In diesem kurzen Paper wird weniger versucht mithilfe von den von Theodor Ballauff aufgestellten Funktionen der Schule dem Sinn oder auch der Grundidee der Schule als System genauer auf den Grund zu gehen. Stattdessen soll die Wichtigkeit der Berücksichtigung dieses Sinns oder dieser Grundidee erläutert werden. Dazu werden vor allem seine Überlegungen zum Kapitel der paideutischen Funktionen herangezogen und erklärt. Darin beschreibt er kurz und verständlich, welche Funktionen die Schule unter anderem erfüllt und definiert diese als traditionell – triviale Funktionen, bis er schließlich auf den ursprünglichen Zweck der Schule eingeht und dabei die paideutischen Funktionen vorstellt.
Ballauffs Theorie zur Grundidee der Schule soll, wie das einleitende Zitat andeutet, das Schulsystem als Ganzes verständlicher machen und eine Möglichkeit für dessen zukünftige Verbesserung bieten. Dazu werden vor allem Themen wie die historische Entwicklung des Schulsystems, Schulkritik sowie Lösungsansätze angeschnitten.
Inhalt
1. Einleitung
2. Die traditionell - trivialen Funktionen der Schule vs. die paideutischen Funktionen der Schule
3. Die historische Entwicklung des Schulsystems
4. Kritik und Lösungsansätze
5. Fazit
6. Literaturquellen
6.1. Primärliteratur
6.2. Sekundärliteratur
1. Einleitung
„Ein System in Wahrheit zu verstehen ist nur dann möglich, wenn dessen Grundidee erfaßt ist, und dessen Inhalt nach allen Seiten hin auf diese Grundidee zurückgeführt werden kann.“1
In diesem kurzen Paper wird weniger versucht mithilfe von den von Theodor Ballauff aufgestellten Funktionen der Schule2 dem Sinn oder auch der Grundidee der Schule als System genauer auf den Grund zu gehen. Stattdessen soll die Wichtigkeit der Berücksichtigung dieses Sinns oder dieser Grundidee erläutert werden. Dazu werden vor allem seine Überlegungen zum Kapitel der paideutischen Funktionen herangezogen und erklärt. Darin beschreibt er kurz und verständlich welche Funktionen die Schule unter anderem erfüllt und definiert diese als traditionell - triviale Funktionen, bis er schließlich auf den ursprünglichen Zweck der Schule eingeht und dabei die paideutischen Funktionen vorstellt.
Ballauffs Theorie zur Grundidee der Schule soll, wie das einleitende Zitat andeutet, das Schulsystem als Ganzes verständlicher machen und eine Möglichkeit für dessen zukünftige Verbesserung bieten. Dazu werden vor allem Themen wie die historische Entwicklung des Schulsystems, Schulkritik sowie Lösungsansätze angeschnitten.
2. Die traditionell - trivialen Funktionen der Schule vs. die paideutischen Funktionen der Schule
Ballauff unterscheidet zwei grobe Funktionsgruppen. Die Erstere beschreibt die gängigen, alltäglichen und gewöhnlichen Funktionen der Schule.3 Diese sind jedoch, so Ballauff, nur „akzidentell“ und nicht „substantiell“.4 Das bedeutet, dass sie eher als oberflächliche, begleitende aber eben nicht wesentliche Funktionen gesehen werden sollten. Dieser Abschnitt beschreibt somit nicht, was die Schule nicht ist, sondern was sie nicht nur ist. Gemäß Ballauffs Theorie muss man über diese traditionellen Funktionen hinübersehen, denn sie spiegeln nicht den eigentlichen Sinn der Schule wider, nur lediglich Funktionen, die mit diesem einhergehen und sich daraus zufällig mit der Zeit entwickelt haben.5
Wenn man also nach dem Ergebnis des grundlegenden Sinnhorizonts der Schule sucht, sollte man sich näher mit dem Begriff der Paideia auseinandersetzen. Ballauff versteht den Begriff als eine Einheit zwischen Wissen und Haltung, die Selbstständigkeit im Denken voraussetzt. Der Begriff wird aus dem Altgriechischen mit dem deutschen Wort Bildung übersetzt und meint die Bildung zum Selbstzweck und nicht als Mittel zum Zweck, wie es bei den trivialen Funktionen der Fall ist. Bei diesen Funktionen geht es mehr um die Erweiterung des eigenen Horizonts, um wiederum Reflexion und Teilhabe in der Gesellschaft zu ermöglichen.
