Wie wird die zweite Belagerung Wiens durch die Osmanen von 1683 in den Neuen Medien dargestellt?
Um diese Frage beantworten zu können, werde ich zunächst den Verlauf der Ereignisse von 1683 schildern. Bis heute wird vielerorts an die Belagerung Wiens im Jahr 1683 erinnert. Dies geschieht in Form von Gedenkstätten, Denkmälern oder auch eigens dafür veranstalteten Gedenktagen. Dabei wird die Geschichte oft instrumentalisiert, mithilfe von Propaganda sollen die Menschen manipuliert werden. Durch die Verbreitung von historischen Unwahrheiten wird das öffentliche Gedenken stark beeinflusst. Eine Schilderung der Ereignisse aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive ist notwendig, um unter Berücksichtigung des bisherigen Forschungsstandes Missverständnisse ausräumen zu können, und auf dieser Erzählung aufbauend dann auf die Behandlung der Ereignisse in der österreichischen Erinnerungskultur eingehen zu können. Diesen Aspekt werde ich im zweiten Kapitel der Arbeit erläutern. Das dritte Kapitel widme ich konkret der Behandlung der Ereignisse in den Neuen Medien. Dabei kläre ich zuerst, worum es sich bei den Neuen Medien überhaupt handelt, und was charakteristisch für diese Medien ist. Anschließend werde ich verschiedene Formen von Neuen Medien, welche die Belagerung Wiens 1683 thematisieren, unter Berücksichtigung der zuvor erwähnten Punkte analysieren. Im abschließenden Fazit werde ich anhand dieser Kriterien meine Fragestellung beantworten.
Inhaltsverzeichnis
1. Eidesstattliche Erklärung
2. Einleitung
3. Historische Darstellung der Ereignisse
4. 1683 in der österreichischen Erinnerungskultur
5. 1683 in den Neuen Medien
5.1 Was sind Neue Medien?
5.2 Ausgewählte Darstellungen in den Neuen Medien
6. Fazit
7. Bibliographie
7.1 Literatur
7.2 Weblinks
7.3 Abbildungen
1. Eidesstattliche Erklärung
[Anmerkungen der Redaktion: Die eidesstattliche Erklärung ist nicht im Lieferumfang enthalten.]
2. Einleitung
Es gibt Jahreszahlen, die in der österreichischen Erinnerung tief verwurzelt sind. Neben den beiden Weltkriegen gehören dazu mit Sicherheit auch die Jahre 1529 und 1683 - die Zeit der sogenannten „Wiener Türkenbelagerungen“. Zweimal versuchten die Osmanen die Stadt Wien einzunehmen, zweimal scheiterten sie und mussten sich zurückziehen. Vor allem die „Zweite Türkenbelagerung“ im Jahr 1683 ist bis heute ein wesentlicher Bestandteil österreichischer Erinnerungskultur. Das Gedenken an diese Ereignisse ist in Österreich bereits seit langem Tradition, und es war stets mit dem Feiern von Jubiläen in Form von Festen, Gedenkzügen oder ähnlichem verbunden. Über die Jahrhunderte änderte sich nicht nur die Form der Feierlichkeiten, sondern durch den technischen Fortschritt auch die Medien, über welche die Inhalte des Gedenkens verbreitet wurden. Das Gedenken an sich war dabei nicht nur das bloße Erinnern an vergangene Geschehnisse, sondern es diente auch immer als Orientierung für die Gegenwart. In dieser Arbeit möchte ich mich mit der kollektiven Erinnerungskultur Österreichs in Bezug auf das Jahr 1683 auseinandersetzen.
