Diese Arbeit setzt als qualitative Videoanalyse im Einzelfallstudiendesign an eine bisher nicht analysierte Videoreihe der Bundeswehr an und geht der folgenden Frage nach: Welches Erfolgspotential hat die YouTube-Serie "Mali" für die Personalgewinnung der Bundeswehr?
Seit einigen Jahren müssen sich die Unternehmen am Arbeitskräftemarkt mit dem Thema des sogenannten War for Talent befassen. Die Problematik des Nachwuchskräftemangels wird in den Medien immer häufiger thematisiert, weil Humankapital eng mit der Existenz eines Unternehmens verknüpft ist. Denn ohne das Know-how der Mitarbeiter sowie deren Leistungsbereitschaft sind ein Unternehmen nicht arbeits- und wettbewerbsfähig.
Die Personalbeschaffungsproblematik betrifft jedoch nicht nur Unternehmen der freien Wirtschaft. Auch andere Institutionen haben mit dem Mangel an Nachwuchskräften zu kämpfen. Die Bundeswehr als Repräsentant des Gewaltmonopols des Staates stellt hier einen besonders interessanten Fall dar. Da sie als öffentlich-rechtliche Non-Profit-Institution keine wirtschaftlichen Gewinnziele verfolgt, sondern für die Schaffung von Sicherheit und Frieden verantwortlich ist.
Um Interessenten und potenzielle Bewerber zielgruppengerecht anzusprechen und ihren Bedarf an qualifiziertem Personal zu decken, ist die Bundeswehr auf unterschiedlichsten Kanälen aktiv und ermöglicht ihrer Zielgruppe somit Einblicke in den Soldatenberuf (BMVg 2017b; BT-Drucks. 19/9491: 1; Müller, M. 2014: 63). Einer der durch die Bundeswehr bespielten Kanäle ist das Video-Sharing-Portal YouTube. Dort ist die Bundeswehr seit 2016 aktiv und veröffentlicht auf ihrem YouTube-Kanal Bundeswehr Exclusive in regelmäßigen Abständen neue Videos.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Anhangsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theorie
2.1 Der War for Talent und seine Ursachen
2.1.1 Begriffsdefinition und Auslöser des War for Talent
2.1.2 Die Bundeswehr als Arbeitgeber im War for Talent
2.2 Personalgewinnung
2.3 Personalmarketing und Emloyer Branding
2.4 Social Media: YouTube als neuer Kommunikations- und Rekrutierungskanal
3. Annahme
4. Methode: Qualitative Videoanalyse im Einzelfallstudiendesign
4.1 Fallauswahl: Die YouTube-Serie „Mali“
4.2 Analysemodell und Operationalisierung
4.2.1 Erfolgspotential und Erfolgsindikatoren
4.2.2 Bestimmung der Erfolgsindikatoren
5. Analyse: Welches Erfolgspotential hat die YouTube-Serie „Mali“ für die Personalgewinnung der Bundeswehr?
5.1 Bewertung der Erfolgsindikatoren
5.1.1 Kategorie 1: Indikatoren für erfolgreiche YouTube-Videos
5.1.2 Kategorie 2: Indikatoren für erfolgsreiches Personalmarketing
5.1.3 Kategorie 3: Bundeswehrspezifische Erfolgsindikatoren
5.2 Zusammenfassende Bewertung der einzelnen Erfolgsindikatoren inklusive Handlungsempfehlung
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Bitkom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V.
BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
BMI Bundesministerium des Innern
BMVg Bundesministerium der Verteidigung
BT-Drucks. Bundestag Drucksache
Hrsg. Herausgeber
HRM Human Resource Management
IZI Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen
MINUSMA Multidimensionale Integrierte Stabilisierungsmission
NATO North Atlantic Treaty Organization
UN United Nations
UniBwM Universität der Bundeswehr München
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die Ursachen des War for Talent
Abbildung 2: Bevölkerungsentwicklung von 2000 bis 2060
Abbildung 3: Personalbestand der Bundeswehr von 1959 bis 2018
Abbildung 4: Google Suche – Suchwort Bundeswehr
Abbildung 5: Social Media Prisma
Abbildung 6: Marktanteil von Video-Sharing-Plattformen in Deutschland
Abbildung 7: Auswertungsübersicht der Erfolgsindikatoren
Abbildung 8: Kommentare zu den Uploadzeiten
Abbildung 9: Kommentare zum Thema Authentizität
Abbildung 10: Kanalbranding
Abbildung 11: Serienbranding
Abbildung 12: Kommentare zu dem Seriensoundtrack
Abbildung 13: Kommentar der Bundeswehr zum Thema Markennennung
Abbildung 14: Interaktion zwischen der Bundeswehr und den Zuschauern
Abbildung 15: Negative Kommentare bezüglich der Personalwerbeabsicht
Abbildung 16: Kommentare zum Serienende
Abbildung 17: Kommentare zu der Bewerbungsabsicht der Zuschauer
Abbildung 18: Kommentare zu dem Thema Soldaten als Archtyp
Abbildung 19: Kommentare zu dem Video "Das größte Opfer | Mali | Folge 25"
Abbildung 20: Kommentare zu dem Video "Das Bergfest | Mali | Folge 17"
Abbildung 21: Personalwerbeabsicht der Webserie "Mali"
Abbildung 22: Produktionskosten der „Mach, was wirklich zählt“ Nachwuchskampagne
Abbildung 23: Screenshot der Videoendcard
Abbildung 24: Boykottierung der „Mach, was wirklich zählt“ Kampagne
Abbildung 25: Kommentare bezüglich der zielgruppengerechten Mediennutzung
Abbildung 26: Hinweise an die Community
Abbildung 27: Zuschauervorschläge zu möglichen Videoinhalten
Abbildung 28: Kommentare zu dem Thema "Risiken im Einsatz"
Abbildung 29: Kommentare zu den vielfältigen beruflichen Möglichkeiten
Abbildung 30: Positive Kommentare zu dem Video Frauen Power | Mali | Special
Abbildung 31: Negative Kommentare zu dem Video Frauen Power | Mali | Special
Abbildung 32: Hinweis der Bundeswehr bezüglich der Kanal-Netiquette
Abbildung 33: Intension der Bundeswehr für das Video Frauen Power | Mali | Special
Abbildung 34: Steigerung des Ansehens der Bundeswehr in der Gesellschaft
Anhangsverzeichnis
Anhang 1: Bevölkerungsentwicklung: Prognose des Statistischen Bundesamtes
Anhang 2: Vereinfachte Aufgliederung des Personalbeschaffungsprozesses
Anhang 3: Übersicht über die YouTube-Serie der Bundeswehr
Anhang 4: Erfolgsindikatoren der qualitativen Videoanalyse
Anhang 5: Ergänzungen zu der Indikatorenbewertung
Anhang 6: Teiltranskription Serienreihe „Mali“
1. Einleitung
Seit einigen Jahren müssen sich die Unternehmen am Arbeitskräftemarkt mit dem Thema des sogenannten War for Talent befassen. Die Thematik des Wettbewerbs um qualifizierte Arbeitskräfte ist kein neues Phänomen und den Unternehmen hinlänglich bekannt. Die Problematik des Nachwuchskräftemangels wird in den Medien immer häufiger thematisiert, weil Humankapital eng mit der Existenz eines Unternehmens verknüpft ist. Denn ohne das Know-How der Mitarbeiter1 sowie deren Leistungsbereitschaft ist ein Unternehmen nicht arbeits- und wettbewerbsfähig. Gleichwohl führen verschiedene Faktoren, wie beispielsweise der demographische Wandel oder die Digitalisierung dazu, dass sich der Wettbewerb um qualifiziertes Personal weiter verschärft (Biedenkopf 2011: 7; Braun / Buch / Plagge 2011: 31; Sebastian et al. 1995: 9; Stotz / Wedel 2009: 1).
