Kommentierte Übersetzung des sechsten Buches der Aeneis von Vergil. Diese Übersetzung ist im Zuge der Examensvorbereitung im Studienfach Latein entstanden. Prüfungsgegenstand waren die ersten 6 Bücher von Vergils "Aeneis".
Aeneis 6:
1-76: Ankunft in Cumae und Gang zur Sibylle
So sprach er unter Tränen, ließ der Flotte die Zügel schießen und schließlich landeten sie an der Küste des euböischen Cumae. Sie wendeten die Schiffe zum Meer; der Anker mit seinem starken Arm legte die Schiffe an und die bauchigen Schiffe säumten die Küste. Die Schar junger Männer schnellte feurig an die hesperische Küste. Ein Teil suchte Funken für Feuer, die verborgen in den Adern des Kieselsteins liegen, ein anderer Teil wilderte im Wald, in den dichten Behausungen der Tiere und zeigte die von ihnen gefundenen Flüsse. Aber der pflichtbewusste Aeneas begab sich zu den Anhöhen, über die der hohe Apoll herrscht, und fern zum abgeschiedenen Ort der Schauder erregenden Sibylle, eine riesige Höhle, der der delische Seher große Weisheit und Begeisterung einhauchte und zukünftige Dinge eröffnete. Schon betraten sie die Haine der Trivia und die goldenen Tempel. Daedalus wagte es auf der Flucht aus dem Königreich des Minos, wie die Sage lautet, sich auf gefiederten Flügeln dem Himmel anzuvertrauen und flog auf einem ungewohnten Weg zu den kalten Bären und landete schließlich sanft auf chalkidischen Burg. Nach seiner Landung weihte er dir, Phoebus, als erstes das Ruderwerk seiner Flügel und errichtete einen riesigen Tempel:
An den Türpfosten war der Tod des Androgeos abgebildet; damals war den Athenern befohlen, jährlich (je) sieben Söhne (und Töchter) als Strafe zu zahlen – welch ein Elend! – die Urne stand noch da, nachdem die Lose gezogen waren. Das kretische Land sprang aus dem Meer hervor und lag gegenüber. Hier ist die grausame Liebe zum Stier, die ihm heimlich zugeführte Pasiphae und das Mischwesen, der zweigestaltige Sproß Minotaurus, ein Denkmal ihrer schändlichen Wollust. Hier ist auch jene Mühe für das Haus (= Labyrinth) zu sehen, ein unentwirrbarer Irrgang; aber Daedalus bemitleidete die große Liebe der Königstochter (= Ariadne) und er selbst löste den Trick des Labyrinths und seine Umwege, indem er blinde Schritte mit einem Faden lenkte. Auch du, Ikarus, hättest einen großen Teil in einem so bedeutenden Werk, ließe der Schmerz es zu. Zweimal hatte er versucht, deinen Sturz in Gold abzubilden, zweimal sanken die väterlichen Hände.
Gewiss hätten sie alles weiter mit ihren Augen aufgesaugt, wenn nicht schon der vorausgeschickte Achates zusammen mit der Priesterin des Phoebus und der Diana, Deiphobe, der Tochter des Glaucus, da gewesen wäre, die dem König folgendes sagte: „Dieser Zeitpunkt erfordert diese Augenweide (= das Betrachten der Bilder) nicht; es wäre besser, jetzt sieben Jungstiere aus einer unberührten Herde zu schlachten, und der Sitte nach ebenso viele ausgewählte Schafe.“ Mit solchen Worten sprach sie Aeneas an (die Männer verzögerten die befohlenen Opfergaben nicht) und die Priesterin rief die Teukrer hoch in ihren Tempel. Die riesige Seite eines Felsens in Cumae wurde zu einer Höhle ausgeschlagen, wohin hundert breite Zugänge führen, hundert Mündungen, woher ebenso viele Stimmen drangen, die Antworten der Sibylle. Man war zu den Schwellen gelangt, als die Jungfrau sagte: „Es ist Zeit, Weissagungen einzufordern. Der Gott, siehe da, der Gott!“ Als sie solches sagte, wechselte sie vor den Toren sofort ihren Gesichtsausdruck und ihre Farbe und ihre Haare blieben nicht gekämmt; aber ihre Brust keuchte und in Raserei schwollen ihre wilden Herzen, sie schien größer, klang nicht mehr menschlich, weil sie von der Gewalt des schon recht nahen Gottes angehaucht war. Sie sagte: „Du lässt bei Gelübden und Bitten auf dich warten, Troer Aeneas. Du lässt auf dich warten? Vorher öffnen sich nämlich nicht die großen Schlünde des donnernden Hauses nicht.“ Nachdem sie solches gesagt hatte, verstummte sie. Kalter Schauder lief den Teukrern durch die harten Knochen, und ihr König ließ ein Gebet aus dem Inneren seines Herzens hervorströmen: „Phoebus, der du immer die schweren Leiden Trojas bemitleidet hast, der die trojanischen Geschosse und die Hand des Paris auf den Körper des Aeaciden gerichtet hast, ich habe unter deiner Führung so viele Meere, die große Länder umspülen, weit abgelegene Massylervölker und die den Syrten vorgelagerten Gefilde besucht: Schließlich haben wir die vor uns fliehenden Küsten Italiens erreicht. Bis hierher mag uns Trojas Schicksal gefolgt sein; Ihr dürft auch das trojanische Geschlecht verschonen, all ihr Götter und Göttinnen, denen Ilium und der große Ruhm Trojas ein Dorn im Auge war. Du, äußerst heilige Seherin, die vorher weiß, was kommen wird, sorge dafür (ich fordere ein Reich, dass durch mein Schicksal nicht unverdient ist), dass sich die Teukrer, ihre umherirrenden Götter und umhergetriebenen göttlichen Wesen Trojas in Latium niederlassen. Dann werde ich für Phoebus und für Diana einen Tempel aus hartem Marmor errichten und ich werde Festtage in Phoebus’ Namen veranstalten. Auch dich erwarten große Heiligtümer in meinem Reich: Hier werde ich nämlich deine Schicksalssprüche und die meinem Volk verkündeten geheimen Weissagungen verwahren, ausgewählte Männer werde ich dir weihen, du Gütige. Vertraue deine Sprüche nicht den Blättern an, damit das Spiel der schnellen Winde sie nicht durcheinanderwirbelt. Ich bitte dich, selbst weiszusagen.“ Mit diesen Worten setzte er seiner Rede ein Ende.
77-97: Prophezeiung: Neuer Krieg
Aber dem gewaltigen Phoebus noch nicht gefügig, raste die Seherin in ihrer Höhle, für den Fall, dass die den großen Gott aus ihrer Brust vertreiben könne; umso mehr ließ jener ihren rasenden Mund nicht zur Ruhe kommen, ihr wildes Herz bezwingend, und nimmt durch sein Drängen Besitz von ihr. Schon standen von selbst die hundert riesigen Zugänge zur Grotte offen und sie trugen die Antworten der Seherin durch die Luft: „Oh, der du schließlich die großen Gefahren des Meeres überstanden hast (aber die schwereren auf der Erde bestehen noch), ins Reich des Lavinus werden die Trojaner kommen (verbanne diese Sorge aus dem Herzen), aber sie werden sich wünschen, nicht dorthin gekommen zu sein. Kriege, schreckliche Kriege, und den Thybris, schäumend vor viel Blut sehe ich. Nicht der Simois, nicht der Xanthus und auch nicht das dorische Feldlager werden dir fehlen; ein anderer Achill wurde schon in Latium geboren, er ist auch Sohn einer Göttin; Iuno, die sich an die Teukrer geheftet hat, wird nirgendwo fern sein, auch wenn du in der Not bittstellend alle Völker Italiens und alle Städte um Hilfe bittest. Der Grund für so großes Übel wird eine Frau sein, wiederum den Teukrern fremd und wieder eine Hochzeit in der Fremde. Weiche du dem Unheil nicht, sondern gehe dagegen noch kühner vor als dein Schicksal es zulassen wird. Der erste Weg zur Rettung wird – was du am wenigsten glaubst – von der griechischen Stadt offenstehen.“
98-155: Aeneas will in die Unterwelt hinabsteigen – Anweisungen und Empfehlungen der Sibylle
