Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die Frage, mithilfe welcher rhetorischer Mittel Erotik in der Werbung umgesetzt wird, und orientiert sich dabei primär an den Werbeplakaten der Hamburger Biermarke Astra. In einem ersten Schritt soll der Terminus "Werbung" erläutert werden. Anschließend erfolgt eine begriffliche Abgrenzung der Termini "Erotik" und "Sex-Appeal", wobei im Folgenden auf erotische Elemente sowie die Formen von Sex-Appeal eingegangen wird. Im Zuge der Analyse einzelner Plakate aus der Werbekampagne "Astra. Was dagegen?" werden die Werbeelemente näher bestimmt und auf die Werbestrategie Rhetorik eingegangen. Der Schwerpunkt liegt auf rhetorischen Figuren und Sprachspielen.
Erotik zählt seit Beginn der Werbung zu den beliebtesten Stilmitteln. So posierten bereits 1850 die ersten Damen vor der Kamera, um ausgewählte Produkte dem Publikum näherzubringen. Waren es anfänglich meist Tabakprodukte, welche die Frauen bewarben, so folgten später Körperpflege- und Hygieneprodukte sowie Unterwäsche und Alkohol. Als in der Psychologie um 1900 neue Aufschlüsse über Konsumverhalten und Absatzsteigerung durch Einsatz von Emotionen gewonnen wurden, stieg die Anzahl erotischer Werbungen stark an. Vor allem Sigmund Freuds Theorien und seine Erkenntnisse zu unbewussten Motiven schienen wegweisend für die Werbebranche. Seitdem sind erotische Elemente nicht mehr aus der Werbung wegzudenken und erfreuen sich auch heute noch großer Beliebtheit. Auch die Biermarke Astra setzt in ihrer Anfang der 2000er Jahre entstandenen Werbekampagne "Astra. Was dagegen?" häufig auf knapp bekleidete Frauen und Männer und provoziert mit doppeldeutigen Slogans, wobei die Plakate bereits des Öfteren beim Publikum auf Kritik stießen – während die einen hinter der Werbung eine geglückte Marketingaktion sehen, empfinden die anderen diese als unpassend bzw. sexistisch und rufen zum Boykott auf.
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG
2 DEFINITION WERBUNG
3 EROTIK UND SEX-APPEAL
3.1 Erotische Elemente in der Werbung
3.2 Formen von Sex-Appeal
4 ASTRA-BIER WERBUNG
4.1 Werbeelemente
4.1.1 Das Textelement
4.1.2 Das Bildelement
4.1.3 Besondere Formen von Textelementen
4.2 Besondere Werbestrategie: Rhetorik
4.2.1 Rhetorische Figuren
4.2.2 Sprachspiele
5 FAZIT
LITERATURVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
1 Einleitung
Erotik zählt seit Beginn der Werbung zu den beliebtesten Stilmitteln; so posierten bereits 1850 die ersten Damen vor der Kamera, um ausgewählte Produkte dem Publikum näherzubringen. Waren es anfänglich meist Tabakprodukte, welche die Frauen bewarben, so folgten später Körperpflege- und Hygieneprodukte sowie Unterwäsche und Alkohol. Als in der Psychologie um 1900 neue Aufschlüsse über Konsumverhalten und Absatzsteigerung durch Einsatz von Emotionen gewonnen wurden, stieg die Anzahl erotischer Werbungen stark an. Vor allem Sigmund Freuds Theorien und seine Erkenntnisse zu unbewussten Motiven schienen wegweisend für die Werbebranche. Seitdem sind erotische Elemente nicht mehr aus der Werbung wegzudenken und erfreuen sich auch heute noch großer Beliebtheit. Auch die Biermarke Astra setzt in ihrer Anfang der 2000er Jahre entstandenen Werbekampagne Astra. Was dagegen? häufig auf knapp bekleidete Frauen und Männer und provoziert mit doppeldeutigen Slogans, wobei die Plakate bereits des Öfteren beim Publikum auf Kritik stießen - während die einen hinter der Werbung eine geglückte Marketingaktion sehen, empfinden die anderen diese als unpassend bzw. sexistisch und rufen zum Boykott auf (vgl. Bühler etal. 2019: 57).
