Diese Bachelorarbeit soll die präventiven Eigenschaften von Vitamin D darlegen und beschreiben. Vitamine sind lebensnotwendige Stoffe, die der Körper benötigt, um alle überlebenswichtigen und notwendigen Funktionen aufrecht zu erhalten. Bis auf wenige Ausnahmen kann der Körper diese Vitamine nicht selbst herstellen und ist auf die Zufuhr von Nahrung angewiesen. Eine dieser Ausnahmen ist das Vitamin D. Vitamin D ist das einzige Vitamin, welches der Körper durch Eigensynthese in den oberen Hautschichten bilden kann.
In der Haut wird das Provitamin D (7-Dehydrocholesterol) mit Hilfe von Sonnenlicht (UV-B-Strahlen) in Vitamin D3 (Cholecalciferol) umgewandelt. Das umgewandelte Vitamin D3 wird daraufhin in der Leber und der Niere metabolisiert und in den aktiven Metaboliten 1,25-Dihydroxy-Vitamin D3 (Calcitriol) übergeben. Jedoch bleibt diese natürliche Ressource der Vitamin D-Zufuhr über das Sonnenlicht in der Zeit der „Homo digitalis“ durch Reizüberflutung von Handys, Fernsehern und Laptops oft unberührt. Calcitriol oder 1,25(OH)2D3 ist eine hormonaktive Form von Vitamin D, die, wie auch die Sexualhormone (z.B. Estradiol, Progesteron, Testosteron) oder die Corticosteroide (z.B. Kortison), zu den Steroidhormonen gehört.
Daher spricht man vielmehr vom Vitamin-D-Hormon. Beim Vitamin D wird zwischen pflanzlicher und tierischer bzw. menschlicher Herkunft unterschieden. Da Vitamin D eine zentrale Rolle bei zahlreichen physiologischen Funktionen und Einfluss auf akute und chronische Erkrankungen hat, kann ein Vitamin D-Mangel im schlimmsten Fall sogar zum Tode führen. Eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D3 steht im Zusammenhang mit einer präventiven Wirkung auf den Bewegungsapparat, hier genauer auf den Knochenstoffwechsel, die Muskulatur und die Sturz- und Frakturprophy-laxe.
1 Einleitung und Problemstellung
3.2 Vitamin D-Empfehlung in Deutschland
3.3 Vitamin D-Versorgung in Deutschland
3.3.3.1 25(OH)D-Spiegel im Blutserum
3.3.3.3 Saisonale Abhängigkeit- Biomarker
3.3.4.2 Vitamin D-Intoxikation
3.4.1.1 Die geographische Lage – Breitengrad
3.4.1.8 Einfluss von Medikamenten
3.4.1.9 Verschiedene Erkrankungen
3.4.1.9.1 Gestörte Fettverwertung und Magen-Darm-Erkrankungen
3.4.1.9.2 Übergewichtige und Fettleibigkeit
3.4.1.9.5 Schilddrüsen und Nebenschilddrüsenerkrankung
3.4.2.1 Knochen, Muskeln und Sturzrisiko
3.4.2.4 Herz-Kreislauf-Erkrankungen
3.7.1 Passiver Bewegungsapparat
3.7.2 Aktiver Bewegungsapparat
4 Methodik
4.1 Einschlusskriterien
4.2 Ausschlusskriterien
5 Ergebnisse
5.1 Ergebnisse zum Zusammenhang der Vitamin D-Versorgung und dem Bewegungsapparat mit Schwerpunkt Knochenstoffwechsel, sowie Sturz- und Frakturprophylaxe
5.2 Ergebnisse zum Zusammenhang der Vitamin D-Versorgung und dem Bewegungsapparat mit Schwerpunkt Muskulatur
6 Diskussion
7 Zusammenfassung
8 Literaturverzeichnis
9 Abbildungs-, Tabellen-, Abkürzungsverzeichnis
9.1.Abbildungs
9.2.Tabellenverzeichnis
1 Einleitung und Problemstellung
Vitamine sind lebensnotwendige Stoffe, die der Körper benötigt, um alle überlebenswichtigen und notwendigen Funktionen aufrecht zu erhalten. Bis auf wenige Ausnahmen kann der Körper diese Vitamine nicht selbst herstellen und ist auf die Zufuhr von Nahrung angewiesen.
Eine dieser Ausnahmen ist das Vitamin D. Vitamin D ist das einzige Vitamin, welches der Körper durch Eigensynthese in den oberen Hautschichten bilden kann. In der Haut wird das Provitamin D (7-Dehydrocholesterol) mit Hilfe von Sonnenlicht (UV-B-Strahlen) in Vitamin D3 (Cholecalciferol) umgewandelt. Das umgewandelte Vitamin D3 wird daraufhin in der Leber und der Niere metabolisiert und in den aktiven Metaboliten 1,25-Dihydroxy-Vitamin D3 (Calcitriol) übergeben. Jedoch bleibt diese natürliche Ressource der Vitamin D-Zufuhr über das Sonnenlicht in der Zeit der „Homo digitalis“ durch Reizüberflutung von Handys, Fernsehern und Laptops oft unberührt (Scharla, 2003; Holick, 2007). Calcitriol oder 1,25(OH)2D3 ist eine hormonaktive Form von Vitamin D, die, wie auch die Sexualhormone (z.B. Estradiol, Progesteron, Testosteron) oder die Corticosteroide (z.B. Kortison), zu den Steroidhormonen gehört. Daher spricht man vielmehr vom Vitamin-D-Hormon (Blunt 1968, Blunt 1969, Holick 1971, Semmler 1972, Holick 1998).
Beim Vitamin D wird zwischen pflanzlicher und tierischer bzw. menschlicher Herkunft unterschieden. Das Vitamin D aus tierischer Herkunft, sowie aus der Eigensynthese des menschlichen Körpers, wird Vitamin D3 (Cholecalciferol) genannt. Der pflanzliche Ursprung von Vitamin D wird als Vitamin D2 (Ergocalciferol) bezeichnet (Rajakumar, 2003 & Holick, 2006).
Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (2012) liegt bei 60% der Deutschen Bevölkerung ein Vitamin D-Mangel vor. Aktuelle Erkenntnisse der letzten 30 Jahre in der weltweiten Vitamin D-Forschung belegen, dass die aktive Form 1,25(OH)2D nicht nur für den Knochenstoffwechsel, sondern auch für die Funktionen fast aller Zellen und Organe lebensnotwendig ist. Die Gesundheit der Gefäße, des Herzens, der meisten Organe und des Immunsystems sind von der Vitamin D-Versorgung abhängig. Das Robert-Koch-Institut hat im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums eine repräsentative Studie über die Vitamin D-Versorgung in Deutschland durchgeführt. Aufgrund der bundesweiten Querschnittstudie (DeViD-Studie, 2007) wurde deutlich, dass nur etwa 8% der untersuchten Probanden ausreichend mit Vitamin D versorgt waren. Des Weiteren ergaben zwei prospektive Studien (2008), dass ein Zusammenhang zwischen dem Vitamin D-Spiegel und der Mortalität besteht.
Ärzte und Wissenschaftler sprechen sich daher für bestimmte Empfehlungen und Schätzwerte aus, damit die präventiven Eigenschaften auf den Bewegungsapparat erhalten bleiben. Jedoch stellt sich die Frage, wie es zu einem so schwerwiegenden Vitamin D-Mangel kommen kann. Einige Ursachen könnten die geringen Sonnenexpositionen vieler deutscher Bürger sein. Des Weiteren können auch die heutigen Lebensmittel als Ursache eines Vitamin D-Mangels gekennzeichnet werden. Die genannten Ursachen stellen jedoch nur einen kleinen Teil der möglichen Ursachen dar. Da Vitamin D eine zentrale Rolle bei zahlreichen physiologischen Funktionen und Einfluss auf akute und chronische Erkrankungen hat, kann ein Vitamin D-Mangel im schlimmsten Fall sogar zum Tode führen. Eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D3 steht im Zusammenhang mit einer präventiven Wirkung auf den Bewegungsapparat, hier genauer auf den Knochenstoffwechsel, die Muskulatur und die Sturz- und Frakturprophylaxe. Die präventiven Eigenschaften sollen in der Bachelorthesis dargelegt und beschrieben werden.
2 Zielsetzung
Ziel der Bachelorarbeit ist es, mit Hilfe einer ausführlichen Literaturrecherche die präventive Wirkung von Vitamin D zu untersuchen und darzustellen. Hierbei fokussiert sich die Literaturrecherche auf die Wirkung von Vitamin D3 (Cholecalciferol). Zudem wird die Abhängigkeit von Vitamin D in Bezug auf den Knochenstoffwechsel, der Muskulatur und der Sturz- und Frakturprophylaxe beschrieben. Dabei werden Einflüsse von Sonnenbestrahlung, Nahrung und Supplementierung in ihrer Wirksamkeit bei der Vitamin D-Versorgung und Aufnahme miteinander verglichen. Anhand der systematischen Literaturrecherche können Studien aus den letzten ein bis fünf Jahren Aufschluss über die präventiven Wirkungen einer ausreichenden Vitamin D-Versorgung auf den Bewegungsapparat geben und dessen Bedeutung, sowie dessen Zusammenhang, darstellen.
