Diese Arbeit ist mit dem Ziel entstanden, Verbindungen zwischen negativen affektiven Faktoren, genauer die der Verbitterung und möglicher, daraus resultierender politischer Wahlentscheidungen als Ausdruck von Destruktionswünschen zu beleuchten. Sie konzentriert sich auf die nationalen Ausformungen der beschriebenen Zusammenhänge, beleuchtet also die Anziehungskraft der zum Entstehungszeitpunkt dieser Arbeit stärksten rechtspopulistisch agierenden Partei in Deutschland, der Alternative für Deutschland (AfD).
INHALTSVERZEICHNIS
1 Einleitung
1.1 Relevanz der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit
1.3 Forschungsleitende Überlegungen und forschungsleitende Frage
2 Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
2.1 Theoretischer Hintergrund Rechtspopulismus
2.2 Theoretische Betrachtung zu Wirkfaktoren rechtspopulistischer Inhalte
2.3 Forschungsstand zu Wirkfaktoren rechtspopulistischer Inhalte im Kontext
2.4 Theoretische Betrachtung Verbitterung
2.4.1 Verbitterung als Emotion
2.4.2 Posttraumatische Verbitterungsstörung (PTED)
2.4.3 Diagnostische Instrumente zur Abbildung von Verbitterung
2.5 Ungerechtigkeitserleben und Erleben von Herabwürdigungen
2.5.1 Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit
2.5.2 Herabwürdigung oder Demütigung
2.6 Forschungsstand zu Auslösern und Wirkung von Verbitterung
2.7 Weiterführende Forschung
3 Empirie
3.1 Qualitative Sozialforschung
3.2 Offenheit
3.3 Der Umgang mit dem Menschen in der qualitativen Forschung
4 Methodik
4.1 Auswahl des passenden qualitativen Interviews
4.1.1 Das problemzentrierte Interview nach Witzel
4.1.2 Problemzentrierung
4.1.3 Gegenstandsorientierung
4.1.4 Prozessorientierung
4.1.5 Instrumente des problemzentrierten Interviews
4.1.6 Gestaltung des problemzentrierten Interviews
4.2 Konkrete Ausgestaltung des problemzentrierten Interviews/Konzeption
4.3 Die T ranskription als Datenaufbereitungsmethode
4.4 Das Zirkuläre Dekonstruieren als Auswertungsverfahren
4.4.1 Analyseebene 1: Auswertung der Einzelinterviews
4.4.1.1 Auswertungsschritt 1: Motto formulieren für den Text
4.4.1.2 Auswertungsschritt 2: Nacherzählung des Textes
4.4.1.3 Auswertungsschritt 3: Stichwortliste
4.4.1.4 Auswertungsschritt 4: Themenkatalog
4.4.1.5 Auswertungsschritt 5: Paraphrasierung
4.4.1.6 Auswertungsschritt 6: Die Bildung zentraler, interviewspezifischer Kategorien
4.4.2 Analyseebene 2: Systematischer Vergleich der Interviews
4.4.2.1 Auswertungsschritt 1: Synopsis
4.4.2.2 Auswertungsschritt 2: Verdichtung
4.4.2.3 Auswertungsschritt 3: Komparative Paraphrasierung
4.4.3 Idiosynkrasie als Möglichkeit der Forschungsanreicherung
5 Durchführung der Untersuchung
5.1 Zugang zum Feld
5.1.1 Samplingstrategie
5.1.2 Teilnehmendenakquise
5.1.3 Beschreibung Samples
5.2 Ablauf der Interviews
6 Darstellung der Interviewauswertung
6.1 Aufteilung der Analysedarstellung auf Schriftteil und Anhang
6.2 Darstellung und Format Auswertungstabellen
7 Auswertung der Interviewdaten
7.1 Analyseebene1: Kurzvorstellungen der Interviewpartner, Mottos und zusammenfassende Nacherzählung der einzelnen Interviews
7.1.1 Kurzvorstellung, Motto und zusammenfassende Nacherzählung IP1 (M)
7.1.2 Kurzvorstellung, Motto und zusammenfassende Nacherzählung IP2 (V)
7.1.3 Kurzvorstellung, Motto und zusammenfassende Nacherzählung IP3 (B)
7.2 Analyseebene 1: Anmerkung Stichwortliste
7.3 Analyseebene 1: Anmerkung zum Themenkatalog
7.4 Analyseebene 1: Eigenheiten der Interviews
7.5 Analyseebene 2: Synopsis der Kategorien
7.5.1 Synopsis
7.5.2 Reflexion über einzelne zentrale Kategorien
7.6 Analyseebene 2: Durch Verdichtung identifizierte Konstrukte
7.7 Analyseebene 2: Beschreibung der Konstrukte
7.7.1 Konstrukt 1: Vertrauen in Staat und Politik
7.7.2 Konstrukt 2: Ich bin jemand, wir sind wer
7.7.3 Konstrukt 3: Unanständiger Umgang miteinander
7.7.4 Konstrukt 4: Ungerechtigkeit
7.7.5 Konstrukt 5: Ordnung und Struktur
7.8 Analyseebene 2: Komparative Besprechung der Konstrukte
7.8.1 Konstrukt 1: Vertrauen in Staat und Politik
7.8.1.1 Vertrauen in Staat und Politik M
7.8.1.2 Vertrauen in Staat und Politik V
7.8.1.3 Vertrauen in Staat und Politik B
7.8.2 Konstrukt 2: Ich bin jemand, wir sind wer
7.8.2.1 Ich bin jemand, wir sind wer M
7.8.2.2 Ich bin jemand, wir sind wer V
7.8.2.3 Ich bin jemand, wir sind wer B
7.8.3 Konstrukt 3: Unanständiger Umgang miteinander
7.8.3.1 Unanständiger Umgang miteinander M
7.8.3.2 Unanständiger Umgang miteinander V
7.8.3.3 Unanständiger Umgang miteinander B
7.8.4 Konstrukt 4: Ungerechtigkeit
7.8.4.1 Ungerechtigkeit M
7.8.4.2 Ungerechtigkeit V
7.8.4.3 Ungerechtigkeit B
7.8.5 Konstrukt 5: Ordnung und Struktur
8 Diskussion
8.1 Annäherung an die forschungsleitende Fragestellung
8.1.1 Diskussion der Ergebnisse für IP1: M
8.1.2 Diskussion der Ergebnisse für IP2: V
8.1.3 Diskussion der Ergebnisse für IP3: B
8.2 Qualität der Ergebnisse
8.2.1 Reliabilität
8.2.2 Validität
8.2.3 Triangulation
8.2.4 Objektivität/Intersubjektivität
8.2.5 Repräsentativität (Generalisierbarkeit)
8.2.6 Prozessuale Qualitätskriterien
8.3 Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
A Einzelinterviewauswertung
A. 1 Auswertung IP1
A. 1.1 Motto IP1
A.1.2 Zusammenfassende Nacherzählung IP1
A.1.3 Stichwortliste und thematische Zuordnung IP1
A.1.4 Themenliste aus den Stichworten IP1
A.1.5 Paraphrasierung IP1 unter Verwendung der nummerierten Themen
A.1.6 Zentrale Kategorien IP1
A.1.7 Eigenheiten im Interview IP1
A.2 Auswertung IP2
A.2.1 Motto IP2
A.2.2 Zusammenfassende Nacherzählung IP2
A.2.3 Stichwortliste und thematische Zuordnung IP2
A.2.4 Themenliste aus den Stichworten IP2
A.2.5 Paraphrasierung IP2 unter Verwendung der nummerierten Themen
A.2.6 Zentrale Kategorien IP2
A.2.7 Eigenheiten im Interview IP2
A. 3 Auswertung IP3
A.3.1 Motto IP3
A.3.2 Zusammenfassende Nacherzählung IP3
A.3.3 Stichwortliste und thematische Zuordnung IP3
A.3.4 Themenliste aus den Stichworten IP3
A.3.5 Paraphrasierung IP3 unter Verwendung der nummerierten Themen
A.3.6 Zentrale Kategorien IP3
A.3.7 Eigenheiten im Interview IP 3
B Komparative Auswertung
B. 1 Synopsis der Kategorien
B. 2 Verdichtung der zentralen Kategorien zu Konstrukten
C Transkripte
C. 1 Interview IP1
C. 2 Interview IP2
C.3 Interview IP3
D Interviewleitfaden
E Postskript Interview
F Transkriptionsregeln
G Einverständniserklärung zur Datennutzung
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Übersicht Forschung zu Wirkfaktoren von Inhalten rechtspopulistischer Parteien ..30
Tabelle 2: Beispieldarstellung Themenkatalog 46
Tabelle 3: Beispieltabelle Synopsis zentrale Kategorien 47
Tabelle 4: Übersicht Interviewpartner 53
Tabelle 5: Synopsis der zentralen Kategorien 67
Tabelle 6: Auflistung der Konstrukte und der jeweils konstruktbildende Kategorien 69
Tabelle 7: Stichwortliste mit Zeilenangabe IP1 119
Tabelle 8: Themenliste, farbcodiert geordnet nach Häufigkeit absteigend IP1 120
Tabelle 9: Identifizierte Themen, Verdichtung und daraus abgeleitete Konstrukte IP1 122
Tabelle 10: Stichwortliste mit Zeilenangabe IP2 132
Tabelle 11: Themenliste, farbcodiert geordnet nach Häufigkeit absteigend IP2 133
Tabelle 12: Identifizierte Themen, Verdichtung und daraus abgeleitete Konstrukte IP2 136
Tabelle 13: Stichwortliste mit Zeilenangabe IP3 148
Tabelle 14: Themenliste, farbcodiert geordnet nach Häufigkeit absteigend IP3 149
Tabelle 15: Identifizierte Themen und zentrale Kategorien IP3 152
Tabelle 16: Synopsis der Kategorien 154
Tabelle 17: Zentrale Kategorien und daraus verdichtete Konstrukte 155
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
In den letzten zehn Jahren konnten rechtspopulistische Parteien, bzw. deren Führungspersonal nicht nur national (vgl. Wirth, 2019, S. 5; Geilen & Mullis, 2021, S. 129) und international in westlich demokratischen Ländern ihr Wählendenpotenzial erhöhen (vgl. Abts et al., 2021, S. 22), sondern sie konnten auch mehr und mehr in politische Führungs- bzw. in Regierungsverantwortung gelangen (vgl. Mullis & Zschocke, 2019, S. 2). Als eindringliches Beispiel für das Erstarken rechtspopulistischer Kräfte ist auf internationaler Ebene die Präsidentschaft von Donald Trump als fünfundvierzigster Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu nennen, auf nationaler Ebene denkt man an den politische Aufstieg der Partei Alternative für Deutschland (AfD) seit 2015. Die AfD ist mittlerweile in allen Landtagen vertreten und besetzt zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit 86 Sitze im Deutschen Bundestag. Im Zuge dessen ist eine merkliche Steigerung der allgemeinen Aggressivität- und eine Radikalisierung im politischen Miteinander zu beobachten. Sowohl im Austausch der Parteien untereinander, zwischen den Strömungen innerhalb der AfD, aber auch im öffentlichen Auftreten rechtspopulistischer Parteien hat sich der Ton verschärft. Radikalität in den Aussagen werden zum Qualitätsmerkmal in der politischen Meinungsbildung, je polarisierender desto besser, so scheint es. Jan Lohl, Markus Brunner und Hans- Jürgen Wirth bemerken, dass Polarisierung, Zuspitzung und Aggression einen Kern rechtspopulistischen Wirkens bilden, da diese Art von Politik immer auf Katastrophenpolitik zulaufe, die mit Feindbildern arbeite (vgl. 2019, S. 6). Einige Inhalte dieser Katastrophenpolitik machen besonders nachdenklich. Rechtspopulistische Parteien erzielen Erfolge dadurch, dass sie explizit und implizit die teilweise, oder totale Ablehnung bisher geltender gesellschaftlicher Werte ausdrücken. Auch taucht die Ablehnung demokratischer Gepflogenheiten, -Institutionen und -Organe immer wieder auf. Als ein exemplarischer Höhepunkt der populistischen Neuverhandlung gesellschaftlicher Werte sei auf internationaler Bühne der Ausspruch von Donald Trump von 2016 genannt, er könne auf der Fifth Avenue einen Menschen auf offener Straße erschießen und würde trotzdem keine Wählendenstimmen verlieren (unter anderem aufgegriffen von Hölter & Röhling, Der Spiegel, 2016). Hierzulande können als Beispiel das laut geäußerte Vorhaben eines hochrangigen AfD Politikers nach dem Wahlerfolg der Partei bei der Bundestagswahl 2017 gelten, man werde die amtierende Bundeskanzlerin jagen, oder die von einer hochrangigen Parteifreundin befürwortete Waffengewalt gegen geflüchtete Frauen und Kinder. Eine von der Forschung dem Rechtspopulismus