In den letzten Jahrzehnten haben sich auch immer mehr Historiker und Historikerinnen mit den verschiedenen Formen des kollektiven Erinnerns beschäftigt. Für die Geschichtswissenschaft im europäischen Raum war dabei vor allem das kollektive Gedächtnis einzelner Nationen interessant, so wie in diesem Fall der heutigen Nation Österreich. Ausgegangen ist dieser spezielle Zweig der Geschichtswissenschaft von Frankreich, das bereits eine lange Tradition im Bereich einer „wissenschaftlichen Reflexion über die eigene Nation“1 hatte. Über die Jahre brachten auch andere Länder umfangreiche Arbeiten über die eigenen nationalen „Erinnerungsorte“ hervor. Für die österreichische Nation ist ein solcher „Erinnerungsort“ sicher die Belagerung Wiens durch die „Türken“ als Erbfeind der Österreicherinnen. Das Thema „nationale Identität und Erinnerung“ fand in Österreich in den letzten 15 Jahren eine große Aufmerksamkeit in der Geschichtswissenschaft. Groß angelegte Projektarbeiten, wie das dreibändige Werk „Memoria Austriae“2, bestätigen dies. Auch die Formen des Gedenkens, wie das Abhalten von Gedenktagen und Jubiläen, bzw. der Vorgang des Jubilierens selbst wurden intensiv diskutiert. Die Geschichtswissenschaft reagierte somit auf die besonders für das Jahr 1683 alljährlich abgehaltenen Gedenkfeiern und kommt ihrem Charakter als kritischer Wissenschaft nach.3
Für diese Arbeit dient mir als Erinnerungsort die Befreiung Wiens 1683. Interessant ist für mich vor allem die Frage, wie dem Jahr 1683 gegenwärtig gedacht wird, und welche Inhalte diesbezüglich über die modernen Neuen Medien vermittelt werden. Konkret möchte ich mich mit der folgenden Fragestellung auseinandersetzen:
Wie wird die zweite Belagerung Wiens durch die Osmanen von 1683 in den Neuen Medien dargestellt?
Um diese Frage beantworten zu können, werde ich zunächst den Verlauf der Ereignisse von 1683 schildern. Bis heute wird vielerorts an die Belagerung Wiens im Jahr 1683 erinnert. Dies geschieht in Form von Gedenkstätten, Denkmälern oder auch eigens dafür veranstalteten Gedenktagen. Dabei wird die Geschichte oft instrumentalisiert, mithilfe von Propaganda sollen die Menschen manipuliert werden. Durch die Verbreitung von historischen Unwahrheiten wird das öffentliche Gedenken stark beeinflusst. Eine Schilderung der Ereignisse aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive ist notwendig, um unter Berücksichtigung des bisherigen Forschungsstandes Missverständnisse ausräumen zu können, und auf dieser Erzählung aufbauend dann auf die Behandlung der Ereignisse in der österreichischen Erinnerungskultur eingehen zu können. Diesen Aspekt werde ich im zweiten Kapitel der Arbeit erläutern. Das dritte Kapitel widme ich konkret der Behandlung der Ereignisse in den Neuen Medien. Dabei kläre ich zuerst, worum es sich bei den Neuen Medien überhaupt handelt, und was charakteristisch für diese Medien ist. Anschließend werde ich verschiedene Formen von Neuen Medien, welche die Belagerung Wiens 1683 thematisieren, unter Berücksichtigung der zuvor erwähnten Punkte analysieren. Im abschließenden Fazit werde ich anhand dieser Kriterien meine Fragestellung beantworten.
