Der Beginn der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Großbritannien und Argentinien um die Falklandinseln im März 1982 erschien für viele Akteure zur damaligen Zeit als vollkommen unverhältnismäßig und unverständlich. So bezeichnete der damalige US –Präsident Ronald Reagan die Auseinandersetzung als einen nicht nachvollziehbaren „dispute over the sovereignty of that little ice-cold bunch of land down there” zwischen zwei Alliierten im Kampf gegen den Kommunismus, sollte den Briten aber schließlich doch die Unterstützung der Vereinigten Staaten zusichern. In der Tat ist auch heute, rund 25 Jahre später, noch die Frage, warum 236 britische und 700 argentinische Soldaten für die vermeintlich unbedeutenden Inseln kurz vor der Antarktis (die zum damaligen Zeitpunkt 1.800 Menschen und 60.000 Schafe beheimateten) sterben mussten, ein vieldiskutiertes Thema. So erscheinen Erklärungsversuche für die Auseinandersetzung anhand der „klassischen“ Theorien der Internationalen Beziehungen äußerst problematisch und unzureichend. Die wichtigsten Denkschulen der internationalen Beziehungen würden wohl behaupten, dieser Krieg hätte gar nicht stattfinden dürfen.
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Es schien also für beide Seiten um einen „symbolischen“ Krieg zu gehen.
Sinnvoll erscheint deshalb der Versuch einer Analyse anhand eines „anders denkenden“ Ansatzes: dem der „Kritischen Geopolitik“ (oder auch „critical geopolitics“ nach Ò Tuathail). Innerhalb dieser Hausarbeit wird zunächst der Falklandkrieg als solcher kurz abgerissen, historische Grundlagen sowie die postmoderne Theorie der Kritischen Geopolitik erläutert und schließlich das „kritisch- geopolitische Auge“ mit besonderem Fokus auf die Medien- und Regierungskommunikation in Großbritannien angewendet werden. Durch Sprache erschaffene Geografien und Raumbilder sollen erkannt, analysiert und gedeutet werden. Des Weiteren sollen die tieferen Motive eben dieser Art von Geopolitik herausgearbeitet und die Wirkung auf die Bevölkerung erkannt werden.
Ziel ist also nicht die Frage nach dem „warum?“ ausschöpfend zu beantworten, sondern vielmehr die Frage nach dem „wie?“: Wie wirkten Raumbildern und geschaffene Identitäten in der Regierungs- und Medienkommunikation zu Beginn des Krieges? Wie halfen geopolitische Diskurse den Krieg zu legitimieren? Welche Interessen lagen hinter diesen Interpretationen der geopolitischen Wirklichkeit? Diese Fragen aufzuwerfen und anhand von konkreten Beispielen analysierend zu beantworten ist Ziel dieser Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Falklandkonflikt
2.1 „Falklands“ oder „Malvinas“?
