In Anbetracht des stetig voranschreitenden Klimawandels rücken Bestrebungen zur Reduzierung der Umweltbelastung immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit, so auch in der Informations- und Kommunikationstechnik. Aufgrund des veränderten Konsumverhaltens und vielerorts gesetzlicher Aspekte werden im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen Maßnahmen zur Reduzierung des eigenen Umwelteinflusses immer stärker gewichtet. Das Konzept der Green IT bietet Unternehmen verschiedene Anwendungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Informations- und Kommunikationstechnik mit dem Ziel, den eigenen Grad der Nachhaltigkeit zu fördern.
Diese Bachelorarbeit führt das Konzept der Green IT auf Basis der Literatur ein und definiert einen aktuellen Zustand, den Status Quo der Green IT. Es werden außerdem Anwendungsmöglichkeiten der Green IT für Unternehmen identifiziert und eingeordnet. Durch die Erhebung von Daten und Forschungsergebnissen aus der Literatur wird die Relevanz der Anwendungsmöglichkeiten belegt und eine ökologische sowie ökonomische Bewertung durchgeführt. Diese Arbeit zeigt, dass insbesondere die Nutzung von Videokonferenzen und die nachhaltige Beschaffung von Hardware ökologisch sowie ökonomisch effektive Anwendungsmöglichkeiten der Green IT für Unternehmen sind. Es ist erkennbar, dass Unternehmen durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik Ressourcen einsparen und damit ihre Umweltbelastung verringern sowie einen Beitrag zum Schutz der Umwelt leisten können.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Zielsetzung
1.3 Struktur der Arbeit
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Begriffsdefinitionen
2.2 Definition Green IT
2.2.1 Nachhaltiger Lebenszyklus der IKT
2.2.2 Nachhaltigkeit durch die Nutzung der IKT
2.3 Motivation für den Einsatz der Green IT
2.4 Initiativen
2.5 Zusammenfassung der Ergebnisse
3 Anwendungsmöglichkeiten in Unternehmen
3.1 Hardware
3.1.1 Rechenzentrumsoptimierung
3.1.2 Servervirtualisierung
3.1.3 Elektromüll
3.1.4 Nachhaltige Beschaffung
3.1.5 Server-based Computing und Thin Clients
3.2 Software
3.2.1 Videokonferenzen
3.2.2 Homeoffice
3.2.3 Cloudanwendungen
3.2.4 Anwendungskonsolidierung
3.3 Einordnung der Anwendungsmöglichkeiten
3.4 Zusammenfassung der Ergebnisse
4 Diskussion
4.1 Umsetzbarkeit der Anwendungsmöglichkeiten
4.2 Ökologische Bewertung
4.3 Ökonomische Bewertung
4.4 Mögliche Rebound-Effekte
5 Fazit
5.1 Zusammenfassung und Kritische Würdigung
5.2 Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Abstrakt
In Anbetracht des stetig voranschreitenden Klimawandels rücken Bestrebungen zur Reduzierung der Umweltbelastung immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit, so auch in der Informations- und Kommunikationstechnik. Aufgrund des veränderten Konsumverhaltens und vielerorts gesetzlicher Aspekte werden im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen Maßnahmen zur Reduzierung des eigenen Umwelteinflusses immer stärker gewichtet. Das Konzept der Green IT bietet Unternehmen verschiedene Anwendungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Informations- und Kommunikationstechnik mit dem Ziel, den eigenen Grad der Nachhaltigkeit zu fördern. Diese Bachelorarbeit führt das Konzept der Green IT auf Basis der Literatur ein und definiert einen aktuellen Zustand, den Status Quo der Green IT. Es werden außerdem Anwendungsmöglichkeiten der Green IT für Unternehmen identifiziert und eingeordnet. Durch die Erhebung von Daten und Forschungsergebnissen aus der Literatur wird die Relevanz der Anwendungsmöglichkeiten belegt und eine ökologische sowie ökonomische Bewertung durchgeführt. Diese Arbeit zeigt, dass insbesondere die Nutzung von Videokonferenzen und die nachhaltige Beschaffung von Hardware ökologisch sowie ökonomisch effektive Anwendungsmöglichkeiten der Green IT für Unternehmen sind. Es ist erkennbar, dass Unternehmen durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik Ressourcen einsparen und damit ihre Umweltbelastung verringern sowie einen Beitrag zum Schutz der Umwelt leisten können.
Abstract
In view of the steadily advancing climate change, efforts to reduce environmental pollution are increasingly coming into the focus of publicity, including in information and communications technology. Due to changes in consumer behavior and, in many places, legal aspects, measures to reduce a company's own environmental impact are becoming increasingly important in corporate decision-making. The concept of Green IT offers companies various application possibilities in connection with information and communications technology, with the aim of promoting their own level of sustainability. This bachelor thesis introduces the concept of Green IT based on the literature and defines a current state, the Status Quo of Green IT. Besides, possible applications of Green IT for enterprises are identified and classified. By collecting data and research results from the literature, the relevance of the application possibilities is proven and an ecological as well as economic evaluation is carried out. This work shows that the use of video conferencing and the sustainable procurement of hardware are ecologically as well as economically effective application possibilities of Green IT for enterprises. It can be seen that by using information and communications technology, companies can achieve resource savings and thus reduce their environmental impact, as well as contribute to the protection of the environment.
