Die Corona-Pandemie hat sämtliche Lebens- und Arbeitsbereiche tiefgreifend verändert und beeinflusst. Ein wesentlicher Aspekt in diesem Kontext betrifft u.a. das Führungsverhalten und die dafür notwendigen Kompetenzen. Aus diesem Grund untersucht die vorliegende Arbeit, inwiefern das Coronavirus zu Veränderungen im Führungsverhalten und den Führungskompetenzen beigetragen hat. Hierfür wird zunächst auf Basis aktueller wissenschaftlicher Führungskonzepte der Begriff „Digitale Führung“ operationalisiert, um im Anschluss daran die hergeleiteten Hypothesen anhand eines Fragebogens zu prüfen.
Für die Analyse der Fragestellungen werden zwei neue Variablen berechnet, welche die Bedeutung digitaler Führungskompetenzen sowie die Anwendung digitaler Arbeitsformen messen. Außerdem kommt der Chi2-Test zur Anwendung. In diesem Zusammenhang zeigen die Ergebnisse, dass sowohl die Bedeutung digitaler Führungskompetenzen als auch die Anwendung digitaler Arbeitsmethoden und Arbeitsformen seit Beginn der Corona-Pandemie zugenommen haben. Allerdings können in Bezug auf das Führungsverhalten keine signifikanten Unterschiede zwischen unterschiedlichen Branchen festgestellt werden. Zuletzt werden schließlich allgemeine Handlungsempfehlungen für die Arbeitswelt der Zukunft abgeleitet. Dabei ist insgesamt anzunehmen, dass sich hybride Arbeitsmodelle nach der Corona-Pandemie durchsetzen werden. Dies ist insbesondere in Berufen und Branchen zu erwarten, deren Aufgabenbereiche mobile und flexible Arbeitsmodelle zulassen.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Begriffsdefinitionen
2.1.1 Coronavirus
2.1.2 Digitalisierung
2.1.3 Digitale Führung
2.2 Führungsmodelle und Ansätze
2.2.1 Holocracy
2.2.2 Servant Leadership
2.2.3 Transformationale Führung
2.2.4 Das VOPA+-Modell
2.3 Zusammenfassung
3 Methode
3.1 Herleitung der Hypothesen und Präzisierung der Leitfragen
3.2 Operationalisierung des Begriffs „Digitale Führung“
3.3 Aufbau des Fragebogens, Stichprobe und Auswahlverfahren
4 Ergebnisse
4.1 Deskriptive Statistik
4.2 Hypothesenprüfung
5 Diskussion
5.1 Interpretation der Ergebnisse
5.2 Reflexion der Ergebnisse an den Gütekriterien
5.2.1 Objektivität
5.2.2 Reliabilität
5.2.3 Validität
5.3 Handlungsempfehlungen für die Zukunft
5.4 Zusammenfassung und Ausblick
Anlagen
Literaturverzeichnis
Abstract
Die Corona-Pandemie hat sämtliche Lebens- und Arbeitsbereiche tiefgreifend verändert und beeinflusst. Ein wesentlicher Aspekt in diesem Kontext betrifft u.a. das Führungsverhalten und die dafür notwendigen Kompetenzen. Aus diesem Grund untersucht die vorliegende Arbeit, inwiefern das Coronavirus zu Veränderungen im Führungsverhalten und den Führungskompetenzen beigetragen hat. Hierfür wird zunächst auf Basis aktueller wissenschaftlicher Führungskonzepte der Begriff „Digitale Führung“ operationalisiert, um im Anschluss daran die hergeleiteten Hypothesen anhand eines Fragebogens zu prüfen. Für die Analyse der Fragestellungen werden zwei neue Variablen berechnet, welche die Bedeutung digitaler Führungskompetenzen sowie die Anwendung digitaler Arbeitsformen messen. Außerdem kommt der Chi[2]-Test zur Anwendung. In diesem Zusammenhang zeigen die Ergebnisse, dass sowohl die Bedeutung digitaler Führungskompetenzen als auch die Anwendung digitaler Arbeitsmethoden und Arbeitsformen seit Beginn der Corona-Pandemie zugenommen haben. Allerdings können in Bezug auf das Führungsverhalten keine signifikanten Unterschiede zwischen unterschiedlichen Branchen festgestellt werden. Zuletzt werden schließlich allgemeine Handlungsempfehlungen für die Arbeitswelt der Zukunft abgeleitet. Dabei ist insgesamt anzunehmen, dass sich hybride Arbeitsmodelle nach der Corona-Pandemie durchsetzen werden. Dies ist insbesondere in Berufen und Branchen zu erwarten, deren Aufgabenbereiche mobile und flexible Arbeitsmodelle zulassen.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Hierarchische Pyramidenform versus Holocracy
Abbildung 2: Prinzip der Transformationalen Führung
Abbildung 3: Das VOPA+-Modell
Abbildung 4: Strukturbaum des Konstrukts „Digitale Führung"
Abbildung 5: Häufigkeitsverteilung der Altersgruppen
Abbildung 6: Branchenzugehörigkeit der befragten Führungskräfte
Abbildung 7: Häufigkeitsverteilung der Variablen „FA_1“
Abbildung 8: Häufigkeitsverteilung der Variablen „VT_2"
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Zusammenfassung der abgeleiteten Hypothesen
Tabelle 2: Operationalisierung der digitalen Führungskompetenzen
Tabelle 3: Operationalisierung der digitalen Arbeitsformen und -methoden
Tabelle 4: Zentrale Lage- und Verteilungsparameter der Indikatoren zur Erhebung der Dimension „Digitale Arbeitsformen und -methoden"
Tabelle 5: Häufigkeitsverteilung und zentrale Lageparameter der Variablen „VT_3“
Tabelle 6: Zentrale Lage- und Verteilungsparameter der Variablen „BD_KOMP"
Tabelle 7: Zentrale Lage- und Verteilungsparameter der Variablen „BD_AM"
Tabelle 8: Zuordnung der Fragestellungen zu den jeweiligen Variablen und Indikatoren
Tabelle 9: Angaben zu Führungserfahrung und Unternehmensgröße
Tabelle 10: Häufigkeitsverteilung der Indikatoren zur Erhebung der Dimension „Digitale Arbeitsformen und -methoden“
Tabelle 11: Zentrale Lage- und Verteilungsparameter der Indikatoren zur Erhebung der Dimension „Digitale Führungskompetenzen"
Tabelle 12: Häufigkeitsverteilung der Indikatoren zur Erhebung der Dimension "Digitale Führungskompetenzen"
Tabelle 13: Häufigkeitsverteilung der berechneten Variablen „BD_KOMP"
Tabelle 14: Häufigkeitsverteilung der berechneten Variablen „BD_AM"
Tabelle 15: Chi[2]-Test der Variablen „branche" und „BD_AM"
Tabelle 16: Chi[2]-Test der Variablen „branche" und „BD_KOMP"
