1975 entwickelten Paul Allen und Bill Gates für die Firma MITS ihr erstes Produkt, ein BASIC für den Intel 8080. Im Zuge dieser Entwicklung entstand Microsoft, die Firma, die "effiziente Software für Mikroprozessoren entwickelt und implementiert, in jeder Größenordnung und in jeder Komplexität", wie es in der ersten Werbung hieß. Aus diesen bescheidenen Anfängen entstand der größte Software-Konzern der Welt (Borchers 2015). Microsoft war 1998 in den USA in ein Kartellverfahren verwickelt. Dieses Verfahren soll in dieser Arbeit aus ökonomischer Sicht analysiert werden. Dazu wird zunächst eine Übersicht über den Ablauf des Falls geliefert, um danach zu untersuchen ob Microsoft im definierten Markt eine Monopolstellung besaß und wenn ja, ob diese mithilfe wettbewerbsbeschränkender Maßnahmen aufrechterhalten wurde. Es wird außerdem zu untersucht, ob die Konsumenten aufgrund von Microsofts Geschäftspraktiken wirtschaftlichen Schaden genommen haben oder eventuell sogar profitiert haben. Zudem werden die gegen Microsoft verhängten wirtschaftlichen Gegenmaßnahmen kritisch hinterfragt. Abschließend folgt ein Fazit über die wettbewerbspolitischen Erkenntnisse aus dem Fall.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Chronologie des Falls
3. Analyse des Falls
3.1 Softwaremarkt
3.2 Monopolstellung Microsoft
3.3 Aufrechterhaltung der Monopolstellung durch wettbewerbsbeschränkende Praktiken
4. Schaden für Konsumenten
5. Gegenmaßnahmen
6. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
1975 entwickelten Paul Allen und Bill Gates für die Firma MITS ihr erstes Produkt, ein BASIC für den Intel 8080. Im Zuge dieser Entwicklung entstand Microsoft, die Firma, die "effiziente Software für Mikroprozessoren entwickelt und implementiert, in jeder Größenordnung und in jeder Komplexität", wie es in der ersten Werbung hieß. Aus diesen bescheidenen Anfängen entstand der größte Software-Konzern der Welt (Borchers 2015). Microsoft war 1998 in den USA in ein Kartellverfahren verwickelt. Dieses Verfahren soll in dieser Arbeit aus ökonomischer Sicht analysiert werden. Dazu wird zunächst eine Übersicht über den Ablauf des Falls geliefert, um danach zu untersuchen ob Microsoft im definierten Markt eine Monopolstellung besaß und wenn ja, ob diese mithilfe wettbewerbsbeschränkender Maßnahmen aufrechterhalten wurde. Es wird außerdem zu untersucht, ob die Konsumenten aufgrund von Microsofts Geschäftspraktiken wirtschaftlichen Schaden genommen haben oder eventuell sogar profitiert haben. Zudem werden die gegen Microsoft verhängten wirtschaftlichen Gegenmaßnahmen kritisch hinterfragt. Abschließend folgt ein Fazit über die wettbewerbspolitischen Erkenntnisse aus dem Fall.
2. Chronologie des Falls
Zunächst soll folgende Chronologie (ntv 2001) eine Übersicht über den Ablauf des Verfahrens verschaffen. Dabei werden lediglich die für diese Arbeit relevanten Daten berücksichtigt.
18. Mai 1998 - Das Justizministerium und 20 US-Staaten reichen Klage gegen Microsoft wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht ein. Der Hauptvorwurf: Microsoft missbrauche seine monopolartige Stellung mit dem Betriebssystem Windows, um Netscape vom Browser-Markt zu drängen.
19. Oktober 1998 - Der Prozess gegen Microsoft wird eröffnet.
5. November 1999 - In einer Tatsachenfeststellung folgt Richter Thomas Penfield Jackson in allen Punkten der Klage.
3. April 2000 - Richter Jackson spricht Microsoft des wettbewerbswidrigen Verhaltens schuldig und muss noch über die Strafe entscheiden.
28. April 2000 - Die US-Regierung fordert im Plädoyer ihrer Anwälte die Zerschlagung von
Microsoft in je ein Unternehmen für Betriebssysteme und für Anwendungsprogramme.
7. Juni 2000 - Richter Jackson verhängt das Urteil: Microsoft soll in zwei getrennte Unternehmen zerschlagen werden. Microsoft geht in Berufung.
