Das hauptsächliche Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, zu untersuchen, wie sich Achtsamkeit auf Burnout und das Arbeitsengagement von Beschäftigten wirkt. Bisher besteht noch kein wissenschaftlicher Konsens über die Wirkweise von Achtsamkeit auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Mitarbeitenden im Organisationskontext, da das Konstrukt in verschiedenen Studien immer wieder anders definiert, operationalisiert und kontextualisiert wird. Laut Glomb fehlt ein theoretischer Rahmen, der die Beziehung von Achtsamkeit und arbeitsbezogenen Ergebnissen untersucht.
Ein weiteres Ziel der Arbeit ist es deshalb, der Forderung von Glomb et al. nachzukommen und Achtsamkeit in das aktuelle Forschungsfeld des Job-Demands-Resources-Modell (JD-R-Modell) von Bakker und Demerouti zu integrieren. Mithilfe des JD-R-Modells werden die Auswirkungen von Arbeitsressourcen und Arbeitsanforderungen auf Motivation und Burnout sowie deren Zusammenspiel dargestellt. Aktuelle Studien aus den letzten Jahren haben das JD-R-Modell um persönliche Ressourcen erweitert . Allerdings besteht keine Einigkeit, wie das genaue Zusammenspiel der persönlichen Ressourcen mit den empirisch vielfach bestätigten Wirkweisen des JD-R-Modells aussieht.
Dementsprechend soll in dieser Arbeit erörtert werden, welche Rolle Achtsamkeit als potenzielle persönliche Ressource im JD-R-Modell spielt. Dabei erweitert diese Studie die aktuelle Diskussion um das Konstrukt Achtsamkeit und trägt durch Berücksichtigung von vier der fünf von Schaufeli und Taris definierten Wirkweisen von persönlichen Ressourcen zum Verständnis der Wirkweise von Achtsamkeit im organisatorischen Umfeld bei. Zusammenfassend führt dies zu folgender Forschungsfrage: Wie wirkt sich Achtsamkeit als persönliche Ressource auf Burnout und Arbeitsengagement aus?
Inhaltsverzeichnis
Kurzfassung
Abstract
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Achtsamkeit
2.1.1 Definition und Beschreibung des Konstrukts
2.1.2 Achtsamkeit als Zustand und Eigenschaft
2.2 Achtsamkeit im Organisationskontext
2.2.1 Wirkung von Achtsamkeit auf Individuen
2.2.2 Wirkung von Achtsamkeit im Organisationskontext
2.3 Job-Demands-Resources-Modell
2.3.1 Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen
2.3.1.1 Arbeitsintensität
2.3.1.2 Unterbrechungen
2.3.1.3 Autonomie
2.3.1.4 Soziale Unterstützung
2.3.2 Hauptprozesse im JD-R-Modell
2.3.2.1 Burnout
2.3.2.2 Arbeitsengagement
2.4 Erweiterungen des JD-R-Modells
2.4.1 Puffer- und Coping-Hypothese
2.4.2 Persönliche Ressourcen im JD-R-Modell
2.5 Klassifizierung von Achtsamkeit als persönliche Ressource
3 Hypothesen
3.1 Haupt- und Interaktionsprozesse im JD-R-Modell
3.2 Zusammenhang zwischen Achtsamkeit, Burnout und Arbeitsengagement
3.3 Achtsamkeit als Moderator im gesundheitsschädigenden Prozess
3.4 Achtsamkeit als Mediator im motivationalen Prozess
3.5 Veränderte Wahrnehmung der Arbeitsressourcen und Arbeitsanforderungen
3.6 Zusammenfassung der Hypothesen
4 Methodik
4.1 Erhebungsdesign
4.2 Stichprobe
4.3 Messinstrumente
4.4 Auswertungsstrategie und Voraussetzungen der Untersuchungen
5 Ergebnisse
5.1 Vorab-Analyse
5.2 Hypothesen
5.2.1 Überprüfung der Haupt- und Interaktionsprozesse
5.2.2 Überprüfung der direkten Effekte von Achtsamkeit auf Burnout und Arbeitsengagement
5.2.3 Überprüfung von Achtsamkeit als Moderator
5.2.4 Überprüfung von Achtsamkeit als Mediator
5.2.5 Überprüfung der veränderten Wahrnehmung durch Achtsamkeit
5.3 Explorative Analysen
6 Diskussion
6.1 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse
6.1.1 Interkorrelation der psychologischen Skalen untereinander und mit den demografischen Variablen
6.1.2 Ergebnisse und Interpretation der Haupt- und Interaktionsprozesse
6.1.3 Ergebnisse und Interpretation der Wirkung von Achtsamkeit im JD-R-Modell
6.1.4 Ergebnisse und Interpretation der explorativen Untersuchungen
6.2 Implikationen für die Praxis
6.3 Limitationen
7 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Kurzfassung
Unternehmen und ihre Beschäftigten sind durch gesellschaftliche, ökonomische und politische Krisen der vergangenen Jahre und die parallel verlaufende Digitalisierung der Arbeitswelt mit veränderten Arbeitsbedingungen konfrontiert. Dies resultiert in erheblichen Beanspruchungsfolgen, die sich durch steigende Fehlzeiten aufgrund von psychischen Erkrankungen offenbaren. Eine Ressource, die Mitarbeitende unterstützen kann mit den Herausforderungen der Arbeitswelt umzugehen und ihre Motivation erhöht, ist Achtsamkeit. Die vorliegende Masterarbeit untersucht die Wirkung von Achtsamkeit als persönliche Ressource auf Burnout und Arbeitsengagement. Dabei wird Achtsamkeit im Zusammenspiel mit den Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen im Job-Demands-Resources Modell geprüft. Anhand einer Online-Fragebogen-Studie mit N = 208 Teilnehmenden zeigte sich, dass Achtsamkeit mit einem niedrigeren Burnout-Niveau und erhöhtem Arbeitsengagement einhergeht. Darüber hinaus offenbarte die Untersuchung, dass Achtsamkeit als Mediator die Beziehung der Arbeitsanforderungen zu den Arbeitsressourcen partiell vermittelt. Als dritte Wirkweise zeigte sich Achtsamkeit als Prädiktor für die Wahrnehmung der Ressourcen, die erhöht wahrgenommen werden und der Anforderungen, die geringer wahrgenommen werden. Zusammenfassend konnte belegt werden, dass die persönliche Ressource Achtsamkeit auf vielfältige Weise im Job-Demands-Resources Modell (JD-R-Modell) agiert und ähnlich, wie andere persönliche Ressourcen im JD-R-Modell und in der Praxis betrachtet werden sollte. Der Zusammenhang zwischen Achtsamkeit, Arbeitsengagement und Burnout zeigt die Wichtigkeit einer achtsamen Haltung für Unternehmen. Um die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Beschäftigten zu erhöhen, sollten Unternehmen daher besondere Aufmerksamkeit auf die Kultivierung von Achtsamkeit legen. Für zukünftige Forschung ist es ratsam, dass Längsschnitt- und Interventionsstudien mit Achtsamkeit durchgeführt werden, um die Ergebnisse zu festigen und Fehlinterpretationen zu vermeiden.
Abstract
Companies and their employees are confronted with changed working conditions as a result of the social and political crises of recent years and the parallel digitalization of the workplace. This results in considerable stress consequences, which are manifested by increasing absenteeism due to mental illness. One resource that can support employees in dealing with the challenges of the working world and increase their motivation is mindfulness. This master's thesis examines the effect of mindfulness as a personal resource on burnout and work engagement. In doing so, mindfulness is examined in interaction with work demands and work resources in the job-demands-resources model. (JD-R). Using an online questionnaire study with n = 208 participants, mindfulness was found to be associated with low burnout and increased work engagement. In addition, the study revealed that mindfulness as a mediator partially mediates the relationship from work demands to work resources. As a third mode of action, mindfulness emerged as a predictor of resources perceived to be increased and demands perceived to be decreased. In summary, it was evidenced that the personal resource mindfulness acts in multiple ways in the JD-R model and should be considered similarly to other personal resources in the JD-R model and in practice. The relationship between mindfulness, work engagement and burnout demonstrate the importance of a mindful attitude for organizations. To increase the health and well-being of employees, companies should pay special attention to cultivating mindfulness. For future research, it is advisable that longitudinal and intervention studies with mindfulness are conducted to strengthen the results and avoid misinterpretation.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1. Erhöhung von Achtsamkeit als Zustand und Eigenschaft durch Achtsamkeitsinterventionen, eigene Darstellung in Anlehnung an Panditharathne & Chen (2021)
Abbildung 2. Primäre und sekundäre Prozesse die Achtsamkeit und Selbstregulation, eigene Darstellung in Anlehnung an Glomb et al. (2011)
Abbildung 3. Wirkung von Achtsamkeit auf Kognition, Emotion, Verhalten und Physiologie, eigene Darstellung in Anlehnung an Good et al. (2016)
Abbildung 4. Illustration des Job-Demands-Resources-Modell, eigene Darstellung in Anlehnung an Bakker und Demerouti (2007)
Abbildung 5. Illustration der hypothesierten Zusammenhangshypothesen, Moderatorhypothesen und der Mediatorhypothese
Abbildung 6.
Abbildung 7. Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und Arbeitsengagement bei niedrig und hoch ausgeprägter Arbeitsintensität
Abbildung 8. Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und Arbeitsengagement bei niedrig und hoch ausgeprägten Unterbrechungen
Abbildung 9. Mediationsmodelle mit Autonomie und soziale Unterstützung als Prädiktor, Achtsamkeit als Mediator und Arbeitsengagement als Kriterium
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ergebnisse der deskriptiven Statistiken und der internen Konsistenz der verwendeten Skalen
Tabelle 2: Korrelation der Hauptkonstrukte mit ausgewählten sozio-demographischen Daten
Tabelle 3: Ergebnisse der Interkorrelationen der psychologischen Skalen
Tabelle 4: Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse mit den Prädiktoren Arbeitsintensität und Unterbrechungen und dem Kriterium Burnout unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Führungskraft und Geschlecht
Tabelle 5: Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse mit den Prädiktoren Autonomie und Soziale Unterstützung und dem Kriterium Arbeitsengagement unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Führungskraft, Geschlecht und Arbeitszeit
Tabelle 6: Ergebnisse der Moderatoranalyse zur Untersuchung des moderierenden Effekts von Autonomie auf den Zusammenhang zwischen Arbeitsintensität und Burnout unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Geschlecht und Führungskraft
Tabelle 7: Ergebnisse der Moderatoranalyse zur Untersuchung des moderierenden Effekts von sozialer Unterstützung auf den Zusammenhang zwischen Arbeitsintensität und Burnout unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Geschlecht und Führungskraft
Tabelle 8: Ergebnisse der Moderatoranalyse zur Untersuchung des moderierenden Effekts von Autonomie auf den Zusammenhang zwischen Unterbrechungen und Burnout unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Geschlecht und Führungskraft
Tabelle 9: Ergebnisse der Moderatoranalyse zur Untersuchung des moderierenden Effekts von sozialer Unterstützung auf den Zusammenhang zwischen Unterbrechungen und Burnout unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Geschlecht und Führungskraft
Tabelle 10: Ergebnisse der Moderatoranalyse zur Untersuchung des moderierenden Effekts von Arbeitsintensität auf den Zusammenhang zwischen Autonomie und Arbeitsengagement unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Geschlecht, Arbeitszeit und Führungskraft
Tabelle 11: Ergebnisse der Moderatoranalyse zur Untersuchung des moderierenden Effekts von Unterbrechungen auf den Zusammenhang zwischen Autonomie und Arbeitsengagement unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Geschlecht, Arbeitszeit und Führungskraft
Tabelle 12: Ergebnisse der Moderatoranalyse zur Untersuchung des moderierenden Effekts von Arbeitsintensität auf den Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und Arbeitsengagement unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Geschlecht, Arbeitszeit und Führungskraft
Tabelle 13: Ergebnisse der Moderatoranalyse zur Untersuchung des moderierenden Effekts von Unterbrechungen auf den Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und Arbeitsengagement unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Geschlecht, Arbeitszeit und Führungskraft
Tabelle 14: Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse mit dem Prädiktor Achtsamkeit und dem Kriterium Burnout unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Führungskraft und Geschlecht
Tabelle 15: Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse mit dem Prädiktor Achtsamkeit und dem Kriterium Arbeitsengagement unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Führungskraft, Geschlecht und Arbeitszeit
Tabelle 16: Ergebnisse der Moderatoranalyse zur Untersuchung des moderierenden Effekts von Achtsamkeit auf den Zusammenhang zwischen Arbeitsintensität und Burnout unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Geschlecht und Führungskraft
Tabelle 17: Ergebnisse der Moderatoranalyse zur Untersuchung des moderierenden Effekts von Achtsamkeit auf den Zusammenhang zwischen Unterbrechungen und Burnout unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Geschlecht und Führungskraft
Tabelle 18: Ergebnisse der Testung der indirekten Effekte der Mediationsmodelle mittels Bootstrapping
Tabelle 19: Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse mit dem Prädiktor Achtsamkeit und dem Kriterium Arbeitsintensität unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Arbeitszeit
Tabelle 20: Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse mit dem Prädiktor Achtsamkeit und dem Kriterium Unterbrechungen unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Arbeitszeit
Tabelle 21: Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse mit dem Prädiktor Achtsamkeit und dem Kriterium Autonomie unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Führungskraft, Geschlecht und Arbeitszeit
Tabelle 22: Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse mit dem Prädiktor Achtsamkeit und dem Kriterium soziale Unterstützung unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Führungskraft, Geschlecht und Arbeitszeit
Tabelle 23: Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse mit den Prädiktoren Autonomie, soziale Unterstützung, Arbeitsintensität und Unterbrechungen und dem Kriterium Achtsamkeit unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Alter, Geschlecht, Führungskraft und Arbeitszeit
Tabelle 24: Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse mit den Prädiktoren Autonomie, soziale Unterstützung und dem Kriterium Burnout unter Berücksichtigung der Kontrollvariablen Geschlecht und Führungskraft
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
„Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum.