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Die Verbreitung und das Auftreten des Coronavirus, welches auch als SARS-CoV-2 oder COVID-19 bezeichnet wird, ist seit Beginn 2020 weltweit verantwortlich für eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Krise. So sorgen diverse Reise- und Handelsbeschränkungen zu großen Verlusten im Außenhandel. Internationale Lieferketten werden gestört, Produktionsabläufe behindert und bestimmte Güter sowie Dienstleistungen weniger nachgefragt. Dadurch können Firmen geplante Investitionen nicht tätigen und müssen ihre Beschäftigten vermehrt zur Kurzarbeit anmelden oder sogar entlassen. Dies bestätigen neueste Erhebungen, die zeigen, dass bis April 2020 zehn Millionen Menschen zur Kurzarbeit angemeldet wurden und die Arbeitslosenquote um 1,3 % gegenüber dem Vorjahr zugenommen hat (Goudz & Erdogan, 2021, S. 11–14). Gleichzeitig sorgen die wirtschaftlichen Ausmaße der Corona-Pandemie für eine geänderte Wahrnehmung der Digitalisierung. So beschleunigt die Corona-Krise den digitalen Wandel und verdeutlicht, welchen wertvollen Beitrag digitale Technologien leisten können, um Prozesse im Unternehmen zu vernetzen und die Kommunikation mit den Kunden und Partnern aufrechtzuhalten. Dabei können Startups und generell jüngere Unternehmen grundsätzlich leichter mit diesen Herausforderungen umgehen als konservativ geführte Organisationen (Bodemann, Fellner & Just, 2021, Vorwort; Goudz & Erdogan, 2021, S. 14). Des Weiteren erfordern die durch die Corona-Krise notwendigen Kontaktbeschränkungen Maßnahmen seitens der Unternehmen, um den Betrieb aufrecht erhalten zu können. So müssen – sofern in den jeweiligen Berufsgruppen möglich – zwangsläufig die Arbeitsorganisation und die Arbeitsabläufe umgestaltet werden, sodass neue digitale Arbeitsstrukturen entstehen (z.B. vermehrter Einsatz von Tools und Instrumenten für virtuelle Meetings) (Bodemann et al., 2021, Vorwort). Außerdem werden u.a. bedingt durch staatliche Auflagen in vielen Firmen orts- und zeitunabhängige Arbeitsmodelle, wie z.B. flexible Arbeitszeiten und Home Office, etabliert. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass im Zuge der Corona-Pandemie der Anteil von Mitarbeitern, die von zuhause arbeiten, stark angestiegen ist. Waren vor der Corona-Krise nur ca. vier Prozent der Arbeitnehmer im Home Office, ist dieser Prozentsatz während den ersten Kontaktbeschränkungen im April 2020 bereits auf 27 Prozent angewachsen (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI), 2021). Diese Entwicklungen verdeutlichen jedoch auch, dass sich nicht nur die Arbeitsweise verändert. Vielmehr beeinflussen die Corona-Pandemie und die voranschreitende Digitalisierung maßgeblich auch die Führung von Unternehmen und Mitarbeitern sowie das Führungsverhalten. Dies wird dadurch begründet, dass veränderte ökonomische Bedingungen zu Anpassungen von Geschäftsmodellen und ganzen Industriezweigen führen. Darüber hinaus werden die Märkte und der Wettbewerb zunehmend volatiler, sodass es für Unternehmen schwieriger wird, langfristige strategische Entscheidungen zu treffen. Infolgedessen steigt sowohl die Unsicherheit bei den Mitarbeitern als auch bei den Firmen in Bezug auf die wirtschaftliche Zukunft (Reinhardt & Lueken, 2018, S. 1–2). Deshalb müssen sich Unternehmen diesen Herausforderungen stellen und können infolgedessen langfristig nur wettbewerbsfähig sein, wenn auch die Führungsmodelle und Führungskompetenzen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie an die veränderten Rahmenbedingungen der Digitalisierung angepasst und weiterentwickelt werden.
1.2 Zielsetzung
Das Ziel der Arbeit ist, zu erheben, wie Führung während der Corona-Krise gesehen wird und wie sich das Führungsverhalten während und aufgrund der Corona-Pandemie verändert hat. Dabei sollen sowohl die Veränderungen als auch deren Ausmaß untersucht werden, um festzustellen, ob Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen Branchen existieren. Darüber hinaus sollen Handlungsempfehlungen für die Zukunft abgeleitet werden. Deshalb geht die Arbeit auch der Frage nach, welche Veränderungen nach der Krise möglicherweise weiterhin für den Arbeitsalltag übernommen werden. Dabei wird der Untersuchungsgegenstand auf Basis unterschiedlicher digitaler Führungsansätze sowie anhand einer eigens angefertigten quantitativen Onlinebefragung erhoben.
Zusammengefasst ergeben sich für die vorliegende Masterthesis somit die folgenden Leitfragen:
1. Welche digitalen Führungsansätze gibt es?
2. Wie wird Führung in verschiedenen Branchen während der Corona-Krise gesehen?
3. Wie hat sich Führung und das Führungsverhalten während der Corona-Pandemie verändert?
4. Welche Handlungsempfehlungen folgen daraus für die digitale Führung der Zukunft?
1.3 Aufbau der Arbeit
Die Masterthesis beginnt mit der Erarbeitung der Theoretischen Grundlagen, nachdem im ersten Teil auf die Relevanz des Themas hingewiesen wurde. Basierend auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft werden dabei zunächst die drei Begriffe Coronavirus, Digitalisierung und Digitale Führung definiert, um im Anschluss daran diverse Führungsmodelle und -ansätze zu erläutern. Aus den vorgestellten Konzepten werden im darauffolgenden Kapitel Hypothesen im Kontext zur aktuellen wirtschaftlichen Situation, Arbeitsweise und vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie abgeleitet. Diese werden nachfolgend im weiteren Verlauf der Arbeit anhand einer Fragebogenerhebung untersucht. Dazu wird zunächst das Konstrukt „Digitale Führung“ operationalisiert, um im daran anschließenden Unterkapitel die Stichprobe sowie die gewählten Auswahlverfahren zu beschreiben. In Kapitel 4 werden dem Leser schließlich die Ergebnisse präsentiert, indem die deskriptiven Statistiken zu den erhobenen Variablen ausgewertet und die Hypothesen geprüft werden. Diese Ergebnisse werden anschließend in Kapitel 5 interpretiert und an den wissenschaftlichen Gütekriterien der Objektivität, Reliabilität und Validität reflektiert. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick, nachdem konkrete Handlungsempfehlungen für die Zukunft abgeleitet wurden.