26. Februar 2001 - Beginn der mündlichen Verhandlung im Microsoft- Berufungsverfahren.
28. Juni 2001 - Das Berufungsgericht hebt das Zerschlagungsurteil auf, hält den Vorwurf, Microsoft habe sein Monopol illegal ausgenutzt, aber aufrecht. Ein niedrigeres Gericht soll das Strafmaß für das wettbewerbswidrige Verhalten festsetzen.
6. September 2001 - US-Regierung kündigt an, nicht mehr auf eine Zerschlagung des Konzerns zu drängen. Auch der Vorwurf, die Integration des Internet Browsers Explorer in das Betriebssystem sei illegal gewesen, soll nicht weiterverfolgt werden. Die Regierung will eine Änderung der Geschäftspraktiken von Microsoft erreichen.
31. Oktober 2001 - Microsoft und das US-Justizministerium erzielen nach Berichten in US-Medien eine gütliche Einigung.
3. Analyse des Falls
3.1 Softwaremarkt
Bevor das Verhalten Microsofts auf dem Softwaremarkt analysiert werden kann, gilt es zunächst die natürlichen Wettbewerbsprozesse, v.a. im Bezug auf Preis und Innovation auf jenem Markt zu untersuchen.
Ein wichtiger Faktor sind sog. „Netzexternalitäten“. Sie lassen sich wie folgt formalisieren: ui = ui (S, T) d.h. der Nutzen ui eines Individuums i an einem Netz angeschlossen zu sein, ist abhängig von dessen Technologie T und von der Anzahl der insgesamt angeschlossenen Teilnehmer S (vgl. Knieps 2007, S.120f). Von positiven Netzexternalitäten spricht man, wenn der Nutzen des Individuums steigt, je mehr Teilnehmer insgesamt am Netz angeschlossen sind. Dies führt dazu, dass auf einem Markt mit mehreren nicht-kompatiblen Produkten eine Tendenz zur Dominanz eines einzelnen Anbieters/Systems herrscht. Sind die angebotenen Systeme der Produzenten untereinander jedoch kompatibel, ist ein Wettbewerb mehrerer Anbieter bei völlig homogenen Präferenzen der Nutzer nicht ausgeschlossen (vgl. Fichert 1998, S.346). Ein weiteres besonderes Merkmal auf dem Softwaremarkt sind die einerseits zwar hohen Entwicklungsaufwendungen („sunk costs“) für Computerprogramme, andererseits die aber geringen Grenzkosten, zu denen die Programme vervielfältigt werden können. Bei der wie oben durch die Netzexternalitäten beschriebenen tendenziell monopolistischen Ausgangslage auf dem Softwaremarkt ist das etablierte Unternehmen also weitestgehend vor einem Preiswettbewerb mit einem potentiellen Konkurrenten geschützt, da der Konkurrent mit einer Preisunterbietung des etablierten Unternehmens rechnen muss. Das gilt allerdings nur, wenn der potentielle Konkurrent ein etwa gleichwertiges Produkt auf den Markt bringt. Entwickelt eine Firma ein neues, in den Augen der Nachfrager hochwertigeres Produkt als das bereits vorherrschende, würde dies mit einer höheren Zahlungsbereitschaft einhergehen. Trotz der prinzipiell vorhandenen Möglichkeit des Markteintritts innovativer Newcomer gibt es gewisse „strukturelle“ Marktzugriffsschranken, die dem etablierten Unternehmen zugutekommen. Hier sind v.a. Startvorteile im Innovationswettbewerb zu nennen, die sich etwa aus absoluten Kostenvorteilen ergeben, z.B. Know-how der Entwicklungsabteilung oder eventuell vorhandene geistige Eigentumsrechte (vgl. Fichert 1998, S.346f.).
3.2 Monopolstellung Microsoft
Um die Geschäftspraktiken Microsofts aus ökonomischer Sicht zu analysieren, ist es sinnvoll folgende Fragen zu beantworten:
- Besaß Microsoft in dem Markt für PC-Betriebssysteme eine Monopolstellung?
- Hielt Microsoft diese Monopolstellung durch wettbewerbseinschränkende Praktiken aufrecht?