zugeschriebene rechtsnationale (vgl. Celik, 2020), oder auch rechtsextreme Ideologie (vgl. Wirth, 2019) versteckt die AfD teilweise kaum noch, sondern bringt sie mehr und mehr offen zum Ausdruck (vgl. Celik et al., 2020, S. 150, Wirt 2019, S. 10). Rechtspopulistische Parteien generieren jedoch mit gezielten Grenzüberschreitungen und mittels einer Politik regressiver Tendenzen hohen Zulauf. Regressive Politik meint die Ausweitung einer politischen Praxis, die auf der Verteidigung und dem Ausbau exklusiver Privilegien basiert; Politik, die eher das Trennende als das Gemeinsame, Exklusion und Abwertung des Anderen, anstelle von Inklusion betonen, die vermeintlichen Vorteile für die eigene Klientel, statt gesellschaftlicher Solidarität forcieren (vgl. Mullis & Zschocke, 2019, S. 2). Hierbei steht aber eben nicht der Nutzen der so genannten Ingroup im Fokus, sondern zunächst das Identifizieren von Outgroups, also soziale Gruppen, die nach rechtspopulistischem Selbstverständnis aus verschiedenen Gründen nicht Teil der nativen Gesellschaft sein sollten (in der Regel Migrantinnen1 ). Diesen sozialen Gruppen soll mindestens aber der Zugang zu allgemein zugänglichen Ressourcen erschwert oder gänzlich verwehrt werden. Auch werden etablierte parlamentarische Regierungs- und Oppositionsrepräsentantinnen Gegenstand von Attacken unter dem Vorwurf der illegitimen, vom „echten“ Wahlvolk abgekoppelten Interessenvertretung (Elitenlobbyismus). Diese Art von Aggressivität, Radikalität und Affinität zur Spaltung zeigt sich anziehend für Wählerinnen dieser Parteien, bzw. deren Führungsfiguren und wird an den Wahlurnen goutiert. Lohl, Brunner und Wirth weisen im Hinblick auf Anschlussfähigkeit rechtspopulistischer Inhalte darauf hin, dass Rechtspopulismus die Sorgen und Ängste der Menschen nicht ernst nehme, vielmehr nehme er sie lediglich auf, um sie auf affektiver Ebene noch zu steigern (vgl. 2019, S. 6). Er schafft ein kollektives Unbehagen, indem er Ängste, Ohnmachtserfahrungen und Kränkungen seiner Anhänger aufgreift und sie potenziert, bietet aber keine realitätsgerechten Ideen an, die gesellschaftliche Situation zu verbessern, sondern lediglich Feindbilder, als Ursache für Unbehagen oder eigenes Leiden (vgl. Lohl, Brunner & Wirth, 2019, S. 7). Das Angebot ist es dann, gegen die vermeintlichen Verursacher des Leidens vorzugehen. Zusammengefasst: Ziel ist es nicht, Lösungen für Probleme zu generieren, ebenso wenig, die Lebenssituation einer identifizierten Klientel zu verbessern. Ziel ist es, die Lebenssituation der ,Feinde' zu verschlechtern. Es eröffnet sich für den Autor ein Frageraum, der den Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit darstellt: Wie kann ein Narrativ als Wahlmöglichkeit attraktiv erscheinen, das in aggressivem Ton, inhaltlich auf Disruption fokussiert und grundsätzlich darauf, bestimmten Gesellschaftsgruppen ein Prosperieren, oder die Teilnahme am gesellschaftlichen Miteinander erschweren-, oder verunmöglichen zu wollen? Was geschieht auf affektiver Ebene bei Wählenden, damit auf Handlungsebene die Verbesserung der eigenen Situation in den Hintergrund rückt, die Verschlechterung der Situation von anderen in den Vordergrund (Verschlechterung meint den erschwerten Zugang zu Ressourcen für Outgroups, Minderung der Herrschaftsmacht einer identifizierten abgehobenen Elite, rigide Exekutivmaßnahmen für Ordnungsorgane zu Lasten liberalerer Rechtsräume, etc.)? Inwieweit stellt ein versprochener Verlust, den andere zu erwarten haben, für einen Teil der Wählenden rechtspopulistischer Parteien einen erstrebenswerten Wert an sich dar? In diesem Kontext bietet sich dem Autor der Arbeit ein Blick auf einen speziellen affektiven Zustand an, der durch eine Reihe von negativen Lebensereignissen ausgelöst werden kann. Das Phänomen der Verbitterung gerät an dieser Stelle in den Fokus, zunächst vor allem wegen im Forschungskontext bemerkenswerten Auswirkungen. Ein zentraler Wirkmechanismus der starken Verbitterung ist beispielsweise die entstehende Lust der verbitterten Person am Leid anderer (Linden & Arnold, 2021, S. 76). Der Verbitterungszustand charakterisiert sich unter anderem dadurch, dass Betroffene von Vergeltungswünschen gegenüber einer als ungerecht, kränkend, bzw. entwertend empfundenen Umwelt umgetrieben werden, wobei das Ungerechtigkeitserleben bei gleichzeitiger Ohnmacht der Erlebenden als besonders wirkmächtig angesehen wird (Ausführlich erläutert unter 2.4). Verbitterung hat nicht nur Beachtung in therapeutischen Debatten gewonnen, sondern findet sich in seiner pathologischen Ausformung, der posttraumatischen Verbitterungsstörung (Post Traumatic Embitterment Disoreder: PTED), im Kanon der psychischen Störungen im ICD-10, sowie ab 2022 im ICD-11 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) und auch im DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders). Die Verbitterung kann in diesem Zusammenhang bewirken, dass Betroffenen das eigene Fortkommen weniger wichtig scheint, stattdessen eine vergeltende Übertragung der eigenen, negativ empfundenen Lebenswelt auf die Umwelt an Wichtigkeit gewinnt. Eigenes Leiden an der Gesellschaft, in der man leben muss, wird auf diese Weise weniger verspürt. Man fügt eigenes Leiden projektiv, verbal und auch im Handeln anderen zu (vgl. Lohl, Brunner & Wirth, 2019, S. 7). Durch diese Übertragung wiederum entfällt die Notwendigkeit, Bedingungen des eigenen Unbehagens angreifen zu müssen (ebd.). Hier kann ein Erklärungsansatz sichtbar werden, wenn die Frage lautet, was eine Politik attraktiv macht, die Verluste für andere als grundlegendes Umsetzungsvorhaben bewirbt.
Diese Arbeit setzt sich dementsprechend zum Ziel, Verbindungen zwischen negativen affektiven Faktoren, genauer die der Verbitterung und möglicher, daraus resultierender politischer Wahlentscheidungen als Ausdruck von Destruktionswünschen zu beleuchten. Sie konzentriert sich aus ökonomischen Gründen auf die nationalen Ausformungen der beschriebenen Zusammenhänge, beleuchtet also die Anziehungskraft der zum Entstehungszeitpunkt dieser Arbeit stärksten rechtspopulistisch agierenden Partei in Deutschland, der Alternative für Deutschland (AfD).
1.1 Relevanz der Arbeit
Die in der Einleitung beschriebenen gesellschaftlich politischen, sensiblen Phänomene führen für den Autor dieser Arbeit zu einer Notwendigkeit zu verstehen, welche Inhalte rechtspopulistischer Parteien bei deren Wählerinnen aufgenommen werden und dort politisch meinungs-, willens-, und handlungsbildend wirken. Wir erleben ja nicht nur ein Erstarken der rechtspopulistischen politischen Repräsentanten, sondern auch eine enorme Verbreitung, ein Erstarken rechtspopulistischer Einstellungen (vgl. Betz, 2020, S. 3). Die tiefere Auseinandersetzung mit Erklärungsansätzen, theoretischen Überlegungen und Stellungnahmen verschiedener Autorinnen zu diesem beobachtbaren Erstarken rechtspopulistischer Einstellungen folgt unter 2.2. Für die Darlegung der Relevanz dieser Arbeit für den Autor an dieser Stelle wichtig: Man geht nicht mit einer kleinen Graswurzelbewegung um, sondern mit einer wachsenden Masse an wählenden Menschen, die rechte Einstellungen in sich trägt, weiterverbreitet, aber gleichzeitig leugnet (vgl. Lohl, Brunner & Wirth, 2019, S. 7). Wer die eigenen Einstellungen leugnet, leugnen muss, oder sie nicht als solche erkennen kann, der sieht in der Umsetzung dieser Einstellungen in Handlung auch keine Gefahr für ein Bestehen demokratischen, friedlichen Zusammenlebens (vgl. ebd.). Auf Seiten der politischen Akteurinnen wiederum werden Ziele sichtbar, die einsichtig und erreichbar erscheinen, vor allem aber auf das Zur-Disposition-Stellen von demokratischem Zusammenleben abzielen (vgl. Schütz, Kollmorgen & Schöller, 2021, S. 12). Wie geht man mit einer Massenbewegung um, die in Teilen ihre Einstellungen nicht verorten will, es teilweise nicht einmal kann und mit Akteurinnen, denen dieser Umstand in die Hände spielt? Die Frage des Umgangs betrifft zudem nicht nur Wählende mit rechtsextremistischen Einstellungen. Die AfD findet ja nicht nur Zulauf an stark oder teilweise rechtsextremistisch eingestellten Wählenden. Wie ist mit den nicht rechtsextremistisch eingestellten Wählenden umzugehen? Nach einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung unter Robert Vehrkamp vertreten
„knapp acht Prozent aller Wahlberechtigten in Deutschland ein geschlossen rechtsextremes Weltbild. Der Anteil manifest rechtsextremer Einstellungen bleibt damit auch im langfristigen Vergleich eher gering. Neu ist aber seine starke parteipolitische Konzentration in der AfD. Der Anteil der Wählerinnen mit einem geschlossen rechtsextremen Weltbild ist in der AfD fast viermal so hoch wie im Durchschnitt aller Wahlberechtigten. Beinahe ein Drittel der AfD-Wählenden (29 Prozent) ist manifest rechtsextrem eingestellt. Ein weiteres Viertel (27 Prozent) vertritt latent rechtsextreme Einstellungen. Insgesamt sind damit deutlich mehr als die Hälfte aller AfD-Wählenden (56 Prozent) latent oder manifest rechtsextrem eingestellt.“ (Vehrkamp, 2021, S. 1)
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass 44 Prozent der AfD-Wählenden nicht rechtsextremistisch eingestellt sind. Hier ist zu fragen, wie dieser Zulauf von Menschen ohne rechtsextreme Einstellungen zu erklären sein kann, wie rechtspopulistische Inhalte Anschlussfähigkeit finden. Soziologische- und sozialpsychologische Forschung wird Umgangsmöglichkeiten identifizieren- und Strategien entwerfen müssen, Spaltungsprozessen entgegenzuwirken. In den Auseinandersetzungen mit anschlussfähigen rechtspopulistischen Inhalten ist fortgesetzt von Frustration und Unzufriedenheit zu lesen. Was bedeuten diese diffusen Begriffe genau und welche Handlungsmöglichkeiten können wir als Gesellschaft ableiten? Wann wird eine Unzufriedenheit zum Problem? Welches aktive Handeln oder Unterlassen löst sie aus? Dahingehend wird es nötig werden, solche affektive Faktoren zu verstehen und zu erforschen, die zu Anschlussfähigkeit rechtspopulistischer Inhalte führen. Wenn sich rechtspopulistisches Wirken und zunehmend radikalere Inhalte für Wählendenschichten attraktiv zeigen und damit die Erfolge an den Wahlurnen größer werden, lohnt sich der Blick auf Erklärungsräume jenseits der Sachebene.
