Adipositas und Übergewicht sind globale Problemthemen, die bereits Kinder und Jugendliche (KuJ) betreffen. Die Ergebnisse der 2. Welle der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS; 2014-2017) belegen eine stabile, aber hohe Prävalenz von 15,4% für Übergewicht und 5,9% für Adipositas bei Jungen und Mädchen im Alter von 3-17 Jahren. Mit abnehmendem sozialen Status verschlechtern sich die Prävalenzen. Auch ein Migrationshintergrund wirkt sich negativ aus (Goldapp et al., 2011, S. 300). Aus übergewichtigen Kindern werden oft übergewichtige Erwachsene und das Risiko für mögliche Folgeerkrankungen wie Diabetes (Typ 2), Krebs- und Herz-/Kreislauferkrankungen ist erhöht. Die World Health Organization (WHO) hat bereits im Jahr 2007 betont, dass diese sog. nicht übertragbaren Krankheiten zunehmend auch KuJ betreffen. Dabei fordert die WHO umfassende Präventionsmaßnahmen in den Bereichen Ernährung und Bewegung. Schulen und auch Kindergärten sind bedeutende Orte für das Erlernen einer gesunden Ernährungsweise und zur Prävention ernährungsbedingter Erkrankungen. Hier können KuJ unabhängig von ihrem sozialen Status erreicht werden. Zudem wirkt sich eine ausgewogene und gesunde Ernährung positiv auf die Leistungsfähigkeit der KuJ aus.
Vor diesem Hintergrund soll in dieser Fallstudie ein Fallbeispiel aus einer Kleinstadt mit hohem Migrationsanteil und vielen sozial schwachen Familien bearbeitet werden.
I. Inhaltsverzeichnis
II. Abbildungsverzeichnis
III. Tabellenverzeichnis
IV. Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Analyse der benötigten Daten
2.1 Benötigte Daten unter Berücksichtigung sozialer Aspekte
2.2 Ernährungsverhalten der KuJ in der Kleinstadt
2.3 Bundesweite Ernährungssituation von KuJ im sozialen Kontext
2.4 Fragebögen und Auswertung der Speisepläne
3 Analyse geeigneter Konzepte
3.1 DGE-Qualitätsstandards in den Settings Schule und Kita
3.2 Konzept ,Gesunde Familiengrundschule Aachen'
3.3 Konzept Jolinchen Kids' für Kitas
3.4 Multiplikatorenkonzept ,Stadtteilmütter' aus Bielefeld
3.5 Ernährungsbildung
4 Übertragung der Konzepte auf das Gesamtkonzept
5 Fazit
V. Literaturverzeichnis
VI. Verzeichnis der Anhänge
II. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ablauf von Präventionsmaßnahmen der Gesundheitsförderung
Abbildung 2: Darstellung der Konzeptbausteine
III. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Übersicht über die erforderlichen Informationen zur Bedarfs- und Bestandsermittlung
Tabelle 2: Übersicht über Ernährungsbildende Programme
IV. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Gender Disclaimer:
Diese Arbeit ist in der männlichen Person verfasst, um den Lesefluss zu erleichtern. Sie schließt die männliche und weibliche Person gleichermaßen ein.