Um die erste Frage zu beantworten, muss der Begriff des Monopols definiert werden. Hierbei handelt es sich um eine Marktform, bei der auf der Angebotsseite nur ein aktueller Verkäufer vorhanden ist (Angebotsmonopol), während auf der Nachfrageseite viele kleine Nachfrager existieren (vgl. Piekenbrock/Henning 2008, S.217). Weiterhin muss der Markt definiert werden, auf dem Microsoft eine vermeintliche Monopolstellung besaß. In diesem Fall definierte das Bundesbezirksgericht von Columbia den relevanten Markt als diesen aller Intel-kompatiblen PCBetriebssysteme weltweit, obwohl Microsoft widersprach und den Markt weitläufiger definieren wollte (vgl. Motta 2004, S.513). Nun soll Microsofts Marktmacht auf jenem relevanten Markt untersucht werden. Zwei zentrale Punkte geben in dieser Hinsicht Aufschluss. Erstens betrug Microsofts Marktanteil auf dem relevanten Markt ca. 90% (vgl. Page/Lopatka 2007, S.38). Zweitens existiert für potentielle Konkurrenten eine starke Barriere in jenen Markt einzutreten, die Microsofts Position automatisch schützt. Diese Barriere hängt mit den bereits beschriebenen Netzexternalitäten zusammen. Die meisten Konsumenten bevorzugen Betriebssysteme, für die bereits eine hohe Anzahl von Softwareanwendungen programmiert wurden und die meisten Entwickler bevorzugen es Anwendungen für Betriebssysteme zu schreiben, die bereits eine hohe Anzahl von Nutzern haben (vgl. Motta 2004, S.514).
Prof. Richard Schmalensee, Microsofts Wirtschaftsexperte in dem Verfahren, argumentierte jedoch, dass sich Microsoft nicht wie eine Firma mit Monopolmacht verhalte. Ausgehend von seiner Ermittlung der Nachfrageelastizität für PCs, kalkulierte er, dass der Monopolpreis für Windows mindestens 16-mal so hoch sein müsste wie der tatsächliche Marktpreis. Prof. Franklin Fischer war einer der Experten auf Seiten der US-Regierung in dem Verfahren und Prof. Daniel Rubinfeld war führender Ökonom des US-Justizzentrum für den Großteil des Verfahrens. Sie argumentieren, dass Microsofts Preise durchaus mit langfristigen Monopolpreisen übereinstimmen, wenn man die Faktoren mit einbezieht, die Microsoft dazu veranlassen, ihre Preise nicht übermäßig hoch anzusetzen. Zu diesen Faktoren zählt bspw. die Anzahl der Nutzer weiter zu erhöhen, eine Nachfrage für komplementäre Produkte zu schaffen und das illegale Kopieren der Software zu verhindern (vgl. Gilbert/Katz 2001, S.29). Das Berufungsgericht stimmte dem Befund des Bundesbezirksgerichtes zu, dass Microsoft im relevanten Markt Monopolmacht besaß. Dies ist auch die herrschende Meinung in der Fachliteratur zu diesem Thema.
3.3 Aufrechterhaltung der Monopolstellung durch wettbewerbsbeschränkende Praktiken
Um diese Frage zu beantworten, ob Microsoft seine Monopolstelllung durch wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen aufrecht erhielt, gilt es zunächst wettbewerbsbeschränkende Praktiken zu definieren. Die Föderale Handelskommission der USA definiert diese im Originallaut als “unfair business practices that are likely to reduce competition and lead to higher prices, reduced quality or levels of service, or less innovation” (FTC 2018). Die Geschäftspraktiken Microsofts wurden vom Berufungsgericht im Bezug auf den sog. „Sherman Act“, ein 1890 in den USA erlassenes Wettbewerbsgesetz, untersucht. Der 2.Abschnitt des Sherman Act, der Monopolisierung thematisiert, lautet im Original wie folgt: „Every person who shall monopolize, or attempt to monopolize, or combine or conspire with any other person or persons, to monopolize any part of the trade or commerce among the several States, or with foreign nations, shall be deemed guilty of a felony . . .“ (Adkinson/Grimm/Bryan 2008, S.3).
Im Folgenden werden ausgewählte Geschäftspraktiken Microsofts beschrieben und ökonomisch analysiert (Motta 2004, S.515-519).
I) Ausgestellte Lizenzen an Erstausrüster
Erstausrüster sind in diesem Fall Firmen, die Hardware verkaufen, auf denen Windows bereits vorinstalliert ist. Microsoft wird vorgeworfen, in den Windows- Lizenzen, die Microsoft an diese Firmen verkauft, Klauseln eingebaut zu haben, die den Benutzeranteil vom Browser „Netscape Navigator“, dem direkten Konkurrenten zu Microsofts Browser Internet Explorer, reduzieren sollen. Die erste Klausel verbot den Erstausrüstern das Entfernen von Desktop Icons, Ordnern und Startmenüeinträgen, die den Internet Explorer betreffen. Die zweite Klausel verbot den Erstausrüstern, etwas an der ursprünglichen Bootsequenz von Windows zu ändern.
