Die Leitfragestellungen meiner Studienarbeit lauten:
Gibt es zwischen Lehrenden und Studierenden ein asymmetrisches Machtverhältnis? Tragen die Gesprächspartner mit ihren kommunikativen Handlungen dazu bei, bestehende institutionelle Hierarchien zu bestätigen und wenn ja, wie?
Zur Beantwortung dieser Fragen muss zunächst geklärt werden, was institutionelle Gespräche eigentlich sind und wie Sprechstundengespräche innerhalb von Hochschulgesprächen einzuordnen sind.
Des Weiteren ist es nötig, die in dieser Arbeit verwendeten Begriffe zu klären. Begriffe wie Dominanz oder Macht sind in der Alltagssprache negativ konnotiert und rufen Assoziationen von Unterdrückung, Herrschaft und Gewalt hervor. Ein Wort wie Einfluss klingt demgegenüber neutral bis positiv. Zu kritisieren ist aber, dass der eher neutral wirkende Begriff Einfluss für die Analyse zu ungenau ist. Deshalb halte ich es für notwendig, die Termini Macht, Hierarchie, Asymmetrie und Dominanz in einem weiteren Schritt zu definieren, um den Gebrauch der Begriffe deutlich zu machen und eventuellen Missverständnissen vorzubeugen.
Im Anschluss soll dargelegt werden, was in hochschulischen Sprechstundengesprächen typischerweise zu erwarten ist. Dazu werde ich die empirischen Ergebnisse von Boettcher/Meer (2000) nutzen, die sie auf der Grundlage des von ihnen erstellten Transkriptbands (Boettcher/Limburg/Meer/Zegers, 2005) zu Sprechstundengesprächen an der Hochschule erzielt haben.
Auf dieser theoretischen Grundlage folgt der Schwerpunkt der Arbeit, die exemplarische Analyse des Sprechstundentranskripts Nr. 9 aus dem Transkriptband von Boettcher/Limburg/Meer/Zegers (2005:51-52). Zunächst wird der für dieses Transkript spezielle empirische Rahmen skizziert und eine Gliederung des Transkriptes in die Phasen des Gesprächs vorgenommen. Anschließend folgt die Analyse von Auffälligkeiten und deren Zuordnung zu den oben genannten Analysekriterien. Mit Hilfe der Analyse soll herausgearbeitet werden, in wie weit die Interaktionspartner mit ihrem Verhalten die zu erwartenden Verhaltensmuster bestätigen und welches Verhalten von den vorher getroffenen Annahmen abweicht.
Inhalt
EINLEITUNG
1. SPRECHSTUNDENGESPRÄCHE AN DER HOCHSCHULE
1.1 Institutioneller Rahmen
1.2 Ungleichheit in institutionellen Gesprächen
1.3 Sprechstundengespräche
1.4 Zusammenfassung
2. ANALYSE
2.1 Anfangsphase
2.2 Gesprächskern: Formulierung und Bearbeitung des Anliegens 12
2.3 Endphase
2.4 Schlussfolgerung
3. FAZIT.
4. LITERATUR
EINLEITUNG
„Keine Frage: Institutionelles Handeln bestimmt unsere Gesellschaft. Die Frage ist nur, wie lange diese Gesellschaft es sich leisten will, daß sich die Kommunikationsverhältnisse in den Institutionen unbegriffen reproduzieren und gegen die Handelnden verselbständigen." (Hoffmann/Nothdurft, 1989:131)
Sprechstundengespräche in der Hochschule sind aus der Perspektive der Studierenden sowie der Lehrenden von großer Bedeutung. Gerade im Bereich der Geisteswissenschaften mit hohen Studierendenzahlen1 ist das Sprechstundengespräch eine der wenigen Möglichkeiten für Studierende, den persönlichen Kontakt zu Lehrenden aufzubauen, Betreuungsangebote für das weitere Studium wahrzunehmen und sogar wertvolle Erfahrungen im Bereich „Bewerbungsgespräche" zu sammeln. Aber auch Lehrenden bietet sich die Möglichkeit, sich über ihre Lehrtätigkeit bei den Studierenden Feedback einzuholen (Boettcher/Hellermann/Meer, 2001:4). Trotzdem werden Sprechstundengespräche sowohl von Studierenden als auch von Lehrenden häufig als Last empfunden2. Umso wichtiger ist es deshalb, mögliche Problemfelder aufzuzeigen, um diese besser zu verstehen und die Chancen, die Sprechstundengespräche mit sich bringen, besser nutzen zu können.
