Kurt Tucholsky gilt zweifelsohne zu den bedeutendsten Satirikern, Lyrikern, Chansonschreibern, Kommentatoren und Gesellschaftskritikern der Zeit der Weimarer Republik.
Sowohl bissig ironischen Texte als auch seine Betrachtungen über Kunst und Kultur machten ihn über die Grenzen Deutschlands bekannt. Gründe für diesen Erfolg waren „die Festigkeit seiner Gesinnung, die Leichtigkeit seiner Sprache.“ Der zahlenmäßig größte Anteil seiner Veröffentlichungen stammten aus dem Wochenblatt „Weltbühne“. Hier veröffentlichte Tucholsky unter verschiedenen Pseudonymen seine Leitartikel, Chansons, Gedichte zu den gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Ereignissen jener Zeit. Der promovierte Jurist Tucholsky beschäftigte sich auch mit der aufkommenden Modernisierung und Technisierung seiner Zeit. So lassen sich in seinem Gesamtwerk eine Vielzahl von Schriften zum damals aufstrebenden Medium Film, als auch zur Fotografie finden. Dem Film stand Tucholsky wohl eher skeptisch, wenn nicht sogar ablehnend gegenüber. So schreibt er beispielsweise in seinem Texte „Was fehlt dem Kino?“: "Der Kern der Sache ist der, dass die Seele des Filmwerks – denn irgendeine hat es ja – heute noch in den Händen von Leuten ruht, die selbst keine haben. Wie seelenlos ist das alles. [...] Was dem Kino fehlt ist der maßgebende und durchdringende Einfluss der Männer von Geschmack und Bildung." Der Fotographie hingegen galt sein reges Interesse und schon als Zweiundzwanzigjähriger widmete er sich in seinem Beitrag „Mehr Fotografien!“ der Bedeutung des Mediums und den damit verbundenen Möglichkeiten. Später veröffentlichte er teilweise seine Texte sogar gemeinsam mit Fotographien. Denn er wusste: "Von der Reklame bis zum politischen Plakat schlägt das Bild zu, boxt, pfeift, schießt in die Herzen und sagt, wenn´s gut ausgewählt ist, eine neue Wahrheit und immer nur eine." In meiner Arbeit werde ich versuchen, Tucholskys Einstellung zur Tendenzfotographie genauer zu beleuchten. So werde ich anhand ausgewählter Texte seine theoretische Konzeption zum Medium vorstellen. Dabei werde ich zeigen, welche Vorstellungen und Meinungen der Schriftsteller von der Nutzbarkeit und der Wirkung der Tendenzfotographie auf den Rezipienten hatte. Im Verlaufe meiner Arbeit werde ich auch auf die mit den Jahren einsetzende Veränderung in Tucholskys Einstellung zu dieser Art der Fotographie eingehen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Ausgewählte Beiträge Kurt Tucholsky zur Tendenzfotographie
2.1. „Mehr Fotographien!“
2.2. „Die Tendenzphotographie“
2.3. Ausgewählte Texte Tucholskys nach 1926
3. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Kurt Tucholsky gilt zweifelsohne zu den bedeutendsten Satirikern, Lyrikern, Chansonschreibern, Kommentatoren und Gesellschaftskritikern der Zeit der Weimarer Republik.