Die Personalbeschaffungsproblematik betrifft jedoch nicht nur die Unternehmen der freien Wirtschaft. Auch andere Institutionen haben mit dem Mangel an Nachwuchskräften zu kämpfen. Die Bundewehr als Repräsentant des Gewaltmonopols des Staates stellt hier einen besonders interessanten Fall dar. Da sie als öffentlich-rechtliche Non-Profit-Institution keine wirtschaftlichen Gewinnziele verfolgt, sondern für die Schaffung von Sicherheit und Frieden verantwortlich ist (Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) 2018: 21; Müller, U. 2003: 12-13). Weitere Besonderheiten ergeben sich zum einen aus der Tatsache heraus, dass die Bundeswehr mit der Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 ihr zentrales Rekrutierungsinstrument verloren hat und sich nun verstärkt auf dem freien Arbeitsmarkt nach geeigneten Kandidaten umschauen muss. Zum anderen erschwert das heikle Themenumfeld, in welchem die Bundeswehr agiert, die Bewerbersuche (Artelt et al. 2012: 297; Buch 2011: 6; Stache 2011: 2).
Daraus lässt sich ableiten, dass die Bundeswehr reagieren muss, um ihren geschwächten Personalkörper zu stärken und ihre Einsatzbereitschaft sicherzustellen. Dies lässt sich auch einem offiziellen Dokument des Deutschen Bundetags entnehmen. Darin heißt es:
„Auftragserfüllung und Einsatzbereitschaft kann die Bundeswehr nur sicherstellen, wenn sie über qualifiziertes Personal verfügt. (…) Dazu muss sich die Bundeswehr als attraktiver und wettbewerbsfähiger Arbeitgeber positionieren“. (Bundestag Drucksache (BT-Drucks.) 19/9491: 1).
Um Interessenten und potentielle Bewerber zielgruppengerecht anzusprechen und ihren Bedarf an qualifiziertem Personal zu decken, ist die Bundeswehr auf unterschiedlichsten Kanälen aktiv und ermöglicht ihrer Zielgruppe somit Einblicke in den Soldatenberuf (BMVg 2017b; BT-Drucks. 19/9491: 1; Müller, M. 2014: 63).
Einer der durch die Bundeswehr bespielten Kanäle ist das Video-Sharing-Portal YouTube. Dort ist die Bundeswehr seit 2016 aktiv und veröffentlicht auf ihrem YouTube-Kanal Bundeswehr Exclusive2 in regelmäßigen Abständen neue Videos. Bei dem Kanal handelt es sich laut Beschreibung um den offiziellen Serienkanal der Bundeswehr. Über diesen erhalten die Zuschauer Einblicke in verschiedene Themen rund um die Bundeswehr als Arbeitgeber.
Aus dem Trend zur Nutzung von sozialen Medien im Bereich der Personalgewinnung sowie dem seit Jahren vorherrschenden Personalmangel erwächst für die Bundeswehr, wie auch für die Gesellschaft die Relevanz, die Werbeoffensive der Bundeswehr auf deren Erfolg hin zu untersuchen. Aufgrund der umfangreichen und kostspieligen Werbekampagne ist es von Relevanz, deren möglichen Erfolg herauszustellen oder festzustellen, ob die Bundeswehr im Bezug auf die Nachwuchsgewinnung strategisch anders vorgehen sollte.
Ausgewählte Studien von Faber (2018), Rümschüssel (2015) und Znanewitz (2018) zeigen, dass sich die Literatur bereits den Themen Personalmangel sowie Personal- und Imagewerbung der Bundeswehr angenommen hat. Dennoch ist aufgefallen, dass es hierunter keine Arbeit gibt, die sich explizit mit der YouTube-Serie „Mali“ befasst. Des Weiteren beschäftigt sich keine dieser Arbeiten mit möglichen Erfolgskriterien von YouTube-Videos in Verbindung mit der Personalgewinnung. Aus diesem Grund werden diese beiden Themen in der nachfolgenden Arbeit kombiniert und analysiert, um diese Forschungslücke zu schließen.
Die vorliegende Arbeit setzt als qualitative Videoanalyse im Einzelfallstudiendesign an die bisher nicht analysierte Videoreihe der Bundeswehr an. Im Untersuchungskontext dieser Arbeit soll die YouTube-Serie „Mali“ als Maßnahme zur Nachwuchsgewinnung näher betrachtet werden. Hierbei befasst sich die Arbeit mit der Frage:
„Welches Erfolgspotential hat die YouTube-Serie „Mali“ für die Personalgewinnung der Bundeswehr?“
Aus der Forschungsfrage lassen sich drei theoretische Hauptstränge ableiten. Die Einordnung dieser Theoriezweige erfolgt in Kapitel 2. Um die Forschungsfrage hinreichend beantworten zu können, ist es unerlässlich, einen kurzen Überblick und gleichzeitig ein Verständnis zu diesen Theoriezweigen herzustellen. Daher verschafft diese Arbeit dem Leser in Kapitel 2.1 und 2.1.1 einen Überblick über den War for Talent selbst sowie dessen Ursachen. Hier haben sich drei Faktoren herausgebildet, die den Wettbewerb um Talente weiter verschärfen. Gleichzeitig erfolgt eine Verknüpfung zwischen den Auslösern und der Bundeswehr. In Kapitel 2.1.2 wird dann ein erstes Grundverständnis von der Institution Bundeswehr als Arbeitgeber herausgestellt.
Der zweite Theoriezweig befasst sich mit dem Thema der Personalgewinnung. Kapitel 2.2 umfasst die betriebsinterne sowie externe Personalbeschaffung. Kapitel 2.3 verschafft dem Leser einen Überblick über die Begriffe Personalmarketing und Employer Branding. Zudem werden die Begriffe in den Prozess der Personalgewinnung eingeordnet. Anschließend wird herausgestellt, welche Art von Personalmarketing die Bundeswehr im Zuge ihrer „Mach, was wirklich zählt“ Kampagne nutzt.
Als dritter theoretischer Hauptstang hat sich das Thema YouTube herausgebildet. Dem Kernthema dieser Arbeit ist es geschuldet, die Vorteile des Marketings mittels YouTube herauszustellen und deutlich zu machen, warum dieses Thema sowohl heute, wie auch zukünftig eine große Relevanz aufweist.
Auf dieser Grundlage werden in Kapitel 3 die Annahmen getroffen, dass die analysierte Serienreihe der Bundewehr gerade aufgrund ihres provokanten Contents ein hohes Erfolgspotential aufweist. Da sie die Risiken des Soldatenberufs nicht verschleiert und somit auf die Zuschauer authentisch und glaubwürdig wirkt. Gerade der Authentizitätsaspekt ist der Zielgruppe in Hinblick auf die Hintergrundrecherche bei der Arbeitgebersuche besonders wichtig. Darüber hinaus wird angenommen, dass es sich bei der Serienreihe „Mali“ nicht um reines Personalmarketing handelt. Durch die produzierte Serie versucht die Bundeswehr zudem ihr Image zu verbessern und sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.
Das notwendige Analysemodell wird in Kapitel 4 aufgestellt. Dieses Modell basiert auf der qualitativen Videoanalyse, da sich im Zuge der Recherche keine eigene Methodik zur Analyse von YouTube-Videos finden ließ. Um eine Aussage über das Erfolgspotential dieser Werbekampagne machen zu können, muss das Datenmaterial zunächst in ein Analysemodell eingebettet werden. Dies erfolgt mithilfe vorher definierter und nachvollziehbarer Erfolgsindikatoren, welche sich aus der Literatur ableiten lassen. Die Serie wird anhand dieser Kriterien gesichtet und bewertet. Die daraus resultierenden Ergebnisse sind Grundlage für die abschließende Analyse in Kapitel 5. Hierbei werden die Kriterien bewertet und interpretiert. Die Arbeit schließt mit dem Fazit ab, dass die Serienreihe „Mali“ Erfolgspotential aufweist, wenn es darum geht, Personal zu gewinnen. Gleichzeitig wird jedoch herausgestellt, dass die Bundeswehr mit der Nachwuchskampagne nicht nur auf die Personalgewinnung abzielt. Sie möchte auch ihre Außendarstellung innerhalb der Gesellschaft verbessern und mehr Präsenz zeigen.