1 Einleitung
Adipositas und Übergewicht sind globale Problemthemen, die bereits Kinder und Jugendliche (KuJ) betreffen. Die Ergebnisse der 2. Welle der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS; 2014-2017) belegen eine stabile, aber hohe Prävalenz von 15,4% für Übergewicht und 5,9% für Adipositas bei Jungen und Mädchen im Alter von 3-17 Jahren. Mit abnehmendem sozialen Status verschlechtern sich die Prävalenzen (Schienkiewitz et al., 2018, S. 16). Auch ein Migrationshintergrund wirkt sich negativ aus (Goldapp et al., 2011, S. 300). Aus übergewichtigen Kindern werden oft übergewichtige Erwachsene und das Risiko für mögliche Folgeerkrankungen wie Diabetes (Typ 2), Krebs- und Herz-/Kreislauferkrankungen ist erhöht. Die World Health Organization (WHO) hat bereits im Jahr 2007 betont, dass diese sog. nichtübertragbaren Krankheiten zunehmend auch KuJ betreffen. Dabei fordert die WHO umfassende Präventionsmaßnahmen in den Bereichen Ernährung und Bewegung (WHO 2007, S. XIII, S. 1-2, S. 14). Schulen und auch Kindergärten sind bedeutende Orte für das Erlernen einer gesunden Ernährungsweise und zur Prävention ernährungsbedingter Erkrankungen. Hier können KuJ unabhängig von ihrem sozialen Status erreicht werden (GKV, 2021, S. 44, S. 47). Zudem wirkt sich eine ausgewogene und gesunde Ernährung positiv auf die Leistungsfähigkeit der KuJ aus (Arens-Azevédo et al., 2015, S. 13).
Vor diesem Hintergrund soll in dieser Fallstudie ein Fallbeispiel aus einer Kleinstadt mit hohem Migrationsanteil und vielen sozial schwachen Familien bearbeitet werden. Die KuJ an den Kitas und Schulen dieser Stadt leiden vermehrt an Übergewicht, was ihnen die Teilnahme am Sportunterricht erschwert. Die Lehrkräfte und Erzieher berichten über mangelnde Konzentration und vermehrten Konsum von süßen Getränken, Fastfood sowie Süßigkeiten in den Pausen. Die KuJ zeigen bereits ernährungsbedingte Erkrankungen. Die gemeinsamen Mahlzeiten in Kitas und Schulen verlaufen ohne Einhaltung von Tischsitten und -regeln. Die Stadtverwaltung hat ein Gremium aus Ärzten, Pädagogen, Psychologen, Kulturbeauftragten, Sportlehrern und einer Ernährungsfachkraft (EF) zusammengestellt. Ziel ist die Entwicklung eines ganzheitlichen Konzeptes, das die KuJ unter Berücksichtigung der kulturellen und sozialen Gegebenheiten für gesunde Ernährung und Bewegung begeistert. Die Fallstudie betrachtet das Projekt ausschließlich aus der Perspektive der EF im Gremium. Die übrigen Fachbereiche können im Rahmen dieser Arbeit nicht berücksichtigt werden. Sie zeigen dennoch wichtige Schnittstellen mit der Ernährungsthematik insbesondere in den Bereichen Bewegung und Psychologie/Verhalten (Wabitsch & Moß, 2019, S. 22). In Kap. 2 wird analysiert, welche Daten zur Konzepterstellung benötigt werden und welche besonderen Aspekte zu berücksichtigen sind. Dabei werden auch Ernährungserhebungsmethoden beschrieben und ausgewählt. Kap. 3 befasst sich mit bestehenden Präventionskonzepten und ihrer Eignung für die Kleinstadt. Abschließend wird in Kap. 4 das Konzept für den Bereich Ernährung vorgestellt und in Kap. 5 ein Fazit gezogen.
2 Analyse der benötigten Daten
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Beschaffung und Analyse der Daten zur Erstellung eines geeigneten Konzepts, sowie der Auswahl einer geeigneten Ernährungserhebungsmethode.
2.1 Benötigte Daten unter Berücksichtigung sozialer Aspekte
Für die Konzepterstellung orientiert sich das Gremium am Public Health Action Cycle. Der Ablauf wird in Abb. 1 dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Ablauf von Präventionsmaßnahmen der Gesundheitsförderung. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Goldapp et al., 2011, S. 300.
