Basis eines vertraglichen Dauerschuldverhältnisses. Das Franchisepaket beinhaltet ein Beschaffungs-, Absatz- und Organisationskonzept, das Recht der Nutzung an Schutzrechten, die Know-how-Generierung sowie die stetige Hilfestellung und Fortbildung des Franchisenehmers durch den Franchisegeber. Der Franchisenehmer zahlt ein bestimmtes Entgelt für dieses Franchisepaket, ist im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig und liefert seinerseits Arbeit, Geldmittel und Informationen.42
Nach dieser Definition ist der Franchisenehmer selbstständiger Unternehmer mit der Pflicht Franchisegebühren an den Franchisenehmer zu entrichten, sowie diesem Informationen über die Geschäftsentwicklung zukommen zu lassen. Die Informationspflichten des Franchisenehmers gegenüber dem Franchisegeber betreffen dabei grundsätzlich Datenschutzbezogene Grundsätze. Auf diese wird im Kapitel der Rechtsprobleme des Franchising eingegangen.
Europäische Definition
Aufgrund der europaweiten Bedeutung des Franchising wurden ebenso europäische Begriffsdefinitionen erstellt. Prägend für die europäische Begriffsdefinitionen ist insbesondere der in Kooperation der Europäischen-Kommission (EU-Kommission) mit dem Europäischen Franchise-Verband e.V. (EFF) entstandene europäische Verhal- tenskodex.43 Dieser trat am 01. Januar 1992 in Kraft. Franchising wird hier als Vertriebssystem zur Distribution von Waren und/oder Dienstleistungen verstanden. Gemeinsame Merkmale der deutschen als auch der europäischen Definition beziehen sich auf die fundamentale Richtung der Zusammenarbeit, die vertragliche Gestaltung sowie den einheitlichen Marktauftritt.44
Weiterhin ist die Definition des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem noch heute bedeutsamen Pronuptia -Urteil europaweit von Bedeutung.45 Diese Definition wurde, marginal verändert, durch die Europäische Kommission in die - mittlerweile außer Kraft getretene- kartellrechtliche Gruppenfreistellungsverordnung 4087/88 aufgenommen. Diese Gruppenfreistellungsordnung wurde durch die heute geltende Vertikal-GVO 330/2010 ersetzt. Trotz der heutigen Ungültigkeit der Gruppenfreistellungsverordnung 4087/88 wird deren dort enthaltene Definition noch immer angewandt. Sie lautet wie folgt:
„Franchisevereinbarungen sind Vereinbarungen, in denen ein Unternehmen , der Franchisegeber, es einem anderen Unternehmen, dem Franchisenehmer, gegen unmittelbare oder mittelbare finanzielle Vergütung gestattet, eine Franchise zum Zwecke der Vermarktung bestimmter Waren und/oder Dienstleistungen zu nutzen. Sie müssen den folgenden Gegenstand enthalten:
- Die Benutzung eines gemeinsamen Namens oder Zeichens sowie die einheitliche Aufmachung der vertraglich bezeichneten Geschäftslokale und/oder Transportmittel;
- Die Mitteilung von Know-how durch den Franchisegeber an den Franchisenehmer;
- Eine fortlaufende kommerzielle oder technische Unterstützung des Franchisenehmers durch den Franchisegeber während der Laufzeit der Vereinba- rung.“46
Aus dieser gewichtigen deutschen und europäischen Definition wird deutlich, dass grundsätzlich speziell vorgeschriebene Merkmale vorliegen müssen, damit von einem Franchise gesprochen werden kann. Wichtige Merkmale sind der gemeinsame Marktauftritt, die Arbeitsteilung sowie das Bestehen eines vertraglichen Dauerschuldverhältnisses. Der Unterschied zu anderen Vertriebsformen liegt im Wesentlichen darin, dass es sich bei einem Franchise um eine Art wirtschaftliche Verwendung von Know-how durch den Franchisegeber ohne eigenen Kapitaleinsatz han- delt.47
2.4. Typologie des Franchising