Es konnten vom Autor der vorgelegten Arbeit keine wissenschaftlich forschenden Auseinandersetzungen ausfindig gemacht werden, die direkt auf Verbindungen von Wahlpräferenzen von Wählenden rechtspopulistischer Parteien und Verbitterungsphänomenen in Deutschland abstellen, dieses Forschungsfeld wurde von Hans-Jürgen Wirth 2019 lediglich theoretisch eröffnet. Eine ethnografische Studie von Arlie Hochschild ist 2016 in den USA erschienen, die sich mit dem „geplatzten amerikanischen Traum" beschäftigt, mit Menschen, die sich abgehängt fühlen, den Staat hassen und sich der rechtspopulistischen Tea-Party-Bewegung angeschlossen haben. Phänomene der Verbitterung und deren Wirkungen sind dort behandelt. Hierzulande steht eine forschende Auseinandersetzung mit den beschriebenen Vorgängen noch aus. Ein aktives Begehen dieses Forschungspfades kann aus genannten Gründen folgende relevante Beiträge leisten:
1. Eine qualitative Forschung im Rahmen einer Masterthesis kann im Kontext für weitere Forschungen zu Verbitterungserleben und dessen Rolle bei der Wahl von rechtspopulistischen Parteien als eine Vorstudie dienen. Weitere Forschung kann sich dann auf den Umgang mit Erkenntnissen über das Zusammenwirken von verbitternden emotionalen Faktoren und rechtspopulistischem Wahlverhalten beschäftigen. Angenommen, die beschriebenen Verbindungen zeichnen sich tatsächlich ab, gäbe es durchaus Anlass, den Umgang mit rechtspopulistisch Wählenden zu überdenken. Ein zielführender Umgang müsste entwickelt werden, falls sich empirisch verdichten lässt, dass Wählende oder Sympathisanten rechtspopulistischer Parteien
- weniger durch Aussicht auf zukünftige Befriedigung eigener Bedürfnisse motiviert werden,
- Argumentation, Austausch, Inhalte oder Fakten ebenso als wenig relevant erachten, wie
- die Möglichkeit gehört zu werden,
sondern aufgrund von Ungerechtigkeitserleben und weiteren Verbitterungsmerkmalen keine alternativen Entscheidungsmöglichkeiten als lohnend betrachten können. Eine Erklärungsansatz könnte für den Umstand entwickelt werden, dass Wählende als Teil einer anonymen Masse dem Drang nach destruktivem Wirken nachgehen, in Ermangelung anderer als sinnvoll erlebter Handlungsoptionen. Ein Motiv würde sichtbar. Dieser denkbare Beitrag der vorzulegenden Arbeit kann Motive auch auf Seiten der aktiven Politikerinnen erklären. Denn rechtspopulistische Parteien sind Systeme, deren Handeln sich auch aus Aushandlungs- und Abstimmungsprozessen ihrer Einzelakteurinnen herausbildet. Beispielsweise kann man aktiven AfD-Politikerinnen, eben den Einzelakteurinnen, neben karrierestrategischen Motiven auch andere Gründe für ihr politisches Handeln unterstellen. Ein Entschluss, sich aktiv innerhalb der rechtspopulistischen AfD politisch zu engagieren, mag womöglich auch in Verbitterungserfahrungen begründet sein. Für beide Seiten, also für die Seite der Wählenden, als auch für die Seite rechtspopulistischer Politikerinnen, kann dem Betrachter eine Perspektiverweiterung zu affektiv begründeten Handlungsmotiven ermöglicht werden.
2. Es kann ebenso für die Forschung um die posttraumatische Verbitterungsstörung durchaus hilfreich sein, mögliche Verbindung zwischen einzelnen Symptomen der PTED (ohne, dass das Vorliegen einer PTED bejaht werden muss) und dem Aufstieg rechtspopulistischer Parteien herzustellen. Diese denkbaren Verbindungen können dann auf die Frage hin forschend weiterverfolgt werden, ob es eine komplexe Form der PTED, als Folge wiederholter und kumulativer Kränkungserfahrungen gibt.
1.2 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit zeigt zunächst forschungsleitende Überlegungen des Autors und schließt die Darstellung der forschungsleitenden Frage an. Theoretische Betrachtungen zu den Themenkomplexen Rechtspopulismus und Verbitterungserleben folgen und sind im Anschluss durch den aktuellen Forschungsstand thematisch zu vervollständigen. Das Forschungsherangehen ist nachfolgend zu erläutern. Die Wahl eines Forschungsweges ist darzulegen und wird begründet durch Betrachtung der qualitativen Forschungsweise und ihrer Prinzipien. Die Auswahl einer qualitativen Erhebungsmethode von relevanten Daten wird besprochen und begründet, die vorliegende Arbeit verwendet das problemzentrierte Interview nach Witzel. Folgerichtig wird dann auch die Wahl der Auswertungsmethode besprochen und begründet, vorliegend das Zirkuläre Dekonstruieren nach Jaeggi, Faas und Mruck. Die erhobenen Daten werden dann ausgewertet und dargestellt. Die Auswertung wird im Hauptteil der Arbeit aufgrund der Datenfülle nur ausschnittweise dargestellt, die vollständige Darstellung aller Schritte findet sich im Anhang. Das Vorgehen zur Gewinnung von Ergebnissen muss auf Gütekriterien qualitativer Forschung prüfend besprochen werden. Anschließend ist der Gehalt der Auswertungsergebnisse diskutierend in Bezug zu Forschungsanliegen und der forschungsleitenden Fragestellung zu setzen. Der Autor positioniert seine Ergebnisse dann und schließt die Arbeit mit einem Ausblick auf denkbare, weiterführende Forschung ab.
1.3 Forschungsleitende Überlegungen und forschungsleitende Frage
Diese Arbeit bespricht das Wesen von rechtspopulistischen Parteien in westlichen Demokratien und beleuchtet deren Inhalte, abseits von Wahl- und Parteiprogrammen, insbesondere jene der AfD. Es ergeben sich aus den einleitenden Gedanken weitergehende forschungsrelevante Fragen, die in die eigentliche Forschungsfrage münden:
Für welche Inhalte stehen populistische Parteien in westlichen Demokratien, mit welchen Motiven und welchem handlungstragenden Wesenskern? Wie werden rechtspopulistische Inhalte von potenziellen Wählenden affektiv aufgenommen und unter welchen Voraussetzungen entfalten sie welche Wirkung? Über diese Auseinandersetzung verfolgt die Ausarbeitung das Ziel, die affektive Anschlussfähigkeit rechtspopulistischer Inhalte außerhalb sozioökonomischer Wirkfaktoren (jedoch unter Berücksichtigung dieser) bei potenziell rechtspopulistisch Wählenden zu beleuchten. Zum anderen setzt die Arbeit die Erkenntnisse aus der Ausarbeitung zu rechtspopulistischen Wirkfaktoren mit Überlegungen zu Verbitterungsphänomen in Beziehung. Eine Forschungsfrage, die impliziert, dass eine massenhafte pathologische Störung (die genannte Posttraumatische Verbitterungsstörung) als Erklärungsmöglichkeit für destruktives Verhalten durch Wahl in Frage kommen könnte, geht dem Autor zu weit, schon Jörg Blech warnte 2014 vor der Pathologisierung von verbreiteten, negativ erlebten Alltäglichkeiten (vgl. Blech, 2014, S. 22.). Der Autor dieser Ausarbeitung entscheidet sich daher für eine offene Herangehensweise an denkbare affektive Faktoren, die innerhalb der Untersuchung auftreten können. Der Blick des Autors der vorzulegenden Arbeit soll für die Identifikation von einzelnen Merkmalen, bzw. Wirkfaktoren von Verbitterung offengehalten werden, wie beispielsweise Ungerechtigkeitserleben. Die Suche gilt einzelnen Verbitterungsmerkmalen und einzelnen Auslösern von Verbitterungserfahrungen, anstatt psychische Störungen zu vermuten oder zu unterstellen. Die Besprechung der posttraumatischen Verbitterungsstörung dient lediglich dazu, die Spannweite von Verbitterungserleben und dessen Wirkpotenzial zu verdeutlichen. Die Frage nach Zusammenhängen2 von einzelnen Verbitterungsmerkmalen und Wählendenpräferenzen für rechtspopulistische Parteien scheint sinnvoll, weil durch dieses Herangehen Wirkung, Ursachen und entsprechende Gegenmaßnahmen von Verbitterungserleben im Kontext greifbar werden können, auch ohne auf eine pathologische Störung zu schließen. Die vorzulegende Arbeit sucht in der Literatur nach dem Auftauchen von Verbitterungsfaktoren als identifizierte Teilaspekte von Anschlussfähigkeit und Anziehungskraft rechtspopulistischer Agenden. Die Ausarbeitung bewegt sich dementsprechend entlang folgender Forschungsfrage:
Inwieweit sind emotionale Faktoren, insbesondere Verbitterungserleben, bei Wählenden als wahlentscheidungsbeeinflussend beschreibbar, bezogen auf die Anschlussfähigkeit von Inhalten rechtspopulistischer Parteien?
2 Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
Zunächst ist der Begriff Rechtspopulismus zu definieren. Es folgt die theoretische Besprechung von rechtspopulistischen Inhalten und deren Wirkungspotenzial. Die nicht abschließende Diskussion der dazugehörigen, im Kontext relevanten Forschungsveröffentlichungen schließt sich an. Ein Überblick über die Definition und Theorie des Phänomens Verbitterung folgt und leitet über auf den aktuellen Forschungsstand zu Verbitterung.
2.1 Theoretischer Hintergrund Rechtspopulismus
Zur Annäherung an eine Definition von Populismus im Allgemeinen schreibt Frank Decker 2018:
„Wer die politikwissenschaftliche Literatur seit Einsetzen des Forschungsbooms Ende der 1990er-Jahre rekapituliert, wird hier wenig Erkenntnisfortschritt feststellen.“ (S. 345)
Was populistische Parteien abschließend inhaltlich ausmacht, kann im Sinne einer einheitlich allgemeingültigen Definition nicht vorgelegt werden, ein Konsens zu einem ideenbasierten Ansatz zeichnet sich in der modernen Populismusforschung allerdings ab (vgl. Mudde, 2020, S. 15). Kernidee von populistischen Anliegen ist demnach die Unterteilung der Gesellschaft in zwei homogene, antagonistische Gruppen. Spezifischer: eine Unterscheidung zwischen rechtschaffenem Wahlvolk einerseits und einer abgehobenen, korrupten Elite andererseits. Diese Ideendefinition geht von geteilten gesellschaftlichen Werten aus, wobei sich die Rechtschaffenen auf dem Boden dieser Werte bewegen, die abgehobene Elite aber nicht (Pesthy et al., 2021, S. 71). Populistische Bewegungen deklamieren für sich die Kernaufgabe, die Belange des rechtschaffenen Wahlvolkes hörbar zu machen und sie gegenüber der Elite durchzusetzen, bzw., die Elite zu bekämpfen, oder sogar möglichst abzuschaffen (vgl. Jansen, 2011, S. 79). Autorinnen, die insbesondere zu rechtem Populismus forschen, beziehen sich in den theoretischen Überlegungen beinahe durchgängig auf die Vorarbeit Muddes und auf seine gemeinsamen Arbeiten mit Kaltwasser (vgl. Mudde, 2020, S. 14; Mudde & Kaltwasser 2017).