2. Theorie
2.1 Der War for Talent und seine Ursachen
Beschäftigt man sich mit dem Thema Human Resource Management (HRM), stößt man immer wieder auf den Begriff des War for Talent. Walter Jochmann von der Unternehmensberatung Kienbaum bezeichnet den War for Talent sogar als Tsunami, der das HRM geradezu überrollt (Schmitz o. J.). Auch sein Kollege Jochen Kienbaum sagte im Zuge der 10. Jahrestagung im Jahr 2011: „Wer hier nicht mitmacht, gehört zu den Loosern“ (Schmitz o. J.).
Aus diesen Aussagen lässt sich schlussfolgern, dass Unternehmen im Rahmen ihrer Personalgewinnungsstrategie neue Wege gehen müssen, um im War for Talent konkurrenzfähig zu bleiben. Gleichwohl darf nicht unerwähnt bleiben, dass der Mangel an (hoch)qualifiziertem Personal kein neues Phänomen ist. Auch einen Wettbewerb um eben jene hat es immer schon gegeben. Das bedeutet folglich, die Arbeitgeber von heute befinden sich bereits mitten im War for Talent (Biedenkopf 2011: 7, Braun et al. 2011: 31).
Die folgenden Unterkapitel befassen sich mit dem Zusammenspiel der Bundeswehr und des War for Talents und zeigen auf, welche Ursachen diese Problematik weiter verschärfen. Dazu wird in Kapitel 2.1.1 der Begriff des War for Talent definiert. Zudem werden die drei Hauptauslöser des War for Talent herausgestellt und näher erläutert. Kapitel 2.1.2 befasst sich mit der Bundeswehr als Arbeitgeber, von ihrer Entstehung bis zu der heutigen Problematik im Kampf um Nachwuchskräfte. Es wird beschrieben, warum die Bundeswehr seit Jahren Probleme hat ihren Personalbedarf zu decken.
2.1.1 Begriffsdefinition und Auslöser des War for Talent
Die Bezeichnung War for Talent fand erstmals in einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey & Company im Jahr 1997 Verwendung. Steven Hankin wollte mit der Begriffswahl auf die angespannte Situation der Unternehmen, in Hinblick auf die zunehmende Verknappung von Humankapital, hinweisen und beschrieb damit die sich stetig verstärkende Problematik, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zu halten (Keller / Meaney 2017: 2; Reich / Rojahn 2013: 1). Der Begriff War for Talent findet auch heute noch Verwendung, um auf den sich verschärfenden Wettbewerb von privaten und staatlichen Akteuren um qualifiziertes Personal aufmerksam zu machen. Es lässt sich sagen, dass der War for Talent heutzutage zu den zentralen Top-Themen im Bereich der Personalpolitik zählt (Hansen / Hauff 2019: 36).
Über die Begriffsdefinition lässt sich allerdings streiten. Sie wirft die Frage auf, ob diese Bezeichnung die Situation nicht überspitzt darstellt und die beteiligten Personen somit in die Irre führt. Bereits der Wirtschaftswissenschaftler Fredmund Malik stellte im Jahr 2004 die Bezeichnung des War for Talent infrage (Malik 2004: 1). Zum einen handelt es sich hierbei nicht um einen Krieg im eigentlichen Sinne. Zum anderen stellt Malik heraus, das die Definition von Talent hier nicht zutreffend erscheint. Vielmehr sollte in diesem Zusammenhang von sogenannten Performern gesprochen werden. Performer deshalb, weil es laut Malik in diesem „Krieg“ nicht um Talente, sondern um Leistung (engl. Performance) geht. Immerhin suchen Unternehmen nach Menschen, deren Leistungen sie weiter voranbringen und ihnen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Talent allein führt nicht automatisch zu dem gewünschten Erfolg (Malik 2004: 1).
Trotz der oben dargestellten Problematik verzichtet diese Arbeit auf eine neue Begriffsdefinition und behält die in der Literatur gängige Bezeichnung von Hankin bei. Es sei jedoch anzumerken, dass der Begriff des War for Talent in dieser Arbeit umfassender betrachtet wird. Im Gegensatz zu der gängigen Literatur, die lediglich besonders Begabte und Hochqualifizierte einschließt, wird der Begriff von der Autorin allgemeiner gefasst. Der War for Talent bezieht sich hier auf den gesamten sich verschärfenden Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt und beschränkt sich nicht nur auf den Wettbewerb um hochqualifizierte Mitarbeiter.
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, gibt es diverse Faktoren, die den War for Talent weiter vorantreiben. Diese Arbeit konzentriert sich auf drei entscheidende Faktoren im Kampf um potentielle Mitarbeiter, welche alle zeitgleich auftreten. Diese drei Faktoren treten in der Literatur immer wieder auf und können daher als Hauptauslöser des War for Talent betrachtet werden. Aufgrund der häufigen Nennung ist zudem davon auszugehen, dass die meisten Autoren diese Meinung ebenfalls teilen.
Abbildung 1 : Die Ursachen des War for Talent
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung in Anlehnung an Rohrlack 2012: 53.
1. Faktor: Demographischer Wandel
Der demographische Wandel ist schon lange kein Zukunftsthema mehr und wird als einer der treibenden Faktoren im War for Talent betrachtet. Hierbei handelt es sich um eine Strukturverschiebung in der Bevölkerungsentwicklung. Der Anstieg der Lebenserwartung bei gleichzeitigem Rückgang der Geburtenrate verschiebt den demographischen Rahmen und verändert die Zusammensetzung der Altersstruktur innerhalb der Gesellschaft (Buck et al. 2000: 6-8; Statistisches Bundesamt 2019: 11). Die zukünftige demographische Entwicklung lässt sich nicht mit Sicherheit vorhersagen, da unvorhergesehene Ereignisse zu starken Ausreißern führen können. Da sich die Bevölkerung jedoch nur langsam verändert, lassen sich gleichwohl bereits angelegte Strukturen und deren mittel- bis langfristige Auswirkungen erkennen. Die Deutung demographischer Prozesse ermöglicht es der Gesellschaft, problematische Veränderungen frühzeitig zu erkennen (Braun et al. 2011: 33-35; Statistisches Bundesamt 2019: 5-7).
Eine Strukturverschiebung innerhalb der Bevölkerung hat unmittelbare Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und das Erwerbspersonenpotential3. Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes leben derzeit rund 83,2 Millionen Menschen in Deutschland. Prognosen gehen von einem Rückgang von circa 5,0 Millionen bis zum Jahr 2060 aus (Buslei et al. 2018: 6; Statistisches Bundesamt 2019a).
Das Flächendiagramm in Abbildung 2 veranschaulicht die Auswirkungen des demographischen Wandels. Hier lässt sich ein leichter Abwärtstrend erkennen. Des Weiteren lässt sich feststellen, dass die Bevölkerung spürbar altert, wohingegen die Geburtenhäufigkeit stagniert. Eine Reduktion der Gesamtbevölkerung hat ebenfalls einen Rückgang der Personen im erwerbsfähigen Alter (20-66 Jahre) zur Folge. Das bedeutet, dass den Unternehmen zukünftig immer weniger potentielle Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Im Vergleich zum Jahr 2019 sinkt die Zahl der Erwerbspersonen bis zum Jahr 2060 um rund 17,57 Prozent (Anhang 1).
Grund für diesen Rückgang ist, dass die geburtenstarken Jahrgänge nach und nach aus dem Erwerbsleben ausscheiden und die geburtenschwächeren Kohorten in das Erwerbsleben hineinwachsen (Werding 2019: 3).
Abbildung 2 : Bevölkerungsentwicklung von 2000 bis 2060 4
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 2019.