Nachdem sie aus ihrem Heiligtum solches gesagt hatte, weissagte die Sibylle aus Cumae schaurige Ungewissheit und ließ sie in der Höhle widerhallen, während sie Wahres in Dunkles hüllte: Apoll schlug über der Rasenden diese Zügel und drehte den Stachel in ihrer Brust. Sobald die Raserei und ihr schäumender Mund ruhten, fing der Held Aeneas an zu sprechen: „Oh Jungfrau, keine neue und unerwartete Art von Mühen zeigt sich mir noch; ich habe alles vorweggenommen und schon alles in meinem Herzen vorab durchgemacht. Ich bitte nur um eine einzige Sache: weil hier angeblich der Eingang des Unterweltkönigs liegt und der schattenreiche Sumpf, aus dem der Acheron entspringt, soll mir zuteilwerden, vor das Antlitz und Gesicht meines lieben Vaters zu treten. Du sollst mir den Weg zeigen und die heiligen Zugänge öffnen. Jenen habe ich auf diesen Schultern aus den Flammen und aus tausend ihm folgenden Geschossen und ihn aus der Mitte der Feinde gerissen; Jener hat meinen Weg begleitet und ertrug mit mir alle Meere und alle Bedrohungen des Meeres und des Himmels, schwach und über Kräfte und Schicksal des Alters hinaus. Derselbe gab sogar bittend den Auftrag, dass ich dich demütig aufsuche und zu deinen Schwellen gehe. Habe bitte Mitleid, du Gütige, mit dem Sohn und dem Vater (denn du kannst alles, und nicht umsonst hat Hekate dich an die Spitze der avernischen Haine gestellt), wenn Orpheus die Seele seiner Ehefrau herbeiholen konnte, vertrauend auf seine thrakische Zither und sein wohlklingendes Spiel, wenn Pollux seinem Bruder im abwechselnden Tode erlöst und er den Weg zurückgeht, wie er ihn geht. Wozu soll ich Theseus, wozu den großen Alkiden (= Herkules) erwähnen? Ich stamme selbst vom höchsten Iuppiter ab.“ Nachdem er solches gesagt hatte, betete er und hielt die Altäre fest, als die Seherin zu sprechen begann: „Spross vom Blut der Götter, Trojaner und Sohn des Anchises, der Abstieg in den Avernus ist leicht. Bei Nacht und bei Tag steht die Tür des dunklen Pluto offen; aber es ist Arbeit und Mühe, seinen Schritt umzukehren und oben an die Luft zu gelangen. Nur wenige, die von den Göttern abstammen und die der gerechte Iuppiter liebte und die Tapferkeit leidenschaftlich zur Luft hinausträgt, konnten es. Die Wälder halten alles in ihrer Mitte und der Cocytus umfließt sie in dunklem Bogen. Wenn du so große Liebe in deinem Herzen, so großes Verlangen hast, zweimal die stygischen Seen zu durchschwimmen, zweimal den schwarzen Tartarus zu sehen, und es dich erfreut, der ungesunden Mühe nachzugeben, dann vernimm, was du vorher vollbringen musst. Ein goldener Zweig ist unter einem Schatten spendenden Baum mit Blättern und biegsamem Stengel verborgen, er soll der unterweltlichen Iuno heilig sein; der ganze Hain versteckt ihn und Schatten umschließen ihm im dunklen Tal. Es ist nicht gestattet, ins Innere der Erde hinabzusteigen, bevor man den goldbelaubten Trieb vom Baum pflückt. Die schöne Proserpina beschloss, dass ihr dieses Geschenk gebracht werde. Sobald der erste abgebrochen ist, bleibt der nächste aus Gold nicht aus, und ein Stengel vom gleichen Metall treibt nach. Suche mit deinen Augen oben nach ihm und wenn du ihn gefunden hast, reiße ihn ordnungsgemäß mit der Hand ab; dann wird er selbst dir freiwillig und leicht folgen, wenn das Schicksal dich dazu beruft; andernfalls wirst du ihn mit keiner Kraft besiegen und mit keinem harten Schwert abschlagen können. Darüber hinaus liegt für dich der leblose Körper eines Freundes da (ach, du weißt es noch nicht), er befleckt die ganze Flotte mit seinem Tod, während du um Rat fragst und an meiner Schwelle verweilst. Bring diesen vorher zu seiner Ruhestätte und verbirg ihn in einem Grab. Führe schwarze Schafe mit dir; diese sollen die ersten Sühneopfer sein. So wirst du schließlich die Haine des Styx und das Reich erblicken, das sonst für Lebende unzugänglich ist.“ So sprach sie, presste die Lippen zusammen und schwieg.
156-174: Aeneas trifft auf Leichnam des Misenus
Aeneas ging mit traurigem Blick einher, die Augen auf den Boden gerichtet, verließ die Höhle und ließ die dunklen Ereignisse an seinem Auge vorbeiziehen. Der ihm treue Achates ging als Begleiter mit und lenkte mit den gleichen Sorgen seine Schritte. Vieles machten sie im Wechselgespräch untereinander ab, welchen leblosen Gefährten, welchen zu beerdigenden Körper die Seherin meinte. Und jene sahen, als sie kamen, Misenus, im trockenen Sand, der von einem unwürdigen Tod dahingerafft worden war, Misenus, den Sohn des Aeolus, kein anderer verstand es, besser die Männer mit seiner Trompete anzutreiben und den Krieg mit seinem Spiel anzufachen. Dieser war ein Begleiter des großen Hektors gewesen und an Hektors Seite zog er, gekennzeichnet durch sein Signalhorn und seine Lanze, in die Kämpfe. Nachdem der siegreiche Achill jenen um sein Leben beraubt hatte, schloss sich der äußerst tapfere Held dem Trojaner Aeneas als Gefährte an und folgte damit keiner schlechteren Sache. Aber dann, während er zufällig durch eine ausgehöhlte Muschelschale das Meer widerhallen ließ, der Wahnsinnige, und er die Götter durch sein Spiel zu Wettkämpfen rief, packte sein Widersacher Triton den Mann und, wenn es erlaubt ist, das zu glauben, versenkte ihn zwischen den Felsen im schäumenden Meer.
175-184: Bäume für Scheiterhaufen werden gefällt
Also lärmten alle um ihn mit lautem Geschrei, besonders der pflichtbewusste Aeneas. Dann beeilten sie sich unter Tränen auf Befehl der Sibylle, ohne Verzögerung, einen Altar aus Bäumen für das Grab aufzuschichten und sie wetteiferten darum, ihn zum Himmel hochzuziehen. Man ging in einen alten Wald, die hohe Behausung wilder Tiere; die Kiefern fielen nieder, die Steineiche ächzte beschlagen von Beilen, die Eschenstämme und die spaltbare Eiche wird von Keilen gespalten, sie wälzten riesige Bergeschen von den Bergen.
185-211: Aeneas findet durch zwei Tauben den goldenen Zweig
Auch Aeneas spornte als erster seine Gefährten bei solchen Arbeiten an und umgürtete sich mit den gleichen Werkzeugen. Und folgendes überlegte er in seinem traurigen Herzen hin und her, blickte in den riesigen Wald und betete zufällig so: „Wenn sich doch jener goldene Zweig von dem Baum in einem so großen Hain zeige! Ach, denn über dich, Misenus hat die Seherin nahezu alles wahrheitsgemäß gesagt.“ Kaum hatte er dies gesagt, als zufällig zwei Tauben vom Himmel genau vor das Gesicht des Mannes geflogen kamen und sich auf den grünen Boden setzten. Der große Held erkannte die mütterlichen Vögel und betete fröhlich: „Seid meine Führer, oh, wenn es irgendeinen Weg gibt, und lenkt euren Flug durch die Luft in den Hain, wo ein üppiger Zweig den fruchtbaren Boden beschattet. Falle (von mir) nicht ab, göttliche Mutter, bei diesem zweifelhaften Unternehmen.“ So sprach er, drückte seine Spuren in den Boden, während er beobachtete, welche Zeichen sie ihm brachten und wohin sie fliegen wollten. Auf der Suche nach Futter flogen jene (Tauben) immer nur so weit voraus, wie die Augen der ihnen Folgenden sie mit ihrer Sehschärfe wahrnehmen konnten. Sobald sie daraufhin zum Schlund des übel riechenden Avernus gelangten, erhoben sie sich schnell, glitten durch die klare Luft und setzten sich auf den gewünschten Platz auf dem Baum von zweifacher Gestalt, wo der Schein des Goldes andersfarbig durch die Äste hindurchblitzte. Wie die Mistel es in den Wäldern bei winterlicher Kälte gewohnt ist, mit neuem Laub zu grünen, die nicht der eigene Baum sprießen lässt, und mit safrangelben Trieben die glatten Stämme umgibt, so sah das Goldlaub auf der schattenspendenden Steineiche aus, so klirrte das Metallblatt in sanftem Wind. Aeneas riss es sofort an sich, brach gierig den zähen Zweig ab und ihn zum Tempel der Seherin Sibylle.
212-235: Beisetzung des Misenus
Nicht weniger beweinten inzwischen die Trojaner Misenus an der Küste und erwiesen der undankbaren Asche die letzte Ehre. Als erstes errichteten sie aus harzreichem Kienholz und zugeschnittenem Eichenholz einen riesigen Scheiterhaufen, dem sie die Seiten mit schwarzem Laub verkleideten, stellten Zypressen als Totenbäume davor auf und schmückten ihn oben mit leuchtenden Waffen. Ein Teil holte heißes Wasser und durch die Flammen brodelnden Kessel herbei, sie wuschen den Körper des Erkalteten und salbten ihn. Ein Seufzen erhob sich. Dann legten sie seine beweinten Glieder auf eine Liege und breiteten darüber purpurne Kleidung, eine bekannte Abdeckung. Ein Teil trug die riesige Totenbahre, ein trauriger Dienst, und hielt abgewandt eine Fackel, die nach Sitte der Vorväter darunter gehalten wurde. Zusammengetragene Weihrauchgaben, Speisen und aus Mischkesseln geflossenes Öl wurden verbrannt. Nachdem die Asche in sich zusammengesunken war und die Flammen sich beruhigt hatten, wuschen sie die Überbleibsel und die sich vollsaugende Asche mit Wein, und Corynaeus verbarg die aufgelesenen Knochen in einem ehernen Krug. Derselbe trug dreimal klares Wasser um die Gefährten herum, besprengte sie leicht mit Wasserspritzern und einem Ast eines fruchtbaren Olivenbaumes. So entsühnte er die Männer und sprach die letzten Worte. Aber der pflichtbewusste Aeneas errichtete ein Grab von riesigem Ausmaß und legte dem Mann seine Waffen, sein Ruder und seine Trompete unten an den luftigen Berg, der jetzt nach ihm Misenus genannt wird und diesen Namen ewig durch die Jahrhunderte behält.
