Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zu klären, welche Erfahrungen Eltern im Hinblick auf die durch die Corona-Pandemie bedingten Veränderungen der Unterrichtsdurchführung gemacht haben. Dazu wird die folgende Forschungsfrage gestellt: Erfahrungen von Eltern mit dem Distanzunterricht während der Covid-19 Pandemie.
Die Corona-Pandemie hat in Deutschland seit Anfang 2020 das Leben der Menschen schlagartig verändert. Flächendeckend wurden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie eingeführt, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Dazu zählten auch die im Frühjahr 2020 beschlossenen bundesweiten Schulschließungen. Präsenzunterricht war von jetzt auf gleich nicht mehr möglich, sodass digitaler Distanzunterricht eingeführt werden musste. Dieser konnte von den einzelnen Bundesländern individuell ausgestaltet werden und wurde unterschiedlich intensiv gehandhabt. Die kurzfristige Bekanntmachung der Schulschließungen stellten Schulen, Lehrkräfte und Familien vor große Herausforderungen und zum Teil unüberwindbare Hürden.
In der folgenden Arbeit soll aufgezeigt werden, mit welchen Herausforderungen Eltern in Bezug auf den Distanzunterricht zu kämpfen hatten. Um dies herauszufinden, wurden acht Elternteile (mithilfe eines Leitfadeninterviews) zu ihren Erfahrungen mit dem Distanzunterricht während der Covid-19 Pandemie telefonisch befragt. Die vorliegende Arbeit ist in zwei Teile gegliedert. Zunächst werden theoretische Rahmenbedingungen der Institution Schule und des Elternhauses erläutert. Hieraus wird sich ein Spannungsverhältnis ergeben, welches durch eine genauere Betrachtung von Elternhaus und Schule untersucht werden soll. Ebenso erfolgt ein Einblick in den Präsenzunterricht vor der Pandemie sowie die Ausgestaltung des Distanzunterrichtes seit dem Frühjahr 2020. Es schließt sich ein aktueller Forschungsstand an.
Der zweite Teil der Arbeit widmet sich der Empirie. Zunächst wird das Forschungsdesign näher erläutert. Hierbei wird der qualitative Forschungsansatz näher vorgestellt sowie die genutzte qualitative Forschungsmethode des Leitfadeninterviews. Ebenso wird der sozialwissenschaftliche Ansatz der Grounded Theory Methodologie näher beschrieben. Es folgt die Darstellung der Ergebnisse sowie eine Diskussion dieser Ergebnisse vor dem Hintergrund von Theorie und aktuellem Forschungsstand. Im Fazit werden sodann die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst und die Fragestellung beantwortet.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Schule und Familie (Prä-Covid)
2.1 Bildung und Erziehung als gemeinsame Aufgabe von Eltern und Schule..
2.2 Präsenzunterricht
3 Änderungen durch den SARS-CoV-2 Ausbruch 2019/2020
3.1 SARS-CoV-2 Überblick
3.2 Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung
3.3 Distanzunterricht
3.4 Konzept Blended Learning und Flipped Classroom
3.5 Neue Aufgabenfelder von Familie
3.6 Aktueller Forschungsstand
4 Forschungsdesign
4.1 Vorstellung des qualitativen Forschungsansatzes
4.2 Gütekriterien
4.3 GroundedTheory
4.3.1 Auswertungsmethode derGrounded Theory und Begründung
4.3.2 Das offene Kodieren
4.3.3 Das axiale Kodieren
4.3.4 Das selektive Kodieren
4.3.5 DasKodierparadigma
4.4 Instrumente der Erhebung
4.5 Leitfadeninterview
4.6 Interviewvorbereitung- und Durchführung
4.7 Transkription
5 Darstellung der Ergebnisse (Auswertung)
6 Diskussion
7 FazitundAusblick
8 Literaturverzeichnis
9 Anhang
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mich während der Anfertigung dieser Staatsexamensarbeit unterstützt und motiviert haben.
Zuerst gebührt mein Dank Frau Prof. Dr. phil. Anna Moldenhauer, die meine Staatsexamensarbeit betreut hat. Für die hilfreichen Anregungen und die konstruktive Kritik bei der Erstellung dieserArbeit möchte ich mich herzlich bedanken.
Ein besonderer Dank gilt allen Teilnehmerinnen meines Leitfadeninterviews, ohne die diese Arbeit nicht hätte entstehen können. Mein Dank gilt ihrer Informationsbereitschaft und ihren interessanten Beiträgen und Antworten auf meine Fragen.
Ebenfalls möchte ich mich bei meiner Familie und meinen Freunden für die Geduld und Hilfsbereitschaft in den letzten sechs Monaten bedanken.
Ein besonderer Dank gilt meinem Freund Paul Langner, welcher in jeder Situation an meiner Seite stand.
Celine Bemas
Dresden, 29.09.2022
Abstract
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zu klären, welche Erfahrungen Eltern im Hinblick auf die durch die Corona-Pandemie bedingten Veränderungen der Unterrichtsdurchführung gemacht haben. Dazu wird die folgende Forschungsfrage gestellt: „Erfahrungen von Eltern mit dem Distanzunterricht während der Covid-19 Pandemie“.
Um die Forschungsfrage zu beantworten, wurde eine qualitative Studie mittels eines Leitfadeninterviews durchgeführt und anhand der Grounded Theory ausgewertet. Hierbei wurden insgesamt acht Teilnehmerinnen befragt. Die qualitative Studie zeigte, dass besonders die Betreuungsmöglichkeiten während der Lockdowns für alle Eltern eine Herausforderung darstellten. Ebenso wurden die Emotionen und Gefühle von Eltern in dieser Zeit genauer betrachtet. Die widergespiegelten Emotionen waren überwiegend negativ konnotiert. Des Weiteren wurde sowohl die schulische Organisation als auch die schulische Struktur von den interviewten Eltern negativ beschrieben. Die Umsetzung der digitalen Lehre und des Homeschoolings wurde gleichfalls negativ wahrgenommen. Trotz dessen wurden die Erfahrungen mit den Lehrkörpern tendenziell positiver beschrieben als vermutet. Die Ergebnisse aus den generierten Interviews bestätigen zu großen Teilen die Annahmen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sowie von Kohlrausch & Zucco (2020), Calvano et al. (2021), Kowal et al. (2020), Andresen et al. (2020) und Eickelmann & Drossel (2020).
Die vorliegende Forschungsarbeit mit Schwerpunkt der Darstellung der elterlichen Perspektive bezüglich des Distanzunterricht ist insbesondere für die Bildungswissenschaft sowie die Bildungspolitik interessant.
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 GeschlechterzugehörigkeitderTeilnehmer:innen (eigene Darstellung)
Abb. 2 Alter der Teilnehmerinnen (eigene Darstellung)
Abb. 3 Kinderanzahl der Teilnehmerinnen (eigene Darstellung)
Abb. 4 Interviewzeiten in Minuten (eigene Darstellung)
Abkürzungsverzeichnis
Abs. Absatz
BiB Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung
BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
DAK Deutsche Angestellten Krankenkasse
GG Grundgesetz
KiTa Kindertagesstätte
RKI Robert-Koch-Institut
SARS-CoV-2 Severe acute respiratory syndrom coronavirus type 2 (Coronavirus)
SächsSchuIG Sächsisches Schulgesetz
1 Einleitung
Die Corona-Pandemie hat in Deutschland seit Anfang 2020 das Leben der Menschen schlagartig verändert. Flächendeckend wurden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie eingeführt, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Dazu zählten auch die im Frühjahr 2020 beschlossenen bundesweiten Schulschließungen. Präsenzunterricht war von jetzt auf gleich nicht mehr möglich, sodass digitaler Distanzunterricht eingeführt werden musste. Dieser konnte von den einzelnen Bundesländern individuell ausgestaltet werden und wurde unterschiedlich intensiv gehandhabt. Die kurzfristige Bekanntmachung der Schulschließungen stellten Schulen, Lehrkräfte und Familien vor große Herausforderungen und zum Teil unüberwindbare Hürden.
In der folgenden Arbeit soll aufgezeigt werden, mit welchen Herausforderungen Eltern in Bezug auf den Distanzunterricht zu kämpfen hatten. Um dies herauszufinden, wurden acht Elternteile (mithilfe eines Leitfadeninterviews) zu ihren Erfahrungen mit dem Distanzunterricht während der Covid-19 Pandemie telefonisch befragt. Die vorliegende Arbeit ist in zwei Teile gegliedert. Zunächst werden theoretische Rahmenbedingungen der Institution Schule und des Elternhauses erläutert. Hieraus wird sich ein Spannungsverhältnis ergeben, welches durch eine genauere Betrachtung von Elternhaus und Schule untersucht werden soll. Ebenso erfolgt ein Einblick in den Präsenzunterricht vor der Pandemie sowie die Ausgestaltung des Distanzunterrichtes seit dem Frühjahr 2020. Es schließt sich ein aktueller Forschungsstand an.
Der zweite Teil der Arbeit widmet sich der Empirie. Zunächst wird das Forschungsdesign näher erläutert. Hierbei wird der qualitative Forschungsansatz näher vorgestellt sowie die genutzte qualitative Forschungsmethode des Leitfadeninterviews. Ebenso wird der sozialwissenschaftliche Ansatz der Grounded Theory Methodologie näher beschrieben. Es folgt die Darstellung der Ergebnisse sowie eine Diskussion dieser Ergebnisse vor dem Hintergrund von Theorie und aktuellem Forschungsstand.
Im Fazit werden sodann die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst und die Fragestellung beantwortet.