Gerade im Bereich der Bundeswehr gestaltet sich die Nachwuchsgewinnung noch schwieriger als im privatwirtschaftlichen Umfeld. Die hohen physischen und psychischen Anforderungen an den Soldatenberuf stehen der schlechter werdenden körperlichen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft gegenüber. Studien prognostizieren, dass gerade Arbeitgeber, in denen körperliche Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit zum Berufsbild gehören, verstärkt mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen haben (BMVg 2018: 27; Braun et al. 2011: 33-35; Buch 2012: 183-184). Diese Aussage zur Verschlechterung des Gesundheitszustandes wird durch Ärzteschätzungen unterstützt. Laut diesen Schätzungen sind heutzutage bereits rund zwei Drittel der Männer und circa die Hälfte der Frauen sowie jeder dritte Jungendliche übergewichtig und die Tendenz ist steigend (Born 2008: 116).
2. Faktor: Digitalisierung und struktureller Wandel
Die dynamische Ausbreitung der Digitalisierung und Globalisierung verändern das Wirtschaftsleben. Gleichzeitig führen die mit der Digitalisierung einhergehenden, technischen Neuerungen zu neuen Anforderungen an die zukünftigen Arbeitnehmer (Braun et al. 2011: 35-37). Im Zuge bereichsübergreifender digitaler und wirtschaftlicher Vernetzung erfolgt zudem eine Transformation von einer Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft, hin zu einer Wissens- und Informationsgesellschaft5 (Stotz / Wedel 2009: 45; Willke 2004: 118-119). Diese Entwicklung stellt neue Ansprüche an die beruflichen Anforderungsprofile der Arbeitnehmer von morgen und schafft neue Tätigkeitsfelder. Gleichzeitig führt die zunehmende Komplexität der Aufgaben und die Verlagerung, hin zu wissensintensiven Tätigkeiten, zu einem Mangel an Arbeitskräften (Biedenkopf 2011: 8; Braun et al. 2011: 35-37).
Im Zuge der Digitalisierung werden auch die Anforderungen an den Soldatenberuf immer umfangreicher und komplexer. Dazu gehören beispielsweise das Erstellen digitaler Lagebilder und Echtzeitanalysen (BMVg 2019). Zudem ist die Bundeswehr als hochtechnisierte weltweit agierende Armee fortlaufend den Gefahren im Cyber-Raum ausgesetzt. Die Gefahr sicherheitspolitischer Änderungen in Bezug auf transnationalen Terrorismus und Cyber-Angriffe verdeutlichen ebenfalls, dass das Tätigkeitsfeld des Soldaten stetig an Komplexität und Umfang zunimmt und zeigt, dass trotz der Risiken im Cyber-Raum die Nutzung desselben eine Voraussetzung für die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr darstellt (BMVg 2016: 28, 33; Braun et al. 2011: 36).
Um den Bedrohungen im Cyber-Raum präventiv begegnen zu können und eine sichere und gesicherte Nutzung des Cyber- und Informationsraums zu erreichen, passt die Bundesregierung ihre digitale Sicherheitsarchitektur und IT-Infrastruktur an. Das gilt auch für die Bundeswehr (BT-Drucks. 18/10395: 2, 11-14). Neben dem Forschungsinstitut Cyber Defence an der Universität München (UniBwM) wurden Schnittstellen zwischen der Bundeswehr und der freien Wirtschaft geschaffen. Hintergrund ist, die digitale Innovation voranzutreiben und sich als innovativer und attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren, um die Lücke zur Bevölkerung weiter zu schließen (BMVg 2016: 37; Bundesministerium des Innern (BMI) 2016: 37; UniBwM o. J.).
Im Rahmen der Digitalisierung verändert sich nicht nur das Tätigkeitsfeld der zukünftigen Arbeitnehmer. Auch die früher vorherrschend Informationsasymmetrie zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber reduziert sich immer weiter. Während die Informationshoheit früher bei den Unternehmen lag ermöglichen digitale Plattformen es den Nutzern heutzutage ebenfalls Informationen und Erfahrungsberichte zu veröffentlichen (Beißwenger 2012: 27). Neben den Arbeitnehmern ermöglicht die Digitalisierung auch den Medien eine größere Reichweite und schnellere Verbreitung von Informationen. Gerade die Bundeswehr steht aufgrund ihrer besonderen Aufgaben immer wieder im Zentrum öffentlicher Berichterstattungen. Als Verbreiter von Informationen haben sowohl die Medien wie auch die Arbeitnehmer die Möglichkeit, die Meinung der Bevölkerung in erheblichem Maße zu beeinflussen (Fuchs / Weber 2017: 2017; Riedel 2019; Theiler 2009: 28). Dieser Entwicklung müssen Arbeitgeber entgegenwirken und ihr Image innerhalb der Bevölkerung aktiv selbst gestalten, um im Wettbewerb um Talente als attraktive Arbeitgeber gesehen zu werden. Die sozialen Medien bieten Unternehmen die Möglichkeit, mit der Zielgruppe in Kontakt zu treten und einen positiven und bleibenden Eindruck zu hinterlassen (Hansen / Haff 2019: 38; Müller, M. 2014: 14).
3. Faktor: Generationenwechsel
Neben dem demographischen Wandel, der fortschreitenden Digitalisierung und dem damit einhergehenden strukturellen Wandel, sorgt der Faktor Mensch als dritter Auslöser ebenfalls für drastische Veränderungen bei der Personalbeschaffungsthematik.
Die Personalgewinnung der Bundeswehr fokussiert sich mit ihrer Nachwuchskampagne auf die neue Arbeitnehmergeneration. Ihre Kernzielgruppe sind die 17 bis 35 Jährigen, die sogenannte Net Generation (BMVg 2016b: 3). Die Net Generation6 umfasst den Teil der Bevölkerung, welcher mit dem Internet und sozialen Medien aufgewachsen ist und die virtuelle Welt als selbstverständlich betrachtet. Grothe beschreibt diese Situation sehr zutreffend indem er sagt, dass die Net Generation nicht mehr unbedingt zwischen realer und virtueller Welt unterscheidet. Die Grenzen verschwimmen, da sie durchgehend vom Internet umgeben sind (Grothe 2014: 23-25). Das Internet und die sozialen Medien sind der Kulturraum dieser Generation, in welchem sie sich frei entfalten können. Hierüber können sie sich informieren, in Echtzeit 24 Stunden am Tag kommunizieren und Inhalte selbst veröffentlichen oder konsumieren (Bärmann 2012: 14-16).
Durch den intensiven Umgang mit digitalen Medien verändert sich die Art und Weise der Kommunikation und auch die Arbeitgebersuche. Wer ständig online ist, sucht auch online. Die alten Kommunikationskanäle wie Printmedien und –werbung sind der Net Generation zu passiv und eindimensional. Daher nutzen immer mehr junge Erwachsene die sozialen Medien, um sich über potentielle Arbeitgeber zu informieren (Bärmann 2012: 14-15).
Diese Entwicklung hat zur Folge, dass Aktivitäten im Bereich sozialer Medien längst zur Schlüsselkompetenz und zu einem wichtigen Differenzierungskriterium im War for Talent geworden sind. Richtig eingesetzt, helfen soziale Medien den Unternehmen sich besser zu vermarkten und bieten zudem die Chance, eine größere und gegebenenfalls vorher unerreichbare Zielgruppe anzusprechen und deren Interesse zu wecken (Beißwenger 2010: 21; Kels / Oertig 2018: 190, 193).
Neben dem veränderten Kommunikationsverhalten setzt die zukünftige Generation andere Prioritäten bei der Arbeitgeberwahl als ihre Vorgänger. Die Arbeit ist für sich nicht mehr nur ein Mittel zum Zweck. Sie legen Wert auf eine sinnstiftende und verantwortungsvolle Tätigkeit. Sie möchten etwas bewegen, sich selbst verwirklichen und Verantwortung übernehmen. Zudem prägen Werte wie Sicherheit, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie ein kollegiales und modernes Arbeitsumfeld das Bild von ihrem zukünftigen Wunscharbeitgeber (Albert et al. 2015: 2-3; Appel 2013: 5, Braun et al. 2011: 35-37; Weichs / Kauke 2019: 210-211).