Nachdem das Gremium seine grundlegende Zielrichtung festgelegt hat, wird eine Bestands- und Bedarfsermittlung durchgeführt und Handlungsfelder festgelegt. In der Kleinstadt bereits vorhandene Maßnahmen, Projekte und Ressourcen werden analysiert, um doppelte Maßnahmen zu vermeiden und auf diesen aufbauen zu können (Goldapp et al., 2011, S. 298-300). Benötigt werden die in Tab. 1 dargestellten Daten bezogen auf die Kleinstadt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2 Ernährungsverhalten der KuJ in der Kleinstadt
Für die Untersuchung des aktuellen Ernährungsverhaltens der KuJ stehen verschiedene Methoden der Ernährungserhebung zur Verfügung. Für Forschungszwecke (z. B. KiGGS-Studie) oder die Ernährungsberatung werden z. B. prospektive oder retrospektive Verzehrserhebungen eingesetzt (Interviews, Fragebögen oder Wiege-/Schätzprotokolle). Neuere Methoden wie die Fotome- thode mit Smartphones erreichen jüngere Menschen (auch mit Sprachbarrieren) besser. Die Wahl eines geeigneten Verfahrens ist abhängig von der untersuchten Gruppe und den Zielen der Untersuchung. Zur Durchführung und Auswertung von Verzehrserhebungen werden finanzielle und personelle Kapazitäten benötigt (Straßburg, 2010, S. 422-423, S. 428-430). In der Kleinstadt soll jedoch ein präventives Konzept geschaffen werden, dass die KuJ unabhängig von ihrem jeweiligen Gesundheitszustand erreichen soll. Daher wird in der Kleinstadt keine Verzehrserhebung durchgeführt. Die EF greift für das Konzept auf bestehende Daten aus vorhandenen Studien zurück (s. Kap. 2.3). Die spezifischen Problemfelder der Kleinstadt sollen durch gezielte Fragebögen zum Ernährungsverhalten und zu dessen Rahmenbedingungen herausgearbeitet werden (s. Kap. 2.4).
2.3 Bundesweite Ernährungssituation von KuJ im sozialen Kontext
Zur bundesweiten Ernährungssituation von KuJ und zur Qualität der Schul- und Kitaverpflegung stehen verschiedene Studien zur Verfügung - Anhang 1 zeigt eine unvollständige Auswahl. Es zeigt sich, dass zu wenig Obst und Gemüse, Milch- und Milchprodukte sowie ballaststoffreiche Lebensmittel konsumiert werden, während die Aufnahme von Fleisch- und Wurstwaren die Empfehlungen übersteigt. Die Zufuhr an geduldeten Lebensmitteln wie Süßigkeiten und Limonaden liegt deutlich über den Empfehlungen (10 % der Gesamtenergie) (Mensink et al., 2021, S. 9-13). KuJ aus Familien mit niedrigem Einkommen haben in Bezug auf Ernährung, psychischer und physischer Gesundheit ein fünffach erhöhtes Risiko für einen mittelmäßigen bis schlechten Gesundheitszustand (Lampert & Kuntz, 2019, S. 1267-1269). Es zeigt sich eine abnehmende Ernährungsqualität mit geringerem Konsum nährstoffdichter Lebensmittel zu Gunsten energiedichter Lebensmittel mit einer ungünstigen Nährstoffzusammensetzung - hochkalorische und energiedichte Lebensmittel sind günstiger zu beziehen (Muff & Weyers, 2010, S. 84-87).
