Das Täufertum im Land ob der Enns ist ohne Reformation nicht vorstellbar, die Täuferbewegung war der dritte Flügel der Reformation. Oftmals wird er auch als der radikale Flügel der Reformation bezeichnet. Wer sind die Täufer und wo waren sie im Land ob der Enns? Das ist die Frage der wir hier nachgehen wollen. Davor müssen wir uns mit der in Zusammenhang stehenden Kirchengeschichte und den drei Flügeln der Reformation beschäftigen, um einen Überblick zu erhalten.
FRANZ SEISER Täufertum im Land ob der Enns
Das Täufertum im Land ob der Enns ist ohne Reformation nicht vorstellbar, die Täuferbewegung war der dritte Flügel der Reformation. Oftmals wird er auch als der radikale Flügel der Reformation bezeichnet. Wer sind die Täufer und wo waren sie im Land ob der Enns? Das ist die Frage der wir hier nachgehen wollen. Davor müssen wir uns mit der in Zusammenhang stehenden Kirchengeschichte und den drei Flügeln der Reformation beschäftigen, um einen Überblick zu erhalten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Zeitleiste Kirchengeschichte
Wer die Kirchengeschichte Österreichs im Mittelalter verstehen will, der muss die diözesane Gliederung Österreichs verstehen. Rund ein Drittel des heutigen Österreichs unterstand dem Bistum Passau und die restlichen 2/3 dem Erzbistum Salzburg. Hinzu kamen nur noch einige wenige andere Bistümer, die kleinere Besitztümer in Österreich hatten, wie z.B. die Diözese Chur im heutigen Vorarlberg.[1] Das Bistum Passau umfasste das Land ob der Enns sowie das Land unter der Enns und darüber hinaus noch weitere Landstriche in Bayern. Die flächenmäßige Größe des Bistums Passau in ihrer Ausdehnung war nicht nur bis über Wien nach dem Osten sondern auch über einen großen Bereich von Niederbayern im Westen verwaltungsmäßig kaum zu leiten. So kam es auch, dass Herzog Leopold VI.(1176-1230) im Jahre 1207 auf die Notwendigkeit einer Bistumsgründung in Wien hinwies. Für 1210 melden die Klosterneuburger Annalen, dass der Herzog zahlreiche Patarener[2] (darunter sind Katharer zu verstehen), die Anhang gefunden hatten, nach der Folter hingerichtet hatte. Das lässt auf eine gewisse Verbreitung schließen. Wie aus den späteren Vorkommnissen hervorgeht, dürfte aber eine „Ausrottung der Sekte nicht gelungen sein“.
Wer waren diese Patarener, von denen Herzog Leopold VI. spricht? Sie waren die im 11. Jahrhundert aus Okzitanien (Südfrankreich) neu entstandene Katharerkirche[3]. Das Ziel der Katharer war ein reines Leben im Geist des ursprünglichen Christentums zu führen. Das „Vater unser“ wurde von den Katharern/Albigensern mehrmals täglich gebetet. Wöchentliche Fastentage waren Montag, Mittwoch und Freitag. Großen Einfluss hatten noch der Bogo- milismus[4], der eine Mischung aus Dualismus, Dämonologie und neutestamentlicher Ethik (oder vielmehr einer bogomilischen Fassung davon) war.
Die Inquisition verfolgte gnadenlos die Anhänger dieser neuen religiösen Bewegung.
So kam es zum Albigenserkreuzzug. Am 22. Juli 1209 wurde die Stadt Béziers umlagert, in Brand gesteckt und alle 20.000 Bewohner, Männer, Frauen und Kinder, getötet. Auf die Frage der Kreuzfahrer, wie man die Ketzer von den normalen Bewohnern unterscheiden könne, antwortete der päpstliche Gesandte, Abt Arnaud Amaury: „Tötet sie alle! Gott kennt die Seinen“.
Auf das Land ob der Enns hatten die Katharerkirchen keinen nachweislichen Einfluss, jedoch die nächste große religiöse Bewegung der „Armen Jesu Christi“, besser bekannt unter dem Namen „Waldenser“, sehr wohl. Der aus Lyon in Frankreich stammende reiche Kaufmann Waldes, dem man später als Gegennamen zum Papst den Vornamen Petrus gab, wurde durch Gottes Wort aus dem Matthäus-Evangelium 19,23, zum frommen Mann: „Ein Reicher wird nur schwer in das Himmelreich kommen. Nochmals sage ich euch: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“ Das Nadelöhr war die kleine Öffnung neben dem Stadttor, durch welches man gerade noch durchgehen konnte, nachdem das Stadttor geschlossen wurde. Diese Worte berührten ihn so sehr, dass er seinen Reichtum verschenkte und sich fortan dem Evangelium widmete. Schnell waren viele Menschen von Gottes Wort ergriffen und es verbreitete sich weit über Südfrankreich hinaus. Die Evangelien wurden in der Landessprache transkribiert und fanden großen Anklang.