2.2 Argentinische Invasion
2.3 Britische Reaktion
3. Die Theorie der Kritischen Geopolitik
3.1 Der Begriff der Geopolitik: Mackinder, Ratzel und Haushofer
3.2 Kritische Geopolitik als Gegenentwurf
3.2.1 Methodik
4. Kritische Geopolitik und der Falklandkonflikt
4.1 Drei große Diskurse
4.1.1 Die Darstellung der Inseln als britisches Territorium
4.1.2 Der Bezug zur Situation vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges
4.1.3 Die Analogien zu britischer Imperialgeschichte.
4.2 Wirkung der Diskurse
5. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Ich kann nicht verstehen, wieso sich zwei Alliierte um die Souveränität des kleinen Stücks eiskalten Landes da unten streiten“ (Ronald Reagan, 30.4.1982)
Der Beginn der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Großbritannien und Argentinien um die Falklandinseln im März 1982 erschien für viele Akteure zur damaligen Zeit als vollkommen unverhältnismäßig und unverständlich. So bezeichnete der damalige US –Präsident Ronald Reagan die Auseinandersetzung als einen nicht nachvollziehbaren „dispute over the sovereignty of that little ice-cold bunch of land down there” zwischen zwei Alliierten im Kampf gegen den Kommunismus, sollte den Briten aber schließlich doch die Unterstützung der Vereinigten Staaten zusichern. In der Tat ist auch heute, rund 25 Jahre später, noch die Frage, warum 236 britische und 700 argentinische Soldaten für die vermeintlich unbedeutenden Inseln kurz vor der Antarktis (die zum damaligen Zeitpunkt 1.800 Menschen und 60.000 Schafe beheimateten) sterben mussten, ein vieldiskutiertes Thema. So erscheinen Erklärungsversuche für die Auseinandersetzung anhand der „klassischen“ Theorien der Internationalen Beziehungen äußerst problematisch und unzureichend. Die wichtigsten Denkschulen der internationalen Beziehungen würden wohl behaupten, dieser Krieg hätte gar nicht stattfinden dürfen. Weder hatten die Falklandinseln objektiv gesehen einen besonderen machtstrategischen Wert für die Kontrahenten, noch standen sich beide Länder in den Blockbildungen der frühen 80er Jahre gegenüber. Auf der geopolitischen Karte des Kalten Krieges waren die Inseln ein weißer Fleck. Selbst die geringen Rohstoffvorkommen der Inseln galten als nur schwerlich oder überhaupt nicht ausbeutbar. Der liberale Guardian schrieb am 3. April 1982 kurz nach der Invasion der Falklandinseln durch Argentinien:
„Die Falklandinseln repräsentieren keine strategischen oder kommerziellen britischen Interessen, die einen Kampf wert wären.“ (zitiert in: Ossendorf 1987: 237) Auch gab es einige Möglichkeiten zur diplomatischen Lösung, die USA und die UN versuchten zunächst durch intensive Vermittlungsbemühungen die militärische Auseinandersetzung zu verhindern. Vergeblich. Es schien also für beide Seiten um einen „symbolischen“ Krieg zu gehen.
Sinnvoll erscheint deshalb der Versuch einer Analyse anhand eines „anders denkenden“ Ansatzes: dem der „Kritischen Geopolitik“ (oder auch „critical geopolitics“ nach Ò Tuathail). Innerhalb dieser Hausarbeit wird zunächst der Falklandkrieg als solcher kurz abgerissen, historische Grundlagen sowie die postmoderne Theorie der Kritischen Geopolitik erläutert und schließlich das „kritisch- geopolitische Auge“ mit besonderem Fokus auf die Medien- und Regierungskommunikation in Großbritannien angewendet werden. Durch Sprache erschaffene Geografien und Raumbilder sollen erkannt, analysiert und gedeutet werden. Des Weiteren sollen die tieferen Motive eben dieser Art von Geopolitik herausgearbeitet und die Wirkung auf die Bevölkerung erkannt werden.
Ziel ist also nicht die Frage nach dem „warum?“ ausschöpfend zu beantworten, sondern vielmehr die Frage nach dem „wie?“: Wie wirkten Raumbildern und geschaffene Identitäten in der Regierungs- und Medienkommunikation zu Beginn des Krieges? Wie halfen geopolitische Diskurse den Krieg zu legitimieren? Welche Interessen lagen hinter diesen Interpretationen der geopolitischen Wirklichkeit? Diese Fragen aufzuwerfen und anhand von konkreten Beispielen analysierend zu beantworten ist Ziel dieser Arbeit.
2. Der Falklandkonflikt
Um die folgende Analyse der Regierungs- und Medienkommunikation anhand des Ansatzes der Kritischen Geopolitik nachvollziehen zu können, muss zunächst der Falklandkonflikt als solcher und die Geschehnisse rund um den Falklandkrieg erläutert werden. Da es nicht um eine umfangreiche militärische oder diplomatische Analyse des Konfliktes geht, wird versucht den gesamten Konflikt und seine Ursachen möglichst komprimiert darzustellen.
2.1 „Falklands“ oder „Malvinas“?