Abkürzungsverzeichnis
Bitkom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und
neue Medien
BMUV Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit
und Verbraucherschutz
CO2 Kohlenstoffdioxid
CSR Corporate Social Responsibility
EPA United States Environmental Protection Agency
EU Europäische Union
GWh Gigawattstunden
IKT Informations- und Kommunikationstechnik
IT Informationstechnik
kg Kilogramm
kWh Kilowattstunde
PC Personal Computer
Pkw Personenkraftwagen
PUE Power Usage Effectiveness
SaaS Software as a Service
SBC Server-based Computing
StEP Solving the E-waste Problem
TWh Terrawattstunde
UNO United Nations Organization
VDR Verbandes Deutsches Reisemanagement e.V
VM virtuelle Maschine
VPN Virtual Private Network
WEEE Waste of Electrical and Electronic Equipment
Abbildungsverzeichnis
1.1 Stromverbrauch von Google in TWh
2.1 Dimensionen der Nachhaltigkeit
2.2 Ansatz zur Definition von Green IT
2.3 Ganzheitlicher Ansatz zur Definition von Green IT
2.4 Grüner Lebenszyklus der IKT
2.5 Gründe für den Einsatz von Green IT
2.6 E-Mail Banner von thinkbeforeprint
2.7 Ziele und Instrumente der Green IT
3.1 Konzept der Servervirtualisierung
3.2 Strombedarf verschiedener Arbeitsplatzgeräte
4.1 Ökologischer Nutzen der Anwendungsmöglichkeiten
4.2 Kostensparpotenziale der Anwendungsmöglichkeiten
Tabellenverzeichnis
2.1 Verschiedene Definitionen von Green IT
2.2 Maßnahmen und Fallbeispiele zur Reduzierung des Umwelteinflusses
3.1 Maßnahmen zur Rechenzentrumsoptimierung
3.2 Kategorien von Elektro- und Elektronikgeräte
3.3 Maßnahmen zur Steigerung der Nachhaltigkeit
3.4 Einsparpotenziale durch Homeoffice in Deutschland
3.5 Einordnung der Anwendungsmöglichkeiten
4.1 Umsetzbarkeit der Anwendungsmöglichkeiten
1 Einleitung
1.1 Motivation
Als Resultat des fortschreitenden Krieges in der Ukraine wurde am 23.06.2022 in Deutschland die Alarmstufe des „Notfallplan Gas“ ausgerufen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Lage der Gasversorgung in Deutschland angespannt und das Preisniveau steigt. [1] Neben der akuten Gasknappheit existiert die ständige Bedrohung durch die Folgen des Klimawandels [2, 3]. Diese zwei Aspekte zeigen, dass ein gewissenhafter Umgang, v. a. mit fossilen Energieträgern, heute sowie in der Zukunft unumgänglich ist.
Trotz Bemühungen zum Ausbau der erneuerbaren Energien befinden sich die globalen energiebedingten C O 2 - Emissionen weiterhin auf hohem Niveau [4, 5]. Einen Beitrag dazu leistet die stetig ansteigende Menge an Geräten, Nutzern und Daten im Sektor der Informations- und Kommunikationstechnik [6].
In der Abbildung 1.1 ist die Entwicklung des Stromverbrauches von Google zwischen den Jahren 2011 und 2020 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1.1: Stromverbrauch von Google in TWh
(zitiert nach Statista) [7]
Im Jahr 2020 benötigt die Infrastruktur von Google ca. 15,439 TWh Strom, wovon ein Großteil auf Googles Rechenzentren zurückzuführen ist [7].
Mit dieser Menge an Strom können nach Berechnung anhand der Angaben des statistischen Bundesamtes ungefähr 4,97 Millionen durchschnittliche deutsche Haushalte ein Jahr lang mit Strom beliefert werden. Dies entspricht einem Anteil von ca. 12,2% aller deutschen Haushalte. [Anhang A]
Die Rechenzentren der Infrastruktur von Google sind ein Bestandteil der Informationsund Kommunikationstechnik. In der Literatur gibt es verschiedene Studien, die sich damit auseinandersetzen, welche Auswirkungen die Gesamtheit der Informations- und Kommunikationstechnik auf die Umwelt hat. Mithilfe einer Auswertung dieser Studien zeigen Freitag et al. [8], dass dieser Sektor für 1,8 - 2,8% der globalen Treibhausgasemissionen im Jahre 2020 verantwortlich ist.
Aus der Notwendigkeit diesen Einfluss auf die Umwelt zu reduzieren, die Umwelt mithilfe der Technik zu schonen und den Bedarf an Energie sowie die damit verbundenen Kosten zu reduzieren, entstand das Konzept der Green IT [9].
Die Ursprünge der Green IT gehen dabei zurück auf das Jahr 1992, in welchem die amerikanische Regierungsbehörde zum Umweltschutz (EPA) den „Energy Star“ veröffentlicht hat. Es handelt sich um ein Label zur Kennzeichnung von energieeffizienten Geräten. [10] Im öffentlichen Fokus stand Green IT im Jahr 2009 auf der Climate Change Conference der UNO [11]. Über die Jahre hat sich das Konzept der Green IT und dessen Maßnahmen, Initiativen und Technologien weiterentwickelt [12].
Diese Arbeit behandelt das Thema Green IT und legt dabei den Fokus auf die Herstellung des Status Quo der Green IT und die Anwendung der Green IT in Unternehmen.
1.2 Zielsetzung
Das Ziel dieser Arbeit ist es, den Status Quo der Green IT und Anwendungsmöglichkeiten der Green IT für Unternehmen darzustellen.
Der Status Quo beschreibt den aktuellen Zustand der Green IT in der Literatur. Zur Herstellung des aktuellen Zustands der Green IT wird die Methodik der Literaturarbeit verwendet. So wird die vorhandene Literatur zusammengeführt und im Rahmen dieser Arbeit verwendet, um den Status Quo der Green IT zu definieren.
Neben der Definition des Status Quo der Green IT werden ihre Anwendungsmöglichkeiten für Unternehmen vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine allgemeine Vorstellung dieser Anwendungsmöglichkeiten. Durch die Erhebung von Daten und Forschungsergebnissen aus der Literatur wird gezeigt, wieso diese Anwendungsmöglichkeiten relevant sind. So findet nicht nur eine Vorstellung, sondern eine genauere Erläuterung der Anwendungsmöglichkeiten statt.
Durch die ökologische und ökonomische Bewertung sowie die Bewertung der Umsetzbarkeit der Anwendungsmöglichkeiten zeigt diese Arbeit, welche der vorgestellten Anwendungsmöglichkeiten besonders interessant für Unternehmen sind. Die Bewertungen basieren dabei auf den Ergebnissen aus der Vorstellung der Anwendungsmöglichkeiten.