In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion.“
Viktor Frankl
Wie steht es um das Wohlbefinden und die Gesundheit von Beschäftigten in Deutschland? Im Jahr 1980 definierten Hacker und Richter die sogenannten Humankriterien der Arbeit: Ausführbarkeit, Schädigungslosigkeit, Beeinträchtigungsfreiheit und Persönlichkeitsförderlichkeit. Diese Kriterien stellen den Schutz der Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden in den Vordergrund. Sie bauen aufeinander auf, sodass zunächst die ersten drei Kriterien erfüllt sein müssen, bevor Mitarbeitende die letzte Stufe, die Entwicklung ihrer Persönlichkeit auf der Arbeit, vornehmen können (Nerdinger, 2019). Doch erreichen alle Mitarbeitenden die letzte Stufe?
Schaut man auf die Entwicklung der Krankheitsfälle von Arbeitnehmenden, insbesondere die der psychischen Erkrankungen in Deutschland, sieht es nicht danach aus. Es wird vielmehr der Eindruck erweckt, dass die Politik und die Unternehmen die Humankriterien nicht ausreichend berücksichtigen. Vor allem die Beeinträchtigungsfreiheit steht zur Diskussion. Hierbei wird geprüft, ob eine Tätigkeit oder Aufgabe so auszuführen ist, dass sie nicht zu kurz- oder längerfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden führt (Nerdinger, 2019). Aktuelle Erhebungen liefern ein eindeutiges Bild. Die meisten Krankheitsfehltage in Deutschland fielen im Jahr 2020 auf Erkrankungen mit Diagnosen von psychischen Störungen. Insgesamt 19,8 % aller Fehltage können auf diese Erkrankungsgruppe zurückgeführt werden. Die Techniker Krankenkasse gibt an, dass seit Auswertungsbeginn im Jahr 2000 die Fehlzeiten bei Berufstätigen mit der Diagnose von psychischen Störungen um 109 % angestiegen sind. 268 AU-Tage je 100 Versicherungsjahre im Jahr 2020 sei der höchste Stand seit Beginn der Aufzeichnung (Techniker Krankenkasse, 2021). Auch die BARMER berichtet über hohe Zahlen: AUs mit psychischen Störungen dauern durchschnittlich 51 Tage an und jede versicherte Person ist umgerechnet 3,68 Tage pro Jahr mit der Diagnose „Psychische und Verhaltensstörungen“ krankgeschrieben (Grobe & Braun, 2021).
Wie kam es zu dieser Entwicklung? Die Ursachen sind vielfältig. Unternehmen sind heutzutage mit erheblichen internen und externen Herausforderungen konfrontiert. Die letzten 20 Jahre waren weltweit geprägt durch Krisen und Konflikte. Um einige zu nennen: Finanzkrise, Klimakrise, Corona-Krise und aktuell die russische Invasion der Ukraine. Dazu erfahren die Wirtschaft und die Gesellschaft eine zunehmende digitale Transformation. Digitale Plattformen und das Internet der Dinge verändern stetig die Geschäftsmodelle von Firmen. Die Corona-Pandemie wird als „Katalysator der betrieblichen digitalen Transformation“ gesehen (Hofmann et al., 2020) und war für administrative Berufe ein Treiber für mobiles Arbeiten (Holst et al., 2020). Dass Mitarbeitende im Sektor der Wissensarbeit aufgrund der Pandemie überwiegend im Home-Office arbeiteten, führte zu einigen negativen Auswirkungen: Zwänge im Home-Office, Unsicherheiten bei der Arbeit und unzureichende Arbeitsmittel für die Bewältigung der Aufgaben (Ipsen et al., 2021). Darüber hinaus fanden sich insbesondere Familien in Konflikten zwischen Kinderbetreuung und Erwerbsarbeit wieder (Holst et al., 2020). Außerdem kann gerade digitaler Stress zu z. B. Kopfschmerzen, nächtlichen Schlafstörungen, Müdigkeit und emotionaler Erschöpfung führen (Lanzl et al., 2022).
Die Belastungsfaktoren, die seit der Corona-Pandemie immer präsenter werden, sind jedoch nicht neu. Um nur eine Studie zu nennen, die sich mit der Untersuchung der Belastungen im Arbeitskontext widmet, sei auf Gimpel et al. (2019) verwiesen. Die Forschenden nennen z. B. Leistungsüberwachung, Unzuverlässigkeit, Unterbrechungen, Unterflutung, Nicht-Verfügbarkeit, Verunsicherung oder Omnipräsenz als Faktoren, die Mitarbeitende in ihrer täglichen Arbeit negativ belasten. Diese objektiven Belastungen treffen auf individuelle Eigenschaften und Fähigkeiten der Mitarbeitenden. Daraus resultiert die individuelle Beanspruchung (Rohmert & Rutenfranz, 1975). Langfristig kann es zu psychosomatischen Störungen (z. B. Herzprobleme, Verdauungsbeschwerden), Burnout sowie Fehlzeiten, Fluktuation und Frühverrentung kommen (Joiko et al., 2008).
In den letzten Jahren gab es jedoch auch einige vielversprechende, positive Entwicklungen. Forschung und Praxis erkennen an, dass sich etwas ändern muss. Um in der heutigen Arbeitswelt wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen ihre Beschäftigten inspirieren und befähigen, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten am Arbeitsplatz einzubringen. Unternehmen brauchen Beschäftigte, die sich mit ihrer Arbeit verbunden fühlen, proaktiv handeln und ihre Zeit und Energie in ihre Aufgaben investieren (A. B. Bakker et al., 2011). Dafür benötigen Mitarbeitende Ressourcen, die es ihnen ermöglichen, sich an veränderte Arbeitssituationen anzupassen und diese zu gestalten. Zum einen werden Ressourcen, die der Arbeitsplatz bietet, z. B. Unterstützung durch Kolleg*innen oder die Führungskraft, aber auch persönliche Ressourcen, z. B. Optimismus oder Hoffnung immer wichtiger. Zum anderen erleichtern neue Technologien und Arbeitsplatzkonzepte, z. B. flexibles Arbeiten, die Gestaltung der Arbeit nach den eigenen Bedürfnissen der Mitarbeitenden (Kerksieck et al., 2019). Während der Corona-Pandemie fanden sich viele Beschäftige, bei denen es möglich war, ihre Tätigkeit von zu Hause aus zu verrichten, im Home-Office wieder. Sie berichteten von den Vorteilen, die sie durch die neue Art zu arbeiten erleben. Eine verbesserte Work-Life-Balance, gesteigerte Arbeitseffizienz und größere Arbeitskontrolle waren die Hauptvorteile (Ipsen et al., 2021). Doch wie können Mitarbeitende erkennen, wie sie ihren Arbeitsplatz nach ihren Bedürfnissen gestalten wollen?
Ein Baustein, der Mitarbeitenden und Unternehmen helfen kann, den Krisen der Zeit zu begegnen und die Belastungen zu reduzieren, ist Achtsamkeit. Das Konstrukt erhält viel Aufmerksamkeit in der Arbeits- und Organisationspsychologie. Es erscheinen immer mehr wissenschaftliche Untersuchungen, die implizieren, dass Achtsamkeit und die damit verbundenen Praktiken für gesunde Arbeitnehmende und auch für Mitarbeitende mit körperlichen und mentalen Erkrankungen wertvoll sind (Glomb et al., 2011). Die Zahl der Veröffentlichungen zu Achtsamkeit ist in den letzten 20 Jahren exponentiell gestiegen. Eine Untersuchung aus 2021 zeigte, dass zwei Drittel der gesamten Literatur rund um das Thema Achtsamkeit in den letzten fünf Jahren veröffentlicht wurde. Im Jahr 2020 wurden mehr als 2800 Publikationen veröffentlicht (Baminiwatta & Solangaarachchi, 2021). Von 2010 bis 2019 waren die drei wichtigsten Themen der Veröffentlichungen Achtsamkeit, Meditation und Depressionen (Toniolo–Barrios et al., 2020). Einige Unternehmen haben erkannt, dass das Ungleichgewicht zwischen Ruhe und Zufriedenheit sowie dem Stresserleben immer größer wird und gehandelt werden muss (Schindler, 2020). Google hat bereits 2007 ein eigenes Achtsamkeitsprogramm („Search Inside Yourself“) ins Leben gerufen. Der Gründer des Programms, Chade-Meng Tan berichtete, dass das Wissen und die Übungen zu Achtsamkeit „die Kreativität, Produktivität und das Glück der Kursteilnehmer gesteigert haben“ (Tan, 2012, S. 28). Eine Studie mit Teilnehmenden des zweitägigen Programms zeigte, dass vier Wochen nach Kursende ein signifikanter Anstieg in Achtsamkeit und in der Komponente Bewusstsein der Emotionen festgestellt werden konnte (Caporale-Berkowitz et al., 2021).
Achtsamkeit erweist sich als Konstrukt, das Aufschluss darüber geben kann, wie sich das „Im-Jetzt-Sein“ auf das Verhalten am Arbeitsplatz auswirkt (Mesmer-Magnus et al., 2017). Zu verstehen, inwiefern Achtsamkeit mit der Motivation und der Verbundenheit am Arbeitsplatz zusammenhängt und darüber hinaus, wie Achtsamkeit die Folgen von hohen Arbeitsanforderungen mildert, kann nicht nur für einzelne Mitarbeitende, sondern auch für Unternehmen ein Gewinn sein. Wenn Unternehmen also die Bedeutsamkeit von Achtsamkeit für die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden verstehen, könnten sie von sich aus stärker bestrebt sein, eine achtsame Haltung ihrer Mitarbeitenden zu fördern und die Unternehmensstrukturen dahingehend anzupassen.
Das hauptsächliche Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, zu untersuchen, wie sich Achtsamkeit auf Burnout und das Arbeitsengagement von Beschäftigten wirkt. Bisher besteht noch kein wissenschaftlicher Konsens über die Wirkweise von Achtsamkeit auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Mitarbeitenden im Organisationskontext, da das Konstrukt in verschiedenen Studien immer wieder anders definiert, operationalisiert und kontextualisiert wird. Laut Glomb et al. (2011) fehlt ein theoretischer Rahmen, der die Beziehung von Achtsamkeit und arbeitsbezogenen Ergebnissen untersucht. Ein weiteres Ziel der Arbeit ist es deshalb, der Forderung von Glomb et al. (2011) nachzukommen und Achtsamkeit in das aktuelle Forschungsfeld des Job-Demands-Resources-Modell (JD-R-Modell) von Bakker und Demerouti (2007, 2017) zu integrieren. Mithilfe des JD-R-Modells werden die Auswirkungen von Arbeitsressourcen und Arbeitsanforderungen auf Motivation und Burnout sowie deren Zusammenspiel dargestellt. Aktuelle Studien aus den letzten Jahren haben das JD-R-Modell um persönliche Ressourcen erweitert (u. a. Schaufeli & Taris, 2014; Xanthopoulou, Bakker, Demerouti, & Schaufeli, 2007). Allerdings besteht keine Einigkeit, wie das genaue Zusammenspiel der persönlichen Ressourcen mit den empirisch vielfach bestätigten Wirkweisen des JD-R-Modells aussieht (Schaufeli & Taris, 2014). Dementsprechend soll in dieser Arbeit erörtert werden, welche Rolle Achtsamkeit als potenzielle persönliche Ressource im JD-R-Modell spielt. Dabei erweitert diese Studie die aktuelle Diskussion um das Konstrukt Achtsamkeit und trägt durch Berücksichtigung von vier der fünf von Schaufeli und Taris (2014) definierten Wirkweisen von persönlichen Ressourcen zum Verständnis der Wirkweise von Achtsamkeit im organisatorischen Umfeld bei. Zusammenfassend führt dies zu folgender Forschungsfrage: Wie wirkt sich Achtsamkeit als persönliche Ressource auf Burnout und Arbeitsengagement aus?
Auf der Grundlage der theoretischen Annahmen und der aktuellen Forschungslage werden sieben Hypothesen formuliert, die sich an den Wirkweisen von persönlichen Ressourcen im JD-R-Modell orientieren. Zunächst werden die Haupt- und Interaktionsprozesse des JD-R-Modells nachgebildet und untersucht. Diese dienen als Basis für die Integration von persönlichen Ressourcen. Daraufhin erfolgt die Überprüfung der direkten Wirkung der persönlichen Ressource Achtsamkeit auf das Wohlbefinden, in diesem Fall Burnout und Arbeitsengagement. Weiterhin wird die Wirkung der persönlichen Ressource als Moderator und als Mediator geprüft. Letztlich folgt die Erhebung des Pfades, der untersucht, ob und wie persönliche Ressourcen die Wahrnehmung von Arbeitsplatzmerkmalen beeinflussen. Um die zugrundeliegenden Fragestellungen dieser Arbeit zu beantworten, wurden Arbeitnehmende im Rahmen einer Fragebogenstudie befragt, wie sie die Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen in ihrer beruflichen Tätigkeit wahrnehmen. Außerdem waren die Befragten aufgefordert, Angaben zu ihrem Arbeitsengagement, ihrem Burnout-Level und ihrer Achtsamkeit geben.
Im nachfolgenden Kapitel werden die erhobenen Konstrukte zunächst vor ihrem theoretischen Hintergrund dargestellt und analysiert. Aufbauend auf den Definitionen, theoretischen Modellen und bisherigen Studienergebnissen erfolgt in Kapitel 3 die Ableitung der Hypothesen. In Kapitel 4 wird die zugrundeliegende Methode der vorliegenden Arbeit, die das Erhebungsdesign, die Stichprobe, die verwendeten Messinstrumente sowie die Darlegung der Auswertungsstrategie und Voraussetzungen der statistischen Verfahren beinhaltet, beschrieben. Nachstehend werden in Kapitel 5 die Ergebnisse der durchgeführten statistischen Analysen berichtet, welche in Kapitel 6 interpretiert und in den aktuellen Forschungsstand eingeordnet werden. Darauffolgend werden die Limitationen, denen die Untersuchung unterliegt, dargelegt sowie Implikationen für die Praxis herausgestellt. Als Abschluss folgt in Kapitel 7 ein Fazit, das die wichtigsten Erkenntnisse der Untersuchung hervorhebt und die Fragestellungen und Annahmen beantwortet.