3 Gegenwärtiger Kenntnisstand
Das Thema Vitamin D rückt immer weiter in den Fokus der Wissenschaft, wodurch wissenschaftliche Studien immer mehr an Kenntnis erlangen. Auch die Anzahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen der letzten Jahre steigt rasant an. Allein in der medizinischen Datenbank PubMed sind 89.037 Studien über das Thema Vitamin D zu finden. Davon wurden beispielsweise innerhalb nur eines Jahres von Anfang 2020-2021 knapp 6.077 Studien veröffentlicht (Stand 18.02.2021).
Viele dieser Studien beschäftigen sich mit den Folgen eines Vitamin D-Mangel, dem Vitamin D-Spiegel und dem Vitamin D-Status in den verschiedensten Ländern dieser Welt. In dem folgenden Kapitel das Thema Vitamin D genauer betrachtet und beschrieben.
3.1 Geschichte des Vitamin D
Vor rund 500 Millionen Jahren hat sich ein Phytoplankton entwickelt, welches Energie durch Zucker gewinnen konnte und Vitamin D selbst produziert hat. Laut Wormser hat sich ein fettlöslicher Stoff unter Einfluss von ultravioletter Sonnenstrahlung in Vitamin D umgewandelt. Das Vitamin D wurde zum Knochenbaustoff, welcher sich mit Kalzium aus dem Meerwasser gebildet hat. Dadurch konnten sich vor knapp 500 Millionen Jahren Skelettsysteme bilden. Vitamin D und Kalzium bilden als lichtgesteuerte Mechanismen die Grundlagen für die Evolution komplexer Lebewesen (nach Wormser). Die ersten Meereslebewesen verließen vor zirka 350 Millionen Jahren das Wasser. Als Grundlage für das Überleben mussten die kleinen Lebewesen aufgrund der Schwerkraft und der zunehmenden Körpergröße ihr stabiles Skelettsystem weiter aufbauen.
Einige Zeit später, als sich vor zwei Millionen Jahren der homo sapiens auf der Erde entwickelt, verfügte er bereits über ein komplexes Vitamin D-System, welches Sonnenlicht zum Überleben benötigte. Bereits aus den ersten schriftlichen Überlieferungen, zum Beispiel durch die Höhlenmalerei der Sonnenausstellung in Aspeberget wird deutlich, dass die ersten Menschen den Kontakt mit Sonnenlicht als lebensnotwendig und gesundheitsfördernd empfanden. Auch in der Zeit der alten ägyptischen Pharaonen Ramses und Nofretete wird von positiven Auswirkungen des Sonnenlichtes im Zusammenhang mit der Herzgesundheit berichtet, wie es in Schriften festgehalten wurde.
Vor etwa 2.000 Jahren veränderte sich das Auftreten des Menschen in der freien Natur. Viele verschiedene Glaubensrichtungen wie zum Beispiel Mithraismus, Zoroastrismus, Buddhismus (…) bestimmen das Denken der Menschen. Während sich die Menschen vor zwei Millionen Jahren leicht bekleidet unter freiem Himmel in der Sonne bewegten, verstecken sich die Menschen heutzutage in ihren Behausungen (Holick, 2007).
In der Zeit der Industrialisierung verbreitete sich die mit dem Vitamin D-Mangel in Zusammenhang stehende Krankheit Rachitis. Die ersten bedeutenden Quellen über die Rachitis stammen aus dem 17. Jahrhundert von Francis Glisson und Daniel Whistler (Ringe 1998, Rajakumar 2003). Die Rachitis trat vor allem bei Kindern im frühen Kindesalter auf. Gekennzeichnet wird die Rachitis durch typische Skelettveränderungen, Gang- und Bewegungsstörung, Wachstumsverzögerungen, Krämpfen und starken Schmerzen. Vor allem in den Industriestädten wie England trat die Krankheit vermehrt auf (nach Whistler ab 1619). Im Jahre 1633 hat Professor Jeffrey LH O´ Riordan aus London in alten Kirchenbüchern die ersten Einträge von über 14 Kindern, die an Rachitis verstorben sind, gefunden. Im Jahr 1650 waren es schon 200 Fälle pro Jahr, welche 1660 schon auf eine Anzahl von 500 Verstorbene pro Jahr stieg.
Als die Rachitis zwei Jahrhunderte später überwiegend in ärmeren Bevölkerungsschichten in den Städten Nordamerikas und Europas ausbrach, untersuchte der polnische Arzt Jedrzej Sniadecki die Krankheit in den 1820er-Jahren. Die Kinder im städtischen Milieu erkrankten viel häufiger an Rachitis, als Bewohner ihres Alters die im ländlichen Raum lebten (Sniadecki 1840). Sniadecki überlegte, ob sich die Krankheit auf einen Mangel an Sonnenlicht durch die schlechten Wohnverhältnisse zurückführen lässt, die ebenfalls in seiner Heimat in Warschau herrschten. Kranke Kinder setzte er zur Genesung höheren Sonneneinstrahlungen aus und schickte sie in die ländlichen Regionen, mit Erfolg.
Der historische Durchbruch des Vitamin D gelang schließlich den US-amerikanischen Forschern Elmer McCollum und Marguerite Davis im Jahre 1914. Die Forscher entdeckten das Vitamin A, welches als Substanz im Lebertran vorzufinden war. Hunde, die mit Lebertran gefüttert worden waren, entwickelten keine Rachitis. Laut dem britischen Arzt Edward Mellanby bedeutete seine Entdeckung, dass Vitamin A oder eine ähnliche Substanz die Krankheit Rachitis auslöschen bzw. die Verbreitung verhindern könnte. 1922 fand McCollum bei einer Untersuchung heraus, dass in einem modifizierten Lebertran das Vitamin A jedoch zerstört wurde. Folglich wurde deutlich, dass es ein anderes Vitamin im Lebertran war, welches die Hunde heilte. Aufgrund dieser Entdeckung nannte Elmer McCollum dieses Vitamin „Vitamin D“, da es das vierte Vitamin war, welches entdeckt und benannt wurde. Das Vitamin D wurde als Knochenstoffwechsel regulierende Substanz beschrieben und als vorbeugende und heilende Substanz im Kampf gegen Rachitis eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch noch nicht bekannt, dass der Mensch Vitamin D durch Eigensynthese in den oberen Hautschichten mit Hilfe von UV-Licht aufnehmen kann.
Ende des 19. Jahrhunderts stellte Theobald Palm fest, dass Rachitis überwiegend nur auf der nördlichen Erdhalbkugel auftrat (Palm 1890). Kinder und Jugendliche, die sich auf der südlichen Erdhalbkugel befanden, hatten noch nie von der Krankheit Rachitis gehört. Theobald Palm leitete aus seiner Entdeckung ab, dass ein Mangel an Sonnenlicht die Ursache der Rachitis sein musste. Wie schon in den 1840er Jahren von Jedrzei Sniadecki entdeckt, empfahl auch Theobald Palm regelmäßige Sonnenbäder.