2 Schule und Familie (Prä-Covid)
2.1 Bildung und Erziehung als gemeinsame Aufgabe von Eltern und Schule
Bereits aus dem Gesetz ergibt sich, dass es eine Überschneidung zwischen staatlichem Bildungsauftrag und Erziehungsaufgabe seitens der Familie gibt. Nach Art. 6 Absatz (Abs.) 2 GG (Grundgesetz) ist die Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern. Die Schule ihrerseits hat gemäß § 1 Abs.1 Satz 1 Sächsisches Schulgesetz (SächsSchuIG) die Aufgabe, junge Menschen auf Grundlage des Grundgesetzes und der Verfassung des Freistaats Sachsen zu unterrichten und zu erziehen. Bei dieser Verwirklichung des Erziehungs- und Bildungsauftrags sollen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SächsSchuIG Eltern und Schule partnerschaftlich Zusammenwirken. Dies umfasst nach § 31 Abs. SächsSchuIG, dass die Eltern dafür Sorge zu tragen haben, dass ihr Kind am Unterricht teilnimmt sowie dass es zweckentsprechend ausgestattet wird für die Teilnahme an den Schulveranstaltungen. Weiterhin wird allgemein erwartet, dass das Kind auch zu Hause Förderung und Unterstützung erhält, z.B. bei Hausaufgaben oder Nachhilfeunterricht. Einige Ziele des Erziehungs- und Bildungsauftrags können nicht immer durch das Elternhaus gewährleistet werden. Dies betrifft z.B. das Ziel nach § 1 Abs. 5 Nr.2 SächsSchuIG, dass die Schülerinnen lernen sollen, gemeinsam mit anderen zu lernen und Leistungen zu erbringen sowie nach § 1 Abs. 5 Nr. 4 SächsSchuIG das Erlernen vorurteilsfreier Begegnung anderer Menschen und eines diskriminierungsfreien Miteinander. Da nicht jedes Kind die gleichen Voraussetzungen hat, ist es ferner sehr wichtig, dass die Schule diesen sozialen Ungleichheiten begegnet und Förderung jedem zu Teil wird. Dies betrifft vor allem auch den Bereich des Sports nach § 1 Abs. 5 Nr. 5 SächsSchuIG sowie den musischen und künstlerischen Bereich nach § 1 Abs. 5 Nr. 6 SächsSchuIG. Um diesen Zielen möglichst gerecht zu werden, hat sich seit vielen Jahren der Frontalunterricht an den meisten Schulen bewährt und durchgesetzt. Innerhalb eines Klassenverbandes können soziale Kompetenzen erlernt und ein Raum geschaffen werden, in dem eine Förderung unabhängig von der sozialen Zugehörigkeit stattfinden kann und bei einem individuellen Eingehen auf einzelne Schülerinnen möglich ist. Durch umfangreiche Ausstattungen ist es den Schulen auch möglich, ein umfangreiches Bildungsangebot zurVerfügung zu stellen - so zum Beispiel können im Kunstunterricht verschiedenste Techniken erlernt werden, da die Materialien nicht aus privater Hand bezahlt werden müssen und somit sozial schwächere Familien benachteiligen würde. Auch im
Schule und Familie (Prä-Covid) Sportunterricht herrscht ein vielfältiges Bildungsangebot, was für einige Schüler mitunter der einzige Kontaktpunkt mit Sport ist, da zum Beispiel eine Teilnahme in einem Verein für sozial schwächere Familien mitunter nicht finanziell tragbar ist. Durch das bewährte System aus Frontalunterricht und Fachunterrichten mit Praxisbezug können die staatlich vorgegebenen Bildungsziele auf Schulseite zufriedenstellend erreicht werden. Auch die Eltern können leicht ihren Pflichten z.B. zur Sicherstellung der Teilnahme am Unterricht erfüllen, ohne dass diese mit ihren eigenen weiteren Pflichten, wie z.B. dem Nachgehen des Berufs kollidieren.
2.2 Präsenzunterricht
Präsenzunterricht gilt allgemein als klassischste Lernform der Institution Schule. In einer schulischen Bildungseinrichtung treffen pädagogisches Lehrpersonal und Schülerinnen diverser Jahrgangsstufen aufeinander (vgl. Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2020). Der Unterricht wird vor Ort in Präsenz in einzelnen Klassen abgehalten. Die Präsenzlehre hat den Vorteil, dass Schülerinnen und Lehrpersonal durch die örtliche Nähe und den tagtäglichen gemeinsamen Kontakt immer in einer sozialen Interaktion sowie Kommunikation stehen (synchrones Lernen). Sobald Unklarheiten oder Probleme aufkommen, ist es beiden Parteien möglich, diese schnellstmöglich zu klären. „Die Aufgabe von Schule ist es, die Entwicklung und den Lernerfolg aller Kinder und Jugendlicher bestmöglich zu fördern“ (Kultusministerkonferenz, 2018, S. 3). Die Vermittlung von Lerninhalten durch einen strukturierten und festgelegten Lehrplan ist hierbei essenziell und hilft dabei, vorgesehene Lernschritte in gemeinsamer Zusammenarbeit zu erreichen. Geleitet und bestimmt wird das Unterrichtsgeschehen hauptsächlich durch die Lehrperson. Ein solcher Unterricht wird als Frontalunterricht bezeichnet. Laut Schaub und Zenke (vgl. 2000, S.224) handelt es sich bei Frontalunterricht um eine Sozialform des Unterrichts, bei dem die Lehrperson durch eine sprachliche Darbietung versucht, den Schülerinnen effektiv Lernschritte zu vermitteln. Dabei steuert und kontrolliert die Lehrperson den Lernprozess hauptsächlich (vgl. Schaub & Zenke, 2000, S.224). Aus diesem Grund wird diese Unterrichtsform auch als „lehrerJnnenzentriert“ bezeichnet. Durch einen solchen Unterricht ist es zeitlich möglich, dass der spezifische Lehrplan der Bundesländer plan- und sinngemäß durchgearbeitet werden kann. Unterricht ist somit planbarer, was einen Vorteil für diese Unterrichtsform darstellt. Ebenso gibt sie der Lehrperson hinsichtlich der Unterrichtsdurchführung (Lernziele) mehr Sicherheit und einen besseren Überblick über Lernbereitschaft- und Beteiligung der Schule und Familie (Prä-Covid) Schülerinnen (vgl. Theobald, 2012, S. 20). In aktueller Zeit ist Frontalunterricht häufig negativ behaftet. Das soziale und kooperative Lernen wird im Frontalunterricht nicht gestärkt, ebenso ist die Lernmotivation der Schülerinnen geringer (vgl. Gudjons, 2007, S. 48f.). Da der Frontalunterricht hauptsächlich von der Lehrperson ausgestaltet wird und Schülerinnen wenig Möglichkeiten haben, sich darin einzubringen, kann es sein, dass Frontalunterricht monoton und langweilig wirkt. Auch in einem solchen Fall ist es möglich, dass die Lernbereitschaft der Schülerinnen sinkt. Laut Gudjons (vgl. 2007, S. 42) besteht zwischen Wohlgefühl, Leistungsfähigkeit, Gesundheit einer Lehrperson und ihrer praktizierten Unterrichtsform ein Zusammenhang, welcher sich auf Lehrerinnengesundheit und Lehrerinnenentlastung auswirken kann. „Es kommt also auf eine dynamische Balance zwischen Frontalunterricht, individuellem Lernen und Arbeit mit Partnern oder in Gruppe an“ (Gudjons, 2007, S.37).
3 Änderungen durch den SARS-CoV-2 Ausbruch 2019/2020
3.1 SARS-CoV-2 Überblick
Anfang Dezember 2019 traten in der chinesischen Unterprovinzstadt Wuhan erste Fälle einer bis dato unbekannten Lungenerkrankung auf. Die Symptome reichten hierbei von Husten, Fieber, Schnupfen sowie Geruchs- und Geschmacksverlust bis zu Halsschmerzen, Atemnot, Kopf-/Gliederschmerzen und Lymphknotenschwellungen (vgl. Robert-Koch-Institut, 2021). Da auch ein symptomloser Verlauf möglich war, begünstigte dies die rasante Ausbreitung des Virus. Am 30.01.2020 erklärte Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der WHO, dass durch SARS-CoV-19 eine „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ (vgl. MDR, 2020) vorliegt. Am 11.03.2020 erkläre Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus SARS-CoV-19 zu einer Pandemie, da die Fallzahlen täglich rasant stiegen und nun mehr als 4000 Todesfälle in 114 Ländern bekannt waren (vgl. MDR, 2020). Die Übertragung des Virus geschieht über eine Tröpfcheninfektion. Dabei gelangen Krankheitserreger, die sich überwiegend im Rachen und Nasenbereich ansiedeln, über das Niesen, Husten und Sprechen in die Luft und können von anderen Menschen eingeatmet werden (vgl. Robert-Koch-Institut, 2021). Aus diesem Grund gilt die „AHA+L-Regelung“ (vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2022), welche jedoch nur funktioniert und ihren Sinn erfüllt, wenn sich möglichst viele Menschen daranhalten. Sie sagt aus, dass ein Abstand von mindestens 1,5 Metern zu anderen Personen gewahrt werden muss, um das Risiko sich selbst oder andere anzustecken, zu minimieren. Ferner wurde zur Minimierung des Tröpfcheninfektionsrisikos seitens der Bundesregierung die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes eingeführt (vgl. Bundesregierung, 2020).
3.2 Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung
Am 11.03.2020 hielten die ehemalige Kanzlerin Angela Merkel, der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn und RKI-Präsident (Robert-Koch-Institut) Lothar Wieler eine Pressekonferenz ab, in welcher vor einer Überlastung des Gesundheitssystems gewarnt und Maßnahmen beschlossen zur Pandemieeindämmung beschlossen wurden (vgl. Bundesregierung, 2020). Zu diesem Zeitpunkt betrafen die beschlossenen Maßnahmen noch nicht das Schulwesen. Bereits am nächsten Tag beschloss die Kultusministerkonferenz aber in einer
Änderungen durch den SARS-CoV-2 Ausbruch 2019/2020 Sondersitzung, dass Schulen und Kindertagesstätten (KiTa) bundesweit vorübergehend geschlossen werden sollten (vgl. Kultusministerkonferenz, 2020). „Es handelte sich also um vollständige Schließungen der Bildungs- und Betreuungseinrichtungen im Zuge eines Bevölkerungsansatzes zur Pandemiebekämpfung“ (Blum & Dobrotic, 2021, S. 88).
