Es gibt wohl kaum eine menschliche Gemeinschaft in der absolut keine
Rituale existieren. Rituale sind in den Alltag verankert und werden auch zu
besonderen Anlässen vollzogen. Sie können sowohl mit freudigen
Ereignissen als auch mit automatisierten Verhaltensabläufen oder einschränkenden
Vorschriften in Verbindung gebracht werden.
Rituale sind seit jeher ein wichtiger Bestandteil der Kultur und werden oft
aus Angst vor Werteverfall oder vor Verlust der Identifikation mit der
eigenen Kultur versucht aufrecht zu erhalten. In diesem Zusammenhang
können sich Rituale als gefährlich erweisen. Rituale, wie z. B. das der
Frauenbeschneidung, werden durchgeführt ohne den Sinn des Rituals zu
hinterfragen und obwohl das Ritual massive gesundheitliche Konsequenzen
mit sich führt.
Passend zu diesem Kontext bezeichnet Paul Sartori Rituale als glücklich
machende „erhaltenden Mächte im Volksleben“ und stellt fest:
Aber sie haben auch Tausende in quälende Fesseln geschmiedet,
geknechtet und zu Märtyrern gemacht. Sie sind nur allzu oft für das
Handeln das geworden, was für das Reden die leere Phrase ist. Sie
wollen doch nun einmal allem Tun die typische Form aufdrängen.
Rituale sind jedoch noch mehr. Sie sind ein unterstützendes Handwerkszeug
in der Erziehung, sie sind eine Elementarform des religiösen
Handelns, sie sind eine Orientierungsmöglichkeit im sozialen Miteinander
der Gesellschaft.
In der vorliegenden Hausarbeit möchte ich mich mit dem Thema “Rituale”
auseinander setzen. Zu Beginn der Ausarbeitung werde ich beleuchten
was ein Ritual ist und welche verschiedenen Ritualformen existieren. Im
weiteren Verlauf werde ich näher auf das Übergangsritual und das
Opferritual eingehen. Anhand des vedischen Opferrituals werde ich den Vorgang des Opferrituals veranschaulichen. Anschließend werde ich die
Bedeutung des Rituals für die Gesellschaft untersuchen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition Ritual
3. Ritualformen
3.1 Das Ubergangsritual
3.2 Das Opferritual
4. Die Bedeutung von Ritualen
5. Abschlussbemerkung
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Es gibt wohl kaum eine menschliche Gemeinschaft in der absolut keine Rituale existieren. Rituale sind in den Alltag verankert und werden auch zu besonderen Anlässen vollzogen. Sie können sowohl mit freudigen Ereignissen als auch mit automatisierten Verhaltensabläufen oder ein-schränkenden Vorschriften in Verbindung gebracht werden.
Rituale sind seit jeher ein wichtiger Bestandteil der Kultur und werden oft aus Angst vor Werteverfall oder vor Verlust der Identifikation mit der eigenen Kultur versucht aufrecht zu erhalten. In diesem Zusammenhang können sich Rituale als gefährlich erweisen. Rituale, wie z. B. das der Frauenbeschneidung, werden durchgeführt ohne den Sinn des Rituals zu hinterfragen und obwohl das Ritual massive gesundheitliche Konse-quenzen mit sich führt.1
Passend zu diesem Kontext bezeichnet Paul Sartori Rituale als glücklich machende „ erhaltenden Mächte im Volksleben" und stellt fest:
Aber sie haben auch Tausende in quälende Fesseln geschmiedet, geknechtet und zu Märtyrern gemacht. Sie sind nur allzu oft für das Handeln das geworden, was für das Reden die leere Phrase ist. Sie wollen doch nun einmal allem Tun die typische Form aufdrängen.2
Rituale sind jedoch noch mehr. Sie sind ein unterstützendes Handwerks-zeug in der Erziehung, sie sind eine Elementarform des religiösen Handelns, sie sind eine Orientierungsmöglichkeit im sozialen Miteinander der Gesellschaft.
In der vorliegenden Hausarbeit möchte ich mich mit dem Thema "Rituale" auseinander setzen. Zu Beginn der Ausarbeitung werde ich beleuchten was ein Ritual ist und welche verschiedenen Ritualformen existieren. Im weiteren Verlauf werde ich näher auf das Ubergangsritual und das Opferritual eingehen. Anhand des vedischen Opferrituals werde ich den Vorgang des Opferrituals veranschaulichen. Anschliellend werde ich die Bedeutung des Rituals für die Gesellschaft untersuchen.
2. Definition Ritual
Rituale können als gesonderte Form menschlichen Verhaltens verstanden werden.3
Ab wann eine Handlung als Ritual bezeichnet werden kann und welche Aspekte diese Handlung zu einem Ritual werden lassen ist jedoch strittig. Die jeweiligen Auffassungen bezüglich dieser Fragestellung unterliegen einem stetigen Wandel, der sowohl durch das vorherrschende Zeitalter als auch durch den Hintergrund der definierenden Person beeinflusst wird. Die Bestimmung eines festen Rahmens für das Ritual erweist sich des Weiteren als äullerst kompliziert.
Im aktuellen Lexikonbeitrag des Meyersonlinelexikon wird das Ritual in zwei Kategorien unterteilt und definiert :
1) allgemein : (soziales) Verhalten, das mit Regelmälligkeit zu bestimmten Anlässen in immer gleicher Form abläuft; meist traditionsbestimmt.