2 Theoretischer Hintergrund
Zu Beginn der vorliegenden Arbeit erfolgt eine Darstellung des theoretischen Hintergrunds von Achtsamkeit in Kapitel 2.1 In Kapitel 2.2 erfolgt die Einordnung von Achtsamkeit in den Organisationskontext. Hierbei wird die Wirkung von Achtsamkeit auf Individuen sowie auf Organisationsebene vorgestellt. Anschließend wird in Kapitel 2.3 das Rahmenmodell, das Job-Demand-Resources-Modell, dem die vorliegende Arbeit zugrunde liegt, in seinem Aufbau und seinen Prozessen beschrieben. Darüber hinaus werden die verwendeten Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen sowie die Konstrukte Arbeitsengagement und Burnout vorgestellt. Neben den Hauptprozessen werden auch die Interaktionsprozesse und die Erweiterung des Modells, die Einführung personaler Ressourcen, in Kapitel 2.4 näher betrachtet. Zuletzt erfolgt eine Einordnung von Achtsamkeit in das Rahmenmodell in Kapitel 2.5.
2.1 Achtsamkeit
Achtsamkeit ist insbesondere in den letzten Jahren in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, weil eine achtsame Haltung Menschen bei der Bewältigung von Widrigkeiten helfen kann (Brown et al., 2007). Um die Wirkung von Achtsamkeit zu verstehen, ist es von Bedeutung den Begriff vorher zu definieren und die verschiedenen Forschungsströme zu differenzieren. Im folgenden Kapitel wird daher zunächst Achtsamkeit mit Hilfe der verschiedenen Forschungsrichtungen definiert. In Kapitel 2.1.2 wird der Unterschied zwischen Achtsamkeit und Achtsamkeitsmeditation erläutert. Abschließend wird in Kapitel 2.1.3 zwischen Achtsamkeit als Zustand und Achtsamkeit als Eigenschaft differenziert.
2.1.1 Definition und Beschreibung des Konstrukts
Das Konstrukt Achtsamkeit hat seinen Ursprung im Buddhismus und wird seit Jahrhunderten in östlichen Kulturen praktiziert, um bewusste Aufmerksamkeit zu kultivieren (Brown & Ryan, 2003). Zwar stammen die ersten Beschreibungen aus der buddhistischen Lehre, jedoch ist das Konstrukt von Natur aus weder spirituell noch religiös (Olendzki, 2005). Das Konzept wurde bisher oft mit Traditionen in Verbindung gebracht, die eher philosophisch als wissenschaftlich sind (Dane & Brummel, 2014). Achtsamkeit ist in jüngster Zeit jedoch zu einem interessanten Konstrukt für die Wissenschaft geworden (Dane, 2011) und wurde durch unterschiedliche Forschende untersucht (z. B. Brown & Ryan, 2003; Dane, 2011; Glomb et al., 2011; Langer, 1989).
Eine der am häufigsten verwendeten Definitionen stammt von Jon Kabat-Zinn, der beschreibt, dass Achtsamkeit bedeutet, "Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Art und Weise zu schenken: absichtlich, im gegenwärtigen Moment und ohne zu urteilen" (Kabat-Zinn, 1994). Er kennzeichnet Achtsamkeit durch folgende sieben Attribute: Nicht-Urteilen, Geduld, Anfängerhaltung, Vertrauen, Aufgabe von Zielen, Akzeptanz dessen, was sich zeigt und Loslassen (Kabat-Zinn, 1990).
Brown und Ryan (2003) definieren Achtsamkeit als „being attentive to and aware of what is taking place in the present“ (S. 822) und heben damit den Bezug zur Gegenwart hervor. Zum einen nennen sie das Phänomen Awareness, das kontinuierlich die innere und äußere Umgebung überwacht und zum anderen das Phänomen Attention, bei dem die Wahrnehmung auf die spezifischen und limitierten inneren und/oder äußeren Erfahrungen gerichtet wird. Zusammen bilden sie das Gewahrsein und eine gesteigerte Aufmerksamkeit für die Gegenwart und den damit verbunden Erfahrungen. In ihrer darauffolgenden Arbeit postulieren Brown et al. (2007) Achtsamkeit als „quality of consciousness“ (S. 211) und als “a receptive attention to and awareness of present events and experience” (S. 212). Sie heben hervor, dass achtsame Individuen sich auf das „Hier und Jetzt“ konzentrieren, anstatt sich Gedanken darüber zu machen, was vor oder nach dem Moment passiert. Sie sind sich also den internen und externen Erlebnissen bewusst und können diese als Phänomene wahrnehmen (Brown et al., 2007). Interne Stimuli sind z. B. Gedanken, während externe Stimuli z. B. die physische und soziale Umgebung sind. Diese Stimuli werden beobachtet, ohne ihnen eine Bewertung oder Bedeutung zu geben (Glomb et al., 2011).
Diese Konzeptualisierung von Achtsamkeit umfasst noch weitere Annahmen. Dane (2011) grenzt Achtsamkeit von Absorption, Flow oder Umherschweifen der Gedanken ab. Dabei beschreibt er, dass Achtsamkeit im Gegensatz zu den anderen Aufmerksamkeitszuständen eine hohe Gegenwartsorientierung und eine große Aufmerksamkeitsbreite besitzt (S. 102). Bishop et al. (2004) wiederum beschreiben Achtsamkeit als ein aus zwei Komponenten bestehendes Konstrukt. Die erste Komponente besteht aus der „Selbstregulierung der Aufmerksamkeit“ (S. 232), die es Menschen ermöglicht den gegenwärtigen Moment vollumfänglich zu erfassen. Die zweite Komponente nennen die Autor*innen „Orientierung an Erfahrungen“ (S. 233), die sich durch eine Haltung definiert, die in der Meditationspraxis der Achtsamkeit angenommen und kultiviert wird. Diese Ausrichtung auf die eigenen Erfahrungen im gegenwärtigen Moment ist durch Neugier, Offenheit und Akzeptanz gekennzeichnet.
Einen anderen Fokus sehen Langer und Moldoveanu (2000) in ihrer Definition von Achtsamkeit. Sie beschreiben Achtsamkeit als einen Prozess der Wahrnehmung, der sich auf das Treffen neuer Unterscheidungen innerhalb des jeweiligen Wahrnehmungsfeldes konzentriert: „Mindfulness can be best understood as the process of drawing novel distinctions“ (Langer & Moldoveanu, 2000, S. 1). Mit dieser Definition von Achtsamkeit bilden die Autorinnen eine Ausnahme in der Forschung der letzten Jahre. Sie betonen weder den Aspekt der Präsenz noch des Nicht-Urteilens.
Bei der Betrachtung der Definitionen wird deutlich, dass die überwiegende Zahl der Autor*innen, trotz einiger Unterschiede in den Formulierungen, die wesentlichen Faktoren von Achtsamkeit ähnlich beschreiben. Sie nennen zum einen, dass die Personen, die achtsam sind, ihre Aufmerksamkeit bewusst auf die Erfahrungen des Augenblicks lenken und weiterhin, dass achtsame Menschen eine Haltung des Nicht-Urteilens oder der Akzeptanz gegenüber den inneren und äußeren Erfahrungen aufweisen.
Zum Verständnis des Konstrukts Achtsamkeit ist es von Bedeutung den Begriff der Achtsamkeit insbesondere von Achtsamkeitsmeditation abzugrenzen, da diese beiden Begriffe oft synonym verwendet werden. Achtsamkeitsmeditation ist eine Technik, die genutzt wird, um Achtsamkeit zu entwickeln, jedoch nicht Achtsamkeit an sich (Glomb et al., 2011). Achtsamkeit ist im Kern ein psychologischer Zustand, für dessen Entstehen keine Meditation erforderlich ist (Brown & Ryan, 2003; Dane, 2011).
2.1.2 Achtsamkeit als Zustand und Eigenschaft
Anhand der Definitionen und der Abgrenzung zur Meditation zeigt sich, dass Achtsamkeit nicht nur schwierig zu definieren, sondern auch schwierig zu operationalisieren ist (Grossman, 2008, S. 405). Achtsamkeit wird entweder als Geisteszustand, als Eigenschaft, als bestimmte Art von geistigem Prozess oder als Methode zur Kultivierung einer oder aller der genannten Kategorien beschrieben (Grossman, 2008). Achtsamkeit ist jedoch kein Zustand, der nur denjenigen zugänglich ist, die Achtsamkeitstechniken praktizieren. Forschende konnten überzeugend argumentieren, dass Achtsamkeit eine natürliche menschliche Fähigkeit ist, die auch von in Achtsamkeit untrainierten Menschen erfahren werden kann (Brown et al., 2007; Brown & Ryan, 2003; Glomb et al., 2011). Der Unterschied zwischen der Sichtweise von Achtsamkeit als Zustand und Achtsamkeit als Eigenschaft wird im nachfolgenden Kapitel näher erläutert.
Die Fähigkeit der natürlich vorkommenden Achtsamkeit, die von Person zu Person variiert, wird als Eigenschaft oder dispositionelle Achtsamkeit bezeichnet (Trait Mindfulness). Die Ebene der Achtsamkeit, die sich von Moment zu Moment innerhalb einer Person verändert, ist der Zustand der Achtsamkeit (State Mindfulness) (Hülsheger et al., 2013; Jamieson & Tuckey, 2017). Achtsamkeit als Zustand ergibt sich aus der Definition von Achtsamkeit als nicht-wertende Erfahrung des Augenblicks. Der achtsame Zustand kennzeichnet sich durch das Ausmaß, in dem eine Person Stimuli der Gegenwart wahrnimmt und ihnen seine Aufmerksamkeit widmet. Die Person lenkt ihre Aufmerksamkeit aktiv auf äußere Einflüsse, die aus der Umwelt auf sie einwirken und nimmt gleichzeitig die inneren Reaktionen wahr, die aufgrund der äußeren Einflüsse entstehen, ohne sie selbst zu beeinflussen (Brown & Ryan, 2003). Die Erfahrungen im Hier und Jetzt werden beobachtet, ohne bewertet, interpretiert oder weiterverarbeitet zu werden (Brown et al., 2007).
Die Frequenz, in der Menschen Achtsamkeit erfahren, kann von Person zu Person variieren, sodass Menschen eigenschaftsähnliche Tendenzen zu Achtsamkeit besitzen. Eine Forschungsrichtung hebt hervor, dass Achtsamkeit ein stabiler, individueller Unterschied zwischen Personen – ähnlich zu anderen Persönlichkeitseigenschaften – ist. Da die meisten Menschen die Fähigkeit, aufmerksam zu sein, zu haben scheinen, gehen Brown und Ryan (2003) davon aus, dass die Fähigkeit zur Achtsamkeit bei einzelnen Personen unterschiedlich stark ausgeprägt ist und, dass Menschen unterschiedlich bereit sind, sich dem bewusst zu werden, was in der Gegenwart passiert. Aus dieser Erkenntnis resultiert der Begriff Trait Mindfulness. Dieser beschreibt die Dauer, Häufigkeit und Intensität, in der eine Person sich in Achtsamkeitszuständen befindet (Hülsheger et al., 2013). Achtsamkeit als Eigenschaft korreliert positiv mit Gewissenhaftigkeit und negativ mit Affektmerkmalen sowie Neurotizismus (Giluk, 2009). Des Weiteren gibt es positive Zusammenhänge zwischen Achtsamkeit als Eigenschaft und Selbstbewusstsein, mentaler Gesundheit, Lebenszufriedenheit, Arbeitszufriedenheit, Performance und der Reduzierung von Burnout (Mesmer-Magnus et al., 2017).
Die Erhöhung der natürlich vorkommenden Achtsamkeit erfolgt anhand von Achtsamkeitsinterventionen. Achtsamkeit kann demzufolge durch regelmäßige Übung und Achtsamkeitsinterventionen erlernt werden kann (Jamieson & Tuckey, 2017). Der bekannteste achtsamkeitsbasierte Ansatz ist die Mindfulness-Based-Stress-Reduction (MBSR; Kabat-Zinn, 1990), die einen deutlichen Bezug zur historischen Achtsamkeitsmeditation zeigt. Dieser klassische Ansatz wurde von Kabat-Zinn für Patient*innen mit unterschiedlichen psychischen und körperlichen Störungen entwickelt und besteht aus einem achtwöchigen Programm, mit verschiedenen Formen der Meditation und Hausaufgaben. Darüber hinaus gibt es die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie (MBCT; Segal et al., 2002), die Achtsamkeitssitzungen in die Therapie integriert. Beide Verfahren wurden zunächst im klinischen Kontext angewandt und Achtsamkeit damit in die Behandlung von Verhaltensstörungen, z. B. Borderline-Persönlichkeitsstörungen, Depressionen oder Essstörungen, integriert (Bishop et al., 2004). Es konnte gezeigt werden, dass MBSR und MBCT achtsame Zustände fördern und dadurch Depressionen, Angstzustände, Stress und Grübeln reduzieren (Mesmer-Magnus et al., 2017). Lange wurden MBSR und andere mehrwöchige Achtsamkeitsprogramme als der einzige Weg gesehen, um Achtsamkeit zu vermitteln, jedoch gibt es weitere evidenzbasierte Verfahren, z. B. kurze Meditationsprogramme über mehrere Tage oder Achtsamkeitsinterventionen über das Internet oder im Rahmen von app-basierten Anwendungen auf dem Smartphone (Creswell, 2017).