Ab dem 22.03.2020 trat der erste bundesweite Lockdown in Kraft (vgl. MDR, 2020). Dieser dauerte bis zum 04.05.2020 an. „Als Lockdown lässt sich ein andauernder Zustand beschreiben, welcher die Schließung von (halb-)öffentlichen und privaten Einrichtungen sowie den Stillstand des öffentlichen Lebens beschreibt“ (Bendel, 2022). Für alle Schülerinnen konnte somit kein Frontalunterricht mehr stattfinden und ein Ausweichen auf Distanzunterricht war unvermeidlich. Zeitgleich wurde eine Notbetreuung für Schülerinnen und Kinder, deren Eltern in systemrelevanten Berufen tätig waren, errichtet, um die Aufrechterhaltung der relevanten Systeme gewährleisten zu können (vgl. Reelfs, 2020). Da die Möglichkeit der Notbetreuung allerdings für andere Eltern nicht bestand, stellte sich der sieben Wochen lange Lockdown besonders für diese als große Herausforderung dar. Am 04.05.2020 begann die schrittweise Rückführung in die Schulen. Oberste Priorität hatten hierbei zunächst die Abschlussjahrgangsklassen, welche zunächst einige Stunden pro Woche die Schule wieder in Präsenz besuchen durften. Die Durchführung des Frontalunterrichts war jedoch nur unter strengen Hygieneauflagen (häufiges Händewaschen, Husten- und Niesetikette beachten und einhalten etc.) möglich, welche die Schülerinnen, Schulen und Lehrkräfte vor große Herausforderungen stellten. Des Weiteren konnten einige Lehrpersonen, welche zu Risikogruppen gehörten, die Durchführung ihres Unterrichts in Präsenz nicht wieder aufnehmen, da ihr Risiko einer Ansteckung in der Schule zu hoch war (vgl. MDR, 2020). Um diesem Problem zu begegnen, erfolgte der bundesweite Einsatz von Studierenden, um Lehrkräfte zu entlasten und zu unterstützen. Durch Urlaubsrückkehrerinnen kam es zu einem rasanten Anstieg der Infektionszahlen, wodurch sich gegen Ende der Sommerferien (August/September 2020) die Infektionslage in Deutschland wieder zuspitzte. Ab Mitte Oktober 2020 erfolgten daher Debatten über die Notwendigkeit erneuter Schulschließungen. Ein weiterer Lockdown-Light wurde am 02.11.2020 ausgerufen. Dieser umfasste zwar die Schließung von Freizeiteinrichtungen und Restaurants,- Schulen und KiTas sollte jedoch vorerst geöffnet bleiben (vgl. Jungblut, 2020). Falls der Inzidenzwert jedoch 50 übersteigen sollte, musste jedoch Wechselunterricht eingeführt werden (vgl. Jungblut, Änderungen durch den SARS-CoV-2 Ausbruch 2019/2020 2020). Wechselunterricht bezeichnet den steten Wechsel zwischen Präsenzlehre in der Schule und dem eigenständigen Arbeiten zu Hause (vgl. Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2021). Anfang November stiegen die Inzidenzwerte weiter rasant an[1]. Am 15.11.2020 befanden sich bundesweit bereits knapp 200.000 Schülerinnen in Quarantäne und über 100 Schulen mussten geschlossen werden (vgl. Jungblut, 2020). Aufgrund der weiterhin steigenden Inzidenzen und im Hinblick auf das bevorstehende Weihnachtsfest sollten Kontakte so weit wie möglich vermieden und eingeschränkt werden. Nach zahlreichen Debatten über die Maskenpflicht an Schulen, fehlende Schnelltests und ausgefallene Lehrkräfte kam es ab dem 14.12.2020 wieder zu flächendeckenden Schulschließungen. Diese Schließungen sollten zunächst bis zum 10.01.2021 andauern, wurden jedoch bis Ende Januar fortgeführt (vgl. Jungblut, 2020). Distanzunterricht wurde jedoch je nach regionalen Besonderheiten, teilweise bis ca. Ende Februar 2021 durchgeführt. Die Abschlussklassen durften sich unter strengen Auflagen auf ihre Prüfungsabschlüsse in Präsenz vorbereiten. Ab Mitte März setzte sich das Modell des Wechselunterrichts für die bisher eher weniger beachteten Klassenstufen (7-11) durch. Mit steigender Infektionslage wurden die Schülerinnen an den weiterführenden Schulen im April zurück in den Distanzunterricht verlegt und ab Mai wieder im Wechselunterricht beschult. Seitdem läuft der Schulunterricht an deutschen Schulen mehr oder minder beständig ab (vgl. Jungblut, 2020). Schließungen von Schulen und Klassen aufgrund von SARS-CoV-2 Fällen sind nur noch vereinzelt vorzufinden. Im Falle einer Erkrankung wird das erkrankte Kind aufgefordert, in Isolation zu gehen, damit der reguläre Schulbetrieb aufrechterhalten werden kann. Als Maßnahmen zur weiteren Minimierung der Verbreitung des Virus wurde das Tragen einer Maske sowie das Testen mit Schnelltests mindestens dreimal pro Woche eingeführt, um Infektionen frühestmöglich erkennen und erkrankte Kinder oder Lehrende schnellstmöglich isolieren zu können (vgl. Jungblut, 2020).
3.3 Distanzunterricht
Durch die bundesweiten Schulschließungen musste der bis dahin angebotene Präsenzunterricht unterbrochen werden. Der Unterricht musste online und für die Schülerinnen von zu Hause aus durchgeführt werden. Eine der häufigsten Bezeichnungen für diese Art von Unterricht ist der „Distanzunterricht“. „Dabei handelt —
[1] 7-Tage Inzidenz lag im November bei rund 128 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen. Am 16.12.2020 lag sie in Dresden bei über 300 (Landeshauptstadt Dresden, 2020).
Änderungen durch den SARS-CoV-2 Ausbruch 2019/2020 es sich um Unterricht mit räumlicher Distanz, der in engem und planvollem Austausch zwischen Lehrenden und Lernenden stattfindet“ (Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2020, S. 37). Neben der Bezeichnung des Distanzunterrichtes wird häufig auch die Bezeichnung „Homeschooling“ genutzt. Dabei bezeichnet Homeschooling eigentlich häuslichen Unterricht, welcher beispielsweise in den USA durchgeführt wird. Vor der Pandemie war es so, dass eigens durchgeführter Hausunterricht in Deutschland als strafbar galt. Homeschooling ist nur in Ausnahmefällen erlaubt und muss konform mit dem Fernunterrichtsschutzgesetz (vgl. Staatliche Zentrale für Fernunterricht, o.D) gehen. Darin heißt es, dass das Lernen ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt stattfinden soll, ebenso muss der Lernerfolg individuell überwacht werden und ein pädagogisch ausgebildeter Fernlehrer muss greifbar sein und eine Betreuung der Lernenden gewährleisten (vgl. Staatliche Zentrale für Fernunterricht, o.D). Homeschooling ist in Deutschland nur erlaubt, wenn Eltern nachweislich im Ausland arbeiten oder wenn familiär eine Erkrankung oder Beeinträchtigung vorliegt. Der Distanzunterricht, welcher seit dem Frühjahr 2020 in Deutschland durchgeführt wird, hat mit dem üblichen Fernunterricht und Homeschooling lediglich gemeinsam, dass man nicht physisch an einem Ort anwesend sein muss, sondern den Unterricht in eigens gewählten Räumlichkeiten und Orten absolvieren kann. Dadurch, dass die Pandemie so plötzlich präsent war, hatten weder Ministerien noch Schulen, Lehrkräfte oder Eltern Zeit, sich optimal auf die Phase der Onlinelehre vorzubereiten. An dieser Stelle kann man als Beispiel die (teils) fehlende oder ausbaufähige technische Infrastruktur aufgreifen. Distanzlernen kann nur funktionieren, wenn den Lehrpersonen, Kindern, Jugendlichen und Eltern ausreichend Technik zur Verfügung gestellt wird. Ebenso ist es nötig, technische Kompetenzen auf allen Seiten zu schulen, um eine optimale Lehre gewährleisten zu können. Um Bildungsgerechtigkeit zu erreichen und soziale Ungleichheit zu minimieren, ist es wichtig, dass für Schülerinnen, ebenso für Eltern keine unnötigen Hürden aufgebaut werden und Onlineunterricht durch leicht verständliche technische Lösungen durchgeführt werden kann (vgl. Frohn, 2020, S. 60f.). Nach und nach wurde dann der Wechselunterricht eingeführt. In der Regel war es so, dass die Klasse geteilt wurde und 50% der Kinder in Präsenz den Unterricht besuchen konnten, die anderen 50% erhielten Aufgaben für zu Hause. In welchen Perioden zwischen beiden Systemen gewechselt wird, steht den schulischen Institutionen frei oderwird vom Ministerium bestimmt.
3.4 Konzept Blended Learning und Flipped Classroom
Seit Beginn der Pandemie erhalten weniger traditionelle Unterrichtskonzepte einen deutlichen Aufschwung. Eine deutliche Verlagerung zum Online-Lernen ist erkennbar. Dabei bieten Blended Learning und Flipped Classroom Abwechslung zum klassischen Präsenz- und Distanzunterricht. Blended Learning bezeichnet dabei den Begriff des integrierten Lernens. Hierbei werden die beiden Lernformen (Präsenz und OnlineLearning) miteinander verzahnt und zusammengeführt (vgl. Schoen, 2020). Durch Blended Learning ist es möglich, zeit- und ortsunabhängig zu lernen. Gelingensbedingungen für Blended Learning sind eine Variation aus vielfältigen und strukturierten Lernaktivitäten (vgl. Means et al., 2013). Flipped Classroom meint den „Prozess der Wissensvermittlung und -aneignung, welcher aus dem Unterricht in die Selbststudienzeit verlagert wird“ (Uni Leipzig, o.D). Dabei übernehmen die eigentlichen Lehrpersonen die Funktion eines/einer Mentor: in. Schülerinnen haben die Möglichkeit, über vorab aufgenommene Videos Unterricht im eigenen Tempo zu konsumieren. Dabei ist es für die Schülerinnen möglich, dass je nach individuellem Lernstand, Unterrichtsthemen gelernt werden können. Dies bietet ebenso den Vorteil, dass bei Nichtverständnis der Themen oder Problemen die Videos mehrere Male erneut wiedergegeben werden können.
Voraussetzung für das Gelingen beider Konzepte sind jedoch technisch ausgebildetes Lehrpersonal mit geschulter Medienkompetenz. Dadurch, dass die Pandemie Deutschland so unverhofft getroffen hat, konnte ein problemloser Distanzunterricht nicht gewährleistet werden. Konzepte wie das Flipped Classroom oder das Blended Learning können erst umgesetzt werden, wenn die Grundlagen für die Online-Lehre geschaffen sind und eine stabile Basis geschaffen wird. Vertiefungen in den verschiedenen Konzepten bedeuten dabei Ausbau der Qualität von weiterentwickeltem Unterricht des 21. Jahrhunderts.
3.5 NeueAufgabenfeldervonFamilie
Nicht nur auf das Lehrpersonal kamen neue Herausforderungen durch den Distanzunterricht zu - besonders die Eltern hatten nun Hürden zu meistern. Wie bereits eingangs erläutert, treffen die Eltern umfangreiche Aufgaben, welche auch explizit im SächsSchG verankert sind. Aufgaben, welche bisher dem SächsSchG zugeordnet waren, konnten durch diesen nun nicht mehr umgesetzt werden.