Im Jahr 1986, in der bekannten Pronupita -Rechtsprechung, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgestellt, dass zwischen verschiedenen Typen des Franchising unterschieden werden muss. Aufgrund der Weite, der Heterogenität sowie der unterschiedlichen Unterscheidungskriterien herrscht eine große Verwirrung in Bezug auf die verschiedenen Franchiseformen.48 Grundsätzlich können Franchisesysteme nach der Leistungssubstanz und dem Umfang unterschieden werden. Diese beiden Unterscheidungen werden „Kernleistungen“, oder auch „Grundtypen“ genannt.49 Die einzelnen Grundtypen führen wiederum zu differenzierteren Unterkategorien. Bei der Typologisierung nach der Leistungssubstanz kann zwischen Produktions-, Dienst- leistungs- und Vertriebsfranchise unterschieden werden.50 Unterscheidet man nach Umfang des Franchise, wird in Voll-, Abteilungs-, und Shop-in-Shop-Franchisen differenziert.51 Je nach Typologie werden unterschiedliche Lizenzen an den Franchisenehmer veräußert, welche ihn dazu berechtigen, entsprechende Waren zu produzieren (Produktionsfranchise), zu vermarkten (Vertriebsfranchise) oder bestimmte Systemdienstleistungen anzubieten (Dienstleistungsfranchise).52
Ferner unterscheidet Martinek zwischen Subordinations- und Partnerschaftsfranchise. Diese Kategorien werden durch Macht- und Interessenkonstellationen voneinander abgegrenzt.53 Für die Betrachtung der Rechtsnatur des Franchisevertrags ist vordergründig die Typologisierung nach Martinek maßgeblich. Aus der Typologisie- rung nach Leistungssubstanz folgern keine beziehungsweise (bzw.) marginale Unterschiede in der Betrachtung der Rechtsnatur des Franchisevertrags. Dennoch gelten diese Typologisierungsformen in der Franchise-Wirtschaft als Grundlage, weshalb darauf eingegangen wird.54
2.4.1. Vertriebsfranchise
Das Vertriebsfranchise, auch als Warenfranchise bekannt, macht rund 25 Prozent der deutschen Franchisesysteme aus.55 Hier vergibt der Franchisegeber die Lizenz zum Vertrieb eines Produktes. Der Franchisenehmer produziert die Waren im Gegensatz zum Produktionsfranchise nicht selbst, sondern kauft fertige Produkte und veräußert diese dann weiter.56 Beispiele des Vertriebsfranchise sind insbesondere der Baumarkt Obi, das Tiernahrungs- und Tierausstattungsgeschäft Fressnapf, der Kosmetikhersteller Yves Rocher sowie der Tiefkühl-Heimservice Eismann.57 Der Franchisegeber kann im Franchisevertrag regeln, ob der Franchisenehmer die Erzeugnisse bei ihm (dem Franchisegeber), oder bei von ihm vorgeschriebenen Produzenten zu kaufen hat.58 Insbesondere stellt dies nach Ansicht des EuGH keine wettbewerbsrechtliche Beschränkung dar. In der viel diskutierten Pronuptia -Ent- scheidung, die Aufgrund eines Vorlagebeschlusses des Bundesgerichtshofs (BGH) erging, entschied der EuGH, dass „die Verpflichtung des Franchise-Gebers, nur Waren des Franchise-Gebers oder aber solche Waren zu verkaufen, die der Qualität der Ware des Franchise-Gebers entsprechen, um so das Ansehen des FranchiseSystems zu gewährleisten, jedoch unter Freigabe von Querlieferungen von Franchise-Nehmern untereinander“59 in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht unbedenklich und somit vom Verbot des Art. 101 Abs. 1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) außenvorzulassen sei. Diese Freistellung ist Grundlage für das Weisungs- und Kontrollrecht des Franchisegebers gegenüber dem Franchisenehmer. Gerechtfertigt hat der EuGH diese Freistellung mit der Begründung, dass das Franchise auf dem Markt als einheitliches Unternehmen auftritt, mit dem Knowhow und dem Geschäftsmodell des Franchisegebers fungiert und somit nicht als reguläres Vertriebssystem anzusehen ist.60