Trotz der Popularität, der sich die Marketingstrategie sex sells in der Werbebranche auch heute noch erfreut, wurde das Gebiet im wissenschaftlichen Diskurs lange vernachlässigt; erst seit den 1960er und 1970er Jahren legen Forscherinnen und Forscher vermehrt den Fokus auf sexuelle Anspielungen und Darstellungen in der Werbung.
Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die Frage, mithilfe welcher rhetorischer Mittel Erotik in der Werbung umgesetzt wird, und orientiert sich dabei primär an den Werbeplakaten der Hamburger Biermarke Astra.
In einem ersten Schritt soll der Terminus Werbung erläutert werden. Anschließend erfolgt eine begriffliche Abgrenzung der Termini Erotik und Sex-Appeal, wobei im Folgenden auf erotische Elemente sowie die Formen von Sex-Appeal eingegangen wird.
Im Zuge der Analyse einzelner Plakate aus der Werbekampagne Astra. Was dagegen? werden die Werbeelemente näher bestimmt und auf die Werbestrategie Rhetorik eingegangen; der Schwerpunkt liegt auf rhetorischen Figuren und Sprachspielen.
2 Definition Werbung
Der Terminus Werbung kann sowohl in der Forschung als auch in der Praxis auf vielerlei Arten definiert werden, wodurch sich kaum eine einheitliche Definition finden lässt. Grund für diese Vielfalt ist zum einen die Tatsache, dass sich in der Werbeforschung unterschiedliche Disziplinen diesem Feld widmen und der Fokus dadurch nicht auf den gleichen Schwerpunkten liegt. Zum anderen ist Werbung „[..Jein sehr dynamisches Forschungsfeld [...], in dem technologische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen zum Tragen kommen“ (Siegelt etal.2016: 15).
Im Folgenden soll näher auf einige Erklärungsversuche eingegangen werden, anhand welcher die Komplexität der Werbung möglichst prägnant erläutert werden soll. Laut dem Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache bedeutet Werbung eine „bewusste, zielgerichtete Beeinflussung von Menschen, um ihr Interesse für bestimmte Waren, Dienstleistungen zu gewinnen“ (DWDS 2021). Werbung kann aus diversen Perspektiven betrachtet werden, so zum Beispiel aus marktpsychologischer, journalistischer und ethischer Sicht. Nach Krieg-Holz (2018: 296) wird Werbung als Kommunikationsinstrument definiert, wobei diese „alle gängigen, öffentlich sichtbaren Aktivitäten und Anstrengungen [einschließt], die Unternehmen und Organisationen durchführen, um Informationen zu einer Firma, einem Produkt oder einer Dienstleistung zu verbreiten“. Mithilfe von TV-Spots, Prospekten, Plakaten etc. wird versucht, die Rezipientinnen und Rezipienten zu einem Kauf zu motivieren, wobei mit dem Verbreitungsmedium eine gewisse Meinungsbildung und -manipulation einhergeht (vgl. KriegHolz 2018: 296). Mit der „absatzpolitischen Vorstellung von Kommunikation“ wird vor allem das Ziel verfolgt, Meinungen, genauso wie Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen, zu beeinflussen und zu steuern. Außerdem ,,[.. Jsystematisiert [sie]die kommunikativen Maßnahmen [...] darüber hinaus, indem sie sie nach ihren Merkmalen, Beziehungen, Zielen und Zielgruppen umfassend und differenziert beschreibt“ (Krieg-Holz 2018: 297). Das allgemeine Bild von Werbung geht meist mit dem der Unternehmenskommunikation einher, wobei diese [...] die Gesamtheit sämtlicher Kommunikationsinstrumente und -maßnahmen eines Unternehmens [umfasst], die eingesetzt werden, um das Unternehmen und seine Leistungen den relevanten externen und internen Zielgruppen der Kommunikation darzustellen und/oder mit den Zielgruppen eines Unternehmens in Interaktion zu treten (zit. n. Bruhn in Krieg-Holz 2018: 297).
