Das deutsche Wort „werben“ geht auf das germanische Verb *hwerb-a zurück, das frei mit „sich um etwas bemühen“ übersetzt werden kann. Im Kommunikationsprozess der Wirtschaftswerbung bemüht sich der Werbende um das Interesse einer Zielgruppe, er will diese beeinflussen und zur Erfüllung der Werbeziele veranlassen. Entscheidend für das Gelingen dieser Absicht ist die adäquate formale Gestaltung der Werbebotschaft, da diese von den Rezipienten dekodiert werden muss. Wirtschaftswerbung ist dabei keine eigene Textsorte, sondern gehört zu einer Gruppe von Textsorten wie „Anzeigenwerbung“ oder „Radiospot“, die jeweils spezifische Merkmale aufweisen. Gemein ist ihnen der primäre Sprechakt „Aufforderung zum Kauf“, der jedoch meist durch indirekte Sprechakte wie Behauptungen und Versprechungen vermittelt wird. Diese Hausarbeit widmet sich der stilistischen und textlinguistischen Analyse einer Werbeanzeige aus den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts. Es handelt sich um Werbung für das Mittelklassefahrzeug Opel Olympia Rekord, welche sich weniger durch rationale Argumente als durch ihre Frauenfeindlichkeit
auszeichnet, die aufgrund des Erscheinens in der Frauenzeitschrift Constanze verwundert. Reizvoll ist dabei vor allem der Kontrast zwischen der eigentlichen Bewerbung des Produktes und seiner Vorzüge einerseits und der abwertenden Darstellung der Frau als mögliche Fahrerin des Autos andererseits. Diese Ausarbeitung verfolgt also zwei Ziele: Nach der Darstellung allgemeiner Charakteristika der Anzeigenwerbung wird auf Geschlechtsstereotype und frauenfeindliche Topoi in der Werbung der Nachkriegszeit, ihre Sprache und ihre Verfasser eingegangen. Im Anschluss folgt die stilistische Analyse unter Berücksichtigung der vorangegangenen Ergebnisse.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Textgrundlage
3. Stilistische und linguistische Textanalyse – Methodische Vorüberlegungen
3.1 Sprache der Werbung
3.2 Verfasser und Intention
3.3 Charakteristika der Anzeigenwerbung
3.4 Sonderfall Advertorial
3.5 Kultureller Hintergrund: Geschlechtsstereotype und frauenfeindliche Topoi in der Nachkriegszeit
3.6 Grundsätzliches zum Verhältnis von Text und Bild
4. Analyse der Anzeige in Hinblick auf typische Merkmale
4.1 Sprache und Themenentfaltung
4.2 Kohäsion und Kohärenz
4.3 Verfasser und Intention
4.4 Intertextualität und Funktionalität
4.5 Kultureller Hintergrund
4.6 Der visuelle Teiltext
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
7. Originalanzeige
1. Vorwort
Das deutsche Wort „werben“ geht auf das germanische Verb *hwerb-a zurück, das frei mit „sich um etwas bemühen“ übersetzt werden kann. Im Kommunikationsprozess der Wirtschaftswerbung bemüht sich der Werbende um das Interesse einer Zielgruppe, er will diese beeinflussen und zur Erfüllung der Werbeziele veranlassen.
Entscheidend für das Gelingen dieser Absicht ist die adäquate formale Gestaltung der Werbebotschaft, da diese von den Rezipienten dekodiert werden muss.
Wirtschaftswerbung ist dabei keine eigene Textsorte, sondern gehört zu einer Gruppe von Textsorten wie „Anzeigenwerbung“ oder „Radiospot“, die jeweils spezifische Merkmale aufweisen. Gemein ist ihnen der primäre Sprechakt „Aufforderung zum Kauf“, der jedoch meist durch indirekte Sprechakte wie Behauptungen und Versprechungen vermittelt wird.[1]
Diese Hausarbeit widmet sich der stilistischen und textlinguistischen Analyse einer Werbeanzeige aus den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts. Es handelt sich um Werbung für das Mittelklassefahrzeug Opel Olympia Rekord, welche sich weniger durch rationale Argumente als durch ihre Frauenfeindlichkeit auszeichnet, die aufgrund des Erscheinens in der Frauenzeitschrift Constanze verwundert.
Reizvoll ist dabei vor allem der Kontrast zwischen der eigentlichen Bewerbung des Produktes und seiner Vorzüge einerseits und der abwertenden Darstellung der Frau als mögliche Fahrerin des Autos andererseits.