Der Zusammenhang zwischen Achtsamkeit als Zustand und als Eigenschaft wurde im Rahmen einer Interventionsstudie erforscht. Eine Studie von Kiken et al. (2015) ermittelte den Zusammenhang zwischen einer achtwöchigen Achtsamkeitsintervention, dem täglichen Zustand der Achtsamkeit, psychologischen Symptomen und der Eigenschaft Achtsamkeit. Im Laufe der Intervention zeigten sich Unterschiede zwischen den Teilnehmenden im Hinblick auf die Veränderungsrate des Zustands der Achtsamkeit. Die Veränderungsrate des Zustands der Achtsamkeit sagte die Veränderungen des Merkmals Achtsamkeit und des Leidensdrucks hervor. Es lässt sich somit darauf schließen, dass eine Zunahme der Achtsamkeit durch mehrfache Meditationssitzungen zu einer achtsamen und weniger belasteten Haltung führen können. Unterstützt wird dies durch eine Metaanalyse von Paraditharathne und Chen (2021), die zeigen, dass natürlich vorkommende Achtsamkeit durch Achtsamkeitsinterventionen zu erhöhter Achtsamkeit, sowohl auf Zustands- als auch auf Eigenschaftsebene führen kann. Die Achtsamkeitsinterventionen verbessern u. a. die Aufmerksamkeitsstabilität, die Aufmerksamkeitskontrolle und die Aufmerksamkeitseffizienz. Eine regelmäßige Achtsamkeitspraxis, das bedeutet sich regelmäßig in einem achtsamen Zustand zu befinden, erhöht die dispositionelle Achtsamkeit (Hülsheger et al., 2013). Abbildung 1 zeigt diese Beziehung in graphischer Form.
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Abbildung 1. Erhöhung von Achtsamkeit als Zustand und Eigenschaft durch Achtsamkeitsinterventionen, eigene Darstellung in Anlehnung an Panditharathne & Chen (2021).
Zusammenfassend offenbart sich, dass Achtsamkeit ein menschlicher Zustand sowie eine Fähigkeit ist, die sowohl in verschiedenen Situationen, als auch bei verschiedenen Personen unterschiedlich stark ausgeprägt ist und durch Interventionen erhöht werden kann (Brown et al., 2007; Hülsheger et al., 2013). Wie sich Achtsamkeit im beruflichen Kontext verhält und wie eine achtsame Haltung auf das Wohlbefinden und die Gesundheit von Mitarbeitenden wirkt, soll in den nächsten Kapiteln erläutert werden.
2.2 Achtsamkeit im Organisationskontext
Achtsamkeit am Arbeitsplatz ist in den letzten Jahren in den Fokus der Forschung gerückt. Insbesondere konnte gezeigt werden, dass Achtsamkeit eine wichtige Rolle für arbeitsbezogene Ergebnisse, z. B. Gesundheit oder Performance spielt (Dane, 2011; Glomb et al., 2011; Good et al., 2016). Achtsamkeit am Arbeitsplatz kann mit der persönlichen Neigung zur Achtsamkeit zusammenhängen, aber auch von anderen Faktoren abhängen. Zum Beispiel können Mitarbeitende durch Übung oder Training erlernen, ihre Aufmerksamkeit zu fokussieren (Hülsheger et al., 2013).
Um zu verstehen, wie sich Achtsamkeit auf Einzelpersonen, Teams und Organisationen auswirkt, sollen zunächst die grundlegenden Auswirkungen auf die wichtigsten Bereiche menschlicher Funktionen betrachtet werden, darunter Aufmerksamkeit, Kognition, Emotion, Verhalten und Physiologie. In Kapitel 2.2.1 wird die Wirkung von Achtsamkeit auf Individuen beleuchtet. Darauf aufbauend werden die Folgen von Achtsamkeit auf organisatorische Ergebnisse in Kapitel 2.2.2 beleuchtet.
2.2.1 Wirkung von Achtsamkeit auf Individuen
Im vorliegenden Kapitel soll die Wirkung von Achtsamkeit auf einzelne Prozesse im Individuum dargestellt werden. Insbesondere werden zwei theoretische Modelle abgebildet, die zunächst die Wirkung von Achtsamkeit auf die Selbstregulierung erklären und darauf aufbauend auf Kognition, Emotion, Verhalten und Physiologie.
Die Funktionsweise von Achtsamkeit im beruflichen Kontext zeigt sich im Unterschied der Erfahrungsverarbeitung anstelle der konzeptionellen Verarbeitung. Bei der konzeptionellen Verarbeitung dominieren die Gedanken die Aufmerksamkeit. Mitarbeitende begegnen den ganzen Tag Stimuli, die sie bewerten. Das Gehirn ist beschäftigt und nimmt bestimmte Formen an, wie z. B. Sorgen oder Grübeln (Ehring & Watkins, 2008; Walsh, 1995). Indessen beinhaltet Achtsamkeit die Erfahrungsverarbeitung, bei der die Aufmerksamkeit auf interne und externe Stimuli gerichtet wird, z. B. werden Bilder, Selbstgespräche, Emotionen oder Handlungsimpulse beobachtet, ohne daraus eine Bedeutung abzuleiten. Ein bedrohlicher Stimulus (wütender Chef) tritt auf, woraufhin das innere Erleben (Angst oder Wut) und die eigene Reaktion beobachtet wird (z. B. Herzrasen, Wunsch nach Klärung). Durch Attention und Awareness (Brown & Ryan, 2003) können Mitarbeitende jedoch einen mentalen Abstand von den selbstbezogenen Bewertungen vornehmen. Ereignisse werden nur als Ereignisse wahrgenommen, anstatt sie zu interpretieren (Good et al., 2016).
Wie genau Achtsamkeit auf Mitarbeitende wirkt, d.h. welche Wirkfaktoren der Achtsamkeit zu positiven Ergebnissen im organisationalen Kontext führen, haben Glomb et al. (2011, S. 124ff.) in einem Modell konstruiert. Sie betrachten die Selbstregulierung als zentrale Größe, die durch Achtsamkeit bzw. achtsamkeitsbasierte Interventionen verbessert werden kann. Unter Selbstregulierung versteht sich, dass Individuen sich Ziele setzen, ihre Fortschritte mit den gesetzten Zielen abgleichen und demnach ihr Verhalten oder ihre Wahrnehmung ihrer Ziele ändern, wenn sie eine Diskrepanz zwischen dem aktuellen und dem Zielzustand vernehmen (Karoly, 1993). Glomb et al. (2011) beschreiben drei primäre Prozesse und sieben sekundäre Prozesse, die durch Achtsamkeit beeinflusst werden. Wie aus Abbildung 2 zu entnehmen ist, bilden die Prozesse die Basis dafür, wie Achtsamkeit zu einer verbesserten Selbstregulation und letztlich auch zu einer höheren Leistung führt.
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Abbildung 2. Primäre und sekundäre Prozesse die Achtsamkeit und Selbstregulation, eigene Darstellung in Anlehnung an Glomb et al. (2011).
Zunächst erfahren achtsame Individuen eine Entkopplung des Selbst von Ereignissen, Erfahrungen, Gedanken und Emotionen. Anhand dieser Entkopplung wird das Selbst geschützt, da negative Erlebnisse als weniger gefährlich wahrgenommen werden. Der zweite Prozess ist der verringerte Einsatz von mentalen Prozessen, bei denen bisherige Erfahrungen und Gewohnheiten das Denken einschränken. Automatisierte Handlungen sorgen dafür, dass Individuen nicht vollkommen präsent sind. Achtsamkeit sorgt dafür, dass Individuen ihre Gedanken bewusst wahrnehmen und gestalten können. Dies führt darüber hinaus zu einer erhöhten kognitiven Flexibilität bei der Reaktion auf Gedanken (Siegel, 2010). Der dritte Prozess ist ein neurobiologischer Vorgang, bei dem ein erhöhtes Bewusstsein und eine Regulierung der physiologischen Systeme stattfindet. Das gegenwärtige Gewahrsein des eigenen physiologischen Zustands fördert einen Ausgleich der physiologischen Reaktionssysteme des Körpers. Der Sympathikus und der Parasympathikus sind so konzipiert, dass sie im Gleichgewicht sind und miteinander arbeiten sollen. Ist dieses Gleichgewicht nicht vorhanden, kann es zu unerwünschten affektiven und körperlichen Folgen führen, z. B. Wut, Angst (affektiv) oder Magen-Darm-Probleme, Herzklopfen (körperlich) (Siegel, 2007). Erhöhte Aufmerksamkeit und ein verstärktes Bewusstsein für die Systeme im Körper können helfen die Botschaften des Körpers besser zu interpretieren und darauf zu reagieren (Glomb et al., 2011).
Diese drei Kernprozesse führen zu sieben Sekundärprozessen, die wiederum mit positiven Effekten während der Arbeit einhergehen. Zu den Sekundärprozessen zählen (1) Reaktionsflexibilität, (2) verringertes Grübeln, (3) Einfühlungsvermögen, (4) Affektregulierung, (5) erhöhte Selbstbestimmung und Ausdauer, (6) verbessertes Arbeitsgedächtnis und (7) genauere affektive Vorhersage. Diese Prozesse können sich auf die Leistung und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden auswirken, z. B. kann die Reaktionsflexibilität zu verbesserter Entscheidungsfindung oder Kommunikation führen. Dadurch, dass Mitarbeitende weniger Grübeln können sie besser mit stressigen Situationen umgehen und sich von negativen Gefühlen erholen. Auch der Zusammenhang von Achtsamkeit und Einfühlungsvermögen wird von den Autor*innen aufgeführt, da durch Achtsamkeit eine „metakognitive Aufmerksamkeit“ (S.132) geschaffen werden kann, mit der Mitarbeitende ihre eigenen und die mentalen Prozesse anderer Menschen besser verstehen können.
Ein weiteres Achtsamkeit-Modell wurde durch Good et al. (2016) entwickelt, die die Ergebnisse von Glomb et al. (2011) integriert und weiterentwickelt haben. In Abbildung 3 ist ihr Prozessmodell zu sehen. Die Forschenden zeigen darin auf, dass Achtsamkeit (als Zustand, Eigenschaft, Praxis oder Intervention) mit einer verbesserten Aufmerksamkeitsstabilität (Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit auf ein aktuelles Ziel bei geringerem Abschweifen der Gedanken), einer erhöhten Kontrolle der Aufmerksamkeit (Auswahl eines oder mehrerer geeigneter und machbarer Ziele) und der Aufmerksamkeitseffizienz (sparsamer Einsatz und Zuweisung von Aufmerksamkeitsressourcen) in Verbindung gebracht wird. Die Autor*innen nehmen an, dass diese Qualitäten kognitive, emotionale, verhaltensbezogene und physiologische Funktionsbereiche beeinflussen.
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Abbildung 3. Wirkung von Achtsamkeit auf Kognition, Emotion, Verhalten und Physiologie, eigene Darstellung in Anlehnung an Good et al. (2016).
Auf kognitiver Ebene wird geschlussfolgert, dass Achtsamkeit anhand der optimierten Aufmerksamkeitsmechanismen, mit kognitiver Kapazität und kognitiver Flexibilität zusammenhängt. Dies zeigt sich durch eine höhere Kapazität des Arbeitsgedächtnisses (Roeser et al., 2013) sowie einer verbesserten Problemlösefähigkeit (Ding et al., 2015). Die emotionale Ebene wird anhand einer Verbindung zwischen Achtsamkeit und der Reaktivität auf emotionale Reize und dem emotionalen Ton oder der Wertigkeit dargestellt. Beispielhaft wird hier auf eine Metastudie von Eberth und Sedlmeier (2012) verwiesen, die belegt, dass Achtsamkeitstrainings mit einem geringeren negativen und einem vergrößerten positiven Ton in Verbindung gebracht werden. Auf Verhaltensebene wird auf die Ergebnisse von Glomb et al. (2011) verwiesen, die reduzierte automatisierten Reaktionen durch Achtsamkeit nachgewiesen haben. Darüber hinaus verweisen sie auf die Lücke zwischen Reiz und Reaktion, wobei Achtsamkeit Wahlfreiheit und folglich eine wirksame Verhaltensregulierung ermöglicht. Zuletzt gehen sie auf die physiologischen Funktionsbereiche ein. Hierbei kann Achtsamkeit die Stressreaktion beeinflussen und z. B. die Schlafqualität verbessern (Hülsheger et al., 2014).
2.2.2 Wirkung von Achtsamkeit im Organisationskontext
Die Wirkung von Achtsamkeit zeigt sich jedoch nicht nur bei den Mitarbeitenden, sondern auch auf der Organisationsebene. Im folgenden Abschnitt wird nun auf kollektive, organisationsbezogene Ergebnisse geschaut, die auf den individuellen Ergebnissen und Prozessen von Achtsamkeit aufbauen.
Glomb et al. (2011) zeigen auf, dass die verbesserte Selbstregulation zu einem positiven, subjektiven Wohlbefinden in Form einer verbesserten körperlichen und geistigen Gesundheit, Zuversicht und Lebenszufriedenheit beiträgt. Dies sind wiederum Ergebnisse, die sich positiv auf das Funktionieren am Arbeitsplatz und auf die Organisation auswirken. Good et al. (2016) stellen fest, dass die Prozesse, die durch Achtsamkeit ausgelöst werden, eine Vielzahl von Ergebnissen am Arbeitsplatz beeinflussen. Diese Ergebnisse lassen sich in drei Gruppen aufteilen: Leistung bzw. Performance, Beziehungen am Arbeitsplatz und Wohlbefinden.
Bestätigt werden konnten diese Annahmen durch diverse Studien. Achtsamkeit steht in positivem Zusammenhang mit Job Performance (Dane & Brummel, 2014), Task Performance (Forjan et al., 2020), Arbeitszufriedenheit (Hülsheger et al., 2013; Pang & Ruch, 2019), Arbeitsengagement (Liu et al., 2020; Malinowski & Lim, 2015) und Wohlbefinden (Malinowski & Lim, 2015; Roche et al., 2014). Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass Achtsamkeit in negativem Zusammenhang mit emotionaler Erschöpfung (Hülsheger et al., 2013), Kündigungsabsicht (Reb et al., 2017), Burnout (Huang et al., 2021; Roeser et al., 2013; Sopezki et al., 2020; Suleiman-Martos et al., 2020) und Depressionen (Roeser et al., 2013) steht. In ihrer Metaanalyse konnten Mesmer et al. (2017) bestätigen, dass Achtsamkeit als Eigenschaft sowohl mit persönlichen als auch mit beruflichen Ergebnissen verbunden ist, die das Verhalten und die Leistung der Mitarbeitenden positiv beeinflussen. Es zeigte sich, dass Mitarbeitende mit einem höheren Grad an Achtsamkeit bessere Leistungen erbringen als Mitarbeitende mit geringer Achtsamkeit. Ebenfalls hervorzuheben ist, dass Mitarbeitende mit hoher Achtsamkeit über eine höhere Arbeitszufriedenheit sowie weniger Burnout, Stress und Arbeitsrückzug berichten. Schließlich wurde festgestellt, dass die Eigenschaft Achtsamkeit durchgängig positiv mit körperlicher Gesundheit, der Fähigkeit zur Emotionsregulierung, der Lebenszufriedenheit und weniger Lebensstress, Angst, Depression und negative Emotionen korreliert.