1.3 Struktur der Arbeit
In Kapitel 2 wird der theoretische Hintergrund zu dem Konzept der Green IT hergestellt. Dazu gehört die Definition von Begriffen, die im Rahmen dieser Arbeit und im Kontext der Green IT von Bedeutung sind. Mithilfe dieser Begriffe und dem Vergleich von verschiedenen Ansätzen aus der Literatur wird das Konzept der Green IT und dessen Hauptaspekte im Rahmen dieser Arbeit definiert, wobei auf die Aktualität dieser Definition Wert gelegt wird. Neben den Definitionen wird dargestellt, welche Motivationen Unternehmen haben, um Anwendungsmöglichkeiten der Green IT umzusetzen. Des Weiteren werden ausgewählte Initiativen, die in Bezug auf Green IT stehen, vorgestellt. Anhand dieser Vorgehensweise wird der Status Quo der Green IT erläutert.
Basierend auf den theoretischen Erkenntnissen findet in Kapitel 3 die Darstellung der Anwendungsmöglichkeiten der Green IT in Unternehmen statt. Diese werden basierend auf der Art und Weise ihrer Anwendung zu den hard- bzw. softwareseitigen Einsatzgebieten der Green IT eingeordnet. Nach der Vorstellung der Anwendungsmöglichkeiten werden diese den im zweiten Kapitel definierten Hauptaspekten der Green IT zugeordnet. Somit wird abschließend der Zusammenhang zwischen den Hauptaspekten der Green IT und der hard- bzw. softwareseitigen Anwendung der Anwendungsmöglichkeiten hergestellt.
In der Diskussion, die in dem vierten Kapitel dieser Arbeit stattfindet, wird die Umsetzbarkeit der Anwendungsmöglichkeit evaluiert. Mithilfe der Evaluierung der Umsetzbarkeit werden die vorgestellten Anwendungsmöglichkeiten hinsichtlich ihrer ökologischen und ökonomischen Wirksamkeit bewertet. Zuletzt legt die Diskussion mögliche Effekte dar, welche die Wirksamkeit der Anwendungsmöglichkeiten der Green IT reduzieren. Dadurch wird im Rahmen dieser Arbeit auch Kritik am Konzept der Green IT geäußert.
Das letzte Kapitel 5 fasst die Ergebnisse dieser Arbeit zusammen und reflektiert diese kritisch. Abschließend wird die Arbeit mithilfe eines Ausblicks auf das Thema Green IT beendet.
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Begriffsdefinitionen
In diesem Kapitel werden jene Begriffe definiert, die im Rahmen dieser Arbeit und im Zusammenhang mit dem Begriff der Green IT besonders intensiv genutzt werden. So müssen bspw. die Begriffe der Informations- und Kommunikationstechnik, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz definiert werden, bevor das Konzept der Green IT in Kapitel 2.2 Definition Green IT behandelt werden kann.
Informations- und Kommunikationstechnik
Green IT bezieht sich auf die Informations- und Kommunikationstechnik. Aufgrund dessen wird im Rahmen dieser Arbeit ein einheitliches Verständnis für diesen Begriff geschaffen. Informations- und Telekommunikationstechnik ist ein Sammelbegriff und beschreibt die Gesamtheit aller Ressourcen, welche zur Verarbeitung, Speicherung und Kommunikation von Informationen dienen [13]. Beispiele für solche Ressourcen sind Computer- und Netzwerkhardware oder Software zur Betreibung dieser Hardware [14]. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird die Informations- und Kommunikationstechnik in abgekürzter Version als IKT bezeichnet.
Nachhaltigkeit
Im Zusammenhang mit Green IT wird häufig der Begriff der Nachhaltigkeit verwendet (vgl. 2.2 Definition Green IT). Daher wird der Begriff Nachhaltigkeit im Unternehmenskontext definiert.
Grundsätzlich bezeichnet Nachhaltigkeit (bzw. nachhaltige Entwicklung) die Bedürfnisbefriedigung der Gegenwart so zu gestalten, dass die zukünftigen Generationen ihre Bedürfnisse ebenfalls befriedigen können und dabei in ihren Möglichkeiten nicht eingeschränkt sind [15].
Umweltschutz und die Schonung von Ressourcen sind die Ziele der Nachhaltigkeit in einem weiterentwickelten betrieblichen Kontext. Diese Ziele berücksichtigen ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.1: Dimensionen der Nachhaltigkeit [16]
Die drei genannten Aspekte der unternehmerischen Nachhaltigkeit bezeichnen das Drei- Säulen-Modell der Nachhaltigkeit, welches in Abbildung 2.1 zu sehen ist. Laut dieserDefinition fließen in nachhaltige Entscheidungen eines Unternehmens die drei Säulen der Nachhaltigkeit gleichzeitig und gleichberechtigt ein. Das Resultat dieses Einflusses auf die Entscheidungen eines Unternehmens ist ein langfristiger Optimierungsprozess der Nachhaltigkeit innerhalb dieses Unternehmens. Das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit bietet den Unternehmen außerdem eine Möglichkeit, das Wirken ihrer Aktivitäten auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt zu analysieren und zu beurteilen. [17]
Als Beispiel beziehen ökologisch nachhaltige Unternehmen ihre Energieversorgung aus erneuerbaren Energien und legen Wert auf eine ressourcenoptimierte Wertschöpfungskette. Ökonomisch nachhaltige Unternehmen tätigen Investitionen in die Zukunft des Unternehmens. Die soziale Nachhaltigkeit wird von Unternehmen eingehalten, in dem die Mitarbeiter von dem Unternehmen gefördert und wertgeschätzt werden. [18]
Im Rahmen dieser Arbeit und in Bezug auf Green IT wird, abweichend von der ursprünglichen Definition des Begriffes, vorrangig der ökologische Aspekt der Nachhaltigkeit betrachtet. So soll gezeigt werden, wie es durch die Maßnahmen und Konzepte der Green IT möglich ist, den Einfluss der IKT auf die Umwelt und Ressourcen zu minimieren.