Die Eltern hatten weiterhin gemäß § 31 Abs. 1 SächsSchuIG dafür Sorge zu tragen, dass ihr Kind am Unterricht teilnimmt sowie dass es zweckentsprechend für die Teilnahme an Schulveranstaltungen ausgestattet wird. Die Ausstattung umfasste nun mehr digitale Geräte, welche mitunter extra angeschafft werden mussten, was gerade für sozial schwache Familien eine Herausforderung darstellte. Auch musste dafür gesorgt werden, dass eine ausreichende Internetverbindung vorhanden war, um eine Teilnahme am Unterricht gewährleisten zu können. Dies ist in Deutschland allerdings immer noch nicht flächendeckend möglich. Sofern die technischen Hürden gemeistert wurden, oblag trotz allem die Betreuungspflicht den Eltern, welche hierdurch durch eigene Verpflichtungen durch Erwerbstätigkeit mitunter in einen Zwiespalt gerieten. Auch die Umsetzung der Förderung im sportlichen, musischen sowie künstlerischen Bereich konnte nicht mehr durch die Schule vollumfänglich gewährleistet werden. Je nach Elternhaus waren die Voraussetzungen zur Förderung dieser Bereiche sehr unterschiedlich, da diese sich auf einmal auch überschneidend in der Rolle der Lehrperson sahen, nicht aber jedes Elternhaus die Möglichkeiten hatte (finanziell durch die Bildungsschicht der Eltern oder Migrationshintergrund) diese Rolle zu erfüllen. Insbesondere die Erlernung der vorurteilsfreien Begegnung mit anderen nach § 1 Abs. 5 Nr 4 SächsSchuIG, hätte verlangt, dass die Familien ihr eigenes Verhalten und ihre Denkweisen hinterfragen, um ein diskriminierungsfreies Miteinander als Wert vermitteln zu können. Die Prägung seitens des Elternhauses hätte nun mehr also die subjektive und die „schulisch zu lehrende“ umfassen müssen, was nur sehr schwer zu bewerkstelligen ist, sofern die elterliche Erziehung nicht sowieso bereits mit den schulisch zu vermittelnden Werten übereinstimmte. Distanzunterricht und Lockdown machten die Zielsetzung des gemeinsamen Lernens und Austauschens gern. § 1 Abs. 5 Nr.2 SächsSchuIG sowohl seitens der Schule als auch seitens der Eltern beinah unmöglich. Durch die notwendige Übernahme der eigentlichen Schule zu Teil werdenden Aufgaben erhöhte sich der Anteil der notwendigen Mitwirkung der Eltern an der schulischen Bildung ihrer Kinder, was zu einer Mehrbelastung der Familien führte.
3.6 Aktueller Forschungsstand
Um die Forschungsfrage „Erfahrungen von Eltern mit dem Distanzunterricht während der Covid-19 Pandemie“ und die damit einhergehend als besonders belastend empfundenen Situationen von Eltern zu ermitteln, wird zunächst eine Darstellung des aktuellen Forschungsstands erfolgen.
Änderungen durch den SARS-CoV-2 Ausbruch 2019/2020 Durch die bundesweiten Schulschließungen im Frühjahr 2020 wurde die schulische Arbeit stark in den Fokus der Öffentlichkeit gestellt. Dadurch beschäftigten sich diverse Studien mit den Herausforderungen von Eltern während der eben genannten Zeit. Genauer untersucht wurde ferner die Institution Schule und die Umgestaltung von Präsenzunterricht auf Distanzunterricht. Im Rahmen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institutes (Institut der Hans-Böckler-Stiftung) beschäftigte sich Dr. Andreas Hövermann mit den Belastungswahrnehmungen in der Corona- Pandemie. Er führte zu vier verschiedenen Erhebungszeitpunkten Befragungen mit erwerbstätigen Personen ab einem Alter von 16 Jahren durch. Im Durchschnitt befragte er jeweils insgesamt ca. 6580 Personen. Ziel war es, durch die Befragung zu erfahren, wie sich „die Krise auf die emotionale und psychische Belastung der Erwerbsbevölkerung auswirkt“ (vgl. Hövermann, 2021, S. 2). Herausgefunden werden konnte, dass einige Bevölkerungsgruppen besonders stark in der Pandemie belastet waren. Dazu gehörten Eltern, welche durch die Schulschließungen und die damit verbundenen Arbeits- und Betreuungsaufgaben andauernd einer Doppelbelastung ausgesetzt waren. Ebenso zeigten die Ergebnisse, dass insbesondere Frauen und Müttern während der Pandemie eine große Rolle zukam, da diese einen Großteil der alltäglichen Verantwortung für die Organisation von Haushalt und Familie übernahmen (vgl. Hövermann, 2021, S. 6, zitiert nach Samtleben 2019, Schnerring/Verlangt 2020). Zu allen Erhebungszeitpunkten waren die Belastungen von Frauen signifikant höher als die der Männer (vgl. Hövermann, 2021, S. 7). Weiterhin konnte ermittelt werden, dass sich die Belastung von alleinerziehenden Elternteilen als signifikant hoch darstellte (vgl. Hövermann, 2021, S. 7). Prof. Dr. Bettina Kohlrausch und Dr. Aline Zucco befassten sich im Rahmen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institutes (Hans-Böckler-Stiftung) ebenfalls mit der Corona-Krise und damit, inwiefern diese insbesondere Frauen doppelt trifft. Auch hier wurden im April 2020 7677 erwerbstätige Personen ab einem Alter von 16 Jahren befragt. Die Stichprobe basierte auf einem Online-Access-Panel (vgl. Kohlrausch & Zucco, 2020, S. 2). Die Auswertungen zeigen, dass Frauen in der Pandemie unter einer hohen Mehrfachbelastung litten. Hinsichtlich der Sorgearbeit leisteten sie einen größeren Teil als Männer. Gleiches spiegelte sich in der innerfamiliären Arbeitsteilung wieder (vgl. Kohlrausch & Zucco, 2020, S. 10). Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) führte im Frühjahr 2020 eine repräsentative Elternbefragung durch, welche Aufschluss hinsichtlich Herausforderungen, Erfahrungen und Bedarfen während Corona liefern sollte. Befragt wurden 1493 Mütter Änderungen durch den SARS-CoV-2 Ausbruch 2019/2020 und Väter, deren unter 15-jährige Kinder mit im Haushalt lebten. Im Fokus der Befragung stand hierbei insbesondere die Betreuung der Kinder und Jugendlichen. Durch die Schul- und Kitaschließungen, wurden insbesondere berufstätige Eltern vor große Herausforderungen gestellt. Jede vierte Familie empfand die zu gewährleistende Betreuung zu Hause als stark belastend. Insbesondere stiegen die Stresssituationen im familiären Kontext in diesem Zusammenhang an. Dass ein Anstieg der Stresssituationen zu verzeichnen war, bestätigt auch eine Studie im Auftrag der Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK)-Gesundheit. Die Forsa Politik- und Sozialforschung GmbH befragte im Mai 2020 im Rahmen der Studie „Homeschooling in Corona-Zeiten“ 1005 Eltern mit Kindern zwischen 10-17 Jahren. 48% der Befragten gaben an, dass sie Stress während der Schulschließungen hatten, insbesondere Mütter waren häufiger gestresst als Väter (vgl. Forsa, 2020, S. 9). Dies lässt sich durch die Vielzahl an Belastungen während der Pandemie erklären. Ferner war auffällig, dass sich Erwachsene im Frühjahr 2020 deutlich weniger aktiv und energiegeladen fühlten als im Vorjahr (2019). Innerhalb der BMFSFJ-Studie (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) konnte des Weiteren ermittelt werden, dass sich ein Drittel der alleinerziehenden Elternteile Sorgen darüber gemacht hatten, Arbeit und Kinderbetreuung nicht parallel bewältigt zu bekommen. Je länger eine Betreuungseinrichtung geschlossen war, umso stärker wuchs die Belastung der Eltern an (vgl. BMFSFJ, 2020, S. 8). Es ergab sich ferner, dass in den Familien ein höheres konflikthaltiges Klima herrschte. In Bezug auf Homeschooling gaben 44% der Eltern an, ihre Kinder intensiver und länger beim Lernen zu unterstützen. Ungleiche Bildungsvoraussetzungen bei den Eltern verstärkten in diesem Zusammenhang jedoch die Ungleichheiten bei Bildungschancen der Kinder (vgl. BMFSFJ, 2020, S. 9). Andresen et al. (2020) führten im Frühjahr 2020 Studien zu Kindern, Eltern und ihren Erfahrungen während der Corona-Pandemie durch. Insgesamt wurden über 25.000 Personen befragt, über 5000 davon tiefer gehend (vgl. Andresen et al., 2020, S. 4). Unabhängig von der Belastungswahrnehmung seitens der Eltern wurden diese auch hinsichtlich ihrer Zufriedenheit mit Homeschooling befragt. Die generierten Ergebnisse zeigen auf, dass Eltern tendenziell unzufrieden mit der Betreuung und Unterstützung der Lehrkräfte waren (vgl. Andresen et al., 2020, S. 17). Es „lässt sich darauf schließen, dass die Eltern die Lernerfolge ihrer Kinder wohl vor allem sich selbst zurechnen und weniger den Lehrerinnen und Lehrern“ (Andresen et al., 2020, S. 17). Ebenso unzufrieden zeigten sich die Eltern mit den Informationen, welche sie von der Schule während der Lockdownzeit erhalten haben. Änderungen durch den SARS-CoV-2 Ausbruch 2019/2020 Hierbei mangelte es offensichtlich an einer guten Kommunikation untereinander. Die Vodafone-Stiftung führte mit Unterstützung von Prof. Dr. Birgit Eickelmann und Dr. Kerstin Drossel im April 2020 eine für Deutschland repräsentative Stichprobe mit Lehrkräften aus allen Bundesländern und von allen Schulformen durch (vgl. Eickelmann & Drossel, 2020, S. 6). Zusammen mit dem Institut für Demoskopie Allensbach wurden dabei 310 allgemeinbildende Lehrkräfte via Telefoninterview befragt. Hierbei wurden allen voran Herausforderungen von Lehrkräften in den Blick genommen. Lehrkräfte wurden im Spannungsfeld zwischen „gut arrangieren und überfordert sein“ dargestellt (vgl. Eickelmann & Drossel, 2020, S. 9). Insbesondere konnte geklärt werden, wie die Bereitstellung von Lernmaterialien funktioniert hatte. Auch wie die Kommunikation mit den Schülerinnen und Eltern ablief, konnte ermittelt werden. Des Weiteren wurden die Digitalisierungsprozesse näher beleuchtet. Es wurde auf die Notwendigkeit von Digitalisierung hingewiesen und aufgezeigt, welche Ausstattung an Schulen gefehlt hatte. Über 60% der Lehrkräfte geben an, dass ihre Schule für die neue Krisensituation technisch nicht gut ausgestattet war, was zur Folge hatte, dass die Struktur und der Onlineunterricht darunter gelitten hatten. Ebenso erfolgte eine Auseinandersetzung im Hinblick auf die Lehrkräfteweiterbildung im Bereich der Technisierung. Die Ergebnisse zeigten, dass es an Weiterbildungsangeboten und Fortbildungen für Lehrkräfte in diesem Bereich mangelte.