2.4.2. Dienstleistungsfranchise
Das Dienstleitungsfranchise wird als höchste Form aller Franchisetypologien betrachtet. Hier erbringt der Franchisenehmer nach den Vorgaben und Richtlinien des Franchisegebers eine spezielle Systemdienstleistung unter dem Namen, der Geschäftsbezeichnung oder der Marke des Franchisegebers.61
Das Dienstleistungsfranchise wird deshalb als höchste Franchiseform angesehen, da der Franchisenehmer die Dienstleistung nach dem exakt vorgeschriebenen Konzept des Franchisegebers anbietet. Er ist demnach ausnahmslos auf einen guten Know-how-Transfer sowie ein qualitativ hochwertiges Geschäftskonzept angewie- sen.62 Besonders wichtig ist hier eine gute Beziehung innerhalb des Franchisesystems. In einem erfolgreichen Dienstleistungs-Franchisesystem herrscht eine kooperative Zusammenarbeit, die auf Beständigkeit ausgelegt ist.63 Das Dienstleistungsfranchise hat im Jahr 2020 mit 40 Prozent Anteil an der Gesamtbranche den größten Anteil an deutschen Franchisesystemen.64 Hintergrund dessen ist, dass bei Dienstleistungen stets die geographische Nähe zum Käufer oder zum Objekt notwendig ist. Die Unternehmensform Franchise ist in dieser Branche daher in Hinsicht auf Ressourcen und Organisation mehr als dienlich. Ferner bestehen viele verschiedene Geschäftszweige im Dienstleistungssektor, wodurch sich ein großes Betätigungsfeld mit vielen Chancen auftut. Typischerweise sind Dienstleistungsfranchise in der Hotellerie- und Gastronomiebranche vorzufinden. Mittlerweile existieren jedoch auch viele Franchisesysteme in der Immobilien- und Finanzdienstleistungsbranche sowie in der Handwerks- und Baubranche. Klassische Dienstleistungsunternehmen wie beispielsweise Frisöre, Optiker und Reinigungsdienstleistungen zählen ebenso zu beliebten Franchiseunternehmen.65
2.4.3. Produktionsfranchise
Im Produktionsfranchising, auch als Industrie- oder Herstellerfranchising bekannt, tritt der Franchisenehmer sowohl als Produzent als auch als Absatzmittler auf. Bei dieser Ausgestaltung des Franchise kann es sich um eine vollständige Produktion, um Weiterverarbeitung oder Veredelung der Ware handeln.66
Die wichtigste Eigenschaft des Produktionsfranchise liegt darin, dass der Franchisenehmer unter den genauen Weisungen und Rezepten des Franchisegebers produ- ziert.67 Das bekannteste Beispiel für Produktionsfranchise ist Coca-Cola. Dem Franchisenehmer wird das Rezept, das Firmenlogo sowie das Etikett gegen Entgelt zur Verfügung gestellt. Um ein immer gleiches Produkt herzustellen, welches den Vorgaben des Herstellers entspricht, muss der Franchisenehmer ebenso das Know-how des Franchisegebers in Bezug auf Produktionsabläufe, Maschinen sowie jeglicher Produktionsschritte befolgen und entsprechend umsetzen. In den vergangenen Jahren hat das Produktionsfranchise jedoch deutlich an Bedeutung verloren.68
Das Produktionsfranchise fällt, im Gegensatz zum Vertriebs- und Dienstleistungsfranchise, nicht unter die Freistellung nach der Vertikal-GVO. Das Produktionsfranchise fällt nicht unter diese Vertikal-GVO, da die Übertragung von Immaterialgüterrechten und Know-how nicht primär dem Zweck des Verkaufs dient. Stattdessen wird diese Typologie von der Technologietransfer-GVO (TT-GVO) erfasst. Beim Produktionsfranchising handelt es sich prinzipiell um eine „Technologietransfervereinbarung“. Hierbei schließen zwei Unternehmen (das des Franchisenehmers und das des Franchisegebers) eine Vereinbarung „über die Lizenzierung von Technologierechten mit dem Ziel der Produktion von Vertragsprodukten durch den Lizenznehmer und/oder seine Zulieferer“69 (Art. 1 Abs. 1 c i TT-VGO).