Energieeffizienz
In dieser Arbeit wird häufig der Begriff der Energieeffizienz im Kontext der Green IT und in Bezug auf die IKT verwendet. So wird u. a. von energieeffizienten Rechenzentren oder der energieeffizienten Nutzung von Ressourcen der IKT die Rede sein.
Der Begriff Effizienz ist in verschiedenen Bereichen wie in der Technik, Wirtschaft, Soziologie und Medizin weit verbreitet. Effizienz wird mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet, oft als qualitatives Attribut, und wird mit anderen Begriffen in Verbindung gebracht, etwa wie der Wirksamkeit. Wirksamkeit wird fälschlicherweise als Synonym für Effizienz verwendet. Wirksamkeit ist die Fähigkeit oder Macht, eine gewünschte Wirkung zu erzielen, während Effizienz die Fähigkeit ist, ein gewünschtes Ergebnis mit minimalem Ressourceneinsatz zu erreichen. Zusammengefasst bedeutet Effizienz „Weniger kann mehr sein“, so wie es auch im Titel des Grünbuchs zur Energieeffizienz der EU beschrieben wird [19]. Im Bereich der Technik wird Effizienz im Allgemeinen definiert als das Verhältnis zwischen dem erwünschten Output (Nutzen) und dem erforderlichen Input (verbrauchte Ressourcen, Aufwand) eines Systems. [20]
In Kombination mit dem Begriff Energie bezieht sich die Energieeffizienz auf das Verhältnis zwischen dem erzieltem Nutzen und der dafür eingesetzten Energie [21]. Darunter ist auch die rationelle Verwendung von Energie zu verstehen. Demnach enthält Energieeffizienz jene Maßnahmen, die es ermöglichen, den gleichen Nutzen bei geringerem Einsatz von Energie zu erreichen. [22]
Die Notwendigkeit der effizienten Nutzung von Energie wird belegt durch die Endlichkeit der fossilen Energievorräte und die umweltbelastende Nutzung dieser [22].
Rebound-Effekt
Kritik am Konzept der Green IT wird oftmals mit dem Begriff des „Rebound-Effekts“ geäußert. Daher wird dieser Begriff im Folgenden definiert.
Technologischer Fortschritt macht Geräte energieeffizienter. Es wird weniger Energie benötigt, um dieselbe Menge eines Produkts mit der gleichen Menge an Ausrüstung zu produzieren. Da die Geräte energieeffizienter geworden sind, sinken die Kosten pro Einheit der Dienstleistungen eines Gerätes. Wenn ein Auto zum Beispiel mehr Kilometer mit einem Liter Benzin fahren kann, sinken die Kraftstoffkosten pro Kilometer und damit auch die Gesamtkosten pro Kilometer. Ein Preisrückgang führt in der Regel zu einem erhöhten Verbrauch. Ein Teil des Gewinns geht verloren, weil die Tendenz zu einem höheren Konsum der Dienstleistung geht und die zusätzliche Nachfrage nach produktiven Dienstleistungen den Energieverbrauch wieder ansteigen lässt. Dieser verlorene Teil der Energieeinsparung wird als Rebound-Effekt bezeichnet. Ein Rebound-Effekt von 10% bedeutet, dass 10% der durch den technologischen Fortschritt verursachten Verbesserung der Energieeffizienz durch einen erhöhten Verbrauch ausgeglichen wird. [23] Innerhalb des Rebound-Effekts gibt es drei verschiedene Arten, welche die gesamten Energieeinsparungen reduzieren können:
- Direkte Rebound-Effekte: Verbesserte Energieeffizienz für eine bestimmten Dienstleistung wird den Preis dieser Dienstleistung verringern und führt daher möglicherweise zu einem Anstieg des Verbrauchs dieser Dienstleistung. Dies gleicht tendenziell die Reduzierung des Energieverbrauchs durch die Effizienzsteigerung aus.
- Indirekte Rebound-Effekte: Der niedrigere Preis, der aus der Effizienzsteigerung resultiert, kann zu einer Veränderung der Nachfrage nach anderen Waren, Dienstleistungen und Produktionsfaktoren führen, für deren Bereitstellung ebenfalls Energie benötigt wird. Zum Beispiel können die Kosteneinsparungen, die durch eine effizientere Zentralheizung erzielt werden, in einen Urlaub in Übersee investiert werden.
- Gesamtwirtschaftliche Rebound-Effekte: Aufgrund der durch die Effizienzsteigerung von Technologien verursachten Veränderungen in Nachfrage-, Produktionsund Verteilungsstrukturen kann die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nach Ressourcen ansteigen. [24, 25]
Ein Beispiel für einen Rebound-Effekt in der IKT ist die Entwicklung der Mobiltelefone. Seit ihrer Markteinführen sind Mobiltelefone stetig kompakter, also leichter und kleiner geworden. Somit ist der Umwelteinfluss eines einzelnen Smartphones durch den Verbrauch von weniger Ressourcen und Material verringert worden. Allerdings ermöglichte diese positive Entwicklung die Produktion und den Verkauf von mehr Mobiltelefonen, was anhand stetig steigender Produktions- und Absatzzahlen zu sehen ist. Die energieeffiziente Gestaltung der Mobiltelefone führte letztlich zu einem Anstieg des Verbrauchs dieser, was einen direkten Rebound-Effekt beschreibt. [26]
In dem Kapitel 4.4 Mögliche Rebound-Effekte werden jene Rebound-Effekte erläutert, die aus den in dieser Arbeit dargestellten Anwendungsmöglichkeiten der Green IT für Unternehmen hervorgehen können.