Diese Entwicklungen sind für die Arbeitgeber sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance. Die Arbeitgeber müssen sich dem Kommunikationsverhalten und den Bedürfnissen der neuen Generation anpassen. Das bedeutet, sich von alten Strukturen loszusagen und das Personalmarketing auf die Kanäle auszuweiten, auf denen sich die junge Generation bewegt (Appel / Hahl / Michael-Dittgen 2013: 28).
Der demographische und strukturelle Wandel sowie die Digitalisierung und der Generationenwechsel wirken synergetisch zueinander. Aufgrund der oben dargelegten Gründe gelten sie als wichtige Treiber im War for Talent und müssen von der Bundeswehr im Wettbewerb um Nachwuchskräfte beachtet werden. Gerade die Anpassung der Personalmarketingmaßnahmen an die Bedürfnisse der Zielgruppe sind für die Bundeswehr ausschlaggeben, um sich im Wettbewerb um Arbeitnehmer von der Konkurrenz abzuheben und sich der Kernzielgruppe als attraktiv und innovativer Arbeitgeber zu präsentieren.
2.1.2 Die Bundeswehr als Arbeitgeber im War for Talent
Die Geburtsstunde der Bundeswehr schlug am 12. November 1955, als den ersten Freiwilligen ihre Ernennungsurkunden ausgehändigt wurden. Den Namen Bundeswehr erhielt die Armee im März 1956. Im gleichen Jahr trat die allgemeine Wehrpflicht in Kraft, welche bis ins Jahr 2011 Bestand hatte (Bötel / Dames 2017).
Die deutsche Wiedervereinigung (1990) und der Zusammenbruch des Warschauer Paktes (1991) leiteten einen Umbruch ein. Als Verteidigungsarmee gegründet, musste die Bundeswehr sich nunmehr nach ihrer Legitimität fragen lassen. Trotz der Beendigung des Kalten Krieges ist die Welt nicht friedlicher geworden. Es entstehen immer neue Konflikte, welche auch eine verstärkte internationale Einsatzbereitschaft voraussetzen (Bötel / Dames 2017a).
Als internationale Einsatzarmee umfasst das Tätigkeitsfeld der Bundeswehr neben dem Heimatschutz auch bewaffnete Einsätze im NATO7 -Vertragsgebiet sowie „Out of area“-Einsätze8. Die Veränderung des Aufgabenspektrums, von einer unmittelbaren Verteidigung Deutschlands hin zu friedensschaffenden Auslandseinsätzen, stellt die Streitkräfte vor neue Herausforderungen und führt, zusammen mit den Sparplänen der vergangenen Jahre, zu einer Neustrukturierung innerhalb der Bundeswehr (Bötel / Dames 2017a; Dames 2017).
Der jahrelange Sparkurs und die veränderte Sicherheitslage nach dem Kalten Krieg hatten unmittelbare Auswirkungen auf den Personalkörper der Bundeswehr. Die sukzessive Reduzierung der Streitkräfte9 und die Schließung kleinerer Standorte führten, im Zusammenspiel mit dem Aussetzen der Wehrpflicht10 am 1. Juli 2011, zu einem Mangel an Personal. Mit diesem hat die Bundeswehr auch heute noch zu kämpfen (Deutscher Bundestag 2011; Lange 2018: 2). Abbildung 3 zeigt die Entwicklung des Personalbestandes der Bundeswehr. Hier lässt sich seit Jahren ein klarer Abwärtstrend erkennen. Von 1991 bis 2018 reduzierte sich der Truppenkörper um rund 38 Prozent.
Abbildung 3 : Personalbestand der Bundeswehr von 1959 bis 2018 11
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung nach Angaben der Statista GmbH 2019.
Jedoch hat sich das sicherheitspolitische Umfeld Deutschlands seit dem Beschluss, Personal zu reduzieren, grundlegend verändert. Es ist noch komplexer und volatiler geworden, was zur Folge hat, dass sicherheitspolitische Entwicklungen immer schwerer vorhersehbar sind. Transnationaler Terrorismus, internationale Konflikte und Krisen sowie neue Herausforderungen im Bezug auf hybride Kriegsführung und Angriffe im Cyberraum sorgen für ein unberechenbareres und vielfältigeres Gefährdungsspektrum. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass die Notwendigkeit der Landes- und Bündnisverteidigung wieder verstärkt in den Fokus gerückt wird. Aufgrund des vorherrschenden Personalmangels kann die Bundeswehr ihre Funktionsfähigkeit jedoch nicht sicherstellen und ihren Aufgaben nicht vollends nachkommen (BMVg 2019c).
Um ihre Auftragserfüllung und Einsatzbereitschaft im Zuge der Landes- und Bündnisverteidigung sicherzustellen, muss die Bundeswehr weiter wachsen. Durch verschiedene Strategien (Personalstrategie, Trendwende Personal, Agenda Attraktivität), stellt die Bundeswehr sich den strategischen Herausforderungen des Arbeitnehmermarktes, um ihren Personalkörper nachhaltig zu stärken. Immerhin gehört die Bundeswehr mit mehr als 250.000 militärischen und zivilen Arbeitnehmern zu einem der größten deutschen Arbeitgeber. Darüber hinaus bietet sie Mitarbeitern und interessierten Bewerbern mit über 1.000 verschiedenen Berufen ein breites Aufgabenspektrum (BMVg o. J. (a); BMVg 2016: 117-122; BMVg 2017: 3-4, 13).
Seit ihrer Gründung bis zur Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 musste die Bundeswehr sich weniger Gedanken um fehlenden Nachwuchs machen. Aufgrund der Wehrpflichtigen und Zeitsoldaten verfügte sie früher über eine breite Auswahlbasis an fachlich qualifiziertem Personal und konnte innerhalb ihrer eigenen Reihen Talente erkennen und gezielt fördern (Braun et al. 2011: 80; Buch 2011: 16).
Durch das Aussetzen des Grundwehrdienstes verlor die Bundeswehr ihr zentrales Rekrutierungsinstrument (Stache 2011: 2). Das Problem von fehlenden Nachwuchskräften und dem damit verbundenen Zwang, um qualifiziertes Personal zu kämpfen, hat der ehemaligen Staatssekretär Stéphane Beemelmans bereits in dem Symposium zur Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr im Jahr 2011 zutreffend auf den Punkt gebracht. Er sagte: „Wir werden im Prozess der Berufswahl eines jungen Mannes nur ein „Mitbewerber unter vielen“ sein. Alle sind Freiwillige!“ (Beemelmans 2011: 2 zitiert von Braun et al. 2011: 104). Daraus lässt sich ableiten, dass die Bundeswehr sich im sogenannten War for Talent gut positionieren muss, um als potentieller Arbeitgeber infrage zu kommen. Der Bundeswehr kann es nur gelingen, Personal zu gewinnen, wenn sie sich ihrer Kernzielgruppe attraktiv präsentiert und mit ihren Vorteilen als Arbeitgeber wirbt. Gerade mit Blick auf ihre Zielgruppe sollte eine intensive Einbeziehung sozialer Medien angestrebt werden. Immerhin sind soziale Medien das Trendmedien der zukünftigen Arbeitnehmergeneration (Braun et al. 2011: 104-109).
2.2 Personalgewinnung
Die Personalgewinnung, auch unter dem Begriff Personalbeschaffung oder Recruiting bekannt, ist ein Teilprozess des Personalmanagements. Dieser Prozess befasst sich mit allen Maßnahmen rund um die Deckung des Personalbedarfs. Wie aus Anhang 2 ersichtlich, gibt es für Unternehmen grundsätzlich zwei Wege, um ihren Personalbedarf zu decken. Die Beschaffung von Personal lässt sich sowohl über den internen als auch den externen Arbeitsmarkt abwickeln (Femppel 2013: 77; Pepels 2013a: 44).
