Suizidalität beschreibt den Zustand eines Menschen, der das Vorhaben zeigt, sich selbst töten zu wollen oder lediglich entsprechende Gedanken hat. Motive sind meist Krisensituationen, die für den Betroffenen unüberwindbar scheinen. Im schlimmsten Fall endet die Suizidalität in einem Suizid. Der Begriff des "Selbstmord" sollte, aufgrund von wertenden Anteilen, nicht mehr verwendet werden.
2017 entschieden sich in Deutschland 9.235 für den Suizid, wobei davon circa 76 % Männer waren. Die am häufigsten gewählte Methode war der Tod durch Erhängen, bzw. Ersticken oder Strangulieren. Suizidalität lässt sich zum einen in Basissuizidalität und akute Suizidgefährdung einteilen. Dabei entspricht erstere einer langfristigen Suizidgefährdung, während zweitere die akute Situation mit Handlungsdruck und entsprechenden verbalen Äußerungen darstellt.
Inhaltsverzeichnis
1 Suizidalität
1.2 Die Stadien der Suizidalität
1.2 Umgang mit Suizidalität
2. Fallbeispiel Frau L
2.2 Aufnahme
2.3 Krankheitsgeschichte
2.4 Sozialanamnese
2.5 Verlauf
2.6 Suizidalität im offen geführten Setting
3. Reflexion der Situation
4. Fazit
Literaturverzeichnis
1 Suizidalität
Suizidalität beschreibt den Zustand eines Menschen, der das Vorhaben zeigt, sich selbst töten zu wollen oder lediglich entsprechende Gedanken hat. Motive sind meist Krisensituationen, die für den Betroffenen unüberwindbar scheinen. Im schlimmsten Fall endet die Suizidalität in einem Suizid. Der Begriff des „Selbstmord“ sollte, aufgrund von wertenden Anteilen, nicht mehr verwendet werden (Schädle-Deininger & Wegmüller 2016/2017).
2017 entschieden sich in Deutschland 9.235 für den Suizid, wobei davon circa 76 % Männer waren. Die am häufigsten gewählte Methode war der Tod durch Erhängen, bzw. Ersticken oder Strangulieren (Destatis, Statistisches Bundesamt).
Suizidalität lässt sich zum einen in Basissuizidalität und akute Suizidgefährdung einteilen. Dabei entspricht erstere einer langfristigen Suizidgefährdung, während zweitere die akute Situation mit Handlungsdruck und entsprechenden verbalen Äußerungen darstellt.
1.2 Die Stadien der Suizidalität
Allgemein werden drei Stadien der Suizidalität beschrieben:
I. Die Erwägung
II. Die Ambivalenz
III. Der Entschluss
In der Phase der Erwägung, zieht die betroffene Person den Suizid als mögliche Problemlösung in Betracht (Pöldinger, 1982). Beeinflusst wird die Phase durch nach innen gerichtete Aggressionen und suggestive Momente, wie beispielweise Suizide in der Familie (Woltersdorf, 2008).
Darauf folgt das Stadium der Ambivalenz. Hier ist der Betroffene hin- und hergerissen, seine Idee des Suizids in die Tat umzusetzen. Es werden Hilferufe als Ventilfunktion verwendet, um so Aufmerksamkeit auf die eigene Situation zu lenken (Woltersdorf, 2008). Sie resultieren aus einem Kampf von Selbsterhalt und Selbstzerstörung (Pöldinger, 1982). Solche Äußerungen sind von enormer Wichtigkeit und dürfen daher nicht ignoriert werden, sondern erfordern Aufmerksamkeit und Hilfe.
Das dritte Stadium ist der Entschluss. Woltersdorf (2008) beschreibt diese Phase auch als Ruhe vor dem Sturm. Denn der Betroffene hat seinen Entschluss gefasst und empfindet daraufhin Erleichterung. Diese wird meist fehlgedeutet, obgleich sie ein wichtiges Warnsignal darstellt. Der Betroffene beginnt damit, Vorbereitungen zu treffen, beispielsweise durch das Schreiben eines Testaments oder einer Absicherung der Familie. Dieser Prozess endet schließlich im Suizidversuch (Kozel, 2015).