2.4 Fragebögen und Auswertung der Speisepläne
Die Anhänge 2 bis 5 zeigen die für die Konzepterstellung einzusetzenden Fragebögen. Die EF hat Schlüsselpersonen für die benötigten Informationen ausgemacht: für die Verpflegung zuständige Akteure, Entscheidungsträger für die Verpflegung sowie Schüler, deren Eltern und Kita-Kinder (DGE, 2020a, S. 59; DGE, 2020b, S. 59). Die Familien werden durch die Fragebögen partizipativ in den Prozess eingebunden, um ihre Selbstwirksamkeit zu stärken (Gold et al., 2014b, S. 8-9, S. 13; Goldapp et al., 2011, S. 301). Die Fragebögen decken die für das Konzept relevanten religiösen und kulturellen Aspekte ab. Zudem werden die Problemfelder der Zwischenverpflegung (z.B. Süßigkeitenkonsum), Inanspruchnahme finanzieller Fördermöglichkeiten und Nutzung der Verpflegungsangebote untersucht. Die Speisepläne werden auf die Erfüllung der DGE- Qualitätsstandards (DGE-QS) und Berücksichtigung religiöser Speisevorschriften ausgewertet (DGE, 2020a, S. 74-82; DGE, 2020b, S. 76-84). Der Schüler- und Elternfragebogen (Anh. 4) wird zum selbständigen Ausfüllen verteilt. Die Fragen zur privaten Ernährungssituation sollen von den Schülern in einem ,Elterninterview‘ als Hausaufgabe beantwortet werden, um Verantwortung zu übernehmen und sprachliche Barrieren auszugleichen. In den Kitas werden keine Fragebögen eingesetzt. Die EF wird 5 zufällig ausgesuchte Einrichtungen besuchen und dort mit den Kindern, Kita-Leitungen und Erziehern anhand eines Fragenkatalogs (Anh. 5) sprechen und die Speisepläne auswerten.
3 Analyse geeigneter Konzepte
In diesem Kapitel werden ausgewählte, bestehende Konzepte vorgestellt und hinsichtlich ihrer Eignung für das Gesamtkonzept für die Kleinstadt bewertet.
3.1 DGE-Qualitätsstandards in den Settings Schule und Kita
Die DGE-QS für die Settings Schule und Kita wurden 2010 im Rahmen des Nationalen Aktionsplans ,IN FORM'1 unter den Programmnamen ,Schule + Essen = Note 1‘ und ,FIT KID‘ als Grundlage für eine vollwertige Verpflegung in Schulen und Kitas erstmalig veröffentlicht (DGE, 2020a, S. 6-7; DGE, 2020b, S. 6-7). Eine gesetzlich verpflichtende Anwendung der DGE-QS wird seit Jahren gefordert2 (SPD et al., 2021, S. 45). Die aktuelle 5. Auflage enthält neben ernährungsphysiologischen Empfehlungen für Frühstücks-, Mittags- und Zwischenverpflegung die gesamte Prozesskette des Verpflegungsmanagements (wie Planung, Abfallmanagement, Hygiene, nachhaltige Ernährung, Gestaltung der Essumgebung, Allergenmanagement) sowie Ernährungsbildung (DGE, 2020a, S. 4-5, S. 7, S. 10; DGE, 2020b, S. 4-5, S. 7, S. 10). Die DGE-QS dienen den entspr. Akteuren als Orientierung für die Umsetzung/Optimierung eines eigenen Verpflegungskonzepts. Die DGE empfiehlt hierfür die Gründung eines Verpflegungsausschusses, in dem alle Akteure der Schul- bzw. Kita-Verpflegung vertreten sind (DGE, 2020a, S. 15-17; DGE, 2020b, S. 15-17).
3.2 Konzept ,Gesunde Familiengrundschule Aachen‘
Die Stadt Aachen nutzt einen ganzheitlichen Ansatz gegen soziale Benachteiligung mit einer Präventionskette vom Kleinkindalter bis ins Erwachsenenalter. Das Projekt wurde 2012 in einem stark belasteten Stadtteil begonnen (Stadt Aachen, o. J.-d). Das Netzwerk hat sich auf über 100 Fachleute aus 40 verschiedenen Institutionen ausgeweitet (Stadt Aachen, o. J.-c). Ein wichtiger Projektbaustein ist die ,Gesunde Familiengrundschule Aachen‘, die seit 2015 an 11 Grundschulen realisiert wurde. Neben Ernährungs- und Bewegungsangeboten für die Grundschulkinder steht dabei auch das Schaffen einer Gesundheitskompetenz der Eltern im Fokus (Stadt Aachen, o. J.- a). Als ,Brücke‘ zu den Familien wurden in den Grundschulen Elterncafés geschaffen, die die verfügbaren Bildungs-, Unterstützungs- und Beratungsangebote zur gesundheitlichen Prävention bündeln und einen gegenseitigen Austausch zwischen Eltern, Schule und Schülern und auch untereinander fördern sollen. Eine Fachkraft berät jeweils vor Ort, vermittelt Unterstützung und Kurse und zieht bei Bedarf geeignete Ansprechpartner hinzu (Stadt Aachen, o. J.-b, o. J.-e).