Unternehmenskommunikation geschieht im Rahmen von Gesprächen, TV-Spots, Werbegeschenken etc.; diese Aktivitäten ordnet man schließlich anhand ihrer Gemeinsamkeiten verschiedenen Kategorien zu und unterscheidet zwischen direktem sowie indirektem Kontakt, persönlicher Kommunikation und unpersönlicher Kommunikation, individueller Kommunikation und Massenkommunikation sowie einseitiger und zweiseitiger Kommunikation. Werbung wird hier der unpersönlichen Kommunikation zugeordnet, außerdem zielt diese auf ein Massenpublikum ab. Zudem wird die Werbebotschaft mittels technischer Verbreitungsmittel einem dispersen Publikum zugänglich gemacht (vgl. KriegHolz 2018: 297).
Krieg-Holz (2018: 298) ergänzt den Gegenstandsbereich der Werbung um den der Sprechererwartungen, wobei ,,[d]iese Erweiterung [,..]u.a. die Ausrichtung an zwei Parametern [ermöglicht], 1. Der Richtung der kommunikativen Aktivitäten und 2. Der Art der Kommunikation.“ Der erste Parameter differenziert interne und externe Kommunikation, der zweite direkte und indirekte Kommunikation. Dem Terminus Werbung wird die externe Kommunikation zugeschrieben; diese erfolgt indirekt (medial, einseitig oder zweiseitig) und ist an eine externe Zuhörerschaft gerichtet. So fallen per definitionem Printanzeigen, TV- und Radio-Spots, Plakate, Prospekte und Kataloge sowie Werbebriefe, Werbemailings, Banner und Pop-ups unter die Kategorie Werbung. Anhand der genannten Parameter lassen sich zum einen „zentrale Kommunikationsmittel besonders einflussreicher Kommunikationsinstrumente“, zum anderen „Kommunikationsmittel, die sich in ihrem Ziel- und Funktionssystem und dadurch auch in ihrer sprachlichen Form stark ähneln“ (Krieg-Holz 2018: 298), zusammenfassen. Lediglich anhand der diversen Arten von Medialität lassen sich Differenzen erkennen - während z.B. Fernsehen und Kino mit „simultanen Einsatzmöglichkeiten von Bild, Ton und Text“ (Krieg-Holz 2018: 298) ihre Vielfalt demonstrieren, ist diese bei Prospekten, Anzeigen und Werbebannern meist nicht gegeben.
In den folgenden Kapiteln setze ich mich primär mit Werbung der Biermarke Astra auseinander, welche ihre Produkte mit provokanten Werbeplakaten vermarktet.
Bezüglich der terminologischen Abgrenzung von Erotik ist sich die Wissenschaft uneinig, wobei der Begriff häufig unterschiedliche Inhalte umfasst.
Im Folgenden soll nun näher auf die Abgrenzungsproblematik der Termini Erotik und SexAppeal eingegangen werden.
3 Erotik und Sex-Appeal
Den Begriffen Erotik, Sex und Sex-Appeal fehlt es im öffentlichen Diskurs an einer klaren Abgrenzung - meist bleibt ungeklärt, welche Inhalte die Termini tatsächlich einschließen.
Unter Erotik wird laut dem Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (2021) „das Liebesleben und Geschlechtsleben“ verstanden, während Sex einerseits für die „Ausübung sexueller Handlungen, vor allem zwischen zwei oder mehreren Personen; Geschlechtsverkehr“ und „das Geschlechtliche, [die] körperlich-sinnliche Begierde, Sexualität“ stehen kann, andererseits synonym zu dem Begriff Sex-Appeal verwendet wird, nämlich als die „geschlechtliches, körperliches Begehren erweckendem sinnliche Anziehungskraft [bzw.] Ausstrahlung“ (DWDS 2021). Sex-Appea! bedeutet laut DWDS (2021) aber auch die „starke, oft unbewusste und ungewollte geschlechtliche Anziehungskraft eines Menschen, besonders einerFrau, auf das andere Geschlecht“.
In Bezug auf Werbung ruft der Terminus Erotik in der Gesellschaft diverse Bilder hervor, wie Reichert (2003: 404) in seiner Arbeit The Prevalence of Sexual Imagery in Ads Targeted to YoungAdultsfesthält'.
