Es ist ein großer Irrtum der Krisen und Katastrophen vernachlässigenden Evolutionisten, Fortschritt als in sich steigernd zu immer komplexeren Formen auszulegen. Dialektische Entwicklung ist niemals eindimensional, sondern in sich selbst gegenläufig, gigantische Rückfälle einschließend. Diese Doppelheit hat vor Marx und Engels Fourier, von dem Proudhon viele entnommen hat, am prägnantesten dargelegt. Für Engels war Fourier einer der originellsten Köpfe der Menschheitsgeschichte, für Moses Heß haben Hegel und Fourier den Geist auf die Höhe des Absoluten erhoben.
Die Geschichte wird komplexer und einfacher zugleich, so dass die Komplexität zur Einfachheit zurück- bzw. umschlägt. Lenin verwies im August 1917 auf Philister, die die Notwendigkeit eines Staatsapparates damit begründeten, dass die bürgerliche Gesellschaft bzw. das öffentliche Leben immer komplizierter werde und die Funktionen sich mehr und mehr differenzierten. Für Lenin war die Dialektik die Lehre, wie die Gegensätze identisch sein können und es sind (wie sie es werden) – unter welchen Bedingungen sie identisch sind, indem sie sich ineinander verwandeln -, warum der menschliche Verstand diese Gegensätze nicht als tote, erstarrte, sondern als lebendige, bedingte, bewegliche, sich ineinander verwandelnde auffassen soll.
Das Komplexe wird einfach, das Einfache komplex. Hier ist die Kreuzung erreicht, ab der Evolutionisten und Dialektiker in zwei verschiedene Richtungen fahren. Exemplarisch belegen und darstellen lässt sich das an der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft, wie Marx und Engels sie im Manifest widergespiegelt haben: In den früheren Epochen der Geschichte finden wir fast überall eine vollständige Gliederung der Gesellschaft in verschiedene Stände, eine mannigfaltige Abstufung der gesellschaftlichen Stellungen. Im alten Rom haben wir Patrizier, Ritter, Plebejer, Sklaven; im Mittelalter Feudalherren, Vasallen, Zunftbürger, Gesellen, Leibeigene, und noch dazu in fast jeder dieser Klassen besondere Abstufungen.
Die aus dem Untergang der feudalen Gesellschaft hervorgegangene moderne bürgerliche Gesellschaft hat die Klassengegensätze nicht aufgehoben. Sie hat nur neue Klassen, neue Bedingungen der Unterdrückung, neue Gestaltungen des Kampfes an die Stelle der alten gesetzt. Unsere Epoche, die Epoche der Bourgeoisie, zeichnet sich jedoch dadurch aus, daß sie die Klassengegensätze vereinfacht hat. Die ganze Gesellschaft spaltet sich mehr und mehr in zwei große feindliche Lager.
Inhaltsverzeichnis
- Wissenschaftlicher Sozialismus, Dialektik und Fundamentalismus
- Dialektisches Denken
- Heraklit und die antike Philosophie
- Rousseau und die bürgerliche Aufklärung
- Marx und Engels
- Die 'Heilige Familie'
- Die 'Deutsche Ideologie'
- Politisierung und Totalitarismus
- Die Rolle der Autobiografie
- Dialektik und wissenschaftliche Erkenntnis
- Hegel und die Arbeit des Negativen
- Cusanus und die Tradition des dialektischen Denkens
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text analysiert die Entwicklung des dialektischen Denkens vom antiken Griechenland bis zur Moderne. Er untersucht die Bedeutung des dialektischen Denkens für die Entwicklung des wissenschaftlichen Sozialismus und zeigt, wie es in den Werken von Marx, Engels und Lenin seine Anwendung fand. Darüber hinaus werden die Auswirkungen des dialektischen Denkens auf die gesellschaftliche und politische Entwicklung sowie die Rolle der Politik und der Autobiografie im Kontext des dialektischen Denkens betrachtet.
- Die Entwicklung des dialektischen Denkens
- Die Bedeutung des dialektischen Denkens für den wissenschaftlichen Sozialismus
- Die Auswirkungen des dialektischen Denkens auf Gesellschaft und Politik
- Die Rolle der Politik und der Autobiografie im Kontext des dialektischen Denkens
- Die Verbindung zwischen dialektischem Denken und der wissenschaftlichen Erkenntnis
Zusammenfassung der Kapitel
- Das erste Kapitel behandelt die Ursprünge des dialektischen Denkens in der antiken Philosophie, insbesondere bei Heraklit. Es wird der Gegensatz zwischen dem pragmatischen und dem unruhig fruchtbaren Denken sowie die Opposition Heraklits gegen die naturwissenschaftlich ausgerichtete Philosophie der Antike hervorgehoben.
- Das zweite Kapitel befasst sich mit der Epoche der Aufklärung und dem Einfluss von Rousseau auf die Entwicklung des dialektischen Denkens. Es wird die Bedeutung des Blitzkrieges als Ausdruck des dialektischen Prozesses sowie die Kritik an der bürgerlichen Aufklärung und ihren Grenzen dargestellt.
- Das dritte Kapitel untersucht die Werke von Marx und Engels, insbesondere die 'Heilige Familie' und die 'Deutsche Ideologie'. Es werden die zentralen Gedanken des dialektischen Materialismus und die Kritik an der Hegelschen Philosophie erläutert.
- Das vierte Kapitel analysiert die Rolle der Politik im dialektischen Prozess und die Notwendigkeit der totalen Politisierung aller gesellschaftlichen Bereiche unter der Führung des Proletariats.
- Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen dialektischem Denken und der wissenschaftlichen Erkenntnis und beleuchtet die Bedeutung des wissenschaftlichen Sozialismus als kollektiver Prozess.
Schlüsselwörter
Dialektik, wissenschaftlicher Sozialismus, Marxismus, Kapitalismus, Bourgeoisie, Proletariat, Revolution, Politik, Autobiografie, Erkenntnis, Philosophie, Heraklit, Rousseau, Hegel, Engels, Lenin, Cusanus, Blitzkrieg, Entfremdung, Klassenkampf, Totalitarismus
- Citation du texte
- Heinz Ahlreip (Auteur), 2022, Wissenschaftlicher Sozialismus, Dialektik und Fundamentalismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1309770