2.2 Definition Green IT
In der Literatur wird der Begriff Green IT mit einer Vielzahl von Konzepten und Terminologien definiert [27]. Somit handelt es sich bei Green IT weder um ein präzise definiertes Konzept noch um einen einheitlichen Katalog von Maßnahmen oder Technologien [28]. Aufgrund dieser Tatsache ist eine Definition des Begriffes Green IT im Rahmen dieser Arbeit notwendig. Ein Auszug von verschiedenen Definitionen des Begriffes Green IT ist in der Tabelle 2.1 zu sehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.1: Verschiedene Definitionen von Green IT (eigene Darstellung)
Alle der in Tabelle 2.1 aufgeführten Definitionen benennen die Nachhaltigkeit der Hardware in der Informations- und Telekommunikationstechnik als Bestandteil der Green IT. Dies umfasst die Entwicklung, Herstellung, den Betrieb und die Entsorgung der Hardware, genauer ihren Lebenszyklus [33]. In diesen Definitionen bedeutet Green IT den Le- benszyklus der Hardware nachhaltig zu gestalten. Als Beispiel dafür werden optimierter Ressourcenverbrauch, Vermeidung von Umweltverschmutzung und energieeffiziente Nutzung der IT-Ressourcen genannt (vgl. Tabelle 2.1). Der Lebenszyklus der Informationsund Kommunikationstechnik belastet die Umwelt aufgrund verschiedener Faktoren wie der Nutzung kritischer Ressourcen oder dem hohen Energiebedarf [34, 35]. Die nachhaltige Gestaltung des Lebenszyklus ist somit notwendig und ein Bestandteil der Definition von Green IT in dieser Arbeit. In dem Schaubild in 2.2 sind die einzelnen Aspekte eines nachhaltigen Lebenszyklus der IKT dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.2: Ansatz zur Definition von Green IT nach Murugesan [32]
Mit den bisherigen Erkenntnissen aus der Literatur ist der Begriff Green IT im Rahmen dieser Arbeit noch nicht ausreichend definiert.
Die Definitionen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und des Borderstep Instituts aus der obigen Tabelle erweitern die Sichtweise auf den Begriff der Green IT. Konkret ist von „[...] der Nutzung von IKT zur Umweltschonung“ [29] und „[...] deren Anwendung, die [...] im Vergleich zu bisherigen Lösungen zu einer deutlichen Entlastung der Umwelt führt.“ [30] die Rede. Diese Teildefinitionen drehen sich nicht um den Lebenszyklus der IKT, sondern darum, dass die IKT genutzt werden kann, um die Umweltbelastung zu minimieren. Aus der Nutzung der IKT im Sinne der Green IT entstehen positive Auswirkungen [36]. Primär sind diese Auswirkungen ökologischer Natur, da bspw. durch die Nutzung der IKT der Energiebedarf reduziert und somit der Stromverbrauch minimiert wird. Daneben sind ökonomische Auswirkungen möglich, wenn etwa das Umsetzen einer Maßnahme von Green IT zur Kosteneinsparung für das Unternehmen führt [37]. Beispiele für solche Maßnahmen sind:
- Automatisierung in der Produktion
- Energiemanagement und Gebäudebewirtschaftungssysteme in der Gebäudeautoma- tisierung
- Intelligente Routen- und Frachtplanung im Bereich Transport und Logistik
- Instrumente und Systeme zur Optimierung der organisatorischen Abläufe
- Geschäftsreisen ersetzen durch Videokonferenzen
- Arbeiten aus dem Homeoffice [37-39]
Aus diesen Erkenntnissen lässt sich ein weiterer Aspekt der Green IT schließen, die Schonung der Umwelt durch die Nutzung der IKT. Zusammengefasst benennt Green IT in dieser Arbeit die zwei Hauptaspekte Nachhaltiger Lebenszyklus der IKT und Nachhaltigkeit durch die Nutzung der IKT.
In der Abbildung 2.3 ist der Ansatz zur Definition von Green IT nach Murugesan [32] aus der Abbildung 2.2 zu sehen, welcher erweitert werden musste und im Rahmen dieser Arbeit nun einen ganzheitlichen Ansatz darstellt. Unabhängig von der Definition nach Murugesan sind in diesem neuen Ansatz beide der aufgeführten Hauptaspekte von Green IT inkludiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.3: Ganzheitlicher Ansatz zur Definition von Green IT (eigene Darstellung)
Bei dem Vergleich der Definitionen aus der Tabelle 2.1 ist eine Modernisierung des Begriffes Green IT erkennbar, da die jüngeren Quellen die erweiterte Definition von Green IT beinhalten. Diese Arbeit orientiert sich an den aktuellen Erkenntnissen in der Literatur. Demnach wird der Begriff Green IT in dieser Arbeit wie folgt definiert:
„ Green IT bezeichnet die nachhaltige Gestaltung des Produktlebenszyklus der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) inklusive al ler Teilprozesse sowie die Nutzung der IKT zur Minderung des Ressourcenverbrauches im Sinne der Umweltschonung und des Umweltschutzes. “
2.2.1 Nachhaltiger Lebenszyklus der IKT
Im Jahr 2021 wurden in Deutschland ca. 4,29 Millionen neue Notebooks verkauft [40]. Der Lebenszyklus eines Notebooks, aber auch jener von anderen Geräten der IKT, belastet die Umwelt aufgrund unterschiedlicher Aspekte. Im Produktionsprozess werden verschiedene Rohstoffe benötigt, die gefährlich für die Umwelt und für die Gesundheit der Menschen sind. Dazu zählen v. a. Schwermetalle wie Blei, Arsen, Quecksilber und Beryllium. Um diese endlichen Ressourcen abbauen zu können, werden große Mengen an Energie und Wasser benötigt, was die C O 2 - Emissionen des Lebenszyklus der IKT weiter erhöht. [41] Es wird geschätzt, dass bei der Produktion eines neuen Laptops (ohne recycelte Bestandteile) ungefähr 330 kg an C O 2 - Emissionen entstehen. Ein Großteil dieser Emissionen entsteht bei der Herstellung der Einzelteile eines Laptops, also Motherboard, Festplatte, Bildschirm usw. [42]. Nicht nur bei der Herstellung, sondern auch beim Transport, bei der Nutzung und bei der Entsorgung wird die Umwelt durch die IKT weiter belastet [42].