We may know it when we see it, but for some people sex in advertising can include instances or occurrences ranging from feminine hygiene products to images of full frontal nudity. Most often, however, the style or amount of clothing worn by models is a common form of sex in advertising. [...] [S]ex in advertising is typically visual (physically attractive models, depictions of sexual behavior with partners or alone) but can also include verbal innuendo and explicit copy.
Setzen Werbetreibende in ihren Anzeigen auf „körperlich attraktive Models“, so werden diese meist leicht bekleidet bzw. nackt dargestellt. Diese Zurschaustellung von Nacktheit wird auch als Sex-Appeal bezeichnet, weil dadurch Geschlechtsmerkmale von Models sichtbar werden, die Schlüsselreizfunktion haben“ (Kroeber-Riel zit. n. Schemer 2016: 453). SexAppeal bedeutet nicht zwingend die Darstellung von Nacktheit, sondern kann auch über die Körperhaltung, Mimik, Blicke und sprachliche Doppeldeutigkeiten realisiert werden, wobei stets Aufmerksamkeit erzeugt, und sexuelle Bereitschaft sowie Verfügbarkeit demonstriert werden soll. Moser/Verheyen (2011: 190) führen an, dass eine terminologische Abgrenzung der Begriffe Sex-Appeal und Erotik häufig Schwierigkeiten birgt und meist keine eindeutige Zuordnung der Stilmittel in den jeweiligen Bereich erfolgen kann - so entstehen „Grenzbereiche, in denen es strittig ist, ob entsprechende Stilmittel noch als ,Sex-Appeal‘ oder ,erotisch‘ bezeichnet werden sollen.“
Auch explizite Anspielungen auf Geschlechtsverkehr fallen unter den Terminus Sex-Appeal die weitläufigen Definitionen, die dieser Begriff mit sich bringt, führen häufig zu konzeptionellen Schwierigkeiten, da die diversen Formen von Sex-Appeal verschiedene Wirkungen hervorrufen (vgl. Schemer 2016: 453).
Welche Faktoren laut Reichert ausschlaggebend sind, um von Sex-Appeal in der Werbung sprechen zu können, soll in Kapitel 3.2 „Formen von Sex-Appeal“ näher erläutert werden.
Seit wann sich erotische Elemente in der Werbebranche durchgesetzt und welche Entwicklungstendenzen sich hinsichtlich dieser vollzogen haben, wird im Folgenden dargelegt.
3.1 Erotische Elemente in der Werbung
Dass die Marketingstrategie sex sells in der Werbung Verkaufsfördern wirken kann, ist eine weitverbreitete Annahme, doch die Wissenschaft widmete sich diesem Gebiet verhältnismäßig spät - so stieg das Forschungsinteresse im Hinblick auf sexuelle Anspielungen und Darstellung erst in den letzten Jahrzehnten zunehmend an (vgl. Moser/Verheyen 2011: 188). Ein erstes Ergebnis der Forschung verdeutlicht, dass die sex sells - Strategie nicht ohne Restriktionen einhergeht. Außerdem bestünden „erhebliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern [...], was die Akzeptanz und die Wirkung von sexuellen Darstellungen in der Werbung angeht“ (Moser/Verheyen2011: 188).