Rechtspopulismus beinhaltet zusätzlich die Exklusivitätsidee des Volksbegriffs (Mudde, 2021, S. 20). Das heißt, rechtspopulistische Parteien identifizieren Ingroups und Outgroups (in der Regel Migrantinnen) und leiten ab, inwieweit sich das native Volk von der Outgroup unterscheiden sollte, zum Beispiel beim Zugang zu Ressourcen oder bei der Frage, welche gesellschaftlichen-, moralischen-, oder kulturellen Werte als gültig zu betrachten sind (vgl. Betz, 2020, S. 6). Hier zeigt sich in Abgrenzung zum Populismus die Komponente des Nativismus, der den Belangen einer nativen, also ursprünglich angestammten Bevölkerung absoluten Vorrang zuschreibt (ebd.). Insofern werden beispielsweise durch Einwanderung oder auch durch gesellschaftliche Innovationsprozesse bedingte, progressive Neuverhandlungsprozesse und gesellschaftliche Grenzverschiebungen abgelehnt. Man verändert also ein Kernmerkmal demokratisch liberaler Gesellschaften: weit verbreitete, historisch kulturell gewachsene moralische Werte weiterzuentwickeln und zu verhandeln, im Selbstverständnis, diese auch zu teilen und zu leben. Die Veränderung besteht darin, dass diese Werte nach Verständnis der Nativisten einer Ingroup vorbehalten bleiben sollen (vgl. Crimston et al., 2016, S. 641). Praktisch bedeutet das die Pflicht des Staates, zuallererst für das Wohlergehen und das Fortkommen einer ursprünglichen Bevölkerung zu wirken, unter welchen Kriterien man diese Ursprünglichkeit auch immer annehmen mag (vgl. Betz, 2020, S. 7). Dieser Anspruch an den Staat wird von einigen Autorinnen auch aus dem rechtspopulistischen Merkmal des Producerism abgeleitet. Producerism bezeichnet die Haltung, dass denjenigen, die mit ihrer harten Arbeit Ressourcen generieren (der hartarbeitende kleine Mann, oder auch der Mittelstand), auch die Herrschafts- und Verfügungsgewalt über diese generierten Güter zustehe. Unverdienten Eliten (unverdiente Eliten können zum Beispiel Spekulantinnen, Bankerinnen, vor allem aber Politikerinnen sein), die selbst nicht arbeiten und selbsterklärend auch Fremden steht aus dieser Producerism-Perspektive weniger zu (Abts et al., 2020, S. 24). Dass diese Zuordnung zu In und Out, Verdiente und Unverdiente, oder Berechtigte und Unberechtigte ihre Wirkung am besten in einem abgeschlossenen, möglichst homogenen Staatsgebilde entfaltet, ein strenger Nationalismus mithin auch zum rechtspopulistischen Inhaltskanon gehören muss, wird einsichtig (vgl. Betz, 2020. S. 12; Abts et al., 2020, S. 22).
Im Zusammenhang mit rechtspopulistischen Parteien sind Zuschreibungen wie far-rightwing-party, right-wing-populist-party (z.B. bei Pesthy et al., 2021), stark konservative Partei (z.B. bei Lammers et al. 2017) u.a. zu nennen, da rechtspopulistische Parteien in den einschlägigen Artikeln fortwährend mit diesen Begriffen in Zusammenhang gebracht, oder diese sogar synonym verwendet werden, bzw. sich diese Begrifflichkeiten aus Perspektive der jeweiligen Studie heraus auf Eigenschaften einer rechtspopulistischen Partei anwenden lassen. Die Abstufung, ob und wann eine Partei rechtspopulistisch, rechtsextrem-light, rechtsextrem oder autoritär-nationalradikal (Heitmeyer, 2018, S. 234 ff) gelabelt wird, ist theoretisch umstritten. So geht beispielsweise der Begriff Rechtspopulismus einigen Autorinnen im Zusammenhang mit der AfD nicht weit genug, weil er die hart autoritären-, sowie extrem rechten Elemente nicht deutlich genug abbildet (vgl. Mullis & Zschocke, 2019, Einleitung, S. 2). Der formal aufgelöste „Flügel“ der AfD wurde und wird vom deutschen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch betrachtet und beobachtet (Merkel, Beres & Wolf, 2021). Eine begriffliche Verortung als rechtsextrem ist somit zumindest für Teile der AfD opportun. Um Programmatik und Auftreten der AfD zu beschreiben, ist in der Forschung aber nach wie vor Rechtspopulismus der geläufigste Begriff (vgl. Mullis & Zschocke, 2019, S. 4). Auf den semantischen Widerspruch zum Populismusbegriff weist Frank Decker hin, wenn er die bekannten Provokationen der rechtspopulistischen Parteien charakterisiert. Denn
„diesen kommt es in ihrer Opposition zum Establishment ja nicht darauf an, breitest mögliche Zustimmung zu gewinnen. Vielmehr verzichten sie bewusst auf die Zustimmung relevanter Bevölkerungsteile, indem sie sich als Außenseiter darstellen und gerade keine populären, sondern in ihrer Radikalität provozierende und tabubrecherische Forderungen vertreten. Genau das verschafft ihnen Glaubwürdigkeit unter den eigenen Anhängern.“ (2018, S. 355)
Hans-Georg Betz identifiziert im Zuge der Diskussion um gebrochene Tabus ein weiteres Merkmal, die Politik der Schamlosigkeit. Diese bringt für rechtspopulistisch wirkkende Kräfte Vorteile, denn:
„... in the same context, arguably most troubling, the advance of a political culture of “shamelessness” [is] reflected in expressions of open racism, anti-Semitism, and the disparaging of sexual minorities.“ (2020, S. 4)
Je schamloser, desto attraktiver für diejenigen, die sich wünschen, sich beispielsweise für Rassismus nicht schämen zu müssen.
2.2 Theoretische Betrachtung zu Wirkfaktoren rechtspopulistischer Inhalte
Die Gesellschaft sieht sich, wie einleitend besprochen, hierzulande einer spürbaren Verbreitung, einem Erstarken rechtspopulistischer Einstellungen gegenüber (vgl. Betz, 2020, S. 3). Für Matthias Quent ist dieses Erstarken ein nur scheinbares. Diese Einstellungen existierten vielmehr schon lange Jahre in breiten Teilen der Gesellschaft, lediglich träten sie als ein Phänomen jüngerer Tendenzen zu Tage (vgl. 2019, S. 48). Diese Tendenzen sind laut Jan Lucas Geilen und Daniel Mullis: einerseits eine liberaler werdende Gesellschaft und eine Abnahme extrem rechter Einstellungen; andererseits die Zunahme von Polarisierung, während die Rechte einen Radikalisierungsprozess vollzieht (vgl. 2021, S. 130). Für Quent (2019, S. 55) handelt es sich bei den Bestrebungen von Rechtsaußen um „einen erbitterten Versuch“, liberale Terraingewinne rückgängig zu machen. Es zeigt sich, dass in den letzten Jahren die Menschen nicht „massenhaft rechtsradikal geworden“ sind, sondern eher sei nunmehr das Potenzial „zum Handeln aktiviert“ worden (Quent, 2019, S. 48). Insgesamt hätten sich rechtsextreme Einstellungen, rassistische Ressentiments und antidemokratische Haltungen lange vor dem Aufstieg der AfD in der Mitte der Gesellschaft gefunden (Geilen & Mullis, 2021, S. 131). Lediglich träten diese Einstellungen und Inhalte in jüngster Zeit politisch und gesellschaftlich zu Tage und würden salonfähig (vgl. Arzheimer, 2019, S. 91, auch Betz, 2020, S. 4). Dabei werden sie von rechtspopulistischen Parteien optisch und rhetorisch an heutige Marketingstandards angepasst und in wirksame Öffentlichkeitsarbeit integriert (Dörr, 2021). Nach Lohl, Brunner und Wirth treten Menschen, die rechtsextremistische Einstellungen teilen, nicht als organisierte Rechtsextreme auf, sehen sich selbst in der Regel auch nicht als solche, sondern zählen sich eher zur politischen Mitte der Gesellschaft (Lohl, Brunner & Wirth, 2019, S. 6, auch Krause et al., 2015, S. 59). Die Verortung in die politische Mitte, also die Abgrenzung zum Nazismus, kann das Ziel verfolgen, Demokratiefeindlichkeit, Menschenfeindlichkeit und eine Affinität zu körperlicher Gewalt (die Hemmschwelle zum Einsatz von Gewalt gegen vermeintlich Fremde sinkt laut Bundesinnenministerium bundesweit [BdI., 2016, S. 41]) vom „Ruch des Rechten reinzuwaschen“ (Krause et al., 2015, S. 59). Für die Seite der Akteurinnen einer neurechten Metapolitik beschreiben Johannes Schütz, Raj Kollmorgen und Steven Schäller 2021 das Hinarbeiten dieser Akteure darauf, den Ort der gesellschaftlichen Mitte zu besetzen, unter anderem mit dem Ziel,
„die Grundkoordinaten der Republik so zu verschieben, dass - gleichsam durch die Hintertür - verfassungspolitische und politisch-kulturelle Setzungen etwa mit Blick auf Freiheit, Gleichheit und Menschenwürde disponibel erscheinen und umgeschrieben werden können.“ (Schütz, Kollmorgen & Schäller, 2021, S. 12) 3
Dieser Umgang der Wählenden mit eigenen Einstellungen kann individuell benötigt werden, um das eigene Selbstbild nicht in die Nähe von gewalttätigem Nazismus rücken zu müssen, bzw. eine Selbstverortung auf dem Boden der Demokratie noch annehmen, oder konstruieren zu können (vgl. Willemse & von Ameln, 2018, S. 126).
