Aufgrund dieser Gesetzesänderungen und des dahingehenden rechtswissenschaftlichen Diskurses, stellt sich die Frage, welchen Stellenwert Nachhaltigkeit im Aktienrecht einnimmt. Dazu soll unter Annahme des Shareholder-Value-Konzepts die unternehmerische Nachhaltigkeit im Aktienrecht insbesondere im Hinblick auf Pflichten des Vorstands untersucht und ein möglicher Konflikt mit dem Vorrang der Gewinnmaximierung zugunsten der Aktionäre beleuchtet werden.
Mit dem Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vom 31.07.2009 hat der Gesetzgeber in § 87 Abs 1 Satz 2 AktG aF festgelegt, dass die Bezüge der Vorstandsmitglieder bei börsennotierten Gesellschaften „auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten“ sind. Zwar wurde bereits unter dieser Formulierung über den Begriff der Nachhaltigkeit im Hinblick auf soziale und ökologische Aspekte diskutiert, doch war in der rechtswissenschaftlichen Literatur stark vertreten, nachhaltige Unternehmensentwicklung zeitlich iSv langfristigem und andauerndem Unternehmenserfolg auszulegen. Mit dem Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) vom 12.12.2019 ersetzte der Gesetzgeber die Worte „nachhaltige Unternehmensentwicklung“ durch „nachhaltige und langfristige Entwicklung der Gesellschaft“. Neben der Bezugnahme auf die nachhaltige Entwicklung im AktG findet die andauernde Nachhaltigkeitsdebatte auch durch das Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten (CSR-RL-UG) vom 11. April 20175 verstärkt Beachtung.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einführung
- B. Grundsatz der Gewinnmaximierung
- I. Gewinnmaximierung als betriebswirtschaftliches Unternehmensziel
- II. Der Grundsatz im Aktienrecht
- 1. Shareholder Value Ansatz
- 2. Normtheoretische Betrachtung
- C. Nachhaltigkeit
- I. Konzept der Nachhaltigkeit
- II. Unternehmerische Nachhaltigkeit im Recht
- 1. Nachhaltigkeit als allgemeiner Rechtsbegriff
- 2. Europarechtlicher Hintergrund
- 3. Auslegung im nationalen Aktienrecht
- a) Bisherige Auslegung nach dem VorstAG
- b) Neuere Auslegung nach dem ARUG II
- III. Stellungnahme
- D. Zielkonflikt Gewinnmaximierung und Nachhaltigkeit
- I. Pluralistisches oder monistisches Unternehmensziel?
- II. Kollision etwaiger Vorstandspflichten
- 1. Sozialbindung des Eigentums, Art 14 Abs 2 GG
- 2. Vergütung, § 87 Abs 1 Satz 2 AktG
- 3. Leitungsermessen, § 76 Abs 1 AktG
- 4. Haftung, § 93 Abs 2 AktG
- 5. Legalitätspflicht, §§ 76 Abs 1, 93 Abs 1 Satz 1 AktG
- 6. Berichtspflicht, §§ 289b, 289c HGB
- III. Stellungnahme
- IV. Zwischenergebnis
- E. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Spannungen zwischen dem Grundsatz der Gewinnmaximierung im Aktienrecht und dem Konzept der unternehmerischen Nachhaltigkeit. Sie untersucht, ob und inwieweit der Shareholder Value Ansatz als dominantes Unternehmensziel ein wesentliches Hindernis für die nachhaltige Unternehmensführung darstellt.
- Gewinnmaximierung als Unternehmensziel im Aktienrecht
- Der Shareholder Value Ansatz und seine Auswirkungen auf die Unternehmensführung
- Das Konzept der Nachhaltigkeit und seine rechtliche Einordnung
- Der Zielkonflikt zwischen Gewinnmaximierung und Nachhaltigkeit
- Mögliche Lösungsansätze zur Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensführung
Zusammenfassung der Kapitel
- A. Einführung: Diese Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und skizziert den thematischen Rahmen.
- B. Grundsatz der Gewinnmaximierung: Dieses Kapitel beleuchtet den Grundsatz der Gewinnmaximierung als betriebswirtschaftliches Unternehmensziel und untersucht seine Bedeutung im deutschen Aktienrecht. Es wird dabei auch auf den Shareholder Value Ansatz eingegangen, der im Fokus der Arbeit steht.
- C. Nachhaltigkeit: Das Kapitel definiert den Begriff der Nachhaltigkeit und untersucht seine Relevanz im Kontext der Unternehmensführung. Es werden verschiedene rechtliche Aspekte der unternehmerischen Nachhaltigkeit im nationalen und europäischen Recht beleuchtet, einschließlich der Auslegung des VorstAG und des ARUG II.
- D. Zielkonflikt Gewinnmaximierung und Nachhaltigkeit: Dieses Kapitel analysiert den Zielkonflikt zwischen dem Grundsatz der Gewinnmaximierung und dem Konzept der Nachhaltigkeit. Es werden verschiedene rechtliche Argumente und Problemfelder beleuchtet, die im Zusammenhang mit diesem Konflikt auftreten, wie z.B. die Sozialbindung des Eigentums, die Vorstandsvergütung, das Leitungsermessen, die Haftung und die Legalitätspflicht.
Schlüsselwörter
Shareholder Value, Corporate Sustainability, Nachhaltigkeit im Unternehmensrecht, Gewinnmaximierung, Aktienrecht, Vorstandspflichten, Legalitätspflicht, Berichtspflicht, Sozialbindung des Eigentums, ARUG II, VorstAG.
- Quote paper
- Fabian Henke (Author), 2020, Shareholder Value versus Corporate Sustainability. Nachhaltigkeit im Aktienrecht und der Vorrang der Gewinnmaximierung zugunsten der Aktionäre, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1280418