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Begriffsdefinitionen
2.1.1 Coronavirus
Coronaviren, welche auch als SARS-CoV-2 oder COVID-19 bezeichnet werden, sind eine Gruppe hochgradig diverser, umhüllter einzelsträngiger RNA-Viren und stammen ursprünglich von Fledermäusen. Das Virus wurde erstmalig im Dezember 2019 in der chinesischen Stadt Wuhan in der Provinz Hubei beim Menschen nachgewiesen (He, Deng & Li, 2020, S. 719). Dabei wird die Krankheit sehr schnell durch Einatmen oder Kontakt mit infizierten Tröpfchen übertragen, wobei die Inkubationszeit zwischen zwei und vierzehn Tagen beträgt. Die Symptome sind sehr vielfältig und reichen von Fieber, Husten und Halsschmerzen bis hin zu Kurzatmigkeit, Müdigkeit und Unwohlsein. Auch wenn das Virus bei den meisten Menschen mild verläuft, kann es v.a. bei älteren Generationen oder Personen mit Begleiterkrankungen zu Lungenentzündungen, akuter Atemnot und Multiorganversagen bis zum Tod führen (He et al., 2020, S. 720–721; Singhal, 2020, S. 281). Die Behandlung der Krankheit erfolgt symptomatisch, ist jedoch nicht immer erfolgreich. Der effektivste Schutz vor COVID-19 besteht derzeit in einer regelmäßigen Impfung. In diesem Kontext existieren bereits unterschiedliche Wirkstoffe und Hersteller auf dem Markt (z.B. Moderna, BioNTech/Pfizer, Johnson&Johnson oder AstraZeneca) wobei die Wirksamkeit und der Schutz zwischen den verschiedenen Impfstoffen je nach Virusvariante und Produzent variiert. So wird z.B. dem Impfstoff von BioNTech/Pfizer eine Wirksamkeit von ca. 93 Prozent nach der zweiten Dosis bescheinigt, wohingegen eine Impfung mit AstraZeneca einen symptomatischen COVID-19 Verlauf nur mit ca. 74 Prozent verhindert (New England Journal of Medicine, 2021). Darüber hinaus kann einer Verbreitung des Virus nur vorgebeugt werden, indem Mund-Nasenschutz-Masken getragen, Kontakte beschränkt und Infizierte angemessen isoliert werden (Singhal, 2020, S. 284–285). Daher gab es und wird es weiterhin je nach aktuellem Ausmaß der Krankheit politische Verordnungen, Regeln und Einschränkungen des alltäglichen Lebens (wie z.B. die Schließung aller Geschäfte des nichttäglichen Bedarfs oder Kapazitätsgrenzen bei öffentlichen Veranstaltungen) geben. Zur Bewertung der Situation werden in Deutschland aktuelle Fallzahlen zu COVID-19 täglich vom Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlicht. So haben sich nach derzeitigem Stand seit Beginn der Pandemie bereits über 15 Mio. Menschen in Deutschland mit der Krankheit infiziert, wovon mehr als 120.000 Personen an Corona oder deren Folgen verstorben sind (Robert Koch Institut, 2022). Die tatsächlichen Fallzahlen dürften allerdings weitaus höher liegen, da die Gesundheitsämter in Deutschland vielerorts überlastet sind und dadurch nicht alle positiven Fälle digital vom RKI erfasst werden. Nachgewiesen werden kann das Virus letztlich durch Labordiagnosetests, indem sogenannte PCR- oder Antigen-Schnelltests ausgewertet werden. Dabei wird zuvor aus den Atemwegen (Rachen oder Nase) der betroffenen Person Sekret extrahiert (He et al., 2020, S. 722–723).
Wie bereits eingangs in dieser Arbeit erwähnt, führen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (z.B. Reise- und Kontaktbeschränkungen) zu massiven globalen, wirtschaftlichen Auswirkungen. Geschäfte des nichttäglichen Bedarfs müssen bspw. schließen, sodass die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen sinkt. Dies hat wiederum zur Folge, dass internationale Lieferketten zusammenbrechen und Produktionsabläufe gestört werden. Infolgedessen können viele Unternehmen wichtige Investitionen nicht mehr tätigen, sodass sich immer mehr Firmen dazu gezwungen sehen, ihre Mitarbeiter zur Kurzarbeit anzumelden oder sogar zu entlassen (Goudz & Erdogan, 2021, S. 12–14). Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Arbeitslosenquote in Deutschland im August 2020 mit 6,4 Prozent einen neuen Höchststand erreichte (Bundesagentur für Arbeit, 2022a). Ebenso hat der Anteil an Kurzarbeit aufgrund der Corona-Pandemie deutlich zugenommen, sodass sich im April 2020 mehr als 6 Mio. Personen in Kurzarbeit befanden (Bundesagentur für Arbeit, 2022b). Diese Entwicklungen verdeutlichen, dass sich die weltweite Lage enorm verändert hat. Eine Bewältigung der Wirtschaftskrise ist deshalb v.a. davon abhängig, inwieweit das Infektionsgeschehen von COVID-19 eingeschränkt werden kann. Hierbei ist die Digitalisierung als Chance zu betrachten und bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten, einen wesentlichen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie zu leisten (siehe hierzu Abschnitt 2.1.2) (Goudz & Erdogan, 2021, S. 14).
2.1.2 Digitalisierung
Die Digitalisierung existiert nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie, sondern beeinflusst schon länger sämtliche Bereiche des privaten wie auch beruflichen Lebens. Dadurch hat der Begriff mehrere Bedeutungen, sodass sich eine allgemeine, umfassende und wissenschaftliche Definition als schwierig erweist. Außerdem ist eine Erläuterung des Begriffs immer vom Blickwinkel abhängig, aus dem der Terminus betrachtet wird. Dennoch liefert das Gabler Wirtschaftslexikon einen ersten generischen Definitionsansatz. Darin betrachtet Oliver Bendel den Begriff als „die digitale Umwandlung und Darstellung bzw. Durchführung von Information und Kommunikation oder die digitale Modifikation von Instrumenten, Geräten und Fahrzeugen“ (Bendel, 2021). Im Mittelpunkt dieser Definition stehen nach Ansicht des Autors v.a. disruptive Technologien, innovative Geschäftsmodelle, Automatisierung und Flexibilisierung sowie Individualisierung. In der Praxis werden für den Begriff „Digitalisierung“ daher häufig Synonyme verwendet wie bspw. „vierte industrielle Revolution“ oder „Industrie 4.0“ (Bendel, 2021). Auch die Autoren Wolf und Strohschen greifen bei ihrer Begriffsdefinition das breite Themenspektrum von Digitalisierung auf und beziehen die Aspekte aus der Definition des Gabler Wirtschaftslexikons mit ein. Folglich definieren sie Digitalisierung als einen Prozess, der analoge Informationen oder Gegebenheiten in ein digitales Modell überführt, die Daten automatisiert verarbeitet und die Ergebnisse schließlich wieder zurücktransformiert (Wolf & Strohschen, 2018, S. 58). An dieser Stelle ist ferner anzumerken, dass der obig erläuterte Aspekt Ähnlichkeiten zu anderen Definitionsansätzen aufweist, da bspw. die Autoren Schawel und Billing ebenso auf die Umwandlung manueller Prozesse und physischer Objekte in digitale Varianten hinweisen. Sie betonen zudem die Nutzung neuer bzw. leistungsfähiger Technologien, wie z.B. Social Media und Künstliche Intelligenz (Schawel & Billing, 2018). Dadurch können nicht nur große Datenmengen auf einfache Weise verknüpft, gespeichert, wiedergegeben oder verbreitet werden. Vielmehr ergeben sich gleichzeitig eine Vielzahl neuer Nutzenarten und Anwendungsgebiete für Unternehmen, die daneben auch zur Bekämpfung der Corona-Pandemie genutzt werden können. Als Beispiele lassen sich in diesem Kontext u.a. die Digitalisierung von Corona-Test- und Impfzertifikaten, die Beschleunigung und effiziente Steigerung von Prozessen, die Vermeidung von Fehlerquellen, die Realisierung von Kostenvorteilen sowie die Erweiterung und Erneuerung von angebotenen Produkten und Services anführen (Goudz & Erdogan, 2021, S. 6–7; Mühlfelder, Mettig & Klein, 2017, S. 90; Schawel & Billing, 2018). Damit wird insgesamt deutlich, dass Digitalisierung in der heutigen Geschäftswelt ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen ist und die gesamte Wertschöpfungskette einer Organisation betroffen ist. Außerdem führt die Digitalisierung zu einer steigenden Dynamik, sodass neue Märkte entstehen und sich bestehende schnell verändern. Dabei ist in diesem Kontext abschließend anzumerken, dass sich Digitalisierung nicht nur auf eine bestimmte Berufsgruppe beschränkt, sondern nahezu alle Branchen betroffen sind (Goudz & Erdogan, 2021, S. 6; Kruse Brandão & Wolfram, 2018, S. 25; Schallmo, Rusnjak, Anzengruber, Werani & Jünger, 2017, S. 5; Wolf & Strohschen, 2018, S. 59–60).