Auch wenn sexuelle Darstellungen in der Werbung nach wie vor präsent sind, so unterliegen diese einem steten Wandel - welcher Trend sich innerhalb der 1950er bis 1990er Jahre verzeichnen lässt, führen Moser/Verheyen (2011: 191) unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ,,[...]nur Strichproben von Werbeträgern betrachtet [werden,]“ an und stellen die Ergebnisse diverser Inhaltsanalyen vor: Zwar ist die Darstellung vollständiger Nacktheit seit den 70er Jahren rückläufig, doch allgemeine Freizügigkeit und Sex-Appeal in der Werbung stehen nach wie vor hoch im Kurs, wobei vor allem Frauen abgebildet werden. Reichert und Carpenter (2004) finden unterdessen in ihrer Studie heraus, dass die Anzahl der sexuellen Motive im Zeitraum von 1983 bis 1993 zunimmt, in weiterer Folge aber stagniert oder abfällt. In einer eigens erhobenen Studie von Moser/Verheyen, in welcher der Grad der Nacktheit berücksichtigt und anhand dessen das Vorhandensein von Sex-Appeal gemessen wurde, stellten diese fest, dass der Trend Richtung „leichte Bekleidung“ geht. In der im Zeitraum von 1974 bis 2006 erhobenen Analyse wurden Anzeigen aus den Magazinen Petra und Playboy berücksichtigt, wobei vor allem in der Männerzeitschrift Playboy die dargestellten Frauen meist leicht bekleidet oder nackt dargestellt wurden und somit Sex-Appeal ausstrahlten. Im weiteren Verlauf der Jahre steigt die Zahl der Anzeigen mit Sex-Appeal erheblich an - 2006 liegt der Anteil bereits bei mehr als drei Viertel. Auch in der Frauenzeitschrift Petra ist ein ähnlicher Verlauf zu beobachten; so sind im Jahr 2006 circa 50 Prozent der Abbildungen von weiblichem Sex-Appeal geprägt. Vergleicht man beide Zeitschriften hinsichtlich des weiblichen und männlichen Sex-Appeals, so geht hervor, dass der Anteil an letzterem, nämlich der ,,freizügige[n] Darstellungen von Modellen mit nacktem Oberkörper oder in Unterwäsche bis hin zu vollständiger Nacktheit [...]“ (Moser/Verheyen 2011: 192) nach einem Höchststand im Zeitraum von 1987 bis 1996 stark rückläufig ist. Während die Anzeigen mit weiblichem SexAppeal also zunehmen, lässt sich bei jenen mit männlichem Sex-Appeal ein gegenläufiger Trend verzeichnen, wobei weiterhin die irrtümliche Annahme kursiert, männlicher Sex-Appeal finde sich zusehends häufiger in Werbeanzeigen. Abschließend lässt sich festhalten, dass [...] eine Überschätzung des Vorkommens vor allem von männlichem Sex-Appeal in der Werbung vorliegt. Diese Überschätzung wurde vermutlich durch einen realen Anstieg Mitte der 1990er Jahre begünstigt und verstärkt, seitdem ist der Einsatz von männlichem Sex-Appeal jedoch eher zurückgegangen (Moser/Verheyen 2011: 193f.).
So erlebt der Anteil der Anzeigen mit weiblichen Sex-Appeal tatsächlich einen Aufwärtstrend, während die Darstellung männlichen Sex-Appeals entgegen allen Behauptungen an Häufigkeit verliert. Es giltjedoch zu beachten, dass die Analyse von Moser/Verheyen nur bis in das Jahr 2006 hineinreicht und die Medien- bzw. Werbebranche einem ständigen Wandel unterliegt; so müssen Werbetreibende heute deutlich sensibler mit Themen wie Geschlechterdarstellung, Ethnizität etc. umgehen.
3.2 Formen von Sex-Appeal
Auch wenn die Annahme, dass sich Produkte durch sexuelle Anspielungen und Darstellung leichter vermarkten lassen, bereits vorherrschend ist, hat sich die wissenschaftliche Forschung erst verhältnismäßig spät mit dieser auseinandergesetzt; erst seit Ende der 1990er Jahre ist ein Aufschwung in der Wissenschaft zu vermerken (vgl. Moser/Verheyen 2011: 188). Dass SexAppeal nicht unbedingt mit vollständiger Nacktheit gleichzusetzen ist, sondern auch in subtilerer Form auftritt, hat Tom Reichert erstmals im Jahr 2002 in seiner Arbeit Sex in Advertising Research: A Review of Content, Effects, and Functions of Sexual Information in Consumer Advertising aufgezeigt.
Während Reichert anfangs noch die fünf Kategorien Nacktheit, sexuelles Verhalten, kontextuelle Faktoren, Anspielungen und Doppeldeutigkeit sowie sexuelle Einbettung bzw. sexual embeds zur Bestimmung des Sex-Appeals in der Werbung heranzieht, stellt dieser bereits im Folgejahr eine überarbeitete Kategorisierung erotischer Stilelemente vor und differenziert zwischen folgenden Formen (vgl. Reichert zit. n. Moser/Verheyen 2011: 189):
(1) Nacktheit/Kleidung
(2) Sexuellen Verhalten
(3) Abbildung physischer Attraktivität
(4) Sexuellen Referenzen
(5) SexuelleEinbettung
Vergleicht man beide Kategorisierungen, so fällt auf, dass die kontextuellen Faktoren durch die Abbildung physischer Attraktivität ersetzt wurden. Da der Kontext in der Werbewirkungs- und Inhaltsforschung bis dato nicht berücksichtig wurde, passte Reichert die Klassifizierung entsprechend an und führte diesen nicht mehr als gesonderte Form an.
