Die Arbeit beschreibt die Grundzüge beider Optionsmöglichkeiten zur Besteuerung einer Personengesellschaft mit Körperschaftsteuer. Hierbei wird besonders auf die Voraussetzungen und Hindernisse beider Modelle eingegangen, sodass im Anschluss klar definiert werden konnte, in welchen Fällen welche Variante zu bevorzugen ist. Die Besteuerung nach § 34a EstG, sowie die Besteuerung nach §1a KStG wurden einander auch rechnerisch anhand einiger Beispiele unter Einbezug der verschiedenen Annahmen gegenüber gestellt.
Nahezu 80 % der Unternehmen in Deutschland unterliegen dem persönlichen Einkommensteuersatz von bis zu 45 %. Die restlichen 20 % der Unternehmen werden mit einem Körperschaftsteuersatz von 15 % besteuert. Aus dieser Ungleichheit her-aus versucht der Gesetzgeber seit langer Zeit Rechtsformneutralität zu schaffen. Rechtsformneutralität liegt dann vor, wenn die steuerliche Belastung des Gewinns von Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften gleich hoch ist. Um dieses Ziel zu erreichen, hat der Gesetzgeber bereits einige Maßnahmen eingeführt.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anhangverzeichnis
Gender-Klausel
1 Einleitung
2 Grundzüge der Optionen
2.1 Anwendungsbereich
2.2 Frist, Form und Antrag
2.3 Annahmen der Modellrechnungen
2.4 Steuerberechnung bei Anwendung des § 1a KStG
2.5 Steuerberechnung bei Anwendung des § 34a EStG
2.6 Abweichende Steuersätze
3 Voraussetzungen und Hindernisse
3.1 Anwendung § 1a KStG
3.1.1 Formwechsel i. S. d. § 25 UmwStG und Folgen
3.1.1.1 Umwandlung zum gemeinen Wert
3.1.1.2 Umwandlungen zum Buchwert
3.1.1.2.1 Sperrfrist
3.1.1.2.2 Rückoption
3.1.1.2.3 Problematik des funktional wesentlichen Sondervermögens
3.1.1.2.4 Folgen für eingebrachtes Eigenkapital
3.1.1.3 Verlustvorträge
3.2 Anwendung § 34a EStG
3.2.1 Teilweise Inanspruchnahme des § 34a EStG
3.2.2 Lock In Effekt/ Nachversteuerung
4 Vergleich
4.1 Wechsel zwischen den Modellen
4.2 Belastungsvergleich unter Berücksichtigung aller Faktoren
4.3 Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile
4.4 Löst § 1a KStG die Praxisprobleme des § 34a EStG?
5 Fazit
Anhang
Verzeichnisse der Verwaltungsanweisungen
Rechtsprechungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abb. Abbildung
AO Abgabenordnung
AStG Außensteuergesetz
AV Anlagevermögen
betr. betreffend
BewG Bewertungsgesetz
BFH Bundesfinanzhof
BMF-Schreiben Erlass des Bundesministeriums für Finanzen
BStBl. Bundessteuerblatt
BW Buchwert
bzw. beziehungsweise
EK Eigenkapital
ErbStG Erbschaftsteuergesetz
EStG Einkommensteuergesetz
etc. et cetera
FG Finanzgericht
GbR Gesellschaft bürgerlichen Rechts
GewSt Gewerbesteuer
GewStG Gewerbesteuergesetz
GFW Geschäfts- und Firmenwert
ggfls. gegebenenfalls
GmbH & Co. KG Gesellschaft mit beschränkter Haftung &
Compagnie Kommanditgesellschaft GrESt
Grunderwerbsteuer
GrEStG Grunderwerbsteuergesetz
HGB Handelsgesetzbuch
Hrsg. Herausgeber
i. d. R. in der Regel
i. S. d. im Sinne des
K.O. Knockout
KG Kommanditgesellschaft
KMUs Kleine und Mittlere Unternehmen
KöMoG Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts
KStG Körperschaftsteuergesetz
o. V. ohne Verfasser
OHG Offene Handelsgesellschaft
PartGG Partnerschaftsgesellschaftsgesetz
Rn. Randnummer
RSt. Rückstellung
S. Seite bzw. Satz
SBV Sonderbetriebsvermögen
SolZ Solidaritätszuschlag
SolZG Solidaritätszuschlaggesetz
Tab. Tabelle
TEUR Tausend Euro
u. a. und andere
U. v. Urteil vom
UG & Co. KG Unternehmergesellschaft &
Compagnie Kommanditgesellschaft UmwG
Umwandlungsgesetz UmwSt - Erlass
Umwandlungssteuer - Erlass UmwStG
Umwandlungssteuergesetz
UV Umlaufvermögen
Verb. Verbindlichkeit
Vgl. Vergleiche
VV Verlustvortrag
z. v. E. zu versteuerndes Einkommen
zzgl. zuzüglich
Tabellenverzeichnis
Tab. 1 Körperschaftsteueroptionsmodell Grundform
Tab. 2 Thesaurierungsbegünstigung Grundform
Tab. 3 Körperschaftsteueroptionsmodell mit Sonderbetriebsvermögen 25 f.
Tab. 4 Thesaurierungsbegünstigung mit Entnahmen für Steuern
Tab. 5 Entnahmen übersteigen laufende Gewinne
Tab. 6 Gesamtsteuerbelastungsvergleich
Anhangverzeichnis
Anhang 1: Beispielrechnung mit niedrigerem Steuersatz beim § 1a KStG
Anhang 2: Beispielrechnung mit niedrigerem Steuersatz beim § 34a EStG
Anhang 3: Umwandlung zum gemeinen Wert
Anhang 4: Versteuerung bei Sperrfristverstoß
Anhang 5: Körperschaftsteueroptionsmodell mit Ergänzungsbilanz
Anhang 6: Umgang mit Verlustvorträgen – Zwischenwertansatz
Anhang 7: Gesamtsteuerbelastungsvergleich mit abweichendem Gewerbeertrag
Gender-Klausel
Aus Gründen des besseren Leseflusses werden in der vorliegenden Bachelorarbeit weibliche Formen nicht explizit angeführt. In den meisten Fällen wird in den Ausführungen die männliche Form gewählt.
An dieser Stelle wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich alle personenbezogenen Formulierungen grundsätzlich gleichermaßen auf Frauen und Männer beziehen.