In hochschulischen Sprechstundengesprächen zeichnen sich bestimmte Gesprächsmuster ab, die positionsspezifische Unterschiede zwischen Lehrenden und Studierenden deutlich machen (Meer, 2000: 19ff). Die Leitfragestellungen meiner Studienarbeit lauten:
Gibt es zwischen Lehrenden und Studierenden ein asymmetrisches Machtverhältnis? Tragen die Gesprächspartner mit ihren kommunikativen Handlungen dazu bei, bestehende institutionelle Hierarchien zu bestätigen und wenn ja, wie?
Zur Beantwortung dieser Fragen muss zunächst geklärt werden, was institutionelle Gespräche eigentlich sind und wie Sprechstundengespräche innerhalb von Hochschulgesprächen3 einzuordnen sind.
Des Weiteren ist es nötig, die in dieser Arbeit verwendeten Begriffe zu klären. Begriffe wie Dominanz oder Macht sind in der Alltagssprache negativ konnotiert und rufen Assoziationen von Unterdrückung, Herrschaft und Gewalt hervor. Ein Wort wie Einfluss klingt demgegenüber neutral bis positiv. Zu kritisieren ist aber, dass der eher neutral wirkende Begriff Einfluss für die Analyse zu ungenau ist. Deshalb halte ich es für notwendig, die Termini Macht, Hierarchie, Asymmetrie und Dominanz in einem weiteren Schritt zu definieren, um den Gebrauch der Begriffe deutlich zu machen und eventuellen Missverständnissen vorzubeugen.
Im Anschluss soll dargelegt werden, was in hochschulischen Sprechstundengesprächen typischerweise zu erwarten ist. Dazu werde ich die empirischen Ergebnisse von Boettcher/Meer (2000) nutzen, die sie auf der Grundlage des von ihnen erstellten Transkriptbands (Boettcher/Limburg/Meer/Zegers, 2005) zu Sprechstundengesprächen an der Hochschule erzielt haben.
Auf dieser theoretischen Grundlage folgt der Schwerpunkt der Arbeit, die exemplarische Analyse des Sprechstundentranskripts Nr. 9 aus dem Transkriptband von Boettcher/Limburg/Meer/Zegers (2005:51-52). Zunächst wird der für dieses Transkript spezielle empirische Rahmen skizziert und eine Gliederung des Transkriptes in die Phasen des Gesprächs vorgenommen. Anschließend folgt die Analyse von Auffälligkeiten und deren Zuordnung zu den oben genannten Analysekriterien. Mit Hilfe der Analyse soll herausgearbeitet werden, in wie weit die Interaktionspartner mit ihrem Verhalten die zu erwartenden Verhaltensmuster bestätigen und welches Verhalten von den vorher getroffenen Annahmen abweicht.
Zu beachten ist, dass ich bei der Analyse auf individuelle Erfahrungen und Wirkungen zur Unterstützung von Interpretationsmöglichkeiten kommunikativen Handelns zurückgreife. Mir erscheint eine rein objektive Analyse von transkribierten Gesprächen generell unmöglich, dennoch unterliegt diese Arbeit einer kontrollierten Subjektivität.