Im Folgenden wird nun auf die Typologisierung nach Martinek eingegangen, die ebenso Waren-, Dienstleistungs- und Produktionsfranchise enthalten.70
Das Subordinationsfranchising, auch als Absatzmittlungs-, Vertriebsmittlungs-, oder Interessenwahrungsfranchising bekannt, ist geprägt von einem Über-/ Unterordnungsverhältnis zwischen Franchisenehmer und Franchisegeber.71 Insgesamt macht das Subordinationsfranchising rund 60 bis 70 Prozent der gesamten Franchise-Wirtschaft aus.72 Der Franchisenehmer ist hier durch die ungleiche Macht- und Interessenverhältnisse an die Marketingstrategie des Franchisegebers gebunden und wird für diese eingesetzt.73 Im Vergleich zum verkehrsüblichen Vertragshandel ist das Subordinationsfranchising eine logistisch sowie marketingtechnische Weiterentwicklung „in Richtung auf eine integrierte vertikale Gruppenkoordination“.74 Der Unterschied zwischen Vertragshandel und Waren-Subordinationsfranchising ist das Franchise-Paket. Dieses ist Hauptbestandteil des Franchisevertrages mit Unterstützungshilfen des Franchisegebers. Beim klassischen Vertragshandel werden Unterstützungsleistungen, wenn solche ausgemacht werden sollten, als Nebenpflicht des Herstellers festgehalten.75 Das Dienstleistungs-Subordinationsfranchising ist durch die Weitergabe der Idee zum „Verkauf“ von Dienstleistungen geprägt. Dabei werden die vom Franchisegeber „entwickelten“ Dienstleistungen an den Franchisenehmer weitergegeben, der diese dann dem Kunden gegen Entgelt anbietet.76
Das Partnerschaftsfranchising kann wiederum in drei Unterkategorien unterteilt werden: Das Koordinationsfranchising, das Koalitionsfranchising sowie das Konföderationsfranchising.77 Das Koordinationsfranchising ist unter den Partnerschaftsfranchisesystemen die weit verbreitetste Variante.78 Das am wenigsten verbreitetste Franchisesystem ist dabei das Koalitionsfranchising mit nur etwa 10 Prozent.79 Im Gegensatz zum Subordinationsfranchisesystem sind generell beim Partnerschaftsfranchising beide Vertragsparteien gleichgestellt und arbeiten partnerschaftlich zusammen.80 Insbesondere bietet der Franchisegeber das Franchisepaket zu der Betriebsforderung des Franchisenehmers an, ohne ihn dabei an seine Weisungen zu binden. Beide Vertragsparteien entwickeln ein gemeinsames Geschäftskonzept, das beide im eigenen Interesse, und nicht wie beim Subordinationsfranchising, im fremden Interesse, verfolgen.81
3. Der Franchisevertrag
In diesem Kapitel wird der Franchisevertrag mit seiner rechtlichen Einordnung, seinen Inhalten sowie den vorvertraglichen Pflichten bei Anbahnung eines solchen Vertrages genauer betrachtet.
3.1. Rechtsnatur des Franchisevertrags
Die Einordnung des Franchisevertrages stellt sich als ähnlich komplex heraus, wie die Erstellung einer Legaldefinition für den Franchise-Begriff. Hintergrund dieser Problematik ist auch hier, dass bisher kein kodifiziertes “Franchise-Gesetz” existiert. Die deutsche Rechtsprechung und Literatur diskutiert verschiedene Ansätze zur Einordnung dieser besonderen Vertragsart. Aufgrund der Unbestimmtheit der rechtlichen Einordnung existieren kontroverse Ein- und Zuordnungen, die im Folgenden näher betrachtet werden.
Zu Beginn ist festzustellen, dass der Franchisevertrag - noch immer - keinem Rechtsgebiet explizit und ausschließlich zugeordnet werden kann. Der Franchisevertrag ist ein Vertrag sui generis (eigener Gattung/einzigartig in seinen Charakteristika), der autonom zu bestimmen ist.82 Er stellt einen Rahmenvertrag dar, der die Grundlage für spätere einzeln abzuschießende Verträge bildet.83 In der Vielgestaltigkeit des Franchisevertrages sind fallweise Elemente des Kaufs (§§ 433 ff. BGB), der Miete (§§ 535 ff. BGB), insbesondere der Pacht (§§ 581 ff. BGB), des Dienstvertrages (§§ 611 ff. BGB) sowie des Geschäftsbesorgungsvertrages (§§ 675 ff. BGB) wiederzufinden. Der „Einsatz“ dieser Elemente variiert je nach Macht- und Steuerungsverhältnis sowie Geschäftskonzept.84 Die jeweils verschiedenen Elemente führen zu einer analogen Anwendung zwingenden Rechts. Elemente des Kaufs führen daher beispielsweise zur Anwendung der §§ 433 ff. BGB.