1 Einleitung
Nahezu 80 % der Unternehmen in Deutschland unterliegen dem persönlichen Einkommensteuersatz von bis zu 45 %. Die restlichen 20 % der Unternehmen werden mit einen Körperschaftsteuersatz von 15 % besteuert.1 Aus dieser Ungleichheit heraus versucht der Gesetzgeber seit langer Zeit Rechtsformneutralität zu schaffen.2 Rechtsformneutralität liegt dann vor, wenn die steuerliche Belastung des Gewinns von Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften gleich hoch ist.3 Um dieses Ziel zu erreichen, hat der Gesetzgeber bereits einige Maßnahmen eingeführt.4
Die folgende Arbeit beschäftigt sich im Allgemeinen mit Sonderformen der Besteuerung einer Personengesellschaft, welche dieser Ungleichheit entgegenwirken sollen. Genauer gesagt umfasst dieses Werk die Option zur Gewinnthesaurierung nach § 34a EStG, sowie das Körperschaftsteueroptionsmodell nach § 1a KStG. Besonderen Fokus möchte ich hierbei der Frage widmen, in welchen Fällen es für eine Personengesellschaft sinnvoll sein kann einen dieser Sonderwege einzuschlagen und welcher im entsprechenden Fall vorzuziehen ist.
Diese Ausarbeitung stellt keine Steuerberatung im konkreten Fall da, sie dient lediglich der Erläuterung wesentlicher Aspekte und gibt Anhaltspunkte, ob eine Abweichung von der Norm, das heißt der klassischen Besteuerung mit dem progressiven Einkommensteuertarif, in Frage kommen kann.
Diese Thematik ist nunmehr von außergewöhnlicher Bedeutung, da der Gesetzgeber erst im vergangenen Jahr das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts verabschiedet hat, welches im Kern eine Option für Personengesellschaften zur Besteuerung mit Körperschaftsteuer beinhaltet.5 Hier findet somit ein Wechsel vom Trennungsprinzip zum Transparenzprinzip statt. Für die Anwender hat das den entscheidenden Vorteil, dass Gewinne im Unternehmen verbleiben können und somit nur teilweise besteuert werden.6
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt man mit der Thesaurierungsbegünstigung des § 34a EStG, welcher im Zuge der Unternehmenssteuerreform 2008 eingeführt wurde.7
Spätestens jetzt sollte klar sein, dass eine dieser Varianten gegebenenfalls interessant sein könnte, denn an einer günstigeren Besteuerung bei Thesaurierung hat wohl jeder Mitunternehmer Interesse. Dies ist vom Gesetzgeber auch exakt so gewollt. Da es, wie bereits zu Beginn beschrieben, in beiden Fällen sein Ziel ist, eine Annäherung zwischen der Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften, also Rechtsformneutralität, zu erreichen. Weitergehend soll dies die internationale Wettbewerbsfähigkeit, im Besonderen von als Personenhandelsgesellschaft geführten, mittelständischen Familienunternehmen, stärken. Dies gelingt, da die Anwendung zu einer Erhöhung der Eigenkapitalquote führt, wodurch sich auch die Investitionsmöglichkeiten durch Eigenfinanzierung massiv verbessern.8
Darüber hinaus könnte ein mögliches Motiv der Optionsbesteuerung nach § 1a KStG sein, dass die Gesellschaft steuerrechtlich als Kapitalgesellschaft und die Gesellschafter als Anteilseigner an einer Kapitalgesellschaft gelten. Zivilrechtlich sind aber nach wie vor die Regelungen der Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaften anzuwenden. Daraus folgt zum Beispiel, dass für das entsprechende Unternehmen nach wie vor die geringeren Publizitätspflichten gelten, oder, dass flexiblere rechtliche Statuen anzuwenden sind.9
Die Anwendungen bringen aber auch einige Schwierigkeiten mit, da gewisse Voraussetzungen erfüllt werden müssen. So Bestand nicht ohne Grund die langjährige Forderung, der Gesetzgeber solle das Modell der Thesaurierungsbegünstigung vereinfachen und verbessern. Anstelle dieser Variante hat er nun ein neues Modell verabschiedet.10
Die folgende Arbeit wird sich nun damit auseinandersetzen, ob die Praxisprobleme des § 34a EStG nun gelöst wurden oder ob weitere Probleme bei der Besteuerung mit Körperschaftsteuer auftreten. Hierzu werden die Modelle im ersten Schritt vorgestellt und betrachtet, ob die Gesamtsteuerbelastung der Modelle gegenüber der regulären Besteuerung tatsächlich von Vorteil ist. In der nächsten Stufe werden die Anforderungen genauer beleuchtet, um festzustellen, welche ein ernsthaftes Hindernis der Optionsausübung darstellen. Nachdem beide Modelle genauer unter die Lupe genommen wurden, werden sie im Gesamtsteuerbelastungsvergleich einander gegenübergestellt. Da dies aufgrund unterschiedlicher Bedingungen nicht das einzige Entscheidungsinstrument darstellt wird das Ergebnis anhand aller zur Verfügung stehenden Informationen evaluiert, um anschließend die Frage beantworten zu können, ob der § 1a KStG nun wirklich die bessere Alternative zum § 34a EStG darstellt oder ob dieser besser hätte überarbeitet werden sollen.
2 Grundzüge der Optionen
2.1 Anwendungsbereich
Zu Beginn ist es im ersten Schritt jedoch erst einmal notwendig, sich mit den Grundlagen der Modelle zu befassen. Es stellt sich vorrangig die Frage, für wen die Möglichkeiten überhaupt greifen, also der persönliche Anwendungsbereich.
Das Körperschaftsteueroptionsmodell gemäß § 1a (1) S. 1 KStG beschränkt sich zunächst einmal auf Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaften.11 Unter Personenhandelsgesellschaften im Sinne des HGB fallen aufgrund von § 1 (2) HGB die OHG und KG sowie die stille Gesellschaft. Partnerschaftsgesellschaften werden gemäß § 1 PartGG als angehörige freier Berufe mit besonderer beruflicher Qualifikation, die kein Handelsgewerbe betreiben, definiert. Darunter fallen also weder Einzelunternehmer noch Gesellschaften bürgerlichen Rechts.
Glückerweise gibt es die Option eine Einheits-GmbH & Co. KG oder entsprechend eine UG & Co. KG zu gründen. Die Einbringung des Einzelunternehmens im Gegenzug für Unternehmensanteile ist hier aufgrund des § 24 UmwStG unproblematisch und kann in diesem ersten Schritt zu Buchwerten erfolgen. Im Falle einer GbR bietet es sich an, diese als Kaufmann eintragen zu lassen. Als Freiberufler gilt entsprechend, sich ins Partnerschaftsregister eintragen zu lassen.12
Des Weiteren muss es sich bei der Gesellschaft um eine steuerliche Mitunternehmerschaft handeln,13 das bedeutet die Mitunternehmen müssen das Risiko und die Initiative tragen, die unter den gewerblichen Bereich fallen. Dazu zählen beispielsweise keine Vermögensverwaltenden Personengesellschaften mit Überschusseinkünften.14 Hier könnte bei einer GmbH & Co. KG möglicherweise eine gewerbliche Prägung gemäß § 15 (3) EStG in Frage kommen.