2.1.3 Digitale Führung
Die fortschreitende Digitalisierung verändert nicht nur Branchen und Geschäftsmodelle, sondern sorgt auch für eine zunehmende Transformation von Führung, sodass ein neues Verständnis und neue Führungsansätze notwendig werden (von Ameln & Geramanis, 2020, S. S.137). Häufig werden diese Faktoren in der wissenschaftlichen Literatur unter den Begriffen „Digitale Führung“, „Digital Leadership“, „Leadership 4.0“ oder auch „E-Führung“ zusammengefasst. Auch wenn aufgrund der Aktualität des Themas noch keine einheitliche, wissenschaftliche Definition des Begriffs existiert, so weisen die verschiedenen Ansätze dennoch einige Gemeinsamkeiten auf (Teichmann & Hüning, 2018, S. 27–28). So betonen z.B. die Autorinnen Hasenbein und Berninger-Schäfer die wachsende Bedeutung digitaler Medien, sodass sich infolgedessen auch die Kommunikations- und Interaktionsmöglichkeiten wandeln (Berninger-Schäfer, 2019, S. 76; Hasenbein, 2020, S. 100–101). Ebenso heben die Wissenschaftler Antoni und Syrek hervor, wie wichtig in Zukunft die sozialen Kompetenzen, Einstellungen und Verhaltensweisen von Führungskräften sein werden. Sie verstehen digitale Führung deshalb als Veränderungsprozess mit dem Ziel, die eben genannten Aspekte bei einzelnen Beschäftigten und innerhalb von Gruppen wie auch Unternehmen zu beeinflussen. Dabei differenzieren sie zusätzlich zwischen personaler und strukturaler Führung von diesen Akteuren. Daneben spielt außerdem Selbstführung und geteilte Führung in Teams und Organisationen eine zentrale Rolle (Antoni & Syrek, 2017, S. 248–249). Auch Werther und Bruckner definieren digitale Führung als eine neue Herausforderung, bei der es darum geht, den Einfluss der Digitalisierung in den neuen Führungsansätzen zu berücksichtigen und die Kompetenzen an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Ferner stellen die Wissenschaftler klar, dass dies nicht nur methodische und fachliche Qualifikationen beinhaltet, sondern darüber hinaus personale und soziale Kompetenzen betroffen sind. Wie bereits bei den vorangegangenen Definitionen ebenfalls erwähnt, werden auch hier als Beispiele die wachsende Bedeutung der Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit genannt. Des Weiteren dürfen die Team- und Entscheidungsfähigkeit sowie die Medien- und interkulturelle Kompetenz nicht vernachlässigt werden (Ciesielski & Schutz, 2016, S. 122–123; Werther & Bruckner, 2018, S. 48–49). Aus diesem Grund umfasst nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Personalführung „Digital Leadership“ insbesondere die nachfolgend erläuterten neuen Führungsaufgaben (Werther & Bruckner, 2018, S. 49):
Führen im digitalen Transformationsprozess: Führungskräfte müssen zukünftig Transformationsprozesse in ihren Organisationen begleiten, indem sie als Vorbilder flexibel auf die Veränderungen reagieren und den Wandel aktiv mitgestalten.
Führen von digitaler Diversität: In der heutigen Arbeitswelt lösen sich hierarchische Strukturen in den Unternehmen immer mehr auf, sodass Teams sich vermehrt aus Mitarbeitern unterschiedlicher Altersgruppen und unterschiedlicher Erfahrung zusammensetzen. Digitale Führung muss diesen Aspekten gleichermaßen gerecht werden. Führen von virtuellen Teams: Digitalisierung sorgt für eine steigende Dynamik und Flexibilität sowie neue technische Möglichkeiten. Infolgedessen eröffnen sich neuartige Arbeitsmodelle, die auch die Kommunikation beeinflussen. Führungskräfte müssen diese veränderten Rahmenbedingungen daher zukünftig in ihrem Denken und Handeln berücksichtigen sowie ihr Führungsverhalten danach ausrichten. Führen im komplexen und agilen Projektumfeld: Die bereits erwähnte Schnelllebigkeit, die durch die Digitalisierung hervorgerufen wird, sorgt u.a. für kürzere Entwicklungszeiten bei steigender Komplexität. Führungskräfte müssen deshalb reagieren, um in einem agilen und volatilen Projektumfeld handlungsfähig zu bleiben.
Zusammenfassend lässt sich in diesem Kontext somit abschließend festhalten, dass der Begriff „digitale Führung“ nicht nur einen konkreten Führungsansatz beschreibt. Stattdessen umfasst der Terminus generell die „erfolgreiche Führung in Zeiten der digitalen Transformation“ (Wagner, 2018, S. 13). Dadurch können grundsätzlich alle neuartigen Führungsansätze unter dem Begriff zusammengefasst werden, welche die durch die Digitalisierung hervorgerufene wachsende Dynamik und veränderten Rahmenbedingungen berücksichtigen.
2.2 Führungsmodelle und Ansätze
2.2.1 Holocracy
Holocracy ist ein neuartiger Führungsansatz und wurde ursprünglich von dem US-amerikanischen Unternehmer Brian J. Robertson aus der agilen Software-Entwicklung abgeleitet. Der Begriff setzt sich aus den griechischen Wörtern „holon“ und „kratia“ zusammen, wobei ersteres für etwas Ganzes steht, das ebenso Teil eines größeren Ganzen ist und letzteres wörtlich übersetzt Herrschaft bedeutet (Csar, 2017, S. 155; Summa, 2016, S. 118). Das Führungsmodell zeichnet sich dadurch aus, dass die traditionelle hierarchische Pyramidenform von verschiedenen selbstorganisierenden Kreisen bzw. Teams ersetzt wird. Dabei werden die Kreise nach Sinn und Zweck der zuständigen Bereiche aufgeteilt sowie vorgegebene definierte Rollen zur Verfügung gestellt. Somit kennzeichnet das Führungsmodell insbesondere eine geteilte Autorität sowie die Verteilung der Entscheidungsmacht auf die gebildeten Kreise und Rollen. Infolgedessen verläuft eine Entscheidungsfindung auch dezentral. Außerdem ist es im Vergleich zur hierarchischen Einordnung möglich, dass ein Mitarbeiter zu unterschiedlichen Kreisen gehören und mehrere Rollen innehaben kann (vgl. hierzu Abbildung 1) (Csar, 2017, S. 155; Summa, 2016, S. 118).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Hierarchische Pyramidenform versus Holocracy
(Quelle: Eigene Darstellung)
Ein weiterer zentraler Faktor des Führungsmodells stellt schließlich die „Holocracy-Verfassung“ dar. In diesem Regelwerk sind sämtliche Zuständigkeiten, Verantwortungen, Entscheidungskreise, Rollen und Ablaufpläne für Meetings bzw. Entscheidungsprozesse beschrieben. So bietet Holocracy bspw. die Möglichkeit, in sogenannten „Governance Meetings“ bestehende Rollen zu ändern sowie neue Verantwortlichkeiten und Unterkreise zu definieren. In „Operativen Meetings“ werden wiederum alle Entscheidungen getroffen, die einem Aufgabenkreis zugehörig sind. In diesem Kontext sind des Weiteren zwei Spezialrollen hervorzuheben, die für die notwendige Transparenz zwischen den unterschiedlichen Aktivitäten und Abstimmungen zu den Entscheidungslinien des Unternehmens sorgen, indem sie an den Meetings anderer Organisationskreise teilnehmen. So hat der „Lead-Link“ einen Überblick über alle zu besetzenden Rollen des eigenen Kreises, sodass Absichten einer übergeordneten Einheit gegenüber den Tätigkeiten eines untergeordneten Kreises vertreten werden können. Der „Repräsentativ-Link“ achtet wiederum darauf, die richtigen Rahmenbedingungen für einen untergeordneten Kreis zu schaffen, indem die Arbeit dieser Einheit im höher gestellten Kreis transparent dargelegt wird. Insgesamt wird dadurch nochmals deutlich, woher das Führungsmodell seinen Namen hat, da beide Rollen in jeweils zwei Entscheidungsprozesse involviert sind und durch die Verlinkung der in sich geschlossenen Kreise eine übergeordnete Gesamtheit entsteht (Ciesielski & Schutz, 2016, S. 72; Csar, 2017, S. 155–156; Laloux, 2015, S. 120; Summa, 2016, S. 118).