Vor diesem Hintergrund verbreiteten die .Armen Jesu Christi' die Evangelien in vielen Ländern Europas und so kamen die .Waldenser', wie sie später von der Inquisition genannt wurden, auch in das Land ob der Enns sowie in das Land unter der Enns. Das ist deshalb bedeutend, da wir in diesem Gebiet um 1260, vorwiegend südlich der Donau, 42 Waldensergemeinden und 11 scolae (Waldenserschulen) vorfanden. Das Land ob der Enns wurde erstmals mit den Evangelien durchdrungen. Die Waldenser lernten die vier Evangelien auswendig. Die Menschen waren besonders vom Hauptwerk „Der Bergpredigt“ (Matthäus 5-7) stark berührt.
Das Lesen in der Bibel war seit dem 11. Jahrhundert für Laien, also Nichtkleriker, bei Strafe verboten. Es galt als schwere Sünde und als kirchliche Strafe war die Exkommunikation vorgesehen. Die Bibel stand auf der Liste der verbotenen Bücher, dem „Index librorum prohibitorum“, kurz „Index Romanus“. Auf dem .Index Romanus' standen 6.000 Bücher. Bücherverbrennungen waren im Mittelalter an der Tagesordnung. Zuerst verbrennt man Bücher, dann Menschen. Die letzte amtliche Ausgabe des Index Romanus erschien 1948 und wurde beim II. Vatikanischen Konzil (1962-1965), durch Erlass der Glaubenskongregation vom 14. Juni 1966, gänzlich außer Kraft gesetzt und die Strafen aufgehoben.
Durch die Römische Inquisition, die ca. 1260 in Steyr und Krems sowie ab 1335 in Olmütz (Mähren) eingerichtet wurde, waren viele Christen auf dem Scheiterhaufen ums Leben gekommen. Die Inquisition war ursprünglich von der Römischen Kirche für Untersuchungen gegen Bischöfe und Äbte eingerichtet worden. Sie wurde später dann gegen alle Häretiker[5] angewandt. Da die Dominikaner als Bettelorden Erfahrungen in der Bekämpfung der Ketzer aktiv geworden waren, wurden sie vorwiegend als Inquisitoren eingesetzt. Papst Innozenz IV. führte durch sein 1252 erlassenes Dekret „Ad extirpanda“ die Folter „zur Wahrheitsfindung bei Inquisitionsprozessen“ ein.
Christen gehen gegen andere Christen vor. Schon Kaiser Julian (331 -363) „erklärte, dass er noch keine wilden Tiere gefunden hätte, die so grausam gegen die Menschen wären wie die meisten Christen gegen ihre christlichen Mitbrüder“. Die Archive der Inquisition listen 341.021 Opfer auf, die durch die Inquisition verbrannt wurden.[6]
Die Waldenser flüchteten aus dem Land ob der Enns nach Böhmen und aus dem Land unter der Enns nach Mähren.
Als im Jahre 1400 der Römisch-Katholische Priester Johannes ,Jan‘ Hus in Prag die Priesterweihe empfing, hatte er bereits sein ganzes Vermögen in den Ablass „investiert“. Diese Einnahmequelle der Römischen Kirche war sehr erträglich und der Dominikaner und Ablassprediger Johann Tetzel war darin sehr erfolgreich. Hus wurde in Hussinec, nahe Prachatice, geboren, das durch seine Lage am so genannten „Goldenen Steig“[7], dem Handelsweg für Salztransporte, durch Böhmen und Bayern bekannt wurde. Dieser führte auch durch das Innviertel.
Die Römische Kirche brauchte viele Geldmittel, um den Petersdom fertig bauen zu können. Sein berühmtes Sprüchlein „Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt“, war jedem Menschen in den Ohren. Man konnte nicht nur für sich selbst, sondern auch für bereits verstorbene Angehörige das Seelenheil erkaufen.