Ein sehr wichtiger Hinweis bei der Anwendung ist außerdem, dass die persönlichen Voraussetzungen jedes Jahr geprüft werden. Sollte hier kein Nachweis vorliegen, wird der Antrag nicht mehr gewährt und eine Prüfung, ob dieser jemals bestand, wird vollzogen.15 Warum dies auf jeden Fall zu vermeiden ist, wird im Laufe der Arbeit erläutert.16
Zur Thesaurierungsbegünstigung antragsberechtigt sind hingegen alle natürlichen Personen, die nach § 34a (1) S. 1 EStG begünstigungsfähige steuerpflichtige Einkünfte erzielen. Zu diesen gehören Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, sowie aus selbstständiger Arbeit gemäß § 2 (1) S. 1 Nr. 1-3 EStG. Für Einzelunternehmer besteht hier also ein entscheidender Vorteil, denn diese müssen keine Umwandlung zur GmbH & Co. KG durchführen und sparen sich dadurch einiges an Aufwand, sowie die Problematik der Buchwertfortführung, auf welche zu einem späteren Zeitpunkt eingegangen wird.
Jeder Mitunternehmer mit mehr als 10 % der Gewinnanteile oder einem Gewinn von mehr als 10 TEUR hat zudem die Möglichkeit, den Antrag individuell zu wählen. Eine Absprache und Einigung mit den Mitunternehmern muss nicht zwingend bestehen. Dieser kleine Unterschied der Optionen mag sich banal anhören, kann für KMUs aber einen entscheidenden Unterschied machen. Für die Wahl der Option ist die zu erwartende Steuerersparnis entscheidend. Aufgrund von unterschiedlichen Grenzsteuersätzen der Gesellschafter fällt die Entscheidung unter Umständen unterschiedlich aus.17
Zum zeitlichen Anwendungsbereich ist bei der Thesaurierungsbegünstigung wenig hinzuzufügen, dieser gilt gemäß § 52 (34) EStG seit Einführung im Veranlagungsjahr 2008 bis auf Weiteres.18 Bei der Optionsbesteuerung besteht die Besonderheit, dass diese gemäß § 34 (1) KStG erst mit dem 01.01.2022 in Kraft getreten ist.
Spannender wird es hingegen beim sachlichen Anwendungsbereich der beiden Vorschriften. Dieser umfasst bei der Optionsbesteuerung gemäß § 1a (7) S. 1 KStG das Einkommen, welches unter der Anwendung des KStG, EStG, GewStG, SolZG, UmwStG und AStG ermittelt wird, soweit diese Anwendung finden. Keine Relevanz haben allerdings spezifische rechtsformbezogene und nicht auf alle Kapitalgesellschaften anwendbare Regelungen.19 Außerdem sind Tatbestandsmerkmale, die nur von wahrhaftigen Kapitalgesellschaften erfüllbar sind, nicht zu berücksichtigen.20
Unter den sachlichen Anwendungsbereich der Thesaurierungsbegünstigung fallen wie erwähnt nur Einkünfte gemäß § 2 (1) S. 1 Nr. 1-3 EStG, die nicht entnommen werden. Die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens gemäß § 2 (5) EStG bleibt unberührt. Regelungen über den Verlustausgleich und -abzug sind vorrangig zu behandeln. Der Verlustausgleich und -abzug ist damit auch in diesem Fall vorzunehmen.21
Vergleicht man nun die beiden Optionen in Bezug auf ihren Anwendungsbereich, lassen sich klare Vorteile der Thesaurierungsbegünstigung erkennen. Hier liegt es in der Natur der Sache, dass keine jährliche Nachweispflicht besteht, da steuerpflichtige Einkünfte bereits in der Einkommensteuererklärung abgefragt werden.
Das wird, ebenso wie die minimalen Unterschiede beim zeitlichen und sachlichen Anwendungsbereich, sicher kein entscheidender Punkt sein. Darüber hinaus weist das Modell allerdings aufgrund der individuellen Entscheidung auf Mitunternehmerbasis, sowie der direkten Anwendung für Einzelunternehmer, entscheidende Vorteile auf.22 Auf der anderen Seite kann argumentiert werden, dass die Optionsbegünstigung wegen den Mindestantragsgrenzen der Thesaurierungsbegünstigung vorteilhafter ist. Hat ein Gesellschafter zum Beispiel viele Beteiligungen mit Gewinnanteilen unter 10 TEUR oder einer Beteiligungsquote kleiner 10 %, hat er vermutlich trotzdem ein hohes zu versteuerndes Einkommen und somit auch einen Anreiz, eine der beiden Optionen zur steueroptimalen Gestaltung zu nutzen. Für ihn scheidet die Thesaurierungsbegünstigung zwangsläufig aus, während das Optionsmodell weiterhin Anwendung finden dürfte.
2.2 Frist, Form und Antrag
Bevor die optionsberechtigte Gesellschaft bzw. der einzelne optionsberechtigte Gesellschafter seine Gewinne entsprechend versteuern kann, muss dieser einen Antrag stellen.