Sowohl bissig ironischen Texte als auch seine Betrachtungen über Kunst und Kultur machten ihn über die Grenzen Deutschlands bekannt. Gründe für diesen Erfolg waren „die Festigkeit seiner Gesinnung, die Leichtigkeit seiner Sprache.“[1]
Der zahlenmäßig größte Anteil seiner Veröffentlichungen stammte aus dem Wochenblatt „Weltbühne“. Hier veröffentlichte Tucholsky unter verschiedenen Pseudonymen seine Leitartikel, Chansons, Gedichte zu den gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Ereignissen jener Zeit.[2]
Der promovierte Jurist Tucholsky beschäftigte sich auch mit der aufkommenden Modernisierung und Technisierung seiner Zeit. So lassen sich in seinem Gesamtwerk eine Vielzahl von Schriften zum damals aufstrebenden Medium Film, als auch zur Fotografie finden. Dem Film stand Tucholsky wohl eher skeptisch, wenn nicht sogar ablehnend gegenüber. So schreibt er beispielsweise in seinem Texte „Was fehlt dem Kino?“:
Der Kern der Sache ist der, dass die Seele des Filmwerks – denn irgendeine hat es ja – heute noch in den Händen von Leuten ruht, die selbst keine haben. Wie seelenlos ist das alles. [...] Was dem Kino fehlt ist der maßgebende und durchdringende Einfluss der Männer von Geschmack und Bildung.[3]
Der Fotographie hingegen galt sein reges Interesse und schon als Zweiundzwanzigjähriger widmete er sich in seinem Beitrag „Mehr Fotografien!“ der Bedeutung des Mediums und den damit verbundenen Möglichkeiten.
Später veröffentlichte er teilweise seine Texte sogar gemeinsam mit Fotographien. Denn er wusste:
Von der Reklame bis zum politischen Plakat schlägt das Bild zu, boxt, pfeift, schießt in die Herzen und sagt, wenn´s gut ausgewählt ist, eine neue Wahrheit und immer nur eine.[4]
In meiner Arbeit werde ich versuchen, Tucholskys Einstellung zur Tendenzfotographie genauer zu beleuchten. So werde ich anhand ausgewählter Texte seine theoretische Konzeption zum Medium vorstellen. Dabei werde ich zeigen, welche Vorstellungen und Meinungen der Schriftsteller von der Nutzbarkeit und der Wirkung der Tendenzfotographie auf den Rezipienten hatte.
Im Verlaufe meiner Arbeit werde ich auch auf die mit den Jahren einsetzende Veränderung in Tucholskys Einstellung zu dieser Art der Fotographie eingehen.
Da der Schriftsteller eine Vielzahl von Publikationen zu diesem Thema verfasst hat, der Umfang meiner Arbeit aber begrenzt ist, habe ich mich entschlossen, nur ausgewählte Artikel vorzustellen.[5] Sofern es aber angebracht sein sollte und das Verständnis der Arbeit durch weitergehende Textbezüge erleichtert wird, werde ich diese mit anführen.[6]
2. Ausgewählte Beiträge Kurt Tucholsky zur Tendenzfotographie
2.1. „Mehr Fotographien!“
Dieser, in dem Magazin „Vorwärts“ am 28.06.1912 erstmals veröffentlichte Beitrag Tucholskys, ging der Frage nach, welche Wirkung das Betrachten von Bildern auf den Rezipienten haben könnte. Der Text entstand, nachdem der Schriftsteller eine Wanderausstellung in Berlin besucht hatte. Diese Ausstellung hatte zum Ziel, die mangelnden Unfallschutzbestimmungen jener Zeit auf fotographischem Wege zu dokumentieren. So zeigte man beispielsweise Betriebsunfälle von Holzarbeitern.