Wie in der Abbildung 2.4 dargestellt ist es möglich, den gesamten Lebenszyklus von Computern umweltfreundlicher zu gestalten. Dies kann auf die Gesamtheit der IKT übertragen werden. Dafür müssen etwa die Treibhausgasemissionen verringert und die Verwendung bzw. die Freisetzung giftiger Stoffe in die Umwelt minimiert werden. [38]
Im späteren Verlauf dieses Kapitels wird gezeigt, wie die einzelnen Phasen anhand verschiedener Ansatzpunkte einen Beitrag zur Reduzierung der Umweltbelastung der IKT leisten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.4: Grüner Lebenszyklus der IKT nach Murugesan und Gangadharan [38]
Die Phasen, die bereits im vorausgehenden Kapitel unter der Definition der Green IT aufgeführt wurden, sind ebenfalls in der Abbildung 2.4 enthalten. Da diese Phasen der wesentliche Bestandteil eines Hauptaspektes der Green IT in dieser Arbeit sind, werden sie nun im Kontext der Green IT definiert.
1.) Grünes Design der IKT: Entwicklung energieeffizienter und umweltfreundlicher IKT wie Computer, Server und Subsysteme dieser, etwa wie Kühlanlagen. Eingenommen ist auch die gemeinsame Entwicklung von Geschäfts- oder Regulierungsprozessen zwischen Unternehmen und Umweltorganisationen, die der Nachhaltigkeit der IKT dienen.
2.) Grüne Herstellung der IKT: Der Prozess der Herstellung der IKT umfasst Herstellungsmethoden und biologisch abbaubare Komponenten für minimale oder keine Auswirkungen auf die Umwelt. Dieser Ansatz ermöglicht wirtschaftliche Vorteile wie langfristige Kosteneinsparungen und Verbesserungen der Effizienz von Geschäftsprozessen.
3.) Grüne Nutzung der IKT: Senkung des Stromverbrauches der IKT auf umweltfreundliche Weise.
4.) Grüne Entsorgung der IKT: Aufarbeitung und Wiederverwendung vorhandener alter Geräte. Recycling gebrauchter Elektronik und Komponenten durch IKT- Anbieter, die ihre Rücknahmepolitik nutzen, um die Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus der von ihnen hergestellten Produkte zu übernehmen. [32, 38, 43]
Um die Konzepte der „ grünen Lebenszyklusphasen“ greifbar zu machen, werden im Folgenden beispielhaft Ansatzpunkte und konkrete Maßnahmen für die einzelnen Phasen präsentiert. So wird konkret dargestellt, wie diese Phasen der Reduzierung der Umweltbelastung der IKT und der Förderung grüner Technologien dienen können.
Im Rahmen des grünen Designs der IKT wird auf energieeffiziente Komponenten gesetzt, sodass der Stromverbrauch im Betrieb niedrig ist. Außerdem werden recycelbare und ressourcenschonende Materialien in das Design miteinbezogen. Eine weitere Rolle spielt ein langer Lebenszyklus der IKT. Ermöglicht wird dieser durch einen niedrigen Wartungsaufwand, in dem die Austauschbarkeit von Komponenten innerhalb des Designs mit berücksichtigt wird. [44]
Es wurden bereits verschiedene Methoden entwickelt, bei deren Einsatz der Gebrauch von umweltschädlichen Rohstoffen wie Blei oder Arsen vermieden werden kann. In der grünen Herstellung der IKT wird von diesen umweltschädlichen Rohstoffen nicht Gebrauch gemacht. Die C O 2 - Emissionen während der Herstellung können durch den Einsatz von Energiespartechniken und die Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen gemindert werden. Unter Energiespartechniken sind u. a. Sensoren zum automatischen Ausschalten der Lichter und das Herunterfahren von Servern an Wochenenden (sofern möglich) zu verstehen. Diese Maßnahmen tragen nicht nur dazu bei, die Belastung der Umwelt zu reduzieren, sondern führen auch zu geringeren Ausgaben für Energiekosten. [45] Zusätzlich sind diese Maßnahmen auch bei der Produktion von Produkten, die nicht dem Sektor der IKT entstammen, anwendbar.
Der Energieverbrauch der verschiedenen Arten von Geräten der IKT ist sehr unterschiedlich, daher sind auch die Möglichkeiten, den Energieverbrauch zu senken, sehr unterschiedlich. Demnach gibt es viele Möglichkeiten in der grünen Nutzung der IKT. [45] Als Beispiel wird die energiesparende Nutzung von Desktop PCs betrachtet.
Ohne Leistungseinbußen können Computer so programmiert werden, dass sie sich automatisch in einen energiesparenden Zustand versetzen, wenn diese nicht benutzt werden. Die Nutzung von animierten Bildschirmschonern verbraucht Strom, da der Prozessor beansprucht wird. Daher sollten nur leere bzw. statische Bildschirmschoner benutzt werden. Diese Maßnahme reduziert jedoch den Energieverbrauch des Computers nur um einen kleinen Prozentsatz. Weiterhin können Thin Clients benutzt werden, die etwa ein Fünftel des Stroms eines Computers verbrauchen.