Zusammenfassend lassen sich somit als zentrale Kernelemente von Holocracy die Trennung von Rolle und Identität, Selbstorganisation, -führung und -verantwortung sowie nicht zuletzt die Holocracy-Verfassung identifizieren. Ferner befähigt die daraus resultierende dezentrale Entscheidungsfindung bzw. geteilte Autorität die Mitarbeiter nicht nur zu mehr Selbständigkeit und Disziplin, sondern sorgt gleichzeitig auch für eine höhere Flexibilität und mehr Zufriedenheit, da die Organisationsstrukturen kontinuierlich und organisch verändert werden können. Nicht zuletzt zielt das Modell darauf ab, die Effizienz in Bezug auf die Entscheidungsfindung und Arbeitsweise zu erhöhen (Ciesielski & Schutz, 2016, S. 72; Laloux, 2015, S. 120–121; Summa, 2016, S. 117). Positiv lässt sich außerdem hervorheben, dass die Organisationsstruktur anhand der Markt- und Kundenbedürfnisse ausgerichtet wird. Infolgedessen werden hierarchische Modelle abgeschafft und die Agilität gefördert, da Entscheidungen integrativ und im Kollektiv getroffen werden (Robertson, 2016, S. 67; Summa, 2016, S. 120). Zusammengefasst wird das eben erläuterte Führungsmodell den Ansprüchen der Digitalisierung insofern gerecht, da Kontrolle und Planung durch dynamische Prozesse, direktes Feedback und Vertrauen in die kollektive Intelligenz ersetzt werden (Csar, 2017, S. 157; Robertson, 2016, S. 123). Gleichzeitig ist jedoch auch ein kritischer Blick auf den Ansatz notwendig. So bietet Holocracy zwar bspw. Lösungsoptionen, wie mit Spannungen umzugehen ist, ob diese in der Praxis allerdings für den jeweiligen Kontext und alle Beteiligten im Zuge ihrer Handlungen angemessen sind, bleibt fraglich. Des Weiteren besteht die Gefahr, durch die Abkehr von hierarchischen Konzepten gruppen- und organisationsdynamische Herausforderungen zu verschärfen. Kritisiert werden kann außerdem die Etablierung selbstorganisierender Kreise. Dies wird dadurch begründet, dass eine Abschaffung der Hierarchie nur bedingt gegeben ist, da durch die Verlinkung der Kreise zueinander gleichzeitig eine vertikale Hierarchie entsteht und die Selbstorganisationsprozesse somit weiterhin hierarchisch in eine Gesamtstruktur der Organisation eingebettet sind. Abschließend ist deshalb anzumerken, dass Holocracy immer in Abhängigkeit des Unternehmenskontexts betrachtet werden muss. Meist ist der Ansatz dort gut geeignet, wo Mitarbeiter neben ihrer fachlichen Kompetenz auch zwischenmenschliche und organisationale Widersprüche thematisieren können sowie der Blick auf das Ganze gewahrt bleibt (Csar, 2017, S. 156–158). Daher wird das Modell häufig in neuen Startups, kleinen Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen angewandt (Hartje, o. J.).
2.2.2 Servant Leadership
Ein Führungsmodell, das seit Beginn des 21. Jahrhunderts zunehmend an Akzeptanz gewinnt, ist „Servant Leadership“, wobei der Begriff bereits in den 70er Jahren von Robert K. Greenleaf maßgeblich geprägt wurde. Im Fokus von Servant Leadership stehen v.a. die Wertschätzung von Individuen, die Entwicklung von Menschen, das authentische Leben und Vorleben von Werten, der Aufbau einer Gemeinschaft sowie die Sorge um die Mitarbeiter. Dabei zielt das Modell darauf ab, dass Führungskräfte als Vorbild im Unternehmen vorangehen und sich um die eben genannten Aspekte kümmern (Hinterhuber, Pircher-Friedrich, Reinhardt & Schnorrenberg, 2007, S. 11). Aus diesem Grund wird das Konzept auch als „Servant Leadership“ bzw. „dienende Führung“ bezeichnet, da sich nach Ansicht von Greenleaf herausragende Führungspersönlichkeiten insbesondere dadurch auszeichnen, dass sie als Diener agieren. Ferner ist in diesem Zusammenhang ergänzend anzumerken, dass das „Dienen“ nicht als Leitungsfunktion, sondern vielmehr als natürliche Lebenshaltung zu betrachten ist, die sich auf alle Lebensbereiche erstreckt (Choudhary, Akhtar & Zaheer, 2013, S. 434; Hasenbein, 2020, S. 104; Hinterhuber et al., 2007, S. 26). Daher kann bei dienender Führung zunächst eine grobe Einteilung in die zwei Konstrukte „Ethisches Verhalten“ und „Fürsorge für die Untergebenen“ erfolgen. Der Fokus der beiden Bestandteile liegt insbesondere auf einer altruistischen bzw. uneigennützigen Haltung, indem sich Führungskräfte vorrangig auf die Entwicklung und das Wohlergehen der Belegschaft konzentrieren und die eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund stellen. Dies beinhaltet ebenso, die Mitarbeiter zu respektieren, ihnen zu vertrauen und ihre persönliche Weiterentwicklung individuell zu fördern (Choudhary et al., 2013, S. 434–435; Vieweg, 2019, S. 75–76). Schnorrenberg ergänzt diese Ausführungen, indem er die weiteren wesentlichen Merkmale dienender Führung wie folgt zusammenfasst (Hasenbein, 2020, S. 105; Hinterhuber et al., 2007, S. 28):
Entwicklung zunehmender Dienstbarkeit und Engagement, um einerseits selbst zu wachsen wie auch andererseits das Wachstum der Mitarbeiter zu fördern Ganzheitliche Betrachtung der Qualitäten, welche Belegschaft, Arbeit und Teamzusammenhalt mit sich bringen. Übergreifendes Verständnis der Führungskraft für Identität, Mission, Vision und Umgebung der Organisation und Mitarbeitenden Entwicklung von Intuition und aktivem Zuhören, um die Zusammenarbeit zu fördern Insbesondere zuletzt genannter Aspekt ist ein wesentlicher Bestandteil der Entscheidungs- und Kommunikationsfähigkeit, die von Führungskräften erwartet wird. Dabei beinhaltet aktives Zuhören nicht nur das Zuhören selbst, sondern auch die Fähigkeit, das Gesagte des Gegenübers urteilsfrei zu reflektieren und unbewusst versendete Botschaften (z.B. durch Mimik und Gestik) wahrzunehmen. Letztlich fördert die Führungskraft dadurch den Aufbau von Vertrauen zu seinen Mitarbeitern (Hinterhuber et al., 2007, S. 30).