Kurze Zeit später wurde die fettlösliche Form Vitamin D3 entdeckt. Vitamin D3 wurde 1925 von Alfred Fabian Hess erforscht, welcher bei einer Bestrahlung von 7-Dehydrocholesterin mit Licht die Form des fettlöslichen Vitamins entdeckte. Er äußerte „Licht ist gleich Vitamin D“. Viele Wissenschaftler vermuteten, dass dieses Vitamin D mit antirachitischer Wirkung im Sonnenlicht und auch in der Nahrung vermehrt vorkommt (Mellanby 1918, Mellanby 1919, Goldblatt 1923, Steenbock 1924). Der Biochemiker Harry Steenbock konnte 1923 nachweisen, dass der Vitamin D-Gehalt in Lebensmitteln durch Bestrahlung mit ultraviolettem Licht erhöht werden kann. Er experimentierte mit Nagetierfutter und fand heraus, dass die Nagetiere durch das Futter mit erhöhtem Vitamin D-Gehalt von Rachitis befreit wurden. Diese Entdeckung entwickelte sich vor allem in Amerika zu einem richtigen „Vitamin-D-Boom“. Viele Lebensmittel wurden mit erhöhtem Vitamin D-Gehalt beworben und verkauft. Darunter Milchprodukte, aber auch Hot Dogs (Rickter´s Hot Dogs), Limonade (Twang Soda) und Bier (Schlitz Beer). In Europa wurden vor allem Milch und Pudding mit Vitamin D angereichert und vermarktet. Zu Beginn der 1930er Jahre konnte Vitamin D chemisch isoliert werden (Windaus 1936). Vitamin D wurde in tierischer bzw. menschlicher Herkunft und pflanzlicher Herkunft unterschieden. Der pflanzliche Ursprung wurde Vitamin D2 (Ergocalciferol) und der tierische Ursprung Vitamin D3 (Cholecalciferol) genannt (Rajakumar 2003, Holick 2006). Erst 40 Jahre später wurden die Aktivierungsschritte in der Leber und Niere im Rahmen einer damaligen Doktorarbeit von Prof. Hector DeLuca an der Universität Wisconsin identifiziert (Lund 1966, Morri 1967, DeLuca 1983). Die aktivierte Form 25(OH)D gilt heute als Barometer der medizinischen Beurteilung des Vitamin D-Status einer Person. Im Anschluss wird das 25(OH)D in der Niere in seine hormonaktiv Form 1,25(OH)2D oder Calcitriol umgewandelt und aktiviert. Dadurch wurde den Wissenschaftlern klar, dass die aktivierte Form 1,25(OH)2D eher zu den Hormonen zuzuordnen sei, als zu den Vitaminen (Blunt 1968, Blunt 1969, Holick 1971, Semmler 1972, Holick 1998). Vermehrt wird daher auch heute vom Vitamin D-Hormon oder Sonnenhormon gesprochen.
Das Sonnenhormon gehört zur Gruppe der Steroidhormone, die in den Körperzellen an Vitamin D-Rezeptoren binden. In der Leber wird das Vitamin D in Calciferol umgewandelt. In der Niere wird das Calciferol in die aktive Form Calcitriol umgewandelt. Die aktive Form Calcitriol befindet sich als Hormon im Blut und steuert die Anhäufung von Kalzium und Phosphat im Blutkreislauf. Folglich fördert Calcitriol das gesunde Knochenwachstum. Diese Entdeckungen wurden zwischen 1971-1972 von Michael F. Holick im Labor von Hector DeLuca und von Tony Norman erforscht.
Durch die vielen Forschungsergebnisse und Prozesse in der Evolution von Vitamin D wird klar, dass dieses Vitamin essenziell für den Menschen ist. In den letzten Jahren konnte die Wissenschaft beweisen, dass Vitamin D vielmehr Aufgaben hat, als die Regulation des Kalzium- und Phosphathaushaltes (Holick 2004).
3.2 Vitamin D-Empfehlung in Deutschland
Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) weisen etwa 60% der deutschen Bevölkerung eine unzureichende Vitamin D-Versorgung auf. Die vorliegenden Daten über den Versorgungsstatus von Vitamin D zeigen, dass das Risiko eines Mangels für bestimmte Altersgruppen (speziell ältere Menschen), sowie für Schwangere, Stillende, Säuglinge und Kleinkinder besteht. Die Bestimmung und Verlaufskontrolle des Vitamin D-Spiegels, sowie Supplementierung mit Vitamin D-Präparaten sollten bei den genannten Risikogruppen durchaus in Erwägung gezogen werden (Holick, 2007).
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) untersuchte und veröffentlichte 2018 Schätzwerte für eine angemessene Zufuhr an Vitamin D. Die Schätzwerte beziehen sich ausschließlich auf die Nährstoffzufuhr über die Nahrung und wurden angegeben, da keine empfohlene Zufuhr abgeleitet werden kann aufgrund der fehlenden Angaben zum durchschnittlichen Bedarf.
Für Kinder ab dem 1. Lebensjahr und Erwachsene aller Altersgruppen wird der Schätzwert von 20 Mikrogramm (800 I.E.) pro Tag angegeben. 1 Mikrogramm entspricht 40 internationalen Einheiten (I.E.). Der Schätzwert von 20 Mikrogramm pro Tag bezieht sich ausschließlich auf Nahrungsmittel als einzige Vitamin D-Quelle bei keiner körpereigenen Vitamin D-Bildung durch UV-B-Bestrahlung. Die Eigensynthese trägt bei körperlichen Aktivitäten oder langen Aufenthalten im Freien zu 80%-90% der Vitamin D-Nährstoffversorgung bei. Die Nährstoffzufuhr über die Nahrung macht prozentual nur etwa 10%-20% aus, da nur die wenigsten Lebensmittel nennenswerte Mengen an Vitamin D enthalten. Nach den Ergebnissen der Nationalen Verzehrsstudie (NVS II) liegt die Vitamin D-Zufuhr bei Frauen im Alter von 14 bis 80 Jahren bei 2,2 Mikrogramm pro Tag. Gleichaltrige Männer hingegen weisen eine Vitamin D-Zufuhr von 2.9 Mikrogramm pro Tag auf (RKI, Stand 2008).
Folglich kann die empfohlene Tagesdosis von 20 Mikrogramm pro Tag über die Nahrung nicht erreicht werden, wenn zu dem auch keine ausreichende Sonnenlichtexposition gegeben ist. In diesem Fall sollten geeignete Nahrungsergänzungsmittel oder Vitamin D-Präparate eingesetzt werden, um den Tagesbedarf von 20 Mikrogramm pro Tag vorzuweisen (DGE 2018).
3.3 Vitamin D-Versorgung in Deutschland
3.3.1 Nährstoffbeschreibung
Vitamin D ist der Oberbegriff einer Reihe biologischer aktiver Calciferole. Es wird unterschieden zwischen dem synthetischen Ergocalciferol (Vitamin D2) und dem in tierischen Lebensmitteln vorkommenden Cholecalciferol (Vitamin D3). Vitamin D-Mengen werden in allgemeinen Gewichtseinheiten angegeben. Eine internationale Einheit (I.E.) Vitamin D entspricht 0,025 Mikrogramm Vitamin D, dementsprechend ist 1 Mikrogramm Vitamin D gleich 40 I.E.
Lebensmittel dürfen nur mit Vitamin D in Form des Ergocalciferol (Vitamin D2), Cholecalciferol (Vitamin D3) und Cholecalciferol- Cholesterin (Vitamin D3-Cholesterin) angereichert werden (Zusatzstoff-Verkehrsordnung, o.J.). In Deutschland ist für die Anreichung von Vitamin D in Lebensmitteln eine ausdrückliche Zulassung erforderlich (Bundesinstitut für Risikobewertung, o.J.).
Vitamin D ist in Lebensmitteln stabil. Dies bedeutet, dass Verluste durch Lagerungen oder Zubereitung nahezu nie entstehen, da Vitamin D bis zu 180 0C hitzestabil ist. Jedoch können durch Lichtexpositionen bei angereicherter Milch bis zu 40% des zugegebenen Vitamin D vernichtet werden (Faulkner et al., 2000; Renken und Warthesen, 1993).
3.3.2 Quellen und Vorkommen
Endogenes Vitamin D3 (Cholecalciferol) wird aus 7-Dehydrocholesterin gebildet (Bässler et al., 22002; Holick, 1995). Das 7-Dehydrocholesterin ist ein Vorläufer in der Cholesterinbiosynthese.
3.3.2.1 Lebensmittel
Das Vitamin D3 kommt in der Nahrung, vorzugsweise in tierischen Lebensmitteln, vor. Vor allem Fettfische (1-27 Mikrogramm / 100g), Lebertran (300 Mikrogramm / 100g), Leber, Eier, Butter, Käse und Milch enthalten höhere Mengen Vitamin D3. Lebensmittel wie Margarine und Mischfetterzeugnisse enthalten bis zu 2,5 Mikrogramm / 100g.
Milcherzeugnisse liegen bei einem Vitamin D-Anteil von 12,5 Mikrogramm / 100g.
Tabelle 1:Vitamin D-Gehalt tierischer Herkunft (eigene Darstellung, modifiziert nach Holick)
Säuglingsnahrung enthält mindestens 0,5 Mikrogramm Vitamin D /100 kcal. Die Muttermilch hingegen enthält wenig Vitamin D, oft nur 1,2 Mikrogramm pro Liter.
Tabelle 2: Vitamin D-Gehalt pflanzlicher Herkunft (eigene Darstellung, modifiziert nach Holick)
Pflanzliche Lebensmittel enthalten so gut wie kein Vitamin D2, jedoch dessen Provitamin (Ergosterol) (Bässler et a., 2002; Gaßmann, 1998).
Im Laufe des Lebens steigt die Zufuhr von Vitamin D über die Nahrung bei Männern und Frauen an. Jedoch erreichen laut den Daten der nationalen Verzehrsstudie rund 82% der Männer und 91% der Frauen die empfohlene tägliche Zufuhrmenge von 20 Mikrogramm nicht. Die Vitamin D-Versorgung durch Nahrungsmittel trägt einen geringen Anteil von 10 % bis 20% bei.