Das Körperschaftsteueroptionsmodell schreibt hier in § 1a (1) S. 2 KStG vor, dass dieser beim zuständigen Finanzamt spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres zu stellen ist. Dieser Optionsantrag gilt unwiderruflich.23 Einzureichen ist hierfür ein amtlich vorgeschriebener Datensatz. Dieser besteht aus der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte nach § 180 AO. Es ist lediglich ein elektronischer Antrag möglich.24
Daraus lässt sich schließen, dass im Gründungsjahr noch kein Antrag erfolgen kann, denn einen Monat vor Beginn des ersten Wirtschaftsjahres besteht die Antragsstellende Gesellschaft noch nicht.25
Da sich der Antrag auf alle Gesellschafter gleichermaßen auswirkt,26 ist ein Mehrheitlicher Gesellschafterbeschluss vonnöten, genaugenommen sind 75 % der abgegebenen Stimmen erforderlich.27 Dies wird im Gesetz durch den Verweis auf § 217 UmwG, welcher den Beschluss der Gesellschafterversammlung bei einer zivilrechtlichen Umwandlung regelt, gesetzlich vorgeschrieben. Die Literatur empfiehlt, dies in den bisherigen Gesellschafterverträgen zu ergänzen, da andernfalls 100 % der Stimmen erforderlich sind.28 Gemäß Bundesfinanzministerium bedarf es keiner notariellen Beurkundung, ein Nachweis der Stimmenmehrheit ist allerdings verpflichtend.29
Bei der Thesaurierungsbegünstigung weicht der Ablauf davon ab. Hier erfolgt der Antrag grundsätzlich bei Abgabe der Einkommensteuererklärung, in der gleichen Form. Wie bereits erwähnt, kann dieser gemäß § 34a (1) S. 2 EStG für jeden Mitunternehmer und in jedem Veranlagungszeitraum neu gewählt werden. Neben der Frage, ob der Antrag eingereicht wird, kann die Höhe der Thesaurierung auch in jedem Jahr neu bestimmt werden. Einzige logische Eingrenzung ist, dass die Thesaurierung auf den Gewinnanteil zu stellen ist.30
Während der Einzelunternehmer den Antrag ohne Hindernisse in Anspruch nehmen kann, gilt für die Mitunternehmer eine entsprechende Beteiligungsquote oder ein entsprechender Gewinn.31 Eine Änderung des Antrags kann gemäß § 34a (1) S. 4 f. EStG bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheids für den nächsten Veranlagungszeitraum zurückgenommen werden.
Die Form und der Antrag machen hier also keinen entscheidenden Unterschied für den Steuerpflichtigen. Die Frist des Antrags kann allerdings relevant werden, denn hier ist man bei Anwendung des neuen Optionsmodells deutlich unflexibler und kann nicht situativ entscheiden. Hat man sich beispielsweise entschieden, die Option zu stellen, kann man diese nicht einfach nach Beendigung des entsprechenden Geschäftsjahres zurücknehmen.32 Grundsätzlich lässt sich aber erst zu diesem Zeitpunkt final entscheiden, ob sich das Modell im konkreten Fall überhaupt lohnt. Dies ist dem Gesetzgeber im Fall der Thesaurierungsbegünstigung besser gelungen, denn hier hat der Entscheidende auch nach Beendigung des Geschäftsjahres noch die Möglichkeit, sich persönlich für oder gegen den Antrag zu entscheiden.
2.3 Annahmen der Modellrechnungen
Anhand von Modellrechnungen soll nachfolgend die Steuerbelastung beider Modelle verglichen werden. Hierfür wurden aus Vereinfachungsgründen folgende Annahmen getroffen:
- Es wird davon ausgegangen, dass keine gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen oder Kürzungen durchzuführen sind. Außerdem wird ein Gewerbesteuerhebesatz von 400 % zu Grunde gelegt.
- Des Weiteren fällt in allen Rechenmodellen zur einfacheren Darstellung keine Kirchensteuer an.
- Darüber hinaus wurde angenommen, dass die gesamten Einkünfte aus Gewerbebetrieb einem Grenzsteuersatz von 42% unterliegen. Ausnahme hiervon bilden lediglich die Rechenbeispiele in Anlage 1 und Anlage 2, da hier die Auswirkung bei abweichenden Steuersätzen gezeigt werden. Aufgrund des progressiven Steuertarifs kann die tatsächliche Steuerbelastung niedriger oder, im Bereich der Reichensteuer, auch höher ausfallen. Beide Effekte sind für die Musterbeispiele bewusst ausgeklammert, sollten bei einer tatsächlichen Entscheidung aber auf jeden Fall berücksichtigt werden.
- Es wurde festgelegt, dass bei der Nachsteuer immer ein Solidaritätszuschlag anfällt. Dies hängt bei der Thesaurierungsbegünstigung in der Praxis allerdings von der Höhe des z. v. E ab.33 Auf die Kapitalertragsteuer bei Dividendenzahlungen fällt ohnehin immer Solidaritätszuschlag an.34
- Bei der Thesaurierungsbegünstigung wird angenommen, dass der bilanzielle Gewinn auch dem nicht entnommenen Gewinn i S. v. § 34a (2) EStG entspricht. Dies ist nur der Fall, wenn Entnahmen und Einlagen in gleicher Höhe anfallen. Ausnahme hiervon bilden lediglich die Tabelle 4 und 5.
2.4 Steuerberechnung bei Anwendung des § 1a KStG
Unter Berücksichtigung der oben genannten Annahmen kann im nächsten Schritt eine Antwort auf die Frage gefunden werden, wie die Modelle im Einzelfall ablaufen.
Beim Optionsmodell optiert die Personengesellschaft zur steuerlichen Körperschaft, das heißt anstelle des progressiven Einkommensteuertarifs wird sie nach den Regelungen des Körperschaftsteuergesetzes besteuert.35 Aufgrund der Gleichstellung zu Körperschaft gibt es allerdings auch keinen Gewerbesteuerfreibetrag und keine Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer mehr.36
Im fiktiven Beispiel der Tabelle 1 liegt der Ausgangspunkt bei einem Gewerbeertrag von 100 TEUR. Hierauf fallen auf Ebene der Gesellschaft entsprechend Gewerbesteuer und Körperschaftsteuer inkl. Solidaritätszuschlag an.
Tab. 1 : Körperschaftsteueroptionsmodell Grundform
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung.
Unter Berücksichtigung der Vereinfachungen, welche im vorangegangenen Kapitel erläutert wurden, fallen auf den nicht ausgeschütteten Gewinn dann fast 30 TEUR Steuern an, während die Steuerbelastung bei Regelbesteuerung beinahe 44 TEUR beträgt. Zwar fallen auf den Gewinn bei Regelbesteuerung auf Gesellschafterebene lediglich circa 11 TEUR Steuern an, allerdings muss dieser unabhängig von der Ausschüttung direkt versteuert werden, wodurch das Optionsmodell einen vorläufigen Steuervorteil von fast 14 TEUR schafft.
Wird dieser thesaurierte Gewinn allerdings ausgeschüttet, dann fallen darauf weitere 25 % Kapitalertragssteuer gemäß § 32d (1) S. 1 EStG, sowie Solidaritätszuschlag gemäß § 1 (1) SolZG an. Der Sparerpauschbetrag gemäß § 20 (9) S. 1 EStG wird aufgrund seiner geringen Höhe vernachlässigt. Nach der Ausschüttung liegt die Steuerbelastung mit mehr als 48 TEUR dann fast 5 TEUR über der Regelbesteuerung.
