Gegenstand der vorliegenden Einsendeaufgabe ist die Operationalisierung des Konstrukts Motivationale Grundhaltung von Steuerzahlern und die Konzeption eines vollständigen qualitativen Interviewleitfadens zur Themenstellung. Das nachstehende Modell zur Messung der motivationalen Grundhaltungen bildet verschiedene Grundpositionen zum Steuerzahlen ab und wurde von Braithwaite 2003 entwickelt. Das Modell unterscheidet fünf motivationale Grundhaltungen: Commitment, Capitulation, Resistance, Disengagement & Game Playing.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Qualitativer Interviewleitfaden zum Konstrukt Motivationale Grundhaltungen von Steuerzahlern
1.1 Das Qualitative Leitfadeninterview
1.2 Operationalisierung des Konstrukts
1.3 Konzeption des Interviewleitfadens
1.4 Durchführung des Interviews
2. Transkription qualitativer Interviews
2.1 Definition
2.2 Typische Transkriptionsregeln
3. Qualitative Inhaltsanalyse
3.1 Definition und Einsatzmöglichkeiten
3.2 Ablauf einer inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse
3.3 Ablauf einer evaluativen qualitativen Inhaltsanalyse
3.4 Unterschiede beider Analysemethoden
Anhang
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
beispielsweise
beziehungsweise
das heißt
Gesprächsanalytische T ranskriptionssystem
Herausgeber(in/nen)
Tabelle
zum Beispiel
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Ablaufschema der inhaltlich strukturierten qualitativen Inhaltsanalyse
Abb. 2: Ablaufschema der evaluativen qualitativen Inhaltsanalyse
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Fünf Motivationale Grundhaltungen von Steuerzahlern
Tab. 2: SPSS Methode nach Helfferich (2011)
Tab. 3: Beispiel inhaltlich-semantisches Transkript und GAT-Transkript
Tab. 4: Transkriptionsregeln nach Kuckartz (2016)
Tab. 5: Auswertungsformen der inhaltlich strukturierten Inhaltsanalyse
Tab. 6: Auswertungsformen der evaluativen qualitativen Inhaltsanalyse
1. Qualitativer Interviewleitfaden zum Konstrukt Motivationale Grundhaltungen von Steuerzahlern
1.1 Das Qualitative Leitfadeninterview
Das Interview ist eine zielgerichtete mündliche Befragungsform und dient der Informationssammlung über das Verhalten und Erleben der befragten Person. Qualitative Interviews sind halb- bzw. nicht-standardisiert und arbeiten mit offenen Fragen, so dass sich die Befragten mündlich in eigenen Worten äußern können. Zudem wird der Gesprächsverlauf weniger von den Interviewenden und ihren Fragen vorstrukturiert, sondern stärker von den Befragten mitgestaltet. Auf diese Weise sollen die individuellen Sichtweisen der Befragten nicht nur oberflächlich, sondern detailliert und vertieft erschlossen werden (Döring & Bortz, 2016, S. 372). Die Daten werden auf verschiedenen Sinn-Ebenen erfasst, sodass Widersprüche und Ambivalenzen im Bewusstsein der Befragten erfasst werden können. Die Aufgabe qualitativer Interviews ist es vor allem, im Vorfeld der Forschung zunächst Hypothesen über einen Forschungsgegenstand zu generieren (Hohl, 2000, S. 143-144). Leitfadeninterviews gehören zu den halbstandardisierten qualitativen Interviewformen und werden anhand eines vorab formulierten Leitfadens durchgeführt. Sie sind insofern halbstrukturiert, als dass der Leitfaden grob vorgibt, welche Fragen die Interviewenden den Befragten in welcher Reihenfolge stellen. Im Unterschied zum vollstrukturierten Interview, bei dem sämtliche Fragen, deren Reihenfolge sowie die Antwortmöglichkeiten exakt vorgegeben sind, bestehen beim Leitfadeninterview mehr Freiheitsgrade: Die Interviewenden dürfen spontan vom Leitfaden abweichen, um Vertiefungs- und Zusatzfragen zu stellen, die sich aus dem Gesprächsverlauf ergeben. Auch dürfen sie die Fragen im Wortlaut dem Gegenüber anpassen (Döring & Bortz, 2016, S. 372). Auf diese Weise kann der Interviewer auf spezifische Situationen eingehen und heikle Fragen, die auf Widerstand stoßen, offenlassen und zu einem späteren Zeitpunkt auf diese zurückkommen. Dies bietet den Vorteil, sensibel auf Stimmungen des Befragten eingehen zu können (Reinhardt, Ornau & Tennert, 2020, S. 13). Das Leitfadeninterview kann als ein Oberbegriff verstanden werden, unter dem verschiedene Interviewtechniken subsumiert werden können, darunter bspw. das Problemzentrierte Interview, das Themenzentrierte Interview, das Fokussierte Interview oder das Tiefeninterview (Miosch, 2015, S. 65). Der Ablauf eines Leitfadeninterviews erfolgt in der Regel in zehn Schritten (Döring & Bortz, 2016, S. 365):
