Der Begriff ,,Augusterlebnis" fällt häufig im Zusammenhang mit dem Kriegsausbruch 1914. Es ist aber schwer anzunehmen, dass die gesamte Bevölkerung auf gleiche Weise auf die Ereignisse im August 1914 reagierte. Gab es ein einheitliches Augusterlebnis? Falls dies nicht der Fall war, wie reagierten die verschieden sozialen Schichten auf den bevorstehenden Weltkrieg?
Diese Fragen soll die vorliegende Arbeit, am Beispiel Hamburgs, versuchsweise klären.
Einen wichtigen Gesichtspunkt stellt hierbei die Arbeiterbewegung dar, die in Hamburg traditionell besonders stark ausgebildet war.
Als Quellengrundlage dienen die damaligen vier größten Hamburger Zeitungen: die ,,Hamburger Nachrichten", der ,,Hamburgische Correspondent" und das ,,Hamburger Fremdenblatt", welche alles Blätter der bürgerlichen Presse sind, und das ,,Hamburger Echo", welches die Sichtweise der Arbeiterschaft zeigt. Die Ausgaben sind fast vollständig erhalten und liefern deutliche Bilder der damaligen Ereignisse.
Der behandelte Zeitraum umfasst Ende Juli und Anfang August 1914. Zu Beginn der Arbeit steht eine Kurzübersicht über die verwendeten Quellen. Weiter folgt eine Darstellung der Ereignisse aus Sicht der bürgerlichen Presse und eine nähere Betrachtung der Arbeiterbewegung mit den direkten Auswirkungen des Kriegsbeginns auf diese Schicht der Bevölkerung. In einem abschließenden Fazit werden die untersuchten Beobachtungen interpretiert und eventuelle neue Fragestellungen aufgezeigt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Kurzübersicht der Hamburger Presse
a) Hamburger Nachrichten
b) Hamburgischer Correspondent
c) Hamburger Fremdenblatt
d) Hamburger Echo
3. Das öffentliche Bild aus der Sicht der bürgerlichen Presse
4. Die Hamburger Arbeiterbewegung 1914
a) Die ersten wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Kriegsausbruchs für die Arbeiterschaft
b) Auswirkungen des Kriegsausbruchs für die
Organisation der Hamburger Arbeiterschaft
5. Schlussbetrachtung
6. Quellen- und Literaturverzeichnis
a) Quellen
b) Literatur
1. Einleitung
„Im August 1914 zogen die Deutschen begeistert in den Krieg – so konnte man es bis vor kurzem in allen Geschichtsbüchern lesen, aber auch in repräsentativen Werken der deutschen Geschichtswissenschaft.“[1]
Der Begriff „Augusterlebnis“ fällt häufig im Zusammenhang mit dem Kriegsausbruch 1914. Es ist aber schwer anzunehmen, dass die gesamte Bevölkerung auf gleiche Weise auf die Ereignisse im August 1914 reagierte. Gab es ein einheitliches Augusterlebnis? Falls dies nicht der Fall war, wie reagierten die verschieden sozialen Schichten auf den bevorstehenden Weltkrieg?
Diese Fragen soll die vorliegende Arbeit, am Beispiel Hamburgs, versuchsweise klären.
Einen wichtigen Gesichtspunkt stellt hierbei die Arbeiterbewegung dar, die in Hamburg traditionell besonders stark ausgebildet war.
Als Quellengrundlage dienen die damaligen vier größten Hamburger Zeitungen: die „Hamburger Nachrichten“, der „Hamburgische Correspondent“ und das „Hamburger Fremdenblatt“, welche alles Blätter der bürgerlichen Presse sind, und das „Hamburger Echo“, welches die Sichtweise der Arbeiterschaft zeigt. Die Ausgaben sind fast vollständig erhalten und liefern deutliche Bilder der damaligen Ereignisse.
Der behandelte Zeitraum umfasst Ende Juli und Anfang August 1914. Zu Beginn der Arbeit steht eine Kurzübersicht über die verwendeten Quellen. Weiter folgt eine Darstellung der Ereignisse aus Sicht der bürgerlichen Presse und eine nähere Betrachtung der Arbeiterbewegung mit den direkten Auswirkungen des Kriegsbeginns auf diese Schicht der Bevölkerung. In einem abschließenden Fazit werden die untersuchten Beobachtungen interpretiert und eventuelle neue Fragestellungen aufgezeigt.