Während unter (1) Nacktheit/Kleidung die Darstellung von Nacktheit bzw. der Einsatz von Kleidung zu verstehen ist, fällt unter (2) sexuelles Verhalten; dieses kann sich sowohl in der Tonlage und Stimme des Modells äußern als auch in zwischenmenschlichen Interaktionen wie z.B. Flirten, Posen, Küssen. Auch die Darstellung physischer Attraktivität wie von allgemein als attraktiv wahrgenommenen Gesichtern, Haaren oder der Figur kann eine sexuelle Wirkung herbeiführen.
In der vorliegenden Arbeit scheinen vor allem der Punkt (4) sexuelle Referenzen und (5) sexuelle Einbettung von Bedeutung. Während sexuelle Referenzen unter anderem Doppeldeutigkeiten und versteckte Anspielungen umfassen, handelt es sich bei der sexuellen Einbettung um die Darstellung von sexuellen Formen, Wörtern oder ähnlichem in der Werbung, die primär unterschwellig dargeboten werden“ (Moser/Verheyen 2011: 190).
Wie Werbetreibende versuchen, die Aufmerksamkeit der Beobachterinnen und Beobachter mithilfe impliziter, erotischer Elemente zu gewinnen, soll im Folgenden dargelegt werden.
4 Astra-Bier Werbung
Die Biermarke Astra, entstanden 1647 in St. Pauli, macht seit Jahrzehnten Schlagzeilen mit ihren provokanten Plakatwerbungen. Als die Marke 1997 in eine finanzielle Krise geriet, übernahm erst die Stadt Hamburg und schließlich die Holsten-Brauerei die ehemalige BavariaBrauerei. Ende der 1990er Jahre und Anfang der 2000er wurde die Astra. Was dagegen? Werbekampagne ins Leben gerufen, mit welcher auch ein Logowechsel einherging - seitdem stehen ein Herz und ein Anker symbolisch für die Biermarke. Mittlerweile ist Holsten im Besitz des dänischen Konzerns Carlsberg. Seit 1999 versucht sich Astra „[mit] der Werbung von der Konkurrenz abzuheben, indem starke Sprüche mit Provokation, Ironie und Humor eingesetzt werden, die eine jüngere Zielgruppe ansprechen (sollen)“ (Bühler et al. 2019: 5).
Im Folgenden sollen die im Zeitraum von 2003 bis 2016 entstanden Plakate einer linguistischen Betrachtung unterzogen werden. Das Korpus setzt sich aus acht Werbeplakaten zusammen, wobei die Auswahl aufgrund des dargestellten Sex-Appeals und der verwendeten rhetorischen Stilfiguren und Sprachspiele erfolgte.
Zunächst soll jedoch der Fokus auf die einzelnen Werbeelemente gelegt werden, welche charakterisierend für das Werbemittel Plakat sind.
4.1 Werbeelemente
Werbung setzt sich aus unterschiedlichen Werbeelementen zusammen. Die Biermarke Astra greift in ihrer Kampagne auf das Werbemittel Plakat zurück, wobei es sich um einen „meist künstlerisch gestaltete^] großformatige[n] Anschlag (in Schrift und Bild) [handelt], der zu Werbezwecken, Agitationszwecken und Informationszwecken dient und vor allem an Litfaßsäulen, Wänden angebracht ist“ (DWDS 2021). Plakate richten sich an eine anonyme Gruppe von Rezipientinnen und Rezipienten - ob und wie diese die vermittelten Botschaften, Gedanken und Gefühle wahmehmen, bleibt für die Werbetreibenden meist unersichtlich (vgl. Aumer 2019: 53). Typisch für das Plakat ist die Zusammensetzung aus einem Textelement, einem Bildelement und ergänzender Informationen.