Diese Ausarbeitung verfolgt also zwei Ziele: Nach der Darstellung allgemeiner Charakteristika der Anzeigenwerbung wird auf Geschlechtsstereotype und frauenfeindliche Topoi in der Werbung der Nachkriegszeit, ihre Sprache und ihre Verfasser eingegangen. Im Anschluss folgt die stilistische Analyse unter Berücksichtigung der vorangegangenen Ergebnisse.
Da die zugrunde liegende Kopie der Werbeanzeige schlecht lesbar ist, folgt eine Abschrift. Die Gliederung des Textes in vier Spalten wurde nicht berücksichtigt, da sie für die gestalterische und inhaltliche Gesamtheit der Anzeige nicht von Bedeutung ist. Die Originalanzeige findet sich im Anhang auf Seite 17.
2. Textgrundlage
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 1 Ausschnitt aus der Anzeige „Eine Dame wird REKORD-Fahrerin“
„Fahrlehrer sind tabu. Die anderen sind gemeint, die Ehemänner und Freunde,
diese ewigen Besserwisser auf dem Nebensitz. Sie machen ein überhebliches
Gesicht und stehlen Selbstbewußtsein wie Selbstvertrauen. Man muß sie
einfach zu Hause lassen, die Männer. Sonst wird man nervös. Denn wenn ein
5 männlicher Seitenblick einen verächtlich streift, dann, aber nur dann erscheint
plötzlich die so übersichtliche Armaturentafel des REKORD kompliziert wie die
Schaltanlage eines Düsenjägers.
Dabei ist gerade bei dem OPEL OLYMPIA REKORD alles so zweckmäßig
angeordnet wie beim Gasherd. Das Fahren und Schalten ist beim REKORD so
10 leicht wie Einkaufen im Selbstbedienungsladen. Nur: Ohne Männer lernt sich´s
leichter!
Darum, bei druckfrischen Stempeln im Führerschein, erst mal alleine
Erfahrungen sammeln. Und spüren: Die 50 Pferdekräfte des REKORD-Motors
folgen dem leichtesten Fußdruck, der kleinsten Reaktion der Hände.
15 Die Kontroll-Anzeigen sieht man mit, ohne die Straße aus den Augen zu
lassen. Sie liegen beim OPEL OLYMPIA REKORD gut „im Blickfeld“, sagen die
Männer und meinen diesmal nicht die Frauen sondern Tachometer, Benzinuhr
und das Thermometer für die Betriebstemperatur.
Die REKORD-Sicht dient der Sicherheit. Aber Frauen haben ohnehin mehr
20 Instinkt - auch beim Autofahren. Ganz unbewußt werden sich bald Hände und
Füße bei der leichten Bedienung des REKORD bewegen – so unbewußt wie zu
Hause beim Gasanzünden oder Staubsaugen. Technik ist nicht kompliziert. Die
Männer tun bloß so.
Darum in den nächsten Ausgaben der CONSTANZE kleine Fahrtips – ganz
25 unter uns auf dem und mit dem OPEL OLYMPIA REKORD.“
3. Stilistische und linguistische Textanalyse – Methodische Vorüberlegungen
Zunächst stellt sich die Frage, welche spezifischen Stil- und Textnormen bei einer Werbeanzeige erwartet werden können. Werbesprache und Werbung als Textsorte werden in den folgenden Kapiteln näher definiert, Sender und Senderintention sowie der kulturelle Hintergrund als interdisziplinärer Ansatz bilden weitere Ausgangspunkte für die Analyse.
Im Anschluss wird die vorliegende Anzeige hinsichtlich der Übereinstimmung mit den herausgearbeiteten Kriterien untersucht.
3.1 Sprache der Werbung
Sprachlicher Stil wird durch den adäquaten Umgang mit Konventionen bestimmt, wobei das Zusammenspiel einer individuellen Komponente mit stilistisch markierten Mitteln und sachlich-neutralen Anteilen über das stilistische Gelingen entscheidet.[2] Unterscheidbar sind dabei regionale, altersspezifische, funktionale und textsortenspezifische Normen,[3] deren Befolgen bewirkt, dass die Wahl der sprachlichen Mittel dem jeweiligen Rezipienten angemessen erscheint. Werbesprache ist zwar artifiziell und besitzt somit keine Sprechwirklichkeit, darf für den Rezipienten aber nicht konstruiert und unnatürlich wirken – er muss sich in doppelter Hinsicht „angesprochen fühlen“.
Laut EROMS zeichnet sich Werbesprache dadurch aus, dass der Rezipient und somit potentielle Käufer Informationen erhält und daraus selbstständig eine Kaufanleitung ableiten soll.[4] Dabei gilt sie als eigenständiger Funktionalstil, der auf Stilmittel aus allen denkbaren Formen der Sprache zurückgreift.