Entscheidende Größe bei allen Beispielen stellt die Steuerentlastung vor Ausschüttung, d. h. vor Nachversteuerung des entsprechenden Betrages dar. Denn die Inanspruchnahme ist nur sinnvoll, wenn die Gewinne langfristig thesauriert werden sollen. In allen Fällen ist die Gesamtsteuerbelastung nach Ausschüttung höher als bei der Regelbesteuerung. Sollten die Gewinne also nicht langfristig im Unternehmen bleiben, sind alle Sonderformen ohnehin irrelevant. Voraussetzung ist damit, dass die Überschüsse nicht ausgeschüttet werden. Bei den Wahlmöglichkeiten handelt es sich somit lediglich um eine Steuerstundung, deren tatsächliche Vorteilhaftigkeit einen langen Thesaurierungszeitraum und den dadurch entstehenden Zinsvorteil erreicht werden kann. Entscheidend für die Vorteilhaftigkeit ist also immer der Zeitpunkt der Betrachtung.37
Es lässt sich festhalten, dass die Optionsbesteuerung bei Thesaurierung einen erheblichen Steuervorteil aufweist und somit erstmal zu empfehlen ist. Bedingung hierfür ist allerdings, dass dieser Gewinn nicht zu einem späteren Zeitpunkt voll ausgeschüttet werden muss, denn auf diese Weise würde die Steuerbelastung des Unternehmers in der Gesamtbetrachtung sogar steigen.
2.5 Steuerberechnung bei Anwendung des § 34a EStG
Spannend zu sehen ist nun, ob bei der Gewinnthesaurierung eine höhere oder niedrigere Steuerbelastung vor Nachversteuerung entsteht.
Wie bereits erläutert, können Mitunternehmerschaften und Einzelunternehmer gemäß § 34a (1) S. 1 EStG auf Antrag anstatt mit der tariflichen Einkommensteuer ganz oder teilweise mit einem Sondersteuersatz von 28,25 % besteuert werden. Wird dieser einbehaltene Gewinn abzüglich der darauf entfallenden Steuern in den nächsten Jahren entnommen, fallen auf diesen sogenannten Nachversteuerungspflichtigen Betrag gemäß § 34a (4) S. 2 EStG zusätzlich 25 % Steuern an. Die Nachversteuerungspflicht trifft jeden Steuerpflichtigen, der die Begünstigung in Anspruch genommen hat.38 Die entnommenen Gewinne werden im folgenden Beispiel zur Vereinfachung auf 100 % beziffert, um den maximalen steuerlichen Effekt zu erkennen. Alle weiteren Annahmen werden gemäß den vorangegangenen Erläuterungen durchgeführt.39 Für die Zielgruppe der Modelle ist es im Regelfall klar, Gewinnentnahmen erst einmal zu vernachlässigen, um das Unternehmen über Generationen wachsen zu lassen.
An der Beispielrechnung 2 sieht man nun, dass sich die Inanspruchnahme nur lohnt, wenn die Gewinne langfristig im Unternehmen bleiben. Auch hier wird von der langfristigen Thesaurierungsabsicht ausgegangen, sodass Hauptvergleichsgröße die Steuerbelastung vor Nachversteuerung darstellt.
Tab. 2 : Thesaurierungsbegünstigung Grundform
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung.
Bei einem hypothetischen Gewerbeertrag von 100 TEUR, fallen jeweils fast 11 TEUR Gewerbesteuer auf Ebene der Personengesellschaft an. Diese können auch bei der Thesaurierungsbegünstigung, im Gegensatz zum Körperschaftsteueroptionsmodell, auf Ebene des Gesellschafters auf die Einkommensteuer angerechnet werden. Unter Einbeziehung des Solidaritätszuschlags lässt sich in diesem Beispiel eine effektive Steuerentlastung von fast 13 TEUR erreichen. Anders sieht es nur aus, wenn der Gewinn aufgrund einer Ausschüttung nachversteuert werden muss. Dann bezahlt der Steuerpflichtige in diesem fiktiven Beispiel im Vergleich zur Regelbesteuerung über 3 TEUR mehr Steuern.
Mit einer Gesamtsteuerbelastung vor Ausschüttung von fast 30 TEUR beim Optionsmodell und nahezu 31 TEUR bei der Thesaurierungsbegünstigung haben die Modelle also nur einen Belastungsunterschied von knapp 1 TEUR. Auch in dem ungünstigen Fall einer Nachversteuerung liegen beide Modelle mit einer Belastung von 48 TEUR beim Optionsmodell, sowie 47 TEUR bei der Thesaurierungsbegünstigung beinahe gleichauf. Obwohl Hauptgrund der Inanspruchnahme einer Variante die Senkung der Steuerlast ist, lassen sich damit im ersten Schritt keine wesentlichen Vorteile für das eine oder das andere Modell zu entdecken.
2.6 Abweichende Steuersätze
Die beiden Grundbeispiele haben gezeigt, dass die Gesamtsteuerbelastung sowohl beim Optionsmodell also auch bei der Thesaurierungsbegünstigung vor Nachversteuerung deutlich gesenkt werden kann. Dies gilt allerdings nicht uneingeschränkt. In den beiden Beispielen wurde bewusst der Grenzsteuersatz von 42 % gewählt. Verändern wir diese Annahme ist das Bild ein anderes. Das durchschnittliche Einkommen 2021 beträgt 4,1 TEUR im Monat.40 Auf das Gesamtjahr hochgerechnet entspricht das 49,2 TEUR. Bei diesem Einkommen lag der Durchschnittssteuersatz 2021 bei 23,75 %.41 Weitergehend ist an dieser Stelle zu beachten, dass bei Regelbesteuerung aufgrund des geringeren Einkommens kein SolZ mehr anfällt. Dieses Szenario wurde für das Körperschaftsteueroptionsmodell einmal in Anlage 1 durchgespielt. Es zeigt, dass ein Steuerzahler mit diesem Einkommen zu einem konträren Ergebnis kommt. Hier müsste der Gesellschafter durch die Optionsausübung für sein Einkommen von 49,2 TEUR bereits im Zeitpunkt der Thesaurierung 3 TEUR mehr Steuern bezahlen. Hinzu kommt die Nachversteuerung zum Zeitpunkt der Ausschüttung, wodurch sich der Steuernachteil auf insgesamt 12 TEUR erhöht.