4.1.1 Das Textelement
Auf den Plakaten der Werbung für Astra-Bier fällt vor allem ein Schriftzug ins Auge, welcher meist sehr dominant oberhalb des Bildes platziert ist. Der Textbaustein erfüllt die Charakteristika einer Schlagzeile (Zentralität, Singularität des Textelements) und kann per definitionem als solche verstanden werden (Zielke zit. n. Aumer 2019: 53):
Zu diesem Zweck vermittelt die Headline [Fachsprache der Werbeleute für Schlagzeile] dem Umworbenen im Idealfall eine Information, die einen aufmerksamkeitserregenden Aspekt des Beworbenen ausschnitthaft und spektakulär thematisiert und insofern eine besondere Informationsqualität - häufig in Form eines Neuigkeitswertes - besitzt.
Des Weiteren erregt die Schlagzeile mit ihren sprachlichen Strategien Aufmerksamkeit und nimmt Bezug auf das Bild: Heißt es bei Astra etwa Die neuen Sixpacks von Astra, so wird einerseits eine Referenz zu dem Sechserträger Bierflaschen in den Händen der Männer hergestellt, andererseits zu den Oberkörpern, welche gegen den Zaun gedrückt werden und so die Form definierter Bauchmuskeln erhalten. Bild und Text stehen also in einer Wechselbeziehung (vgl. Aumer 2019: 53f.). Neben der Schlagzeile als Textelement findet sich auf dem Plakat zudem ein Slogan. Bei Astra. Was dagegen? handelt es sich ..An , Abbildungl:"DieneuenSixpacksvon um einen Spruch, welcher seit Anfang der 2000er Astra.n(2015)Quelle: https://www.astra- bier.de/de/astra/werbung.html (Zugriff bezeichnend tur die Werbekampagne von Astra ist; der a m: 6.07.2021)
Slogan zeichnet sich durch ständige Wiederholung aus und schafft somit einen Wiedererkennungswert. Außerdem tritt dieser häufig in Verbindung mit dem Logo der Marke auf, so auch im vorliegenden Beispiel (vgl. Janich 2013: 59f).
4.1.2 Das Bildelement
Das Bildelement spielt in Astras Werbekampagne eine wichtige Rolle und fungiert als Blickfang - Rezipientinnen und Rezipienten nehmen visuelle Reize auch beiläufig wahr und können diese schneller erfassen als Textelemente. Zudem können sie besser emotionale Inhalte vermitteln, erhöhen [...] die Erinnerungswirkung und eignen sich [...] besonders dafür, den Eindruck der Objektivität zu erwecken [...]“ (Janich: 2013: 76).
Bei Astra stehen Text und Bild in einer gewissen Abhängigkeit, da ohne das Bildelement die intendierten Doppel- und Mehrdeutigkeiten nicht erzielt werden könnten; erst durch die Kombination von Schlagzeile und Abbildung wird die gewünschte Wirkung bei den Zuschauerinnen und Zuschauern erzielt. Janich (2013: 76) merkt hierzu an, da [...] für Bilder in der Werbung dasselbe wie für Sprache gilt, dass sie nämlich oft erst zusammen mit dem Text ein kommunikatives Ganzes ergeben, sollten Bildanalysen nicht allein stehen, sondern vor allem zur Aufklärung von Text-Bild-Beziehungen genutzt werden.
4.1.3 Besondere Formen von Textelementen
Abgesehen von den Textelementen Schlagzeile, Fließtext, Slogan und Produktname können noch weitere, kleinere Textelemente differenziert werden. So versteht man etwa unter Adds „erläuternde Hinzufügungen zu einem Produkt- oder Markennamen“ (Zielke zit. n. Janich 2013: 72). Auch wenn die Anmerkungen meist rechtlich bedingt sind (z.B. Trademark, registriertes Warenzeichen, Europäisches Patent), unterstützen diese auch die Glaubwürdigkeit der Werbung (vgl. Janich 2013: 72). Auch sogenannte Claims und Inserts fallen unter die besonderen Formen von Textelementen, wobei letztere Zusatzinformationen der Werbetreibenden darstellen. Im vorliegenden Beispiel befindet sich auf der rechten Seite des Bildes ein Link, welcher Interessentinnen und Interessenten auf das soziale Netzwerk Facebook und schließlich auf den Account von Astra führt; diese Angabe lässt sich der Kategorie Inserts zuordnen. Ein weiteres Element stellen die Antwort-Coupons dar, welche „eine Kontaktaufnahme der Rezipienten mit den Werbetreibenden ermöglichen und anregen sollen (Janich 2013: 73).