1. Inhaltliche Vorbereitung
2. Organisatorische Vorbereitung
3. Gesprächsbeginn
4. Durchführung und Aufzeichnung des Interviews
5. Gesprächsende
6. Verabschiedung
7. Gesprächsnotizen
8. Transkription
9. Analyse der Transkripte
10. Archivierung des Materials
1.2 Operationalisierung des Konstrukts
Für das Konstrukt „Motivationale Grundhaltungen von Steuerzahlern“ soll ein Interviewleitfaden erstellt werden. Um aus diesem Konstrukt Fragen bzw. Items erstellen zu können, muss es operationalisiert werden. Dafür ist es notwendig, den Begriff zunächst zu definieren und einzugrenzen. Als Grundlage wird dafür das Modell der Fünf Motivationalen Grundhaltungen von Steuerzahlern nach Braithwaite (2003) herangezogen. Die einzelnen Definitionen der Dimensionen, sowie beispielhafte Indikatoren sind in Tab. 1 abgebildet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1: Fünf Motivationale Grundhaltungen von Steuerzahlern
(Quelle: Braithwaite, 2003, S. 15-39; Mühlbacher, 2018, S. 7-22)
Auf Grundlage der Operationalisierung des Konstrukts kann nun die Zielgruppe, also die Auswahl der Befragungspersonen und die Wahl der Interviewtechnik bestimmt werden. Die Stichprobe soll aus Steuerzahlern verschiedenen Alters, Berufsgruppen und Bildungsniveaus in Deutschland bestehen. Wichtig ist, dass ausschließlich auskunftswillige Personen rekrutiert werden. Da Motivationale Grundhaltungen vom Individuum oft nur geringfügig verbal benannt und erkannt werden kann soll das Interview als Tiefeninterview konzipiert werden. Tiefeninterviews zielen stärker auf die Ermittlung latenter, d.h. unbewusster und nicht direkt beobachtbarer Sinnstrukturen ab, als andere Formen des qualitativen Interviews (Hohl, 2000, S. 144). Verborgene und schwer erfassbare Gedanken- und Argumentationsketten, mit denen die befragte Person ihre Entscheidungen begründet, können damit erfasst werden (Gerth, 2015). Dabei wird mit verschiedenen Befragungstechniken gearbeitet, um die befragte Person zum Erzählen anzuregen und Emotionales für die Analyse zugänglich zu machen (Mey & Mruck 2020, S. 317).
1.3 Konzeption des Interviewleitfadens
Bei qualitativen Interviews ist das zentrale Element der Interviewleitfaden. Dieser liegt dem Interviewer als Liste offener Fragen vor und fugiert als roter Faden der Erhebung. Er gibt eine thematische Rahmung und Fokussierung für das Interview vor und enthält eine Auflistung aller relevanten Themenkomplexe, die im Interview angesprochen werden müssen. Somit erfüllt er eine Steuerungs- und Strukturfunktion. Durch ihn kann eine bessere Vergleichbarkeit der Daten und eine Strukturierung des gesamten Kommunikationsprozesses gewährleistet werden (Miosch, 2015, S. 65-66). Zudem wird verhindert, dass einzelne Themenbereiche bei der Durchführung des Interviews nicht angesprochen werden. Üblicherweise umfasst ein Interviewleitfaden 1-2 Seiten mit 8-15 ausformulierten Fragen (Gläser & Laudel, 2010). Zur Erstellung des Leitfadens schlägt Helfferich (2011) die SPSS-Methode vor. Die vier Buchstaben stehen für die jeweiligen Arbeitsschritte „Sammeln“, „Prüfen“, „Sortieren“ und „Subsumieren“. Tab. 2 zeigt den Erstellprozess und bildet die jeweiligen Arbeitsschritte ab.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 2: SPSS Methode nach Helfferich (2011)
(Quelle: Kruse, 2015; Helfferich, 2011)
Der Leitfaden sollte den drei Grundprinzipen Offenheit, Prozesshaftigkeit und Kommunikation folgen (Miosch, 2015, S. 67): Das Prinzip der Offenheit besagt, dass keine vorab festgelegten Hypothesen geprüft werden sollten, sondern das Ziel darin liegt, subjektive Erlebnisse, Handlungen und Einstellungen und deren Bedeutung für das Individuum zu analysieren. Das Prinzip der Prozesshaftigkeit besagt, dass Bedeutungen nicht statistisch aufzufassen sind, sondern prozesshaft verstanden werden sollten, weil diese erst in sozialen Interaktionen ausgehandelt werden. Im Interview muss daher versucht werden, dieses Prozesshafte aufzudecken und zu klären. Das Prinzip der Kommunikation zielt darauf ab, dass Informationen aus qualitativen Interviews mittels Kommunikation gewonnen werden. Bei der Formulierung der Fragen sollten daher folgende Kriterien erfüllt sein (Miosch, 2015, S. 67; Renner & Jacob, 2020, S. 47):
- Verständlichkeit: Fragen sollten so formuliert werden, dass sie vom Befragten richtig verstanden werden, nur so sind valide Antworten möglich.