4 Forschungsdesign
4.1 Vorstellung des qualitativen Forschungsansatzes
Empirische Forschungsprojekte zeichnen sich durch Datenerhebung und Analyse aus (vgl. Schreier, 2013). Dabei wird in qualitative und quantitative Erhebungsmethoden unterschieden. Dies ist daraufzurückzuführen, dass durch eine qualitative Forschung das Ziel verfolgt wird, neue wissenschaftliche Thesen aufzustellen. In der quantitativen Forschung dagegen ist es das Ziel, bestehende Thesen zu überprüfen (vgl. Heiser, 2018, S. 29). Für das vorliegende Forschungsprojekt wurde sich daher für eine qualitative Erhebung entschieden. Qualitative Forschung kann in zweierlei Weisen erhoben werden. Zum einen können Daten generiert werden, zum anderen kann aber auch Material verwendet werden, welches bereits existiert. Dies ist beispielweise der Fall, wenn Tagebücher oder Briefe auf ein bestimmtes zurückliegendes Ereignis hin untersucht werden und geklärt werden soll, wie gewisse Ereignisse erlebt und bewältigt wurden. „Qualitative Forschung ist die Erhebung nicht-standardisierter Daten und deren Analyse mit speziellen, nicht statistischen Verfahren“ (Barsch, 2019, S. 29). Diese nicht-standardisierten Daten können durch qualitative Forschungsmethoden erhoben werden. Ziele der qualitativen Forschung sind die Exploration bisher nicht entdeckter Phänomene und die daraus resultierenden Entwicklungen neuer Theorien (vgl. Hussy et al., 2013, S. 10). In der qualitativen Forschung wird die Methode entsprechend dem Untersuchungsgegenstand gewählt und in all seinen Komplexitäten und Alltagssituationen untersucht. Im vorliegenden Forschungsprojekt wurde sich auf qualitative Interviews bezogen. Der Fokus liegt hierbei auf den Sichtweisen der Interviewenden und in welcher Form sich diese Sichtweisen erschließen lassen. Weitere Beispiele für qualitative Forschungsmethoden wären die Gruppendiskussion oder Beobachtungsdaten. Die qualitative Datenerhebung muss so gestaltet sein, dass man ihr mit Offenheit begegnen kann und subjektive Sichtweisen und soziale Lebenswelten sichtbar gemacht werden können. Sie zeichnet sich durch Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven, Offenheit für Forschungsthemen, Relevanz von Erkenntnissen und Reflexivität von Vorgehensweisen und den Forschenden selbst aus. Das Gütekriterium der Validität, also ob mit einer gewählten Forschungsmethode tatsächlich die Ergebnisse gemessen werden, die beabsichtigt werden, ist in der qualitativen Sozialforschung kein Gütekriterium. Die Wirksamkeit wird anhand von empirischem Material bestimmt. Nachteil ist, dass qualitative Forschungsmethoden in der Regel zeitaufwendig sind und weniger auf die breite
Forschungsdesign Masse verallgemeinert werden können (vgl. Wintzer, 2015, S. 66). Beim vorliegenden Forschungsprozess wurde die Datenerhebung aktiv gesteuert, sodass speziell für die Untersuchung Material erzeugt wurde, welches ohne das Datenerhebungsverfahren nicht vorliegen würde.
4.2 Gütekriterien
Standardisierte und allgemein-gültige Gütekriterien wie in der quantitativen Forschung gibt es in der qualitativen Forschung nicht (vgl. Kaiser, 2021, S. 6). Dies ist darauf zurückzuführen, dass durch eine qualitative Forschung das Ziel verfolgt wird, neue wissenschaftliche Thesen aufzustellen. In der quantitativen Forschung dagegen ist es das Ziel, bestehende Thesen zu überprüfen. In diesem Zusammenhang eignen sich die Gütekriterien Objektivität, Validität und Reliabilität. In den qualitativen Forschungsmethoden (z.B. bei der Durchführung eines Leitfadeninterviews) ist eine forschende Person selbst anwesend und kann dementsprechend die Forschung stärker beeinflussen. Dies ist weniger möglich, wenn durch eine quantitative Forschungsmethode (z.B. Fragebogen) eine Umfrage generiert wird. Aufgrund höherer Subjektivität des/der Forschenden wird im Folgenden auf drei Gütekriterien qualitativer Forschung eingegangen. Bei diesen handelt es sich um Transparenz, Intersubjektivität und Reichweite. Mit dem Gütekriterium der Transparenz wird das Ziel verfolgt, die Forschung transparent und für Außenstehende nachvollziehbar zu gestalten (vgl. Hussy et al., 2013, S. 103). Aus diesem Grund müssen alle Arbeitsschritte genau dokumentiert werden und ebenso auf sie verwiesen werden. Mit dem Gütekriterium der Transparenz lässt sich eine Überschneidung mit dem quantitativen Gütekriterium der Validität erkennen. Indem das Vorgehen genau dokumentiert wird, kann sichergestellt werden, dass auf die Dinge eingegangen wird, die wirklich gemessen werden sollen (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 36). Die vorliegende Forschung wurde mithilfe eines Leitfadeninterviews zum Thema „Erfahrungen von Eltern mit dem Distanzunterricht während der Covid-19 Pandemie“ durchgeführt. Die Transkriptionen der Interviews und die Darlegung der einzelnen Ausarbeitungs- und Gestaltungsschritte werden im Anhang aufgeführt. Ebenso wird durch die Begründung der ausgewählten Forschungsmethode sowie der Auswahl der Teilnehmerinnen Transparenz sichergestellt. Des Weiteren müssen die gewonnenen Ergebnisse für Außenstehende verständlich aufbereitet werden, damit die Forschung intersubjektiv ist (vgl. Heiser, 2018, S. 111). Ein Sachverhalt muss für alle Betrachterinnen gleichermaßen nachvollziehbar sein (vgl. Heiser, 2018, S. 111).
Forschungsdesign Dementsprechend müssen die Ergebnisse reflektiert und zur Diskussion gestellt werden. Bei diesem qualitativen Gütekriterium sind ebenfalls Anknüpfungspunkte zu dem quantitativen Gütekriterium der Objektivität zu erkennen. Es wird sichergestellt, dass die Leserschaft sich ihre eigene Meinung bilden kann. Aufgrund deutlich erhöhter Subjektivität kann trotz dessen nicht von einer vollständigen Objektivität gesprochen werden, da Ergebnisse in der Regel von dem/der Forschenden vorab reflektiert wurden und die Lesenden nur einen Einblick in die vor ihnen liegende Diskussion erhalten (vgl. Wirtz, 2007). Bei qualitativen Studien werden in der Regel weniger Personen befragt, als dies in quantitativen Studien der Fall ist (vgl. Mayring, 2007). Dies führt zu dem Gütekriterium der Reichweite. Auch hier zeigen sich Ähnlichkeiten zu dem quantitativen Gütekriterium der Reliabilität. Hierbei geht es darum, ob sich die Forschung reproduzieren lässt (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 38). Es sollte sich auch bei qualitativen Studien gefragt werden, ob ein identisches Interview bei weiteren Interviewten zu ähnlichen Ergebnissen geführt hätte und ob dies bei einer anderen Interviewanleitung ebenfalls der Fall wäre. Durch die Auswertungsmethode der Grounded Theory wird mit zunehmenden Interviews das zentrale Konzept zunehmend verdichtet und gefestigt. Eine theoretische Sättigung ist erreicht, wenn neu geführte Interviews keinen Erkenntnisgewinn mehr bringen. Mit diesen Gütekriterien wird sichergestellt, dass die Forschung angemessen reflektiert und nicht zu stark subjektiviert wird.
4.3 Grounded Theory
4.3.1 Auswertungsmethode der Grounded Theory und Begründung
Bei der Grounded Theory handelt es sich um einen Forschungsstil aus der Sozialwissenschaft. Das Verfahren der Grounded Theory wurde von Anselm Strauss und Barney Glaser erstmals im Buch „The Discovery of Grounded Theory“ beschrieben. Darin heißt es: „Our book is directed toward improving social scientists'capacities for generating theory that will be relevant to their research (...) We argue (...) for grounding theory in social research itself-for generating it from the data.” (Glaser & Strauss, 1967, S. 7f.).