Die grundlegendste Energiesparstrategie eines jeden Systems ist jedoch das Ausschalten des Systems, wenn es nicht benutzt wird. So sollte ein Computer nach dem Feierabend nicht ohne Grund eingeschaltet bleiben. [38]
Die letzte Phase bezeichnet das Ende des Lebenszyklus der IKT. Hierbei soll alte Hardware weiter verwendet werden, solange sie den Anforderungen des Nutzers entspricht. Systeme, deren Grundfunktionen veraltet sind und nicht mehr den Bedürfnissen des Besitzers entsprechen, können an jemanden weitergegeben werden, der sie nutzen möchte oder sie aufgrund ihrer funktionalen Komponenten benötigt. Viele Wohlfahrtsverbände und gemeinnützige Organisationen sind bereit, alte Geräte als Spende entgegenzunehmen, um diese wiederzuverwenden oder ihre Funktion zu nutzen. Die verlängerte Nutzung einer Komponente, eines Computers oder anderer Form von Hardware trägt zur Verringerung der Belastung der Umwelt bei. [43]
Der Einfluss, den der Lebenszyklus der IKT auf die Umwelt verursacht, wird auch als direkter Umwelteinfluss bezeichnet. So wird ausschließlich aus dem Lebenszyklus der IKT dessen C O 2 - Bilanz ermittelt [8]. Demnach wirken sich alle vorgestellten Aspekte direkt auf die Verbesserung der C O 2 - Bilanz der IKT aus. [38, 46]
2.2.2 Nachhaltigkeit durch die Nutzung der IKT
Die Nachhaltigkeit durch die Nutzung der IKT bezeichnet im Gegensatz zu dem Lebenszyklus der IKT den indirekten Umwelteinfluss durch die Anwendung der IKT [47]. Als Synonym für diesen indirekten Umwelteinfluss ist der Begriff der „ermöglichenden Auswirkungen der IKT“ in der Literatur zu finden. [38, 47] „Ermöglichend“ wird in diesem Kontext als Adjektiv verwendet, um zu zeigen, dass durch die Anwendung der IKT der Umwelteinfluss von wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens verringert wird.
In allgemeiner Form kann die IKT genutzt werden, um die Art und Weise, wie andere Produkte entworfen, hergestellt, verbraucht, verwendet und entsorgt werden, zu rationalisieren und zu verändern, sodass Produktion und Verbrauch ressourceneffizienter und umweltfreundlicher werden. Dies kann die Konsolidierung, Integration, Optimierung, De- materialisierung und Substitution umfassen. [38]
Im Rahmen der Definition von Green IT wurden bereits beispielhaft Maßnahmen zur Nachhaltigkeit durch die Nutzung der IKT aufgezeigt. Die Tabelle 2.2 zeigt konkrete Fallbeispiele für diese Maßnahmen und die daraus resultierenden positiven Konsequenzen für die Umwelt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.2: Maßnahmen und Fallbeispiele zur Reduzierung des
Umwelteinflusses (eigene Darstellung)
Um die Maßnahmen aus Tabelle 2.2 umzusetzen, ist neben der Hardware auch Software nötig, etwa für die Berechnung der optimalen Routen im Bereich Transport und Logistik. Daher ist zur Erreichung der Nachhaltigkeit durch die Nutzung der IKT eine eigenständige Software oder die Kombination aus Hard- und Software besonders relevant. Während im nachhaltigen Lebenszyklus der IKT ausschließlich der physische Anteil der IKT behandelt wird, wird in diesem zweiten Aspekt der Definition von Green IT der digitale Bestandteil der IKT berücksichtigt. Dies stellt eine wichtige Ergänzung im Rahmen dieser Arbeit dar, da im späteren Kapitel 3.2 Software die Anwendungsmöglichkeiten von Green IT für Unternehmen durch die Nutzung von Software aufgezeigt werden.
Eng verbunden mit dem Einsatz von Software ist das Prinzip der Dematerialisierung, welches im obigen Absatz bereits aufgeführt wurde. Unter Dematerialisierung ist die Reduzierung von Stoffströmen zu verstehen, die durch menschliches Handeln und v. a. durch die wirtschaftlichen Tätigkeiten verursacht werden. Anhand der Dematerialisierung wird der Material- und Energieverbrauch verringert. [48]
Ein Beispiel für Dematerialisierung ist die Digitalisierung von Printmedien. So sind viele Bücher, Artikel und Tageszeitungen online verfügbar. Daraus resultiert eine geringere Nachfrage an gedruckten Printmedien. Auch sind vermehrte digitale Zahlungsmethoden wie das Mobile Payment über das Smartphone oder Online Banking ein Beleg für das Prinzip der Dematerialisierung. [48]
Durch diese Beispiele ist zu sehen, dass die Dematerialisierung durch die Substitution der oben genannten Stoffströme anhand von Lösungen der IKT erfolgt. In der ersten Hälfte des Kapitels wurde gezeigt, dass durch die Anwendung der IKT der Umwelteinfluss eines Unternehmens reduziert wird. Das Prinzip der Substitution durch die IKT erweitert diese Aussage: Die IKT ist ein mögliches Mittel zur weiteren Verringerung der Umweltbelastung, in dem neue Lösungen (v. a. Software) ein anderes physisches Produkt oder eine Tätigkeit ersetzen, deren Umweltauswirkungen dann vermieden werden können [49].
So können etwa die Treibhausgasemissionen, die durch eine internationale Konferenz entstehen, reduziert werden. Wird eine solche Konferenz an mehreren Standorten organisiert und diese Standorte werden über eine Videokonferenzsoftware miteinander zugeschaltet, entsteht eine erheblich verringerte durchschnittliche Reisedistanz der Teilnehmer. Trotz Berücksichtigung einer möglichen verstärkten Teilnahme an der Konferenz entstehen wesentlich weniger C O 2 - Emissionen durch die Anreise der Teilnehmer als bei der traditionellen Alternative. [49]
Zusammengefasst bieten IKT-Lösungen ein großes Potenzial, die Kohlenstoffemissionen nicht nur in Unternehmen, sondern weltweit in zahlreichen Sektoren und Branchen zu reduzieren. [46] Malmodin und Bergmark kommen in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass die IKT bei optimaler Nutzung das Potenzial bietet, die globalen Kohlenstoffemissionen bis 2030 um 15% zu reduzieren. [50]
2.3 Motivation für den Einsatz der Green IT
Es gibt verschiedene Gründe, wieso Konzepte und Maßnahmen der Green IT umgesetzt werden. In Kapitel 2.1 wurde das Konzept der Nachhaltigkeit vorgestellt. Wie im Folgenden zu sehen ist, orientieren sich diese Gründe an den Aspekten der Nachhaltigkeit. Es wird gezeigt, welche Motive Unternehmen für den Einsatz von Green IT haben.