Der Grund für das große Interesse am Konstrukt Achtsamkeit scheint laut Brown et al. (2007) einfach: Achtsamkeit habe viele positive Einflüsse auf das menschliche Funktionieren. Diverse Studien konnten dies unterstützen. Achtsamkeit und achtsamkeitsbasierte Praktiken konnten mit einer Verringerung der Symptome psychischer und physischer Konditionen sowie mit einer besseren Leistung am Arbeitsplatz in Verbindung gebracht werden (Glomb et al., 2011). Achtsamkeit bietet das Potenzial den Stress von Mitarbeitenden zu reduzieren, insbesondere wenn sie mit herausfordernden Arbeitssituationen konfrontiert sind, indem sie Achtsamkeit als zur Verfügung stehende Ressource nutzen (Brown & Ryan, 2003; Schaufeli & Taris, 2014). Die meisten praktischen Herausforderungen in Organisationen wie Angst, Stress, Depressionen, Kreativität, Motivation, Führung, Beziehungen, Teamarbeit, Burnout, Engagement, Leistung, Wohlbefinden sowie psychische und physische Gesundheit können mit dem Konzept der Achtsamkeit erfolgreich angegangen werden (Panditharathne & Chen, 2021).
Jedoch hat auch das Konstrukt Achtsamkeit eine Schattenseite. Einige Forschende gehen von negativen Auswirkungen durch Achtsamkeit im Rahmen der Organisation aus, z. B. dass Mitarbeitende ein eher persönliches Interesse, anstelle eines organisatorischen Interesses entwickeln. Diese Dark Side (Hülsheger et al., 2013) der Achtsamkeit zeigt sich dadurch, dass Mitarbeitende einen höheren Fokus auf ihre eigenen Werte, Ziele und Bedürfnisse legen, z. B. indem sie sich mehr Zeit für die Familie nehmen oder weniger berufliche Aufgaben annehmen. Die Wirkweise von Achtsamkeit kann potenziell nicht zu den Zielen der Organisation passen, sodass Achtsamkeit kontraproduktiv zu den Organisationszielen fungieren könnte (Glomb et al., 2011). Wichtig sei hier, diese Behauptungen zu verstehen, zu erkennen und alternative Maßnahmen zu ergreifen, um etwaige negative Auswirkungen zu korrigieren (Panditharathne & Chen, 2021).
Wenn sich die Beweise für Wirkungen von Achtsamkeit auf organisatorische Prozesse und Ergebnisse weiter häufen, kann Achtsamkeit zu einem grundlegenden Konstrukt der Arbeits- und Organisationspsychologie werden, da das Konstrukt eine Vielzahl von menschlichen Funktionsbereichen einschließt: Denken, Emotionen und Handeln (Brown et al., 2007). Aktuell zeigt sich Achtsamkeit als „ein Konstrukt mit großen Möglichkeiten und Herausforderungen, das es wert ist, in der weiteren Forschung untersucht zu werden“ (Good et al., 2016, S. 135).
2.3 Job-Demands-Resources-Modell
In diesem Kapitel soll das Rahmenmodell der Arbeit, das JD-R-Modell vorgestellt werden. Zunächst erfolgt eine allgemeine Erklärung des Modells und dessen Entwicklung. Daraufhin werden in Kapitel 2.3.1 zunächst die Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen und anschließend die in dieser Studie verwendeten Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen vorgestellt. In Kapitel 2.3.2 wird der gesundheitsschädigende und der motivationale Prozess vorgestellt. Daraufhin erfolgt die Darstellung der Hauptkonstrukte Burnout und Arbeitsengagement, die jeweils die zentralen Ergebnisse des gesundheitsschädigenden und des motivationalen Prozesses veranschaulichen.
Das Job-Demands-Resources-Modell betrachtet den Einfluss von Ressourcen und Anforderungen bei der Arbeit und stellt Annahmen über deren Zusammenspiel und Auswirkungen auf motivationale und gesundheitsbezogene Aspekte dar (Bakker & Demerouti, 2007; Demerouti et al., 2001). Es dient als Meta-Modell und integriert andere Modelle der Arbeits- und Organisationspsychologie, z. B. das Job-Demands-Control-Model (JDC-Modell; Karasek, 1979) und das Effort-Reward-Imbalance-Modell (ERI-Modell; Siegrist, 1996). Das JDC-Modell geht davon aus, dass Arbeitsbelastungen ein Resultat aus hohen Anforderungen und niedrigem Handlungsspielraum sind. Psychische Belastungen werden stärker, wenn Mitarbeitende hohen Arbeitsbelastungen und einem geringen Handlungsspielraum ausgesetzt sind (Karasek, 1979). Die Annahme des ERI ist, dass ein Ungleichgewicht zwischen hohen Anstrengungen und niedrigen Belohnungen zu sogenannten Gratifikationskrisen führt. Diese Krisen können langfristig die Entstehung von Krankheiten erhöhen (Paridon, 2016).
Das JD-R-Modell hat die Annahmen des JDC- und des ERI-Modells weiterentwickelt. Das Modell wird durch zwei Grundannahmen charakterisiert, die in Abbildung 4 dargestellt werden. Zum einen hat jede Tätigkeit spezifische Stressfaktoren, die in zwei Kategorien eingeteilt werden können: Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen. Arbeitsanforderungen sind die Aspekte der Arbeit, die Anstrengungen oder Fähigkeiten der Mitarbeitenden erfordern und mit psychologischen und physiologischen Kosten verbunden sind, wo hingehend Arbeitsressourcen die Aspekte der Arbeit sind, die zum Erreichen der Arbeitsziele beitragen, die aus den Arbeitsanforderungen resultierende Kosten verringern oder das persönliche Wachstum stimulieren (Bakker & Demerouti, 2007). Darüber hinaus finden zwei grundlegende psychologische Prozesse statt, die zur Erklärung arbeitsbezogener Ergebnisse beitragen: der gesundheitsbeeinträchtigende und der motivationale Prozess. Nach dem gesundheitsbeeinträchtigenden Prozess kann die Gestaltung des Arbeitsplatzes oder chronisch erhöhte Arbeitsanforderungen zu einem Energieverlust und gesundheitlichen Problemen führen (Demerouti et al., 2001). Nach dem motivationalen Prozess haben Arbeitsressourcen ein Motivationspotenzial und führen somit zu einem hohen Arbeitsengagement, geringerem Zynismus und hoher Leistung. Letztlich resultieren die beiden Prozesse in Auswirkungen auf das Individuum und/oder die Organisation, die positiver oder negativer Natur sein können. Insgesamt stellt das JD-R-Modell ein übergreifendes Modell dar, das unabhängig der jeweiligen Anforderungen und Ressourcen auf diverse berufliche Kontexte übertragen werden kann (Bakker & Demerouti, 2007). Das Modell wurde an unterschiedlichen Arbeitsplätzen, Populationen und Ländern sowie mit unterschiedlichen Arbeitsanforderungen und -ressourcen bestätigt (A. B. Bakker & Demerouti, 2007; Demerouti & Nachreiner, 2019).
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Abbildung 4. Illustration des Job-Demands-Resources-Modell, eigene Darstellung in Anlehnung an Bakker und Demerouti (2007).
Ursprünglich wurde das JD-R-Modell entwickelt, um die Hintergründe und Ursachen von Burnout zu verstehen (Demerouti, 1999; Demerouti et al., 2001). Demnach erfordert das Erreichen von arbeitsbezogenen Zielen bei hohen Arbeitsanforderungen zusätzliche Anstrengung, was letztlich in Erschöpfung mündet. Ein Mangel an Arbeitsressourcen erschwert die Zielerreichung zusätzlich und führt zu Disengagement (Demerouti et al., 2001; Schaufeli et al., 2002). Angesichts der steigenden Popularität und der Entwicklung der positiven Psychologie, die sich auf positive Aspekte der Menschen und die Verbesserung deren Lebens- und Arbeitssituationen konzentriert (Seligman et al., 2014), wurde Arbeitsengagement als positive Dimension des Wohlbefindens in das Modell aufgenommen. Die beiden Konstrukte – Arbeitsengagement für Motivation und Burnout für Beanspruchung – sind keine gegensätzlichen Pole auf einem Kontinuum, sondern unabhängige, jedoch negativ korrelierende Konstrukte des arbeitsbezogenen Wohlbefindens (Schaufeli & Bakker, 2004).
2.3.1 Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen
Arbeitsanforderungen sind schon seit längerem Bestandteil der Forschung, jedoch werden die Begriffe Belastung, Beanspruchung, Anforderungen, Stressoren und Stress häufig synonym verwendet, sodass zunächst eine Begriffsklärung stattfinden soll.
Belastungen bezeichnen objektive Faktoren und Größen (z. B. Lärm, Zeitdruck oder Störungen des Arbeitsablaufs), die von außen auf eine Person wirken und Auswirkungen auf sie haben (Rohmert & Rutenfranz, 1975). Beanspruchungen hingegen sind die Auswirkungen der Belastungen, die sich in Form von Müdigkeit, Gereiztheit oder fehlerhaften Arbeitsverhalten zeigen. Häufig werden diese auch mit allgemeinen Konzepten der Aktivierung (arousel) untersucht und zeigen sich auf körperlicher, mentaler oder emotionaler Ebene, z. B. indem sie Gedächtnis- und Entscheidungsfunktionen beeinträchtigen (Richter & Hacker, 1998). Neben Belastungen und Beanspruchungen ist auch häufig von Stress und Stressoren die Rede. Stressoren sind interne und externe psychische Stimuli, die mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu Stressreaktionen in Form von psychischen Zuständen und Verhaltensweisen führen. Stress hingegen ist ein durch Stressoren ausgelöster „unangenehmer Spannungszustand“ (Schaper, 2014, Nerdinger, 2019). Der Unterschied zwischen den Begriffen ist, dass Belastung und Beanspruchung neutrale Konzepte sind. Stressoren hingegen, konzentrieren sich auf unangenehme Aspekte der Arbeit (Nerdinger, 2019).
Nach dem Anforderungs- und Belastungs-Konzept (Oesterreich, 1999) stellen die Anforderungen positive Aspekte der Arbeit dar und werden nicht als Stressoren betrachtet. Belastungen hingegen sind die negativen Aspekte von Arbeitsbedingungen bzw. Stressoren (z. B. Zeitdruck). Beim JDC-Modell und beim JD-R-Modell werden Anforderungen jedoch eher als Belastungen im Sinne des Anforderungs-Belastungs-Konzepts verstanden, was wiederum den Stressoren entspricht (Nerdinger, 2019).
Arbeitsanforderungen im JD-R-Modell kennzeichnen sich als „physische, psychische, soziale und organisatorische Aspekte der Arbeit, die eine, in der Regel länger andauernde, physische und/oder psychische Anspannung erfordern, und demzufolge mit bestimmten physiologischen und/oder psychischen Kosten zusammenhängen“ (Demerouti & Nachreiner, 2019, S. 121). Arbeitsanforderungen sind dementsprechend nicht grundsätzlich negativ. Sie können jedoch zu Arbeitsstressoren werden, wenn die Bewältigung der Arbeitsanforderungen mit großer Anstrengung verbunden ist und die Anforderungen über einen längeren Zeitraum bewältigt werden müssen. Die Bewältigung erfolgt mit psychischen (emotionalen oder kognitiven) oder physischen Fähigkeiten und kann zu Stress und Erschöpfung führen (Bakker & Demerouti, 2007; Demerouti et al., 2001). Beispiele solcher Arbeitsanforderungen sind hoher Arbeitsdruck, ein ungünstiges physisches Umfeld durch Lärm oder Hitze, unregelmäßige Arbeitszeiten, Zeitdruck und Arbeitsunterbrechungen (Brauchli et al., 2013; Demerouti & Bakker, 2011).
Arbeitsressourcen hingegen sind die „physischen, psychischen, sozialen und organisatorischen Arbeitsbedingungen, die (1) funktional für das Erreichen der arbeitsbezogenen Ziele sind, (2) Arbeitsanforderungen und damit zusammenhängende physische und psychische Kosten reduzieren und (3) persönliches Wachstum und persönliche Entwicklung stimulieren“ (Demerouti & Nachreiner, 2019, S. 121). Anders gesagt sind es die Merkmale des Jobs, die Arbeitsanforderungen lindern können und es Mitarbeitenden ermöglichen effektiver zu arbeiten und Herausforderungen zu bewältigen, wodurch der aus Arbeitsanforderungen entstehende Stress verringert werden kann (Bakker & Demerouti, 2007). Dies ähnelt der Theorie von Hackman und Oldham (1980), die den Fokus auf das Motivationspotenzial von Arbeitsressourcen legen. Dabei berücksichtigen sie unter anderem Autonomie, Feedback und die Bedeutung der Aufgabe. Auch die Conversation of Resources Theory (COR-Theorie; Hobfoll, 1989; Hobfoll et al., 2003, 2018) ist hier zu nennen, wonach Individuen danach streben, ihre Ressourcen zu erhalten bzw. zu erhöhen. Arbeitsressourcen können in Ressourcen auf der Ebene der Organisation als Ganzes (Bezahlung, Karrieremöglichkeiten, Arbeitsplatzsicherheit), der sozialen Beziehungen (z. B. Unterstützung durch Vorgesetzte), der Arbeitsorganisation (z. B. Rollenklarheit, Beteiligung an der Entscheidungsfindung) und auf der Ebene der Aufgabe (z. B. Vielfalt der Aufgaben, Autonomie, Bedeutung der Aufgabe) eingeteilt werden (Bakker & Demerouti, 2007).