Zusammenfassend zeichnet sich dienende Führung somit durch eine moralische Autorität der Führungskraft aus, die mit Gewissen führt und die eigene Machtposition bewusst aufgibt, um den Mitarbeitern zu helfen und sie nicht zu beherrschen (Stahel, Ahankoob & Nguyen, 2022). Dies beinhaltet auch, die Eigenverantwortung innerhalb der Belegschaft zu fördern, die Entscheidungen des Teams zu tragen und zu unterstützen sowie ehrliches Verständnis und Empathie zu zeigen (Hasenbein, 2020, S. 105; Vieweg, 2019, S. 76). Dabei ist gerade Empathie eines der wichtigsten Elemente von Servant Leadership, da die Fähigkeit, Gefühle anderer Personen zu verstehen und zu teilen, nicht vorgetäuscht werden kann (Stahel et al., 2022). Umso wichtiger ist es deshalb aus Sicht der Führungskraft, sich selbst immer wieder zu hinterfragen und im Sinne der dienenden Sache selbst kritisch zu reflektieren (Hasenbein, 2020, S. 105).
Anhand der eben erläuterten Ausführungen wird abschließend deutlich, dass es sich bei Servant Leaderhship nicht um ein grundsätzlich neues Phänomen handelt. Vielmehr basiert der Führungsansatz auf bereits existierenden Werten und Idealen, die im vorgestellten Modell einer Neubewertung und Neuordnung unterzogen wurden (Hinterhuber et al., 2007, S. 28). Ferner dürfen die hier erläuterten Kernelemente von Servant Leadership nicht als fest umrissene Verhaltensrichtlinie oder Methodik betrachtet werden, da die Inhalte immer noch stark von dem individuellen Charakter jedes Einzelnen geprägt werden. Vielmehr sollen die zentralen Bestandteile von Servant Leadership zur persönlichen Weiterentwicklung der Führungskraft beitragen, indem die Führungskraft sich kritisch selbst reflektiert (Hinterhuber et al., 2007, S. 34). In der Praxis zeigt sich außerdem, wie erfolgreich Servant Leadership aus wirtschaftlicher Sicht v.a. in Amerika ist. So sind im Ranking der „100 Best Companies to Work For“, das jährlich vom Forbes Magazine veröffentlicht wird, mit mehr als ein Drittel Unternehmen gelistet, die diese Führungsphilosophie anwenden (Hinterhuber et al., 2007, S. 25).
2.2.3 Transformationale Führung
Der transformationale Führungsstil wird häufig im Zusammenhang mit dem transaktionalen Führungsverhalten erwähnt, wobei das Konzept ursprünglich auf James McGregor Burns zurückgeht und von Bernhard Bass sowie Bruce Avolio weiterentwickelt wurde. Während die weniger effektive transaktionale Führung auf Austauschverhältnissen beruht und somit das Verhalten der Mitarbeiter durch einen Austausch von Leistung und Gegenleistung (z.B. durch Zielvereinbarungen und Belohnung der Mitarbeiter mit Prämien bei Erreichen der Ziele) beeinflusst, setzt die transformationale Führung an wesentlich wirksameren Methoden der Einflussnahme und Motivation an (Jäcklin, 2021, S. 66; Pelz, 2016, S. 96). So werden bei der transformationalen Führung die Mitarbeiter durch ambitionierte Ziele und Visionen inspiriert, indem die Belegschaft in die Ziele und Visionen aktiv miteingebunden wird und die Führungskräfte dabei als Vorbild fungieren. Dadurch werden der Vertrauensaufbau wie auch die individuelle Potenzialentfaltung der Beschäftigten gefördert sowie Ziele, Einstellungen, Haltungen, Werte und Wünsche der Mitarbeiter dauerhaft zugunsten der organisationalen Zielerfüllung transformiert (Creusen, Gall & Hackl, 2017, S. 133; Felfe, 2015, S. 39; Jäcklin, 2021, S. 67). Insgesamt setzt das Konzept somit an den Glaubenssätzen, Bedürfnissen und Werten der Geführten an. Im Fokus stehen dabei die folgenden vier Basisstrategien (Groß, Müller-Wiegand & Pinnow, 2019, S. 93; Jäcklin, 2021, S. 67; Pelz, 2016, S. 96):
Charismatisches Verhalten: In der wissenschaftlichen Literatur wird dieses Verhalten oftmals auch unter dem Begriff „idealisierter Einfluss“ zusammengefasst. Führungskräfte agieren hierbei als Vorbild und stellen das Gesamtinteresse des Unternehmens über ihre persönlichen Ziele. Dadurch entsteht Respekt, Bewunderung und Vertrauen bei den Mitarbeitern. Inspiration: Transformational agierende Führungskräfte fördern den Teamgeist, den Optimismus und das Engagement bei der Arbeit, indem sie ihr Personal über die eigenen Interessen hinaus motivieren und durch anspruchsvolle, attraktive Ziele den Sinn ihrer Aufgaben verdeutlichen. Intellektuelle Stimulierung: Führungskräfte fordern ihre Mitarbeiter heraus, die eigene Arbeit aus neuen Perspektiven zu betrachten. Dadurch werden die Kreativität und Fähigkeit zur eigenständigen Problemlösung der Belegschaft gefördert, weil überholte Annahmen, Routinen und Gewohnheiten kritisch hinterfragt und völlig neue Lösungen entwickelt werden. Individuelle Wertschätzung: Führungskräfte gehen auf jeden Mitarbeiter individuell ein und richten ihr Handeln nach den persönlichen Stärken, Schwächen und Erwartungen des jeweiligen Angestellten aus. So können neue Fähigkeiten und berufliche Perspektiven entwickelt werden und das Potential jedes Einzelnen auf ein höheres Niveau gehoben werden.