Ökologische Motive
In den Industrienationen hat sich der Umweltschutz in den letzten Jahren zu einem Kernthema von gesellschaftlichen Diskussionen und Herausforderungen entwickelt [51]. Generell wird das Adjektiv grün häufig als Begleitung einer Aktivität genutzt, welche auf den Schutz von Umwelt und Klima abzielt [52]. Daher lässt alleine die Bezeichnung „Green“ IT darauf schließen, dass das Ziel dieses Konzeptes der Umweltschutz und die Bekämpfung des Klimawandels ist. In dieser Arbeit ist das übergeordnete Motiv für den Einsatz der Green IT somit die Erfüllung der Prinzipien der Nachhaltigkeit und der damit einhergehende Schutz der Umwelt. Dasselbe gilt für den Einsatz der Green IT in Unternehmen.
Allerdings muss diese Aussage von den tatsächlichen Motiven für den Einsatz der Green IT in Unternehmen abgegrenzt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.5: Gründe für den Einsatz von Green IT [53]
In der Abbildung 2.5 ist das Ergebnis einer Umfrage aus dem Jahr 2013 des Fachgebietes Informationsmanagement und Wirtschaftsinformatik der Universität Osnabrück zu sehen. In dieser Umfrage wurden IT-Verantwortliche u. a. dazu befragt, was die Gründe für den Einsatz der Green IT sind. Deutlich zu erkennen ist, dass am häufigsten der Wettbewerbsvorteil mit 72,2% und die Kosteneinsparungen mit 66,7% als Gründe für den Einsatz der Green IT genannt wurden. [53] Auch in einer älteren Studie aus dem Jahr 2008 unter IT-Verantwortlichen europäischer Unternehmen wird der Aspekt der Kosteneinsparung mit 70% als wichtigste Antriebskraft für den Einsatz der Green IT angegeben [54, 55].
Aufgrund dieser Erkenntnisse müssen neben dem definierten ökologischen Motiv der Green IT weitere Motive betrachtet werden, um herauszufinden, wieso Unternehmen Konzepte und Maßnahmen der Green IT umsetzen.
Ökonomische Motive
Unter den ökonomischen Motiven für den Einsatz der Green IT sind alle Motive zu verstehen, die sich auf die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens beziehen. Wie im vorausgehenden Abschnitt zu sehen ist, sind dabei v. a. mögliche Kosteneinsparungen durch den Einsatz der Green IT in Unternehmen besonders relevant.
Die Energiekosten machen einen erheblichen Teil der Gesamtkosten für den Betrieb der IKT aus. Die Senkung der Kosten und die Verbesserung der Energieeffizienz der IT- Infrastruktur eines Unternehmens haben für die meisten IT-Manager höchste Priorität. [28, 56] Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hat in seiner Strompreisanalyse für Juli 2022 einen neuen Spitzensatz von 40,05 Cent pro kWh (inklusive Stromsteuer) für Neuabschlüsse in der Industrie ermittelt. Dies entspricht einer Steigerung um 94% gegenüber 2021. [57]
Durch die Umsetzung der Energiewende und Rohstoffknappheit wird der Strompreis kontinuierlich weiter steigen. Somit ist die Energie bzw. der Strompreis momentan und auch in der Zukunft ein zentraler Kostenfaktor für Unternehmen. [58]
Neben den ökologischen Motiven für den Einsatz der Green IT gibt es somit auch ökonomische Motive. Allerdings gibt es Maßnahmen, in denen sich ökologische und ökonomische Motive überschneiden [59]. Eine sich überschneidende Maßnahme ist die etwa Reduzierung der Energiekosten für den Betrieb der IKT eines Unternehmens. Durch einen geringeren Energiebedarf wird die Umwelt weiter geschont und die Ausgaben des Unternehmens reduziert.
Corporate Social Responsibility
Neben den ökologischen und ökonomischen Motiven gibt es das Prinzip der Corporate Social Responsibility, welches Unternehmen für den Einsatz von Green IT motiviert [60].
Corporate Social Responsibility (CSR) bezeichnet im Allgemeinen die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen. Es wird erwartet, dass Unternehmen einen Beitrag zu der Lösung gesellschaftlicher Probleme, etwa dem Klimawandel, leisten. [61] CSR ist ein freiwilliges Konzept, in welchem die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Verantwortung über die gesetzlichen Vorgaben hinausgeht. Im Prinzip der CSR ist die nachhaltige Unternehmensführung Bestandteil der Geschäftsstrategie eines Unternehmens [62].
Für Unternehmen gibt es unterschiedliche Ansatzmöglichkeiten, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachzugehen. Dazu gehören z.B. die faire Behandlung sowie die Förderung von Mitarbeitern und die Prävention von Korruption. [62] Im Rahmen der Green IT und daher auch für diese Arbeit sind folgende Ansatzpunkte relevant:
- Schonender und effizienter Umgang mit natürlichen Ressourcen
- Sozial und ökologisch verantwortungsvolle Produktion innerhalb der Wertschöpfungskette
- Leistung eines positiven Beitrages für das Gemeinwesen [62]
Wesentlicher Bestandteil ist die effiziente Ressourcennutzung und die damit einhergehende ökologische Verantwortlichkeit, aus welcher sowohl die Umwelt als auch das Gemeinwesen profitiert. Der Bericht Energieeffizienz in Zahlen 2020 gibt einen steigenden Marktanteil von Geräten, die in die höchste Energieeffizienzklasse einzuordnen sind, an [63]. Diese Tatsache zeigt nicht nur, dass Unternehmen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen, sondern legt sie auch die Vermutung nahe, dass die Bereitschaft der Verbraucher zum Kauf von energiesparenden Produkten steigt. Belegt wird letzteres durch eine repräsentative Bevölkerungsumfrage aus dem Jahr 2006, in welcher 98% der Befragten der Aussage „Die Industrie sollte dazu angehalten werden, mehr energiesparende Produkte anzubieten.“ zustimmen [64].
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- Quote paper
- Tobias Roth (Author), Nachhaltigkeit durch Green IT? Status Quo und Anwendungsmöglichkeiten in Unternehmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1303398
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