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden nun die zwei Arbeitsanforderungen Arbeitsintensität und Unterbrechungen sowie die zwei Arbeitsressourcen, Autonomie und soziale Unterstützung konzeptualisiert. Zunächst soll die Relevanz und die Einordnung in den Arbeitskontext vorgestellt werden. Die Einordnung der Ressourcen in das JD-R-Modell und die Ableitung der Hypothesen anhand der aktuellen Studienlage erfolgt in Kapitel 3.
2.3.1.1 Arbeitsintensität
Arbeitsintensität zählt zu den zentralen Belastungsfaktoren der heutigen Arbeitswelt. Nach einer Auswertung von Erwerbstätigenbefragungen zeigt sich, dass etwa jeder dritte Beschäftigte von einer hohen Arbeitsintensität betroffen ist (Schreiter, 2014). Vor allem Mitarbeitende in Wissens- oder Dienstleistungsbereichen werden mit hoher Arbeitsintensität konfrontiert (Lohmann-Haislah, 2012). Die wörtliche englische Übersetzung des Begriffs (Work Intensity) wird in der Literatur selten verwendet (Stab et al., 2015). Im JD-R-Modell wird Arbeitsintensität häufig als Work Overload bezeichnet (Bakker et al., 2005).
Arbeitsintensität definiert sich als Beziehung zwischen Arbeitsquantität, Arbeitsqualität und Arbeitszeit bzw. -tempo. Wenn Mitarbeitende mit einer hohen Arbeitsmenge und einer Vielzahl von Terminen konfrontiert sind, die sich sogar überschneiden, resultiert dies in Zeitdruck. Dieser Zeitdruck führt wiederum zu einer Fehlbelastung (Dettmers & Krause, 2020). Zeitdruck entsteht, wenn Mitarbeitende mit hoher Geschwindigkeit arbeiten müssen, da die Zeitvorgaben knapp sind. Das Arbeitstempo kann nicht mehr an natürliche Leistungsschwankungen angepasst werden, sodass Mitarbeitende an ihren Kapazitätsgrenzen arbeiten (Oesterreich, 1999).
Neben Zeitdruck wird auch häufig Arbeitsdruck mit Arbeitsintensität in Verbindung gebracht. Dieser wird in manchen Untersuchungen als herausfordernde Anforderung (Crawford et al., 2010; LePine et al., 2005) oder als schädigende Anforderung (Bakker & Xanthopoulou, 2013) gesehen. Die Forschungsergebnisse offenbaren die unterschiedliche Wahrnehmung von Anforderungen. Manche Mitarbeitende können bestimmte Facetten der Arbeit als Möglichkeit zur Entwicklung sehen, während andere sie als Hindernis erachten (Prem et al., 2017). Während herausfordernde Arbeitsanforderungen zu positiven Arbeitsergebnissen führen können, ist jedoch immer die Gefahr zu Beanspruchung und anderen negativen Arbeitsergebnissen gegeben (Lee & Ashforth, 1996; Widmer et al., 2012).
Arbeitsintensität ist als Anforderung potenziell gesundheitsgefährdend. Es wird ein Zusammenhang mit negativen Aspekten mentaler Gesundheit angenommen, z. B. Ermüdung, emotionale Erschöpfung, Depressionen oder Angst. Diese Befunde zeigen sich konsistent sowohl über Längs- als auch über Querschnittsstudien (Stab et al., 2017). Hervorzuheben ist, dass Maslach (2006) Arbeitsüberlastung (Work Overload) als beste Prognose für emotionale Erschöpfung bezeichnet. Sie hebt hervor, dass Mitarbeitende, die Arbeitsüberlastung erfahren, häufig ein Ungleichgewicht zwischen ihrer Arbeit und ihrer Freizeit empfinden, da sie gegebenenfalls ihre Arbeit während ihrer Zeit mit der Familie oder im Urlaub erledigen müssen. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2015 bestätigt die Zusammenhänge zwischen hoher Arbeitsintensität und psychischen Erkrankungen (Rau & Buyken, 2015).
2.3.1.2 Unterbrechungen
Unterbrechungen und Ablenkungen finden sich vielfach in modernen Arbeitsplätzen wieder und steuern die Aufmerksamkeit und die Handlungen von Mitarbeitenden am Arbeitsplatz (Jett & George, 2003). Sie sind somit eine häufig vorkommende Arbeitsanforderung, die problematisch wird, wenn eine hohe Anzahl an Störungen und Unterbrechungen auftritt, oder Mitarbeitende zwischen Aufgaben wechseln müssen. Dies führt zu Problemen bei der Rückkehr zur eigentlichen Aufgabe, da Mitarbeitende die vorherige Aufgabe neu beginnen müssen und bisherige Ergebnisse verloren gehen könnten (Dettmers & Krause, 2020).
Jett und George (2003) unterscheiden zwischen verschiedenen Arten von Unterbrechungen – Einmischungen, Pausen, Ablenkungen und Diskrepanzen - und argumentieren, dass Unterbrechungen obgleich ihrer potenziell negativen Auswirkungen auf die Mitarbeitenden auch vorteilhaft sein können, z. B. was den Informationsfluss oder die Stimulation bei langweiligen und routinemäßigen Aufgaben betrifft. Die negativen Aspekte von Unterbrechungen zeigen sich jedoch zunächst bei der Aufmerksamkeit. Unterbrechungen hinterlassen einen Rückstand der Aufmerksamkeit, z. B. müssen Mitarbeitende nach der Unterbrechung eher über den vorherigen Stimulus nachdenken als über den aktuellen, was wiederum die Leistung beeinträchtigen kann. Darüber hinaus führen Unterbrechungen zu einer geringeren Zufriedenheit der eigenen Leistung, zum Vergessen von Absichten und einer erhöhten Irritation (Baethge & Rigotti, 2013).
2.3.1.3 Autonomie
Hackman und Oldham (1976) definieren Autonomie als das Ausmaß an Freiheit, Unabhängigkeit und dem Ermessensgrad, welche die Beschäftigten bei der Einteilung der Tätigkeit sowie der Wahl der Ausführung und Vorgehensweise haben. Für das Konstrukt Autonomie werden verschiedene Begrifflichkeiten verwendet, z. B. Entscheidungsfreiheit (Karasek, 1979), Tätigkeitsspielraum (Richter et al., 2000) oder Handlungsspielraum (Frese & Semmer, 1991).
Breaugh (1985) zeigt drei Arten von Autonomie auf. Die Work Method Autonomy beschreibt den Grad der Wahlfreiheit, den Mitarbeitende in Bezug auf die Verfahren (Methoden) haben, die sie bei der Arbeit einsetzen. Die Work Scheduling Autonomy bezeichnet das Ausmaß, in dem die Arbeitnehmenden das Gefühl haben, dass sie die Planung, Abfolge und Zeit ihrer Arbeitstätigkeiten kontrollieren können. Die dritte Art ist die Work Criteria Autonomy, die das Ausmaß aufzeigt, in dem die Arbeitnehmenden die Möglichkeit haben, die Kriterien für die Bewertung ihrer Leistung zu ändern oder auszuwählen.
Autonomie ist ein wichtiger Bestandteil verschiedener arbeitspsychologischer Modelle und Theorien. Hier sei u. a. das Job-Characteristics-Modell erwähnt: Wenn ein Beschäftigter keine Autonomie erlebt, kann es laut dem Job-Characteristics-Modell nicht zu intrinsischer Arbeitsmotivation kommen (Hackman & Oldham, 1976). Autonomie gehört zu den vier Kerndimensionen am Arbeitsplatz: Abwechslung, Autonomie, Aufgabenidentität und Feedback. Wenn die Arbeitsplätze die Kerndimensionen erfüllen, streben die Mitarbeitenden nach einer erhöhten Bedürfnisbefriedigung, neigen zu einer hohen Motivation und Arbeitszufriedenheit, sind seltener abwesend und bekommen von ihren Führungskräften eine hohe Arbeitsqualität attestiert (Hackman & Lawler, 1971). Es konnte gezeigt werden, dass die Präsenz der vier Kerndimensionen, insbesondere Autonomie, zu positiven Auswirkungen auf die Einstellung der Mitarbeitenden führt (Fried & Ferris, 1987). Autonomie wirkt sich nicht nur direkt auf die Arbeitnehmenden aus, was sich im Wohlbefinden der Arbeitnehmenden widerspiegelt, sondern beeinflusst auch auf die Gesundheit des Unternehmens, z. B. durch die verbesserte Produktivität der Beschäftigten (Choi et al., 2008).
Auch in der Selbstbestimmungstheorie (SDT, Deci et al., 1989; Ryan & Deci, 2000) nimmt Autonomie eine zentrale Rolle ein. In der Theorie gehört Autonomie zusammen mit Kompetenz und sozialer Eingebundenheit zu den drei psychologischen Grundbedürfnissen, die für das Wohlbefinden von Individuen von Bedeutung sind. Zum Teil bestätigt das JD-R-Modell das Konzept der SDT. Bei beiden wird Autonomie als Ressource gesehen und Ressourcen führen über die Erfüllung von Bedürfnissen zu mehr Motivation. Dies resultiert wiederum in erhöhte Leistung und fördert den Einsatz über die persönliche Rolle hinaus (Bakker & Demerouti, 2007). Im JD-R-Modell ist Autonomie neben sozialer Unterstützung der wichtigste Prädiktor für die Leistung außerhalb der Rolle, und zwar durch die Beziehung zum Engagement der Mitarbeitenden (Schaufeli & Bakker, 2004). In einer Übersicht konnten Kinnunen et al. (2010) außerdem zeigen, dass besonders Autonomie und soziale Unterstützung über die Zeit zu Arbeitsengagement führen. Erklärt werden kann dies unter anderem durch die Erkenntnis, dass Autonomie das Selbstwertgefühl und die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung von Mitarbeitenden stärkt. Mitarbeitenden wird durch die Freiheit in der Zielerreichung vermittelt, einflussreich und bedeutungsvoll für das Unternehmen zu sein (Joiko et al., 2008)
2.3.1.4 Soziale Unterstützung
Soziale Unterstützung am Arbeitsplatz wird als „die tatsächliche (erhaltene Unterstützung) oder die erwartete (wahrgenommene Unterstützung) Hilfsinteraktion zwischen einem Unterstützungsgeber und einem Unterstützungsempfänger“ (Kienle et al., 2006, S. 109) definiert. Soziale Unterstützung am Arbeitsplatz betrifft die Frage, inwieweit eine Person Interesse, Freundlichkeit und Hilfe bei Arbeitskolleg*innen und bei Vorgesetzten findet (Oesterreich, 1999). Die Interaktionen mit Kolleg*innen und Vorgesetzten sind für viele Beschäftige ein bedeutsamer Bestandteil des Arbeitsalltags und können je nach Ausprägungsart eine Unterstützung darstellen und günstig auf Befinden, Leistung und Gesundheit wirken (Dormann & Zapf, 2002).
Ein soziales Netzwerk bietet die Grundlage für soziale Beziehungen am Arbeitsplatz. Soziale Netzwerke können über ihre konkreten Leistungen und/oder über die Wahrnehmung ihrer positiven Eigenschaft fördernd wirken. Dabei hat nicht jede unterstützend gemeinte Handlung aus dem Netzwerk einen positiven Effekt. Es kommt vielmehr auf die Bewertung der Handlung durch den Unterstützungsempfänger an (Pfaff, 1987). In empirischen Untersuchungen wird soziale Unterstützung häufig als Prädiktor- oder Moderatorvariable für die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden von Mitarbeitenden untersucht. Zum Beispiel konnte eine gesteigerte Arbeitszufriedenheit bei erhöhter wahrgenommener sozialer Unterstützung festgestellt werden (Adriaenssens et al., 2015). Soziale Beziehungen am Arbeitsplatz können für Beschäftige eine wichtige Ressource darstellen, um das Wohlbefinden, die psychische Gesundheit und die arbeitsbezogene Leistungsfähigkeit zu erhalten bzw. positiv zu beeinflussen (Stadler & Spieß, 2002).
Die Wirkmechanismen von sozialer Unterstützung sind vielfältig. Insbesondere Stresssituationen aktivieren das Bedürfnis nach sozialer Unterstützung (Schachter, 1959). Frese und Semmer (1991) führen aus, dass soziale Unterstützung direkt auf Mitarbeitende wirkt, in dem es die Selbstsicherheit aufrechterhalten kann, Zweifel an der eigenen Kompetenz ausräumt und Mitarbeitende positive Rückmeldungen erfahren lässt. Soziale Unterstützung verringert objektive Stressoren, indem Mitarbeitende aktive Hilfe von Kolleg*innen erfahren Sie heben darüber hinaus hervor, dass soziale Unterstützung zur Verringerung der Wahrnehmung von Stressoren führen kann. Die Wahrnehmung von Unterstützung kann dazu beitragen, dass Mitarbeitende auch in stark belastenden Situationen noch entspannt arbeiten, da Stressbedingungen weniger deutlich wahrgenommen werden, wenn soziale Unterstützung vorherrscht (Frese & Semmer, 1991).
2.3.2 Hauptprozesse im JD-R-Modell
Im weiteren Verlauf werden die beiden Hauptprozesse des JD-R-Modells näher erklärt. Im JD-R-Modell gibt es zwei unterschiedliche psychologische Prozesse, die zur Entwicklung von Beanspruchung und Motivation beitragen und sich durch unterschiedliche Wirkmechanismen kennzeichnen: Der gesundheitsschädigende und der motivationale Prozess, die auf den Arbeitsressourcen und Arbeitsanforderungen basieren (Bakker & Demerouti, 2007). Beide Prozesse sowie ihre zentralen Konzepte – Burnout und Arbeitsengagement – werden im anhängenden Kapitel näher erläutert.