236-254: Rückkehr zur Sibylle
Nach diesen Handlungen befolgte er eilends die Befehle der Sibylle. Es gab eine tiefe und wegen ihres riesigen Schlundes unermessliche Höhle, steil, sicher durch einen schwarzen See und die Schatten der Haine, über dem kein Vogel ungestraft mit seinen Flügeln fliegen konnte: eine solche Giftwolke ergoss sich aus den dunklen Schlünden und trug sich zum Himmelsgewölbe [deswegen nannten die Griechen den Ort Aornus]. Die Priesterin ordnete hier vier Jungstiere mit schwarzen Rücken an und vergoss Wein über ihre Stirn, rupfte oben mitten zwischen den Hörnern Haar aus und warf es in die heiligen Flammen, das waren die ersten Opferhandlungen, während sie mit ihrer Stimme Hekate anrief, die im Himmel und im Erebus mächtig war. Andere hielten Messer unten an die Kehle und fingen das lauwarme Blut mit Schalen auf. Aeneas selbst schlachtete mit seinem Schwert ein Lamm mit schwarzem Fell für die Mutter der Eumeniden und die große Schwester, und dir, Proserpina, eine unfruchtbare Kuh; dann begann er, für den stygischen König auf den nächtlichen Altären zu opfern, legte die Eingeweide der Stiere ganz auf die Flammen und er vergoss triefendes Öl über die brennenden Innereien.
255-272: Der Abstieg beginnt
Siehe da, beim ersten Licht der Sonne, bei Sonnenaufgang, begann der Boden aber, unter seinen Füßen zu dröhnen und die Waldgebirge sich zu bewegen, die Hündinnen schienen durch die Dunkelheit hindurch zu bellen, als die Göttin ankam. „Bleibt fern, oh bleibt fern, ihr Ungeweihten“, rief die Seherin, „haltet euch von diesem gesamten Hain fern; Du aber beschreite den Weg und zieh dein Schwert aus der Scheide: nun ist Mut nötig, nun ein starkes Herz, Aeneas.“ Nachdem sie so großes ausgesprochen hatte, stürmte sie rasend in die offenstehende Höhle; Jener tat es der weggehenden Führerin mit furchtlosen Schritten gleich. (264) Ihr Götter, die über die Seelen herrschen, schweigende Schatten, Chaos und Phlegeton, nachts weit und breit schweigende Orte, es sei mir erlaubt, Gehörtes wiederzugeben, mir soll erlaubt sein, unter eurem Walten die Dinge zu eröffnen, die tief in der Erde und in der Dunkelheit verborgen sind.
(268) Sie gingen, verborgen in einsamer Nacht, durch die Dunkelheit, durch die leeren Häuser des Pluto und sein wesenloses Reich: einen solchen Weg durch getrübtes Mondlicht und unter kargem Licht gab es in den Wäldern, sobald Iuppiter den Himmel in Schatten gehüllt und die dunkle Nacht den Dingen die Farbe entzogen hat.
273-336: Der Vorhof und Charon
Gleich an der Vorhalle und vorne an den Schlünden des Orcus hatten die Rächerinnen Trauer und Sorge ihr Lager aufgestellt, die bleichen Krankheiten und das traurige Alter wohnten dort, sowie die Furcht, der zu Übel verführende Hunger und die schändliche Not, schrecklich anzusehende Gestalten, dazu der Tod und die Mühe; dann der Schlaf als Blutsverwandter des Todes, die schändlichen Freuden des Geistes und gegenüber der Schwelle der todbringende Krieg, die eisernen Schlafzimmer der Eumeniden und die wahnsinnige Zwietracht, die ihr Schlangenhaar mit blutigen Opferbinden durchflochten hat. In der Mitte breitete eine riesige, schattenspendende Ulme ihre Äste und alten Zweige aus, von der man gemeinhin sagt, dass sie der Sitz der leeren Träume ist und sie unter allen Blättern hängen. Außerdem gab es noch viele Schreckensgestalten verschiedener Ungeheuer, Zentauren, die doppelgestaltigen Skyllen, der hundertarmige Briareus, das schrecklich zischende Ungeheuer von Laerna und die Chimaera, mit Flammen ausgerüstet, Gorgonen und Harpyien und die dreileibige Schattengestalt lagerten an den Türflügeln. Hier zückte Aeneas ängstlich wegen des plötzlichen Schreckens sein Schwert und hielt die gezückte Spitze den auf ihn zu Kommenden entgegen, wenn die gelehrte Begleiterin ihn nicht erinnert hätte, dass zarte Seelen ohne Körper umherschweben in einem leeren Abbild einer Gestalt, wäre er ihnen entgegengestürzt und hätte die Schatten vergeblich mit seinem Schwert zerteilt. Hier war der Weg, der zu den Gewässern des unterweltlichen Acheron führte. Hier brandete sein Strudel, trüb vor Schlamm und mit seinem riesigen Schlund, und schleuderte seinen ganzen Sand in den Cocytus. Als Fährmann bewachte Charon die Gewässer und Flüsse, schauderhaft starrend vor schrecklichem Schmutz, an dessen Kinn viel ungepflegtes graues Haar hing, seine Augen standen in Flammen und sein dreckiger Umhang hing an einem Knoten von seinen Schultern herab. Er trieb sein Schiff mit seiner Ruderstange an, er bediente die Segel und brachte die Körper mit seinem rostfarbenen Kahn hinüber, er ist schon älter, aber sein Alter ist für einen Gott noch frisch und blühend. Hierher strömte der ganze Schwarm und stürzte zu den Ufern, Mütter, Männer und verstorbene Körper großherziger Helden, Jungen und unverheiratete Mädchen und junge Männer, die vor den Augen der Eltern auf einen Scheiterhaufen gelegt worden waren: So viele wie Blätter in Wäldern in der ersten Kälte des Herbstes absterben und niederfallen, oder wie Vögel sich vom hohen Meer her zum Land versammeln, sobald das kalte Jahr sie über das Meer vertreibt und sie in die sonnigen Länder schickt. So standen die ersten da und flehten, hinübergebracht zu werden und streckten ihre Arme im Verlangen nach dem gegenüberliegenden Ufer aus.
(315) Aber der mürrische Seemann nahm bald diese, bald jene auf, aber andere drängte er zurück und hielt sie vom Strand fern. Aeneas sagte verwundert und bewegt durch den Auflauf: „Sag, oh Jungfrau, was soll der Auflauf am Fluss? Oder worum bitten die Seelen? Oder worin liegt der Unterschied, dass diese das Ufer verlassen, aber jene mit ihren Rudern über das bläuliche Wasser fahren?“ Die hochbetagte Priesterin sagte jenem kurz folgendes: „Anchisessohn, unstrittiger Spross der Götter, du siehst das tiefe Gewässer des Cocytus und den stygischen Sumpf, dessen Macht die Götter zu beschwören und zu täuschen fürchten. Diese ganze Menge, die du siehst, ist hilflos und unbestattet; Jener Fährmann ist Charon; diejenigen, die das Wasser trägt, sind beerdigt. Es ist ihm nicht erlaubt, sie von den schrecklichen Ufern und über die rauen Fluten zu bringen, bevor ihre Gebeine in einem Grab ruhen. Hundert Jahre lang irren sie umher und schweben um diese Küste; Dann erst ist es ihnen gestattet und sie sehen die ersehnten Gewässer wieder.“ Da blieb der Anchisessohn stehen, presste seine Spuren in den Boden, dachte darüber nach und bemitleidete in seinem Herzen das ungerechte Schicksal. Dort sah er traurig und ohne Totenehre den Leucaspis und den Anführer der lykischen Flotte Orontes, die, als sie zusammen von Troja über das stürmische Meer fuhren, der Südwind zugrunde richtete, indem er Schiffe und Männer unter Wassermassen begrub.