3.3.2.2 Arzneimittel
Arzneimittel werden mit Tagesdosierungen von 10-12,5 Mikrogramm (400-500 I.E.) Vitamin D zur Vorbeugung gegen Rachitis verwendet. Bei einer Behandlung von Rachitis oder Osteomalazie werden Vitamin D-Präparate von 20-125 Mikrogramm (800-5000 I.E.) empfohlen. Die maximale Tagesdosierung über 25 Mikrogramm (> 1000 I.E.) ist verschreibungspflichtig. Als apothekenpflichtig gelten Vitamin D-Präparate, die eine Dosierung von über 10-25 Mikrogramm (> 400- 1000 I.E.) aufweisen (Bundesinstitut für Risikobewertung, o.J.).
Das WHO Collaborating Center for Osteoporosis Preventio und das WHO Collaborating Center for Public Health Aspects of Rheumatic Diseases haben sich dafür ausgesprochen, dass bei der Behandlung von Osteoporose eine Dosierung von 800 I.E. (20 Mikrogramm) Vitamin D am Tag unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden sollte, damit die optimale Wirksamkeit und Sicherheit bei der Behandlung und Prävention gewährleistet werden kann. Daher werden Vitamin D-Präparate als Arzneimittel nach der Richtlinie 2001/83/EG eingestuft (Boonen et al., 2004).
3.3.3 Versorgungszustand
Die Beurteilung der Vitamin D-Versorgung erfolgt durch die Messung der 25(OH)D-Konzentrationen im Blutserum. Die Aufnahme von Vitamin D über die Nahrung korrelieren nur schwach mit dem 25(OH)D-Spiegel. Anhand von UV-B-Bestrahlung und der Aufenthaltsdauer im Freien kann ebenfalls der Vitamin D-Status eines Menschen vorhergesagt werden (Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR). Eine Sonnenexposition von 3 mal 15 Minuten pro Woche reicht aus, um die benötigte Menge an Vitamin D bereitzustellen (Booth et al., 1997; Holick, 1995; Vieth, 1990).
Zu weiteren Einflussfaktoren zählen auch der Hauttyp oder das Vorkommen von Mineralien in verschiedenen Formen und Eigenschaften in den Vitamin D-Rezeptoren (Ames et al., 1999; Berger et al., 2003; Brown et al., 1999; Clemens et al., 1982).
3.3.3.1 25(OH)D-Spiegel im Blutserum
Die Beurteilung und Bestimmung der Vitamin D-Versorgung erfolgt durch die Messung des 25(OH)D-Spiegels (oder 25-Hydroxyvitamin-D) im Blutserum. Der 25(OH)D-Spiegel ist „das Barometer und der Goldstandard für die Vitamin D-Gesundheit“ (Prof. Holick, 2020). Der Vitamin D-Status kann vom (Haus-)Arzt über eine labormedizinische Bestimmung des 25(OH)D-Wert im Blutserum in Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) oder in Nanomol pro Liter (nmol/l) angegeben werden. Damit der Serumwert beurteilt werden kann, dürfen verschiedene Referenzwerte herangezogen werden. Das Robert-Koch-Institut stützt sich beispielsweise auf die Klassifikationen des Institue of Medicine (IOM), welche den Zusammenhang zwischen dem 25(OH)D-Serumwert und der Knochengesundheit in verschiedenen Studien untersuchten. Das Institue of Medicine kam zu den Ergebnissen, dass ein 25(OH)D-Spiegel im Blut von unter 30 nmol/l (<12 ng/ml) eine mangelhafte Vitamin D-Versorgung darstellt und das Risiko für Krankheiten wie Osteoporose erhöht. Serumwerte von 30 nmol/l bis 50 nmol/l (> 12 bis < 20 ng/ml) stehen für suboptimale Werte der Vitamin D-Versorgung mit möglichen negativen Folgen in Bezug auf die Knochengesundheit. Für eine ausreichende Versorgung und Knochengesundheit benötigt der Mensch einen 25(OH)D-Spiegel im Blutserum von über 50 nmol/l (> 20 ng/ml). Eine mögliche Überversorgung findet ab einem Serumwert von gleich oder größer als 125 nmol/l (gleich oder über 50 ng/ml) statt. Die Überversorgung des 25(OH)D-Spiegels führt im schlimmsten Fall zu Herzrhythmusstörung oder Nierensteinen.
Abbildung 1:Klassifizierung 25(OH)D-Werte und Knochengesundheit (Institue of Medicine, 2010)
Durch die Klassifikationen der 25(OH)D-Serumwerte konnte das Institue of Medicine (IOM) für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Deutschland die prozentualen Prävalenzen der 25(OH)D-Serumkonzentrationen ermitteln.
Abbildung 2:Prävalenzen der 25(OH)D-Serumkonzentration (RKI, Stand 2019)
Anhand der Prävalenz der Serumkonzentration bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen kann nun als letztes die prozentuale Angabe aller Personen gemacht werden, bei denen eine suboptimale Versorgung mit möglichen Folgen für die Knochengesundheit in Deutschland vorliegt. Diese weisen Serumwerte unter 50nmol/l bzw. unter 20 ng/ml auf.
Abbildung 3:Angaben der Serumwerte unter 50 nmol/l (RKI, Stand 2019)
Durch das Messen des 25(OH)D-Spiegels kann die Vitamin D-Versorgung eines Menschen genauer untersucht werden. Die Ergebnisse der Abbildungen beschreiben die Vitamin D-Versorgung in Deutschland. Jedoch muss beachtet werden, dass es sich um eine Momentaufnahme der 25(OH)D-Spiegels handelt, welche durch Nahrung oder äußere Faktoren jederzeit beeinflusst werden kann.
3.3.3.2 Zufuhr
Laut der Nationalen Verzehrsstudie (NVS) beträgt die durchschnittliche Vitamin D-Zufuhr in Deutschland bei Frauen und Männern 4,1 bzw. 4,5 Mikrogramm pro Tag. Im Kindesalter von 4 bis unter 10 Jahren ist die Vitamin D-Zufuhr um etwa die Hälfte niedriger und liegt bei 1,8 bzw. 2,0 Mikrogramm täglich. Bei verminderter Synthesefähigkeit (Menschen über 65 Jahre) nimmt ein Mensch durchschnittlich 5,1 bzw. 4,2 Mikrogramm an Vitamin D auf.
In den verschiedenen Altersgruppen von Männern und Frauen ist die tägliche Vitamin D-Zufuhr deutlich niedriger als die Empfohlene Zufuhr der DGE (DGE,1996).
Bei einer bundesweiten Studie zur Ernährungssituation älterer Menschen (65 Jahre) wurde die empfohlene Zufuhr von 10 Mikrogramm täglich bei 60% der Männer und 70% der Frauen nicht erreicht. In dieser Studie wurden jedoch nicht die Zufuhrmengen der endogenen Synthese nach UV-B-Bestrahlung der Haut in Abhängigkeit der Jahreszeit betrachtet. Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung haben Menschen, die an ihr Haus gebunden sind und somit wenig bis gar keine Lichtexposition wahrnehmen können, Engpässe bezüglich der Vitamin D-Versorgung. Diese Ausnahme war jedoch nur bei 2% der älteren Befragten zutreffend (DGE, 2000).
Vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern besteht eine unzureichende Vitamin D-Zufuhr, die im Rahmen der Rachitisprophylaxe durch Supplementierung korrigiert werden muss (Kruse, 2000).
3.3.3.3 Saisonale Abhängigkeit- Biomarker
Als Indiz für die durchschnittliche Dauer der UV-B-Strahlung der Haut wurde die Vitamin D-Versorgung in einer repräsentativen Stichprobe der über 18-jährigen deutschen Bevölkerung anhand der Plasmakonzentrationen an 25(OH)D3 gemessen und bewertet. Im Normbereich befinden sich Plasmakonzentrationswerte von 25 bis 130 nmol /l. Messwerte von unter 10 nmol/l gelten eindeutig als zu niedrig (BfR).
Der Mittelwert der Plasmakonzentration in der NVS/VERA- Studie lag bei Frauen und Männern bei 146 nmol /l (Heseker et al. 1991/1992). Durch diese Studie wurden regionale Unterschiede deutlich, die genauer untersucht und identifiziert wurden.
Im Norden von Deutschland ist die Prävalenz niedriger Plasmakonzentrations-Werte höher als im Süden. Das bedeutet, dass die Vitamin D-Versorgung im Norden Deutschlands geringer ausfällt, als im Süden des Landes. Im Winter und besonders im Frühjahr werden bei 10% der Männer und Frauen niedrige Messwerte von unter 10 nmol/L verzeichnet, während die Vitamin D-Versorgung im Sommer und besonders im Herbst im Normbereich zwischen 25 bis 130 nmol/l liegt.