3.3 Konzept Jolinchen Kids‘ für Kitas
Jolinchen Kids ist ein für Kitas kostenfreies Präventionsprogramm der Krankenkasse AOK Rheinland-Hamburg und richtet sich mit dem Drachenkind Jolinchen an Kita-Kinder. Das Programm vermittelt auf spielerische Weise die Themenfelder gesunde Ernährung, Bewegung und seelisches Wohlbefinden. Die Eltern der Kinder werden bei diesem Konzept aktiv mit eingebunden, um den Wissenstransfer in die Familien zu gewährleisten. Die Krankenkasse bietet den Kitas Materialien, Schulungen und Beratungen an und begleitet sie 3 Jahre, um das Konzept auch langfristig zu etablieren (AOK Rheinland/Hamburg, 2021). Das Konzept vereint praktische Erfahrung mit Ernährungsbildung und ist für den Einsatz in den Kitas der Kleinstadt sehr gut geeignet, wenn es in leichter Sprache und in den jeweiligen Landessprachen der Familien umgesetzt wird.
3.4 Multiplikatorenkonzept ,Stadtteilmütter‘ aus Bielefeld
Im Konzept ,Stadtteilmütter‘ wurden Frauen in einem 6-monatigen Kurs zu ,Stadtteilmüttern‘ ausgebildet mit Qualifikationen in den Bereichen Erziehung, Gesundheit, Schule und Ausbildung. Zudem haben sie das deutsche Schulsystem sowie verschiedene Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten verschiedenster Behörden und Institutionen kennen gelernt. Die Stadtteilmütter unterstützen als Multiplikatorinnen ehrenamtlich Migrantenfamilien in ihrem sozialen Umfeld aber auch in den Settings Schule und Kita. Zu ihren Aufgaben gehört die Begleitung bei Behördengängen, Schulterminen, Arztbesuchen oder weiteren Terminen und der Vermittlung von Hilfs-Angebote. Der große Vorteil ist, dass die Stadtteilmütter die Landessprachen der Familien sprechen und mit ähnlichen Migrationsbiographien als Vorbild für erfolgreiche Integration dienen (ISA, 2014; QBO, 2014). Das Programm eignet sich auf Grund der ähnlichen Parameter sehr gut für die Übertragung auf die Settings Kita und Schulen in der Kleinstadt. Zudem kann das Multiplikatorenmodell Menschen in der Kleinstadt berufliche Perspektiven bieten.
3.5 Ernährungsbildung
Ernährungsbildung ist neben einem gesunden Verpflegungsangebot ein wichtiger Baustein, um KuJ gesundes Ernährungsverhalten näher zu bringen (DGE, 2020a, S. 10). Es gibt eine Vielzahl von Projekten mit kostenlosen/-günstigen Materialien zur Anwendung im Unterricht. Tab. 2 führt ausgewählte Angebote des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) und der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) auf:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Übersicht über Ernährungsbildende Programme. Quellen siehe Tabelle.