Wie schnell der Verlauf der drei Stadien abläuft, ist individuell. Die Gedankengänge können sich über mehrere Wochen ziehen, oder raptusartig in einer Kurzschlussreaktion erfolgen (Woltersdorf, 2008).
1.2 Umgang mit Suizidalität
Sollte ein Patient suizidale Gedanken oder Absichten äußern, wird auf der Allgemeinstation ein Arzt oder ein Psychologe informiert. Daraufhin erfolgt ein gemeinsames Gespräch mit dem Patienten, um eventuelle Auslöser oder (neue) Problematiken zu sprechen. Hier wird anschließend differenziert, wie drängend die lebensverneinenden Gedanken auftreten. Die folgenden Entscheidungen über eine eventuelle Weiterbehandlung auf der geschlossenen Station erfolgten in Absprache mit dem Patienten und auf der Grundlage von Erfahrungen des behandelnden Teams. Es erfolgt die Weiterbehandlung auf der offenen Station, sofern sich der Patient absprachefähig zeigt und es sich ausschließlich um latente suizidale Gedanken handelt, ohne weitere Absichten. Es werden Abläufe erstellt, in denen festgelegt wird, wie viele Kontakte zu dem Betroffenen erfolgen müssen und wie die Bedingungen des Aufenthalts angepasst werden müssen, um eine Verschlechterung zu verhindern. Sollte der Betroffene konkrete Pläne zu seinem Suizid äußern, wird dem Betroffenen empfohlen, sich auf der geschlossenen Station weiterbehandeln zu lassen. Meist ist es ihnen sogar ein Anliegen, sich verlegen zu lassen, da sie sich dort sicherer fühlen. Im Falle, dass der Patient keine geschlossene Behandlung wünscht, muss erneut die Absprachefähigkeit ermittelt werden. Zudem werden die Kontaktintervalle zu dem Betroffenen verkürzt. So kann es in extremem Fällen vorkommen, dass der Patient halbstündlich kontaktieren wird und ein Gespräch über die weiteren Schritte erfolgt.
2. Fallbeispiel Frau L.
2.2 Aufnahme
Fr. L. ist 48 Jahre alt und wurde in Begleitung ihres Ehemannes auf die geschützte Station gebracht. Dort verblieb sie auf freiwilliger Basis sechs Tage.
Die Patientin kam aufgrund eines Überforderungserlebens. Sie arbeitet als Büroangestellte und erfahre dort viel Druck. Daraus resultierten Versagensängste sowie wahnhaft anmutende Beziehungsideen. Zudem gab sie Schlafstörungen und verminderten Appetit an.
2.3 Krankheitsgeschichte
1996 bekam die Patienten die Erstdiagnose „Zustand nach akuter vorübergehender psychotischer Episode“ und wurde bereits zu diesem Zeitpunkt auf das Medikament Clozapin eingestellt. Mit dieser Medikation blieb sie 20 Jahre lang, auch über zwei Schwangerschaften hinweg, stabil.
2006 erfolgte eine depressive Dekompensation, woraufhin Fr. L. Venlafaxin verschrieben bekam. Infolge von Nebenwirkungen, in Form von Unruhe und Angstzuständen, setzte sie die antidepressive Medikation jedoch ab.
2.4 Sozialanamnese
Fr. L. ist seit 17 Jahren verheiratet und beschreibt ihre Ehe als harmonisch. Differenzen gab es erst seit der Verschlechterung ihres Befindens. Sie ist Mutter von zwei Kindern, welche 10 und 13 Jahre alt sind. Die Mutter der Patientin hatte in der Vorgeschichte die Diagnose einer Depression.
2.5 Verlauf
Die Patientin zeigt sich anfangs formal-gedanklich eingeengt und auf ihre Ängste fixiert. Damit einhergehend treten Misstrauen und eine ausgeprägte Grübelneigung auf. Im Kontakt wirkt sie affektlabil und angespannt sowie ängstlich und unruhig. Sie ist deutlich ambivalent gegenüber der Behandlung. Zudem gibt sie starke Hoffnungslosigkeit an.
Wie bereits erwähnt, wurde Fr. L. aufgrund von latenten Suizidgedanken vorerst im geschützten Setting behandelt und nach kurzer Zeit auf die offen geführte Station verlegt. Die medikamentöse Therapie erfolgte mit Clozapin und Lorazepam, wobei sich dessen Reduktion schwierig gestaltete. Aufgrund von immer wieder auftretenden Angstzuständen wurde Lorazepam auf Bromazepam umgestellt, um eine Abdosierung zu erleichtern. Leider blieb dies ohne Erfolg. Zudem erhielt Fr. L. Risperidon, da die alleinige Behandlung mit Clozapin nicht anzuschlagen schien.
