Jede natürliche Person besitzt ein unveräusserliches Recht auf Leben. In der Schweiz wird dieses Recht durch Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BV grundrechtlich garantiert, in Deutschland durch Art. 2 Abs. 2 GG und auf internationaler Ebene wird dieses Recht unter anderem in Art. 3 der AEMR oder Art. 2 EMRK festgehalten. Jedoch lassen die Ausnahmen in Art. 2 EMRK bereits erkennen, dass das Recht auf Leben nicht als absolut zu verstehen ist. Aus dieser Tatsache ergibt sich die schwierige Frage, wann ein Eingriff des Staates in das Recht auf Leben geboten bzw. gerechtfertigt ist, um nicht als willkürlich eingestuft zu werden.
Als Einstieg in diese Problematik wird zunächst das Urteil im Fall 1 BvR 357/05 des Ersten Senats des BVerfG vom 15. Februar 2006 kurz zusammengefasst und analysiert, in dem es um die Rechtmässigkeit einer gesetzlichen Grundlage zum Abschuss eines entführten Luftfahrzeuges, zur Rettung der Personen am Boden, geht. Da es bei einem solch komplexen und schwierigen Grundrechtsverhältnis unerlässlich ist, Einschränkungen vorzunehmen, fokussiert sich die vorliegende Arbeit vordergründig auf den Einsatz von potentiell tödlichem Zwang durch den Staat. Dabei bildet der Einsatz von Schusswaffen gegen Personen einen besonderen Schwerpunkt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Fall 1 BvR 357/05
- Der zeitgeschichtliche Kontext
- Das beanstandete Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG)
- Die Klagebegründung
- Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
- Das komplexe Grundrechtsverhältnis Leben gegen Leben
- Das Recht auf Leben in der Bundesverfassung
- Verankerung und Qualifikation
- Schutzbereich
- Kerngehalt
- Fazit
- Die Menschenwürde in der Bundesverfassung
- Verankerung und Qualifikation
- Schutzbereich
- Kerngehalt
- Fazit
- Die Europäische Menschenrechtskonvention
- Stellung in der Schweizer Rechtsordnung
- Das Recht auf Leben in der EMRK und seine Ausnahmen
- Verteidigung gegen rechtswidrige Gewalt (lit. a)
- Festnahme oder Verhinderung der Flucht (lit. b)
- Niederschlagung eines Aufruhrs oder Aufstands (lit. c)
- Fazit
- Die Einschränkung des Rechts auf Leben in der Schweiz
- Überblick
- Die Gesetzgebung
- Die Erfordernis eines formellen Gesetzes
- Das Zwangsanwendungsgesetz
- Das Polizeigesetz am Beispiel des Kantons Zürich
- Das Militärgesetz
- Die Polizeibefugnisse der Armee
- Der Waffeneinsatz gegen Luftfahrzeuge
- Fazit
- Die Rechtsprechung des Bundesgerichts
- Überblick
- Die Verhältnismässigkeit
- Grundsätze zum Schusswaffengebrauch
- Die polizeiliche Generalklausel
- Der finale Rettungsschuss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit analysiert die rechtliche Problematik des staatlichen Tötungsrechts im Kontext der Schweizerischen Bundesverfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention. Dabei wird der Fokus auf die Abwägung des Rechts auf Leben und der Notwendigkeit staatlicher Gewalt zur Gefahrenabwehr gelegt.
- Recht auf Leben in der Schweizer Bundesverfassung
- Die Rolle der Menschenwürde im Rechtssystem
- Einschränkungen des Rechts auf Leben durch Gesetzgebung und Rechtsprechung
- Analyse des Verhältnisses von staatlicher Gewalt und individueller Rechte
- Der finale Rettungsschuss als rechtliche und ethische Herausforderung
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt die Relevanz des Themas „Staatliche Lizenz zum Töten“ im Kontext der Schweiz dar und gibt einen Überblick über die behandelten Themenbereiche.
- Der Fall 1 BvR 357/05 zeigt die rechtliche und gesellschaftliche Debatte um den Einsatz von tödlicher Gewalt durch den Staat am Beispiel des Luftsicherheitsgesetzes auf.
- Das Kapitel zum Grundrechtsverhältnis Leben gegen Leben analysiert den Spannungsbogen zwischen dem Schutz des Lebens und der Notwendigkeit staatlicher Gewalt im Rahmen der Gefahrenabwehr.
- Das Kapitel zum Recht auf Leben in der Bundesverfassung beleuchtet die Verankerung, den Schutzbereich und den Kerngehalt des Rechts auf Leben in der Schweizerischen Bundesverfassung.
- Die Menschenwürde in der Bundesverfassung wird in einem weiteren Kapitel hinsichtlich ihrer Verankerung, ihres Schutzbereichs und ihres Kerngehalts erläutert.
- Das Kapitel zur Europäischen Menschenrechtskonvention behandelt die Stellung der EMRK in der Schweizer Rechtsordnung und die Ausnahmen vom Recht auf Leben im Rahmen der Konvention.
- Die Einschränkung des Rechts auf Leben in der Schweiz fokussiert auf die Gesetzgebung und die Rechtsprechung in Bezug auf den Einsatz tödlicher Gewalt durch den Staat, wobei das Polizeigesetz des Kantons Zürich und das Militärgesetz besondere Beachtung finden.
Schlüsselwörter
Die Seminararbeit befasst sich mit zentralen rechtlichen und ethischen Fragestellungen rund um das staatliche Tötungsrecht in der Schweiz, wobei Themen wie das Recht auf Leben, die Menschenwürde, die Verhältnismässigkeit, das Polizeigesetz, das Militärgesetz und der finale Rettungsschuss im Vordergrund stehen.
- Quote paper
- Nico Wullschleger (Author), 2022, Staatliche Lizenz zum Töten? Wenn in einem Rechtsstaat das Recht auf Leben zur Disposition steht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1305846