3. Historische Darstellung der Ereignisse
Kriegerische Auseinandersetzungen zwischen dem Osmanischen Reich und den christlichen Staaten Europas gab es bereits lange vor dem Jahr 1683. Die Osmanen strebten nach der Eroberung Konstantinopels 1453 eine weitere Ausdehnung ihres Reiches in Richtung Westen an. Nach der Schlacht von Mohâcs 1526 konnten sie große Gebiete Ungarns erobern, danach setzten sich die Konflikte kontinuierlich fort. Im Jahr 1529 standen sie erstmals vor Wien, konnten die Stadt jedoch nicht einnehmen. Nach dieser Niederlage war die Situation zwischen der Habsburgermonarchie und dem Osmanischen Reich etwas entspannter, bis 1663 herrschte eine Art „Friede“. Durch Plünderungszüge kaiserlicher Truppen an der kroatischen Grenze flammten die Konflikte wieder auf, das Osmanische Reich startete eine Gegenreaktion. Die Habsburgermonarchie konnte diese militärische Auseinandersetzung mithilfe von Allianzen, bestehend aus kaiserlichen Truppen, Truppen der Reichsarmee und Frankreichs, für sich entscheiden. Hinter dem Rücken ungarischer Stände vereinbarte man mit dem Osmanischen Reich einen 20 Jahre andauernden Frieden, der jedoch zu mehreren Adelsaufständen in Ungarn und Kroatien führte.4 In jenem Teil Ungarns, der nicht von den Osmanen besetzt war, bildete sich ab 1678 eine Revolte gegen die Habsburger, unter dem Führer Emmerich Thököly. Die Ungarn baten die Osmanen sogar um Unterstützung.5 Der Friede zwischen den beiden Großreichen konnte in erneuten Verhandlungen also nicht aufrechterhalten werden, und so beschlossen die Osmanen im Jahr 1682 den Krieg mit der Habsburgermonarchie. Zusätzlich begannen die Osmanen, ihre diplomatischen Beziehungen zu Frankreich zu intensivieren. Der Kaiser der Habsburgermonarchie schloss also Bündnisse mit Bayern, Polen und Sachsen, um sich abzusichern. Außerdem standen Reichskontingente des Heiligen Römischen Reiches zur Verfügung. Das osmanische Heer, welches auf etwa 200.000 Mann geschätzt wird, versammelte sich Ende März 1683 in Edirne. Dabei war den Habsburgern lange nicht klar, ob dieses Heer tatsächlich Richtung Wien marschieren würde. Die Streitmacht bestand aus den verschiedensten Nationalitäten, so wie das auch beim kaiserlichen Heer der Habsburger der Fall war. Keinesfalls handelte es sich dabei nur um Türken, wie der Name „Zweite Wiener Türkenbelagerung von 1683“ irrtümlicherweise vermuten lässt. Teil des Heeres waren beispielsweise auch Kurden, Ägypter, Griechen, Albaner, Bosnier, usw. Am 7. Juli 1683 flüchtete der Wiener Hof in Richtung Westen, vorerst nach Linz, dann weiter nach Passau. Der Kaiser ließ landesfürstliche Stellvertreter vor Ort, der in der österreichischen Erinnerungskultur stark vertretene Militärkommandant Wiens, Rüdiger Graf Starhemberg, war einer davon. Erste Verluste der kaiserlichen Truppen führten zu Panikreaktionen, es rückten etwa 11.000 Soldaten in Wien ein, um die Stadt zu verteidigen. Die Soldaten wurden von rund 5.000 Mann, bestehend aus Wiener Bürgerwehr und Freiwilligen, unterstützt. Kurz darauf war die Stadt eingekesselt.6 Seit 1529 wurde Wien sukzessive zu einem Festungswerk ausgebaut, welches erst wenige Jahre vorher fertig gestellt wurde und den damals modernen Standards entsprach. Südwestlich von der Stadt gab es kleinere Anhöhen, von wo aus die Osmanen hauptsächlich ihre Artillerieangriffe durchführten. Gerade aus diesem Grund waren die Basteien dort besonders stark befestigt worden. Osmanische Spezialeinheiten legten über zwei Monate lang Belagerungsgräben an, für diese Arbeit wurden auch Kriegsgefangene herangezogen. Wegen des intensiven Artilleriebeschusses und aufgrund von Minensprengungen waren die Befestigungswerke Wiens Anfang September so massiv beschädigt, dass die Osmanen bereit waren, die Stadt zu stürmen. Als sich am 12. September 1683 das osmanische Heer zum entscheidenden