Unternehmensinterne Beschaffung
Bei der internen Beschaffungsmethode erfolgt die Personalrekrutierung zur Bedarfsdeckung aus dem bereits vorhandenen Personalkörper. Die Deckung des Bedarfs kann mit oder ohne Personalbewegung erfolgen. Die Bedarfsdeckung ohne Personalbewegung geht häufig mit einer höheren Arbeitsbelastung in Form von Überstunden einher. Bei der Bedarfsdeckung mit Personalverschiebung erfolgt die Veröffentlichung von internen Stellenanzeigen über das Intranet, um eine Stellenumbesetzung zu erreichen (Müller, U. 2003: 40; Femppel 2013: 78).
Interne Personalbeschaffung ist in der Regel dann erfolglos, wenn sowohl quantitativ als auch qualitativ kein geeignetes Personal zur Verfügung steht. In diesem Fall muss das Unternehmen auf den externen Arbeitsmarkt ausweichen (Bergmann 2013: 92).
Unternehmensexterne Beschaffung
Die externe Beschaffung sieht die Deckung des Personalbedarfs mithilfe des öffentlichen Arbeitnehmermarktes vor. Geht das Unternehmen hierbei passiv vor, so nutzt es beispielsweise die Möglichkeit von Personalvermittlern im Sinne einer Arbeitgeberüberlassung. Im Gegensatz dazu erfordert die aktive Personalbeschaffung die Bereitschaft, potentielle Arbeitnehmer selbstständig anzuwerben. Die aktive Personalbeschaffung ist am zeit- und kostenintensivsten, da ein Unternehmen sich hierbei aktiv am Arbeitsmarkt umschauen und für sich werben muss. Dies geschieht mithilfe geeigneter Werbemaßnahmen mittels digitaler Medien, Stellenanzeigen via Print oder online sowie durch gezielte Marketingmaßnahmen zum Beispiel auf Bewerbermessen. Diese Art der Beschaffung bietet Unternehmen eine größere Angebotsvielfalt an potentiellen Bewerbern (Femppel 2013: 82; Müller, U. 2003: 42).
Um ihren Personalbedarf zu decken, bedient sich die Bundeswehr hauptsächlich aktiver, externer Beschaffungsmaßnahmen. Neben Stellenausschreibungen auf ihrer eigenen Karriereseite und Online-Jobplattformen wie Indeed oder Stepstone, macht die Bundeswehr zudem durch Out-of-Home-Werbung12 an Hauswänden oder auf Zügen sowie über verschiedene Veranstaltungen und die sozialen Medien auf sich und eine Karriere bei ihnen aufmerksam. Zu Personalwerbezwecken bespielt die Bundeswehr auch die Video-Sharing-Plattform YouTube mit verschiedenen Videos, um über sich als Arbeitgeber zu informieren und für sich zu werben (BT-Drucks. 18/8505: 1-5; Anhang 5: Abbildung 21).
2.3 Personalmarketing und Emloyer Branding
Vor dem Hintergrund der steigenden Wettbewerbsintensität am Arbeitnehmermarkt, gewinnen das Personalmarketing und Employer Branding (dt. Arbeitgebermarkenbildung) zunehmen an Bedeutung. Umfassende und innovative Marketingmaßnahmen zielen darauf ab, dem Arbeitgeber einen Vorteil gegenüber seiner Konkurrenz zu verschaffen und sich die Aufmerksamkeit der Arbeitnehmer zu sichern (Braun et al. 2011: 28; Kels / Peter 2014: 190-191; Petkovic 2008: 1-3; Rauscher 2012: 119-120; Znanewitz 2018 o. S.).
Personalmarketing
Bei dem Begriff des Personalmarketings handelt es sich um eine Querschnittsfunktion des betrieblichen Personalmanagements. Personalmarketing im engeren Sinne beschränkt sich auf Aktivitäten zur Erschließung des externen Arbeitsmarktes. Legt man den Begriff des Personalmarketings weiter aus, so befasst es sich mit den Bedürfnissen bestehender und zukünftiger Mitarbeiter sowie der Präsentation als attraktiver Arbeitgeber am relevanten Beschaffungsmarkt. Des Weiteren wirkt Personalmarketing in diesem Zusammenhang sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens (Bartscher / Stöckl / Träger 2012: 362; Lukasczyk 2012: 12: Pepels 2013: 31).
Employer Branding
Hinter dem Begriff des Employer Branding verbergen sich sämtliche Aktivitäten, die dem Aufbau einer Arbeitgebermarke dienen. Hierdurch positioniert sich ein Unternehmen am Arbeitnehmermarkt und beeinflusst deren Präferenzbildung. Mit der Arbeitgebermarke verdeutlicht das Unternehmen, was ihn als Arbeitgeber von der Konkurrenz unterscheidet und einzigartig macht. Ziel ist es, ebenso wie beim Personalmarketing, den Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften langfristig zu decken. Durch das Employer Branding werden gleichermaßen Mitarbeiter und Bewerber angesprochen (Kels / Oertig 2014: 191; Lukasczyk 2012: 13; Rauscher 2012: 119).
Betrachtet man diese Ausführungen, so lässt sich feststellen, dass sich sowohl das Personalmarketing, wie auch das Employer Branding mit Werbemaßnahmen innerhalb und außerhalb des Unternehmens befassen. Ziel dieser Maßnahmen ist es, sich für Mitarbeiter und potentielle Bewerber als lukrativer Arbeitgeber darzustellen. Ein Blick in die Literatur lässt zudem erahnen, dass sich die Prozesse nicht klar voneinander abgrenzen lassen und häufig synonym verwendet werden (Beck 2012: 10-11). Hesse und Lukascyzk sprechen davon, dass Employer Branding als übergeordnetes Konzept zu verstehen ist und die Basis für erfolgreiches Personalmarketing darstellt (Hesse 2012: 252; Lukasczyk 2012: 12). Dem gegenüber steht die Aussage von Bergmann, dass es bei der Anwendung dieser Begriffe kein richtig oder falsch gibt. Auch Pepels vertritt die Meinung, dass es sich bei Employer Branding lediglich um ein neues Wort für Personalmarketing handelt, inhaltlich aber dasselbe gemeint ist (Bergmann 2013: 15; Pepels 2013: 26). Klar ist jedoch, dass sowohl das Personalmarketing als auch das Employer Branding unverzichtbare Bestandteile eines erfolgreichen Personalrekrutierungsprozesses darstellen und unmittelbar zusammenhängen (Hesse 2012: 250; Kels /Oertig 2014: 190).
Diese Arbeit schließt sich den Meinungen von Bergmann und Pepels an. Der Einfachheit halber werden die Begriffe Personalmarketing und Employer Branding in dieser Arbeit nicht differenziert betrachtet. Im weiteren Verlauf werden sie daher synonym verwendet.
2.4 Social Media: YouTube als neuer Kommunikations- und Rekrutierungskanal
Der Begriff der sozialen Medien umfasst Many-to-Many-Kommunikationskanäle, die es den Nutzern ermöglichen, sich weltweit zu vernetzen und in Echtzeit miteinander zu kommunizieren. Sie bieten den Nutzern die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen, ihre Erfahrungen zu teilen und ihre Meinung zu äußern. Wie bereits in Kapitel 2.1.1 angesprochen, haben die sozialen Medien die Kommunikationslandschaft verändert. Die klassischen Sender-Empfänger-Rollen sind durch die Nutzung sozialer Medien obsolet geworden, da den Empfängern hierdurch ein direkter Rückkopplungskanal geboten wird (Grothe 2014: 21; Hesse 2012: 247). Des Weiteren können soziale Medien wie YouTube als Suchmaschinen fungieren, um allgemeine Informationen oder Erfahrungsberichte über ein Unternehmen zu erhalten (Bärmann 2012: 20; Funke 2016: 3; Sterne 2011: 22).