Wenden wir nun die Annahmen der Thesaurierungsbegünstigung gemäß § 34a EStG an, kommen wir auch hier zu einem anderen Ergebnis. Wichtig ist auch in diesem Fall der Hinweis, dass sowohl bei der Regelbesteuerung als auch bei der Thesaurierungsbegünstigung aufgrund der Höhe des zu versteuernden Einkommens kein SolZ anfällt. Auf die Ausschüttung bei Nachversteuerung wurde hingegen der Solidaritätszuschlag berechnet, da zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme noch nicht bekannt ist, welches Einkommen zukünftig zu versteuern ist. Des Weiteren wird bei der Ermittlung des Nachversteuerungspflichtigen Betrages trotzdem Solidaritätszuschlag abgezogen, auch wenn tatsächlich keiner angefallen ist. § 34a (3) EStG schreibt den Abzug explizit vor.
Hatte der Steuerzahler bei einem Einkommen von 100 TEUR noch einen vorübergehenden Steuervorteil bei Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung, zeigt das Beispiel in Anlage 2 mit einem Durchschnittssteuersatz von 23,75 % eine höhere Steuerzahlung bei der Thesaurierungsbegünstigung. Nimmt der Steuerpflichtige diese Option in Anspruch, muss er auf sein Einkommen von 49,2 TEUR im Thesaurierungsfall mehr als 1 TEUR mehr Steuern bezahlen als bei der Regelbesteuerung. Dieser Steuernachteil steigt bei Nachversteuerung noch weiter an.
Damit steht fest, dass sich die Optionsmodelle ausschließlich an besserverdienende Personengesellschafter richten. Für den größten Teil der kleinen Unternehmen und auch für einige Mittelständler scheiden die Modelle beide von Beginn an aus. Für die großen, ertragsstarken Unternehmen in Deutschland sind die Modelle eine Überlegung wert.42
Hier unterscheiden sich die Modelle nach bisherigem Kenntnisstand nur geringfügig.43 Die Ersparnis sollte demnach nicht ausschlaggebend sein. Spannender ist es in diesen Fällen auch, auf die Voraussetzungen und Hindernisse zu blicken die beide Varianten mit sich bringen und anhand dieser Kriterien zu entscheiden, welche Variante im individuellen Fall einfacher umzusetzen ist.
3 Voraussetzungen und Hindernisse
3.1 Anwendung § 1a KStG
Nachdem der Anwendungsbereich beider möglichen Steuersparmodelle analysiert wurde, lässt sich keine eindeutige Präferenz erkennen. Auch auf Basis der Berechnungen beider Varianten und ihrer Gegenüberstellung in den vorherigen Kapiteln, kann noch keine Entscheidung getroffen werden. Spannender ist es in diesen Fällen auch, auf die Voraussetzungen und Hindernisse zu blicken die beide Varianten mit sich bringen und anhand dieser Kriterien zu entscheiden, welche Variante im individuellen Fall einfacher umzusetzen ist. Hierzu erfolgt im ersten Schritt die Analyse der wesentlichen Schlüsselfaktoren, welche bei Anwendung des Körperschaftsteueroptionsmodells eine Rolle spielen.
3.1.1 Formwechsel i. S. d. § 25 UmwStG und Folgen
Hierzu muss beim Optionsmodell zunächst einmal analysiert werden, wie der Vorgang zum Wechsel in eine juristische Person aus steuerlicher Sicht erfolgen kann. Aus rechtlicher Sicht gilt der Übergang zur Körperschaftsbesteuerung als Formwechsel im Sinne des § 1 (3) Nr. 3 UmwStG. Dementsprechend findet der achte Teil des UmwStG Anwendung. Hier wird wiederum auf den sechsten Teil verwiesen.
Dabei handelt es sich, um eine Rechtsgrundverweisung, das heißt, dass die Rechtsfolgen der in Bezug genommenen Normen nur dann zur Anwendung gelangen, wenn die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen der in Bezug genommenen Norm erfüllt sind. In diesem konkreten Fall ist damit gemeint, dass die Regelungen des § 20 ff. UmwStG zwingend erfüllt sein müssen. Hier müssen zum Beispiel sämtliche funktional wesentliche Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens auf die Kapitalgesellschaft übertragen werden.44 Ebenso folgt aus diesem Grundsatz, gemäß § 20 (1) UmwStG, dass nur ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil übertragen werden kann. Das heißt ein Betrieb oder Teilbetrieb, sowie der Mitunternehmeranteil müssen eigenständig sein. Genau aus diesem Grund kann, wie bereits beschrieben, der § 1a KStG nur für alle Gesellschafter gemeinsam angewendet werden.45 Ein Anteil stellt in der Regel keinen eigenständigen Teilbetrieb dar.
Hintergrund der Regelung ist, dass ein Formwechsel einen Wechsel des Rechtskleides bewirkt, ohne das es zivilrechtlich zu einem Vermögensübergang kommt. Aus ertragsteuerlicher Sicht kommt es zum Wechsel der Besteuerungsebenen. Während also bei der Personengesellschaft unter anderem der Mitunternehmer Steuerschuldner ist, ist bei der optierten Gesellschaft lediglich die Körperschaft Steuerschuldner. Zur Übertragung der betrieblichen Sachgesamtheit in das Körperschaftsteuersystem fingiert der § 25 S. 1 UmwStG durch den Verweis auf die §§ 20 ff. UmwStG eine Vermögensübertragung und damit einen Rechtsträgerwechsel. Die ertragsteuerliche Behandlung bei Ausübung des Optionsmodells entspricht damit der Einbringung sämtlicher Mitunternehmeranteile in eine Kapitalgesellschaft.46 Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, die durch einen Formwechsel bewirkte Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft ertragssteuerneutral zu ermöglichen.47
3.1.1.1 Umwandlung zum gemeinen Wert
§ 20 (1) UmwStG besagt, dass übernehmende Rechtsträger, im Falle der Optionsbesteuerung die steuerliche Kapitalgesellschaft, das eingebrachte Betriebsvermögen zum gemeinen Wert anzusetzen hat. Dies ist Grund genug sich einmal anzusehen, was für eine Auswirkung die erstmalige Anwendung der Optionsbesteuerung nach § 1a KStG für die Sacheinlage, also den gesamten Betrieb hat.
Ein Ansatz zum gemeinen Wert beinhaltet gemäß § 9 (2) BewG den Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt werden würde. Darunter fallen also auch alle stillen Reserven und Lasten eines Unternehmens. Im Beispiel der Anlage 3 sind im Anlagevermögen 100 TEUR und im Umlaufvermögen 50 TEUR verankert. Dies ist in der Praxis keinesfalls unrealistisch, denn die meisten Grundstücke und Gebäude steigen bekanntlich immer weiter im Wert, während diese steuerlich weiterhin gemäß § 7 (4) EStG abgeschrieben werden. Darüber hinaus werden im Beispiel 70 TEUR als Geschäfts- und Firmenwert angesetzt, die gemäß § 5 (2) EStG zwar nicht angesetzt werden dürfen, aber im Zuge der Kaufpreisallokation im gewöhnlichen Geschäftsverkehr immer berücksichtigt werden und somit zum gemeinen Wert gehören. Dem gegenüber stehen im Beispiel lediglich 20 TEUR stille Lasten, die zum Beispiel durch eine Drohverlustrückstellung, welche gemäß § 5 (4a) EStG in der Steuerbilanz nicht angesetzt werden dürfte, entstanden sein können. Während gemäß Buchwerten also nur ein Wert von 250 TEUR erzielt werden könnte, beträgt dieser beim Ansatz zu gemeinen Werten 200 TEUR mehr.