Der gesundheitsschädigende Prozess resultiert aus den Arbeitsanforderungen. Die Entstehung von Stress und stressbedingten Folgen wird zum einen durch kritische Lebensereignisse und zum anderen durch hohe Belastungen erklärt (Nerdinger, 2019). Ein schlecht gestalteter Arbeitsplatz oder chronisch erhöhte Arbeitsanforderungen erschöpfen die geistigen und körperlichen Ressourcen der Mitarbeitenden. Daraus folgt ein Erschöpfungszustand sowie eine herabgesetzte Gesundheit (Demerouti et al., 2001). Mitarbeitende kompensieren, indem sie sich mehr anstrengen oder anpassen, was langfristig zur Erschöpfung der individuellen Energie führt und letztlich einen Zusammenbruch zur Folge haben kann (Bakker & Demerouti, 2007).
Diese Annahme orientiert sich an der Compensatory Control Theory von Hockey (1997), die besagt, dass die Aufrechterhaltung der Leistung unter anspruchsvollen Bedingungen mentale Anstrengungen erfordert. Zum Schutz ihrer Leistung müssen Mitarbeitende entweder zusätzliche Anstrengungen aufbringen oder sie akzeptieren eine Verringerung der Leistung. Wenn das Reaktionsmuster der erhöhten Anstrengung über eine längere Zeit aufrechterhalten werden, verringern sich die Energieressourcen der Person graduell (Schaufeli & Bakker, 2004). Je höher dabei die Aktivierung und/oder die Anstrengung ist, desto höher sind die physiologischen Kosten. Diese Kosten zeigen sich in der Kompensation, z. B. durch erhöhte Aktivierung und/oder Anstrengung, durch Anpassung der Strategie (z. B . Verengung der Aufmerksamkeit) oder durch Ermüdungsfolgen (z. B. riskante Entscheidungen). Letztlich können diese indirekten Verschlechterungen zur Erschöpfung der individuellen Energie und zu einem Zusammenbruch führen (Nerdinger, 2019). Dies zeigt sich durch das Auftreten von Burnout oder anderen gesundheitlichen Problemen (Hakanen et al., 2006). Einen ähnlichen Ansatz sieht Maslach (1981, 1997) und erläutert, dass hohe berufliche Anforderungen den Mitarbeitenden Energie rauben, was zu Burnout führt. Die Mitarbeitenden versuchen die resultierende Erschöpfung zu bewältigen und ziehen sich folglich zurück. Dies verhindert, dass Mitarbeitende ihre gewohnte Leistung erbringen können. Unterstützt wird diese These mit der Erkenntnis, dass emotionale Erschöpfung mit Arbeitsanforderungen, wie Zeitdruck und Arbeitsbelastung zusammenhängt (Lee & Ashforth, 1996).
Auf der anderen Seite des JD-R-Modells zeigen Arbeitsressourcen ein motivierendes Potenzial, was zu einem erhöhten Arbeitseinsatz, niedrigerem Zynismus und einer guten Arbeitsleistung führt (Bakker & Demerouti, 2007). Dieser Prozess wird als motivationaler Prozess bezeichnet. In diesem Prozess nimmt Arbeitsengagement als Antithese eine zentrale Position ein und zeigt somit die Entwicklung hin zu einem positiven psychologischen Zustand. Hier werden die Arbeitsressourcen über das Engagement mit organisatorischen Ergebnissen, z. B. Kündigungsabsicht verknüpft (Schaufeli & Bakker, 2004). Die Arbeitsressourcen können eine intrinsisch oder extrinsisch motivierende Rolle spielen (Bakker & Demerouti, 2007).
Die Wirkung von Arbeitsressourcen über intrinsische Motivation kann anhand der SDT-Theorie (Deci et al., 1989; Ryan & Deci, 2000) erklärt werden. Jeder soziale Kontext, der die Grundbedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und Verbundenheit befriedigt, kann das Engagement und das Wohlbefinden steigern. Jede Arbeitsressource wirkt dabei unterschiedlich. Feedback unterstützt zum Beispiel den Lernprozess der Mitarbeitenden und damit die berufliche Kompetenz, während Entscheidungsspielraum und soziale Unterstützung das Bedürfnis nach Autonomie bzw. nach Zugehörigkeit befrieden (Schaufeli & Bakker, 2004). Die extrinsische Motivation zeigt sich beispielsweise über das Anstrengungs-Erholungs-Modell (Meijman & Mulder, 1998). Laut ihrer Theorie fördern Arbeitsumgebungen, die viele Ressourcen bieten die Bereitschaft, die eigenen Anstrengungen und Fähigkeiten der Arbeitsaufgabe zu widmen. Durch diese ressourcenreiche Umgebung, z. B. durch Unterstützung von Kolleg*innen, können Arbeitsziele leichter erreicht werden, was wiederrum einen Einfluss auf die Motivation hat (Schaufeli & Bakker, 2004).
Eine weitere Erklärung des motivationalen Prozesses erfolgt anhand der COR-Theorie (Hobfoll, 1989). Die COR-Theorie besagt, dass Menschen dazu neigen ihre eigenen Ressourcen zu schützen und neu aufzubauen, was sich direkt auf die Arbeitsressourcen und das Engagement – sowie positiv auf die Arbeitsleistung – auswirkt. Wenn Personen wenig Ressourcen besitzen, z. B. Geld, Bildung oder soziale Netzwerke, können sie diese auch schneller verlieren und haben darüber hinaus weniger Möglichkeiten, sich neue Ressourcen anzueignen. Dieser Prozess wird Verlustspirale genannt. Dem gegenüber steht, dass Personen mit vielen Ressourcen weniger anfällig für den Verlust ihrer Ressourcen sind. Diese haben bessere und einfachere Möglichkeiten sich neue Ressourcen anzueignen, sodass eine Gewinnspirale entstehen kann (Hobfoll et al., 2003, 2018). Übereinstimmend mit den Theorien zur Erklärung der Ressourcen auf die Motivation von Mitarbeitenden zeigt sich, dass das Vorhandensein von Arbeitsressourcen zu Arbeitsengagement führt, während ihr Fehlen eine zynische Einstellung zu Arbeit hervorruft (Bakker & Demerouti, 2007). Darüber hinaus zeigt sich ein positiver Zusammenhang zwischen Arbeitsengagement und Arbeitsleistung von Angestellten (Schaufeli & Bakker, 2004).
Die beiden zentralen Konzepte, Burnout als Folge des gesundheitsschädigenden Prozesses und Arbeitsengagement als zentrales Konstrukt des motivationalen Prozesses werden im Folgenden theoretisch beleuchtet sowie in die aktuelle Studienlage eingeordnet.
2.3.2.1 Burnout
Im vorliegenden Abschnitt wird das Konstrukt Burnout erklärt, dessen Entstehung aus zwei Perspektiven erläutert und die aktuelle Studienlage vorgestellt. Burnout wird als zentrales Konzept des gesundheitsschädigenden Prozesses im JD-R-Modell gesehen, da das Modell ursprünglich entwickelt wurde, um Burnout zu erklären (Demerouti et al., 2001). Das Konstrukt gibt es jedoch bereits seit einigen Jahrzehnten und es hat in den letzten Jahren an Bedeutung für die heutige Arbeitswelt gewonnen.
Der Begriff Burnout wurde in den 1970er Jahren von Freudenberger (1974) geprägt, der Burnout als einen Zustand geistiger und körperlicher Erschöpfung, der durch das Berufsleben verursacht wird, beschreibt. Heute wird Burnout als arbeitsbezogenes und chronisches Stresssyndrom konzeptualisiert (Maslach et al., 2001). Die meistgenutzte Begriffsdefinition stammt von Jackson und Maslach (1984) und kennzeichnet Burnout als „a syndrome of emotional exhaustion, depersonalization, and reduced personal accomplishment (…)“ (S.1). Die drei Komponenten von Burnout sind demnach (1) emotionale Erschöpfung, (2) Depersonalisierung und (3) reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit (Jackson & Maslach, 1984).
Emotionale Erschöpfung entsteht nach Jackson und Maslach (1984) durch arbeitsbezogenen Kontakt mit Menschen, der dazu führt, dass Mitarbeitende emotional überanstrengt und ausgelaugt sind. Das resultiert in einer Erschöpfung der Energieressourcen und chronische Müdigkeit (Maslach & Leiter, 2008). Der Aspekt der Depersonalisierung bezeichnet das Gefühl, das abgestumpfte und zynische Reaktionen hervorruft. Dieser wurde später als Zynismus-Aspekt gekennzeichnet (Nerdinger, 2019). Zynismus bedeutet, dass Mitarbeitende sich von der Arbeit distanzieren und eine negative Einstellung gegenüber den Menschen entwickeln, mit denen sie zusammenarbeiten (Maslach & Leiter, 2008). Die dritte Komponente ist die reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit, die sich dadurch äußert, dass Personen wahrnehmen, dass ihre persönliche Kompetenz abnimmt und dadurch, dass sie einen Mangel an erfolgreicher Ausführung der eigenen Arbeitstätigkeiten zeigen. Die eigene Arbeit wird negativ bewertet und Mitarbeitende entwickeln ein schwaches berufliches Selbstbild (Jackson & Maslach, 1984).
Der Fokus von Burnout lag lange auf Berufen im Bereich der Humandienstleistungen, jedoch ist Burnout auch in anderen Bereichen zu finden (Burisch, 2006). Forschende haben die ersten Konzeptualisierungen von Burnout angepasst, um sie auf Beschäftigte verschiedener Berufe und Branchen anwendbar zu machen (Bakker et al., 2014; Schaufeli et al., 2020). Beispielhaft sind hier Demerouti et al. (2001) zu nennen, die zeigten, dass Burnout außerhalb der menschlichen Dienstleistungen auftreten kann, z. B. hier im Rahmen von Beförderungsunternehmen und verarbeitendem Gewerbe. Schaufeli et al. (2019) haben die Einschränkungen des Konstrukts ebenfalls analysiert und einen neuen Fragebogen entwickelt, der sich nicht auf Berufe der Humandienstleistungen konzentriert, sondern auf die allgemeine Gesellschaft. Sie beschreiben, dass Burnout anhand von Kernsymptomen (Erschöpfung, mentale Distanz, emotionale Beeinträchtigung und kognitive Beeinträchtigung) und sekundären Symptomen (psychische Belastung und psychosomatische Beschwerden) bewertet werden kann, die mit einer depressiven Stimmung und anderen Erkrankungen einhergehen können (Schaufeli et al., 2020).
Burnout zeichnet sich als „dauerhafter psychologischer Zustand des Unwohlseins“ (Bakker & de Vries, 2021, S. 3), der spiegelt, dass Beschäftigte sich nicht mehr für ihre Arbeit einsetzen können. Der Prozess, der zu einem Burnout führt, ist jedoch schleichend und komplex (Maslach & Leiter, 2008). Eine Metaanalyse konnte zeigen, dass die Anforderungen am Arbeitsplatzplatz von höherer Relevanz für die Entstehung von Burnout waren, als die (fehlenden) Arbeitsressourcen (Lee & Ashforth, 1996). Die wichtigsten Arbeitsanforderungen waren laut der Studie von Lee und Rashforth (1996) Rollenambiguität, Rollenkonflikte, Rollenstress, stressige Ereignisse, Arbeitsbelastung und Arbeitsdruck. Ein weiterer Einflussfaktor für die Entstehung von Burnout sind Persönlichkeitsfaktoren. Eine Untersuchung konnte zeigen, dass vier der Big-Five-Faktoren - emotionale Stabilität, Extraversion, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit - durchweg negativ mit jeder der drei Dimensionen von Burnout verbunden sind (Alarcon et al., 2009). Das JD-R-Modell sieht Burnout jedoch vorrangig als Ergebnis hoher beruflicher Anforderungen und dem Fehlen von Arbeitsressourcen (Bakker & de Vries, 2021; Demerouti et al., 2001).
Die Studienlage zu den Auswirkungen von Burnout auf die psychische und physische Gesundheit ist umfassend, sodass von einer Flut an Forschungsarbeiten (Halbesleben & Buckley, 2004) berichtet wird. Einige Erkenntnisse treten jedoch gehäuft auf, sodass diese hier explizit aufgeführt werden sollen. Zum einen kann Burnout mit psychologischen Folgen und psychischen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden, z. B. arbeitsbedingte Ängste und Depressionen (Leone et al., 2008). Hakanen und Schaufeli (2012) konnten beweisen, dass Burnout depressive Symptome und Lebensunzufriedenheit vorhersagt. Des Weiteren kann Burnout zu körperlichen Folgen führen, z. B. ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und eine erhöhte Gesamtmortalität (Ahola, 2007; Ahola et al., 2010). Aber nicht nur die schwerwiegenden Folgen von Burnout stellen ein Risiko dar. Bereits leichte Burnout-Beschwerden besitzen das Risiko sich zu chronifizieren und zu einem schweren, langanhaltendem Burnout zu werden, dass wiederum mit langen Krankheitsausfällen einhergeht (Schaufeli et al., 2009). Es ist daher nicht zu unterschätzen, dass Burnout und insbesondere der Faktor Erschöpfung positiv mit den Fehlzeiten der Mitarbeitenden und negativ mit der Arbeitsleistung zusammenhängt (Taris, 2006; Toppinen-Tanner et al., 2005).
Zusammengefasst zeigt sich, dass Burnout den Effekt von hohen Arbeitsanforderungen auf die Gesundheit von Mitarbeitenden im gesundheitsschädigenden Prozess vermittelt. Hierbei nimmt das Konstrukt Burnout eine Schlüsselposition ein, da ein Burnout wiederum zu weiteren Gesundheitsbeschwerden führen kann (Bakker et al., 2003; Hakanen et al., 2006). Wie jedoch Arbeitsengagement konzeptualisiert wird, die Antipode von Burnout, wird im nächsten Kapitel näher erläutert.