2. Kurzübersicht der Hamburger Presse
a) „Hamburger Nachrichten“
Die 1792 gegründeten „Hamburger Nachrichten“ erschienen im Verlag Herrmann’s Erben. Sie gehörten zu den großen deutschen Zeitungen. Seit 1879 stand das Blatt dem rechten Flügel der Nationalliberalen nahe, mit merkbarer Anlehnung an die Konservativen. Die fortschrittliche und freisinnige Agitation wurde immer mehr bekämpft und der große Feind war die Sozialdemokratie. Von allen Hamburger Zeitungen forderten die Hamburger Nachrichten die schärfsten Maßnahmen gegen die Sozialdemokraten. Die Zeitung gehörte wie der Hamburgische Correspondent zu den wenigen Blättern die über einen eigenen Telegraphendraht verfügten. Ab 1876 erschien die „Hamburger Nachrichten“ zweimal täglich. Der Umfang schwankte zwischen 10 und 20 Seiten. Der redaktionelle Teil umfasste Politik, Lokales, Wirtschaft, Verschiedenes, Leserbrief und Feuilleton, wobei der Schwerpunkt der Berichterstattung auf der Reichspolitik lag und die Lokalnachrichten auf den hinteren Seiten zu finden waren. Die Leser der Hamburger Nachrichten stammten aus den konservativen und rechtsnationalliberalen Kreisen der Hamburger Kaufmannschaft, Akademiker und „gutbürgerlichen“ Bevölkerungsschichten. Entsprechend ihrer, der gehobenen Geschäftswelt angehörigen, Leserschaft vertraten sie in erster Linie die Arbeitgeberinteressen.[2]
b) „Hamburgische Correspondent“
Die älteste Hamburger Zeitung wurde 1731 als „Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unparteyischen Correspondenten“ gegründet und ging 1869 in den Besitz der Aktiengesellschaft „Neue Börsenzeitung“, welche den „Hamburgischen Correspondent“ als Morgenzeitung und die „Börsenzeitung“ (ein reines Wirtschaftsblatt) als Abendzeitung herausbrachte. Dem Aufsichtsrat gehörten Männer der herrschenden Schichten an. Der „Hamburgischen Correspondent“ orientierte sich am linken Flügel der Nationalliberalen. In Umfang und Aufbau unterschied sich die Zeitung kaum von den „Hamburger Nachrichten“. Die Lokalberichterstattung war ebenfalls im hinteren Teil angesiedelt und rückte nur bei besonderer Wichtigkeit auf die ersten Seiten. Ab 1885 erschien das Blatt 3 mal täglich. Seine Leserschaft gehörte vornehmlich dem gehobenen Bürger- und Beamtentum an, als altes Wirtschaftsblatt zog es jedoch auch viele Leser aus den Hamburger Kaufmannskreisen an.[3]
c) „Hamburger Fremdenblatt“
Das „Hamburger Fremdenblatt“ ging 1865 aus der „Fremdenliste“ als Abendblatt hervor. Es vertrat eine entschiedene politische Haltung im Sinne der linksliberalen „Deutschen Freisinnigen Partei“[4]. Im Umfang und Aufbau entsprach das Blatt den „Hamburger Nachrichten“ und dem „Correspondenten“, doch die Lokalberichterstattung hatte einen höheren Stellenwert. Die Zeitung erschien einmal täglich, siebenmal die Woche. Das Blatt wurde hauptsächlich von mittelständischen Schichten gelesen, jedoch, aufgrund seiner freisinnigen Grundeinstellung, weniger von den führenden Kaufmannskreisen.[5]
d) „Hamburger Echo“
Am 2. Oktober 1887 erschien das „Hamburger Echo“ zum ersten mal. Die Schriftleitung übernahm Otto Stolten und zu den Gesellschaftern des Verlages in dem die Zeitung erschien gehörte u.a. August Bebel[6]. Die Redaktion hielt sich zunächst an ihr farbloses, durch die politische Verhältnisse bedingtes Programm und gab vor politisch neutral zu sein. Anstelle eigener Leitartikel stellten sie andere „Zeitungsstimmen“. In der Auswahl seiner Beiträge beschränkte sich das Echo jedoch auf Probleme die vornehmlich die Arbeiterschaft angingen. Nachdem der Reichstag 1890 die Erneuerung des Sozialistengesetzes[7] abgelehnt hatte, trat das Blatt offen für die Sozialdemokratie ein. Die Zeitung wollte den Lesern, d.h. den Arbeitern , gesellschaftliche Missstände aufzeigen und sie zum Klassenbewusstsein erziehen.[8] Mit einer Auflage von über 76.000 Exemplaren war „Hamburger Echo“, nach dem „Vorwärts“ zu der zweitgrößten sozialdemokratischen Zeitung geworden.[9]
[...]
[1] Volker Ullrich, Vom Augusterlebnis zur Novemberrevolution: Beiträge zur Sozialgeschichte Hamburgs und Norddeutschlands im Ersten Weltkrieg 1914-1918, Bremen 1999
[2] Vgl. Daniela Kasischke-Wurm, Antisemitismus im Spiegel der Hamburger Presse während des Kaiserreichs (1884.1914), Hamburg 1997, S. 28-30
[3] Vgl. Kasischke-Wurm, Antisemitismus, S. 30-31
[4] „1884 aus der „Deutschen Fortschrittspartei“ und den Sezessionisten der Nationalliberalen gebildeten liberale Partei; zerfiel 1893 in die „Freisinnige Vereinigung“ und die „Freisinnige Volkspartei“; beide gingen 1910 in der „Fortschrittlichen Volkspartei“ auf“ nach: Ploetz, Personen und Begriffe, Freiburg 1996, S. 104
[5] Vgl. Kasischke-Wurm, Antisemitismus, S. 31-32
[6] August Bebel, *22.2.1840 Köln†13.8.1913 Passugg (Schweiz), deutscher Politiker und Arbeiterführer, nach: Ploetz, Freiburg 1996, S. 49
[7] „Aufbetreiben Bismarcks 1878 zur Unterdrückung der sozialistischen Arbeiterbewegung erlassenes Ausnahmegesetz; verbot alle sozialdemokratischen Vereine, Versammlungen und Druckschriften“ nach: Ploetz, Freiburg 1996, S. 431-432
[8] Vgl. Kaschiske-Wurm, Antisemitismus, S. 34-35
[9] Vgl. Volker Ullrich, Weltkrieg und Novemberrevolution: die Hamburger Arbeiterbewegung 1914 bis 1918, in: Heinrich Erdmann, Hamburg im Ersten Viertel des 20. Jahrhunderts, Hamburg 2000 S. 97
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- Lena Zobel (Author), 2002, Der Kriegsausbruch 1914 in Hamburg - Die Frage nach einem einheitlichen Augusterlebnis und daraus folgenden näherer Betrachtung der Hamburger Arbeiterbewegung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12986
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