Das Grundanliegen der Methodologie ist eine enge Verstrickung zwischen empirischer Forschung und Theoriebildung. Es handelt sich um keine Methode im klassischen Forschungsdesign Sinn, sondern die Grounded Theory verbindet Deduktion (methodisch gewonnene Ableitungen aus Materialien) und Induktion (theoriegenerierende Elemente) miteinander (vgl. Universität Leipzig, o.D). Glaser und Strauss wollten den Graben zwischen formaler Theorie und empirischer Forschung überwinden (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 189). Aus diesem Grund wurden auch keine Erhebungsformen entwickelt, sondern der Blick wurde auf das theoretische Sampling gerichtet. Die empirischen Daten lassen sich in der Regel aus qualitativen Erhebungen wie Gruppendiskussionen oder Interviews generieren. Sobald damit begonnen wird, das vorliegende Material zu sichten und zu analysieren, werden erste Hypothesen erstellt, welche fortlaufend geprüft und weiterentwickelt werden müssen. Auf Basis dessen wird weiteres Material herangezogen, um die entstehende Theorie weiterzuentwickeln. Ziel ist es also, durch empirische Daten eine neue Theorie zu formulieren. Fünf Grundprinzipien sind unverzichtbare Essentials, ohne welche man eine Forschung im Sinne der Grounded Theory nicht als Grounded Theory bezeichnen kann. Diese Grundprinzipien tauchen ebenfalls bei Strauss, Strauss/Corbin sowie in den Arbeiten von Glaser auf. Bei diesen fünf Grundprinzipien handelt es sich nach Przyborski und Wohlrab-Sahr (vgl. 2009, S. 195) um Wechselprozesse von Datenerhebung und Auswertung und Theoretisches Sampling, theorieorientiertes Kodieren, ständiges Vergleichen, schreiben theoretischer Memos, Relationierung von Datenerhebung, Kodieren und Memoschreiben während des gesamten Forschungsprozesses. Material und gesammelte Daten „Stück für Stück und in Ruhe“ (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 194) auszuwerten, widerspricht dem Prinzip der Grounded Theory. Bei dem Wechselprozess von Datenerhebung, Auswertung und theoretischen Sampling geht es darum, schon bei den ersten erhobenen Daten oder Materialien mit der Analyse zu beginnen. Dieses Material soll expansiv (vgl. Przyborski & Wohlrab- Sahr, 2009, S. 194) analysiert werden. Alles, was relevant sein könnte, muss berücksichtigt werden. Im späteren Verlauf kann es sein, dass anfänglich wichtig erschienene Aspekte ihre Bedeutsamkeit verlieren und der Fokus auf anderen Aspekten liegt. Die ersten Konzepte sind also vorläufiger Art (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 194). Erst wenn sich diese Konzepte verdichten, wiederholen und sich durch weitere Erhebungen als relevant auszeichnen, sind diese Konzepte auch Teil der entstehenden Theorie. Des Weiteren ist lediglich der erste Einstieg in das Forschungsfeld von einem bestimmten Erkenntnisinteresse geleitet, mit zunehmenden Konzepten und deren Weiterentwicklungen, werden nicht mehr Personen oder Gruppen gesampelt, sondern Situationen und Ereignisse, welche zur Forschungsdesign Sättigung beitragen. Eine Sättigung ist dann erreicht, wenn die erhobenen Daten oder das Material keine neuen Erkenntnisse hervorbringen und nicht mehr zur Veränderung des Konzeptes beitragen (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 194). Während des theorieorientierten Kodierens geht es darum, Rohmaterial zuerst in Kodes und anschließend in Konzepte zu überführen, was als Kodieren bezeichnet wird. Diese Konzepte sind höherwertige und abstraktere Kodes, welche die Ecksteine der sich herausbildenden Theorie darstellen (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 198). Die Grounded Theory kann nur funktionieren, wenn sich ein permanenter Vergleich anschließt. Der Forschungsprozess ist durch ständiges Vergleichen charakterisiert. Verglichen werden dabei gefundene Phänomene und Konzepte. Dies trägt dazu bei, dass Konzepte und Phänomene verdichtet, präzisiert und elaboriert werden können, da ohne den ständigen Vergleich keine Theoriebildung möglich ist. Des Weiteren gehört zu den wesentlichen Prinzipien der Grounded Theory das Schreiben von Memos (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 203). Diese Memos begleiten den gesamten Forschungsprozess. Sie dienen dazu Hypothesen und Gedanken zu gesammelten Daten und Konzepten zu unterstützen und zu dokumentieren. Zum Schluss wird der Forschungsprozess in den Kontext einer theoriebildenden Sozialforschung gestellt und reflektiert (vgl. Universität Leipzig, o.D). Hierbei ist es wichtig anzumerken, dass die Grounded Theory keiner linearen Reihenfolge folgt. Die unterschiedlichen Arbeitsschritte können sich wechselseitig beeinflussen. Die Grounded Theory ist dann die richtige Wahl, wenn ein noch unbekanntes oder wenig erforschtes Phänomen explorativ erfasst und erklärt werden soll (vgl. Schreier, 2013). Da im Zentrum dieses Forschungsziels menschliche Handlungsmuster, Interaktionen, Problembewältigungen und Reaktionen stehen, welche innerhalb der andauernden SARS-CoV-2-Pandemie, und somit unter Extrembedingungen, erlebt worden sind, bietet sich die Nutzung der Grounded Theory für den vorliegenden Forschungsprozess an. Durch die qualitative Interviewform des Leitfadeninterviews wurde den Interviewteilnehmerinnen die Möglichkeit gegeben, ihre Erfahrungen und Erlebnisse offen und frei, nicht unter dem Einfluss vorab definierter und strukturierter Fragen, zu schildern. Letztendlich geht es genau um diese subjektiven Sicht- und Denkweisen der befragten Individuen, um mit der Grounded Theory arbeiten zu können. Des Weiteren wird auf die Bildung und Beantwortung von Hypothesen verzichtet, was auch die Forscheninnenseite offener an das Interview herangehen lässt und den empirischen Erkenntnisgewinn nicht begrenzt (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 198). Dadurch, dass zum vorliegenden Forschungsthema bereits Theorien existieren, wurde
Forschungsdesign die Grounded Theory beim folgenden Forschungsprozess genutzt, um bereits bestehende Theorien zu erweitern und zu bestätigen und-/oder diesen zu widersprechen. Durch die Grounded Theory ist es möglich, dem Untersuchungsfeld offen und aufgeschlossen zu begegnen, was die Auswertung und Reflexion begünstigen.
4.3.2 Das offene Kodieren
Im Folgenden werden die einzelnen Analyseschritte dargelegt und mit Beispielen aus dem Forschungsprozess unterlegt. Die Auswertung des generierten Datenmaterials begann mit dem Aufbrechen der Daten. Hierbei wurden erste Phänomene gesucht und diese konzeptualisiert. Das sogenannte „offene Kodieren“ war somit die erste Untersuchung und Analyse des Datenmaterials (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 205). Dabei wurden den einzelnen Interviewtranskripten erste Kodes vergeben. Im Analyseprozess kann es durchaus vorkommen, dass diverse Kodes in anderen geführten Interviews erneut vorkommen. Diese mehrfach auftauchenden Kodes, wurden weiterentwickelt zu Konzepten, welche zu Kategorien verdichtet wurden. Bei Kategorien handelt es sich um höherwertige, abstraktere Konzepte, welche die Ecksteine der sich herausbildenden Theorie bilden (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 195). Dabei wurden bereits Zusammenhänge zwischen Konzepten berücksichtigt, was näher zur eigentlichen Theoriebildung führte. Im Anhang 4 finden sich die Grundbestände der generierten Konzepte auf Grundlage des Forschungsziels. Für den Anfang wird empfohlen, Zeile für Zeile auszuwerten. Später ist es auch möglich, größere Textpassagen zu kodieren.
4.3.3 Das axiale Kodieren
Nachdem das offene Kodieren abgeschlossen war, war das Ziel, die ermittelten Konzepte miteinander in Beziehung zu setzen und nach ihrer Relevanz zur Klärung des Forschungsziels zu sortieren. Alle vorhandenen Informationen wurden auf eine neue Art und Weise zusammengestellt. Axiales Kodieren dient der „Verfeinerung und Differenzierung schon vorhandener Konzepte und verleiht ihnen den Status von Kategorien (Oberbegriffen)“ (Uni Augsburg, o.D). Es werden „Kategorien auf Verbindungen und Unterschiede hin untersucht“ (Ellinger, 2003). Das axiale Kodieren ist darauf ausgerichtet, zentrale Kernkategorien und Unterkategorien auszuarbeiten und mit diesen im weiteren Verlauf weiterzuarbeiten (vgl. Uni Augsburg, o.D). Es entstanden „Überkategorien“, welche als die wichtigsten Kategorien zur Klärung der Forschungsdesign Forschungsfrage „Erfahrungen von Eltern mit Distanzunterricht während derCovid-19 Pandemie“ angesehen wurden. Aus den Überkategorien bildeten sich Subkategorien (oder auch Unterkategorien) heraus, welche in einem direkten Verhältnis zu den Überkategorien stehen. Ferner wurden passende Konzepte den Über- /Unterkategorien zugeordnet. Ziel des axialen Kodierens war es, Ähnlichkeiten und Zusammenhänge herauszuarbeiten und zu klären, ob und wie sie sich voneinander abgrenzen. Insgesamt ließen sich aus den eingangs 255 Konzepten, 13 Überkategorien und 49 Subkategorien bilden, welche 201 verarbeitete Konzepte umfassten, sodass lediglich 54 Konzepte nicht maßgeblich zur Beantwortung der Forschungsfrage beigetragen haben. Ebenso wurde in diesem Zusammenhang schon einmal geschaut, welche Überkategorien sich als besonders markant darstellten. Eine tabellarische Abbildung hierzu findet sich in Anhang 5. Wichtig ist jedoch festzuhalten, dass hierbei nicht vorrangig quantitativ auf die Ergebnisse geschaut wurde, sondern qualitativ, was bedeutet, dass keine Häufigkeitsverteilungen direkt herausgearbeitet wurden, sondern das versucht wurde, das Phänomen in seiner Ganzheit durch die individuelle Betrachtung der einzelnen Interviewpartneninnen und ihren Aussagen zu erfassen. Dabei stellte die tabellarische Abbildung allenfalls einen Überblick dar, jedoch konnte durch die Häufigkeitsverteilung nicht sofort auf eine zentrale Kernkategorie geschlossen werden (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 205).
4.3.4 Das selektive Kodieren
Nachdem die Überkategorien herausgearbeitet waren, welche durch die Kategorien des offenen Kodierens erstellt wurden, galt es, eine zentrale Kernkategorie zu identifizieren, welche alle erstellten Überkategorien verbindet (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 205). Dabei ist in der vorliegenden Forschungsarbeit die zentrale Kernkategorie die Belastung von Eltern, welche im Zusammenhang mit dem Distanzunterricht während der SARS-CoV-2-Pandemie festgestellt werden konnten.
4.3.5 Das Kodierparadigma
Nach der Vorstellung der einzelnen Kodierschritte, wurde das Kodierparadigma als konzeptionelles Instrument dazu genutzt, um näher an die Beantwortung der Forschungsfrage zu gelangen. Durch das Nutzen des Kodierparadigmas wurde die Forschungsfrage in das Zentrum gestellt und versucht zu erklären, was durch das erhobene Datenmaterial zum Ausdruck gebracht werden soll (vgl. Przyborski & Forschungsdesign Wohlrab-Sahr, 2009, S. 204). Das Kodierparadigma gilt dabei als Leitfaden und ist nicht als verpflichtend anzusehen.
4.4 Instrumente der Erhebung
Qualitative Daten müssen so generiert werden, dass sie die Fragestellung des Forschungsprozesses beantworten können. In der qualitativen Forschung gibt es verschiedene Erhebungsinstrumente, um Daten generieren zu können. Dazu gehören beispielsweise die Beobachtungen, die Gruppendiskussionen und die Interviews (vgl. Hussy, 2013, S. 279). Im Folgenden wird sich auf die Erklärung der Interviews bezogen. Auch qualitative Interviews können verschiedene Formen aufweisen. So gibt es einerseits strukturierte Interviews (welche jedoch meistens zu den quantitativen Methoden zu zählen sind), semistrukturierte und unstrukturierte Interviews (vgl. Misoch, 2014, S. 13f.). Die Forschende hat sich in diesem Zusammenhang mit den semistrukturierten Erhebungsmethoden beschäftigt. Bei semistrukturierten Interviews müssen von der forschenden Person vorab Fragen festgelegt werden. Wann und in welcher Art und Weise diese Fragen an die zu interviewende Person herangetragen werden, ist dem/der Forschenden freigestellt und kann flexibel erfolgen. Das semistrukturierte Interview eignet sich durch die Flexibilität und die Offenheit besonders gut, um die Auswertung interpretativ gestalten zu können (vgl. Misoch, 2014, S. 32). Neben dem Leitfadeninterview, mit welchem im Folgenden diese Forschungsarbeit empirisch erarbeitet wurde, zählen zu semistrukturierten Interviews beispielsweise das Experteninterview, bei welchem Expertinnen zu diversen Themenkomplexen befragt werden. Semistrukturierte Interviews bieten den Vorteil, dass neue Erkenntnisse im Bereich der eigentlichen Forschungsfrage generiert werden können (Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 142). Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass Zusatzinformationen erlangt werden können, welche für die Auswertung hilfreich sein können und an welche mitunter vom/von der Forschenden bisher noch nicht bedacht wurden. Die Forschungsfrage kann so verdichteter beantwortet werden. Nachteile eines semistrukturierten Interviews hingegen sind, dass die forschende Person sehr gut auf dieses vorbereitet sein muss, da sie den Verlauf des Interviews wesentlich steuern kann (Misoch, 2014, S. 160). Dies kann einerseits den Vorteil haben, dass ein breites Spektrum an neuen Informationen generiert werden kann, jedoch kann das Interview auch in eine falsche Richtung laufen, sodass die generierten Informationen den Forschungsprozess nicht wesentlich voranbringen. Ebenso lassen sich die gestellten offenen Fragen nicht immer
Forschungsdesign miteinander vergleichen, was den Auswertungsprozess erschweren oder verlängern kann. Trotz dessen bietet ein semistrukturiertes Interview viel Input, welcher im Forschungsprozess und in derAuswertung von Vorteil sein kann.