Bei Optionsanwendung findet eine fiktive Vermögensübertragung des gesamten Betriebs statt.48 Bei Übertragung zum gemeinen Wert entsteht dabei ein fiktiver Veräußerungsgewinn. Im Beispiel der Anlage 3 sind das 200 TEUR. § 16 (1) S. 1 EStG regelt, dass unter die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auch die Besteuerung der Betriebsveräußerung fällt, somit ist die Anwendung des Optionsmodells steuerpflichtig.49 § 34 EStG findet in diesem Fall gemäß § 34 (2) EStG keine Anwendung. Gemäß § 2 (1) Nr. 2 EStG unterliegen diese Einkünfte der Einkommensteuer. Außerdem fällt wie gewohnt SolZ an, sodass durch die Optierung eine zusätzliche Mehrbelastung im beschriebenen Beispiel von über 88 TEUR entstanden wäre. Prozentual zur Bilanzsumme entspricht das fast 30 %. Da die wenigsten Unternehmer eine derart hohe Liquidität vorweisen können und wollen, hat der Gesetzgeber hier eine weitere Möglichkeit eingeräumt.
Unter gewissen Voraussetzungen und auf Wunsch der übertragenden Rechtsträger einer Umwandlung, kann der Formwechsel gemäß § 20 (2) S. 2 UmwStG ganz oder teilweise zu Buchwerten erfolgen. Diese Regelung ergibt auch aus volkswirtschaftlichen Gründen Sinn, denn eine Umstrukturierung durch steuerliche Lasten zu behindern oder gar zu verhindern, wäre sinnbefreit.50 Im Falle der Anwendung des § 1a KStG würde eine Umwandlung zu gemeinen Werten sicher dazu führen, dass dieses Modell nicht in Frage kommt. Denn die effektive Steuerentlastung ist im Vergleich zur einmaligen, zusätzlichen entstandenen Steuerlast verschwindend gering.
3.1.1.2 Umwandlungen zum Buchwert
Deshalb ist es im nächsten Schritt für die Anwendung der Option unerlässlich, die Buchwertumwandlung einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Im ersten Schritt muss darauf hingewiesen werden, dass hierfür gemäß § 20 (2) S. 2 UmwStG aktiv ein Antrag bei der Finanzbehörde gestellt werden muss. Dieser Antrag bewirkt indes keine finale Steuerfreistellung der stillen Reserven. Vielmehr ergibt sich die Möglichkeit, die Besteuerung aus Anlass und im Zeitpunkt der Optionsausübung auszusetzen, wenn und solange die entsprechenden Bedingungen erfüllt sind. Das heißt die stillen Reserven des übertragenen Betriebsvermögens sind später zu versteuern, wenn sie aufgrund geschäftstypischer Vorgänge realisiert werden. Das können beispielsweise ein Verkauf der einzelnen übergegangenen Wirtschaftsgüter des Anlage- und Umlaufvermögens sein oder aber die Beendigung der Option sein.51
Übertragen wir diese Informationen nun auf das Beispiel in Anlage 3 beträgt das übertragende Vermögen 250 TEUR. Der übertragende Rechtsträger, in unserem Fall also die Gesellschafter der Personengesellschaft, erzielen nun keinen zusätzlichen Gewinn, denn dieser Wert entspricht genau der Gegenleistung, also in unserem Fall den Unternehmensanteilen. Da der Veräußerungsgewinn hier also 0 TEUR beträgt, kann kein zusätzliches Steueraufkommen generiert werden. Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass die Optionsbesteuerung nur in Form einer Buchwertumwandlung praxisrelevant ist.
Diese gewährt der Gesetzgeber allerdings nicht grundlos, hierfür sind einige Voraussetzungen zu erfüllen. Unproblematisch sind in diesem Fall die Erfordernisse des § 20 (2) Nr. 1-4 UmwStG.
Hier muss sichergestellt werden, dass das Unternehmen beim übertragenden Rechtsträger der Körperschaft unterliegt. Da beim Optionsmodell die Umwandlung in eine deutsche Körperschaft erfolgt, wird dieses Kriterium erfüllt.
Außerdem dürfen Passivposten die Aktivposten nicht übersteigen. Dies ist bei Anwendung des Körperschaftsteueroptionsmodell ebenfalls eher unproblematisch. Hierfür lohnt es sich noch einmal, auf die Gründe zur Anwendung des Optionsmodells zu schauen. Diesen Unternehmen geht es typischerweise sehr gut. Das heißt sie haben einen hohen Gewinn, und somit auch in der Regel kein negatives Eigenkapital. Ohne diesen hohen Gewinn, würde der Anreiz zur Steuersenkung im Zuge des Optionsmodells eher ausbleiben.
Darüber hinaus muss das Recht der Besteuerung in der Bundesrepublik garantiert werden. Beim Optionsmodell wie diese Arbeit es behandelt, werden nur inländische Sachverhalte betrachtet, wodurch diese Problematik nicht auftaucht.
Des Weiteren darf beim Umwandlungsvorgang keine sonstige Gegenleistung erfolgen. Dies ist im Falle dieses Formwechsels nicht relevant, da der übertragende Rechtsträger dem übernehmenden Rechtsträger entspricht und somit kein Anreiz zur sonstigen Gegenleistung existiert.
Im Zuge der Buchwertfortführung gibt es allerdings auch Kriterien, die von größerer Bedeutung sind. Diese Bedingungen sowie die Problematik bei der Umsetzung werden im Folgenden erläutert.
3.1.1.2.1 Sperrfrist
Zuerst ist hier die Sperrfrist des § 22 UmwStG zu erwähnen. Anteile, die im Rahmen des sechsten Teils des UmwStG übertragen oder umgewandelt wurden, unterliegen nach Einbringung einer siebenjährigen Sperrfrist. Da die Optionsbesteuerung des § 1a KStG bei Anwendung ebenfalls unter diese Vorschriften fällt und eine Übertragung wie bereits erläutert eigentlich nur zu Buchwerten relevant wird, gilt diese Sperrfrist auch für dieses Modell.