Tucholsky hielt dazu fest:
Sie wirken: das rüttelt die Gleichgültigsten auf. [...] So ein Blatt mit den halbierten Fingern redet (agitatorisch) mehr als Statistik, Berichte, als die aufreizendsten Reden.[7]
Schon hier wird erkennbar, welche wesentlichen Funktionen Tucholsky der Fotographie im Allgemeinen zuschreibt. So hat sie eine in Bewegung setzende Funktion, das heißt, der Betrachter des Bildes wird emotional berührt und somit soll ein Denkprozess in Gang gesetzt werden. Interessant ist, dass für einen Schriftsteller wie Tucholsky das gesprochene als auch das geschriebene Wort („Berichte“) nicht an die emotionale Tiefenwirkung einer Fotographie heranreicht. Vielmehr scheint es so, als könne man nur mit Hilfe dieses Mediums solche Grausamkeiten wie diese abgebildeten Arbeitsunfälle, nachfühlbar für einen jeden „abbilden.“
Die Haltung, dass das Bild Vorrang vor dem Wort habe, lässt sich in verstärkter Form auch in seinem Beitrag „Das politische Kino“ vom 10.05.1920 wieder finden. So schreibt er unter dem Pseudonym Ignaz Wrobel folgendes:
[M]einer Absicht nach wird in Deutschland mit der Fotografie dasjenige zuwenig gemacht, was zum erstenmal unsere Freie Welt mit Erfolg begonnen hat: die Fotografie als Tendenzbild zu benutzen. Keine Karikatur kann in gewissen Fällen so wirken, wie es das einfache Wirklichkeitsbild des Fotografen tut. Es gibt Lagen, in denen das fotografierte Bild eines zerschossenen Arbeiters, einer stockigen Proletarierwohnung, eines gedunsenen Reichen mehr wirkt, als Wort und Zeichnung es je zu tun vermögen. Das Bild sagt zum Leben »So sieht es aus!« - und eine kleine Unterschrift genügt, um noch einmal auf das aufmerksam zu machen, worauf es ankommt.[8]
Innerhalb des Textes „Mehr Fotographien!“ ist weiterhin auffällig, dass er scheinbar von einem unabdingbaren Anspruch der genauen Wirklichkeitsabbildung durch Fotographien ausgeht. „Da gibt es keine Ausreden – so war es, und damit basta“, schreibt er selbst.[9] Der promovierte Jurist ist sich noch nicht den Gefahren bewusst, die auch von diesem Medium ausgehen können: die Wirklichkeitsverfälschung sowie die emotionale Fehlsteuerung des Menschen.
[...]
[1] Roland Links: Nachwort, in: Tucholsky, Kurt: Ausgewählte Werke, Band 3 (hrsg. von Roland Links), Verlag Volk und Welt, Berlin, 1980, Seite 587
Tucholsky übte hingegen sehr selbstkritisch Kritik an seinem Schriftstellerdasein und seinem Schaffen. So schrieb er beispielsweise: „Ich habe Erfolg. Aber ich habe keinerlei Wirkung.“
[2] In meiner Arbeit werde ich mich größtenteils auf Veröffentlichungen aus dem Wochenblatt „Weltbühne“ von Kurt Tucholsky beziehen.
[3] Tucholsky, Kurt: Was fehlt dem Kino?, Berliner Tageblatt, 02.11.1919, Nr. 520, zitiert nach: http://www.textlog.de/tucholsky-kino-fehlt.html (letzter Zugriff: 20.08.2006)
[4] Tucholsky, Kurt: zitiert nach Peter Reichel, Der nationalsozialistische Staat im Bild, in: Deutsche Fotografie – Macht eines Mediums 1870 - 1970, hrsg. von Klaus Honnef u.a., o.V, Köln, 1997, Seite 105
[5] Auch werde ich nicht näher auf sein Buch „Deutschland, Deutschland über alles“ eingehen. Sondern nur seine theoretischen Vorüberlegung zu diesem tendenzfotographischen Werk Tucholskys vorstellen.
[6] So werde ich auch auf Gegenprogramme zur Tendenzfotographie eingehen, die innerhalb der Weltbühneautoren diskutiert wurden.
[7] Tucholsky, Kurt: Mehr Fotographien!, Vorwärts, 28.06.1912, zitiert nach:
http://www.textlog.de/tucholsky-mehr-fotografien.html (letzter Zugriff: 20.08.2006)
[8] Tucholsky, Kurt: Das politische Kino Freiheit, 10.05.1920, zitiert nach:
http://www.textlog.de/tucholsky-politische-kino.html (letzter Zugriff: 20.08.2006)
[9] Tucholsky, Kurt: Mehr Fotographien!, Vorwärts, 28.06.1912, zitiert nach:
http://www.textlog.de/tucholsky-mehr-fotografien.html (letzter Zugriff: 20.08.2006)
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