4.5 Leitfadeninterview
Das Leitfadeninterview ist eine Erhebungsmethode der qualitativen Forschung und gehört zu den semistrukturierten Erhebungsformen. Es basiert auf einem von der interviewenden Person vorab festgelegten Leitfaden. Dieser Leitfaden kann strukturell unterschiedlich aufgebaut sein und richtet sich in der Regel nach dem/der Forschenden. Das Gespräch kann vorab engmaschig mit Fragen geplant werden und somit in einem vorhersehbaren thematischen Rahmen stattfinden oder es verläuft freier und der/die forschende Person entscheidet selbst, bis wann das Gespräch als interessant oder zielführend für die Beantwortung der Forschungsfrage eingeschätzt wird (Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 139f.). In der Regel wird das Leitfadeninterview flexibel und spontan gehandhabt und folgt nicht einem starren Ablaufschema. Dieser hat die Funktion der Orientierung und um dem Interview einen groben Rahmen zu geben. Der Leitfaden fungiert als „roter Faden“ zu qualitativen Daten (vgl. Misoch, 2014, S. 221). Ererfülltdie Aufgaben der thematischen Rahmung und Fokussierung der Auflistung aller relevanten Themenkomplexe, die angesprochen werden müssen, er dient der besseren Vergleichbarkeit und strukturiert den gesamten Kommunikationsprozess (vgl. Misoch, 2014, S. 66). Ein gewisses Maß an Vergleichbarkeit in einem qualitativen Interview kann vorliegen, jedoch sollte bedacht werden, dass das Vergleichen in die Nähe der standardisierten Verfahren und somit in die quantitative Sozialforschung geht. Aus diesem Grund sollte der vorstrukturierte Leitfaden nicht bei jedem Interview in der gleichen Reihenfolge abgefragt werden. Es ist möglich, den Leitfaden während des Interviews zu modifizieren und sich an den Interviewteilnehmenden zu orientieren - letztendlich sind sie bzw. ihre Erkenntnisse, die Datengrundlage für den vorliegenden Forschungsprozess. Neben der inhaltlichen gibt es auch eine strukturelle Ebene. Es können insgesamt vier Phasen voneinander unterschieden werden (vgl. Misoch, 2014, S. 68). Sobald das Interview beginnt, werden Interviewteilnehmende noch einmal gründlich aufgeklärt und über Ziele und Verwendung der Studie hingewiesen (vgl. Misoch, 2014, S. 68). Hier haben sie auch noch einmal die Möglichkeit, Fragen zu stellen oder sich von der Studie zurückzuziehen. Es schließt sich die Phase des Warm-ups an, welche mit einer Einstiegsfrage eröffnet wird (vgl. Misoch, 2014, S. 69). Folgend darauf beginnt der Forschungsdesign eigentliche Teil des Interviews, der Hauptteil. Bereits vorab festgelegte Themenbereiche, welche durch den Leitfaden strukturiert wurden, werden hierbei angesprochen. Um möglichst viele interessante und nutzbare Informationen von den Interviewpartnerinnen generieren zu können, ist es wichtig, dass die Interviewpartnerinnen ihre Erlebnisse frei äußern können. Dabei ist es die Aufgabe des/der Interviewenden, aufmerksam und konzentriert zuzuhören und ggf. an bereits angeschnittene Themenbereiche anzuknüpfen. Ebenso ist es möglich, den Leitfaden während des Interviews zu modifizieren, beispielsweise wenn die Interviewteilnehmenden Themen ansprechen, welche für sie von offensichtlicher Relevanz sind. Dies kann dazu führen, dass der eigene Forschungsprozess in eine andere Bahn gelenkt wird und sich neue Erkenntnisse für den/die Forschenden ergeben. Zum Schluss schließt sich die Ausklangsphase an (vgl. Misoch, 2014, S. 70). Hierbei können von beiden Seiten noch einmal Fragen bzw. Nachfragen gestellt und geklärt werden. Des Weiteren dient diese Phase zum Hinausbegleiten des Interviews sowie dem gedanklichen Abschluss (vgl. Misoch, 2014, S. 71).
4.6 Interviewvorbereitung- und Durchführung
Im folgenden Abschnitt wird auf die Gewinnung der Interviewpartnerinnen eingegangen. Dazu wurden verschiedene Institutionen kontaktiert, mit der Bitte der Weiterleitung an die Eltern. Bei diesen Institutionen handelte es sich um Grund- /Oberschulen aus verschiedenen Regionen in Sachsen, dem Landeselternrat Sachsen, dem Bundeselternrat, dem bayrischen Elternverband und dem Elternverein Nordrhein-Westfalen. Von insgesamt 24 kontaktierten Institutionen meldeten sich 23 Eltern zurück. Nach gründlicher Überlegung wurde die Entscheidung getroffen, Eltern aus der Grund-/Oberschule zu interviewen, da die Annahme bestand, dass sich dort die größten Unterschiede hinsichtlich des Distanzunterrichtes wahrnehmen lassen würden. Letztendlich fiel die Entscheidung auf acht Interviewpartneninnen, wovon alle aus Chemnitz stammten, lediglich eine Interviewpartnerin stammte aus dem Kreis Homburg (Saarland). Vier Interviewpartnerinnen hatten Kinder in der Grundschule, ebenfalls vier Eltern hatten Kinder in der Oberschule. Zu bemerken ist allerdings, dass einige Eltern auch größere Kinder auf dem Gymnasium hatten und teilweise Vergleiche zwischen den Schulformen gezogen haben. Der Erhebungszeitraum lag zwischen dem 28.03.2022 bis zum 08.04.2022 statt. Auf der folgenden Seite wurden Diagramme erstellt, welche die Interviewpartnerinnen kurz in ihren soziodemografischen Werten charakterisieren, damit ein Eindruck über die Forschungsdesign Grundsituation der Forschung entstehen kann. Durch die anhaltende Sars-Covid-19 Pandemie war es nicht möglich, die Interviewpartnerinnen persönlich zu interviewen. Daher wurden die Interviews über das Telefon via Anruf getätigt. Dabei befanden wir uns immer in einem Zweiergespräch. Eine Einverständniserklärung (Anhang 1) wurde den Teilnehmerinnen vorab zugesendet. Diese bekam ich zeitnah zurück und ein konkreter Interviewtermin wurde festgelegt. Zu Beginn eines jeden Interviews wurde eine vertrauensvolle Atmosphäre geschaffen. Diese begann mit einer Begrüßung und einer persönlichen Vorstellung der Forschenden. Anschließend wurden den Interviewteilnehmerinnen das Ziel der Forschung mündlich erläutert, ebenso wurden offene Fragen geklärt. Die Teilnehmenden wurden noch einmal darauf hingewiesen, dass das Interview aufgenommen wird, um es später transkribieren zu können. Es folgte eine kurze Vorstellung der Interviewteilnehmerinnen, um später eine Kurzcharakteristik der Teilnehmenden erstellen zu können. Um sich an die Erhebungsmethode des Leitfadeninterviews zu halten, war es besonders wichtig, keine geschlossenen Fragen zu stellen, sondern klare, offene und einfache Fragen an die Interviewteilnehmerinnen heranzutragen. Das Prinzip der Offenheit und Flexibilität waren dabei nicht außer Acht zu lassen. Ebenfalls war es von Bedeutung, die eigentliche Forschungsfrage und den Leitfaden während des Interviews nicht aus den Augen zu verlieren, um weniger wichtiges Datenmaterial zu vermeiden.