2) Religionswissenschaft : Ritual, kultischer Handlungsablauf (Worte,
Gesten, [symbolische] Handlungen), der mit religiöser Zielsetzung (Verehrung Gottes, der Götter beziehungsweise des als heilig Angesehenen) festgelegten Regeln (Zeremonien) folgt.4
Ervin Goffman bezeichnet das Ritual als
eine mechanische, konventionalisierte Handlung, durch die ein Individuum seinen Respekt und seine Ehrerbietung für ein Objekt von höchstem Wert gegenüber diesem Objekt oder seinem Stellvertreter bezeugt.5
Während Victor Turner ein Ritual als ein
vorgeschriebenes formalisiertes Verhalten für Gelegenheiten, die noch keine Routine geworden sind und die einen Bezug zum Glauben an mystische 1...] Kräfte oder Wesen haben, die als ursächlich für den erstrebten Effekt angesehen werden.6
versteht.
Um trotz der fehlenden allgemeingültigen Definition des Phänomens Ritual, ein Ritual bestimmen zu können, schlägt Axel Michaels fünf Kernpunkte vor, die eine Handlung zu einem Ritual werden lassen:
1. Ursächliche Veränderungen
Jedes Ritual wird als eine Art Grenzüberschreitung vollzogen und steht daher immer in einem Zusammenhang mit einer Veränderung. Das Ritual markiert den Beginn des Wechsels in eine andere Dimension und bestimmt den Zeitpunkt.
2. Förmlicher Beschluss
Rituale werden niemals willkürlich oder spontan, sondern immer in einer bestimmten Absicht ausgeführt. Häufig wird mittels eines Eides oder eines Schwurs der förmliche Beschluss, der dem Ritual zu Grunde liegt, aufgezeigt.7
3. Formale Handlungskriterien
Ein weiteres Kriterium eines jeden Rituals ist die Erfüllung von formalen Handlungskriterien. Die Handlungen müssen u.a. stereotyp, repetitiv und unwiderruflich sein.
Rituale können aullerdem nicht umwandelbar sein. Eine wiederholt durchgeführte Handlungsabfolge, die, um ein besseres oder schnelleres Resultat zu erzielen, abgeändert wird, kann also nicht als Ritual bezeichnet werden.8
4. Modale Handlungskriterien
Die Durchführung des Rituals bezieht sich auf die Gemeinschaft, hat jedoch auf jeden Teilnehmer eine individuelle Wirkung. Aullerdem muss eine rituelle Handlung immer transzendent sein.9
5. Die Veränderung der persönlichen Ebene der Teilnehmer
Durch das Vollziehen des Rituals muss eine spürbare Veränderung eintreffen. Es kann eine Veränderung der Identität, der Rolle, des Status oder der Kompetenz des Teilnehmers sein.10
Nur wenn alle fünf Kriterien auf eine Handlung zu treffen, kann lt. Michaels von einem Ritual gesprochen werden.
Es ist also weder eine einheitliche und allgemeingültige Definition des Phänomens „Ritual" vorhanden, noch existiert ein definitiver Kriterienka-talog zur Bestimmung eines Rituals. Dieser Umstand kann damit erklärt werden, dass sich, wie bereits angesprochen, die Forschungsschwer-punkte der definierenden Personen unterscheiden und es aullerdem eine enorme Vielfalt der Erscheinungsformen von Ritualen gibt.
3. Ritualformen
Es gibt nicht nur unzählige verschiedene Rituale, sondern auch divergierende Ritualformen.11
Rituale können in indirekte- und direkte Rituale unterschieden werden. Indirekte Rituale werden Beispielsweise mit Hilfe eines Gebetes oder einer kultischen Handlung durchgeführt. Die Wirkung des Rituals ist hierbei von einer äulleren Macht oder mehreren äulleren Mächten abhängig. Mit der Durchführung des indirekten Rituals sollen beispielsweise Geister, Dämonen oder Götter dazu gebracht werden, das Anliegen der Ritual-teilnehmer zu verwirklichen. Die Wirkung des Rituals tritt folglich nicht unmittelbar ein.
[...]
1 Vgl. Schnüll, Petra / TERRE DES FEMMES (Hrsg.) :Weibliche Genitalverstümmelung. Eine fundamentale Menschenrechtsverletzung. Göttingen 1999. S. 26.
2 Sartori, Paul; zitiert nach Näser, Marion: Ritual als Zwang - Im Kontext religiöser Praktiken. Universität Marburg 2004. S. 3.
3 Vgl. Michaels, Axel: Zur Dynamik von Ritualkomplexen. Heidelberg 2003. S. 3.
4 Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG
5 Goffman, Ervin: Das Individuum im öffentlichen Austausch. Frankfurt/Main 1982. S. 139.
6 Turner, Victor; zitiert nach Wolberg, Raphaela : Riten und Rituale. Universität Trier 2002. S. 4.
7 Vgl. Michaels, Axel: „Le rituel pour le rituel" oder wie sinnlos sind Rituale?. In : Caduff, Corinna / Pfaff-Czarnecka, Johanna: Rituale heute. Theorien - Kontroversen — Entwürfe. Berlin 1999. S. 30f.
8 Ebd. S. 34.
9 Ebd. S. 36.
10 Ebd. S. 38.
11 Vgl. Burkard, Franz-Peter / Harth, Dietrich (Hrsg.) : Normen und Rituale. Darstellung, Deutung, Umdeutung. Einige hermeneutische Uberlegungen. Heidelberg 2004. S. 4.
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- Silvana von der Weppen (Author), 2009, Das Phänomen Ritual, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129830
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