Da es die Grundlage der Werbung ist, Produkte mit einem eigenen und unverwechselbaren Image zu versehen, zielt der Einsatz der sprachlichen Mittel dabei vor allem auf Verständlichkeit und Einprägsamkeit ab, wobei dies je nach Zielgruppe und Medium unterschiedlich realisiert wird.[5]
Da sich gesellschaftliche Trends und mit ihnen aktuelle Ausdrucksweisen in der Werbung widerspiegeln, ist dabei allen stilistischen Effekten ein „auffälliges Zeitkolorit“[6] gemein.
JANICH gibt zu bedenken, dass der Sprache der (Anzeigen-)Werbung nicht abschließend Charakteristika zugeschrieben werden können, da dies „dem ständigen Bestreben […] nach Originalität und Auffälligkeit und der damit zusammenhängenden raschen Veränderlichkeit […] im Zeitverlauf“ widersprechen würde.[7]
3.2 Verfasser und Intention
Aufgrund des wirtschaftlichen Interesses des Verfassers bietet es sich an, den Blick auch auf die textexternen Faktoren und ihre Wirkung auf die Textgestaltung zu richten.
Das Ziel der Einführungswerbung ist es, ein neues Produkt vorzustellen, gegen die Konkurrenz abzugrenzen und mit einem eigenen Image auf dem Markt zu positionieren.[8] Es ist die Aufgabe des Senders, der entweder Mitarbeiter eines Unternehmens oder ein eigens beauftragter externer Dienstleister ist, „Werbung zu schaffen, die die Rezipienten kurz- oder mittelfristig zu Kaufentscheidungen führen soll.“[9] Diese Form der persuasiven Kommunikation „im Dienste der Absatzsteigerung“[10] enthält also stets eine „textimmanente Aufforderung zur Verhaltensnormierung“[11] der Zielgruppe - einen Appell . Werbetexte sind zwar immer appellativ, jedoch wird die Kaufaufforderung nur selten durch explizit performative Sätze signalisiert,[12] trotzdem kann sie „verstehend erschlossen“[13] werden.
3.3 Charakteristika der Anzeigenwerbung
SPÖRRI nähert sich der Werbung mittels einer semiotischen Textanalyse, da er „Sprache und Diskurse als kulturell-historisch bedingte Zeichensysteme versteht, die sich auf gesellschaftliche Prozesse beziehen [ließen]“[14]. Er weist nach, dass Seme in der Werbung meist eindeutig geschlechtsspezifisch eingesetzt würden.
So stünden den fast ausschließlich männlich semantisierten Begriffen aktiv, stark, oben, rational, Macht.. weibliche Seme wie passiv, schwach, unten, irrational und Unterwerfung gegenüber, die gleichermaßen zur Konstituierung von Texten wie auch auch Bildcodes verwendet würden. Dadurch würden Leitbilder geschaffen, mit denen sich der Empfänger der Werbebotschaft identifizieren könne.[15]
[...]
[1] vgl. Hemmi, Andrea - „Es muss wirksam werben, wer nicht will verderben“ S. 23
[2] vgl. Eroms, Hans-Werner: Stil und Stilistik S. 26
[3] vgl. ebd. S. 35
[4] vgl. ebd. S. 100
[5] vgl. ebd. S. 135f
[6] ebd. S. 235
[7] Janich, Nina – Werbesprache: ein Arbeitsbuch S. 67
[8] Janich, Nina – Werbesprache: ein Arbeitsbuch S. 18
[9] Cölfen, Hermann – Werbeweltbilder im Wandel S. 13
[10] Huster, Gabriele – Wilde Frische – Zarte Versuchung: Männer- und Frauenbild auf Werbeplakaten der fünfziger bis neunziger Jahre S. 14
[11] vgl. Stuckard, Bettina – Das Bild der Frau in Frauen- und Männerzeitschriften: Eine sprachwissenschaftliche Untersuchung über Geschlechtsstereotype S. 109
[12] vgl. Brinker, Claus – Linguistische Textanalyse. Eine Einführung in Grundbegriffe und Methoden S. 106
[13] vgl. Sandig, Barbara – Stilistik der deutschen Sprache S. 176
[14] Spörri, Hansruedi – Werbung und Topik: Textanalyse und Diskurskritik S. 9
[15] vgl. ebd. S. 108
- Quote paper
- Mona Gerdau (Author), 2009, „Eine Dame wird REKORD-Fahrerin“ - Stilistische und textlinguistische Analyse einer frauenfeindlichen Werbeanzeige, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130399
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.