Durch das Studium der Bibel und vor allem durch Predigten von Universitätsprofessor Dr. John Wycliff aus Oxford, der als „Morgenstern der Reformation“ bezeichnet wurde, beflügelt, erkannte Jan Hus, dass der Mensch aus Gnade und nicht aus guten Werken gerettet werde. Für Wycliff und Hus stand die Bibel im Zentrum, weil eben Christus selber die Wahrheit der Bibel verbürge und garantiere. Dieses „sola scrip- tura“-Prinzip finden wir später bei Martin Luther wieder. Johannes ,Jan‘ Hus war ein begnadeter Prediger und hatte im Jahr über 200 Predigten gehalten. Er hatte Sonntags meist bis zu 6.000 Zuhörer, sodass ihm die Kaufmannschaft von Prag eine eigene Kapelle, die Bethlehemskapelle mit einem Fassungraum von 3.500 Plätzen, errichtete.
Hus wurde wegen seiner Bibeltreue 1412 exkommuniziert und musste 1413 ins Exil gehen. Von König Sigismund wird er zum Konzil von Konstanz (1414-1418) eingeladen, seine Gedanken zu disputieren[8], und erhält vom König freies Geleit, sodass ihm keine Gefahr drohen kann. Angekommen in Konstanz, wird er sogleich eingesperrt und am 6. Juli 1415 verbrannt.
Seine Anhänger erhoffen sich vom Konzil einen Wandel im Verhalten der Kleriker, doch es kam keine Änderung. Das Vorgehen König Wenzels gegen die Hussiten führte zum Aufstand, und so kam es am 30. Juli 1419 zum ersten Prager Fenstersturz. Da auch der Bruder von König Wenzel, Sigismund, sein Wort des .freien Geleits zum Konzil' gebrochen hatte, kam es zur Radikalität. So beschlossen die Utraquisten (Kelchsbewegung), ein gemäßigter Flügel, sich mit den radikalen Taboriten zu vereinen, und es begannen 1419 die sogenannten „Hussiten-Kriege“. Wenn die Menschen das Verhalten des Klerus als .unerträglich' empfanden, baten sie die Hus- siten, dem Treiben ein Ende zu machen. So rückten die Hussiten u.a. auch im Land ob der Enns schon 1422 in Pregarten, 1424 in Ulrichsberg bei Aigen und 1428 in Waldhausen und in Baumgartenberg ein. Mehrere Einfälle gab es im Waldviertel sowie Weinviertel im Land unter der Enns. Die Hussitenkriege endeten 1436.
Missstände in der Römisch-Katholischen Kirche waren oftmals eine der Ursachen für das Entstehen religiöser Bewegungen. Dies war bereits unter den „Armen Jesu Christi“ in Okzitanien sowie in der Zeit der „Utraquisten“ in Böhmen so. In der Römischen Kirche herrschten schwerwiegende Missbräuche und Missstände sowie strukturelle Schwächen. Allgemeine Unzufriedenheit herrschte unter anderem über den Reichtum der Kirche, die Abgabenforderungen, die Vernachlässigung der seelsorgerlichen Aufgaben und die mangelnde Bildung des niederen Klerus. Viele lebten mit der Angst um das eigene Seelenheil und vor dem Fegefeuer und suchten mit Messstiftungen und anderen „guten Werken“ den Ansprüchen eines von der mittelalterlichen Kirche propagierten fordernden und strengen Gottes gerecht zu werden.[9] Der höhere Klerus wie Bischöfe und Äbte lebten oftmals sehr gut, hatten Vielweiberei, Völlerei und Glückspiel als „Zeitvertreib“, auch ihre Kinder von den Konkubinen mussten versorgt werden und die Menschen mussten für deren Aufwand aufkommen. Das brachte oftmals das „Fass zum Überlaufen“. Der niedere Klerus, wie die Priester und Hilfspriester, konnten kaum Latein und so hatten sie oftmals mit der Bibel „nichts am Hut“.
Weitere Missstände in der Römischen Kirche waren u.a. auch der Ablasshandel, wie oben schon angesprochen. Hier bekam der Augustinermönch Martin Luther beim Studium der Bibel und des Aufzeigens in seinen „95 Thesen“, die er am 31. Oktober 1517 an seinen Vorgesetzten, dem Bischof von Brandenburg, übermittelte, große Aufmerksamkeit. Durch die Erfindung des Buchdrucks von Gutenberg im Jahre 1455 war es nun möglich, die 95 Thesen leichter an alle Universitäten zu versenden, und so befassten sich nun viele Gelehrte mit den Schriften Martin Luthers.