Sturm formiert hatte, trafen die vereinten Entsatztruppen ein, welche als Unterstützung zur Verteidigung der Stadt dienen sollten. Die Truppen bestanden aus Hilfskontingenten des Heiligen Römischen Reiches und Soldaten des Königreichs Polen. Der polnische König Jan III. Sobieski hatte am 31. Mai 1683 noch den Bündnisvertrag mit Leopold I. unterzeichnet, er erreichte Wien am 31. August 1683. Nördlich der Stadt traf König Jan III. Sobieski mit Herzog Karl V. von Lothringen zusammen, dem kaiserlichen Befehlshaber. Da der polnische König der Ranghöchste war, erhielt er den Oberbefehl über die Entsatztruppen. Am 7. September vereinigten sich diese im Tullnerfeld. Sie erreichten den Leopoldsberg und den Kahlenberg am 11. September, am Tag darauf konnten sie die Stadt nach langwierigen Kämpfen befreien. Ein päpstlicher Legat namens Marco d’Aviano hatte am Morgen dieses Tages auf dem Kahlenberg noch eine heilige Messe gelesen, in Anwesenheit der Heerführer. Erst am 14. September traf Kaiser Leopold I. selbst wieder in Wien ein. Östlich von Wien traf er sich tags darauf mit dem polnischen König, welcher während der entscheidenden Schlacht den Oberbefehl innehatte. Beobachtern zufolge lief dieses Treffen äußerst kühl ab, es gab angeblich keinerlei Jubelstimmung. Stattdessen verhielt man sich nach einem streng ablaufenden Protokoll. Der militärische Erfolg wurde also kurz nach dem Sieg offenbar wesentlich emotionsloser gefeiert, als in den künftigen Gedenk- und Jubiläumsfeiern.7 Aus Sicht der Osmanen war die Niederlage wahrscheinlich überraschend. Die kaiserlichen Truppen galten als schwach, auch weil seit Jahren bereits der Aufstand der Stände in Ungarn getobt hatte, den man nicht beenden konnte. Für den Großwesir des Osmanischen Reiches, Kara Mustafa Pascha, der nach der Niederlage fliehen konnte, galt Wien als ein sogenannter „Goldener Apfel“, der erobert werden musste. Verschiedene Städte, beispielsweise auch Rom, wurden in Sagen und Legenden des Osmanischen Reiches als „Goldene Äpfel“ bezeichnet. Sie alle galten als wichtige Ziele, die erobert werden sollten. Kara Mustafa Pascha, der ein Türke war, wollte diesen Ruhm wohl für sich beanspruchen. Im Osmanischen Reich selbst war er keineswegs unumstritten. Die multiethnischen osmanischen Eliten trauten ihm ganz und gar nicht, dementsprechend wurde ihm allein die Schuld für die Niederlage zugeschrieben. Osmanische Geschichtsschreiber behaupteten später, er habe die Kapitulation Wiens aus reiner Geldgier angestrebt, und war an einer Eroberung mithilfe seiner Truppen gar nicht interessiert. Nach osmanischer Tradition hätte er nämlich nur dann Anspruch auf die vermuteten reichen Schätze in Wien gehabt, wenn er die Stadt zur Kapitulation gezwungen hätte. Andernfalls hätten die osmanischen Soldaten sich selbst bereichern dürfen. Um die Bevölkerung zu zermürben, habe er deswegen angeblich bewusst zu wenig Belagerungsgeschütze eingesetzt, was nicht der Fall war. Diese und weitere falsche Erklärungen wurden verbreitet. So war beispielsweise auch unter türkischen Militärhistorikern noch bis in die 1980er Jahre die Rede vom sogenannten „Verrat der Tataren“ am Großwesir. Demzufolge habe er mit seinem Verhalten die Tataren beleidigt, weswegen sie ihm den Anmarsch der Entsatztruppen verheimlicht hätten. Auch diese Argumentation lässt sich nicht belegen. Für Kara Mustafa Pascha bedeutete die Niederlage jedenfalls den Tod. Er wurde am 25. Dezember 1683 auf Befehl des Sultans Mehmed IV. in Belgrad erdrosselt. Sein Schädel wurde vom restlichen Körper abgetrennt, wobei bis heute unklar ist, was später damit passiert ist. Eine Behauptung ist, der Schädel sei von den Jesuiten nach Wien gebracht worden. Dort sei er dann bis zum Jahr 1975 im Historischen Museum ausgestellt gewesen. Erst 2006 wurde dieser Schädel, ob es nun der von Kara Mustafa Pascha war oder nicht, in Wien beigesetzt. Türkische Wissenschaftler hingegen meinen, der Schädel sei nach Edirne gebracht worden, wo er dann bestattet wurde. Beide Behauptungen lassen sich momentan weder widerlegen noch nachweisen. Der Rumpf des Großwesirs wurde jedenfalls nach Istanbul gebracht, wo er schließlich beerdigt wurde.8