Das Ergebnis der Studie ergab, dass bei etwa 5% der deutschen Bevölkerung eine unzureichende Vitamin D-Versorgung vorliegt.
3.3.4 Überversorgung
Über die üblichen Nahrungsmittel können laut Bundesinstitut für Risikobewertung keine hohen Mengen an Vitamin D aufgenommen werden. Deshalb ist eine Überversorgung über die Nahrung sehr unwahrscheinlich und es gibt daher auch kaum Berichte über Vitamin D-Intoxikationen.
Eine Hypervitaminose durch hohe UV-B-Strahlung ist ebenfalls nicht möglich. Das Provitamin in der Haut wird in inaktive Isomere (chemische Verbindungen) umgesetzt und das Vitamin D3 selbst zu 5,6-trans-Cholecalciferol übertragen. Zusätzlich wird die 1,25(OH)D2D3-Bildung (Calcitriol) kontrolliert (Holick,1995).
Es besteht jedoch die Möglichkeit einer Hypervitaminose bei übermäßig hoher Einnahme von Supplementen (Nahrungsergänzungsmitteln) und bei hochdosierten Medikamenten (RKI, 2018). Laut dem RKI kann durch übermäßig hohe Einnahmen von Vitamin D ein erhöhter Kalziumspiegel entstehen (Hyperkalzämie), der zu einer akuten Übelkeit, Appetitlosigkeit, Bauchkrämpfen, Erbrechen oder in ganz schweren Fällen zur Nierenschädigung führt. Auch Herzrhythmusstörungen, Bewusstlosigkeit und sogar der Tod können bei einer akuten Vitamin D- Hypervitaminose auftreten. Da Vitamin D im Körper gespeichert wird, kann es anstatt einer akuten Hypervitaminose auch zu einer schleichenden Überdosierung kommen.
Berichte über Vitamin D-Vergiftung liegen aus den USA bei Verzehr von unkontrollierter Fortifizierter Trinkmilch vor (Giunta, 1998; Jacobus et al., 1992).
3.3.4.1 Hypervitaminose
Im Anfangsstadium verläuft eine Hypervitaminose symptomfrei. Sie charakterisiert sich durch einen Anstieg der 25(OH)D-Konzentration im Plasma auf Werte von 400 bis 1250 nmol /L (BfR, 2014).
3.3.4.2 Vitamin D-Intoxikation
Bei einer Vitamin D-Vergiftung steigt in Abhängigkeit von der Dosierung und Behandlungsdauer der Kalziumspiegel stark an. Frühe Symptome zeigen sich durch stark krankhaft erhöhte Urinausscheidung (Polyurie) aufgrund der verminderten Konzentrationsfähigkeiten der Nieren. Bei langanhaltenden erhöhten Kalziumspiegeln kann die Entstehung von Nierensteinen bis hin zum Nierenversagen beobachtet werden. Jedoch kann es auch bei anderen Organen, besonders in Blutgefäßen, Herz, Lunge, Pankreas, Haut, Knochen und Zähnen zu einer Kalzifizierung kommen (Davies und Adams, 1978; Giunta, 1998).
3.4 Vitamin D-Mangel
Neben der Vitamin D-Überversorgung gibt es auch den Vitamin D-Mangel. Fast alle Zellen des menschlichen Körpers haben Vitamin D3- Rezeptoren und brauchen das Hormon in ausreichender Konzentration zur optimalen Funktion. Anhand der Anzahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen wird deutlich, dass ein Vitamin D-Mangel mit vielen akuten und chronischen Krankheiten in Verbindung gebracht werden kann. Der moderne zivilisierte Mensch ist der natürlichen Vitamin D-Synthese nicht mehr angepasst und so weisen nach Schätzungen der Wissenschaftler fast 60 % der Bevölkerung eine Unterversorgung bis hin zum Vitamin D-Mangel auf. Die Ursachen und Folgen werden in diesem Kapitel dargestellt.
3.4.1 Ursachen
Ein Vitamin D-Mangel tritt in der Regel auf, wenn im Stoffwechsel unzureichende Mengen an Vitamin D gebildet werden und auch über die Nahrung eine unzureichende Menge aufgenommen wird. Die einzelnen möglichen Ursachen für einen niedrigen 25(OH)D-Spiegel als Ausdruck eines Vitamin D-Mangels werden in den folgenden Unterpunkten untersucht und beschrieben.
3.4.1.1 Die geographische Lage – Breitengrad
Sonnenlicht ist die natürlichste und wichtigste Quelle für die Vitamin D-Versorgung eines Menschen. Über 80-90% des Tagesbedarfs kann durch Aufenthalte oder durch freizeitliche Aktivitäten ohne Sonnenschutzmaßnahmen im Freien abgedeckt werden (Fuller und Casparian, 2001; Glerup et al., 2000).
Setzt man sich beispielsweise in Badekleidung der Sonne bei einer minimalen Erythemdosis (MED) aus, so führt dies zu einer Steigerung der Vitamin D-Bildung, die der Einnahme von 10.000 bis 25.000 I.E. Vitamin D entspricht (Holick, 2020; Gröber, 2020). Die Erythemdosis (MED) ist ein Maß für die Toleranz der menschlichen Haut gegenüber Sonnenstrahlung. Hauptsächlich wird hier auf den kurzwelligen ultravioletten Anteil des Spektrums von etwa 300 nm Wellenlänge verwiesen.
Deutschland befindet sich zwischen dem 47. bis 55. Breitengrad auf der Nordhabkugel. In dem Zeitraum von Oktober bis März steht die Sonne nicht hoch genug am Himmel, um einen UV-Index von über 3 zu erreichen. Befindet sich der UV-Index unter 3, wird unsere Haut nicht mit der notwendigen UV-B-Bestrahlung von 290 bis 315 nm versorgt (Holick, 2020). Der flache Einfallswinkel der Sonne ist für die geringe Intensität der UV-B-Strahlung verantwortlich. Allerdings ist in Höhenlagen der UV-Lichtanteil höher und die Vitamin D-Produktion intensiver. Vor diesem Hintergrund entstanden die Höhenkurorte wie beispielsweise Davos in der Schweiz.
Tabelle 3: Breitengrade deutscher Städte (eigene Darstellung, modifiziert nach Holick)
Im Laufe von 24 Stunden wandert die Sonne den Sonnenmeridian entlang. Der Sonnenmeridian ist der Großkreis an der Himmelskugel, auf dem Südpunkt und Nordpunkt, sowie Horizont, Zenit, Nadir und beide Himmelspole liegen.
Zur Mittagszeit (etwa 12 Uhr) ist der Zeitpunkt erreicht, an dem der Sonneneinfallswinkel und die Kraft der Sonnenstrahlen am höchsten sind. Dort steht die Sonne dem Zenit am nächsten und erreicht den Tageshöchststand. Um die Mittagszeit besteht somit die Möglichkeit, mithilfe der UV-B-Bestrahlung Vitamin D zu bilden.
Sobald der Einfallswinkel flacher wird, beispielsweise am Vormittag oder Nachmittag, sinkt die Intensität der UV-Strahlung und dadurch nimmt die Wahrscheinlichkeit mithilfe von Sonnenlicht in der Haut Vitamin D zu bilden ab. Das Gleiche gilt auch jahresbedingt im Herbst und Winter (Holick, 2020; Gröber, 2020).
3.4.1.2 Lichtschutzfaktor
Sonnenschutzmittel mit einem Lichtschutzfaktor (LFS) von 8 oder 10 in Pflegeprodukten oder Körperlotionen können die Synthese von Vitamin D in der Haut stark vermindern und zählen somit als gesundheitliche Folgen eines Vitamin D-Mangels. Die Körpereigenesynthese ab einem LFS von gleich oder über 35 kann sogar um fast 95% blockieren. Übertriebendes Sonnenbaden ist gesundheitsschädlich und kann zu Hautkrebs führen. Auf der anderen Seite erhöht ein niedriger 25(OH)D-Spiegel ebenfalls das Risiko an Krebs zu erkranken (Möbis, 2020). Die Immunabwehr des menschlichen Körpers kann Tumorkillerzellen erst ab einem Vitamin D-Spiegel von mehr als 60 ng/ml aktivieren. Gemäßigtes Sonnenbaden ist für den Vitamin D-Spiegel und für das Wohlbefinden eines Menschen notwendig (Holick, 2020; Gröber, 2020).
3.4.1.3 Hauttyp
Das Hautpigment Melanin schützt die Hautzellen vor schädlichen Einwirkungen des Sonnenlichtes und wirkt somit als Schutzschirm und Lichtschutzfaktor gegen UV-B-Strahlung. Bei Menschen mit geringer Hautpigmentierung und heller Haut ist demnach das Risiko an Hautkrebs zu erkranken höher, als bei Menschen mit einer höheren Hautpigmentierung und dunkler Haut. Die Vitamin D-Bildung ist durch die geringe Hautpigmentierung in kurzer Zeit bei intensiver Sonneneinstrahlung möglich. Bei dunkelhäutigen oder gebräunten Menschen dauert die Vitamin D-Bildung deutlich länger aufgrund der erhöhten Hautpigmentierung als Schutzschirm.