- Einfachheit und Kürze: Fragen sollten einfach, kurz und unkompliziert formuliert sein. Fremdwörter und Fachtermini sollten möglichst vermieden werden.
- Sprachniveau: Der Interviewer sollte sich möglichst an das Sprachniveau des Befragten anpassen.
- Eindeutigkeit: Fragen sollten sich auf einen einzigen Aspekt beziehen. Fragen, in denen mehrere Aspekte gleichzeitig angesprochen werden, können zur Verwirrung führen.
- Neutralität: Suggessivfragen sollten vermieden werden, um keine bestimmte Antwortrichtung vorzugeben und eine Beeinflussung der Antworten zu vermeiden.
- Nähe zu alltäglichen Sprachregeln: Bei der Durchführung des Interviews sollte sich möglichst an den Verlauf eines Alltagsgesprächs angenähert werden. Dies bedingt eine offene und flexible Handhabung des Leitfadens und das Vermeiden, den Leitfaden lediglich starr abzuarbeiten.
1.4 Durchführung des Interviews
Das Interview läuft in vier Phasen ab. Diese orientieren sich an der Struktur des Leitfadens (Miosch, 2015, S. 68-69):
1. Informationsphase: Der Befragte wird über das Thema und die Zielsetzung des Interviews sowie über die vertrauliche Behandlung der Daten informiert. Es wird vorab auch die Einverständniserklärung unterzeichnet, ohne die kein Interview durchgeführt werden sollte.
2. Aufwärm- und Einstiegsphase: Ziel dieser Phase ist es, dem Befragten den Einstieg in die Interviewsituation und in das Forschungsthema zu erleichtern. Hier werden möglichst breite und offene Fragen gestellt, sodass der Befragte in den Redefluss kommt und die anfängliche Scheu vor der ungewohnten Kommunikationssituation des Interviews überwindet. Es ist von Anfang an für eine angenehme, offene und vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre zu sorgen.
3. Hauptphase: Hier werden die relevanten Themen im kommunikativen Austausch mit dem Interviewten erörtert. Der Interviewleitfaden gibt die Struktur des Interviews vor. Die Fragen können sich entweder deduktiv, d.h. aus dem Vorwissen heraus entwickeln, aber auch induktiv sein, sodass sie aus neuen Informationen aus dem Interview abgeleitet werden.
4. Ausklang- und Abschlussphase: Das Interview wird beendet. Hier wird einmal innegehalten und reflektiert. Bislang unerwähnte, aber für die Themenstellung relevante Informationen werden erfragt. Der Abschluss hat die Funktion, den Befragten wieder aus der Befragungssituation herauszuführen und somit das Ende der Interviewdurchführung anzuzeigen.
Vom Interviewer sind aktives Zuhören, soziale Kompetenzen sowie Kommunikationskompetenzen gefragt. Die Hauptaufgabe des Interviewers ist die Steuerung des Gesprächsablaufs, d.h. eigene Reaktionen und auch das nonverbale Verhalten der Befragten sollten aufmerksam verfolgt werden. Zudem ist der Interviewer gefordert, aus dem Gespräch heraus weiterführende und vertiefende Fragen zu formulieren und dafür zu sorgen, dass die befragte Person beim Thema bleibt (Döring & Bortz, 2016, S. 366). Interviewer sollten zudem Interesse am Menschen und an der untersuchten Fragestellung haben, psychisch belastbar und anpassungsfähig sein, die Fähigkeit zur Kontrolle des eigenen verbalen und nonverbalen Verhaltens besitzen, eine Selbstkritische Haltung haben und reflexions- fähig sein. Um Störeffekte zu vermeiden, empfiehlt sich zudem im Vorfeld ein Interviewtraining zu absolvieren. Störeffekte sind Einflüsse, die mit der Person des Interviewers oder deren Interaktion Zusammenhängen, die zu unterschiedlichen Antworten der Befragten führen und die validen Antworten beeinträchtigen bzw. überlagern. Im Interviewtraining lernen Interviewer nicht nur mögliche Störeffekte kennen, sondern auch den Interviewleitfaden sowie grundlegende Prinzipien der Gesprächsführung und des Beziehungsaufbaus (Renner & Jacob, 2020, S. 77-80).
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- Citation du texte
- Vivien Albers (Auteur), 2021, Qualitative Interviews und Inhaltsanalysen. Interviewleitfaden zum Konstrukt "Motivationale Grundhaltungen" von Steuerzahlern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1282467
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