Ein Verstoß gegen diese Sperrfrist führt zu Einbringungsgewinn I, der als laufender Gewinn im Sinne des § 16 EStG zu versteuern ist. § 16 (4) und § 34 EStG finden in diesen Fällen keine Anwendung. Als Verstoß der Sperrfrist wird unter anderem die erneute Umwandlung oder der Verkauf der Anteile im entsprechenden Zeitraum verstanden. Eine erneute Umwandlung und damit einen Sperrfristverstoß stellt hier auch die Rückoption, wie sie im darauffolgenden Kapitel erläutert wird, dar.52
Dass ein Sperrfristverstoß nicht vorliegt, muss gemäß § 22 (3) S. 2 UmwStG jährlich neu festgestellt werden. Der Gesetzgeber fingiert also erst einmal eine Veräußerung, die durch den entsprechenden Nachweis widerlegt werden kann.53
Im Verhältnis zu § 22 (1) UmwStG ist § 20 UmwStG einerseits eine tatbestandsbegründende Vorschrift, das heißt zuerst muss die Buchwertfortführung des § 20 UmwStG greifen, bevor die Sperrfrist überhaupt berücksichtigt werden muss. Andererseits ist die nach § 22 UmwStG eintretende Steuerverhaftung der erhaltenen Anteile eine rechtfertigende Grundlage für den Steuerstundungseffekt des § 20 UmwStG. Das heißt vereinfacht ausgedrückt, dass die Verlagerung der Steuerlast in die Zukunft nur durch die Sperrfrist gerechtfertigt werden kann, denn diese stellt sicher, dass durch den Einbringungsgewinn bei Sperrfristverstoß kein Steuersubstrat in diesem siebenjährigen Zeitraum verloren gehen kann. Die beiden Vorschriften bilden deshalb ein eng verbundenes Wirkungspaar.54
[...]
1 Vgl. Destatis (Hrsg.), 2022.
2 Vgl. Wünnemann, 2021, S. 4.
3 Vgl. Klein-Blenkers, 2009, S. 89, sowie Weinelt, 2006, S. 105.
4 Vgl. Ertel, 2020.
5 Vgl. Böhmer, 2022, Rn. 18 in § 1a KStG sowie Nwb (Hrsg.), 2021, S. 1.
6 Vgl. Wünnemann, 2021, S. 8.
7 Vgl. Brandis/ Heuermann/ Ratschow, 2022, Rn. 9. sowie Broer, 2010, S. 31.
8 Vgl. Nwb (Hrsg.), 2021. S. 1. sowie Heinhold, 2010, S. 35.
9 Vgl. Neuanfang Akademie (Hrsg.), 2021, S. 1.
10 Vgl. Wittlinger, 2021, S. 1.
11 Vgl. Wackerbeck, 2022, Rn. 10 ff.
12 Vgl. Wünnemann, 2021, S. 22.
13 Vgl. BMF-Schreiben v. 10.11 2021, Rn. 2.
14 Vgl. Gehrmann, 2022.
15 Vgl. BMF-Schreiben v. 10.11 2021, Rn. 6.
16 Vgl. unten Punkt 3.1.1.2.2., S. 21 ff.
17 Vgl. Strahl, 2021, S. 1849.
18 Vgl. Brandis/ Heuermann/ Ratschow, 2022, Rn. 9. sowie Bäuml., 2021, Rn. 34 sowie Schmidt/ Wacker, 2022, Rn. 13.
19 Vgl. BMF-Schreiben v.10.11.2021, Rn. 50.
20 Wittlinger, 2021, S. 2.
21 Wittlinger, 2021, S. 2.
22 Vgl. Strahl, 2021, S. 1849.
23 Vgl. Wittlinger, 2021, S. 1.
24 Vgl. Käshammer, 2022, S. 181. sowie Neuanfang Akademie (Hrsg.), 2021, S. 1.
25 Vgl. BMF-Schreiben v. 10.11 2021, Rn. 18 sowie Wittlinger, 2021, S. 2.
26 Vgl. oben Punkt 2.1., S. 4.
27 Vgl. Käshammer, 2022, S. 181 sowie Wackerbeck, 2022, Rn. 8. sowie Wittlinger, 2021, S. 2.
28 Vgl. Wittlinger, 2021, S. 2.
29 Vgl. BMF-Schreiben v. 10.11 2021, Rn. 12.
30 Vgl. BMF- Schreiben v. 11.08.2008, Rn. 7
31 Vgl. oben Punkt 2.1., S. 4.
32 Vgl. BMF-Schreiben v. 10.11.2021, Rn. 23
33 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.) - Profitieren auch Unternehmerinnen und Unternehmer,2020.
34 Vgl. Vereinigte Lohnsteuerhilfe (Hrsg.), 2022.
35 Müller, 2022, S. 242.
36 Wünnemann, 2021, S. 9.
37 Vgl. Wünnemann, 2021, S. 26.
38 Vgl. Schmidt/ Wacker, 2022, Rn. 51.
39 Vgl. oben Punkt, 2.3, S. 8.
40 Vgl. Destatis (Hrsg.), 2022.
41 Vgl. Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.) - Lohn- und Einkommensteuerrechner, 2021.
42 Vgl. Greive, 2022, S.11
43 Vgl. oben Punkt 2.3 und 2.4, S. 9 ff.
44 Vgl. Demuth/ Eisengruber,2017, Rn. 2 in § 25 UmwStG.
45 Vgl. oben Punkt 2.2. S. 7.
46 Vgl. Demuth/ Eisengruber,2017, Rn. 11 in § 25 UmwStG.
47 Vgl. Demuth/ Eisengruber,2017, Rn. 12 in § 25 UmwStG.
48 Vgl. oben Punkt 3.1.1. S. 14.
49 Vgl. Brandstetter, 2018, Rn. 17 in § 20 UmwStG.
50 Vgl. Brandstetter, 2018, Rn. 17 in § 20 UmwStG.
51 Vgl. Brandstetter, 2018, Rn. 18 in § 20 UmwStG.
52 Vgl. Böhmer, 2022 in § 1a KStG, Rn. 523.
53 Vgl. Sergej, 2021, S. 2195 sowie Eisengruber, 2018, Rn. 292 in § 22 UmwStG.
54 Vgl. Brandstetter, 2018, Rn. 28 in § 20 UmwStG.
- Quote paper
- Pia Schätzle (Author), 2022, Modelle zur Besteuerung einer Personengesellschaft mit Körperschaftsteuer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1282142
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