4. 1683 in der österreichischen Erinnerungskultur
Das Jahr 1683 nahm in der Vergangenheit stets einen bedeutenden Platz in der österreichischen Gedächtniskultur ein. Es gab regelmäßig Gedenkfeiern und Veröffentlichungen zu diesem Ereignis, vor allem in den Jubiläumsjahren 1783, 1883, 1933 und 1983. Diese Feiern genossen stets große mediale Aufmerksamkeit, wobei die Art der Medien sich über die Jahre natürlich ständig veränderte. Es wird sich noch zeigen, welche Aufmerksamkeit der Erinnerung an 1683 in weiteren Jubiläumsjahren, beispielsweise 2033, geschenkt wird.9 In der Vergangenheit wurden solche Jubiläumsfeiern stets für verschiedene Zwecke instrumentalisiert und propagandistisch genutzt. Dies hatte, je nach den Gegebenheiten der damaligen Umstände, oft unterschiedliche ideologische Hintergründe.10 Um gegenwärtige Formen öffentlichen Gedenkens in Österreich besser nachvollziehen zu können, lohnt sich also ein Blick in die Vergangenheit. Jubiläumsfeiern dieser Art wurden bereits geschichtswissenschaftlich untersucht. Die Forschung ist sich dabei einig, dass Anhand der Einführung, der Art des Begehens von Feierlichkeiten und ihrer Abschaffung, ein Wandel der Erinnerungskultur und somit auch bis zu einem gewissen Grad ein Wandel der Gesellschaften an sich erklärt werden kann. Deshalb möchte ich in nun näher auf die besagten Jubiläumsjahre eingehen, um die gegenwärtige österreichische Erinnerungskultur in Bezug auf die Belagerung Wiens besser verstehen zu können.11
Zum erstmaligen 100-jährigen Gedenken an 1683 wurden bereits einige Schriften über die Befreiung Wiens verfasst, wenn auch noch deutlich weniger als in den folgenden Jahrhunderten. Im Vordergrund stand dabei das Gedenken an die überstandene Gefahr der Stadt Wien. Der Rivalität zwischen dem Osmanischen Reich und dem Habsburgerreich bzw. zwischen Islam und Christentum wurde weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Die Tapferkeit der Verteidiger Wiens und die militärischen Fehler der osmanischen Angreifer wurden hervorgehoben. Zwar wurden die Osmanen auch als „Erbfeind“ bezeichnet, ein religiöser Aspekt stand zur Gedenkfeier 1783 jedoch nicht im Vordergrund. Dies hat sicher auch damit zu tun, dass der damals regierende Kaiser Joseph II. ein sehr aufklärerischer Monarch war. Er beschloss zahlreiche Reformen, die auch das Verhältnis zwischen Staat und Kirche regeln sollten, und galt deshalb auch als „Anti-Klerikaler“. (286). Die Kirche befand sich zu jener Zeit also stark in der Defensive. Dennoch wurde die eigentliche Gedenkfeier am Sonntag, dem 14. September 1783, in traditionell religiöser Form abgehalten. Es war ein gesamtgesellschaftliches Ereignis, an dem sowohl Vertreter des Kaiserhofes, der Stadt und eben auch der Kirche teilnahmen.12 Die zentrale Botschaft der Feierlichkeiten war aber klar die Freude über den Sieg. Joseph II. ließ im drei Jahre später eröffneten Wiener Prater sogar ein groß inszeniertes Feuerwerk abfeuern, um die Belagerung und Befreiung Wiens zu demonstrieren.13 14 Ein Schreiben zur Jubiläumsfeier aus der Wiener Zeitung vom 10. September 1783 fasst das Motiv der Feier anschaulich zusammen:
„Wie kann wohl dieser Tag der Freude den so patriotisch denkenden Bewohnern Wiens lebhafter in das Gedächntniß zurückgeführt werden, als durch eine so treffende Vorstellung, die den Zuseher ganz in die Laage seiner ruhmvollen Vorfahren versezet, und jedem, theils edlen Stolz auf den Muth seiner Väter, theils aber auch warmen Trieb zur Nachahmung zu erwecken im Stande ist.“
[...]