Aus den bisherigen Ausführungen in Kapitel 2.1.1 wird zudem deutlich, dass soziale Medien heutzutage eine besondere Rolle im Leben vieler Menschen einnehmen und das erfolgreiches Personalmarketing weit mehr als die Schaltung von Stellenanzeigen in Printmedien umfasst. Bereits die Ergebnisse über die Suchmaschine Google.com zeigen, wie sehr die sozialen Medien das Internet beherrschen. Die Eingabe des Wortes Bundeswehr, führt den Suchenden sogleich auf der ersten Seite auf die beiden offiziellen YouTube-Kanäle der Bundeswehr (Abbildung 4).
Abbildung 4 : Google Suche – Suchwort Bundeswehr
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Google Screenshot (Stand: 21.10.2019).
Neben den klassischen Rekrutierungskanälen, wie Out-of-Home-Kampagnen oder der eigenen Webseite, sind Unternehmen heutzutage vermehrt in sozialen Medien aktiv. Warum soziale Medien für die Personalbeschaffung von so großer Relevanz sind, wird in Kapitel 2.1.1 deutlich.
Betrachtet man den Bereich der sozialen Medien genauer, so fällt auf, dass hier eine nahezu unüberschaubare Vielfalt existiert (Abbildung 5). Daher ist es auch für Unternehmen nicht leicht, die richtigen Kanäle für ihre Personalmarketingmaßnahmen auszuwählen (Konschak 2014: 194).
Abbildung 5 : Social Media Prisma
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Ihnenfeld 2017).
Aufgrund des Umfangs dieser Arbeit kann nicht auf alle Social Media Plattformen eingegangen werden, daher bezieht sich diese Arbeit auf die Ausarbeitung eines Kommunikationskanals. Für diese Arbeit wurde das Videoportal YouTube ausgewählt. Der Grund ist, dass YouTube mit seinen 1,9 Milliarden monatlichen Nutzern neben WhatsApp (1,5 Milliarden) und Facebook (2,27 Milliarden), zu einem der meist genutzten und beliebtesten sozialen Medien weltweit zählt. Die Videoplattform ist aus dem alltäglichen Leben der Zielgruppe nicht mehr wegzudenken. Zudem hatte sie im ersten Halbjahr 2016 den größten Marktanteil von Video-Sharing-Plattformen in Deutschland (Abbildung 6; Rohleder 2018: 4-5; Statista GmbH 2019a; Ullah 2019: 10). Ein weiterer Grund für die Wahl dieses Kommunikationskanals ist, dass die Bundeswehr in den letzten Jahren vermehrt über das Videoportal wirbt und die untersuchte Serie über diesen Kanal ausgestrahlt wird.
Abbildung 6 : Marktanteil von Video-Sharing-Plattformen in Deutschland 13
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung nach Angaben von Statista GmbH 2016.
Die Video-Sharing-Plattform YouTube ging am 14. Februar 2005 online. Die Idee dahinter war so einfach wie genial. Eine Mitmachplattform, auf der Nutzer die Möglichkeit haben selbstgedrehte Videos zu veröffentlichen, zu konsumieren, zu kommentieren und zu bewerten. Durch die Kommentierungs- und Bewertungsfunktion können Sender und Empfänger direkt miteinander interagieren. Seit seinen Anfängen und der Übernahme durch Google im Jahr 2006 etablierte sich YouTube zur zweitgrößten Suchmaschine der Welt und gilt weltweit als erfolgreichste Video-Sharing-Plattform (Funke 2016: 24; Gerloff 2015: 19; Opresnik / Yilmaz 2016: 1).
Ob Lern- und Bildungsvideos, Heimwerker Tipps oder Unternehmens- und Werbevideos, die Inhalte der Onlinevideos durchdringen ganz selbstverständlich fast alle Bereiche des täglichen Lebens. Die Relevanz von audiovisuellen Formaten wird durch Studien des Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) und dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (bitkom) zum Thema Medienkonsum bestätigt (Berg 2019: 10; De Buhr / Tweraser 2010: 72; Gerloff 2015: 13; IZI 2019: 8, 35). Neben der hohen Akzeptanz in der Gesellschaft haben Videos zudem den Vorteil, dass sich hierdurch komplexe Inhalt kurz und präzise darstellen lassen. Sie lassen sich anstrengungslos konsumieren und vermitteln durch emotionsstarke Bilder sowie interessanten Fakten und Statements ein authentisches Bild des Unternehmens. Vor allem dann, wenn Mitarbeiter gezeigt werden, die über ihren Erfahrungen bei dem Unternehmen und ihren Beruf sprechen (Konschak 2014: 116-117).
Ein weiterer Grund für die Nutzung von Videowerbung ist die Tatsache, dass es sich bei YouTube-Videos im Vergleich zu Fernsehwerbespots um Informationen handelt, die die Interessenten sich individuell beschaffen können. Zudem sind die Informationen beständig und können nach Bedarf immer wieder angesehen werden (Janich / Runkehl 2013: 31, 88). Auf YouTube veröffentlichte Videos können auf unterschiedlichen Wegen verbreitet werden. Die Plattform stellt dem Nutzer die Möglichkeit zur Verfügung, seine Videos in andere Webseiten einzubetten oder den YouTube-Kanal auf der Unternehmenshomepage oder der Karriereseite zu verlinken (Alby 2008: 122; Konschak 2014: 122).
Die oben dargelegten Gründe lassen den Eindruck entstehen, dass YouTube das ideale Kommunikationsmedium für die Selbstvermarktung darstellt. Hier wird mit den Menschen gesprochen, anstatt nur zu ihnen. Es sollte jedoch klar sein, dass YouTube derzeit hauptsächlich zu Unterhaltungszwecken konsumiert wird. YouTube stellt lediglich eins von vielen Instrumenten im Personalmarketingportfolio dar. Die Plattform sollte unterstützende und ergänzende zu den klassischen Marketinginstrumenten genutzt werden. Eine alleinige Nutzung nur dieses Kanals scheint jedoch wenig sinnvoll, da die Zielgruppe und ihre Multiplikatoren in der heutigen Zeit nicht nur auf einer Plattform aktiv sind (Abbildung 5). Entsprechend muss Personalmarketing crossmedialer aufgestellt werden, um eine breite Masse an potentiellen Nachwuchskräften zu erreichen (Beißwenger 2010: 32; Fiesel / Krol / Seng 2013: 313; Hesse 2012: 252; Janich / Runkehl 2013: 31; Konschak 2014: 125, 187; Weinberg 2014: 27).
Gleichzeitig dürfen die Risiken nicht außer Acht gelassen werden, welche mit der Nutzung von sozialen Medien einhergehen. Die Net Generation konsumiert Medien heutzutage im Multitasking-Modus, sodass ihre Aufmerksamkeit ein knappes Gut ist. Um das Interesse der Zielgruppe aufrechtzuerhalten und aus der Masse hervorzustechen, müssen Unternehmen regelmäßig Videos veröffentlichen, dessen Inhalte zielgruppengerecht, interessant und authentisch sind (Alby 2008: 116; De Buhr / Tweraser 2010: 80; Funke 2016: 43; Kärcher 2017: 405; Konschak 2014: 87). Des Weiteren können schlechtes Marketing und negative Kommentare das Unternehmensimage schädigen, die Menschen dazu bewegen, auf Distanz zu gehen und deren Meinungsbild nachhaltig negativ zu beeinflussen (Schrattenecker / Schweiger 2013: 162; Theiler 2009: 28).
3. Annahme
Nach dem Erfolg der Serie „Die Rekruten“ will das Verteidigungsministerium mit der neuen Webserie „Mali“ weiter um Nachwuchs werben. Im Gegensatz zu den anderen Serien auf dem YouTube-Kanal Bundeswehr Exklusive befasst sich die Serienreihe „Mali“ mit dem Soldatenberuf an sich und dem Thema Auslandseinsatz, welcher jeden Soldaten betrifft. Es geht um die Belastungen, welchen die Soldaten im Einsatz ausgesetzt werden, aber auch um den normalen Arbeitsalltag. Die anderen Serienformate sind sehr speziell und betreffen nur ausgewählte Themenfelder.