2.3.2.2 Arbeitsengagement
Arbeitsengagement basiert auf den Ressourcen am Arbeitsplatz und ist das Ergebnis des motivationalen Prozesses im JD-R-Modell. Somit nimmt das Konstrukt ebenfalls eine Kernposition im JD-R-Modell ein. Im Folgenden soll Arbeitsengagement definiert und von anderen Konzepten, wie z. B. Flow abgegrenzt werden. Abschließend folgt eine Einordnung in die aktuelle Forschungslage.
Arbeitsengagement wird als „a positive, fulfilling, work-related state of mind that is characterized by vigor, dedication, and absorption” (Schaufeli et al., 2002, S. 74) definiert. Arbeitsengagement ist nicht vorübergehend und spezifisch, sondern bezieht sich auf einen allgegenwärtigen Zustand, der nicht auf ein bestimmtes Objekt, Ereignis, Person oder Verhalten ausgerichtet ist (Schaufeli & Bakker, 2004). Das Konstrukt identifiziert sich durch einen positiven, motivationalen Gefühlszustand bei der Bewältigung von arbeitsbezogenen Zielen (Sautier et al., 2015). Bakker et al. (2014) sehen Arbeitsengagement als ein unabhängiges, eigenständiges Konzept, das negativ mit Burnout zusammenhängt. So ist das Engagement durch ein hohes Energielevel und eine starke Identifikation mit der Arbeit gekennzeichnet, wohingegen Burnout durch das Gegenteil charakterisiert wird: ein niedriges Energielevel und eine geringe Identifikation mit der eigenen Arbeit (Demerouti & Cropanzano, 2010).
Wie die Definition besagt, besteht Arbeitsengagement aus den folgenden drei Komponenten: vigor (Vitalität), dedication (Hingabe) und absorption (Aufgehen in der Arbeit). Vitalität zeichnet sich durch ein hohes Maß an Energie und geistiger Belastbarkeit bei der Arbeit und die Bereitschaft zur Anstrengung sowie Ausdauer – auch bei Schwierigkeiten – aus. Hingabe kennzeichnet sich durch ein Gefühl von Bedeutung, Begeisterung, Inspiration, Stolz und Engagement. Die letzte Dimension des Engagements, die Absorption, ist dadurch charakterisiert, dass Mitarbeitende konzentriert und in ihre Arbeit vertieft sind, wodurch sie die Zeit vergessen und Schwierigkeiten haben, sich von der Arbeit zu lösen (Schaufeli et al., 2002). Vitalität wird als Gegenpol zur Erschöpfung gesehen und Hingabe als das Gegenteil von Depersonalisierung, Zynismus oder Distanzierung von der Arbeit. Absorption hat sich aus 30 Tiefeninterviews als Bestandteil von Arbeitsengagement ergeben (Schaufeli et al., 2003) und ist insbesondere vom Konzept Flow (Mirvis & Csikszentmihalyi, 1991) abzugrenzen. Flow ist ein komplexes Konzept, welches sich auf besondere, kurzfristige Erlebnisse bezieht, während Absorption als Teil von Arbeitsengagement einen allgegenwärtigen und anhaltenden Geisteszustand umfasst (Schaufeli et al., 2002).
Auf der einen Seite des JD-R-Modells sind Arbeitsanforderungen die wichtigsten Prädiktoren für Burnout, wohingegen auf der anderen Seite Arbeitsressourcen die wichtigsten Prädiktoren für Arbeitsengagement sind (Halbesleben, 2010; Schaufeli & Bakker, 2004). Zu den Arbeitsressourcen, die das Arbeitsengagement vorhersagen, gehören Aufgabenvielfalt, Bedeutung der Aufgabe, Autonomie, Feedback, soziale Unterstützung, eine gute Beziehung zum Vorgesetzten und transformationale Führung (Christian et al., 2011). Insbesondere für die zwei Arbeitsressourcen Autonomie und soziale Unterstützung fanden die Autor*innen Beweise für einen positiven verzögerten Effekt und für tägliche Effekte innerhalb der Person auf das persönliche Engagement bei der Arbeit. Neben Arbeitsressourcen spielen jedoch auch Persönlichkeitsfaktoren bei der Entstehung von Engagement eine bedeutsame Rolle, da Personen mit einem bestimmten Persönlichkeitsprofil möglicherweise ihre Arbeitsressourcen besser mobilisieren können, als Personen mit einem anderen Profil (Bakker et al., 2014). Hier zeigen sich insbesondere Zusammenhänge zwischen Arbeitsengagement und den drei Persönlichkeitsfaktoren emotionale Stabilität, Extraversion und Gewissenhaftigkeit, die durchweg mit höherem Arbeitsengagement verbunden waren (Mäkikangas et al., 2013). Aber auch persönliche Ressourcen, wie z. B. Selbstwirksamkeit, Optimismus und Selbstwertgefühl stehen in positivem Zusammenhang mit Arbeitsengagement (Xanthopoulou et al., 2007, 2009).
Die Ergebnisse der Forschung zeigen, dass engagierte Mitarbeitende mehr aktive, positive Emotionen erleben als nicht engagierte Mitarbeitende (Bakker et al., 2014). Arbeitsengagement hängt unter anderem positiv mit Kreativität (Bakker & Xanthopoulou, 2013), persönliche Initiative (Sonnentag, 2003), Performance (Halbesleben, 2010) und Organisational Citizenship Behavior (Schaufeli & Bakker, 2004) zusammen. Darüber hinaus zeigt sich, dass Engagement am Arbeitsplatz ein wichtiger Prädiktor für den Erfolg des Unternehmens sein kann. Xanthopoulou et al. (2009) fanden in ihrer Studie eine positive Beziehung zwischen dem täglichen Arbeitsengagement und den täglichen Finanzerträgen, die die Mitarbeitenden erreichten. Zusammenfassend zeigt sich, dass Arbeitsengagement als erstrebenswerter Zustand für Mitarbeitende und Unternehmen angesehen werden sollte.
2.4 Erweiterungen des JD-R-Modells
Neben den Hauptprozessen gibt es auch Interaktionsprozesse, die die Wirkung zwischen Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen auf die Konstrukte Burnout und Arbeitsengagement beschreiben. In Kapitel 2.4.1 wird zunächst die Puffer-Hypothese beschrieben, die von einer Interaktion zwischen Arbeitsressourcen und Arbeitsanforderungen ausgeht, die sich auf Burnout auswirkt. Weiterhin wird die Coping-Hypothese vorgestellt, die davon ausgeht, dass die Ressourcen und Arbeitsanforderungen interagieren und dass die Ressourcen stärker auf Arbeitsengagement wirken, wenn die Anforderungen für Mitarbeitende hoch sind. In 2.4.2. wird die Erweiterung um persönliche Ressourcen im JD-R-Modell vorgestellt, auf Basis dessen die Integration von Achtsamkeit in das Modell erfolgen wird.
2.4.1 Puffer- und Coping-Hypothese
Zusätzlich zu den Haupteffekten von Arbeitsanforderungen und Ressourcen zeigt das JD-R-Modell, dass Interaktionen zwischen Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen ebenfalls wichtig für die Entwicklung von Beanspruchung und Motivation sind. Zum einen interagieren Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen in dem Sinne, dass Arbeitsressourcen die Wirkung von Arbeitsanforderungen auf arbeitsbezogene Fehlbelastungen mildern können. Diese Annahme besagt, dass mehrere verschiedene Ressourcen als Puffer fungieren und in der Vorhersage der Beanspruchung zusammenwirken können. Dieser Prozess wird auch als Puffer-Hypothese bezeichnet (Bakker et al., 2003; Schaufeli & Bakker, 2004).
Welche Arbeitsanforderungen und Ressourcen in der Organisation wichtig sind, hängt von den spezifischen Merkmalen der Situation ab (Bakker & Demerouti, 2007). Arbeitsressourcen haben dementsprechend nicht nur das Potenzial Arbeitsengagement zu fördern, sondern können auch die emotionale Erschöpfung reduzieren (Schulte et al., 2021). Bakker et al. (2005) konnten im Rahmen einer Studie zeigen, dass die Kombination aus hohen Anforderungen und geringeren Arbeitsressourcen die Vorhersage von Burnout (Erschöpfung und Zynismus) erheblich verstärkt. Des Weiteren wurde gezeigt, dass Arbeitsüberlastung, emotionale Anforderungen, körperliche Anforderungen und Herausforderungen zwischen Arbeit und Privatleben nicht zu einem hohen Maß an Burnout führen, wenn Mitarbeitende Autonomie, Feedback oder soziale Unterstützung erfahren oder eine gute Beziehung zu ihrem Vorgesetzten haben, was die Puffer-Hypothese bestätigt.
Ein neuerer Prozess im JD-R-Modell ist die sogenannte Coping-Hypothese, die besagt, dass Arbeitsressourcen die Motivation und das Arbeitsengagement stärker beeinflussen, wenn die Arbeitsanforderungen hoch sind (Bakker et al., 2010; Bakker & Demerouti, 2007). Auch diese Annahme kann auf die COR-Theorie zurückgeführt werden. Hobfoll (2003) argumentiert, dass der Ressourcengewinn erst dann eine höhere Bedeutung erlangt, wenn er im Zusammenhang mit dem Ressourcenverlust steht. Das bedeutet wiederum für Mitarbeitende, dass Arbeitsressourcen ihr Motivationspotenzial stärker entfalten, wenn sie mit hohen Arbeitsanforderungen konfrontiert sind (Bakker & Demerouti, 2007).
2.4.2 Persönliche Ressourcen im JD-R-Modell
Eine bislang offene Frage betrifft die Rolle von persönlichen Ressourcen im JD-R-Modell. Erste Studien zur Weiterentwicklung des Modells gehen davon aus, dass persönliche Ressourcen als Merkmale der Person im Gegensatz zu Merkmalen des Arbeitsplatzes eine wichtige Rolle im JD-R-Modell spielen, da sie zusammen mit den Arbeitsanforderungen und den Arbeitsressourcen zur Erklärung von Erschöpfung und Arbeitsengagement beitragen können (Barbier et al., 2013; Schaufeli & Taris, 2014; Xanthopoulou et al., 2007, 2012). Persönliche Ressourcen werden als „the psychological characteristics or aspects of the self that are generally associated with resiliency and that refer to the ability to control and impact one’s environment successfully” definiert (Schaufeli & Taris, 2014, S. 49).
Dass persönliche Ressourcen den Umgang mit Stresssituationen erleichtern, zeigt sich schon seit über 20 Jahren (Hobfoll, 1989; Lee & Ashforth, 1996). Nicht nur der Arbeitskontext gibt Mitarbeitenden stressreduzierende Ressourcen, sondern jede Person verfügt über Merkmale und Eigenschaften, die den Umgang mit Stresssituationen erleichtern (Nerdinger, 2019). Dies wird auch durch die COR-Theorie unterstützt, die persönliche Ressourcen als Hilfsmittel sieht, um schwierige Situationen zu meistern (Hobfoll et al., 2003). Jedoch sind persönliche Ressourcen nicht nur im Umgang mit Stress von Bedeutung, sondern spielen auch eine Rolle bei der Erhöhung des Wohlbefindens. Persönliche Ressourcen sind, ähnlich wie Arbeitsressourcen, essenziell für die Erreichung von Arbeitszielen und fördern das persönliche Wachstum und die Entwicklung (Schaufeli & Taris, 2014).
Persönliche Ressourcen bieten die Möglichkeit Arbeitsressourcen zu nutzen, um Rückschläge bei der Arbeit positiv zu bewältigen, indem sie das Selbstkonzept schützen (Barbier et al., 2013; Kotzé, 2018; Xanthopoulou et al., 2012). Beispielhafte persönliche Ressourcen, die mit Resilienz in Verbindung stehen und bisher untersucht wurden sind z. B. Optimismus, Selbstwirksamkeit und Selbstvertrauen (Xanthopoulou et al., 2007). Diese Konstrukte werden als psychologisches Kapital (PsyCap) bezeichnet und zeichnen sich als positiven psychologischen Entwicklungszustand aus (Luthans et al., 2007; Luthans & Youssef-Morgan, 2017). Darüber hinaus gibt es jedoch noch weitere stabile Persönlichkeitseigenschaften und Fähigkeiten, die einen effizienten Bewältigungsstil ermöglichen, z. B. emotionale Intelligenz und Optimismus (Bakker & de Vries, 2021).
Wie die persönlichen Ressourcen im JD-R-Modell einzuordnen sind, ist noch nicht eindeutig geklärt. Schaufeli und Taris (2014) diskutieren fünf Möglichkeiten basierend auf dem bisherigen Forschungsstand (S. 49ff):
1. Direkter Einfluss auf das Wohlbefinden
2. Persönliche Ressourcen moderieren die Beziehung zwischen Arbeitsplatzmerkmalen und Wohlbefinden
3. Persönliche Ressourcen mediieren die Beziehung zwischen Arbeitsplatzmerkmalen und Wohlbefinden
4. Persönliche Ressourcen beeinflussen die Wahrnehmung von Arbeitsplatzmerkmalen
5. Persönliche Ressourcen fungieren als dritte Variable
Zusammenfassend kann angenommen werden, dass persönliche Ressourcen eine wichtige Position im JD-R-Modell einnehmen und einen Einfluss auf die Entwicklung von Motivation sowie die Reduktion von Stress und Stressfolgen haben. Wie genau diese Rolle aussieht konnte noch nicht final bestätigt werden. Schaufeli und Taris (2014) argumentieren, dass die Ergebnisse bei verschiedenen Arten und Kombinationen von persönlichen Ressourcen, Arbeitsanforderungen, Arbeitsressourcen und Ergebnissen variieren. Eine potenzielle persönliche Ressource, die im Rahmen der Forschung bisher nicht ausreichend untersucht wurde, ist Achtsamkeit. Im folgenden Kapitel soll die theoretische Grundlage erörtert werden, die Achtsamkeit als persönliche Ressource klassifiziert.
[...]
- Citation du texte
- Maike Dreihus (Auteur), 2022, Wie wirkt sich Achtsamkeit als persönliche Ressource auf Burnout und Arbeitsengagement aus?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1283015
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