Auslösende Faktoren für die Hinwendung nicht unerheblicher Bevölkerungsanteile zu rechtspopulistischen Inhalten werden innerhalb der Wissenschaft lebhaft diskutiert. Ein Lager vertritt die Ansicht, dass wirtschaftlich regionale Besonderheiten als Hauptfaktoren anzusehen seien, zum Beispiel Gefährdungen durch Globalisierung, Digitalisierung, Angst vor Verarmung, Veränderungen der nationalen Mittelschichten (wirtschaftliches „Modernisierungsverlierertum“). Wolfgang Merkel führt an, dass diejenigen Teile der Bevölkerung, die sich durch die Globalisierung und ihre Auswirkung bedroht fühlen, also eher eine wirtschaftliche, kulturelle und soziale Abschottung oder starke Regulierung wünschen, sich durch etablierte Parteien nicht länger auf kultureller, diskursiver oder ökonomischer Ebene repräsentiert ansehen (vgl. Merkel, 2017, S. 9). Das gegenüberstehende Lager nimmt sozioökonomische Faktoren als wirkmächtig an, sieht aber hauptsächlich politisch-kulturelle Ursachen. Daniel Mullis und Paul Zschocke stellen dazu 2019 fest:
„In den Gesellschaftswissenschaften besteht weitestgehend Einigkeit darüber, dass regressive Politiken Resultat von Globalisierungs- und Neoliberalisierungskrisen sind. Uneinigkeit herrscht hinsichtlich der Frage, wie sozioökonomische mit kulturellen bzw. identitätspolitischen Faktoren Zusammenhängen; und wie in diesem Kontext Migration und Zuwanderung bewertet werden. Auf der einen Seite gelten ökonomischer Abstieg, Prekarisierung und soziale Verunsicherung als treibende Prozesse; auf der anderen das Aufbegehren gegen Pluralisierung, Gleichstellungspolitiken, Zuwanderung und den Verlust (vermeintlich) eindeutiger Identitäten.“ (2021, S. 130)
Gemeinsames Element der identifizierten nichtsozioökonomischen Faktoren scheint ein realer oder empfundener Mangel an Anerkennung und Wertschätzung für Lebensentwürfe zu sein, bzw. ein Eindruck der Nichtberücksichtigung und als Folge Ressentiments. Wahlerfolge populistischer Parteien sind dann als Ausdruck einer Unzufriedenheit mit einem Status Quo zu sehen, in dem sich Wählende zurückgesetzt fühlen, in Wünschen und Problemen nicht beachtet und in ihren Interessen nicht vertreten (vgl. Köhlerschmidt, 2021, S. 23). Eine Synthese nichtökonomischer- und ökonomischer Faktoren ist ebenso zu betrachten, wenn ökonomische Faktoren nichtökonomische Faktoren erst auftreten lassen. Bei Rückbau oder Nichtzurverfügungstellung von Daseinsvorsorgeinstitutionen oder auch Infrastruktur, z.B. aufgrund von Bevölkerungsrückgang, kann es zu Frust und einem Gefühl von mangelnder Anerkennung durch den Staat kommen. Besonders problematisch wird dies in Situationen, wo Bewohnerinnen entsprechender ländlicher Räume auf der einen Seite den Rückbau der eigenen Lebenswelt zu beklagen haben, ein Zurverfügungstellen von Ressourcen an vermeintlich unwürdige Neuankömmlinge demgegenüber dann als Widerspruch und Verrat verstehen müssen (vgl. Köhlerschmidt, 2021, S. 25). Raj Kollmorgen argumentiert diese Perspektive weiterführend, spezifisch bezogen auf die erhöhte Anschlussfähigkeit populistischer Inhalte in den neuen deutschen Bundesländern im Vergleich zu den alten deutschen Bundesländern. Sozioökonomische Faktoren sind auch innerhalb dieser Debatte als ein Teil des Erklärungs-Puzzles auszumachen. Die Attraktivität der rechtspopulistischen Angebote insbesondere seit 2014 lässt sich laut Kollmorgen „durch Bezug auf sowohl demografische, sozioökonomische und sozialstrukturelle als auch langzeitig historisch geformte kulturelle Kontexte und Ursachen erklären.“ (2021, S. 164)
Als die langzeitig historisch geformten kulturellen Kontexte identifiziert Kollmorgen zunächst die Periode von der Reformation bis zum Beginn der Industrialisierung, die durch regionalgeschichtlich besondere Prozesse starke Heimatverbundenheit, Xenophobien und Paternalismusaffinität zeitigte und sich in rechtspopulismusaffinen Herrschafts- und Volksmentalitäten konsolidierte (vgl. Kollmorgen, 2021, S. 169). Weiterhin beschreibt Kollmorgen, dass der Staatsozialismus in seiner Ausgestaltung an diese Mentalitätsmuster anschloss, reihte sich doch das diktatorisch, scheindemokratisch zentralistische Regime nahtlos in Muster vorheriger paternalistischer Regime ein (ebd., S. 174). Der deutsche Wiedervereinigungsprozess bedeutete für die Mehrheit der Ostdeutschen zwar substanzielle Zugewinne an persönlicher Freiheit und Wohlstand, auch die Annäherung an Institutionen ehemaliger Sehnsuchtsorte, andererseits auch den Erfahrungsraum multipler Enteignungen, Entwertungen und Enttäuschungen (vgl. ebd. S. 177).
„Darauf reagierten große Teile der Bevölkerung mit links- und rechtspopulistischen, teils auch rechtsradikalen Einstellungssyndromen, ...die als politische Kulturen bestimmter ostdeutscher Milieus mittlerweile konsolidiert sind“ (ebd.)
Larry Diamond stellt schon 2015 eine generelle weltweite Rezession der Demokratiewilligkeit zur Debatte, in der sich Unzufriedenheit mit Demokratie als politisches System im Allgemeinen ausdrückt (vgl. Diamond, 2015). Blanchflower et al. stellen 2017 als Grund für Unzufriedenheit einen generellen Tiefpunkt der Lebenszufriedenheit im Alter zwischen Mitte 40 und Anfang 50 zur Debatte. In Gesellschaften, in denen Menschen zwischen Mitte 40 und Anfang 50 einen nicht unerheblichen Anteil der Bevölkerungen stellen, mögen Inhalte von politischen Bewegungen, die sich an Unzufriedene richten, durchaus verfangen.
2.3 Forschungsstand zu Wirkfaktoren rechtspopulistischer Inhalte im Kontext
Studien, die sich mit Erfolgsfaktoren rechtspopulistischer Agenden befassen, legen nahe, dass Wahl- oder Parteiprogramme, die auf sozioökonomische Interessen abstellen - in der Regel das Versprechen von Reversion oder Kompensierung wahrgenommener ökonomischer Verluste oder Gefährdungen durch Globalisierung, Digitalisierung, oder Veränderungen der nationalen Mittelschichten - zwar zu Wahlerfolgen rechtspopulistischer Akteurinnen beitragen, aber nur untergeordnet (vgl. Schwander & Manow, 2017). Ökonomische Faktoren sind demnach nicht allein geeignet, die jüngeren Erfolge der populistischen Parteien hinreichend zu erklären (vgl. Geilen & Mulis, 2021, S. 130). Europäische rechtspopulistische Parteien nehmen in ihren Programmen zwar Bezug auf ökonomische Faktoren, sie versprechen beispielsweise im Falle von Regierungskompetenzen bevorzugende Anpassungen im sozialstaatlichen Sektor zu Gunsten der Ingroup. Solche Versprechen zeigen sich aber als für Wahlerfolge nicht ausschlaggebend. (Abts et al., 2021, S. 34). Lokal fokussierte Studien zeigen, dass „dichotome Betrachtungen nicht tragen: Es sind ökonomische und kulturelle Faktoren, die in ihrer Interaktion regressive Tendenzen befördern. Jedoch gelingt es bisherigen Analysen nicht, die Frage zu beantworten, warum regressive Politiken gerade jetzt erstarken.“ (Abts et al., 2021, Zusammenfassung S. 2)
Es taucht in der Forschung auch ein Schluss auf, der den Fokus auf einen rational ökonomischen Faktor im Titel trägt:
„AfD-Unterstützer sind nicht abgehängt, sondern ausländerfeindlich“ (Schröder, 2018, S. 1)
Das Zusammenkommen nichtökonomischer- und ökonomischer Faktoren ist ebenso zu betrachten, insofern, dass ökonomische Faktoren emotionale Faktoren bedingen. Franz et al. beschreiben 2018, dass
„die AfD in weniger verdichteten Regionen mit ungünstiger demografischer Entwicklung vergleichsweise gut ab[schneidet]“ (Franz et al. 2018, S. 136)
Sie schließen daraus:
„...die demografische Entwicklung [bringe] in den weniger verdichteten Räumen auch ein Gefühl der Perspektivlosigkeit mit sich, wodurch Vertrauen in etablierte Parteien zu erodieren droht“ (ebd.)
Ganz ähnlich beschreibt Katja Salomo, dass eine „demografische Homogenität“, also regional „hohe Abwanderung, alternde Bevölkerung, hohe Überhänge von Männern im jungen und mittleren Erwachsenenalter“ (Salomo, 2019) in einem Gefühl der Abgehängtheit resultiert. Diese empfundene Deprivation resultiert in
„[der] Abwertung anderer sozialer Gruppen (Zugewanderte), um sich selbst und die eigene Gruppenidentität (Ansässige) wieder aufzuwerten und darüber die subjektiv erfahrene ungerechte Behandlung durch die Mehrheitsgesellschaft zu verarbeiten“ (Salomo, 2019)
Das Gefühl der Unzufriedenheit aufgrund mangelnder Anerkennung, welches dann zu einer Hinwendung zum Populismus führt, korreliert in diesem Zusammenhang mit messbaren ökonomischen Faktoren (vgl. Köhlerschmidt, 2021, S. 27). Die bereits angesprochene ethnografische, landesweite US-amerikanische Studie von Arlie Hochschild, die 2016 in den USA erschien, unterstützt dieses Ergebnis, da Menschen sich der rechtspopulistischen Tea-Party-Bewegung angeschlossen hätten, weil sie sich abgehängt fühlten, nicht weil sie es notwendigerweise auch tatsächlich wären. Diese Studie ist neben der enormen Fülle qualitativ erhobener Daten (Hochschild spricht von über 4000 Seiten Interviewmaterial von über 60 Interviews, 2016, S. 341) deshalb so bemerkenswert, weil Erleben von Resignation und Verbitterung ein zentrales Erklärungselement für extreme Handlungspräferenzen bilden. Ökonomische Faktoren werden also erst durch die damit verbundenen affektiven Auswirkungen wichtig. Tobias Widmann stellt 2021 fest, dass populistische Parteien in ihren Veröffentlichungen signifikant öfter Wording verwenden, das sich einerseits an negative Emotionen richtet und diese dann auch hervorruft (Widmann, 2021, S. 165). Der Beitrag „Extrem (und) unter Druck, die AfD im Superwahljahr“ von Jana Merkel, Eric Beres und Sabine Wolf im Auftrag des Mitteldeutschen Rundfunks vom 01.09.2021 unterstützt die Aussage Widmanns. Die Parteiaussteigerin Franziska Schreiber (ehemals Vorstandsmitglied der Jungen Alternative, der Jugendorganisation der Partei AfD) und der ebenfalls ausgestiegene Christian Hirsch (bis 2017 Mitglied und ehemaliger Fraktionsgeschäftsführer der AfD) äußern in Interviews die Strategie, durch Öffentlichkeitsarbeit bewusst Zorn und Wut bei potenziell Wählenden zu wecken, dann zu verstärken, als vereinendes Moment zur Profilbildung zu nutzen und als Unique Selling Point zu etablieren. Die offen- oder latent Wütenden sollen bei der AfD ihre politische Heimat finden. Das Dritte Reich würde bei Teilen der AfD nicht als warnendes Beispiel dienen, sondern „...als Blaupause. So können wir es wieder machen.“ (Originalton Christian Hirsch im Zuge des Interviews)
Das Erzeugen von Wut sei dafür ein anschlussfähiges Mittel. So zeigte eine Analyse über die Tätigkeit der AfD in Sozialen Medien, dass die zehn erfolgreichsten Posts der AfD bei Facebook (bezogen auf die Zeit seit dem ersten Lockdown ab 22.03.2020 bis August 2021) zu 67 Prozent die für Facebook-Nutzerinnen wählbare Reaktion „Wütend“ hervorriefen.