Fr. L. nahm an einem Großteil der angebotenen Therapien teil. Viele Gruppentherapien mussten aber zwischenzeitlich pausiert werden, die die Patientin mit den Aufgaben überfordert war.
2.6 Suizidalität im offen geführten Setting
Da sich die Patientin intermittierend immer wieder verschlechterte, wurde ihr an einem Wochenende von der Wochenendbelastungserprobung (kurz: WEBE) abgeraten und sie verblieb somit auf der Station. Die Zimmernachbarin hingegen ging, wie geplant, am Samstag in die geplante WEBE. Dies beunruhigte Fr. L. sehr, da sie nun allein in ihrem Zimmer war.
Zu Beginn des Nachtdienstes äußerte die Patientin, dass sie unruhig sei und sich nicht wohlfühle. Sie sagte, dass sie in ihrer Zimmernachbarin eine Bezugsperson gefunden habe, welche sie sehr unterstütze. In einem Gespräch wurden mögliche Strategien zur Verminderung ihrer Unruhe besprochen. Sie wollte die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen versuchen und erhielt zusätzlich auf Wunsch einen Schlaf- und Nerventee, welcher ihr sonst gut geholfen hat.
Im Verlauf des Abends wurde Fr. L. zunehmend unruhig. Um 21 Uhr endete die Besuchszeit und ihr Ehemann musste die Station verlassen. Das führte zu Verlustängsten und der Sorge, nicht allein bleiben zu können. Diese Sorge verbalisierte die Patientin offen gegenüber dem Pflegepersonal. Nach einem weiteren Gespräch mit der Patientin und der anschließenden Rücksprache mit dem diensthabenden Oberarzt erhielt sie 1 mg Lorazepam zur Beruhigung. Diese Medikation war von Fr. L. gewünscht, da sie die Angst und Unruhe kaum aushalten konnte.
Leider zeigte auch die Bedarfsmedikation keine Wirkung. Die Patientin äußerte die Sorge, dass sie sich in der Nacht aus Verzweiflung etwas antun könnte, woraufhin mit ihr die bestehenden Möglichkeiten besprochen wurden. Dies war zum einen die erneute Rücksprache mit dem Oberarzt und eine weitere Gabe einer Bedarfsmedikation, die sie ablehnte. Auch weitere Entspannungsübungen konnte sie nicht durchführen, da ihr dafür die Konzentration fehlte.
Die Patientin kannte bereits die geschützte Station des Hauses. Ihr wurde die Möglichkeit dargelegt, dass sie diese Nacht auf der geschützten Station verbringt. Zum einen zur Beruhigung und zum anderen, um sie tatsächlich vor einem Suizidversuch zu schützen. Fr. L. äußerte, dass für sie eine Verlegung auf die geschützte Station nicht infrage komme und sie den Aufenthalt dort als sehr belastend empfand.
Da weitere Möglichkeiten ausblieben und die Patientin eine große Angst vor dem Alleinsein hatte, wurde überlegt, wie sie mehr Sicherheit erlangen könnte.
Auf Grund dessen, dass eine Mitpatientin, welche im Zimmer direkt gegenüber dem Dienstzimmer lag, ebenfalls in der WEBE war und ansonsten alle Betten belegt waren, wurde die Entscheidung getroffen, das Bett der Mitpatientin neu zu beziehen und Fr. L. vorübergehend in das Zimmer zu verlegen.
Diese Maßnahme beruhigte Fr. L. Denn in dem neuen Zimmer war sie zum einen nicht alleine, und zum anderen hatte sie einen schnellen Zugang zum Dienstzimmer. Außerdem wurde mit ihr abgesprochen, dass über Nacht die Fenster verschlossen wurden. Damit war sie einverstanden. Ebenfalls wurde nochmals mit dem Oberarzt Rücksprache gehalten. Auch er stimmte dem Vorgehen zu.
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- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2020, Umgang mit Suizidalität im stationären Setting der Allgemeinpsychiatrie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1280548
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