Damit die oben erläuterten Verhaltensweisen etabliert werden können, bedarf es einiger Kompetenzen auf Seiten der Führungskräfte. Die Autoren Creusen, Gall und Hackl führen deshalb in diesem Kontext ergänzend an, dass Führungskräfte u.a. die Fähigkeit mit sich bringen müssen, eine Vision zu entwickeln und zu artikulieren. In engem Zusammenhang damit steht des Weiteren die Kompetenz, die entwickelte Vision in die Tat umzusetzen sowie den Mitarbeitern eine besondere Form des Ehrgeizes zu vermitteln. Dies wird damit begründet, dass eine Vision innerhalb einer Organisation ein langfristiges Vorhaben ist, sodass Ausdauer und Fachkompetenz benötigt werden. Aus diesem Grund muss dem Personal umso mehr verdeutlicht werden, dass nicht die Führungskraft, sondern die gemeinsamen Ziele und der damit verbundene Erfolg des Unternehmens im Vordergrund stehen. Außerdem handelt es sich bei der konkreten Umsetzung einer Vision immer auch um einen Lernprozess, bei dem die eigenen Kompetenzen kontinuierlich weiterentwickelt werden (Creusen et al., 2017, S. 134–135). Zusammenfassend sind die eben erläuterten Aspekte des transformationalen Führungsansatzes nochmals in Abbildung 2 veranschaulicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Prinzip der Transformationalen Führung
(Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Pelz, 2016, S. 95)
Unterzieht man das eben erläuterte Führungsmodell einer kritischen Würdigung, so belegen zahlreiche Studien, dass transformational geführte Mitarbeiter insgesamt zufriedener, intrinsisch motivierter und kreativer sind. Gleichzeitig wirken sich diese Effekte positiv auf den Teamgeist und das Verantwortungsbewusstsein der Belegschaft aus (vgl. hierzu Abbildung 2). Daneben beeinträchtigt das Konzept aber auch das Verhalten der Führungskräfte selbst, da sie über mehr persönliche Energie verfügen, weniger anfällig für stressbedingte Probleme sind und besonders positive, persönliche Beziehungen pflegen. Infolgedessen sind sie wesentlich leistungsfähiger im Vergleich zu Führungspersönlichkeiten, die mit negativen Anreizen (z.B. Druck) führen (Pelz, 2016, S. 97). Darüber hinaus ist der Ansatz nicht nur für sämtliche Hierarchiestufen und kleinere Teams geeignet, sondern leistet auch einen wertvollen Beitrag im zunehmend flexiblen und agiler werdenden Zeitalter der Digitalisierung (Creusen et al., 2017, S. 134; Hasenbein, 2020, S. 102). So fördert bspw. charismatisches Verhalten die Möglichkeiten, neue Medien und Technologien für sich zu entdecken und die Sorgen der Mitarbeiter dadurch zu reduzieren. Individuelles Feedback an die Belegschaft kann ferner dafür sorgen, neue Potenziale, welche durch die Digitalisierung entstehen, freizusetzen und die Innovationskraft zu fördern (Groß et al., 2019, S. 93–94). Zusammenfassend lässt sich an dieser Stelle somit festhalten, dass das Konzept insbesondere für Organisationen geeignet ist, die für Veränderung und Transformation inspirieren wollen, wie dies z.B. bei der Einführung digitaler Arbeitswelten der Fall ist (Hasenbein, 2020, S. 102). Allerdings weist das Modell auch einige Schwachstellen auf. In diesem Kontext kritisieren Wissenschaftler v.a. die Mehrdeutigkeit vieler Grundbegriffe sowie die Vernachlässigung wichtiger erfolgsrelevanter Kompetenzen. Pelz betont außerdem, dass anstatt der charismatisch und visionär aufgeführten Aspekte vielmehr die tatsächlich gelebten Werte einer Organisation im Fokus stehen. Deshalb sind zur Umsetzung langfristiger, unternehmerischer Ziele v.a. Prinzipien wie Einfachheit, Klarheit, Nachvollziehbarkeit, Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft von zentraler Bedeutung. Diesen Eigenschaften wird der transformationale Ansatz nur bedingt gerecht. Abschließend ist außerdem anzuführen, dass auch Kompetenzen wie Kommunikation, Umsetzungsstärke und unternehmerisches Verhalten der Führungskräfte nur unzureichend im transformationalen Führungskonzept erwähnt werden (Pelz, 2016, S. 98).
2.2.4 Das VOPA+-Modell
Die Begriffsdefinition von Digitalisierung in Abschnitt 2.1.2 weist bereits auf die Schnelllebigkeit und zunehmende Flexibilität bzw. Agilität im privaten wie auch geschäftlichen Bereich hin. In diesem Zusammenhang werden in der Arbeitswelt die Anforderungen der Digitalisierung häufig unter dem Akronym „VUCA“ zusammengefasst. Diese Abkürzung steht für „Volatility“ (= Volatilität bzw. Flüchtigkeit), „Uncertainty“ (= Unsicherheit“), „Complexity“ (= Komplexität) und „Ambiguity“ (= Mehrdeutigkeit) (Hasenbein, 2020, S. 98–99; Rascher, 2019). Dabei beschreibt Volatilität die Schwankungen, mit denen sich Unternehmen im Wettbewerb durch die Digitalisierung zunehmend konfrontiert sehen. Zudem nimmt im digitalen Zeitalter die Unvorhersehbarkeit von Ereignissen (= Unsicherheit) zu, sodass sich auch die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs immer schneller verändern. Des Weiteren ist anzuführen, dass die Komplexität von Systemen sowie die Abhängigkeiten diverser Einflussfaktoren zueinander ebenso steigt. Nicht zuletzt sorgt schließlich die wachsende Informationsflut, welche durch die Digitalisierung hervorgerufen wird, zu Mehrdeutigkeiten bzw. einem hohen Maß an Ambiguität (Rascher, 2019). Um den eben erläuterten Herausforderungen der VUCA-Arbeitswelten gerecht zu werden, bietet das VOPA+-Modell von Willms Buhse einen möglichen Lösungsansatz, da die bisherigen Management-Methoden und Kompetenzen an dieser Stelle nicht mehr ausreichen (Dahm & Thode, 2020, S. 105). In diesem Zusammenhang bilden Vernetzung, Offenheit, Partizipation, Agilität und Vertrauen die zentralen Merkmale des Führungskonzepts, dessen Anfangsbuchstaben schließlich das Akronym „VOPA+“ ergeben (vgl. Abbildung 3) (Abels, 2022, S. 8; Wolan, 2020).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Das VOPA+-Modell
(Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Hasenbein, 2020, S. 99)
Beginnend mit dem Aspekt der Vernetzung, kommt Führungskräften die zentrale Aufgabe zu, bereichs- und hierarchieübergreifend mittels digitaler Technologien Netzwerke aufzubauen. Dadurch haben Mitarbeiter nicht nur die Möglichkeit, sich auszutauschen und miteinander zu kommunizieren, sondern können gleichzeitig voneinander lernen. Aber auch außerhalb der Organisation sind Netzwerke und Kontakte zu Kunden, Partnern und Meinungsführern aus der Industrie von essentieller Bedeutung, um so Informationen über Nutzerverhalten, Markttrends und Kundenanforderungen zu erhalten. Hierbei können vernetzte, digitale Systeme einen wichtigen Beitrag leisten (Abels, 2022, S. 9; Dahm & Thode, 2020, S. 111; Keuper, Schomann, Sikora & Wassef, 2018, S. 47). Des Weiteren definiert Buhse Offenheit als zentrales Merkmal des VOPA+-Modells, um auf Veränderungen schnell reagieren zu können sowie kooperativ und transformational zu führen. Dabei muss Offenheit auf unterschiedlichen Ebenen praktiziert werden. So impliziert dieser Aspekt nicht nur, offen gegenüber neuen Ideen und Innovationen zu sein. Vielmehr geht es auch darum, dass Führungskräfte Offenheit für kulturelle Diversität und Kommunikation verkörpern. Ebenso ist es erforderlich, eine offene Risiko- und Fehlerkultur in der Organisation zu etablieren, damit sowohl das Personal als auch Führungspersönlichkeiten offen Feedback geben können und auch