Maria Pesthy, Matthias Mader und Harald Schoen zeigen 2021, dass die AfD bei ostdeutschen Wählenden andere Einstellungen bedient, als bei westdeutschen (vgl. 2021, S. 69). Die Autoren unterscheiden zwischen Populismus und Nativismus als Hauptmotive der Zustimmung für die AfD. Während sie bei der deutschen Gesamtwählendenschaft ein leicht erhöhtes Niveau von populistischen und nativistischen Einstellungen im Osten gegenüber dem Westen ausmachen, identifizieren sie unter den ostdeutschen Wählende nativistische Einstellungen als relevanter bei der Wahlentscheidung, als für westdeutsche Wählende. Wie bereits angesprochen, zeigt Robert Vehrkamp in einer Studie der Bertelsmann-Stiftung von 2021 auf, dass 8 Prozent aller Wahlberechtigten in Deutschland ein geschlossen rechtsextremes Weltbild vertreten (Vehrkamp, 2021, S. 1), wobei eine parteipolitische Konzentration dieses Weltbildes in der AfD besonders stark ist. Der Anteil der Wählenden mit einem geschlossen rechtsextremen Weltbild ist in der AfD fast viermal so hoch wie im Durchschnitt aller Wahlberechtigten. Beinahe ein Drittel der AfD- Wählenden (29 Prozent) zeigt sich demnach als manifest rechtsextrem eingestellt. Ein weiteres Viertel (27 Prozent) vertritt latent rechtsextreme Einstellungen. Insgesamt zeigen sich damit deutlich mehr als die Hälfte aller AfD-Wählenden (56 Prozent) latent oder manifest rechtsextrem eingestellt (Vehrkamp, 2021, S. 1). Die Studie bezieht sich auf Ergebnisse einer Online-Umfrage mit 10.055 Befragten, durchgeführt im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Die Ergebnisse der Umfrage sind für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren repräsentativ. Teile der Analysen beziehen sich auf Ergebnisse des „Populismusbarometer 2020“. (Vehrkamp, 2021, S. 4).
2.4 Theoretische Betrachtung Verbitterung
2.4.1 Verbitterung als Emotion
Die beschriebenen Unzufriedenheitsfaktoren sind solche, die zu Verbitterung führen können. Verbitterung ist ein Stimmungszustand, der sich von anderen negativen Emotionen wie Depressionen, Hoffnungslosigkeit, Angst oder sogar Wut unterscheidet, obwohl es in Kombination mit solchen Emotionen auftreten kann (vgl. Linden & Maercker, 2011, S. 18). Verbitterung tritt dann auf, wenn eine Person wahrnimmt,
- abgelehnt, oder im Stich gelassen zu werden,
- in die Enge getrieben zu werden, dabei aber machtlos und handlungsunfähig zu sein,
- bloßgestellt, beleidigt oder diffamiert zu werden,
- ungerecht behandelt zu werden.
Diese Wahrnehmungen werden, in Verbindung mit einem Unterlegenheitsgefühl, als Verbitterungsreaktion mit dem Wunsch verbunden, sich wehren zu können, was dazu führt, dass betroffene Personen Rache- und Aggressionsfantasien gegenüber sich selbst und der Umwelt ausbilden (vgl. Linden & Arnold, 2021, S. 74), da sie in der akuten Erlebenssituation realerweise nicht in der Lage sind, sich zu wehren. Verbitterung wird als eine sich selbst verstärkende „masochistische Anpassungsreaktion“ bezeichnet, die bezogen auf auslösende Ereignisse ein Gefühl von Kontrolle, notfalls durch Selbstzerstörung, erzeugen soll (vgl. Alexander, 1960, S.41). Verbitterungsreaktionen müssen sich nicht immer in dieser extremen Ausformung zeigen, zumindest gehen sie aber einher mit der grundsätzlichen Inkaufnahme der eigenen Selbstbenachteiligung, oder -zerstörung. Verbitterungsreaktionen sind jedem Menschen allgemein bekannte emotionale Reaktionen, wobei diese i.d.R. auch wieder abklingen. Hansjörg Znoj sieht Verbitterung als Verbindungglied zwischen Aggression und Depression, denn im Stimmungszustand der Verbitterung sind nach Znoj noch beide Handlungsrichtungen für das Individuum denkbar: Aggressives, wehrhaftes Verhalten, bei Verfügbarkeit der dazu benötigten Mittel, aber auch Resignation und Depression, wenn der Handlungsimpuls aus vielen denkbaren Gründen verstreicht (2011, S. 8).
2.4.2 Posttraumatische Verbitterungsstörung (P TED)
Die Verbitterung in ihrer pathologischen Form wird als Verbitterungsstörung, bzw. Posttraumatische Verbitterungsstörung (PTED) bezeichnet (vgl. 1). Posttraumatische Verbitterungsstörung hat die Tendenz, langanhaltend und auch immer wieder reaktivierbar zu sein (vgl. Linden & Arnold, 2021, S.75). Eine Renaissance erfuhr die Auseinandersetzung mit diesem pathologischen Zustand gerade in der Forschung zu den vielen psychischen Stressoren im Zuge der deutschen Wiedervereinigung und deren Auswirkungen in der Folge (vgl. Linden & Arnold, 2021, S. 73). Verbitterung, in ihrer pathologischen Form, umfasst eine Reihe von möglichen Reaktionen auf typische Auslöser, die den Auslösern der allgemeinen, wieder abklingenden Form ähnlich sind, in ihrer Intensität aber stärker. Initiale und in der Folge fortgesetzt oder besonders schwerwiegend erlebte (traumatisierende) soziale Stressoren wie
- erlebte Ungerechtigkeit,
- wahrgenommene Kränkung und Herabwürdigung,
- familiäre Konflikte auf Kosten der verbitterten Person,
- Untreue und Illoyalität,
- Vertrauensbrüche oder,
- andere als ungerecht erlebte Zumutungen (ebd.)
bedingen entsprechende Verbitterungsreaktionen wie:
- starkes fortgesetztes Frustrationserleben,
- teilweise anhaltende Trägheit,
- immer wieder auftretende Ausbrüche von Ärger, Wut und Aggressionsverhalten, gerichtet auch gegen sich selbst,
- Zustand der fortgesetzten Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit,
- Rachewünsche der Umwelt gegenüber.
Es ist hierbei nicht abschließend klar, ob eine PTED ein einzelnes, traumatisches auslösendes Ereignis benötigt, das allein oder mit seinen Begleiterscheinungen die beschriebene Störung auslöst, oder ob es auch eine Form von komplexer PTED gibt, als Folge wiederholter und kumulativer Kränkungserfahrungen. Michael Linden beispielsweise beschreibt, wie Jahre nach dem Mauerfall Auswirkungen und Begleiterscheinungen dieses Ereignisses pathologische Auffälligkeiten bei Betroffenen bewirkt hatten, ohne dass eine diagnostische Kategorie für diese Auffälligkeiten verfügbar gewesen wäre:
„No differences in the rate of mental disorders in East and West were found immediately after the fall of the Berlin wall. Yet, ten years later patients could be seen with severe psychological reactions to negative changes in their personal biographies. The onset was regularly related to a specific event of personal or general injustice, frustration, downgrading, or humiliation. In respect to onset, course, or symptoms they did not fit in any diagnostic algorithm of DSM-IV and ICD10. The leading psychopathological characteristic was persistent and nagging embitterment. Once recognized, it became apparent that prolonged embitterment reactions are universal and frequently seen in patients who had to cope with events of personal injustice, humiliation, frustration, and helplessness. Such events can lead in minutes to a change from perfect health to prolonged downheartedness, hopelessness, embitterment and impair (Linden & Maercker, 2011, S. 257)
Hiernach ist das auslösende Ereignis solitär, aber auch die Komponente der kontinuierlichen (nagging) Wirkung ist thematisiert, ebenso die Salienz der Auswirkungen Jahre nach dem eigentlichen, auslösenden Ereignis. Die beschriebenen Auslöser sind Ereignisse, die nicht außerhalb jeglicher Lebenswahrscheinlichkeit liegen, sondern eher als verbreitet auftretend zu betrachten, jedoch in ihrer Wirkung für die Betroffenen schwerwiegend. Diese Ereignisse haben nicht das Potenzial, lebensbedrohlich zu wirken. Sie beschädigen aber Grundüberzeugungen der Betroffenen insoweit, dass diese fundamentalen Lebensorientierungen teilweise oder gänzlich aufgegeben werden (Dalbert, 2011, S. 30).
Die Erfüllung des Kriteriums eines Traumas wird insofern bejaht, als dass ein Lebensereignis nicht potentiell lebensgefährlich-, oder extrem gefährlich sein muss, da
- die Schwere, in der ein Mensch Ereignisse erlebt, keinen objektiven Kriterien unterliegen kann;
- selbst wenn die Ereignisse nicht lebensbedrohlich sind, wohl aber das Potenzial haben, die Lebenswelt von Betroffenen nachhaltig negativ zu verändern, oder akut zu bedrohen;
- die psychopathologischen Auswirkungen wie beschrieben, denen eines lebensbedrohlichen Ereignisses gleichen, nebst sekundenschnellem Zustandswechsel von gesund zu verbittert (Linden & Maercker, 2011, S. 261)
Die Auslöser, oder den Auslösern verwandte Situationen, sind Betroffenen besonders schnell zugänglich und aktivieren die auslösenden Ursprungserlebnisse sofort. Der Verbitterungszustand kann von Betroffenen kaum mehr verlassen werden. Die Verbitterungsreaktionen, bzw. damit verbundene negative Emotionen lösen sich in der Folge vom Vorliegen einer konkreten Verbitterungssituation, sie werden funktional unabhängig (vgl. Znoj, 2011. S. 9). Diese dann permanent präsenten Grundemotionen sind mit individuellen Handlungstendenzen verbunden (ebd.). Eher aggressive Menschen neigen dann zu Aggressionsausbrüchen, weniger aggressive Menschen neigen zu Rückzug, Handlungen aus dieser Deckung, oder zu selbstverletzenden Aktionen. Handlung aus negativen Emotionen heraus wird dann für Betroffene lohnend, wenn die Hoffnung auf Änderung, oder Linderung der Emotionsauswirkungen (Lähmung, Hilflosigkeit, etc.) besteht. Da die Ursachen für Wahrnehmungen und die damit verbunden negativen Emotionen auf die Außenwelt attribuiert werden, wird Verbitterung gefährlich, denn
„As there is a great need for satisfaction, the bitter person may seek revenge as a remedy to cure his or her hatred. “ (Znoj, 2011, S. 9)
Die bereits angesprochenen Rachegelüste sind also auch ohne konkrete Situation potenziell präsent. Claudia Dalbert beschreibt ein starkes Vertrauen auf eine gerechte eigene Lebenswelt als großen Resilienzfaktor gegenüber schweren Verbitterungserfahrungen. Demgegenüber stehen aber auch die negativen Auswirkungen bei Erschütterung oder Wegfall dieses Gerechtigkeitsvertrauens (vgl. 2011, S. 36). Untersuchungen zeigten, so Dalbert, dass Menschen ein existenzielles Bedürfnis für ein Vertrauen in eine gerechte Welt zeigen. Dies führt dazu, dass sie nach Gerechtigkeitserlebnissen streben, um diesen Glauben an eine gerechte Welt aufrecht zu erhalten. Wird dieses Vertrauen durch Erfahrungen gestärkt, bzw. durch abweichende Erfahrungen nicht erschüttert, handeln Menschen schon aus innerem Konsistenzstreben selbst ebenfalls möglichst gerecht. Wird das Vertrauen in eine gerechte Welt nachhaltig erschüttert oder zerstört, sind Verbitterungsreaktionen denkbar, denn „PTED may develop when an individual is no longer able to maintain his or her basic belief in a personal just world, for example, in situations of lasting injustice.“ (Dalbert, 2011, S. 39)
Das fortgesetzte Ausgesetzsein scheint dem Autor der vorliegenden Arbeit hier bemerkenswert, denn es wird weniger auf ein initial traumatisches Ereignis abgestellt, sondern auf fortgesetzt auftretende Ungerechtigkeitserfahrungen. Hans-Jürgen Wirth führt zum Zusammenhang von Verbitterungsreaktionen und Anziehung rechtspopulistischer Inhalte aus:
„Ergibt sich eine Situation, in der man das Schicksal mit anderen teilen kann und sich in einem Kollektiv zusammenschließt, kann die Aggression wieder nach außen gegen tatsächliche und vermeintliche Verursacher der [erlebten] Ungerechtigkeit gewendet werden. Mit Aktionen, die anderen Ungerechtigkeit zufügen, wird versucht, das Gefühl von Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein zu kompensieren.“ (Wirth, 2019, S. 19)
Aus jahrelang wahrgenommener Verbitterung kann sich ein dementsprechend kompensierendes Ressentiment herausbilden, das immer stärker wird, bis es sich in offenem Hass entlädt (vgl. Wirth, 2019, S. 19).