Großer Vorteil der Programme ist, dass Ernährungswissen hier vor allem durch praktisches Erfahren vermittelt wird. Die Umsetzung wird mit Materialien und Online-Fortbildungen vereinfacht. Die Eltern werden eingebunden (als Gast, Hilfe beim Nachkochen, Besorgen von Küchenutensilien) (BZfE, 2022a), so dass ein Wissenstransfer in die Familien erfolgt. Die Programme für ältere KuJ vermitteln Fähigkeiten zur kritischen Reflexion über das eigene Ernährungsverhalten und die Qualität der Schulverpflegung (BZfE, 2021, S. 1-12). Zudem orientieren sich Jugendliche mit zunehmendem Alter daran, wie sich Gleichaltrige ernähren und welches Verhalten sie zeigen (,Peer- Group-Ansatz‘) (Goldapp et al., 2011, S. 300). Für den Restaurant-Tisch gibt es hierzu Ideen und Anregungen für Aktionen: Mottoparty, Cocktailwoche mit alkoholfreien Schorlen und Musik, SinnExperimente, Schülerwarentests und Gestaltung der Speisepläne durch Schüler (BLE, 2019).
4 Übertragung der Konzepte auf das Gesamtkonzept
Die in Kap. 3 vorgestellten Konzepte eignen sich grundsätzlich gut für die Übertragung in das Gesamtkonzept der Kleinstadt. Zu berücksichtigen sind die sozialen Gegebenheiten und Problemfelder sowie die Ergebnisse aus den Fragebögen. Entsprechend sind die vorgestellten Konzepte anzupassen, miteinander zu verbinden und möglichst niederschwellig an die Familien zu transportieren. Das Konzept besteht aus den in Abb. 2 dargestellten Bausteinen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Darstellung der Konzeptbausteine. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: DGE, 2020a, S. 62-65; DGE, 2020b, S. 62-63; Düren & Kersting, 2003, S. 16-21; VS NRW, 2021.
Basis des Konzepts ist die flächendeckende Anwendung der DGE-QS in allen Kitas und Schulen der Kleinstadt unter Berücksichtigung der gegebenen religiösen Speisevorschriften. Bei der Einrichtung der Verpflegungsausschüsse und Erstellung der Verpflegungskonzepte wird die EF beratend unterstützen und auf Partizipation der KuJ und Eltern mit Migrationshintergrund achten. Die Verpflegungskonzepte werden mit den jeweiligen pädagogischen Konzepten verknüpft. Die ElternCafés dienen als Bindeglied zu den Familien. Damit diese niederschwellig und in ihrer jeweiligen Sprache erreicht werden können, wird das Bielefelder Konzept der Stadtteilmütter in den ElternCafés etabliert. Gestartet wird mit je einer Pilot-Schule und einer Pilot-Kita. Hierzu werden v.a. arbeitsuchende Menschen aus der Kleinstadt mit Kenntnissen der deutschen und der jew. benötigten Landessprachen angeworben. Da anders als in Bielefeld auch Väter angesprochen werden, wurde der Name ,Stadtteileltern‘ gewählt.
Das Programm Jolinchen Kids wird von der AOK über Workshops und Kurse an die pädagogischen Mitarbeiter der Pilot-Kita unter Teilnahme jeweils eines Mitarbeiters aus den übrigen Einrichtungen vermittelt. Auch hier stellen die Stadtteileltern in den Eltern-Cafés das Bindeglied zu den Familien dar (Goldapp et al., 2011, S. 301). Die EF wird die Schulungen begleiten und bei der Umsetzung beraten. Das gleiche gilt für die Umsetzung der verschiedenen ernährungsbildenden Programme von BZfE/BLE in den Schulen. Die Optimierung der Essumgebung in Schulen und Kitas wird entsprechend an den Ergebnissen aus den Fragebögen umgesetzt. Die EF wird sich mit der zuständigen Vernetzungsstelle in Verbindung setzen und die kostenfreie Beratung in Anspruch nehmen (VS NRW, 2021). Die Umsetzung der Gestaltung soll mit den KuJ altersgerecht und gemeinschaftlich erfolgen (Arens-Azevédo, 2021, S. 165; DGE, 2020a, S. 62-63).