Generell wird zwischen 6 verschiedenen Hauttypen unterschieden, die sich bezüglich Sonnenempfindlichkeit und der Hautpigmentierung differenzieren.
Tabelle 4:Klassifikation der Hauttypen (eigene Darstellung, modifiziert nach Fitzpatrick)
Das höchste Risiko an Hautkrebs zu erkranken, trägt Typ 1 und das niedrigste Risiko Typ 6.
3.4.1.4 Lebensstil
Die meisten Menschen arbeiten in geschlossenen Räumen oder Halten sich im Haus auf. Normales Fensterglas ist für die UV-B-Strahlung nahezu undurchlässig. Nur die UV-A-Strahlung kann bis zu 50% durch das Fensterglas gefiltert werden (Gröber 2020; Holick 2007,2020).
Die wenigsten Menschen haben die Möglichkeit die Mittagssonne für die Vitamin D-Bildung durch UV-B-Bestrahlung aufzunehmen und somit steigt die Wahrscheinlichkeit eines Vitamin D-Mangels (Holick, 2020).
3.4.1.5 Ernährung
Aufgrund des modernen Ernährungssystems entfernen sich Menschen immer weiter von naturbelassenen Lebensmitten. Nur 10-20% der täglichen Vitamin D-kann über Nahrungsmittel aufgenommen werden. Der tägliche Verzehr von fettem Seefisch oder Lebertran wäre eine gute Lebensmittelquelle für Vitamin D (Tabelle 1&2).
Pilze allerdings enthalten nennenswerte Mengen von Vitamin D2 (Ergocalciferol). Laut Forschern der Universität Freiburg nehmen Pilze bei der Trocknung in der Sonne durch UV-Strahlung Vitamin D2 auf. Schneidet man 30g Pilze in 5mm dicke Scheiben und legt diese 30 Minuten vor dem Verzehr in die Sommermittagssonne, könnte ein Mensch eine Vitamin D-Tagesdosis von 20 Mikrogramm abdecken. Dieses einfache Verfahren würde erlauben, den Vitamin D-Mangel in Deutschland zu beseitigen bzw. mindestens zu minimieren (Holick, 2020; Gröber, 2020).
3.4.1.6 Altern
Im zunehmenden Alter wird die Haut eines Menschen dünner. Dadurch verliert sie ihre Fähigkeit aus 7-Dehydro-Cholesterin über die Sonne Vitamin D zu bilden (Holick, 2007). Ein 70er jähriger hat im Durchschnitt 75% seiner Vitamin D-Produktionsfähigkeit verloren. Auch die Absorption der Nährstoffe reduziert sich im Alter. Daher müssten Nahrungsmittel mit Vitamin D angereichert werden, damit der Nährstoffgehalt und die Aufnahme den Tagesbedarf von 20 Mikrogramm am Tag bei älteren Menschen decken kann (Outila et al., 2000).
3.4.1.7 Vitamin D-Speicher
Vitamin D gehört zu den fettlöslichen Vitaminen. Der Körper kann Vitamin D jedoch nur begrenzt speichern.
Laut dem renommierten Vitamin D- Forscher Professor Bruce Hollis beträgt die Halbwertzeit (HWZ) von der Muttersubstanz Vitamin D nur 12-24 Stunden. Die Substanz der aktiven Form 25(OH)D3 nur etwa 2-3 Stunden. Laut den Leitlinien der US-amerikanischen Endocrine Society sind hohe Dosierung von 5.000 bis 10.000 I.E. innerhalb kürzester Zeit abgebaut und nach einer Woche nur noch kaum nachweisbar.
Die regelmäßige tägliche Dosierung von Vitamin D kann aber zu einem gleichmäßigen Anstieg der 25(OH)D-Werte im Blutserum führen und somit besteht die Möglichkeit, dass sich innerhalb von 3 bis 4 Monaten ein Gleichgewicht des Vitamin D-Spiegels einspielt. Intervallartige Zuführungen führen zu starken Schwankungen des Vitamin D-Spiegels und daher wird laut Holick (2020) eine regelmäßige tägliche Aufnahme empfohlen. Dies hält den Vitamin D-Spiegel konstant.
3.4.1.8 Einfluss von Medikamenten
Verschiedene Arzneimittel können den Vitamin D-Haushalt negativ beeinflussen und den Abbau von Vitamin D fördern. Im schlimmsten Fall steigt sogar das Risiko für Störungen des Knochenhaushaltes (beispielsweise Osteoporose). Unter die Arzneimittel fallen
Antiepileptika, Corticosteroide oder Säureblocker (Holick, 2020; Gröber, 2020; RKI, 2019). Daher kann eine Einnahme von Vitamin D-Ergänzungsmitteln die unerwünschten Nebenwirkungen wie Osteoporose verringern und gleichzeitig die Wirksamkeit vieler verschiedener Arzneimittel unterstützen (RKI, 2019).
3.4.1.9 Verschiedene Erkrankungen
Einige Erkrankung sind dafür verantwortlich, dass Vitamin D im Körper nicht ausreichend gebildet werden kann. Diese werden als Ursachen eines Vitamin D-Mangels betrachtet. Aber auch erbliche Erkrankungen können den Vitamin D-Spiegel reduzieren wie Vitamin D-abhängige Rachitis Typ 1-3. Das gleiche gilt bei erworbenen Erkrankungen mit stark erhöhtem Vitamin D-Verbrauch wie tumorbedingte Osteomalazie oder Granulomatösen (Tuberkulose, Sarkoidose) (Möbius, 2020).
3.4.1.9.1 Gestörte Fettverwertung und Magen-Darm-Erkrankungen
Wenn zu wenig Fettstoffe in der Nahrung vorhanden sind oder vom Darm aufgenommen werden, kann nicht genügend Vitamin D gebildet werden, da es aus Cholesterin gebildet wird. Somit ist bei Menschen mit bestimmten Krankheiten wie Malabsorption, zystischer Fibrose, Zöliakie, Morbus Crohn oder nach Darmbypass Operationen die Vitamin D-Aufnahme eingeschränkt und die Resorption aus der Nahrung oder Nahrungsergänzungsmitteln stark beeinträchtigt. Es kann allerdings durch UV-B-Strahlung Vitamin D hergestellt werden, da die körpereigene Cholesterinbildung nicht beeinträchtig ist (Möbius, 2020).
3.4.1.9.2 Übergewichtige und Fettleibigkeit
In Deutschland sind laut Robert-Koch-Institut 66% der Männer und 51% der Frauen übergewichtig. Im Alter von 70 Jahren steigt der Anteil der Männer auf 84,2 % und der Anteil der Frauen auf 74,1%. Das Vitamin D wird an Fettzellen gebunden und setzt sich dort ab, wenn der Anteil an Körperfett zu hoch ist. Dadurch wird Vitamin D abgebaut. Übergewichtige haben daher einen 2- bis 3-mal höheren Vitamin D-Bedarf. Menschen mit einer Fettleber, dies trifft bei etwa 70% der Übergewichtigen zu, haben eine blockierte Vitamin D-Herstellung (RKI, 2019).
3.4.1.9.3 Leberschwäche
Die Vorstufe des Vitamin D3 ist das Provitamin D3. Dieses wird in der Leber gebildet und nennt sich 7-Dehydrocholesterol. Bei einer Leberschwäche entsteht zu wenig des 7-Dehycholesterol, welches über den Blutkreislauf zur Haut transportiert wird. Durch eine Leberschwäche ist die UV-B-Strahlung weniger effektiv in der Umwandlung von 7-Dehycholesterol in Cholecalciferol, welches zur Leber transportiert werden soll. In der Leber erfolgt der Umbau von Cholecalciferol in die passive Form 25(OH)D, welche jedoch bei einer Leberinsuffizienz blockiert wird. Daher können Menschen mit einer Leberschwäche zu einer Unterversorgung und somit zu einem Vitamin D-Mangel neigen (Holick, 2020).
3.4.1.9.4 Nierenschwäche
Die Niere ist im menschlichen Körper für die Wiederaufnahme von Nährstoffen zuständig, die zurück in die Blutlaufbahn gesendet werden. Bei Menschen mit einer Nierenschwäche ist die Wiederaufnahme (Rückresorption) eingeschränkt und Vitamin D3 wird somit vermehrt wieder ausgeschieden. Die Zellen im Körper aktivieren das passive 25(OH)D in die aktive Form 1,25(OH)D. Durch die eingeschränkte Resorption von Vitamin D3 wird der Anteil der aktiven Form 1,25(OH)D im Blut geringer (Möbius, 2020).