2.4.3 Diagnostische Instrumente zur Abbildung von Verbitterung
Das Berner Verbitterungsinventar (BEI) (Znoj, 2008) ist ein 18 Items umfassendes Selbstbewertungsinstrument zur Beurteilung der Verbitterung als Zustands- oder Persönlichkeitsmerkmal. Es bezieht sich auf allgemeine Einstellungen zur Welt und allgemeine Überzeugungen, wie z.B. „Fehler werden kritisiert, aber Engagement nicht gewürdigt“. Es exploriert die 4 Dimensionen „emotionale Verbitterung“, „Aktivitätsverbundene Verbitterung“, „Pessimismus/Hoffnungslosigkeit“ und „Misanthropie/Aggression“. Reaktive- und ereignisbedingte Verbitterung können mit der Posttraumatischen-Verbitterungsstörung-Selbstbewertungsskala (PTED-Skala) erhoben werden (Linden et al., 2009). Bezogen auf Aussagen zu Erinnerungen eines konkreten, kritischen Vorfalls, wie beispielsweise: „Während der letzten Jahre gab es ein schweres und negatives Lebensereignis...“ gefolgt von aussagen wie: „...das hat meine Gefühle verletzt und verursachte erhebliche Verbitterung.“. Antwortmöglichkeiten sind über eine fünfstufige Likert-Skala abgebildet, die von 0 = „stimmt überhaupt nicht“, bis 4 = „stimmt völlig“ reicht. Ein Gesamtscore von größer gleich 1,6 wird als Wert für erhöhte Verbitterung angesehen, ein Gesamtscore größer gleich 2,5 als Indikator für klinisch relevante Verbitterung. Weiterhin wird auch ein standardisiertes, diagnostisches Interview angewendet, das nach Kernkriterien der PTED fragt (Linden et al., 2008). Interviewende stehen dort vor der Entscheidung, ob die vorherrschende Emotion als Verbitterung oder als eine andere negative Emotion einzuordnen ist (Linden & Maercker, 2021, S. 75).
2.5 Ungerechtigkeitserleben und Erleben von Herabwürdigungen
Im Anschluss werden die beiden auslösenden Komponenten Ungerechtigkeitsempfinden und Herabwürdigungs-, bzw. Demütigungserfahrung besprochen. Beide Komponenten sind dem Autor der vorliegenden Arbeit im Zuge der Recherche am häufigsten begegnet. Er schreibt ihnen deshalb eine für die Entstehung von Verbitterung zentrale Bedeutung zu. Eine verstärkte Wirkung von Ungerechtigkeits- und Herabwürdigungserleben durch das gleichzeitige Vorliegen von Ohnmachtserleben wird angenommen.
2.5.1 Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit
Unter 2.4 wurde bereits das existenzielle Grundbedürfnis des Menschen nach Gerechtigkeitserleben angesprochen, wie es Claudia Dalbert in ihren Arbeiten zur Verbitterung beschreibt. Auch Patrick Jiranek et al. beschreiben erlebte-, oder nicht erlebte Gerechtigkeit als das menschliche Handeln durchdringend (vgl. Jiranek et al., 2015, S. 96). In sozialwissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit Gerechtigkeit finden sich hauptsächlich zwei Perspektiven der begrifflichen Annäherung. Ein Zugang zeigt sich normativ-philosophisch und beschäftigt sich mit dem Wesen von Gerechtigkeit. Die Grundfrage ist dort, wie etwas sein sollte, damit es gerecht ist (Wehner & Günthert, 2015, S. 97). Die Ergebnisse von sozialen Aushandlungsprozessen, bzw. die Einigung auf das, was als gerecht gilt, hilft dabei, formelle und informelle gesellschaftliche Normen auszuhandeln und findet sich in diesen wieder. Dem Standardwerk von John Rawles aus dem Jahr 1971 folgend, entsteht formale Gerechtigkeit durch unparteiische und konsequente Anwendung allgemeingültiger Regeln. Sie fordert somit, dass jeder von einer Regel Betroffene auch tatsächlich nach dieser Regel behandelt wird, wobei es keine Ausnahmen geben darf, sonst entstünde formale Ungerechtigkeit (2017, S. 74 ff). Der empirisch-deskriptive Zugang nähert sich einem individuellen Verständnis und einem Gruppenverständnis von Gerechtigkeit an und wird gewählt, um zu erkennen, was als gerecht wahrgenommen wird (vgl. Jiranek et al., 2015, S. 97). Soziale Gerechtigkeit kann insofern nur im Plural gedacht werden, da sie sich in ihrer lebensweltlichen Abbildung, beispielsweise durch den Staat, nur in Kombination von enthaltenen Prinzipien widerspiegeln kann (ebd.). Diese Prinzipien sorgen für substanzielle, inhaltliche Gerechtigkeit (vgl. Rawles, 2017, S. 82). Soziale Gerechtigkeit ist demnach „ein komplexer Begriff, der vor allem Fragen der Verteilungsgerechtigkeit in unterschiedlichen Feldern des menschlichen Zusammenlebens und in der Gesellschaft betrifft, wie Verteilung von Reichtum, Arbeitsplätzen, Lohn, Sozialgütern, Sicherheit, Bildung etc. Auf den ersten Blick scheint es bei all diesen Feldern um Gleichheit zu gehen, etwa, dass gleiche Arbeitsleistung mit gleichem Lohn vergütet wird. Doch auf den zweiten Blick wird deutlich, dass in all diesen Fällen das Gleichheitsprinzip durch weitere Prinzipien zu ergänzen ist, wie das Leistungsprinzip, das Prinzip der Leistungsfähigkeit, das Bedürfnisprinzip, das Senioritätsprinzip, das Equityprinzip u.a.m.“ (Jiranek et al., 2015, S. 98)
Diese Prinzipien spielen auch in den bereits ausgeführten rechtspopulistischen Kerninhalten eine Rolle. Wem sollte beispielsweise welche Ressourcen zugänglich sein, aufgrund welcher Leistungsanteile bei der Bildung dieser Ressourcen? Gerechtigkeit bezieht sich in rechtspopulistischen Inhalten auf Zugehörigkeits-, und Vorleistungsprinzipien.
Wird von Gerechtigkeit gesprochen, scheint Gleichheit ein zentraler Gerechtigkeitsindikator zu sein. Wahrnehmung von Gleichheit und somit von Gerechtigkeit ist demnach dann gegeben, wenn wesentlich Gleiches als gleich behandelt wird, wesentlich Ungleiches als ungleich. Dieser Gleichheitsgrundsatz findet sich bereits im Grundgesetz (Art. 3, GG.) genießt also Verfassungsrang. Ungerechtigkeit wird dann empfunden, wenn der Eindruck entsteht, Regeln gelten nicht für alle, gleiche Arbeit wird ungleich entlohnt, etc. Die Frage danach, was Gleichheit insofern bedeutet, dass nicht alle Menschen gleiche Fähigkeiten, Vorlieben, Interessen mitbringen, also sich in Ihren Voraussetzungen bei der Teilnahme am sozialen Leben unterscheiden, ist in diesem Zusammenhang auf rechtspopulistischer Seite permanent gestellt und ergibt Widersprüche. Denn wenn ostdeutsche Bürgerinnen den gleichen Zugang von Migrantinnen zu Ressourcen negieren (Nativismus und Producerism), bleibt dabei in der Regel außer Acht, dass sie selbst vor der deutschen Wiedervereinigung nicht angestammter Teil der Gesellschaft waren, auf deren angestammte Zugehörigkeit sie sich berufen.
Erlebte Ungerechtigkeit bringt Menschen dazu, ihre Einstellungen zu hinterfragen, Entscheidungen zu treffen und letztlich zu handeln, z.B. in Form von Protesten, Aktivismus, aber auch in Form von aktivem Umweltschutz. Wahrgenommene Ungerechtigkeit zeigt sich auch in Neid und seinen Manifestationen. Neid wiederum wird dann zum Verbitterungsmotor, denn „Neid geht immer ein sozialer Vergleich einer bestimmten Güterausstattung voraus, bei dem diejenigen, die schlechter abschneiden, die bestehende Güterverteilung
nicht hinnehmen, sondern zu korrigieren versuchen.“ (Haubl & Brähler, 2010, S. 200)“
Weiterhin
„ist theoretisch anzunehmen, dass wahrgenommene soziale Gerechtigkeit feindselig-schädigenden Neid dämpft und in ehrgeizig-stimulierenden Neid verwandelt, der - stellt sich tatsächlich eine Verbesserung der Güterausstattung ein - auch vor depressiv-lähmendem Neid schützt. Wo ein Mangel an sozialer Gerechtigkeit wahrgenommen wird, manifestiert sich Neid zunächst als empört rechtender Neid, der aber leicht in depressiv-lähmenden oder gar feindselig schädigenden Neid übergeht, wenn es trotz aller gerechtfertigter Empörung aussichtslos erscheint, gerecht behandelt zu werden. Unter diesen Umständen wird dann auch die Entwicklung ehrgeizig-stimulierenden Neides beeinträchtigt, was die Leistungsmotivation untergräbt und psychisch belastet.“ (Haubl & Brähler, S. 212)
Auch unter diesem Aspekt zeigt sich das destruktive Handlungspotenzial, das aus wahrgenommener Ungerechtigkeit entstehen kann.