Das Gremium vernetzt sich mit den Ansprechpartnern der diversen umzusetzenden Konzepte, um von deren Erfahrungen lernen zu können. Alle Prozessschritte werden dokumentiert und evaluiert, um regelmäßig optimiert werden zu können (Goldapp et al., 2011, S. 302). Die in den PilotEinrichtungen gestarteten Programme werden reflektiert und dann nach und nach flächendeckend umgesetzt. Dabei können sich die Schulen, Kitas, Multiplikatoren und sonstige Beteiligte untereinander vernetzen und unterstützen. Die Finanzierung soll aus Finanzmitteln der Stadt, durch Sponsoring, Kooperationen mit Institutionen, Hilfsorganisationen, Unternehmen bzw. Krankenkassen dargestellt werden. Letztere sollten bereits frühzeitig eingebunden werden, da sie gem. § 20 des 5. Sozialgesetzbuches (SGB V) gesetzlich verpflichtet sind, Maßnahmen zur Primärprävention und zur Gesundheitsförderung zu unterstützen (SGB V, 2022).
5 Fazit
In dieser Fallstudie wurde ein Konzept erstellt, das KuJ der Kleinstadt zu einem gesünderen Lebensstil verhelfen soll. Damit die Maßnahmen die Zielgruppen wirklich erreichen und auch langfristigen Erfolg haben, wurden zunächst verschiedenste Informationen zum Gesundheitszustand und zur Verpflegungssituation durch Interviews, Fragebögen und umfangreiche Recherchen zusammengetragen. Bei der Analyse bestehender Konzepte wurden die individuellen sozialen Aspekte in der Kleinstadt wie Migrationshintergrund (mit kulturellen und religiösen Aspekten) und sozioökonomischer Status berücksichtigt. Die Konzepte wurden nicht einfach übernommen, sondern sinnvoll miteinander verzahnt, um niederschwellig über Multiplikatoren dort anzukommen, wo sie benötigt werden. Im Vordergrund der Maßnahmen stehen das Erleben und die Partizipation vor der reinen kognitiven Wissensvermittlung (Goldapp et al., 2011, S. 301). Wichtig ist das Empowerment der Familien, Kinder und Schüler also der Ausbau der eigenen Ressourcen, für seine eigene Gesundheit eigenverantwortlich sein zu dürfen und zu können (Gold et al., 2014a, S. 17-18). Die Eltern-Cafés und die Multiplikatoren stellen dabei das Bindeglied zu den Familien und KuJ her und bieten den Eltern neue berufliche Perspektiven. Kindern aus sozial schwachen Familien muss der Zugang zur Mittagsverpflegung finanziell ermöglicht werden. Hierzu bedarf es einer Reduzierung bürokratischer Hürden und entsprechender Unterstützung und Aufklärung in den Eltern-Cafés (Arens-Azevedo et al., 2014, S. 5-6; Arens-Azevedo et al., 2015, S. 84). Nach dem Vorbild der Stadt Aachen sollen die einzelnen Konzeptbausteine stufenweise ausgebaut werden, um ein Lernen während der Umsetzung zu ermöglichen und eine Präventionskette mit umfangreichem Netzwerk zu schaffen (Stadt Aachen, o. J.-c, o. J.-d).
[...]
1 Für vertiefende Informationen siehe: https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/ aktionsprogramm-in-form/aktionsprogramm-in-form_node.html.
2 Der Koalitionsvertrag der amtierenden Bundesregierung verspricht weiterhin lediglich eine Etablierung als Standard (SPD et al. 2021, S. 45).
- Citation du texte
- Sabine Kalweit (Auteur), 2022, Präventionsmaßnahmen im Bereich Ernährung. Entwicklung eines ganzheitlichen Konzeptes für Kitas und Schulen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1282088
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