3.4.1.9.5 Schilddrüsen und Nebenschilddrüsenerkrankung
Durch den gestörten Jodstoffwechsel und unzureichender Ausschüttung des Nebenschilddrüsenhormons kann es zu einer Störung im Calcium und Vitamin D3- Spiegel kommen (Holick, 2007, 2020; Gröber, 2020).
3.4.2 Folgen
Vitamin D spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und Erhaltung eines gesunden Skeletts. Ein Mangel führt zu einer unausgeglichenen Calciumbilanz. Die ersten Anzeichen eines Vitamin D-Mangels sind niedrige Calcium- und Phosphatkonzentrationen, sowie erhöhte alkalische Phosphataktivitäten im Blutserum und sekundäre Überfunktion der Nebenschilddrüse. Es zeigen sich unzureichende Mineralisierung des Skeletts (wie Rachitis bei Kindern und Osteomalazie bei Erwachsenen). Zu dem kann es bei einem Vitamin D-Mangel zu Knochenschmerzen, schweren Knochenverformungen, Änderungen im Muskelstoffwechsel und Atemfunktionen, sowie zu einer verminderten Immunfunktion führen (Bernecker, 2004; DeLuca und Camtorna, 2001; Horst und Reinhardt, 1997; Norman, 2001; Wharton und Bishop, 2003).
Die Folgen eines Vitamin D-Mangels werden in den folgenden Punkten genauer betrachtet und beschrieben.
3.4.2.1 Knochen, Muskeln und Sturzrisiko
Vitamin D ist für die Knochengesundheit unabdingbar. Zur Vorbeugung gegen Rachitis reicht eine kalziumreiche Ernährung nicht aus, da der Körper erst durch Vitamin D in der Lage ist Knochenmineral aufzunehmen und zu verwerten. Im hohen Alter, aber auch in der frühen Kindheit und im Erwachsenenalter, sorgt Vitamin D für den gesunden Erhalt und für die gesunde Entwicklung der Knochen (Gröber, 2020).
Für die bestmögliche Aufnahme von Kalzium aus dem Dünndarm ist ein 25(OH)D-Status von mindestens 32 ng/ml notwendig. Wenn der 25(OH)D-Spiegel unter 30 ng/ml fällt, kommt es zu einer erhöhten Ausschüttung von Parathormonen (PTH). Die Parathormone fördern die Reifung und Aktivierung von Osteoklasten (Holick, 2020). Osteoklasten sind knochenabbauende Zellen, die Kalzium aus dem Knochengewebe herauslösen. Erhöhte Parathormonspiegel sorgen daher für eine Störung bei der Knochenmineralisation und fördern die Entwicklung von Knochenkrankheiten wie Rachitis oder Osteomalazie. Zu dem wirkt ein erhöhter Parathormonspiegel muskelkatabol (Gröber, 2020; Holick, 2020).
Vitamin D stellt den Gegenspieler zum Parathormon dar und wirkt den knochenabbauenden Prozessen entgegen.
In der Analyse von mehr als 312.962 gepaarten Parathormon- und 25(OH)D-Spiegeln konnte kein Schwellenwert des 25(OH)D- abhängigen Parathormonstatus festgestellt werden, bei dem eine Steigerung des 25(OH)D- Wert den Parathormonanstieg vermeidet. Dies trifft sogar bei 25(OH)D-Spiegeln von über 60 ng/ml zu. Laut den Forschungsergebnissen von Holick ist jedoch ein 25(OH)D-Spiegel notwendig, um den Anstieg des Parathormon aus der Nebenschilddrüse gering zu halten.
Bis zum 20. Lebensjahr eines Menschen werden 90% der maximalen Knochenmasse aufgebaut. Im Zeitraum der nächsten 10 Jahre wird der Knochenbau abgeschlossen und in der 3. Lebensdekade beginnt langsam der Knochenabbau. Bei Säuglingen und in der Pubertät ist ein besonders schnelles Knochenwachstum zu beobachten (Holick, 2020). Ein Vitamin D-Mangel kann im Erwachsenenalter zu einer Knochenerweichung, der Osteomalazie, führen. Bei einer Knochenerweichung geraten Knochenneubildung und Knochenabbau aus dem Gleichgewicht aufgrund des niedrigen Kalziumspiegels. Ein Vitamin D-Mangel (25(OH)D <20 ng/ml) führt zu der Ausschüttung der Parathormone. Die Parathormone führen zum Verlust von Phosphat über die Ausscheidung von Urin. Dadurch entsteht eine unzureichende Bildung der Kalzium-Phosphat-Produkte, welche für die Mineralisierung des Knochens zuständig sind. Durch die fehlende Mineralisierung wird der Knochen nicht ausreichend gehärtet und der Mensch nimmt dies als Knochenschmerzen in den Armen, Beinen, Brust, Becken oder in der Wirbelsäule war. Zu dem kann dies zu einer Muskelschwäche aufgrund der muskelkatabolen Wirkung führen.
Erwachsene leiden häufig unter Abgeschlagenheit, Erschöpfung, Müdigkeit und Muskelschwäche. Ebenfalls kann ein Vitamin D- Mangel zu Gangstörungen, Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen und Muskelschund führen, was folglich das Risiko für Stürze oder Hüftfrakturen erhöht.
Eine unzureichende Vitamin D-Versorgung führt langfristig nicht nur zur Veränderung der Knochendichte, sondern trägt auch durch die fehlende Mineralversorgung zum schnelleren Altern des Knochens bei. Somit besteht eine höhere Anfälligkeit für Knochenbrüche und Stressfrakturen des Knochens bei älteren Menschen oder bei hoher körperlicher Belastung.
3.4.2.2 Gehirn
In zahlreichen Bereichen des Zentralnervensystems, insbesondere im Hippocampus und Hypothalamus, sind Vitamin D-Rezeptoren nachgewiesen worden. Diese Bereiche im Gehirn sind an der Entwicklung von tiefen Muskel- und Gelenkschmerzen (Fibromyalgie) beteiligt. Die Ausbildung von Vitamin D-Rezeptoren spielen in vielen Zellen des Immunsystems ebenfalls eine wichtige Rolle.
Ein Vitamin D-Mangel geht daher mit vielen verschiedenen muskuloskelettalen Schmerzen und Erkrankungen einher. Darunter fallen Brust- und Kopfschmerzen, Gelenk-, Muskel- und Rückenscherzen, sowie Tumorschmerzen. Ein andauernder Vitamin D-Mangel kann zudem auch Störungen in der Autoimmuntoleranz unterstützen und das Risiko für chronische Erkrankungen erhöhen (Holick, 2020).
3.4.2.3 Immunsystem
Die Zellen aus dem Immunsystem besitzen nicht nur Vitamin D-Rezeptoren, sondern können sogar in der eigenen Zelle aus 25(OH)D selbst 1,25(OH)2D bilden. Neben dem Einfluss auf die angeborene Immunabwehr bildet 1,25(OH)2D auch die Immuntoleranz und beugt die Entwicklung einer Autoimmunität vor. Eine unzureichende Vitamin D-Versorgung erhöht somit das Erkrankungsrisiko für Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis, Multiple Sklerose und rheumatoide Arthritis (Holick, 2020; Gröber, 2020). Bereits in der Schwangerschaft kann das Kind bei einem Vitamin D-Mangel der Mutter ein erhöhtes Risiko für spätere Autoimmunkrankheiten entwickeln.
3.4.2.4 Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Die Forschung der letzten Jahre hat gezeigt, dass Vitamin D einen positiven Einfluss auf den Blutdruck hat und die Herzgesundheit sogar verbessert. Auch das Risiko für Arteriosklerose und Herzinfarkte kann durch einen konstant ausreichenden Vitamin D-Spiegel verringert werden. Niedrige 25(OH)D-Spiegel stehen jedoch mit dem höchsten Herz-Kreislauf-Erkrankungsrisiko und Mortalitätsrisiko in Verbindung.
Auch die Parathormone können auf vielfältige Art und Weise das Herzkreislaufsystem schädigen. Ein erhöhter Parathormon-Spiegel kann Verkalkungen an den Arterienwänden fördern und somit den Blutdruck erhöhen. Auch hier wirkt Vitamin D wieder als Gegenspieler des Parathormon und kann dem Verkalken der Arterienwände entgegenwirken (Möbius, 2020; Holick, 2020; Gröber, 2020).