1. SPRECHSTUNDENGESPRACHE AN DER HOCHSCHULE
1.1 Institutioneller Rahmen
Nach Ehlich/Rehbein sind Institutionen Formen gesellschaftlicher Vermittlung, in denen kommunikatives Handeln eine wichtige Rolle spielt. Institutionelle Kommunikation unterscheidet sich grundsätzlich von so genannter Alltagskommunikation (Ehlich/Rehbein, 1994:308ff.). Institutionelle Kommunikation vollzieht sich nach Hoffmann/Nothdurft auf der Grundlage sozial verbreiteten Wissens über Formen kommunikativen Handelns. Dieses „Betriebswissen" schließe Wissen über die Ausgangskonstellation, die wichtigsten Teilhandlungen und ihre Abfolge ein (Hoffmann/Nothdurft, 1989:118ff.). Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Interaktionspartner durch ihr Betriebswissen bewusst oder unbewusst mit bestimmten Erwartungshaltungen in ein Gespräch gehen, selbst wenn sie über keine eigene Erfahrung verfügen.
Ein häufiges Problem kommunikativer Praxis ist nach Hoffmann/Nothdurft die Konstellation Laie vs. Institutionsvertreter. Bei der Klärung von Sachverhalten liegt eine asymmetrische Beteiligung am Gespräch vor - der Institutionsvertreter steuert das Gespräch massiv, während dem Laien eine reaktive Rolle (zum Beispiel in Form von Hörrückmeldungen) zukommt4. Ein weiteres Problem ist, dass Rationalität und Objektivität im universitären Kontext eine zentrale Rolle einnehmen, weshalb Studierende die Situation an der Hochschule als anonym empfinden (Zegers, 2004:9).
Innerhalb des institutionellen Rahmens Hochschule finden sich unterschiedliche Gesprächssituationen (z.B. Unterrichtsgespräche oder Sprechstundengespräche), die wiederum unterschiedlichen Gesprächszwecken dienen.
1.2 Ungleichheit in institutionellen Gesprächen
Zur Beschreibung von Ungleichheiten in institutionellen Gesprächen - und somit auch Sprechstundengesprächen an der Hochschule - finden sich in der Forschungsliteratur Begriffe wie: Macht, Hierarchie, Asymmetrie oder auch Dominanz, die teils synonym, teils komplementär genutzt werden. Brock/Meer diskutieren in ihrem Aufsatz (Brock/Meer, 2004) verschiedene Ansätze und Verwendungen der genannten Termini. Auch die fehlende Trennschärfe zwischen den Begriffen ist ein wichtiger Kritikpunkt bei Brock/Meer. Dabei beziehen sie sich zum Beispiel auf Ausführungen von Becker-Mrotzek, Brock, Deppermann, oder auch Ehlich/Rehbein.5 Durch die Gegenüberstellung und Ergänzung der Ansätze verfassen Brock/Meer gelungene terminologische Vorschläge zur Verwendung der Begriffe, die ich im Folgenden kurz vorstellen werde.
Brock/Meer definieren...
... Macht als Option auf Handlung zur Konstituierung ungleicher Beziehungen zwischen Interaktionspartnern.
Jemand besitzt Macht nicht, sondern kann Macht aufgrund positionsspezifischer Autorisierungen (institutionelle bzw. gesellschaftliche Vorgaben) ausüben. Dadurch entstehen Abhängigkeiten (Abhängigkeit vom Rahmen, der Interaktionspartner usw), die den Begriff an eine Vielzahl von Einflüssen binden. Im Zusammenhang mit gesprächsanalytischen Untersuchungen müsse es darum gehen,„die Heterogenität bzw. Mehrdimensionalität der Ursachen und Wirkungen der Ungleichheit der Gesprächsbeteiligten herauszuarbeiten und ausgehend von diesen Detailbeobachtungen die unterschiedlichen Machtwirkungen des Gesamtfeldes zu rekonstruieren." (ebd.:201)
... Hierarchie als institutionelle Rangunterschiede, die in vertikalen Asymmetrien (strukturell bedingte Ungleichheiten) realisiert werden.
Hierarchie kann durchaus vorrangig als Teil des institutionellen Rahmens begriffen werden. Zu beachten ist aber, dass die dort vorhandenen Organigrammstrukturen nicht zwangsläufig Rückschlüsse auf das kommunikative Verhalten zulassen. (ebd. 186,202)
... Asymmetrie als Differenz, die aus hierarchieneutralen Aufgaben entsteht. Zur Beschreibung von Ungleichheiten in institutionellen Gesprächen wird der Begriff nach Brock/Meer häufig zu ungenau gebraucht, da er für Ungleichgewichte, die sich auf unterschiedlichsten interaktionellen Ebenen vollziehen können (wie lokalen oder globalen Ebenen), verallgemeinernd genutzt wird.