Die herrschende Meinung (h.M.) ist der Ansicht, dass der Franchisevertrag einem Absatzmittlungsvertrag (meist bei Waren- oder Dienstleistungsfranchise) oder einem Lizenzsystem (meist bei Produktionsfranchise) zugeordnet werden kann. Vollumfänglich erfasst wird er jedoch von keinem der beiden Vertragstypen.85 Er steht vielmehr zwischen beiden Vertragstypen und ergänzt sie durch ein franchisetypisches Element: den Verkauf im gemeinsamen Namen oder Zeichen. Der Franchisevertrag wird daher auch „Typenkombinationsvertrag“ oder „Mischvertrag“ genannt.86
Wie im 2. Kapitel erläutert, ist insbesondere die Leistungssubstanz sowie das Macht- und Interessenverhältnis von juristischer Bedeutung für die Einordnung der Rechtsnatur des Franchisevertrags.87 Die Typologisierung nach der Leistungssubstanz, d. h. nach Waren-, Produktions- und Dienstleistungsfranchising ist grundsätzlich eine betriebswirtschaftliche Differenzierung. Trotzdem hat sie nach verschiedenen Ansichten eine juristische Bedeutung.88 Im Folgenden wird jedoch überwiegend die Ansicht nach Martinek analysiert, welcher auf diese Franchiseformen nicht explizit eingeht. Nach Martinek ist vorwiegend die Macht- und Interessenkonstellation des Franchise für die Rechtsnatur des Vertrags gewichtig. Aufgrund der Vielzahl der rechtlichen Meinungen und Zuordnungen wird in diesem Kapitel überwiegend auf die Zuschreibung von Martinek eingegangen. Damit wird nicht behauptet, dass dies die einzig richtige Zuordnung ist. Hintergrund dessen ist vielmehr, dass aufgrund des Umfangs nicht auf alle Meinungen und Betrachtungsweisen eingegangen werden kann. Im Folgenden wird daher einzeln auf die Rechtsnatur der beiden Strukturtypen nach Martinek eingegangen.
[...]
1 Mankel, Entwicklung einer Franchisekonzeption im Lebensmitteleinzelhandel, 1999, S. 1 zitiert nach Jurgeleit, Moderne Partnerschaften im Know-how und Lizenzgeschäft, 1974, S. 11.