337-383: Aeneas begegnet dem unbestatteten Palinurus
Siehe da schleppte sich der Steuermann Palinurus heran, der neulich auf der Überfahrt von Libyen, während er die Sterne beobachtete, vom Heck gestürzt und mitten in die Wellen gefallen war. Sobald er ihn so gerade unter den vielen Schatten bemerkt hatte, sprach er ihn zuerst so an: „Wer von den Göttern hat dich, Palinurus, uns entrissen und mitten im Meer versenkt? Los, sprich! Denn mich hat Apoll mit dieser einen Antwort getäuscht, den ich vorher nie als Täuscher wahrgenommen hatte, der weissagte, dass du unverwehrt aus dem Meer und ins ausonische Gebiet kommen würdest. Ist diese Zusicherung denn versprochen worden?“ Jener aber entgegnete: „Weder das Orakel des Apoll täuschte dich, Anführer und Anchisessohn, noch versenkte ein Gott mich im Meer. Denn zufällig wurde das Steuer mit viel Kraft herumgerissen, an dem ich als Wächter hing und mit dem ich den Kurs steuerte, und ich habe es kopfüber mit mir gerissen. Ich schwöre beim rauen Meer, dass mich keine so große Furcht um mich selbst gepackt hat, wie die Furcht, dass dein Schiff, seiner Waffen beraubt und mit heruntergestoßenem Steuermann, zugrundegeht, während sich so große Wellen erhoben. Drei stürmische Nächte lang trieb mich der Südwind, ungestüm durch seine Wassermassen, über das riesige Meer; so gerade habe ich am vierten Tag Italien oben von einer Welle aus erblickt. Allmählich schwamm ich an Land; ich hielt es schon für sicher, wenn nicht ein grausames Volk mich, schwer durch meine nasse Kleidung und mich an der rauen Spitze eines Berges mit meinen Fingern festkrallend, mich einem Schwert durchstoßen und unbewusst für Beute gehalten hätte. Jetzt besitzen mich die Fluten und die Winde an der Küste treiben mich umher. Darum bitte ich dich beim angenehmen Licht des Himmels und den Lüften, bei deinem Vater, bei der Hoffnung des heranwachsenden Iulus, entreiße mich diesen Unglücken, du Unbesiegbarer: Oder wirf Erde auf mich, denn du kannst es, und suche die Häfen von Velia auf; oder wenn es irgendeinen Weg gibt, wenn deine göttliche Mutter dir einen Weg gezeigt hat (denn du machst dich, glaube ich, nicht ohne ein Walten der Götter auf, solch großen Flüssen und den stygischen Sumpf zu überqueren), gib mir Elendem deine Rechte und nimm mich mit dir durch die Wellen, damit ich wenigstens in einem ruhigen Grab im Tode ruhen kann.“
(372) Er hatte so gesprochen, als die Seherin wie folgt anfing: „Woher kommt, oh Palinurus, dieses so unheilvolle Verlangen? Wirst du unbeerdigt die stygischen Gewässer und den bitteren Fluss der Eumeniden erblicken oder wirst du ohne Befehl zum Ufer gehen? Hör auf zu hoffen, dass durch dein Bitten der Schicksalsspruch der Götter umgestimmt wird, sondern vernimm meine Worte und erinnere dich daran als Trost für ein hartes Schicksal. Denn deine Nachbarn, die weit und breit vor himmlischen Zeichen durch die Städte getrieben sind, werden deine Gebeine entsühnen, dir einen Grabhügel errichten, alljährliche Festspiele für dein Grab abhalten und der Ort wird auf ewig den Namen Palinurus tragen.“ Mit diesen Worten wurden seine Sorgen und für eine Weile der Schmerz aus seinem traurigen Herzen vertrieben. Er freute sich über das Land mit seinem Beinamen.
384-416: Charon bringt Aeneas über den Acheron
Also setzten sie ihren angefangenen Weg fort und näherten sich dem Fluss. Als der Seemann diese schon vom stygischen Wasser her durch den stillen Hain gehen und sie ihre Füße zum Ufer hin lenken sah, ging er zuerst mit folgenden Worten auf sie zu und fuhr sie obendrein an: „Wer du auch bist, der du bewaffnet zu meinem Fluss eilst, los sag schon da drüben, warum du kommst, und bleib stehen. Dies ist der Ort der Schatten, des Schlafens und der schlafbringenden Nacht: Es ist nicht erlaubt, dass lebende Körper auf einem stygischen Kahn fahren. Weder hatte ich Freude daran, den Alkiden, als er ankam, auf dem See zu empfangen, noch Theseus oder Pirithoos, obwohl sie von Göttern abstammten und wegen ihrer Kräfte unbesiegbar waren. Jener griff mit seinen Händen in Fesseln den Wächter des Tartarus genau vor dem Thron des Königs an und schleppte ihn zitternd davon; diese hatten vor, die Ehefrau des Pluto aus ihrem Schlafzimmer zu entführen.“ Darauf antwortete die Seherin des amphrysischen Apoll kurz: „Hier gibt es keine solchen Anschläge (hör auf, dich aufzuregen), und diese Waffen bringen keine Gewalt mit sich; mag auch der riesige Torwächter ewig vor seiner Höhle bellen und die blutleeren Schatten erschrecken, mag auch Proserpina züchtig das Haus ihres Onkels (= Pluto, gleichzeitig ihr Ehemann) hüten. Der Troer Aeneas, ausgezeichnet durch sein Pflichtbewusstsein und seine Waffen, stieg zu seinem Vater und zu den Schatten hinunter. Wenn dich kein Abbild so großen Pflichtbewusstseins bewegt, sollst du aber diesen Zweig anerkennen“ (er zeigte den Zweig, den er in seiner Kleidung versteckte). Dann beruhigte sich sein vor Zorn erregtes Herz; und sie sagte keine weiteren Worte. Jener bewunderte das ehrwürdige Geschenk der schicksalhaften Jungfrau, das er nach langer Zeit wiedergesehen hatte, er wendete sein bläuliches Schiff und näherte sich dem Ufer. Dann vertrieb er die anderen Seelen, die auf den langen Sitzbänken saßen, und machte die Sitzreihen frei; zugleich nahm er den riesigen Aeneas im Bauch des Schiffes auf. Der leicht zerbrechliche und rissige Kahn ächzte unter seinem Gewicht und nahm viel Sumpfwasser auf. Endlich setzte er die Seherin und den Mann unversehrt über den Fluss im matschigen Schlamm und schimmernden Schilf ab.
417-425: Sibylle schläfert den Kerberus ein
Der riesige Kerberus schallte mit Gebell aus 3 Mäulern durch dieses Reich und lag unermesslich vorn an der Höhle, dem die Seherin einen Bissen hinwarf, der durch den Honig und Zauberfrüchte einschläfernd wirkte, während sie sah, wie sich seine Hälse schon vor Schlangen sträubten. Jener, wild vor Hunger, öffnete seine 3 Mäuler, riss den entgegengeworfenen (Bissen) an sich, entspannte seinen riesigen Körper, legte sich auf den Boden nieder und breitete sich gewaltig in der Höhle aus. Aeneas belagerte den Zugang, nachdem der Wächter im Schlaf versunken war, und verließ schnell das Ufer des Gewässers, das keine Wiederkehr ermöglichte.
426-439: Zu früh Verstorbene
Sofort wurden Stimmen, ein riesiges Wimmern und weinende Seelen von Kindern gehört, die an der ersten Schwelle ihres süßen Lebens und der Mutterbrust beraubt wurden und die ein dunkler Tag wegriss und in einem bitteren Grab versenkte. Neben diesen gab es durch falsche Anschuldigung zum Tode Verurteilte; Dieser Aufenthaltsort wurde ihnen nicht ohne Zuteilung, nicht ohne Richter gegeben: der Untersuchungsrichter Minos schüttelte die Urne; jener berief die Versammlung der Schweigenden ein und erkundigte sich über Leben und Anschuldigungen. Den nächsten Ort bewohnten die Traurigen, die sich mit eigener Hand, obwohl unschuldig, den Tod beibrachten, und voll Hass gegen das Lebenslicht ihre Seele (= Leben) hinwarfen. Wie sehr sie jetzt oben an der Luft Armut und harte Mühen ertragen wollten! Dem stand göttliches Recht entgegen, der traurige Sumpf des unliebsamen Gewässers band sie und der sie neunfach umfließende Styx hielt sie fest.
440-476: Aus Liebe getötete – Dido wendet sich ab
Nicht weit von hier zeigten sich die Trauergefilde, die sich in alle Richtungen hinstreckten. So nannte man jene mit Namen. Hier verbargen versteckte Pfade diejenigen, die die harte Liebe mit ihrem grausamen Gift zugrunde richtete, und ein Myrtenwald umgab sie. Die Sorgen verlassen sie auch im Tod selbst nicht. An diesen Orten sah er Phaedra, Procris und die traurige Eriphyle, die ihre Wunden zeigten, die von ihrem grausamen Sohn stammten, und dazu Euadne und Pasiphae. Diese begleitete Laodamia und der einstige junge Mann, jetzt Frau, Caeneus, der vom Schicksal wieder in seine alte Gestalt (nämlich Frau) zurückverwandelt worden war. Unter ihnen irrte auch die Phönizierin Dido mit noch frischer Wunde durch den großen Wald; sobald der trojanische Held sie als erstes neben ihr stand und sie dunkel durch die Schatten bemerkte wie jemand, der durch die Wolken sieht, dass sich der Mond am Anfang des Monats erhebt, oder glaubt, ihn gesehen zu haben, vergoss er Tränen und sprach sie in süßer Liebe an: „Unglückliche Dido, mich hat also die wahre Nachricht erreicht, dass du dich umgebracht und dein Ende durch das Schwert gefunden hast? War ich der Grund für deinen Tod? Ich schwöre bei den Sternen, bei den Göttern und wenn es irgendeinen Eid tief unter der Erde gibt, ich bin unfreiwillig von deiner Küste weggefahren, Königin. Aber mich zwingen die Befehle der Götter, die mich jetzt durch diese Schatten zu gehen zwingen, durch diese unwirtlichen Regionen und durch die tiefe Nacht, sie trieben mich durch ihre Befehle voran; ich konnte nicht glauben, dass ich dir durch meine Abfahrt so großen Schmerz gebracht habe. Bleib stehen und entziehe dich nicht meinem Blick. Vor wem fliehst du? Das ist die letzte Möglichkeit des Schicksals, dass ich zu dir spreche.“ Aeneas wollte sie und ihr brennendes Herz beschwichtigen, wobei sie grimmig schaute, und ihr Tränen entlocken. Jene hielt ihre Augen abgewendet auf den Boden gerichtet und bewegte ihr Gesicht nach dem angefangenen Gespräch nicht mehr, als wenn ein harter Stein oder marpesischer Marmor dort stünde. Endlich riss sie sich los und floh feindselig in den schattenspendenden Hain, wo ihr früherer Ehemann Sychaeus ihre Sorgen erwiderte und ihre Liebe teilte. Ebenso folgte Aeneas unter Tränen, erschüttert durch das ungerechte Schicksal, der Gehenden lange und bemitleidete sie.