selbst offen für Kritik sind. Nicht zuletzt gehen damit schließlich eine lernorientierte Experimentierkultur und eine erhöhte Selbstverantwortung der Belegschaft einher (Abels, 2022, S. 9; Dahm & Thode, 2020, S. 111; Hasenbein, 2020, S. 99; Keuper et al., 2018, S. 47; Wolan, 2020, S. 12). Im Zusammenhang mit dem Merkmal der Partizipation fordert das VOPA+-Modell Führungskräfte schließlich dazu auf, Bereitschaft für neue Formen von Kollaborationen zu zeigen und gleichzeitig die Selbstverantwortung und Selbststeuerung der Mitarbeiter zu fördern. Dies kann gelingen, indem Führungskräfte Kontrolle und Entscheidungsmacht in selbstorganisierte Teams abgeben. Häufig werden derartige Arbeitsmodelle auch unter dem Begriff „New Work“ zusammengefasst. Die Autoren Dahm und Thode ergänzen diese Ausführungen, indem sie hervorheben, dass Partizipation immer auf zwei Ebenen erfolgen muss: der Mitarbeiter- und Kundenebene. Zudem inkludiert der Aspekt sowohl die Phasen der Entscheidungsvorbereitung, -findung und -umsetzung als auch direkte (bspw. Umsetzung einer Entscheidung) und indirekte (z.B. Empfehlung oder Meinungsäußerung) Partizipation. Somit fördert die Teilhabe der Belegschaft an Führung und der gezielte Kontrollverlust durch die Führungspersönlichkeit nicht nur die Ideen und Kompetenzen der einzelnen Mitarbeiter, sondern auch die Eigenmotivation (Abels, 2022, S. 9; Dahm & Thode, 2020, S. 111; Keuper et al., 2018, S. 48; Wolan, 2020, S. 12). Des Weiteren wurde im Verlauf der vorliegenden Arbeit bereits mehrmals auf die zunehmende Agilität, welche aufgrund von Digitalisierung entsteht, aufmerksam gemacht. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass dieser Aspekt eine zentrale Rolle im Konzept des VOPA+-Modells darstellt. In diesem Zusammenhang ist zunächst anzumerken, dass Agilität in der VUCA-Welt und insbesondere in technologieorientierten Branchen entscheidend dafür sein kann, Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz zu generieren. Deshalb müssen „Digital Leader“ eine Führungskultur fördern, in der das Team und die Organisation anpassungsfähig und reaktionsschnell agieren können. Die Etablierung von bereits angesprochenen Werten wie z.B. Einfachheit, Selbstverpflichtung, Offenheit und eine entsprechende Feedbackkultur können hierbei sehr hilfreich sein. Daneben unterstützen auch iterative Planungen, Reflexionen, agile Arbeitsmethoden und -tools sowie Entscheidungsfreude der Führungskraft die Agilität des Unternehmens. Somit stehen bei diesem Aspekt insgesamt eher weniger die Standardprozesse und Einhaltung von Projektplänen, sondern vielmehr die Interaktionen, Individuen und grundsätzliche Veränderungsfähigkeit im Vordergrund (Abels, 2022, S. 9; Dahm & Thode, 2020, S. 111–112; Keuper et al., 2018, S. 48; Wolan, 2020, S. 12). Zuletzt ist schließlich noch Vertrauen als wichtigster Bestandteil des hier erläuterten Führungsmodells anzuführen. Dies ist damit zu begründen, dass Vertrauen nicht nur die Basis und Grundlage für alle anderen Aspekte des VOPA+-Ansatzes bildet, sondern insgesamt essentiell für den kulturellen Wandel einer Organisation ist. Deshalb ist es wichtig, dass Führungskräfte nachhaltige Beziehungen zu Mitarbeitern und Kunden aufbauen und tolerant gegenüber allen Beteiligten auftreten, da ohne Vertrauen keine Vernetzung, Offenheit, Agilität und Partizipation möglich sind. Dies schließt zudem Eigenschaften wie bspw. Wertschätzung und Zuverlässigkeit mit ein, sodass Führungskräfte infolgedessen auch sich selbst, der Organisation und den digitalen Technologien vertrauen müssen (Dahm & Thode, 2020, S. 112; Wolan, 2020, S. 12).
Abschließend lässt sich für das VOPA+-Führungsmodell festhalten, dass das Konzept den Herausforderungen der VUCA-Welt insgesamt gerecht wird, da es Führungskräften bei Beachtung der erläuterten Aspekte ermöglicht, neue Strategien und Maßnahmen auszuarbeiten, um auch in einem fluiden und unsicheren Wettbewerbsumfeld handlungsfähig zu bleiben. In der Praxis zeigt sich außerdem, dass die VUCA-Herausforderungen zwar unverändert bleiben und die Komplexität zukünftig weiter steigen dürfte, die Unternehmensführung und Mitarbeiter jedoch bei Anwendung von VOPA+ auftretende Probleme und Fehler gelassener bewerten. Das liegt v.a. daran, dass die Planungen einerseits weniger detailliert sind und andererseits Fehler durch die etablierte neue Führungskultur leichter toleriert werden. Insgesamt kann der Ansatz jedoch nur gelingen, wenn die Organisation den digitalen Transformationsprozess akzeptiert und die Führungskräfte bspw. durch Weiterbildung und Coaching aktiv auf ihre neuen Aufgaben und das neue Führungskonzept vorbereitet werden (Hasenbein, 2020, S. 99; Wolan, 2020, S. 12–13).
2.3 Zusammenfassung
Das vorliegende Kapitel verdeutlicht den Stellenwert, den Digitalisierung und digitale Führung in Zeiten der Corona-Pandemie einnehmen. Dabei ist COVID-19 ein neuartiges Virus, welches durch Einatmen oder Kontakt mit infizierten Tröpfchen verbreitet wird und erstmalig im Dezember 2019 auftrat. Da die Inkubationszeit stark variiert, die Symptome recht vielfältig sind (z.B. Müdigkeit und Kurzatmigkeit) und v.a. ältere Generationen und Menschen mit Vorerkrankungen gefährdet sind, kann eine Verbreitung nur verhindert werden, indem betroffene Personen isoliert, Kontakte beschränkt, Mund-Nasenschutz-Masken getragen und weitere Hygienemaßnahmen beachtet werden. Darüber hinaus besteht der effektivste Schutz in einer mehrfachen Impfung. Zusammenfassend ergeben sich durch das Virus und den daraus resultierenden Schutzmaßnahmen massive Einschränkungen des alltäglichen Lebens, die auch die globale Wirtschaft betreffen. So müssen vielerorts Geschäfte schließen, sodass die Nachfrage nach bestimmten Gütern und Dienstleistungen sinkt und infolgedessen internationale Lieferketten negativ beeinflusst werden. Dies führt letztlich auch dazu, dass Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit zunehmen (vgl. Abschnitt 2.1.1).
Einen wesentlichen Beitrag, um trotz der zahlreichen Einschränkungen während der Corona-Pandemie handlungsfähig zu bleiben, leistet die Digitalisierung. Auch wenn der Begriff vielerlei Bedeutungen hat, kann Digitalisierung in diesem Kontext allgemein als Prozess beschrieben werden, bei dem digitale Informationen oder Gegebenheiten in ein digitales Modell umgewandelt, dort verarbeitet und die Ergebnisse schließlich wieder zurücktransformiert werden. Dies geschieht meist unter Zuhilfenahme neuer bzw. leistungsfähiger Technologien (z.B. Künstliche Intelligenz oder Mobility Cloud Computing). Insgesamt entstehen dadurch viele neue Nutzenarten und Anwendungsgebiete für Unternehmen, die auch zur Bekämpfung der Corona-Pandemie eingesetzt werden können. Ferner wird dadurch gleichzeitig deutlich, dass Digitalisierung zu einem zentralen Erfolgsfaktor für Unternehmen geworden ist, da aufgrund der digitalen Entwicklungen die Dynamik zunimmt und neue, volatile Märkte entstehen (vgl. Abschnitt 2.1.2).
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- André Müller (Author), 2022, Wie sich Führung in der Corona-Pandemie verändert hat. Die Bedeutung digitaler Führung und hybrider Arbeitsmodelle, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1312715
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