Martin Luther wurde vom Papst mit der Bannandrohungsbulle „Exurge Domine“ am 15. Juni 1520 zum Häretiker erklärt. Erst auf dem Augsburger Reichstag 1530 wurden die unterschiedlichen Positionen ausgetauscht. Die Protestanten bemühten sich um eine friedliche Beilegung des Konflikts und legten Kaiser Karl V. die „Confessio Augustana“ (das Augsburger Bekenntnis) vor, in der sie die religiöse Unabhängigkeit vom Papst einforderten. Kaiser Karl V. lehnte diese Forderung jedoch ab. Die protestantischen Fürsten gründeten daraufhin im Folgejahr den „Schmalkadischen Bund“ als Schutzbündnis. Dieser Bund wurde im „Schmalkaldischen Krieg“ im Jahre 1547 bei der Schlacht am Mühlberg von den kaiserlichen Truppen zerschlagen. Doch erst der Augsburger Reichsund Religionsfriede von 1555 brachte vorübergehend Frieden zwischen dem Kaiser und den Reichsständen. Es berechtigte jeden Fürsten dazu, die Konfession für sein Herrschaftsgebiet selbst zu wählen. „Cuius regio, eius religio“ war die Kurzform dieses Reichsprinzips. Auf der Strecke blieben die Täufer, die weiter unter Verfolgung und Vertreibung litten.
Mit den Solis der Reformation wurden die theologischen Prinzipien der Reformation zusammengefasst:
1) Sola Gratia (Allein aus Gnade werde ich erlöst!)
Die Römisch-Katholische Kirche lehrte damals (und heute), dass der Mensch trotz seiner Schwachheit bei seiner Erlösung mitwirken kann. Gott schenkt ihm seine Gnade (zuvorkommend!) und der Mensch antwortet mit Glauben. Die Reformatoren verwarfen diese Idee und betonten, dass die Erlösung ein reines Geschenk Gottes ist. Der Mensch ist geistlich tot und er muss deshalb wiedergeboren werden; sein Verstand, sein Herz und sein Wille müssen komplett erneuert werden, bevor er sich entscheiden kann.
2) Sola Fide (allein durch Glauben, nicht durch Werke!)
Dieses Motto nennt man das materielle oder Grundprinzip der Reformation. Martin Luther sagte dazu: es ist der Glaubensartikel mit dem die Kirche steht oder fällt. Auf diesem Artikel ruht die ganze Rechtfertigungslehre. Die Römisch-Katholische Kirche betonte ausdrücklich, dass Glaube allein nicht ausreicht, um gerettet zu werden. Dazu sind nach Jakobus 2,14 auch gute Werke nötig. Dagegen argumentierten die Reformatoren, dass gute Werke niemals zu unserem Heil beitragen können, weil das Gesetz Gottes von dem Sünder eine absolute Vollkommenheit verlangt. Wir werden gerettet, in dem wir durch Glauben auf die Gerechtigkeit schauen, die Jesus für uns am Kreuz erlangt hat. Dieser Glaube ist auch kein toter Glaube, sondern ein durch den Heiligen Geist bewirkter Glaube, der anschließend gute Werke produziert.
3) Sola Scriptura (allein die Schrift, Gottes Wort!)
Dieses Motto ist das sogenannte formelle Prinzip der Reformation, weil das die Quelle und Norm für der Sola Fide darstellt.
Die Römische Kirche hielt sich für die einzige Autorität bei Glaubensfragen. In anderen Worten, das Lehramt der Kirche (mit dem Papst und den Bischöfen) steht über der Heiligen Schrift und bestimmt, wie die Schrift zu interpretieren ist. Die Heilige Schrift genügt dem Glauben zwar (2 Tim 3,16) aber sie ist nicht deutlich genug (2 Petr. 3,16). Dagegen argumentierten die Reformatoren, dass die Bibel doch verständlich genug ist (Psalm 119, 130) und sich selbst interpretieren lässt. Das bedeutet keineswegs, dass jeder sie vollkommen verstehen kann (dazu brauchen wir doch Ämter) aber diese Lehrämter sind fehlbar und müssen ständig unter der Autorität des Wortes Gottes stehen.
Die Bibel ist norma normans (sie normiert alles andere) und das Glaubensbekenntnis der Kirche bleibt nur norma normata (eine von der Schrift normierte Norm).