Asymmetrie ist nach Brock/Meer macht-, hierarchie- und dominanzneutral, als kommunikative Ungleichheit in Bezug auf ein spezifisches Kriterium oder Phänomen zu definieren.
Zur Beschreibung von Ungleichgewichten in Sprechstundengesprächen kann der Begriff Asymmetrie nicht ausreichen. Der Begriff soll vielmehr bei der Beschreibung von Beobachtungskategorien wie Rederecht oder Redemenge unterstützend genutzt werden. Dabei bleibt zunächst offen, ob es sich um ein Indiz für Machtwirkungen oder hierarchischen Strukturen handelt. (ebd.:186,202)
... Dominanz als „interaktionell vollzogenes kommunikatives Übergewicht einer Position bzw. Person", das nicht anhand von lokalen Analysen nachweisbar ist. „Stattdessen sollte der Begriff als [...] Sammelkategorie erst vor dem Hintergrund einer abgeschlossenen Analyse zur Anwendung kommen." (ebd.:202)
1.3 Sprechstundengespräche
Nach Boettcher/Hellermann/Meer handelt es sich bei Sprechstundengesprächen um den gesprächsorganisatorischen Rahmen, innerhalb dessen unterschiedliche Anliegenstypen realisiert werden können. (Boettcher/Hellermann/Meer, 2001:4) Mögliche Gesprächszwecke von Sprechstundengesprächen sind: Studienorganisatorische Fragen, fachliche Unterstützungswünsche, kooperationsbezogene, bewertungsbezogene oder auch karrierebezogene Anliegen. Je nach Anliegen kann es unterschiedliche Gesprächsanforderungen geben und zu unterschiedlichen Gesprächsverläufen und Problemen kommen. (ebd.: 3-4)
Bei den empirischen Beobachtungen von Boettcher/Hellermann/Meer dominieren die offiziellen Anliegen, wie die Vorbesprechung einer Leistungsarbeit oder auch das Einholen einer Unterschrift, deutlich. Bezogen auf die Studierenden überwiegt insgesamt die Rolle als „Bittstel- ler"(ebd.:5), da sie für die Erreichung des Gesprächszwecks vom Lehrenden abhängig sind.
[...]
1 An der Ruhr-Universität Bochum studierten im WS 2007/2008 32.607 Studierende, davon allein 12.466 im Bereich der Geisteswissenschaften, 6.127 Studierende studierten ein Fach aus dem Bereich der Philologie. Im Vergleich dazu studierten nur 489 Studierende Mathematik. Weitere Zahlen und Statistiken finden sich auf der Homepage der Ruhr-Universität Bochum. Dezernat 1: Angelegenheiten der Selbstverwaltung, Hochschulstruktur und -planung. [URL]: ://www.uv.ruhr-uni-bochum.de/dezernat1/statistik/aktuelles/rubrik2007.pdf
2 Vgl. hierzu die Ausführungen von Boettcher, W. / Meer, D. (2000): „Ich hab nur ne ganz kurze Frage" - Umgang mit knappen Ressourcen. Sprechstundengespräche an der Hochschule, S. 1ff.
3 Als Form von institutioneller Kommunikation
4 Diese Definition kann den voreiligen Rückschluss zulassen, dass der Laie in seiner reaktiven Rolle keine Möglichkeit zur Beeinflussung des Gesprächsverlaufs hat, jedoch sind meiner Meinung nach beide Interaktionspartner am Gesprächsverlauf beteiligt und nicht Gefangene asymmetrischer Handlungsmöglichkeiten, wie sich später am konkreten Beispiel zeigen wird.
5 Genauere Angaben zur verwendeten Literatur finden sich im Literaturverzeichnis von Brock/Meer ab Seite 204ff.
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