477-547: Im Krieg Gefallene
Von da aus schlug er den vorgegebenen Weg ein. Schon hatten sie die äußersten Gefilde erreicht, die Kriegshelden abgesondert bewohnten. Hier lief ihm Tydeus entgegen, hier der durch seine Waffen berühmte Parthenopaeus und das Abbild des bleichen Adrastus, hier traf er die in der Oberwelt viel beweinten und im Krieg gefallenen Dardaner, die er alle in einer langen Reihe sah und beseufzte: Glaucus, Medon, Thersilochus, die drei Söhne des Antenor, den Cerespriester Polyboetes und Idaeus, der auch noch seinen Wagen und die Waffen festhielt. Zahlreiche Seelen stehen rechts und links um ihn herum, und es reicht nicht, ihn einmal gesehen zu haben; es freut sie, ununterbrochen zu verweilen, mit ihm zusammen zu gehen und die Gründe für sein Kommen zu erfahren. Aber sobald die Anführer der Danaer und die Schlachtreihen des Agamemnon den Mann und seine blitzenden Waffen durch die Schatten hindurch sahen, erzitterten sie aus riesiger Furcht. Ein Teil wendete ihm den Rücken zu, wie sie einst zu den Schiffen liefen, ein Teil erhob seine schwache Stimme. Das angefangene Geschrei wird in den aufklaffenden Mündern zunichtegemacht. Hier sah er auch den Priamussohn Deiphobus, am ganzen Körper und im Gesicht grausam verstümmelt, im Gesicht und an beiden Händen, die Schläfen verwüstet, die Ohren abgeschnitten und die durch einen unehrenhaften Schlag verstümmelte Nase. Bis dahin erkannte er den Verängstigten nur, der seine grausamen Verstümmelungen versteckte, und sprach ihn darüber hinaus mit vertrauten Worten an: „Waffenmächtiger Deiphobus, Sohn vom hohen Blut der Teukrer, wer wünschte, dich so grausam zu bestrafen? Wem war es erlaubt, dich so sehr zu bestrafen? Mir berichtete ein Gerücht in der letzten Nacht (von Troja), dass du müde vom gewaltigen Blutbad der Pelasger niedergesunken bist auf einem Haufen niedergemetzelter Menschen. Dann habe ich ein leeres Grab an der Küste am Rhoeteum errichtet und die Manen dreimal mit lauter Stimme angerufen. Dein Name und deine Waffen bewachen diesen Ort; ich konnte dich, mein Freund, nicht erblicken und dich nicht begraben, weil ich aus dem väterlichen Land wegging.“ Darauf sagte der Priamussohn: „Nichts wurde von dir unterlassen, mein Freund. Du hast alles für Deiphobus geleistet und für die Schatten des Todes. Aber mich hat mein Schicksal und die todbringende Ruchlosigkeit der Spartanerin ins Verderben gestürzt. Sie hat mir diese (Wunden) als Andenken hinterlassen. Denn du weißt ja, wie wir die letzte Nacht in falscher Freude verbracht haben: es ist auch nötig, dass wir uns allzu sehr erinnern. Als das todbringende Pferd im Sprung auf das hochragende Pergamon gelangte und schwer im Bauch bewaffnete Fußsoldaten trug, täuschte jene einen Reigen vor und führte die Phrygierinnen, die unter Jubel die Bacchusorgien feierten, umher; sie hielt selbst eine riesige Fackel in der Mitte und rief die Griechen oben von der Burg. Damals hielt mich, der ich von Sorgen übermannt war und schwer vom Schlaf, das unglückliche Schlafzimmer fest und eine süße und tiefe Ruhe drückte mich, als ich dalag, nieder, einem ruhigen Tod sehr ähnlich. Inzwischen entfernte die hervorragende Gattin alle Waffen aus dem Haus, und mein treues Schwert hatte sie mir unter dem Kopf weggezogen. Sie rief Menelaus ins Haus und öffnete ihm die Tür, weil sie offenbar hoffte, dass dies ein großes Geschenk für den Liebenden sein werde und dass der Ruf ihrer früheren Übel so ausgelöscht werden könne. Wozu zögere ich noch? Sie brechen ins Schlafzimmer ein und mit ihnen zusammen kam als Begleiter der Aeolide (= Odysseus) als Anstifter von Verbrechen. Ihr Götter, wiederholt solches bei den Griechen, wenn ich mit einem frommen Mund Strafen fordere. Aber los, sprich du jetzt auch, welche Zufälle dich Lebenden hergebracht haben. Kommst du auf Irrwegen vom Meer umhergetrieben oder auf Anmahnen der Götter? Oder was für ein Schicksal zermürbt dich, dass du zu den traurigen Häusern ohne Sonne beunruhigende Orte gehst?“ Beim Wechsel solcher Worte hatte Aurora auf ihrem rosenfarbenen Viergespann schon die mittlere Achse auf ihrer himmlischen Fahrt überfahren und vielleicht hätten sie die ganze Zeit, die ihnen gegeben war, mit solchen (Gesprächen) verbracht, aber die Begleiterin Sibylle ermahnte ihn und sprach kurz so: „Die Nacht bricht ein, Aeneas; unter Tränen verbringen wir die Stunden. Hier ist der Ort, wo sich der Weg in zwei Teile teilt: der rechte, der sich bis zu den Mauern des großen Pluto erstreckt, ist für uns der Weg ins Elysium; aber der linke bringt Strafen über die Bösen und schickt sie zum ruchlosen Tartarus.“
(544) Deiphobus entgegnete: „Sei nicht wütend, große Priesterin. Ich werde weggehen und die Zahl (der Toten) vervollständigen und mich wieder in die Dunkelheit begeben. Geh, unser Stolz, geh; habe ein besseres Schicksal.“ So sprach er und drehte seine Fußspuren mitten im Wort um.
548-579: Die Pforte des Tartarus
Aeneas sah sich plötzlich um und sah unter dem linken Felsen eine Festung, die von drei Mauern umgeben war, die ein schneller Fluss mit sengenden Flammen umfloss, der Phlegeton des Tartarus, und donnernd wälzte er Steine. Vorne gab es ein riesiges Tor und Säulen aus hartem Stahl, sodass keine Kraft von Männern und nicht einmal die Himmelsbewohner sie mit Krieg zerstören konnten; ein eiserner Turm ragte bis in die Lüfte: Tisiphone saß dort, umgeben von einem blutigen Umhang und bewachte, ohne zu schlafen, die Vorhalle Tag und Nacht. Von dort hörte man ein Stöhnen und wilde Schläge dröhnten, dann das Klirren von Eisen und das Rassen von umhergeschleppten Ketten.
(559) Aeneas blieb stehen und vernahm erschreckt den Lärm: „Welche Arten von Verbrechen sind das? Oh Jungfrau, sprich; von welchen Strafen werden sie bedrängt? Welches so große Wehklagen dringt an die Luft?“ Dann erhob sich die Seherin und sprach folgendes: „Berühmter Anführer der Teukrer, keinem reinen Mann ist es erlaubt, an der verbrecherischen Schwelle halt zu machen; aber als mir Hekate die Leitung der Avernerhaine anvertraute, lehrte sie selbst mich die Strafen der Götter und wies mich in alles ein. Rhadamantus aus Kreta führt hier eine äußerst strikte Herrschaft, züchtigt, hört sich Hinterhältigkeiten an und zwingt sie, die Dinge zu gestehen, deren Sühne irgendjemand in der Oberwelt über seinen Tod hinaus verzögerte, während er sich eines nichtigen Betrugs erfreute. Sofort springt die bewaffnete Rächerin Tisiphone auf die Schuldigen zu und schlägt sie mit ihrer Peitsche. Sie hält ihnen mit ihrer Linken grimmige Schlangen entgegen und ruft die wilde Schar ihrer Schwestern. Dann endlich öffnen sich die geheiligten Tore, die mit schrecklich klingendem Zapfen knarren. Siehst du, welche Bewachung in der Vorhalle sitzt und welche Gestalt die Türen bewacht? Die ziemlich wilde und durch ihre fünfzig schwarzen Mäuler riesige Hydra lebt an diesem Ort. Dann breitet sich der Tartarus doppelt so tief nach unten aus und reicht bis zu den Schatten wie man zum luftigen Olymp des Himmels blicken kann.