Die Besitzansprüche auf die Inseln nahe der argentinischen Küste gelten seit ihrer Entdeckung 1502 durch den Italiener Amérigo Vespucci als Begleiter einer portugiesischen Expedition als ungeklärt. Erste Siedlungen durch Franzosen und später auch Engländer wurden um 1767 durch spanische abgelöst, die den Inseln den Namen „Malvinas“ gaben. Klare verbalisierte Besitzansprüche irgendeiner europäischen Macht auf das Archipel gab es jedoch bis in das 19. Jahrhundert nicht. 1811 zogen sich auch die Spanier zurück, woraufhin die Briten 1833 zurückkehrten und das komplette Archipel, das sie als „Falklands“ bezeichneten, besetzten. Schon damals gab es intensive Proteste der Verwaltung in Buenos Aires, die die Inseln aufgrund ihrer geografischen Lage vor der Küste Argentiniens und des angeblichen „spanischen Erbes“ für sich beanspruchten. Obgleich nie ein argentinischer Staatsbürger auf einer der Inseln lebte, war die „Malwinen -Frage“ stets Teil der politischen Agenda und tief im Bewusstsein der Bevölkerung verankert. Die Verwaltung von Buenos Aires und später der Staat Argentinien hörten nie auf, offen und laut gegen die britische Besetzung und Verwaltung der Falklands zu protestieren. In Großbritannien dagegen gerieten die Inseln schnell in Vergessenheit. Insbesondere nach der Umstrukturierung der Ministerien und der daraus folgenden Auflösung des Kolonialministeriums spielte die Falklandproblematik keinerlei Rolle mehr auf der Agenda der britischen Regierungen bis in die 1980er Jahre. Der britischen Bevölkerung war das „eisige Stück Land“ zum Großteil vollkommen unbekannt. Einzig unter den Ornithologen des Königreiches war der Name aufgrund seiner Pinguinbestände vereinzelt ein Begriff. Dies sollte sich Anfang 1982 jedoch schnell ändern.
2.2 Argentinische Invasion
Nachdem im Dezember 1981 General Leopoldo Galtieri die Macht in der seit 1976 von Juntas regierten Militärdiktatur Argentinien übernahm, wurde die „Malwinen-Frage“ schnell zu einem der wichtigsten Themen auf der politischen Agenda erhoben. Große innenpolitische Probleme, eine lahmende Wirtschaft, sowie ständige Unruhen durch Guerillas sollten mithilfe eines schnellen patriotischen Sieges und der „Rückeroberung“ der Malwinen aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verdrängt werden. Die Falklandinseln galten schon vor Galtieris Machtergreifung als ein Symbol des argentinischen Nationalismus. Die Bevölkerung in dem Willen die Inseln „zurückzuerobern“ zu einen erforderte keinen besonderen Aufwand. Das Abziehen der letzten Einheiten der Royal Navy im Jahr 1981, sowie des Schiffs „HMS Endurance“ das wohl hauptsächlich als Symbol für die britische Präsenz lange Zeit vor den Falklandinseln patrouillierte, im Zuge einer allgemeinen Verkleinerung der britischen Streitkräfte, sowie das Nichtbeachten diverser subtiler argentinischer Invasionsdrohungen (unter anderem auch vor der UN) veranlassten Galtieri an einen schnellen Sieg ohne beachtenswerte Gegenwehr der Briten zu glauben. Und tatsächlich gingen die Briten Anfang April 1982 trotz diverser Hinweise auf eine bevorstehende Invasion nicht davon aus, dass eine solche bevorstehen könne. So landete am 19. März 1982 eine Gruppe von 60 Arbeitern einer Schrottfirma auf der Insel Süd–Georgien und hisste dort die argentinische Fahne. Entscheidend an diesem Umstand war die ihn begleitende Aussage des damaligen argentinischen Außenministers Costa Mendez, der den Metallarbeitern „allen nötigen diplomatischen Schutz“ zu gewähren beabsichtigte. Argentinien unterstütze die Besetzung also offiziell und deutete damit an, die Besitzansprüche auf die Inseln durchaus nicht als geklärt zu betrachten.
Der Invasion der Metallarbeiter folgte alsbald die militärische. Am 2. April 1982 landeten erste argentinische Marineinfanteristen und Fallschirmjäger auf der östlichen Falklandinsel. Nach kurzem Gefecht mit den wenigen verbliebenen Royal Marines nahmen die argentinischen Truppen Port Stanley und später das gesamte Archipel in einem Handstreich ein. Der ansässigen Bevölkerung wurde die Möglichkeit offeriert die Inseln umgehend zu verlassen.