3.4.2.5 .Krebserkrankungen
Viele Studien über die zellulären Mechanismen der Vitamin D-Wirkung verschiedenster Krebszelltypen weisen auf, dass Vitamin D-Aktivitäten im menschlichen Körper die zelluläre Transformation, Hyperplasie und das Fortschreiten von Krebs verlangsamen kann. Epidemiologische Daten zeigen, dass Vitamin D für die Ursache und Prognose von Prostata- und anderen Krebsarten wichtig sei. Ein höherer Vitamin D-Spiegel ist signifikant mit einer Risikoreduktion der Gesamtmortalität verbunden (Grant et al., 2018). Eine niedrige 25(OH)D-Serumkonzentration im Blut kann ein Risiko für weißen Hautkrebs darstellen (Reichrath et al., 2019). In einer Studie von Ince et al. 2019 wurde ein 2,7-faches Risiko für einen Rückfall bei niedrigen Vitamin D-Spiegeln (10,12 ng/ml) im Gegensatz zu höheren Vitamin D-Spiegeln entdeckt. Somit kann Vitamin D als Schutzschild vor weißem Hautkrebs agieren.
3.5 Vitamin D-Synthese
Das Vitamin D3 ist der Vorläufer vom biologischen aktiven Vitamin D-Metaboliten 1,25-Dihydroxyvitamin D3. Vitamin D3 entsteht in der menschlichen Haut unter Einfluss von Sonnenlicht, der UV-B-Strahlung bei einer Wellenlänge von 290 nm bis 320 nm aus dem 7-Dehydrocholesterol (7-DHC) (Holick, 2007; Reichrath, 2009; Tremezaygues, 2009).
Das 7-DHC wird aus Cholesterol gebildet. Das Vitamin D3 kann bei zu starker Sonneneinstrahlung in die inaktiven Bauprodukte Lumisterol und Tachysterol umgewandelt werden. Diese beiden inaktiven Bauprodukte besitzen jedoch keine Vitamin D-Wirkung (Holick, 2020; Gröber, 2020). Daher kann auch durch zu viel Sonnenbestrahlung keine Vitamin D-Vergiftung ausgelöst werden. Da auch Pflanzen eine cholesterinähnliche Substanz (Ergosterol) besitzen, kann durch das Sonnenlicht pflanzliches Vitamin D2 (Ergocalciferol) entstehen.
Hauptverantwortlich für die Effizienz der Vitamin D3- Synthese in der menschlichen Haut ist die äußere Zellschicht der Haut, auch Epidermis genannt. Des Weiteren zählen auch die Lipidschicht der Epidermis, die Pigmentierung und die Konzentration an 7-DHC als zusätzliche Faktoren zur Effizienz der Synthese (Holick, 2007; Holick et al. 1980).
Die Haut des Menschen ist die Grundlage der Vitamin D-Synthese. Die Syntheseleistung nimmt im Alter deutlich ab und kann sogar auf weniger als die Hälfte reduziert werden. Die abnehmende Hautdicke im Alter (Need et al., 1993) weist einen reduzierten 7-DHC-Gehalt auf und kann somit auch ein Grund für Altershaut, aufgrund der verminderten Vitamin D-Synthese, darstellen (MacLaughin et al. 1985).
Der wichtigste Einflussfaktor der Vitamin D-Synthese ist das Sonnenlicht. In den meisten Regionen der Erde reicht die Sonnenexposition aus, um eine ausreichende Vitamin D-Synthese zu erreichen (Holick, 2007). In Deutschland ist der UV-Index sechs Monate im Jahr unter dem Wert 3. Dadurch kann keine ausreichende Synthese gewährleistet werden (Zittermann, 2010). Damit die Vitamin D-Synthese auch in diesen 6 Monaten gewährleistet werden kann, empfehlen Wissenschaftler 2- bis 3-mal pro Woche in der Mittagssonne im Frühjahr, Sommer oder Herbst im Freien zu verbringen. 18% der Körperoberfläche (Gesicht, Arme und Hände) sollten dabei unverhüllt bleiben, damit der Körper genügend UV-B-Strahlung aufnehmen kann. Für den Hauttyp 2 empfiehlt Holick eine Dauer von 5 Minuten pro Aufenthalt (2007).
Insgesamt sind 9 enzymatische Reaktionen bei der UV-indizierten Synthese von Vitamin D beteiligt. Bei den enzymatischen Reaktionen reagiert das Enzym mit einem Substrat. Das Enzym wird dabei allerdings nicht verbraucht. Die Reaktion erfolgt nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. Von den 9 enzymatischen Reaktionen erfolgen 4 photoreversible Reaktionen und eine nicht reversible Phototransformation. (Lehmann et al., 2001).
Die Bildung von Vitamin D hängt überwiegend von der Wellenlänge und der Dosis der UV-B-Strahlung ab. Aber auch das Verhältnis von UV-B-Strahlung zu UV-A-Strahlung beeinflusst die Vitamin D-Bildung (Holick et al., 1980).
3.6 Vitamin D-Stoffwechsel
Das wichtigste Stoffwechselorgan zur Vitamin D -Verarbeitung ist die Leber. Das im Blut vorhandene Cholesterin wird in der Leber in 7-Dehydrocholesterin. umgewandelt, welches über die Blutlaufbahn zur Haut transportiert wird. Die mit UV-B-bestrahlte Haut wandelt mit Hilfe der Wellenlänge von 290 bis 320 nm aus dem 7-Dehydrocholesterin das Provitamin D3. Das Provitamin D3 wird durch die Körpertemperatur in die Muttersubstanz Vitamin D3 (Colecalciferol) umgewandelt. Nun gelangt die Muttersubstanz Vitamin D3 in die Blutlaufbahn, wo es an ein Transportmolekül (Vitamin D-bindendes Protein) gebunden wird und über den Blutkreislauf zur Leber transportiert wird. Die Muttersubstanz Vitamin D3 muss schlussendlich in der Leber aktiviert werden. Die Leber wandelt die Muttersubstanz fortführend über das Enzym 25-Hydroxylase in das Prohormon 25-Hydroxylase (25(OH)D, Calcidiol) um. Damit das 25(OH)D anschließend weiter zur Niere gelangt, wird es wieder an ein Transportmolekül gebunden. In der Niere kann das 25(OH)D mithilfe des Rezeptorproteins Megalin aufgenommen werden. Als letzten Schritt wandelt das Enzym 1-alpha-Hydroxylase das 25(OH)D in das aktive Steroidhormon 1,25(OH)2D um, welches in der Blutlaufbahn seine hormonartige Wirkung entfaltet. Die Vitamin D-Rezeptoren in den Zellwänden können auf das 1,25(OH)2D reagieren und greifen in den Zellstoffwechsel ein (Holick, 2020; Holick, 2007; MacLaughin et al. 1985).
3.7 Bewegungsapparat“
Die Bewegung und Erhaltung der Mobilität spielen im Leben des Menschen eine wichtige Rolle. Der menschliche Körper wird durch ein komplexes Organsystem in der Körpergestalt, der Körperhaltung sowie der Bewegung gesichert. Ausschlaggebend ist hierfür der Bewegungsapparat, der in aktiv und passiv klassifiziert wird. Erkrankungen des Bewegungsapparates sind jedoch der häufigste Grund für eine Krankschreibung oder Medikamenteneinnahme (Studien der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, 2010-2020).
3.7.1 Passiver Bewegungsapparat
Als passiver Bewegungsapparat bezeichnet der Mensch das Skelettsystem mit den dazugehörigen Knochen des Schädels, des Schultergürtels, der Wirbelsäule, des Beckens und der oberen und unteren Extremitäten. Die Aufgabe des passiven Bewegungssystems spiegelt sich in der Stütz-, Schutz- und Bewegungsfunktion des menschlichen Körpers wider (Rost, 2001). Die Knochen, der Knorpel, die Bänder, die Gelenke und die Wirbelsäule des Menschen sind fester Bestandteil des passiven Bewegungsapparates (Tillmann, 2016). Vor allem die Funktion der Knochen des passiven Bewegungsapparates sind für den menschlichen Körper elementar. Die Knochen dienen als Mineralspeicher, als Schutz der inneren Organe und als Ansatzstellen für Muskeln. Des Weiteren produziert der Knochenstoffwechsel die meisten Blutzellen im Körper (Rost, 2001).
3.7.2 Aktiver Bewegungsapparat
Der aktive Bewegungsapparat beschreibt das Muskelsystem des menschlichen Körpers und beinhaltet die beweglichen Bestandteile, wie die quer-gestreifte Muskulatur, Sehnen und die Hilfseinrichtungen der Skelettmuskulatur, wie Sehnenscheiden, Schleimbeutel und Sesambeine (Tillmann, 2016). Die beweglichen Bestandteile des aktiven Bewegungssystems bilden zusammen das komplexe Organsystem, welches dem menschlichen Körper die Vielzahl an Möglichkeiten der Bewegung und Stabilisation bietet (Fanghänel et al., 2003)
- Citar trabajo
- Luca Marie Pingel (Autor), 2021, Bedeutung von Vitamin D3 im Bewegungsapparat. Ursachen und Folgen eines Vitamin D-Mangels, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1278557
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