580-627: Sibylle über die Verbrechen der Unterweltsbüßer
Hier wälzten sich das alte Geschlecht der Erde, die titanische Nachkommenschaft, im tiefen Grund, nachdem sie vom Blitz niedergeschmettert worden waren. Hier sah ich auch die Zwillingssöhne des Aelous, riesige Körper, die versucht hatten, den großen Himmel mit ihren Händen aufzureißen und Iuppiter aus seinem hohen Reich hinauszustoßen. Ich sah auch Salmoneus, der grausame Strafen büßen musste, als er die Flammen des Iuppiter und das Donnern des Olymp nachahmte. Er fuhr mit vier Pferden und schüttelte frohlockend Fackeln in den Völkern der Griechen und der Stadt mitten in Elis, forderte die Ehre der Götter für sich, der Wahnsinnige, der Gewitterwolken und den nicht nachzuahmenden Blitz mit Erz und dem Hufschlaf seiner Pferde nachmachte. Aber der allmächtige Vater schleuderte einen Blitz zwischen die dichten Wolken, jener warf keine Fackeln oder rauchende Leuchten aus Kienspan, und stürzte ihn kopfüber in einem schrecklichen Strudel hinab. Auch war Tityron, der Zögling der Allmutter Erde, zu sehen, dessen Körper über neun Morgen Land verteilt war, und ein riesiger Geier zerhackte mit seinem gekrümmten Schnabel seine unsterbliche Leber, durchwühlte zur Strafe die üppig vorhandenen Eingeweide zum Fraß und wohnte tief in dessen Brust und gibt den immer wieder nachwachsenden Eingeweiden keine Ruhe. Wozu soll ich die Lapithen, Ixion und Pirithous, erwähnen? Über ihnen hing ein schwarzer Fels, der schon dabei war herabzugleiten, ähnlich einem Fallenden. Goldene Betten glänzten mit festlich erhöhten Polstern und Speisen wurden vor ihren Augen mit königlichem Luxus angerichtet. Dicht daneben liegt die Mächtigste der Furien und verbietet, die Tische mit den Händen zu berühren, sie springt auf, hebt ihre Fackel und donnert mit ihrer Stimme. Hier waren diejenigen eingeschlossen, die ihre Brüder hassten, solange sie lebten, ihren Vater schlugen und einen Betrug an ihren Klienten begingen, oder diejenigen, die alleine auf ihren gefundenen Reichtümern saßen und ihren Leuten keinen Teil abgaben (das war die größte Gruppe), und die, die wegen Ehebruch ermordet wurden, und die, die schändlichen Kriegen nachgingen und die es wagten, das Vertrauen ihrer Herren zu täuschen, und warteten auf ihre Strafe. Suche nicht zu erfahren, welche Strafe sie erwartet oder welche Art und welches Schicksal die Männer ins Verderben stürzte. Die einen wälzen einen riesigen Fels, andere hängen auseinandergezerrt an den Speichen von Rädern. Der unglückliche Theseus sitzt und wird auf ewig sitzen und der äußerst bemitleidenswerte Phlegyas ermahnt alle und mit lauter Stimme bezeugt er durch die Schatten: „Seid ermahnt und lernt Gerechtigkeit und die Götter nicht zu verachten.“ Dieser verkaufte seine Heimat für Gold und setzte einen mächtigen Herrscher ein. Er legte Gesetze gegen Geld fest und löste sie auch wieder. Er drang ins Schlafzimmer der Tochter ein zu einer verbotenen Verbindung. Sie alle wagten einen unermesslichen Frevel und genossen ihre freche Tat. Wenn ich hundert Zungen und hundert Münder hätte, eine eherne Stimme, könnte ich nicht alle Arten von Verbrechen aufzählen und alle Bezeichnungen von Strafen durchgehen.
628-636: Palast des Dis – Aeneas legt Zweig nieder
Sobald das gesagt war, gab die hochbetagte Priesterin des Phoebus folgendes von sich: „Aber los, mach dich auf den Weg und vollende die übernommene Aufgabe. Beeilen wir uns! Ich sehe schon die Mauern, die in Öfen der Kyklopen geschmiedet wurden und die Tore mit der Wölbung davor, wo diese Vorgaben uns vorschreiben, das Geschenk niederzulegen. So sprach sie und in gleichem Schritt gingen sie auf einem düsteren Weg, legten schon die Hälfte des Weges zurück und näherten sich den Toren. Aeneas trat rasch an den Eingang heran, besprengte seinen Körper mit frischem Wasser und heftete den Zweig vorn an die Schwelle.
637-678: Die Gefilde der Seligen
Nachdem dies endlich vollbracht war, und nach Ausführung der Aufgabe der Göttin kamen sie an fruchtbare Orte und liebliche Auen von Hainen des Glücks und an glückliche Wohnstätten. Hier bedeckte der Himmel die Felder ziemlich breit mit purpurnem Licht, sie hatten ihre eigene Sonne und Sterne. Ein Teil trainierte ihre Glieder auf grasbewachsenen Sportplätzen, sie maßen sich im Spiel und kämpften im gelben Sand. Ein anderer Teil stampfte Reigen mit den Füßen und sang Lieder. Ein thrakischer Priester begleitete die Gesänge und Tänze mit der siebensaitigen Leier und schlug dieselben bald mit den Fingern, bald mit einem elfenbeinernen Plektrum. Hier wohnt das alte Geschlecht der Teukrer, seine äußerst herrliche Nachkommenschaft, großherzige Helden, in besseren Jahren geboren, Ilus, Assaracus und Dardanus, der Gründer Trojas. Aus der Ferne bewunderte er die Waffen und leeren Wagen der Männer. Speere standen in die Erde gebohrt und überall auf dem Feld weideten Pferde ohne Zaumzeug. Dieselbe Vorliebe zu Wagen und Waffen, dieselbe Fürsorge, glänzende Pferde weiden zu lassen, die sie zu Lebzeiten hatten, folgte ihnen auch, nachdem sie in der Erde zur Ruhe gebettet waren. Siehe da, er erblickte rechts und links andere, die im Gras aßen und die in einem nach Lorbeer duftenden Hain im Chor frohe Schlachtgesänge sangen, wo der gewaltige Strom des Eridanus von oben durch den Wald fließt. Hier wohnten die Scharen derer, die im Kampf um die Heimat Wunden erlitten haben, und die, die fromme Priester waren, solange sie lebten, und die, die als fromme Priester Dinge sprachen, die des Phoebus würdig waren, und die, die ihr Leben durch Erfindungen verfeinerten, und die, die andere durch ihre Verdienste dazu brachten, dass sie an sie denken: eine weiße Binde wird all diesen um die Schläfe gelegt. Sibylle sprach so zu denen, die sie umringten, vor allem aber zu Musaeus (denn eine riesige Menge hatte ihn in der Mitte und blickte zu ihm auf, weil er durch seine große Gestalt herausragte): „Sprecht, ihr glücklichen Seelen und du, bester Sänger, welche Gegend, welchen Ort bewohnt Anchises? Wir sind seinetwegen gekommen und haben die mächtigen Flüsse des Erebus überquert.“ Der Held gab ihr mit nur wenigen Worten diese Antwort: „Niemand hat ein festes Haus. Wir wohnen in beschatteten Hainen, wir wohnen an Uferböschungen und an Weiden, die durch die Bäche frisch sind. Aber ihr, wenn es den Willen so in eurem Herzen gibt, überschreitet diesen Bergrücken, und ich will euch auf einen leichten Seitenweg führen.“ So sprach er, ging voraus und zeigte von oben die glänzenden Felder. Dann verließen sie den oberen Gipfel.
679-702: Treffen mit Anchises
Aber der Vater Anchises betrachtete Seelen, die tief im grünen Tal eingeschlossen waren, und diejenigen, die ans Licht der Oberwelt gehen sollten, musterte sie eifrig, und ging dabei zufällig die gesamte Anzahl seiner Leute durch, die lieben Enkel, das Schicksal, das Glück, den Charakter und die Scharen der Männer. Sobald er Aeneas sah, der ihm durch das Gras entgegeneilte, streckte er eifrig beide Hände aus, vergoss Tränen über seine Wangen und ließ diese Worte aus seinem Mund hervorströmen: „Endlich bist du gekommen. Deine vom Vater erwartete Liebe hat dich den harten Weg bewältigen lassen. Ist es mir erlaubt, dein Gesicht zu sehen, mein Sohn, deine Bemerkungen zu hören und deine Worte zu erwidern? So glaube ich es jedenfalls in meinem Herzen und glaubte, dass es so kommt, wobei ich die Stunden zählte, und meine Sorge täuschte mich nicht. Ich nehme dich auf, der du solche Länder und so viele Meere durchfahren hast! Von wie großen Gefahren du umhergeworfen wurdest, mein Sohn! Wie sehr fürchtete ich, dass dir das libyische Reich irgendwie schaden würde!“ Jener sagte aber: „Dein trauriges Bild, mein Vater, das mir sehr oft erschien, trieb mich dazu an, diese Schwellen aufzusuchen. Meine Flotte liegt im tyrrhenischen Meer. Lass zu, dass wir uns die Hände reichen, lass es zu Vater, und entziehe dich nicht meiner Umarmung.“ Während er so sprach, benetzte er zugleich mit Tränenströmen sein Gesicht. Dort versuchte er dreimal, ihm die Arme um den Hals zu legen. Dreimal entfloh das Abbild seinen Händen, als er ihn vergeblich ergreifen wollte, einem leichten Wind gleich und einem flüchtigen Schlaf äußerst ähnlich.