2.3 Britische Reaktion
Vollkommen unvorbereitet traf die Invasion die britische Regierung. Dennoch entsandte die Thatcher-Administration umgehend eine sogenannte „Task Force“, im Kern bestehend aus 26.000 Soldaten sowie zwei Flugzeugträgern plus Begleitung. Ebenfalls konnte schnell diplomatischer Druck gegen Argentinien aufgebaut werden. So wurde am 3. April 1982 durch den von Großbritannien angerufenen Sicherheitsrat der UN die Resolution 502 verabschiedet, die Argentinien aufforderte umgehend seine Truppen von den Inseln abzuziehen und zu einer friedlichen Lösung des Konfliktes beizutragen. Die EWG Staaten stimmten einem von Großbritannien initiierten Wirtschaftsembargo zu und auch die USA stellten sich nach kurzem Zögern (man beachte die eingangs zitierte Aussage Reagans) hinter die Briten und unterstützen deren Kombination aus militärischem, wirtschaftlichem und diplomatischem Druck. Zwei Tage nach Auslaufen der „Task Force“ erklärte der damalige britische Verteidigungsminister John Nott vor dem Unterhaus eine Zone von 200 Meilen um die Falklandinseln zur Sperrzone, vor allem um die Inseln von argentinischem Nachschub zu trennen. Unterdessen waren die USA insbesondere in Person des damaligen Außenministers Haig weiterhin bemüht den Konflikt durch Vermittlung zu lösen. Mehrere Erklärungen beider Seiten zur UN Resolution 502 blieben folgenlos. Beide Seiten, insbesondere die argentinische, zeigten sich außergewöhnlich kompromisslos. Am 30. April gab US–Außenminister Haig das Scheitern der Vermittlungsbemühungen sowie schärfere US–amerikanische Sanktionen gegen Argentinien bekannt.
Das „Alibi für seinen Angriff“ (Die Welt; 3.5. 1982) veranlasste die Briten kurz darauf Bomber von einem Stützpunkt auf der Insel Ascensión starten zu lassen, die wenig später die Falklandinseln erreichten und damit begannen den Flughafen von Port Stanley zu bombardieren. Dem ersten militärischen Schlag der Briten folgte schnell ein zweiter, die Versenkung des argentinischen Kreuzers „General Belgrano“. Der bisher letzte größere Seekrieg der Geschichte war entbrannt. Am 4. Mai konnten dann auch die Argentinier einen ersten Erfolg mit der Versenkung des britischen Zerstörers „Sheffield“ verzeichnen. Die Briten reagierten umgehend indem sie die Kriegszone um die Inseln bis auf 12 Seemeilen vor die argentinische Küste ausweiteten. Ein letzter Vermittlungsversuch des UN-Generalsekretärs Pérez de Cuellar blieb aufgrund der mangelnden Verhandlungsbereitschaft beider Seiten erfolglos. Am 21. Mai gab der britische Außenminister John Nott die Landung britischer Truppen auf den Falkland-Inseln sowie die Errichtung eines Brückenkopfes bekannt. Unter großen Verlusten auf beiden Seiten rückten die britischen Truppen schnell vor und erreichten am 2. Juni Port Stanley. Trotz erbitterten Widerstandes schwiegen am 14. Juni um 16 Uhr Ortszeit die Waffen, gegen 21 Uhr ergaben sich die 14.800 argentinischen Soldaten. Großbritannien hatte die Inseln zurückerobert. Unklar blieb jedoch, ob Argentinien die geschaffenen Fakten anerkennen würde, oder mit erneuten Angriffen zu rechnen sei. Am 15. Juni gab Premierministerin Thatcher die Einstellung der Kampfhandlungen bekannt, ebenso der argentinische Staatspräsident Galtieri, der jedoch erklärte, Argentinien würde fortfahren die erstrebte „Einheit der Nation“ wiederherzustellen. Nur vier Tage später trat Galtieri als Befehlshaber der Streitkräfte und Staatspräsident zurück. Sein Nachfolger Bignone sandte schließlich am 11. Juli eine Note an Großbritannien, in welcher Argentinien die Kampfhandlungen de facto für beendet erklärte. Im Nachhinein gilt der Krieg als außerordentlicher Erfolg für die britischen Truppen, die den argentinischen in allen Belangen überlegen waren. Nicht zuletzt durch die späte Unterstützung der USA konnte die britische Berufsarmee die zum Großteil aus Rekruten bestehende Armee Argentiniens so schnell und überzeugend schlagen.
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