In der zweiten YouTube-Serie wurde versucht, die scharfe Kritik aus der ersten Serienreihe zu beheben. Hauptsächlich wurde kritisiert, dass die Serie den Beruf verharmlost und die möglichen Risiken, die mit dem Soldatenberuf einhergehen können, ausgeblendet werden (Ecke 2017; Sterz 2016). Gleichwohl gerät auch die zweite Serie des BMVg in die Kritik. Die Bundeswehr spricht mit dieser Serie ganz bewusst das Thema Auslandseinsatz an, welches in den Medien durchaus umstritten ist. Während in einigen Medienberichten die Meinung vertreten wird, dass die Serie den Soldatenberuf und die Gefahren im Einsatz als „unrealistisch, verklärend und unkritisch“ (Schulze 2017) darstellen, so sagt die Bundeswehr selbst, dass die Serie potentiellem Nachwuchs einen authentischen Einblick in den Soldatenberuf gewähren soll und daher nicht gescriptet wurde (Anhang 5: Abbildung 9; BMVg 2017a: 9).
Durch die Authentizität der Serie stellt sich jedoch die Frage, ob die Bundeswehr sich und ihre Absicht der Nachwuchsgewinnung mit dieser Serie nicht selbst behindert. Die Inhalte könnten möglicherweise abschreckend und demotivierend auf potentielle Arbeitnehmer wirken. Gleichwohl kann es sich hierbei aber auch um eine bewusste Kommunikationsstrategie von Seiten des Verteidigungsministeriums handeln, um die richtigen Bewerber für diesen Beruf anzusprechen. Klar ist jedenfalls, dass nicht jeder den physischen und psychischen Anforderungen gewachsen ist.
Trotz oder gerade weil die Bundeswehr mit dieser Serie provokativen Content produziert hat, wird angenommen, dass die zweite Webserie der Bundeswehr ebenfalls ein hohes Erfolgspotential im Hinblick auf die Nachwuchsgewinnung aufweist. Gleichzeitig wird jedoch die These aufgestellt, dass die Bundeswehr mit ihren Nachwuchskampagne nicht nur darauf abzielt, Personal zu gewinnen, sondern auch darauf, ihr Image innerhalb der Gesellschaft zu verbessern und sich im Arbeitnehmermarkt als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.
Die in diesem Kapitel getroffenen Annahmen geben dem weiteren Verlauf der Untersuchung einer Analyserichtung vor. Sie ermöglichen es, die in der Analyse zusammengetragenen Ergebnisse im Licht der Annahme zu reflektieren und das Erfolgspotential abschließend zu bestimmen. Die Erwartungen und Annahmen im Vorfeld offenzulegen ist eine klassische Vorgehensweise bei qualitativen Analysen. Dadurch wird die Transparenz der Vorgehensweise sichergestellt.
4. Methode: Qualitative Videoanalyse im Einzelfallstudiendesign
Bei dem Forschungsdesign der qualitativen Videoanalyse handelt es sich, im Vergleich zur Textanalyse, noch um einen recht neuen Ansatz, welcher sich erst aufgrund des gesellschaftlichen und technologischen Wandels nach und nach etablierte. Daher lässt sich in der einschlägigen Literatur auch bisher keine eigene Methodik zur Analyse von YouTube-Videos finden (Faber 2018: 19; Knoblauch / Schnettler 2009: 272).
Die Methode der qualitativen Videoanalyse eignet sich besonders für die Beantwortung der Forschungsfrage, da sie vielseitig einsetzbar ist. Sie erlaubt dem Forscher die Analyse von unterschiedlichen auditiven und visuellen Stilmitteln und der sich dahinter verbergenden Marketingstrategie.
Durch Personalmarketing mittels audiovisueller Medien werden bei Rezipienten verschiedene Sinne angesprochen. Dadurch kann die zu übermittelnde Botschaft besser platziert werden. Die Ansprache von auditiven und visuellen Sinnen kann den Rezipienten in seiner Entscheidungsfindung für oder gegen einen Arbeitgeber beeinflussen. Aufgrund dessen erfreut sich die Verwendung von audiovisuellem Datenmaterial im Rahmen des Personalmarketings immer größerer Beliebtheit (Corsten 2010: 7; Knoblauch / Schnettler / Tuma 2013: 31-33).
[...]
1 Hinweis zur Geschlechtsneutralität: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Bachelorthesis die Sprachform des generischen Maskulinums angewendet. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die ausschließliche Verwendung der männlichen Form geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.
2 Der YouTube-Kanal Bundeswehr Exclusive existiert seit dem 11. August 2016. Die Serie „Mali“ ist die zweite, von insgesamt sieben produzierten und veröffentlichten Serien.
3 Das Erwerbspersonenpotential ist ein Maß für das Arbeitskräfteangebot. Es umfasst alle im Inland zur Verfügung stehenden Personen im erwerbsfähigen Alter. Hierzu zählen Erwerbstätige, Erwerbslose und die sogenannte stille Reserve. Die stille Reserve umfasst Personen, die nicht als erwerbslos registriert sind (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit 2017).
4 Bei der Darstellung wird von einer durchschnittlichen Bevölkerungsentwicklung gemäß Szenario 2 des Statistischen Bundesamtes ausgegangen (Anhang 1; Statistisches Bundesamt 2019: 15-16).
5 Die sogenannte Wissensgesellschaft erweitert das Drei-Sektoren-Modell von Fourastié (1954) um den quartären Sektor. Durch die Verlagerung arbeitsintensiver Produktionsaktivitäten ins Ausland befinden sich die Wertschöpfungsbereiche zukünftig vermehrt im wissensintensiven Bereich. Diese Entwicklung bedeutet jedoch nicht, dass die anderen Sektoren verschwinden. Es entsteht lediglich eine Gewichtsverlagerung zwischen den Sektoren (Willke 2004: 118-119).
6 In der Literatur gibt es keine allgemeingültige Einordnung des Generationenbegriffs. Daher orientiert sich diese Arbeit an der Jahrgangseinteilung von Bernauer. Gemäß dieser Definition umfasst die Net Generation alle Personen, die nach 1980 geboren wurden (Bernauer 2019: 139).
7 Bei der NATO (North Atlantic Treaty Organization) handelt es sich um das bedeutendste politisch-militärisches Bündnis der Welt (Gründung 04.04.1949). Zweck dieses Paktes ist es, die Freiheit und Sicherheit der derzeit 29 Mitgliedern mit politische und militärische Mitteln zu gewährleisten (BMVg o. J.; Nato o. J.).
8 Bei sogenannten „Out of area“-Einsätzen handelt es sich um legitimierte Einsätze der Bundeswehr außerhalb des NATO-Vertragsgebietes. Diese Einsätze müssen vorab durch den Bundestag abgesegnet werden. Besteht jedoch „Gefahr im Verzug“, so kann auf ein vorheriges Mandat verzichtet werden. (Dames 2017; Zimmermann 2019).
9 Im Zuge der Streitkräftereform erfolgte eine Verkleinerung der Bundeswehr von 225.000 auf 185.000 Soldanten (Deutscher Bundestag 2011).
10 Die Aussetzung der Wehrpflicht gilt ausschließlich in Friedenszeiten und kann im Spannungs- und Verteidigungsfall jederzeit wieder aktiviert werden. Daher bleibt Art. 12a GG unangetastet (Deutscher Bundestag 2011).
11 Die Grafik beinhaltet die Jahresdurchschnittsstärke von Soldaten im Zeitraum von 1959 bis 2018 (Stand: 29.01.2019).
12 Out-of-Home oder Außenwerbung bezeichnet alle Werbemedien im öffentlichen Raum. Hierzu zählen unter anderem Großflächenplakaten, Verkehrsmittel oder auch Kinowerbung (crossvertise GmbH o. J.).
13 Die Angaben beziehen sich auf das 1. Halbjahr 2016.
- Citation du texte
- Ute Schneider (Auteur), 2020, Welches Erfolgspotential hat die YouTube-Serie "Mali" für die Personalgewinnung der Bundeswehr?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1302826
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