3. Die historische Entwicklung des Schulsystems
Nun wäre es interessant herauszufinden, ob sich die paideutischen Funktionen der Schule bis in die Gegenwart durchgesetzt haben oder ob sie mit der Zeit an Wert verloren haben. Besteht die Grundidee der Schule heute noch und wenn nicht, warum und welche Folgen kann dies mit sich bringen? Eine ausführliche Beantwortung dieser Fragen kann aufgrund der Kürze dieses Papers nicht gewährleisten werden. Stattdessen soll es Anregungen zu weiterführenden Überlegungen und Untersuchungen bieten.
Der deutsche Erziehungswissenschaftler Jürgen Ölkers beschreibt die Schule wie folgt: „Schule ist zunächst und grundlegend Schulgeschichte. Das heutige Schulsystem ist das Resultat einer eigentümlichen und in vieler Hinsicht bindenden historischen Entwicklung, die sozusagen nicht umsonst stattgefunden hat. Genauer müsste ich im Plural sprechen: Das Schulsystem ist das Resultat vielfältiger und vielfach folgenreicher Entwicklungen, die untereinander komplex verknüpft sind.“6
Demnach stimmt er dem einleitenden Zitat zu, wenn er meint, dass man eine „historische Markierung“ benötigt, wenn man „ein heutiges Schulsystem verstehen und handhaben will“.7 Diese historische Markierung setzt er, genau wie Ballauff und sein Kollege Klaus Schaller, ins 19. Jahrhundert. Nach Ölkers beginnt die Bildungsgeschichte zwar bereits mit der Kulturgeschichte und kann somit auf die Früh- und Hochkulturen zurückgeführt werden, jedoch war sie bis ins 17. Jahrhundert von der Aristokratie bestimmt.8 In der Entwicklung der Volksschule, die jedoch erst im 19. Jahrhundert stattgefunden hat, sieht Ölkers die entscheidende Wendung zu dem uns heute bekannten Schulwesen: „Sie, die Volksschule, sorgte für die erste flächendeckende Bildungsversorgung, die die Geschichte des Schulwesens kennt. [...] Ohne Volksschule wäre weder die heutige Bildungsversorgung noch die damit gegebene Abhängigkeit denkbar, sie setzt die ,Schule des 19. Jahrhunderts' voraus [...].9 Ballauff und Schaller stellen im ersten Kapitel ihrer Geschichte der Bildung und Erziehung die grundlegenden Entwürfe der Pädagogik in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor und setzen damit dieselbe historische Markierung.
Während sich Schulkinder vor der Entwicklung der Volkschule kirchliche Examen unterziehen mussten und somit keinen schulischen, sondern konfessionellen Abschluss erzielten und diesen durch kontrolliertes Wissen zur Vereinbarkeit mit Religion und Stand erhielten, verschwand der Absolutismus im 19. Jahrhundert unter der Voraussetzung der Industrialisierung und einem Qualifikationsbedarf, der nicht der Genealogie eines Fürsten zu verdanken war.10
Doch „[m]it dem Erfolg [des Volkschulsystems] stiegen die Erwartungen, mit den Erwartungen aber auch die Chancen einer Kritik, die das Wohlwollen verlernte.“11 Die Kritik, die sich an dieser Schule „entzündet“12, „ist bis heute wahrzunehmen“, die Themen sind wiederzuerkennen13 und werden „mit der Radikalität unspezifisch“14: „Sie gilt nicht länger konkreten und unterschiedlichen Systemteilen, also dem Gymnasium, der Volksschule, den Mittelschulen, den Real- oder den Hilfsschulen, sondern dem System selbst, das übervereinfacht als ,die‘ Schule kommuniziert und unter Anklage gestellt wurde.“15
4. Kritik und Lösungsansätze
Martin Fromm beschreibt die Bedingungen schulischen Lernens als alltagsfern, planmäßig, unfreiwillig, anonymisiert und folgenreich.16 Seine Schreckensdarstellung ist jedoch nicht so negativ gemeint, wie es auf den ersten Blick scheint. Das Merkmal der Unfreiwilligkeit oder auch Zwang beschreibt er wie folgt: „Die Schüler sind nicht da, weil sie etwas lernen wollen, sondern weil sie etwas lernen sollen.“17