1 Peter Rauscher, Die Erinnerung an den Erbfeind. Die „Zweite Türkenbelagerung“ Wiens 1683 im öffentlichen Bewusstsein Österreichs im 19. und 20. Jahrhundert, in: Gabriele Haug-Moritz / Ludolf Pelizaeus, Hg., Repräsentationen der islamischen Welt im Europa der Frühen Neuzeit, Münster 2010, 279.
2 Emil Brix / Ernst BruckmÜLLER / Hannes Stekl, Memoria Austriae l. Menschen - Mythen - Zeiten, München 2004. Emil Brix / Ernst Bruckmüller / Hannes Stekl, Memoria Austriae ll. Orte - Bauten - Regionen, München 2005. Emil Brix / Ernst Bruckmüller / Hannes Stekl, Memoria Austriae ill. Unternehmer - Firmen - Produkte, München 2005.
3 Vgl. Peter Rauscher, Die Erinnerung an den Erbfeind, 278-280.
4 Vgl. Martin SCHEUTZ, 1683 - Zweite Türkenbelagerung Wiens. Internationale Konflikte, beginnende Zentralisierung der zusammengesetzten Habsburgermonarchie und Konfessionalisierung, in: Martin Scheutz / Arno Strohmeyer, Hg., Von Lier nach Brüssel. Schlüsseljahre österreichischer Geschichte (1496-1995), Innsbruck / Wien / Bozen 2010, 111-112.
5 Vgl. Kurt RUMPLER, Festungsbaumeister Georg Rimpler und die Zweite Türkenbelagerung von Wien anno 1683, [o. O.] 2010, online unter: https://web.archive.org/web/20120111000801/http://members.kabsi.at/familienfor- schung/Rimpler.pdf (13.04.2020), 26.
6 Vgl. Martin Scheutz, 1683 - Zweite Türkenbelagerung Wiens, 111-112.
7 Vgl. Ernst PETRITSCH, Die Schlacht am Kahlenberg 1683, in: Wolfgang Schmale u.a., Hg., Europäische Erinnerungsorte 2. Das Haus Europa, München 2012, 413-414.
8 Vgl. ebd., 414-415.
9 Vgl. Peter Rauscher, Die Erinnerung an den Erbfeind, 282.
10 Vgl. Martin SCHEUTZ, Schwarze Raben auf den Feldern. Kriegserfahrung und Profilierungschance. Der Herzogenburger Chorherr Gregor Nast (1653-1728), sein Selbstzeugnis über das Jahr 1683 und der „Erbfeind“, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung (MIÖG) 117 (2009), 75.
11 Vgl. Peter Rauscher, Die Erinnerung an den Erbfeind, 282.
12 Vgl. ebd., 286-288.
13 Vgl. Johannes Feichtinger / Johann Heiss, Wiener „Türkengedächtnis“ im Wandel. Historische und anthropologische Perspektiven, in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft (ÖZP) 2 (2009), 255.
14 Ebd., 255.
- Quote paper
- Anonymous,, 2020, Erinnerung an 1683. Die Belagerung Wiens in den Neuen Medien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1288093
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