4) Solus Christus (Allein Christus rettet, nicht Maria, nicht Heilige!)
Es war die Lehre der Römisch-Katholischen Kirche, dass der Mensch nicht nur Christus, sondern auch andere Mittler braucht, um die Gnade Gottes zu empfangen. Das sind die Jungfrau Maria und die Heiligen, die für ihn durch ihre Gebete ein gutes Wort bei Gott einlegen können.
Für die Reformatoren hilft nur das, was Jesus Christus am Kreuz vollzo
gen hat. Es reicht vollkommen, um die Fülle der Gnade Gottes zu empfangen.
5) Soli Deo Gloria (Allein Gott die Ehre!) Die Reformatoren wehrten sich mit aller Kraft gegen die Idee, dass neben Gott und Jesus Christus die Heiligen irgendwelche Ehre empfangen könnten. Weil Gott allein unsere Erlösung bewirkt, gehört die ganze Ehre nur Ihm allein.
Musiker wie Anton Bruckner und Johann Sebastian Bach zeichneten ihre Kompositionen mit „Soli Deo Gloria“. Auf die Frage an Bruckner, ob er seine Symphonie nicht dem Kaiser widmen wolle, sagte dieser: „Vom Kaiser habe ich meine Gaben nicht erhalten!“
Die Solis der Reformation waren nun für alle reformatorischen Strömungen die theologischen Prinzipien, wie bereits erwähnt.
Durch die Verbreitung reformatorischen Gedankenguts trafen sich in Zürich in den 1520-er Jahren Theologen, um die Inhalte der Solis sowie weitere theologische Fragen zu disputieren. Huldrych Zwingli war Leutpriester[10] am Großmünster in Zürich und traf sich regelmäßig mit Konrad Grebel, dem Sohn eines bekannten Zürcher Kaufmanns und Ratsherrn, mit dem er in Wien von 1515 bis 1518 an der Universität studierte. Zu dieser Gruppe gesellten sich weitere Gesinnungsgenossen wie Felix Manz oder Andreas Casteiberger. Es kam jedoch bei einigen theologischen Fragen zu anderen Ansichten, und es sind hier besonders die „Trennung von Kirche und Staat“ sowie die „Kindertaufe“ zu erwähnen. Natürlich hatten die theologischen Merkmale viel breitere Kritikpunkte gegenüber der Praxis der Römischen Kirche, doch die erwähnten zwei Merkmale waren sehr bedeutend. Hier trennten sich in Folge die Ansichten zwischen Zwingli und den späteren Täufern, wie wir sie nennen.
Für 17. Jänner 1525 bat daraufhin der Rat der Stadt Zürich Vertreter beider Seiten zu einer öffentlichen Disputation ins Rathaus von Zürich, damit beide Gruppen ihre Tauflehre anhand der Schrift begründen konnten. Der Ausgang zu Gunsten Zwinglis war allerdings schon von vornherein gegeben. Am 18. Januar erließ der Zürcher Rat ein vernichtendes Mandat gegen die Täufer. Alle Kindertaufverweigerer wurden aufgefordert, ihre neugeborenen Kinder unverzüglich taufen zu lassen. Wer dieser Aufforderung nicht innerhalb von acht Tage nachkäme, werde des Landes verwiesen. In der Schweiz wurde durch Zwingli, seinem Nachfolger Heinrich Bullinger und später in Genf durch Johannes Calvin der zweite Flügel der Reformation, die „Reformierten“[11] begründet.
Grebel und Manz ignorierten das Verbot und versammelten ihre Anhänger weiterhin zum gemeinsamen Bibelstudium. Am Abend des 21. Jänner 1525 traf sich die Gruppe um Konrad Grebel im Haus der Mutter von Felix Manz. In der ältesten Chronik der hutterischen Brüder, dem .Großen Geschichts-Buch“, wird überliefert, dass „die Angst begann und auf sie kam“ und „dass ihre Herzen bedrängt wurden“. Nach dem Gebet trat der römisch-katholische Priester Georg Cajakob, den man später Jörg Blaurock nannte, vor Konrad Grebel und bat diesen, ihn zu taufen. Grebel kam dieser Bitte nach und danach taufte Cajakob und dieser in Folge alle 42 Anwesenden.
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- Quote paper
- Prof. Franz Seiser (Author), 2021, Täufertum im Land ob der Enns, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1306454
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