Demnach sei das Verhalten der Schulkinder, nach Schülersicht, die Verantwortung der Lehrkraft, weil diese schließlich freiwillig in der Schule ist.18 Man sollte deshalb eine gewisse Gleichgültigkeit oder gar Abneigung der Schüler und Schülerinnen bezüglich ihrer schulischen Aufgaben erwarten.19
Radikaler beschrieben jedoch die frühen Kritiker dieses Merkmal der Unfreiwilligkeit: „Kinder würden einer unerträglichen Zwangssituation ausgesetzt, die ihr Lernen strukturell behindere, unabhängig davon, welche Methoden verwendet werden und welches Engagement die jeweilige Lehrkraft zeigt.“20
Dies wollte man mit einer Wendung hin zur Psychologie lösen. Man sollte durch die stärkere Beachtung des Geistes eine Distanz zur Schule schaffen. Dies erhielt jedoch schnell den Vorwurf, dass es dem Lernen an sich nichts nütze und somit dem Geist des Kindes nur schaden würde.21
Dieser Lösungsansatz könnte eine Rückführung zur Grundidee der Schule darstellen, weil es den Charakter der paideutschen Funktionen in sich trägt. Man zwingt die Schüler und Schülerinnen nicht einfach in die Schule zu gehen und dort ihre Aufgaben zu erledigen, sondern man erweitert ihre geistige Bildung, indem man ihnen unter anderem zu verstehen gibt, dass Schule nicht nur ein Mittel zum Zweck darstellt und sie sie benötigen, um später gut Geld zu verdienen, sondern um das Leben in allen Lebenslagen vernünftig reflektieren zu können und mithilfe eines erweiterten Horizonts zu verbessern.
Darauf wurde jedoch nie Wert gelegt, wie Ölkers später erklärt: „Unterricht ist nirgendwo an der „freien geistigen Entwicklung‘ des Kindes ausgerichtet worden, weil dieses Kriterium viel zu unspezifisch ist, um Elementar- oder Fachunterricht anleiten zu können.“22
Und genau hier ist das Problem der in Vergessenheit geratenen Grundidee der Schule. Der Lösungsansatz wurde von manchen als nicht realisierbar erklärt und deshalb nie ausprobiert. Ab gesehen davon, dass die Schule kein Experiment darstellen sollte, sollte man andere Formen und Methoden stärker in Betracht ziehen und aus den Erfolgen und Misserfolgen lernen. Die Gesellschaft ist ständig im Wandel und so muss sich auch das schulische System anpassen. Für diese Anpassung scheint die Aufklärung und die Berücksichtigung der eigentlichen Intention des Systems für den Motivationsfaktor der Schulkinder und die Transparenz des Systems eine wichtige Rolle zu spielen.
[...]
1 Ballauff, Theodor; Schaller, Klaus: Pädagogik. Eine Geschichte der Bildung und Erziehung. 19./ 20. Jahrhundert. Band 3. Freiburg; München 1973, S. 210.
2 Ballauff, Theodor: Funktionen der Schule: historisch-systematische Analysen zur Scolarisation. Studien und Dokumentationen zur deutschen Bildungsgeschichte. Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung. Band 22. Köln; Wien 1984.
3 Ebd. S. 5-6.
4 Vgl. Ebd. S. 340.
5 Vgl. Ebd.
6 Oelkers, Jürgen: Schulreform und Schulkritik. 2. Auflage. Würzburg 2000, S. 23.
7 Ebd.
8 Ebd. S. 25.
9 Ebd. S. 26.
10 Vgl. Oelkers: Schulreform und Schulkritik, S. 28. 31-32.
11 Ebd. S. 41.
12 Ebd. S. 26.
13 Ebd. S. 42.
14 Ebd. S. 44.
15 Ebd.
16 Fromm, Martin: Lernen und Lehren. Psychologische Grundlagen für Lehramtsstudierende. Stuttgart 2017, S.
10.
17 Ebd. S. 11.
18 Vgl. Ebd. S. 12.
19 Vgl. Ebd. S. 11.
20 Oelkers: Schulreform und Schulkritik, S. 44.
21 Ebd.
22 Ebd. S. 45.
- Quote paper
- Rafailia Voltsiou (Author), 2022, Kann die Berücksichtigung der Grundidee der Schule eine Lösung für Schulprobleme darstellen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1290876
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