Geschlechterzugehörigkeit der
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 Geschlechterzugehörigkeit der Teilnehmerinnen (eigene Darstellung)
Alter der Teilnehmerinnen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
AlterderTeilnehmer:innen (eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Kinderanzahl derTeilnehmeninnen (eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4.7 Transkription
Ohne eine Transkription ist es kaum möglich, gewönne Daten zu analysieren. Dittmar definiert eine Transkription als „Wiedergabe eines gesprochenen Diskurses in einem situativen Kontext mit Hilfe alphabetischer Schriftsätze und anderer auf kommunikatives Verhalten verschiedener Symbole.“ (Dittmar, 2009, S. 52). Mittels einer Transkription wird die Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes gewahrt und für spätere Analysezwecke nützlich und greifbar gemacht. Die schriftliche Wiedergabe soll nicht ungefähr erfolgen, sondern sie soll möglichst genau verschriftlich werden, um in der Analyse bestmöglich genutzt werden zu können (vgl. Dittmar, 2009, S. 52). Wichtig ist in diesem Kontext anzumerken, dass die Transkription immer abhängig von den Zielen ist, welche mit dem Forschungsprojekt erreicht werden sollen. Durch die anhaltende SARS-CoV-19 Pandemie war es nicht möglich, die Befragten persönlich zu treffen. Aus diesem Grund wurden die Interviews als Telefoninterviews abgehalten. Unter diesen Voraussetzungen muss eine einwandfreie lautliche Qualität der Aufnahme gewährleistet sein (vgl. Dittmar, 2009, S. 52). Dementsprechend mussten die Hintergrundgeräusche teilweise per Bearbeitung reduziert werden. Des Weiteren mussten die Mikrofone so positioniert werden, dass eine Aufnahme ohne großen Qualitätsverlust durchgeführt werden konnte. Um die Audiodatei aufnehmen und abspeichern zu können, wurde das Smartphone mit dem PC verbunden und über die Anwendungssoftware (Apple) GarageBand aufgenommen. Dort war es ebenso möglich, diverse Störfaktoren technisch zu reduzieren und die Lautwiedergabe der Befragten im Sinne der Verständlichkeit ggf. zu erhöhen. Um das gewonnene Rohmaterial weiterverarbeiten zu können, existieren unterschiedliche Transkriptionssysteme. Im vorliegenden Forschungsprojekt wurde das TiQ-Format (Talk in Qualitative Social Research) genutzt (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 164). Dabei handelt es sich um ein erweitertes Transkriptionsformat aus der Sozialforschung, mit welchem es möglich ist, gesprochene Sprache zu verschriftlichen. Es ist möglich, Transkriptionssoftwaren (f4 oderf5) zu nutzen. Diese Variante wurde allerdings nicht gewählt. Die Transkriptionen wurden stattdessen im EDV-Programm „Word“ händisch erstellt. An den jeweils linken Seiten wurden Zeilennummerierungen hinzugefügt, um in der Auswertung gezielter Interviewpassagen zitieren zu können. Des Weiteren befinden sich im Anhang A/B/C die Transkriptionsregeln des TiQ-Formate. Es wird darauf hingewiesen, dass die Intonationen und die Lautstärkeveränderungen im Transkript nicht berücksichtigt wurden. Ferner wurde nach Satzzeichen klein weitergeschrieben, da es hierbei nicht
Forschungsdesign um grammatikalische Richtigkeit geht. Namen und weitere Nomen werden weiterhin großgeschrieben, ebenso nach dem Setzen des „L“ (vgl. Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2009, S. 167). Aus Gründen des Datenschutzes wurden alle Namen und persönlichen Angaben anonymisiert. Die Befragten erhielten ein Kürzel, welches den Anfangsbuchstaben des Nachnamens sowie eine Bezeichnung ihres Geschlechtes (m/f/d) trug. Die Interviewende folgt der Maskierung „Y1“. Die genannten Angaben wurden in dem anfänglichen Transkriptionskopf vermerkt.
5 Darstellung der Ergebnisse (Auswertung)
Eines der zentralsten Überkategorien war „Betreuungsmöglichkeiten während SARS- CoV-2“. Es wurde noch einmal unterschieden in drei Subkategorien, denen 11 zentrale Konzepte zugeordnet wurden. Ebenso finden sich aus allen acht Interviews Konzepte der Eltern wieder, sodass es sich hier um eine Problematik handelt, welche alle interviewten Eltern anspricht.
Unterschieden wurde zunächst danach, ob das Kind bzw. die Eltern notbetreuungsberechtigt waren. Bei der ersten Subkategorie handelt es sich um die „Notbetreuung“. Das erste Interview wurde mit einem Mann geführt, dessen Tochter eingeschult wurde, als der erste Lockdown im Sommer 2020 war. Lediglich er berichtete von einem Anspruch auf die Notbetreuung in dieser Zeit, da er und seine Lebensgefährtin in medizinischen und somit systemrelevanten Berufen tätig war. Bei ihm handelt es sich um einen Geschäftsführer einer ambulanten Klinik im Kreis Chemnitz und seine berufliche Tätigkeit spannt ihn Vollzeit ein. Bei keinem weiteren geführten Interview wurde erwähnt, dass die Eltern für die Notbetreuung berechtigt waren. „Nicht für die Notbetreuung berechtigt“ war nun ebenso eine Subkategorie, welcher sich zwei Elternteile zuwendeten. Die Mutter aus Interview 5 befand sich während des Lockdowns in Elternzeit und schied somit für die Notbetreuung aud. Die Mutter aus Interview 4 ging keinem systemrelevanten Beruf nach und fiel somit ebenfalls aus dem Betreuungsraster.
„Jedenfalls waren wir nicht beide in systemrelevanten Berufen, was eben für uns bedeutet, es kam keine Notbetreuung infrage ähm wir mussten das oder ich in dem Falle, weil er hat ja wirklich herzlich wenig dazu beigetragen muss ich so im Nachgang sagen, musste das dann irgendwie lösen und hab das dann halt mit stundenweise und vormittags alleine und nachmittags dann irgendwie“ (Interview4, Zeile: 59-63)
In allen weiteren Interviews wurde die Notbetreuung nicht erwähnt, es kam lediglich zur Sprache, dass die Kinder zeitweise durch die Familien betreut wurden. Hier fühlten sich vier Elternteile angesprochen. Somit ist „Betreuung durch die Familie“ eine weitere Subkategorie. Die Mutter aus Interview 2 sagte aus, dass es durch das Glück einer großen Familie möglich sei, sich untereinander gut auszuhelfen. Sie hat gemeinsam mit ihrem Ehemann fünf Kinder. Der Vater geht Vollzeit arbeiten, die Mutter kümmert sich um Haushalt und Kinder, weitere freie Zeit wird in das Ehrenamt der Gemeinde Darstellung der Ergebnisse (Auswertung) investiert. Unabhängig davon, ob die Mutter die Zeit zu Hause bei den Kindern verbringt, ist es wichtig festzuhalten, dass gerade durch die vielen Kinder ein Zusammenhalt (in privater sowie schulischer Sicht) untereinander besser gewährleistet werden kann. Alle fünf Kinder befanden sich in unterschiedlichen Alters- /Jahrgangsgruppen. Ebenso ist es ein Vorteil, dass alle Kinder die gleiche Schule und Schulform besuchten, die Oberschule. Somit war es untereinander möglich, sich bei Wissenslücken zu helfen, diese zu schließen und schneller aufzuarbeiten. Hier brachte die Mutter auch noch einmal verstärkend an, dass es bei einigen ihrer Kinder hätte sein können, dass sie ohne die familiäre Unterstützung die digitale Fernbeschulung nicht so gut überstanden hätten.
„Wenn er nicht in dieser ich sag mal in dieser geschwisterlichen Gemeinschaft aufgehoben gewesen wäre und von daher einfach auch in dem allgemeinen Lernen und auch arbeiten dann mitgezogen worden wäre ähm, ich glaube für ihn wär=s, wär=s die strukturloseste Zeit gewesen.“ (Interview 2, Zeile: 82-86)
Des Weiteren kann festgehalten werden, dass es nicht in jeder Familie so gut ablief. In Interview 4 wurde davon gesprochen, dass sich die Betreuung über die Verwandten und Großeltern schwer gestaltete, da von jeglichem Kontakt, welcher sich außerhalb des eigenen Haushaltes abspielte, abgeraten wurde. Durch verstärkte behördliche Kontrollen zu diesem Zeitpunkt wurde es sich auch nicht getraut, die geltenden Verordnungen anzuzweifeln oder dagegen vorzugehen. Dies führte zur letzten Subkategorie, „Betreuungsmöglichkeiten problematisch“. Hierbei fühlten sich drei Interviewpartnerinnen angesprochen. Wie bereits weiter oben beschrieben zunächst die Mutter aus Interview 4. Für sie stand nach wie vor die Betreuungsfrage im Raum. Geschwisterliche Betreuung und/oder weitere familiäre Betreuung waren ausgeschlossen und so musste das Kind bereits in der 4. Klasse lernen, allein zu Hause zu bleiben. Für die Mutter, welche es bisher gewohnt war, dass das Kind bis zum späten Nachmittag den Hort aufsuchte, war dies eine Mehrbelastung. Ein ähnliches Problem wurde in Interview 3 geschildert, hier waren beide Elternteile Vollzeit beschäftigt, jedoch im Schichtdienst. Zwar war das Kind bereits teilweise an das Alleinsein zu Hause gewöhnt, jedoch war es nun etwas anderes, wenn es den ganzen Tag allein sein musste. Auch hier kam es wieder zu einer Mehrbelastung der Eltern, da die schulischen Aufgaben kaum oder nie vom Kind gelöst wurden. So kamen die Eltern vom Schichtdienst nach Hause und mussten plötzlich Aufgaben Darstellung der Ergebnisse (Auswertung) übernehmen, die in der Regel von qualifiziertem Lehrpersonal erledigt werden. Bei der Mutter in Interview 5 war es so, dass sie einen Sohn im pubertären Alter hatte sowie eine Tochter, welche die KiTa besuchte. Ein weiteres Kind machte sich auf den Weg, sodass die Schwangerschaft stark an den Nerven der Mutter zerrte. Ergänzend kann angemerkt werden, dass es sich bei der Familie aus Interview 5, um eine Patchworkfamilie handelt. Die Mutter hat einen großen Sohn aus erster Ehe und zwei gemeinsame Kinder mit dem aktuellen Partner. Der aktuelle Lebenspartner befand sich fast durchgängig auf Montage, sodass er spät am Abend oder erst am Wochenende die Mutter unterstützen konnte. Demnach war es für die Mutter schwierig, die Betreuung der Kinder gleichermaßen gewährleisten. Der leibliche Vater arbeitete in Vollzeit, wenn sein Sohn bei ihm war, dann wurde er in der Regel bei der Großmutter abgegeben, welche jedoch aufgrund fortschreitenden Alters nicht mehr in der Lage war, die anfallenden Schulaufgaben mit dem Enkel zu erledigen.
„Also wirklich komplett mit allen Sachen alleine und wenn mein Sohn bei seinem Vater war, die waren Vollzeit arbeiten, da war er tatsächlich bei der Oma und die konnte teilweise bei vielen Sachen nicht helfen und das wurde dann aufgehoben, bis er wieder zu uns kam, bis ich mich wieder drum gekümmert hab (...)“ (Interview 5, Zeile: 83-86)
Im Zusammenhang mit der Betreuungssituation kann hier festgehalten werden, dass im Hinblick auf das Homeschooling die Aufgaben komplett auf die Mutter übertragen wurden.
Eine weitere und sehr zentrale Überkategorie sind die „Gefühle von Eltern während der SARS-CoV-2-Pandemie“. Hier wurden sieben Subkategorien erstellt, mit jeweils acht zugeordneten Konzepten. Bei dieser Kategorie fühlten sich ebenso wieder alle Interviewpartnerinnen angesprochen. Die Subkategorie „an die eigenen Grenzen stoßen“ wurde in vier Interviews aufgegriffen. Dabei wurde dies in unterschiedlichen Zusammenhängen deutlich gemacht. DerVateraus Interview 1 gab Folgendes an:
„Das heißt, man kann ein Kind im Homeschooling in der Klasse 1-4 meiner Meinung nach über einen Zeitraum X schon gut betreuen, aber irgendwann stößt man an seine Grenzen.“ (Interview 1, Zeile: 74-76)
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- Citation du texte
- Celine Bernas (Auteur), 2022, Distanzunterricht während der Covid-19-Pandemie. Erfahrungen von Eltern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1305316
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