2.5.2 Herabwürdigung oder Demütigung
Die in der Überschrift gebrauchten Begriffe Herabwürdigung und Demütigung werden in den Ausarbeitungen zu Verbitterung synonymisch verwendet. Weiter Begriffe wie zum Beispiel Beleidigung oder Verleumdung bezeichnen sachlich verwandte, aber doch differenzierbare Vorgänge (zum Beispiel bezogen auf rechtliche Klagbarkeit, denn Verleumdung und Beleidigung sind Tatbestände des Strafgesetzbuches), wirken sich jedoch emotional im Zusammenhang emotional ähnlich- bis gleich aus. Weitergehende begriffliche Differenzierung macht demnach im Sinne des vorliegenden Forschungsanliegens wenig Sinn, da die Wirkungsweisen die gleichen sind. Wenn also von Demütigungs- und Herabwürdigungserleben gesprochen wird, meint der Autor damit assoziierte Vorgänge wie Beleidigung, Verleumdungen oder andere herabwürdigende Interaktionen ebenfalls. Demütigungserfahrungen können intrapersonal stattfinden, also als ein Gefühl, bzw. als Emotion, sie können über soziale Vorgänge stattfinden (zum Beispiel eine demütigende Interaktion), aber auch als Systemphänomen (zum Beispiel systemimmanente Ausgrenzung und Diskriminierung) (vgl. Hartling & Lindner, 2018, S. 25). Definiert wird Demütigung in der Regel als Gefühl ungerechter Erniedrigung oder Abwertung im sozialen Kontext, wobei betroffene sich in der Demütigungssituation als unfähig betrachten, sich gegen die Demütigungshandlung zur Wehr zu setzen oder überhaupt zu reagieren (vgl. Silver et al. 1986, S. 270; Leidner et al., 2012, S. 2; Tangney et al. 1996, S. 1265.). Demütigung und Herabwürdigung werden in der Forschung direkt mit Ungerechtigkeitserleben in Verbindung gebracht (vgl. Leidner et al., 2012, S. 2). Das Merkmal des sozialen Kontextes weist darauf hin, dass Demütigung dann empfunden wird, wenn der Demütigungsvorgang eine gewisse Exponiertheit, bzw. Öffentlichkeit erfährt (ebd.). Auch ist ein starkes Machtgefälle zwischen Demütigenden und Gedemütigten Wesensmerkmal. Durch das angesprochene Ohnmachtserleben auf Seiten der Gedemütigten verstärkt sich das Herabwürdigungsempfinden noch und kann zu Wut und Aggression führen, die sich dann gegen die Verursacherinnen der Demütigungserfahrung oder gegen identifizierte Antagonistinnen richten kann, ebenso aber wiederum zu Resignation und Gelähmtheit (ebd.; Hartling & Lindner, 2016, S. 385). Schamerleben ist an dieser Stelle von Demütigungserleben abzugrenzen, denn in Schamsituationen neigen Betroffene dazu, diese beschämende Erfahrung als verdient zu erleben, während Demütigung als unverdient erlebt wird (Klein, 1991, S. 96). Scham kann allerdings, wenn sie länger verdrängt wird, den daraus entstehenden Ärger, bzw. die daraus entstehende Wut wiederum gegen diffus identifizierte Feinde richten (vgl. Salmela & von Scheve, 2017, S. 21), kann sich also schlussendlich ähnlich auswirken wie Demütigungserfahrungen.
2.6 Forschungsstand zu Auslösern und Wirkung von Verbitterung
Wie erwähnt, findet sich zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Arbeit keine Forschung zu Zusammenhängen zwischen Wählendenpräferenzen für rechtspopulistische Parteien und Verbitterung, bzw. posttraumatischer Verbitterungsstörung. Im Folgenden bespricht die vorliegende Arbeit deshalb Forschungen, die sich auf die geschilderten Theorien unter 2.4 beziehen. In Studien zur PTED fanden Michael Linden et al. (2004), dass in 38 Prozent Arbeitsplatzverluste, in 24 Prozent Arbeitsplatzkonflikte, in 14 Prozent der Tod von Angehörigen oder Freunden, in 14 Prozent familiäre Konflikte und in 10 Prozent sonstige Vorkommnisse die kritischen auslösenden Ereignisse für die Entstehung einer PTED waren (vgl. Beitinger, 2014, S. 20 ff). In der Untersuchung von Barbara Lieberei aus dem Jahr 2008 ist der Anteil des Arbeitsbereiches als Raum der Auslöseereignisse höher. In 42 Prozent der Fälle waren Konflikte am Arbeitsplatz, in 32 Prozent der Fälle beschrieben Arbeitsplatzverluste die auslösenden Ereignisse. Als zweitwichtigster Lebensbereich zeigt sich hier der familiäre Bereich mit 12 Prozent. Studien zur Prävalenz von PTED zeigen vorläufige epidemiologische Daten von verschiedenen Kontinenten und verschiedene Bevölkerungsgruppen. Eine onlinebasierte Umfrage unter Personen im Alter von 18 bis 35 Jahren in Südkorea zeigt: 45,2 Prozent der Befragten wiesen erhöhte Verbitterungswerte in Verbindung mit einer stärkeren Exposition gegenüber negativen Lebensereignisse auf (Lee & Kim, 2019). In einer landesweiten südkoreanischen Online-Umfrage mit 2024 Befragten fanden You und Ju 2019 heraus, dass 39,9 Prozent der Befragten einen erhöhten PTED-Wert aufwiesen (1,60 < Mittelwert < 2,5) und 14,7 Prozent einen klinisch relevanten Wert (Mittelwert >2,50) (S. 274). Dies sind nur Schätzungen der tatsächlichen Prävalenz aufgrund von Schwächen des Online-Stichprobenverfahrens. Bei einer quasiepidemiologischen Untersuchung gab die Hälfte der Befragten an, innerhalb der letzten Monate ein negatives Lebensereignis erlebt zu haben, das zu Verbitterung geführt hat. Diese Verbitterung führte bei 2,5 Prozent der Befragten durch erhöhte Intensität zu Verdacht auf PTED (Linden et al., 2007). Diese Daten verfestigen die Annahme, dass Verbitterung eine vielen Menschen bekannte Emotion ist, oft selbst durchlebt. Verbitterung mit pathologischer Intensität tritt laut den Daten nicht weniger häufig auf als andere psychische Störungen (vgl. Linden & Arnold, 2021, S. 76). Max Rotter untersuchte in seiner Studie von 2009 die Rolle von Ungerechtigkeitserleben bei der Entstehung von reaktiver Verbitterung. Es zeigt sich:
„Embitterment is a specific emotional reaction to perceived injustice, degradation and devaluation. The degree of reactive embitterment was significantly associated with feelings of injustice. Bitterness is always associated with a burning sense of unfairness, a protesting feeling of having been wronged without cause.“ (S. 83)
Rotter folgert aus seinen Studien, dass es nicht zwingend ein einziges auslösendes Ereignis für klinisch relevante Verbitterung braucht, legt sich in diesem Zusammenhang aber nicht fest, inwieweit das für die PTED gilt:
„However, it was shown that reactive embitterment cannot always be ascribed to a single negative event. Instead embitterment can arise within various circumstances. One can suffer from general or diffuse embitterment, caused by the feeling that life in general has treated one unjust. Moreover, various dependent or independent negative events can accumulate and cause embitterment.“ (ebd.)
Er fragt weiterhin, ob Ohnmachtsgefühle und in Folge Rachewünsche nicht zu Verbitterung führen würden, wenn diese Rachewünsche real ausgelebt werden könnten. Anja Beitinger hat 2014 in einer Studie mit 204 Psychotherapiepatientinnen vier ätiologische Variablen zur Entstehung der Verbitterung angenommen und eine Gruppe von Probandinnen mit Verbitterungsaffekten und eine Kontrollgruppe ohne diese Affekte auf diese Variablen hin miteinander verglichen. Diese vier Variablen
1- Attribution der Verantwortung,
2- Zielblockierung,
3- Anhaltender Ärger und
4- Misslungene Situationsbewältigung wurden erhoben.
„Der multivariate Test der MANOVA weist einen signifikanten Haupteffekt der Gruppenzugehörigkeit nach, der Test der Zwischensubjekteffekte zeigt, dass sich die beiden Gruppen signifikant in allen vier Variablen unterscheiden - mit jeweils höheren Werten bei der Gruppe mit Verbitterungsaffekt. Diese Patienten fühlen sich im Vergleich zu den Patienten ohne Verbitterungsaffekt umfangreicher in ihrem Ziel blockiert, attribuieren die Verantwortung mehr auf andere, erleben stärkeren Ärger und konnten sich weniger an die neue Situation anpassen. Auch bei der Diskriminanzanalyse unterscheiden die vier Variablen signifikant die beiden Gruppen (p < .01). Den größten Erklärungswert hat die Variable „Attribution der Verantwortung“ gefolgt von den Variablen „Zielblockierung“, „Misslungene Situationsbewältigung“ und „Anhaltender Ärger“.“ (Beitinger, 2014, S. 148)
Beitinger räumt hierbei aber Unzulänglichkeiten des Untersuchungsinstrumentes auf Item-Ebene ein. Gleichzeitig gelingt ihr aber eine Abfolgedifferenzierung von Ärger und Verbitterung:
„Bei der Emotionsanalyse wurde expliziert, dass die Verbitterung zeitlich nach dem Ärger kommt, weshalb die Anfangsvariablen beider Emotionen identisch sind und sich der Ärger und die Verbitterung erst danach unterscheiden. Gelingt die Ärgerverarbeitung, kommt es nicht zur Verbitterung; kann die Person ihren Ärger jedoch nicht verarbeiten und die entstandene Situation nicht verändern, wird sich über die Zeit Verbitterung einstellen.“ (Beitinger, 2014, S. 150)
Panu Poutvaara und Max Friedrich Steinhard konnten in einer Längsschnitt-Studie von 2015 unter Verwendung der Daten aus dem German Socio Economic Panel (Verwendete Daten: 1984-2010, Version 27, SOEP, 2011) einen starken Einfluss von Verbitterungsaffekten auf Einstellungen gegenüber Einwanderung feststellen. Sie führen dazu aus:
„We showed that bitterness is strongly associated with negative attitudes towards immigration. Those who feel that they have not got what they deserve in life are more likely to have worries about immigration [...] Increasing bitterness is associated with growing worries about immigration. One explanation is that those who are bitter have spiteful or envious preferences. They are deeply disappointed from life and wish to deny opportunities to improve one’s life also to others, including immigrants. An alternative interpretation behind the link between bitterness and attitudes towards immigration is that opportunities and potential success of others could make own failure hurt even more. With respect to policy, our paper highlights that bitterness among citizens is likely to result in growing worries and opposition to immigration. (Poutvaara & Steinhardt, 2015, S. 10 f.)
Hier bestätigen die Ergebnisse die theoretischen Überlegungen insoweit, als dass die Lust von verbitterten Menschen an der Verhinderung von Zugewinnen anderer, vor allem der anderen aus der Outgroup, als Coping-Strategie für eigene Lebensumstände dient. Der Gedanke der Autoren, dass sich Verbitterte auf diese Weise dem sozialen Vergleich entziehen, fügt den Theorien über Verbitterung eine beachtenswerte neue Facette hinzu.
2.7 Weiterführende Forschung
Zusätzlich zum besprochenem Forschungsstand findet sich nachfolgend eine Auswahl aktueller Forschung zusammengefasst in tabellarischer Form. Diese Forschungen können für Sampling und Diskussion im Kontext der vorliegenden Arbeit relevant werden, ohne mit der Forschungsfrage direkt in Verbindung zu stehen. Der Autor erhofft sich dadurch eine Perspektivanreicherung, nützlich bei der Herleitung von denkbaren Ursachen für Phänomene, die sich aus den Daten ergeben, aber mit Verbitterung nicht in Verbindung gebracht werden können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Übersicht Forschung zu Wirkfaktoren von Inhalten rechtspopulistischer Parteien
[...]
1 Da die zu erwartende Leserschaft der vorliegenden Arbeit vorwiegend weiblich sein wird (Die Erst- und Zweitkorrektur wird jeweils von Frauen durchgeführt), scheint es dem Autor passend, das generische Femininum zu verwenden. In Absprache mit Frau Dr. Gabler wird das generische Femininum dann nicht verwendet, wenn besprochene Phänomene sich als überwiegend männlich repräsentieren. Der Autor verwendet das Maskulinum, wo die Recherche zeigt, dass eine Partei sehr überwiegend von Männern gewählt wird, selbstverständlich innerhalb von Zitaten, oder wenn ein Sample rein männlich bestückt ist. Das generische Femininum ist vom Autor als Entgegenkommen an die Leserinnenschaft gedacht und soll nicht zu inneren Widerständen bei der Lektüre führen. Insofern hofft der Autor, mit dieser Differenzierung umsichtig und bedacht zu handeln. Zusätzlich möchte der Autor alle denkbaren geschlechtlichen Eigenverortungen in dieser Arbeit angesprochen wissen.
2 Spricht der Autor von Zusammenhängen, so sind in dieser Arbeit nicht statistische Zusammenhänge gemeint, sondern Verbindungen.
- Quote paper
- BA Maurice Ittershagen (Author), 2021, Verbitterung und die Anziehungskraft rechtspopulistischer Inhalte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1296740
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