In der Habsburger Monarchie hat es schon sehr früh kleine jüdische Volksgruppen gegeben. Vor allem begegnen wir in Böhmen und Mähren und in Wien selbst Juden, die unter wechselnden Bedingungen und verschiedenen Beschränkungen zunächst im Wechsel- und Geldgeschäft, später auch im Handel eine gewisse Rolle spielen.
Da aber die Juden in diesen Gebieten auf Grund ihres geschichtlichen Werdegangs und ihrer geistigen Haltung nach sich doch wesentlich von der hier in Betracht kommenden übrigen osteuropäischen Judenheit unterscheiden, so bedarf die Darstellung der Emanzipationsperiode im zisleithanischen Gebiet einer gesonderten Betrachtung).
An dieser Stelle wird bereits die Notwendigkeit einer gewissen Unterteilung des Thema-Begriffes angedeutet, da in der Judengesetzgebung Josefs II. für Böhmen und Mähren einerseits und die übrigen Länder der Monarchie, Galizien (Bukowina) und Ungarn andererseits verschiedene Aspekte deutlich werden.
Der regional verschiedene Verlauf der Emanzipierung, die vermeintlich)·mit Josefs II. Toleranzpatenten gewährleistet wurde, wird allein schon durch die chronologisch unterschiedliche Abfolge der Judengesetze aufgezeigt.
Des Weiteren wird zu zeigen sein, dass die von Josef II. angestrebte Politik der Annäherung der Juden an das Deutschtum bezüglich der Geisteshaltung und Rechtsstellung in Wirklichkeit ein langwieriger Prozess war, der sich bis 1848 und in gewisser Hinsicht bis 1867 hingezogen hat.
Hier sei nun eine Bemerkung zur zeitlichen Abgrenzung meiner Arbeit gemacht. Die 1780 mit dem Regierungsantritt Josefs II. beginnende umwälzende Entwicklung der Habsburger Judenpolitik lässt eine erste zeitliche Zäsur um das Jahr 1830 erkennen. Denn um diese Zeit ging in Böhmen und Mähren die Aufklärung (hebräisch: Haskala) zu Ende und der Vormärz begann. Sichtbare Anzeichen dieser Wende waren die ersten Ansätze zur religiösen Reform in Böhmen der dreißiger Jahre und die allmähliche Umstellung der jüdischen Schriftsteller von einem jüdischen auf ein allgemeines deutsch bzw. tschechisch lesendes Publikum.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- I. Einleitung
- II. Die Toleranzpatente
- 1) Toleranz innerhalb der Gesetze - die Motive Josefs II.
- 2) Sprachgesetz
- 3) Normalschulwesen - Ezechiel Landau
- III. Das Schulsystem in den übrigen Ländern
- 1) Galizien Josef Perl
- 2) Bukowina
- 3) Ungarn
- IV. Die weiterführenden Bildungsinstitutionen
- 1) Gymnasien
- 2) Universitäten
- V. Die kulturellen Leistungen der Juden
- 1) Die Frager Aufklärung – die jüdischen Dichter Böhmens
- 2) Gegensatz zwischen Orthodoxie und Aufklärung im böhmischen Gebiet
- 3) Baruch Jeitteles' Bedeutung für die Prager Aufklärung
- 4) Baruch Jeitteles' Haltung Josef II. gegenüber
- 5) Die zweite Phase der Aufklärung - Israel Landau (1758-1829)
- VI. Die Auseinandersetzung zwischen Orthodoxie und Aufklärung
- 1) Der Verlauf dieser Auseinandersetzung in Galizien
- 2) Reform und Emanzipation in Ungarn
- Zusammenfassung
- Literaturverzeichnis
- Danksagung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit der geistigen Emanzipation des Judentums in den osteuropäischen Ländern des Habsburger Reiches unter der Herrschaft von Josef II. Sie analysiert die Auswirkungen der Toleranzpatente Josefs II. auf die jüdische Gesellschaft und untersucht die Entwicklung des Schulsystems, der kulturellen Leistungen und der Auseinandersetzung zwischen Orthodoxie und Aufklärung im Kontext der Emanzipation.
- Die Toleranzpatente Josefs II. und ihre Auswirkungen auf die jüdische Gesellschaft
- Die Entwicklung des Schulsystems in den osteuropäischen Ländern des Habsburger Reiches
- Die kulturellen Leistungen der Juden im Kontext der Aufklärung
- Die Auseinandersetzung zwischen Orthodoxie und Aufklärung im jüdischen Leben
- Die regionale Differenzierung der Emanzipationsprozesse
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der geistigen Emanzipation des Judentums in den osteuropäischen Ländern des Habsburger Reiches unter Josef II. ein. Sie beleuchtet die historische Situation der Juden in Böhmen, Mähren und Wien und stellt die Notwendigkeit einer regionalen Differenzierung der Emanzipationsprozesse heraus.
Kapitel II analysiert die Toleranzpatente Josefs II. und deren Auswirkungen auf die jüdische Gesellschaft. Es werden die Motive Josefs II. für die Toleranzpolitik, die Einführung des Sprachgesetzes und die Bedeutung des Normalschulwesens für die jüdische Bildung beleuchtet.
Kapitel III befasst sich mit dem Schulsystem in den übrigen Ländern des Habsburger Reiches, insbesondere in Galizien, Bukowina und Ungarn. Es werden die Besonderheiten des Schulwesens in diesen Regionen und die Rolle von Persönlichkeiten wie Josef Perl und Ezechiel Landau hervorgehoben.
Kapitel IV untersucht die weiterführenden Bildungsinstitutionen, wie Gymnasien und Universitäten, und deren Bedeutung für die jüdische Bildung und die Integration in die Gesellschaft.
Kapitel V beleuchtet die kulturellen Leistungen der Juden im Kontext der Aufklärung. Es werden die jüdischen Dichter Böhmens, die Bedeutung von Baruch Jeitteles für die Prager Aufklärung und die zweite Phase der Aufklärung mit Israel Landau (1758-1829) vorgestellt.
Kapitel VI analysiert die Auseinandersetzung zwischen Orthodoxie und Aufklärung im jüdischen Leben. Es werden der Verlauf dieser Auseinandersetzung in Galizien und die Reform- und Emanzipationsbewegungen in Ungarn untersucht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Josef II., Toleranzpatente, geistige Emanzipation, Judentum, osteuropäische Länder, Habsburger Reich, Schulsystem, Aufklärung, Orthodoxie, Galizien, Bukowina, Ungarn, Böhmen, Mähren, Baruch Jeitteles, Israel Landau, Reform, Assimilierung.
- Citation du texte
- Friedel Hans-Josef Dapprich (Auteur), 1970, Josef II. und die geistige Emanzipation des Judentums in den osteuropäischen Ländern des Habsburger Reiches, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130724
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