2 Vgl. Graefe, Entwicklung Franchisebetriebe.
3 Vgl. Grass, Franchisesysteme im Zeichen der Globalisierung, 2011, S. 9.
4 Vgl. Canaris/Habersack/Schäfer, in: Staub, HGB, S. 528.
5 Vgl. Gesmann-Nuissl, Internationales Franchise-Recht, S. 155.
6 Vgl. Freygner/Schrader, Handbuch für Franchisenehmer, 2014, S.10-11.
7 Vgl. Brinkel, Erfolgreiches Franchise-System-Management, 2016, S. 15 f.
8 Vgl. Pokrandt, Konzeption und Aufbau eines Franchisesystems in der Gastronomie, 2008, S.3.
9 Vgl. Schallmo, Grundzüge des Franchising und Umsetzungsbeispiele, 2003, S.1.
10 Vgl. Pokrandt, Konzeption und Aufbau eines Franchisesystems in der Gastronomie, 2008, S.3.
11 Vgl. Bellone/Matla, Praxisbuch Franchising, 2018, S. 18.
12 Vgl. Graefe, Entwicklung der Anzahl der Franchisebetriebe von McDonald's.
13 Vgl. Pokrandt, Konzeption und Aufbau eines Franchisesystems in der Gastronomie, 2008, S. 3.
14 Vgl. Ahrens, Kennzahlen von Coca-Cola.
15 Vgl. Remmert, FAZ 2019, 33.
16 Vgl. Freygner/Schrader, Handbuch für Franchisenehmer, 2014, S.11.
17 Vgl. Graefe, Entwicklung Franchisebetriebe.
18 Vgl. Bellone/Matla, Praxisbuch Franchising, 2018, S.15.
19 Vgl. Poll, Datenschutz in und durch Unternehmensgruppen im europäischen Datenschutzrecht, 2018, S. 191 f.
20 Vgl. Ebenroth/Boujong/Joos/Strohn, HGB, § 84 Rn. 208.
21 Vgl. Amelung/Sydow/Windeler, Vernetzung im Gesundheitswesen, 2009, S.299.
22 Vgl. Kiel/Lunk/Oetker, Münchner Arbeitshandbuch, § 19 Rn. 77 f.
23 Vgl. Ebenroth/Boujong/Joos/Strohn, HGB, § 84 Rn. 208.
24 Vgl. Schallmo, Grundzüge des Franchising und Umsetzungsbeispiele, 2003, S.6.
25 Vgl. Amelung/Sydow/Windeler, Vernetzung im Gesundheitswesen, 2009, S.299.
26 Vgl. Riedl/Niklas, Der Franchisevertrag, 2017, S.67.
27 Vgl. Borzutzki-Pasing, in: Hannemann/Wiegner, Münchner Anwaltshandbuch Mietrecht, § 44 Rn. 43.
28 Vgl. Schallmo, Grundzüge des Franchising und Umsetzungsbeispiele, 2003, S.7.
29 Vgl. BGH, Beschl. v. 3.10.1984, Az.: VIII ZR 118/83, Juris, Rn. 22.
30 Vgl. Riedl/Niklas, Der Franchisevertrag, 2017, S.67 f.
31 Vgl. Schallmo, Grundzüge des Franchising und Umsetzungsbeispiele, 2003, S.7.
32 Vgl. Riedl/Niklas, Der Franchisevertrag, 2017, S.67 f.
33 Vgl. Friese, Vor- und Nachteile von Franchising, 2008, S. 17; Boss, Erfolgsfaktoren im Dienstleistungsfranchising, 2015, S. 39 ff.
34 Vgl. Weiß, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 101 Rn. 215.
35 Vgl. Harke, Münchner Kommentar zum BGB, § 581 Rn. 63 ff.
36 Vgl. Freygner/Schrader, Handbuch für Franchisenehmer, 2014, S.11 f.
37 Vgl. Friese, Vor- und Nachteile von Franchising, 2008, S. 17.
38 Vgl. Pokrandt, Konzeption und Aufbau eines Franchisesystems in der Gastronomie, 2008, S. 4.
39 Vgl. Meier, Systemmerkmale des Franchising, 2005, S. 21 f.
40 Vgl. Grass, Franchisesysteme im Zeichen der Globalisierung, 2011, S. 9.
41 Vgl. Metzlaff/Becker, Praxishandbuch Franchising, 2003, S. 4.
42 Vgl. Martinek/Semler/Flohr, BeckOK Vertriebsrecht, §3 Rn. 16.
43 Vgl. Schimansky, Der Franchisevertrag nach deutschem und niederländischem Recht, 2003, S. 19.
44 Vgl. Keßler, Ausprägungsformen nationaler Franchise-Systeme, 2005, S. 4.
45 Vgl. Grass, Franchisesysteme im Zeichen der Globalisierung, 2011, S. 9.
46 Feuerriegel, Die vorvertragliche Phase im Franchising, 2004, S. 3 f.
47 Vgl. Streinz, EUV/AEUV, Art. 101 Rn. 496.
48 Vgl. Pokrandt, Konzeption und Aufbau eines Franchise-Systems, 2008, S. 3 ff., S. 9.
49 Vgl. Boss, Erfolgsfaktoren im Dienstleistungsfranchising, 2015, S. 28 ff.
50 Vgl. Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 84 Rn. 209.
51 Vgl. Pokrandt, Konzeption und Aufbau eines Franchise-Systems, 2008, S. 3 ff.
52 Vgl. Giesler, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, Juris HGB, Rn. 5 ff.
53 Vgl. Martinek, in: Martinek/Semler/Flohr, Handbuch des Vetriebsrechts, § 4 Rn. 52 ff; Martinek, in: Semler/Flohr, Handbuch des Vetriebsrechts, § 4 Rn. 63 f.