703-751: Lehre von der Wiedergeburt der Seelen
Inzwischen sah Aeneas im tief eingeschnittenen Tal einen abgelegenen Hain, das rauschende Geäst des Waldes und den Lethestrom, der die friedlichen Wohnstätten umfloss. Um diesen schwebten zahlreiche Stämme und Völker: Wie wenn sich Bienen im Wiesen im heiteren Sommer auf verschiedene Blumen setzen und rings um weiße Lilien schwärmen, so ertönte das ganze Feld durch Summen. Der unwissende Aeneas erschrank bei dem plötzlichen Anblick und suchte nach Gründen, welche Flüsse das denn sind oder welche Männer in einer so großen Schar die Ufer erfüllen. Dann sagte der Vater Anchises: „Die Seelen, denen vom Schicksal ein weiterer Körper geschuldet wird, trinken aus der Flut des Lethestroms Wasser, das von Sorgen befreit und langes Vergessen beschert. Ich will dir diese (Seelen) schon lange in Erinnerung rufen und sie dir persönlich zeigen, diese Nachkommenschaft der Meinen aufzählen, damit du dich umso mehr mit mir freust, Italien gefunden zu haben.“
(719) „Oh Vater, muss man denn glauben, dass bestimmte erhabene Seelen von hier in die Oberwelt aufsteigen und wieder in träge Körper zurückkehren? Welch so grausames Verlangen nach Licht haben diese Elenden?“ „Ich jedenfalls will es dir sagen und werde dich nicht in der Schwebe halten, mein Sohn“, erwiderte Anchises und eröffnete ihm die einzelnen Dinge der Reihe nach. „Am Anfang erfüllt ein Hauch im Inneren den Himmel, die Länder, die Meeresflächen, den leuchtenden Ball des Mondes und die Sterne der Titanen. Der Geist treibt die ganze Masse an, wobei er durch alle Glieder strömt und vermischt sich mit dem großen Ganzen. Daher stammt das Geschlecht der Menschen, der Tiere, die Leben der Vögel und die Ungeheuer, die das Meer unter seiner schimmernden Oberfläche beherbergt. Jene Samen haben eine feurige Kraft und einen himmlischen Ursprung, solange schädliche Körper sie nicht hemmen und irdische Gebeine und todgeweihte Glieder sie schwächen. Daher fürchten sich die Seelen und begehren, sie empfinden Schmerz und sie freuen sich, und sie blicken nicht in die Lüfte empor, weil sie in Finsternis und einen dunklen Kerker eingeschlossen sind. Ja sogar wenn sie das Leben zusammen mit dem letzten Lebenslicht verlassen hat, weicht trotzdem nicht jedes Übel und alle körperlichen Krankheiten völlig aus den Elenden. Notwendigerweise ist vieles, das schon lange zusammengewachsen war, auf wundersame Weise innen verwurzelt. Also werden sie von Strafen gepeinigt und zahlen den Preis für alte Vergehen: Die einen (Seelen) breiten sich schwebend in die leeren Winde aus, den anderen wird das ihnen anhaftende Verbrechen in einem gewaltigen Strudel ausgewaschen oder mit Feuer ausgebrannt: Jeder von uns büßt seinen sündenhaften Seelenzustand. Danach werden wir durch das weite Elysium geschickt und wenige bewohnen die fröhlichen Gefilde, bis eine lange Frist nach Vollendung eines Zeitkreises den eingewachsenen Makel entfernt hat und einen himmlischen Geist und einen unvermischten/natürlichen Feuerhauch rein zurücklässt. Sie alle ruft, wenn sie das Rad tausend Jahre lang gedreht haben, der Gott in einem großen Zug zum Lethestrom, damit sie, natürlich ohne Erinnerung, oben das Himmelsgewölbe wiedersehen und anfangen, in ihre Körper zurückkehren zu wollen.“
752-887: Vorschau auf römische Geschichte
Anchises hatte gesprochen und zog seinen Sohn zusammen mit der Sibylle mitten in die Versammlung und die schwirrende Menge, und besetzte einen Hügel, von wo er alle, die sich in einer langen Reihe zu ihm wendeten, sehen und die Gesichter der Ankommenden betrachten konnte. „Nun los, mit diesen Worten will ich dir eröffnen, welchen Ruhm die trojanische Nachkommenschaft später erreichen wird, welche Enkel aus dem italischen Stamm dich erwarten werden, berühmte Seelen, die in unserem Namen kommen werden, und ich werde dich dein Schicksal lehren. Jener junge Mann, siehst du, der sich auf seine schmucklose Lanze stützt, bewohnt durch sein Los einen Ort, der dem Licht am nächsten ist. Er wird als erster, vermischt mit italischem Blut, zu den himmlischen Lüften aufsteigen. Silvius, ein albanischer Name, dein zuletzt geborener Sohn, den deine Frau Lavinia dir spät im hohen Alter großziehen wird in den Wäldern als König und als Vater von Königen. Nach diesem wird unser Geschlecht in Alba Longa regieren. Der nächste ist jener Procas, der Ruhm des trojanischen Stammes, und Capys und Numitor, und Silvius Aeneas, der dich mit seinem Namen wiederaufleben lässt, gleich durch sein Pflichtbewusstsein oder herausragend in seinen Waffen, wenn er einmal Alba übernimmt, um es zu regieren. Was für junge Männer! Sieh hin, welch große Stärke sie zeigen, und sie tragen die Schläfen von bürgerlichem Eichenkranz umschattet. Diese werden dir Nomentum, Gabii und die Stadt Fidena errichten, diese Collatias Burg auf Bergen, Pometii, Castrum Inui, Bola und Cora. Dies werden dann ihre Namen sein, jetzt sind die Länder noch ohne Namen. Ja sogar der Marssohn Romulus wird sich dem Großvater als Begleiter hinzugesellen, den seine Mutter Ilia, vom Blut des Assaracus, großziehen wird. Siehst du, wie die zwei Helmbüsche auf dem Scheitel emporstehen und der Göttervater selbst ihn schon mit seiner Ehre auszeichnet? Sieh, mein Sohn, jenes berühmte Rom wird durch seine Auspizien die Herrschaft über die Länder erhalten, seine Gesinnung mit der des Olymps, und Rom wird als einzige Stadt seine sieben Burgen mit einer Mauer umgeben, glücklich durch die Nachkommenschaft seiner Männer: so fährt die Mutter des Berges Berecyntia mit einer Mauerkrone durch phrygische Städte, fröhlich über die Geburt von Göttern, hundert Enkel umarmend, alle Himmelsbewohner, alle, die oben den Himmel bewohnen.
Lenke nun deine beiden Augen hierher, sieh dir nun dieses Volk und deine Römer an. Hier sind Caesar und die Nachkommenschaft des Iulus, die unter die große Himmelsachse aufsteigen wird. Hier ist der Mann, hier ist er, von dem du öfter hörst, dass er dir versprochen wird, Augustus Caesar, die Abkommenschaft eines Gottes, der für Latium wieder die goldenen Jahrhunderte in den Gebieten begründen wird, die einst von Saturn beherrscht wurden, über Garamanten und Inder hinaus wird er das Reich ausdehnen. Dieses/Ihr Land liegt außerhalb der Sterne, außerhalb der Bahnen von Jahr und Sonne, wo der Himmelsträger Atlas die Achse, an die brennende Sterne angeheftet sind, auf deiner Schulter dreht. In Erwartung seiner Ankunft erschaudern jetzt schon die kaspischen Reiche und das Maeotierland durch die Weissagungen der Götter, auch werden die Mündungen des siebenarmigen Nils zitternd in Unruhe versetzt. Nicht einmal der Alkide besuchte so viele Länder, mag er auch eine erzfüßige Hirschkuh durchbohrt haben, oder die Wälder des Erymanthus befriedet und Lerna mit seinem Bogen zum Zittern gebracht. Auch (reiste) Liber (nicht so weit), der sein Gespann mit Zügeln aus Weinranken siegreich lenkt, wenn er vom hohen Gipfel des Nysa Tiger herabtreibt. Zögern wir noch, unsere Tapferkeit durch unsere Taten auszudehnen, oder verhindert die Furcht, dass wir in ausonischem Land haltmachen? Wer aber ist jener in der Ferne, der an den Zweigen des Ölbaums erkennbar ist und der Opfer trägt? Ich erkenne das Haar und das ergraute Kinn des römischen Königs, der auf seine Gesetze die erste Stadt gründen wird, aus dem kleinen Cures und einem armen Land zu einer großen Herrschaft geschickt. Diesem wird dann Tullus nachfolgen, der die Ruhe in der Heimat brechen wird und untätige Männer zu Waffen und zu Heereszügen bewegen, die schon von Triumphen entwöhnt sind. Daneben folgt der recht prahlerische Ancus, der sich auch jetzt schon allzu sehr über Volksgunst freut. Willst du auch die Tarquinierkönige und die überhebliche Seele des Rächers Brutus, die zurückgenommenen Rutenbündel sehen? Dieser wird als erster die Macht eines Konsuln und die schrecklichen Beile empfangen, als Vater wird er seine Söhne, die neue Kriege erregen, zugunsten der schönen Freiheit bestrafen, der Unglückliche, wie auch immer seine Nachkommen über diese Taten berichten werden. Die Liebe zur Heimat und die unermessliche Begierde nach Lob wird siegen. Ja, sieh in der Ferne die Decier und die Drusen und den grausamen Torquatus mit seinem Beil und Camillus, der die Feldzeichen zurückbringt. Jene Seelen aber, die du in gleichen Rüstungen glänzen siehst, sind jetzt und solange sie von der Nacht niedergedrückt werden einträchtig, ach welch einen großen Krieg, wie große Schlachtreihen und ein Gemetzel werden sie entfachen, wenn das Lebenslicht sie berührt, wenn der Schwiegervater vom Wall der Alpen und von der Burg des Monoecus herabsteigt, und der Schwiegersohn, ausgerüstet mit der Streitmacht des feindlichen Ostens!