Die dritte Klausel verbot den Erstausrüstern, das Aussehen des Windows-Desktops zu verändern. Das Berufungsgericht ordnete die drei Klausen allesamt als wettbewerbsbeschränkend ein.
II) Vereinbarungen mit Internet-Anbietern
Microsoft bot zahlreichen Internet-Anbietern den Browser Internet Explorer zu einem sehr günstigen Preis oder sogar kostenlos an. Weiterhin bot Microsoft den Internet-Anbietern Anreize dafür, den Internet Explorer zu vermarkten, z.B. indem sie den Internet-Anbietern für jeden ihrer Kunden, der den Internet Explorer benutzte, eine Prämie zahlten. Das Berufungsgericht erklärte in dieser Hinsicht, dass es legal sei ein Produkt zu einem attraktiven oder sogar negativen Preis anzubieten, selbst für einen Monopolisten. Microsoft hatte des Weiteren eine Vereinbarung mit dem damals führenden Internet-Anbieter „AOL“. Die Vereinbarung beinhaltete, dass Microsoft das AOL-Icon permanent auf dem Windowsdesktop platziert und AOL seinen Kunden im Gegenzug ausschließlich den Internetbrowser Internet Explorer anbietet. Andere Browser wurden nur auf ausdrücklichen Wunsch der Kunden angeboten und selbst dann durfte der Anteil der Browser, bei denen es sich nicht um Internet Explorer handelt, nur 15% betragen. Das Berufungsgericht entschied, dass diese Vereinbarung den „Netscape Navigator“ von einem effizienten Vertriebskanal ausschließe und somit den 2.Abschnitt des Sherman Act verletzt.
III) Geschäftspraktiken im Bezug auf Java
Java ist eine Technologie-Reihe, die von Sun Microsystems entwickelt wurde. Als Plattform für Software-Entwicklung stellte es, ähnlich wie der Netscape Navigator im Bezug auf Browser, eine gewisse Bedrohung für Windows dar. Microsoft wurde beschuldigt insgesamt vier Praktiken durchgeführt zu haben, die darauf abzielten Java daran zu hindern eine plattformunabhängige Bedrohung für Microsoft zu werden.
a.) Microsoft entwickelte eine virtuelle Java-Maschine, mit der Java-Anwendungen auf Windows schneller liefen als mit Java von Sun Microsystems. Zudem war Microsofts Java-Maschine inkompatibel mit Suns Java. Das Berufungsgericht entschied, dass dieses Vorgehen nicht per se wettbewerbsbeschränkend sei und sogar Innovation fördert, da im Prozess ein hochwertigeres Produkt entstand.
b.) Microsoft traf zahlreiche Vereinbarungen mit führenden, unabhängigen Softwareherstellern, die Vorteile für jene Softwarehersteller beinhalteten, sofern diese Microsoft zum Programmieren anstelle von Suns Java nutzten. Diese Vereinbarungen schlossen Suns Java von einem bedeutenden Vertriebskanal aus und beschützten damit Microsofts Monopolstellung. Das Berufungsgericht urteilte, dass diese Vorgehensweise von Microsoft den zweiten Abschnitt des Sherman Act verletzen.
c.) Im Zuge des Verfahrens tauchten Dokumente auf, die bewiesen, dass Microsoft Java-Entwickler täuschen wollte. Während die Entwickler im Glauben waren, plattformunabhängige JavaAnwendungen zu programmieren, handelte es sich tatsächlich um ausschließlich mit Windows kompatiblen Anwendungen. Das Berufungsgericht urteilte, dass diese Vorgehensweise den Sherman Act verletzte.
d.) Die Firma „Intel“ arbeitete 1995 an der Entwicklung einer hochwertigen Java-Maschine. Microsoft wird vorgeworfen, Intel daraufhin mit ökonomischen Vergeltungsmaßnahmen gedroht zu haben, wenn diese das Projekt, welches eine schnelle, plattformunabhängige Java-Maschine hervorgebracht hätte, nicht stilllegten. Intels Programm hätte Microsofts Monopolstellung gefährdet. Das Berufungsgericht urteilte, dass dieses Verhalten den 2.Abschnitt des Sherman Act verletze.
Zusammenfassend lassen sich folgende Beobachtungen darlegen (vgl. Rubinfield/Fischer 2001, S.3f):
- Microsoft erlangte im relevanten Markt Monopolmacht
[...]
- Quote paper
- Anonymous,, 2016, United States vs. Microsoft Corporation. Analyse des Rechtsfalls im Hinblick auf Wettbewerbspolitik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1297373
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