4.2 Besondere Werbestrategie: Rhetorik
Auf rhetorische Mittel wird in der Werbebranche gesetzt, um die Rezipientinnen und Rezipienten von dem beworbenen Produkt zu überzeugen und zum Kauf anzuregen. Auch Astra versucht, sich durch rhetorische Strategien von der Konkurrenz abzusetzen und die Aufmerksamkeit der potenziellen Konsumentinnen und Konsumenten zu gewinnen. Während zunächst der Begriff Rhetorik näher erläutert wird, sollen in einem weiteren Schritt jene rhetorischen Figuren sowie Wort- und Sprachspiele vorgestellt werden, welche sich auf den Werbeplakaten der Biermarke Astra wiederfinden lassen.
Bezüglich rhetorischer Figuren und Sprachspiele merkt Janich (2013: 191) Folgendes an:
Rhetorische Figuren sind in der Regel sprachliche Erscheinungen, die sich entweder durch eine bestimmte (auffällige) Form auszeichnen (z.B. Chiasmus, Dreierfigur, Alliteration) oder - wie die rhetorischen Ersatztropen (z.B. Metapher, Metonymie) - eine besondere Semantik aufweisen. Sprachspiele lassen sich am besten als Abweichungen von Normen oder zumindest von Erwartungen [...] charakterisieren, doch auch rhetorische Figuren stellen nicht selten Normverstöße dar [.] Im Bereich der Sprachspiele sieht Janich (2013: 191) ein methodisches Abgrenzungsproblem; ein Sprachspiel entsteht meist erst durch den Einsatz einer rhetorischen Figur, demnach kann diese zwar ein Sprachspiel bilden, doch im Umkehrschluss muss ein Sprachspiel nicht zwingend auf einer rhetorischen Figur basieren. Um dieses Abgrenzungsproblem zu umgehen, wird vorgeschlagen, Sprachspiele „sehr eng als die sprachlichen Strategien [zu definieren], die einen komischen oder witzigen Effekt erzielen sollen (so dass also nur die rhetorischen Figuren dazu zählen, die im Einzelfall in einer solchen Weise gebraucht sind)“ (Hervorhebung Janich 2013: 191). Generell wäre es jedoch sinnvoller, keine Abgrenzung vorzunehmen und sich entweder auf die rhetorische Tradition oder den sprachspielerischen Impetus zu fokussieren (vgl. Janich 2013: 191).
Nach einer Definition unterschiedlicher rhetorischer Mittel und Sprachspiele sollen diese im Folgenden anhand der Werbeplakate von Astra aufgezeigt werden.
4.2.1 Rhetorische Figuren
Für eine bessere theoretische Übersicht werden nachfolgend die wichtigsten rhetorischen Figuren nach Kurt Spang (zit. n. Janich 2013: 195) vorgestellt, wobei jene näher angeführt werden, welche in der Werbekampagne von Astra Verwendung finden:
1. Positionsfigur: Zu der Positionsfigur zählen rhetorische Figuren, die sich „in ihrer Wirkung auf die Stellung der Wörter imjeweiligen Satz [beziehen]“ (Aumer 2019: 78). Es handelt sich also um Wiederholungen, bestimmte Strukturen auf Satzebene, Wortumstellungen und Worttrennungen. Als Beispiel können etwa die Anastrophe, der Parallelismus, der Chiasmus und die Inversion angeführt werden.
2. Wiederholungsfigur: Bei der Wiederholungsfigur unterscheidet Janich (2019: 196) zwischen der Wiederholung gleicher Elemente und der Wiederholung ähnlicher Elemente. Unter die erste Kategorie fallen z.B. Gemination, Anapher, Epipher, Polysyndeton, Alliteration und Endreim. Die zweite Kategorie umfasst z.B.
[...]
- Quote paper
- Anonymous,, 2021, Erotisierung als Werbestrategie am Beispiel der Werbekampagne "Astra. Was dagegen?", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1306309
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