(832) Jungen, gewöhnt euch in eurem Geist nicht an so große Kriege, und wendet eure starken Kräfte nicht gegen das Innere der Heimat. Und du als erster, spare du dir das, der du dein Geschlecht vom Olymp herleitest, wirf die Waffen aus der Hand, du mein eigenes Blut! Jener wird als Sieger nach dem Triumph über Korinth seinen Wagen auf das hohe Kapitol lenken, auszeichnet durch den Sieg über die Achiver. Jener wird die Argos und das Mykene des Agamemnon stürzen und den Aeaciden selbst, die Nachkommenschaft des waffenmächtigen Achill, der die Großväter Trojas und die entehrten Tempel der Minerva gerächt hat. Wer könnte dich, großer Cato, schweigend, oder dich, Cossus, auslassen? Wer das Geschlecht des Gracchus oder die beiden Scipionen, zwei Glanzlichter des Krieges, die Niederlage Libyens, den trotz seiner Armut reichen Fabricius oder dich, Serranus, der du in der Furche säst. Wohin reißt ihr mich Müden, ihr Fabier? Du bist jener Maximus, der als einziger den Staat durch sein Zögern wiederhergestellt hast. Andere werden atmende Statuen aus Erz geschmeidiger schmieden (glaube ich jedenfalls), sie werden lebendige Gesichtszüge aus dem Marmor formen, sie werden bessere Reden in Prozessen halten, die Bahnen des Himmels mit dem Stab beschreiben und die aufgehenden Sterne benennen: Du, Römer, denk daran, die Völker durch deinen Befehl zu lenken (dies werden deine Künste sein), und dem Frieden Bräuche aufzuerlegen, die Unterworfenen zu verschonen und die Überheblichen zu besiegen.“
(854) So sprach Anchises, und fügte dies den Verwunderten hinzu: „Sieh, wie Marcellus, ausgezeichnet durch seine reiche Beute, einherschreitet und als Sieger alle Männer überragt. Dieser wird als Reiter bei einem großen Aufruhr den römischen Staat festigen, die Punier und die aufständischen Gallier niederstrecken und die Rüstung, die zum dritten Mal errungen wurde, seinem Vater Quirinus weihen.“ Und hier fragte Aeneas (zusammen mit diesem sah er nämlich einen durch seine Gestalt und seine glänzenden Waffen herausragenden Mann gehen, aber sein Ausdruck war nur wenig fröhlich und seine Augen nach unten gerichtet): „Vater, wer ist jener, der den gehenden Mann so begleitet? Sein Sohn oder jemand aus dem großen Stamm seiner Enkel? Welch ein Lärm der Begleiter ringsum! Welch imposante Gestalt! Aber die dunkle Nacht umschwebt seinen Kopf mit traurigem Schatten.“
(867) Dann begann Anchises, in Tränen auszubrechen: „Mein Sohn, suche nicht nach der unermesslichen Trauer der Deinen. Das Schicksal wird den Ländern diesen Mann nur zeigen und nicht zulassen, dass er weiter existiert. Der römische Sproß erschien euch, ihr Götter, allzu mächtig, wenn dieses Geschenk dauerhaft gewesen wäre. Welch großes Seufzen der Männer wird jenes Feld zur großen Stadt des Mars antreiben! Welche Begräbnisse wirst du, Tiber, sehen, wenn du an einem neuen Grabhügel vorbeifließen wirst. Kein anderer Junge vom iliakischen Geschlecht wird die latinischen Großväter in so hohe Hoffung erheben, noch wird sich einmal das Land des Romulus so sehr eines Zöglings rühmen. Ach das Pflichtbewusstsein, ach die alte Treue und die im Krieg unbesiegbare Rechte! Keiner hätte sich jenem Bewaffneten ungestraft entgegengestellt, sei es, dass er zu Fuß auf den Feind zugeht oder dass er die Flanken seines schäumenden Pferdes mit Sporen sticht.
(882) Ach, bemitleidenswerter Junge, wenn du irgendwie das raue Schicksal durchbrichst. Du wirst Marcellus sein. Schenkt Lilien mit vollen Händen, ich will purpurfarbene Blumen verteilen und will die Seele meines Enkels mit diesen Geschenken überhäufen und ich will diese leere Aufgabe ausführen.“ So durchwandern sie überall das gesamte Gebiet in den weiten Feldern der Luft und sehen sich alles an. Nachdem Anchises seinen Sohn durch diese einzelnen Orte geführt und er sein Herz mit Verlangen nach bevorstehendem Ruhm entzündet hatte, erzählte er dann dem Mann von den später zu führenden Kriegen, belehrt ihn über die Völker von Laurentum und die Stadt des Latinus und, auf welche Weise er jeder Mühe entkommt und sie erträgt.
(893) „Es gibt zwei Tore des Traumgottes, von denen das eine aus Horn sein soll, durch das den echten Schatten ein leichter Ausgang gewährt wird, das andere glänzt, gefertigt aus schimmerndem Elfenbein, aber falsche Traumbilder schicken die Manen zum Himmel.“ Dort folgte nach diesen Worten Anchises dann seinem Sohn zusammen mit der Sibylle und schickte sie aus dem elfenbeinernen Tor. Jener kürzte den Weg zu den Schiffen ab und sah seine Gefährten wieder. Dann eilte er auf geradem Weg zum Hafen Caieta. Der Anker wurde vom Bug geworfen. Die Schiffe lagen an der Küste.
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Androgeos = hier: Sohn des Kreterkönigs Minos. Athener haben ihn aus Neid getötet, weil er bei Wettkämpfen gewonnen hatte. Im Gegenzug mussten die Athener Strafzahlungen leisten.
Kekropiden = Athener, von ihren Urkönig Kekrops Pasiphae = Mutter des à Minotaurus: um seinen Untertanen zu beweisen, dass die Götter ihm gewogen seien, betete König Minos zu Poseidon (Neptun), er solle dem Meer einen Stier für sein Opfer entsteigen lassen. Tatsächlich erschien ein Stier und war so schön, dass der König statt seiner einen schlechteren schlachten ließ. Poseidon ergrimmte und erregte in seinem Stier wilde Wut. Alle fürchteten das Untier, das Kreta verwüstete, doch die Königin Pasiphae verliebte sich in den Stier und brachte es durch die Kunst des Daedalus dahin, dass sie ihr abartiges Verlangen, in einer künstlichen Kuh versteckt, befriedigen konnte. Die Frucht dieser Vereinigung war der Minotaurus, für das Minos, um die Schande seines Hauses zu verbergen, von Daedalus das Labyrinth erbauen ließ. Darin verschlang das Monster alljährlich die aus Athen wegen der Ermordung des Androgeos gesandten Jungen, bis es von Theseus erlegt wurde (VI 26ff.).
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Theseus, Nationalheld der Athener, der viele Übeltäter und Unwesen tötete und sogar den schrecklichen Minotaurus bezwang. Als er mit seinem Freund Pirithoos in die Unterwelt hinabstieg, um Proserpina zu entführen, wurde er dort (n. Vergil) auf ewig festgebannt. Geläufiger ist die Sage, dass Herkules ihn befreit habe.
Custos Tartareus = Kerberus Amphrysia vates = Sibylle als Dienerin des Apoll, der seinerseits amphrysisch genannt wird, weil er einst am Fluss Amphrysos die Rinder des thessalischen Königs Admetos hüten müsste Phaedra = Tochter des Minos, 2. Frau des Theseus, die sich unerwidert in ihren Stiefsohn Hippolytos verliebte, ihn, ehe sie Selbstmord beging, verleumdete und so die Schuld an seinem schrecklichen Ende trug.
Procris = starb versehentlich durch einen unfehlbaren Speer in einem Eifersuchtsdrama durch die Hand ihres Mannes Kephalus Eriphyle = von ihrem Sohn umgebracht, auf Geheiß des Vaters, der aufgrund ihres Ratschlags starb Euadne = Ehemann starb beim Sturm „Sieben gegen Theben“, woraufhin sie sich auf den Scheiterhaufen stürzte Laodamia = lt. Servius 1 Tag verheiratet, bevor ihr Mann in den Krieg ziehen musste Caeneus = erst Mädchen namens Kainis gewesen sein, das sich, von Poseidon vergewaltigt, die Verwandlung in einen starken Mann wünschte (vgl. Ovid, Met.) Tydeus, Parthenopaeus, Adrastus = Helden aus „Sieben gegen Theben“ Idaeus = Wagenlenker des Priamus Lacaena = die Lakonierin = die Frau aus Sparta = Helena Tisiphone = schreckliche Furie Aeloiden = zwei Riesen, Söhne des Poseidon Elis = Landschaft im Westen der Peloponnes mit dem Heiligtum von Olympia Lapithen = mythisches Bergvolk in Thessalien, über das Ixion und sein Sohn Pirithous herrschten.
Ixion vergewaltigte Hera, wofür Iuppiter ihn bestrafte Ilus = hier: Großvater des Priamus Musaeus = mythischer Priester und Sänger, Schüler des Orpheus Übersetzung nach Georges Procas = König von Alba Longa, Herrscherliste vmtl. erfunden, um die Zeit zw. dem trojan. Krieg und der Gründung Roms zu überbrücken Numitor = König von Alba, von seinem Bruder Amulius entthront, von Romulus und seinem Anhang wieder als Herrscher eingesetzt.
Civilis quercus war eine hohe militärische Auszeichnung nach Rettung eines Menschen aus Lebensgefahr.
Berecyntia mater = Cybele, nach dem Heiligtum auf dem Berg Berecyntos. Schutzgöttin der Trojaner Völker rund um das Schwarze Meer Lerna = Heiligtum in sumpfiger Seelandschaft bei Argos. Dort soll Herkules die Hydra bezwungen haben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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- Benjamin Halking (Author), 2018, Kommentierte Übersetzung des sechsten Buches von Vergils Aeneis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1289003
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