54 Vgl. Martinek, Franchising im Handelsrecht, S. 1370.
55 Vgl. Brinkel, Erfolgreiches Franchise-System-Management, 2016, S. 19.
56 Vgl. Giesler, in: Röhricht/ Graf von Westphalen/Haas, HGB, Rn. 5.
57 Vgl. Conrads/ S chade, Internationales Wirtschaftsprivatrecht, 2012, S. 35 f; Brinkel, Erfolgreiches Franchise-System-Management, 2016, S. 19.
58 Vgl. Freygner/Schrader, Handbuch für Franchisenehmer, 2014, S.11 f.
59 Liebscher/Flohr/Petsche, Handbuch der EU-Gruppenfreistellungsverordnungen, § 14 Rn. 7.
60 Vgl. Liebscher/Flohr/Petsche, Handbuch der EU-Gruppenfreistellungsverordnungen, § 14 Rn. 7.
61 Vgl. Boss, Erfolgsfaktoren im Dienstleistungsfranchising, 2015, S. 35 f; Kern, Pachtrecht, §§ 581597, Rn. 2.
62 Vgl. Giesler, in: Röhricht/ Graf von Westphalen/Haas, HGB, Rn. 6.
63 Vgl. Boss, Erfolgsfaktoren im Dienstleistungsfranchising, 2015, S. 36.
64 Vgl. Graefe, Anteil der Dienstleistungsfranchise an der Branche.
65 Vgl. Brinkel, Erfolgreiches Franchise-System-Management, 2016, S. 19 f.
66 Vgl. Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 84 HGB Rn. 209; Kern, Pachtrecht, §§ 581-597, Rn. 2; Klotz, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Art. 101 Rn. 497 ff.
67 Vgl. Kern, Pachtrecht, §§ 581-597, Rn. 2.
68 Vgl. Brinkel, Erfolgreiches Franchise-System-Management, 2016, S. 18 f.
69 Vgl. Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, § 1 Rn. 206.
70 Vgl. Schücking, Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts, § 2 Rn. 60.
71 Vgl. Flohr, in: Liebscher/Petsche, Handbuch der EU-Gruppenfreistellungsverordnung, § 14 Rn. 39.
72 Vgl. Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Rn. 8 f.
73 Vgl. Martinek, Franchising im Handelsrecht, S. 1362-1379, S. 1370.
74 Flohr, in: Martinek/Semler/Flohr, Handbuch des Vertriebsrechts, § 29 Rn. 22.
75 Vgl. Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 84 Rn. 221.
76 Vgl. Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Rn. 14.
77 Vgl. Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, §84 Rn. 209.
78 Vgl. Martinek, in: Martinek/Semler/Flohr, Handbuch des Vertriebsrechts, § 4 Rn.
79 Vgl. Martinek, in: Martinek/Semler/Flohr, Handbuch des Vertriebsrechts, § 4 Rn. 67.
80 Vgl. Flohr, in: Liebscher/Petsche, Handbuch der EU-Gruppenfreistellungsverordnung, § 14 Rn. 39.
81 Vgl. Martinek, in: Martinek/Semler/Flohr, Handbuch des Vertriebsrechts, § 4 Rn. 63 f.
82 Vgl. Riedl/Schwenken, Der Franchisevertrag, S. 18; Harke, Münchner Kommentar zum BGB, Art. 4 Rn. 143.
83 Vgl. Rafsendjani, in: Krauß/Weise, Beck'sche Online Formulare Vertrag, 23.3 Rn. 2.
84 Vgl. Conrads/Schade, Internationales Wirtschaftsprivatrecht, 2012, S. 35.
85 Vgl. Kern, Pachtrecht, §§ 581-597, Rn. 3 f.
86 Vgl. Schimansky, Der Franchisevertrag nach deutschem und niederländischem Recht, 2003, 54 f.
87 Vgl. Poll, Datenschutz durch und in Unternehmensgruppen im europäischen Datenschutzrecht, 2018, S. 191 f.
88 Vgl. Martinek, Franchising im Handelsrecht, S. 1370.
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- Anonymous,, 2021, Franchising in Deutschland. Rechtliche Grenzen und Rahmenbedingungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1313120
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