Dass Walter Benjamin [B.] das Bild der Moderne maßgeblich geprägt hat, sowohl im Bereich der Ästhetik- als auch der Kultur- und Medientheorie, ist unbestritten. Doch war dies nicht immer so selbstverständlich wie nach der intensiven Wiederentdeckung der Schriften B.s (vor allem die des Kunstwerkaufsatzes) Ende der 60er Jahre. Der zentrale Kritikpunkt vieler Zeitgenossen (u.a. Brecht, Adorno und Horkheimer) kann wohl an dem von B. bewußt nicht eindeutig positivistisch definierten Begriff der Aura festgemacht werden. Brecht merkte an: „alles Mystik, bei einer Haltung gegen Mystik. In solcher Form wird die materialistische Geschichtsauffassung adaptiert! Es ist ziemlich grauenhaft.“ Langjähriger Freund und respektvoller Kritiker B.s, Adorno, bemängelte u.a. in einem Brief an ihn den zu mystischen Umgang mit dem autonomen Kunstwerk . Als nicht dialektisch genug und zu unverändert aus der Theologie adaptiert sieht er, wie Brecht auch, den Aurabegriff als zu mystisch auf das Kunstwerk bezogen.
Es wird in dieser Arbeit hoffentlich ersichtlich werden, dass sich B. wahrscheinlich über die Einwände seiner Kollegen und Kritiker teilweise gefreut haben dürfte. Denn die Einführung des in B.s Schriften so zentralen Begriffs der Aura entzieht sich ganz bewußt jeglicher klaren Definierbarkeit. Wie der eingangs zitierte Satz aus einem der zahlreichen Denkbilder B.s (Der Weg zum Erfolg in dreizehn Thesen) andeutet, richtet sich seine Denkweise ganz deutlich gegen den Positivismus, gegen festgelegte Definitionen und versucht vielmehr – in diesem Punkt der kritischen Theorie durchaus naheliegend – ex negativo Begriffe dialektisch zu umschreiben, sich ihnen zu nähern, indem mit teilweise literarischen Verfahrensweisen eine Art „Denkbild“ um den zu beschreibenden Gegenstand herum aufgebaut wird. Wie genau sieht das nun in der Praxis aus?
Inhaltsverzeichnis
- Der Begriff „Aura“
- Benjamins Konzeption des Aurabegriffs
- Die Zertrümmerung der Aura
- Ausgewählte Rezeption oder: Die vielen Facetten der Aura
- Die Wiederkehr der Auratizität
- Die dekonstruierte Auratizität: Mediaura
- Die Tür zur Erfahrung: Der, Chock'
- Gewollte Verbindungen
- Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert Walter Benjamins Konzept der Aura im Kontext der technischen Reproduzierbarkeit von Kunstwerken. Sie untersucht die Entstehung, den Verfall und die mögliche Wiederkehr der Aura im Zeitalter der Massenmedien.
- Benjamins Definition der Aura und ihre Beziehung zum Kunstwerk
- Die Rolle der technischen Reproduzierbarkeit bei der Zertrümmerung der Aura
- Die Wiederkehr der Aura in neuen Formen, wie z.B. der Mediaura
- Die Bedeutung des „Chocks“ als Erfahrungselement im Kontext der Aura
- Die Verbindung von Aura und Tradition im digitalen Zeitalter
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet Benjamins Konzeption des Aurabegriffs. Es wird die Entstehung der Aura im Kontext des klassischen Kunstwerks und die Bedeutung des Rituals für die Konstituierung der Aura untersucht. Das Kapitel analysiert auch die Kritikpunkte, die Benjamins Aurabegriff von Zeitgenossen wie Brecht und Adorno erhoben wurden.
Das zweite Kapitel befasst sich mit der Zertrümmerung der Aura im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit. Es werden die Faktoren untersucht, die zum Verfall der Aura beitragen, wie z.B. der Siegeszug des Positivismus, die Ökonomisierung der Kunst und die Mobilität des Kunstwerks.
Das dritte Kapitel erörtert die Wiederkehr der Auratizität in neuen Formen. Es wird die Mediaura als eine dekonstruierte Form der Aura im digitalen Zeitalter analysiert. Das Kapitel untersucht auch die Bedeutung des „Chocks“ als Erfahrungselement im Kontext der Aura und die Verbindung von Aura und Tradition im digitalen Zeitalter.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Walter Benjamin, Aura, Kunstwerk, technische Reproduzierbarkeit, Medien, Tradition, Ritual, Kultwert, Ausstellungswert, Mediaura, Chock, Erfahrung, Digitalisierung.
- Citation du texte
- Jan Skordos (Auteur), 2009, Walter Benjamins Idee der Aura, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129012
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