Obwohl in den letzten Jahren die Zahl der Publikationen rund um den Topos der Totentänze steigt, stellt sich doch die Literatur- und Forschungslage zum Berner Totentanz als relativ überschaubar dar. Hauptaugenmerk der Forschung liegt vor allem auf dem Totentanz Hans Holbeins oder dem Großbasler Exemplar. Niklaus Manuels Berner Werk erfährt zwar Erwähnung, wird trotz anerkennender Laudatio darüber hinaus gehend aber noch immer stiefmütterlich behandelt. Die größte Aufmerksamkeit erfährt diese danse macabre als eigenständiges Objekt der Forschung besonders in der regionalgeschichtlichen Beschäftigung in den 1990er Jahren und zu Beginn des 21. Jahrhunderts.
Im Zuge dieser Arbeit wird unter dem Parameter der zeitgenössischen Wirkung eine Selektion an Szenen aus besagtem Werk analysiert, aber auch ihre Symbolwirkung als Inbegriff ihrer Entstehungszeit – unter Beachtung der besonderen Traditions- und Überlieferungsumstände. An eine Einführung in die Biographie des Meisters selbst schließt sich die Darstellung der Todestanzthematik per se an, bevor die Arbeit in medias res, zum Berner Totentanz, schreitet und die gewonnenen Ergebnisse im Fazit resümiert werden.
Die Notwendigkeit der Sterbekunst begründete sich für den spätmittelalterlichen Menschen schlichtweg in einer steten Präsenz des Todes im Alltag. So war die 'ars moriendi' eine spirituelle Vorbereitung der eigenen Seele im Diesseits für ihr Bestehen am Jüngsten Tag.
Das außerhalb von Kirch- oder Klostermauern gepredigte Wort ging rasch einher mit einem Aufstreben neuer bildlicher Darstellungen, die ihren stärksten Ausdruck zunächst im Medium des Holzschnitts fanden, welcher mithilfe von Druckwerkstätten (Einblattdruck) schnelle Verbreitung und Beliebtheit erfuhr. In Predigen und Einblattdrucken wurden die Topoi Tod und Sterben zumeist sehr reißerisch und trivial den Massen präsentiert. Ein weiteres, wenn nicht sogar bedeutenderes und nachhaltigeres Medium, um die Unerbittlichkeit des Todes erlebbar zu machen, stellen die Todestanzwerke coram publico dar, beispielsweise Fresken an Klostermauern, die für jeden sicht- und begehbar waren, wie der Berner Totentanz des Niklaus Manuel Deutsch von 1516 bis 1519.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Schöpfer des Berner Totentanzes: Niklaus Manuel Deutsch (1484-1530)
- Der Tod lädt zum Tanz – Ursprungsgeschichte der,danse macabre
- Der Berner Totentanz von Niklaus Manuel Deutsch (1516-1520)
- Überlieferungsgeschichte
- Darstellungstradition
- Charakter und Überlieferungsgeschichte der Begleitstrophen
- Ausgewählte Bilder des Berner Totentanzes
- I Der Prediger (Abbildung 1)
- II Der Tod holt den Maler / Der Tod und die Ungläubigen (Abbildung 2)
- VI Tod und armer Mann / Tod und Handwerker (Abbildung 3)
- VII Tod und Tochter / Tod und Witwe (Abbildung 4)
- VIII Tod und Kaufmann / Tod und Bürger (Abbildung 5)
- XV Tod und König / Tod und Kaiser (Abbildung 6)
- XVI Tod und Begine / Tod und Waldbruder (Einsiedler) (Abbildung 7)
- XXII Tod und Kardinal / Tod und Papst (Abbildung 8)
- XXIII Kreuzigung / Konzert im Beinhaus (Abbildung 9)
- XXIV Vertreibung aus dem Paradies / Moses erhält die Gesetzestafeln (Abbildung 10)
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert ausgewählte Szenen aus dem Berner Totentanz von Niklaus Manuel Deutsch (1516-1519) im Kontext ihrer zeitgenössischen Wirkung und Symbolkraft. Die Untersuchung beleuchtet die Entstehungszeit und die besonderen Traditions- und Überlieferungsumstände des Werkes. Neben einer Einführung in die Biographie Niklaus Manuels werden die Ursprünge der Totentanzthematik sowie der Berner Totentanz selbst beleuchtet.
- Die Bedeutung des Todes und der Vergänglichkeit des Lebens im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit
- Die Entwicklung des Totentanzes als Kunstform
- Die Analyse ausgewählter Szenen aus dem Berner Totentanz von Niklaus Manuel Deutsch
- Die Rezeption des Berner Totentanzes in der Kunstgeschichte
- Die politische und soziale Dimension des Berner Totentanzes
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel liefert eine Einleitung in die Thematik der Sterbekunst im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit. Es beleuchtet den Wandel des Verständnisses von Tod und Vergänglichkeit sowie den Einfluss der Volksprediger und die Entstehung der ars moriendi. Das zweite Kapitel widmet sich Niklaus Manuel Deutsch, dem Schöpfer des Berner Totentanzes. Es gibt Einblicke in seine Biografie, seinen künstlerischen Werdegang und seine Einbindung in die Berner Gesellschaft. Kapitel drei beleuchtet die Ursprungsgeschichte der danse macabre und untersucht die Entwicklung des Totentanzes als Kunstform. Kapitel vier fokussiert auf den Berner Totentanz von Niklaus Manuel Deutsch und analysiert dessen Überlieferungsgeschichte, Darstellungstradition und die Begleitstrophen. Kapitel fünf präsentiert eine Auswahl von Szenen aus dem Berner Totentanz und analysiert deren Bedeutung und Symbolik im Kontext ihrer Zeit. Die Ergebnisse werden im sechsten Kapitel zusammengefasst und diskutiert.
Schlüsselwörter
Der Berner Totentanz, Niklaus Manuel Deutsch, Todestanz, danse macabre, Spätmittelalter, Frühe Neuzeit, ars moriendi, memento mori, Kunst des Sterbens, Kunst des Todes, Todesthemen, Sepulkralskulptur, Symbolwirkung, Zeitgenössische Wirkung, Überlieferungsumstände, Politische Dimension, Soziale Dimension.
- Citation du texte
- Anonym (Auteur), 2020, Ambivalenzen des Totentanzes des Niklaus Manuel Deutsch (1516-20), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1301498
