Das Ziel dieser Abschlussarbeit ist es, herauszufinden, wie die Kundenakzeptanz für Mobile Payment von deutschen Banken erhöht werden kann. Hierzu werden folgende Forschungsfragen gestellt. Zum einen: Welche Bedürfnisse haben deutsche Kunden bei der Bezahlung mit dem Smartphone am Point of Sale? Zum anderen: Worauf baut die Zufriedenheit der Chinesen mit der Applikation WeChat auf? Und wie lassen sich diese Erkenntnisse auf den deutschen Mobile Payment Markt übertragen?
Daraus ergibt sich folgende Arbeitshypothese: Wenn das Mobile Payment Marketing der deutschen Banken besser wäre, dann würden auch mehr Deutsche die Innovation nutzen. Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden zwei Online-Befragungen durchgeführt. Die Kundenbedürfnisse sollen mit Hilfe von deutschen Studierenden ermittelt werden. Die Kundenzufriedenheit dürfen international Studierende WeChat-Nutzer beschreiben.
Inhaltsverzeichnis
I. Abbildungsverzeichnis
II. Tabellenverzeichnis
III. Formelverzeichnis
IV. Abkürzungsverzeichnis
V. Abstract
1 Abgrenzung des Themas und Aufbau der Arbeit
1.1 Abgrenzung des Themas
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Begriffliche Einordnung
2.1 Mobile Payment
2.2 WeChat
3 Strategische Konzeption
3.1 Diffusionsmodell nach Rogers (1962)
3.2 Markteinführungsstrategie der deutschen Banken am Beispiel der HVB
3.3 Derzeitige Nutzung von Mobile Payment
4 Empirische Forschung
4.1 Quantitative Forschung
4.2 Das Kano - Modell
4.3 Durchführung der Befragungen
4.3.1 Mobile Payment (Deutsch)
4.3.2 Mobile Payment (Englisch)
5 Auswertung und Interpretation der Umfragen
5.1 Mobile Payment (Deutsch)
5.1.1 Auswertung der soziodemografischen Daten
5.1.2 Auswertung des Ist-Zustands
5.1.3 Auswertung der Anforderungen
5.2 Mobile Payment (Englisch)
5.2.1 Auswertung der soziodemografischen Daten
5.2.2 Auswertung des Ist-Zustands
5.2.3 Auswertung der Zufriedenheit
5.3 Gegenüberstellung der Ergebnisse
6 Marketingstrategie für die deutschen Banken
7 Conclusio und Ausblick
VI. Anhang
VII. Literaturverzeichnis
I. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: WeChat Logo (Google Play Store)
Abbildung 2: S-Kurve der Diffusion und Adopterkategorien, eigene Darstellung in Anlehnung an (Rogers 2003, 11, 281)
Abbildung 3: Durchdringungsrate, Innovationsdiffusion von Mobile Payment am POS Ksenia Striapunia 2018)
Abbildung 4: Verteilung der Studiengänge
Abbildung 5: Welches Verfahren bietet die Hausbank an?
Abbildung 6: Verteilung der Studiengänge
Abbildung 7: Verteilung über die erste Kenntnisnahme von Mobile Payment/ WeChat Pay
Abbildung 8: Zufriedenheit der Befragten bezüglich diverser Indikatoren
Abbildung 9: Kognitive Dissonanz, eigene Darstellung in Anlehnung an (Werbepsychologie Online 2019)
II. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Die Kano Auswertungstabelle, eigene Darstellung in Anlehnung an (Klopp 2012)
Tabelle 2: Häufigkeitstabelle, eigene Darstellung in Anlehnung an (Klopp 2012)
Tabelle 3: Häufigkeitstabelle bezüglich der Applikation
Tabelle 4: Häufigkeitstabelle bezüglich der deutschen Händler
Tabelle 5: Häufigkeitstabelle bezüglich der chinesischen Händlerseite
Tabelle 6: Häufigkeitstabelle im Punkto Datenschutz
III. Formelverzeichnis
Formel 1: Die Entscheidungsregel: (Klopp 2012)
Formel 2 Zufriedenheitskoeffizienten (CS) Zufriedenheitsstiftung (CS+) Unzufriedenheitsstiftung (CS-) (Klopp 2012)
IV. Abkürzungsverzeichnis
AG Aktiengesellschaft
App Applikation
B2B Business to Business
bspw. beispielsweise
BWL Betriebswirtschaftslehre
bzw. beziehungsweise
ca. circa
CD Compact Disc
CEO Chief Executive Officer
Co. Company
CRM Customer-Relationship-Management
CS Zufriedenheitskoeffizient
D-Day Stichtag
EC Karte electronic cash Karte
E-Commerce Eletronic Commerce
et. Al. et alii
etc. et cetera
EZB Europäische Zentralbank
FS Frankfurt Scholl
Ggf. gegebenenfalls
HSBC Hongkong & Shanghai Banking Corporation Holdings PLC
HVB HypoVereinsbank
ID Identifikator
Ltd. Limited
Mio. Millionen
Mrd. Milliarden
NFC Near Field Communication
P2P Peer to Peer
PIN Persönliche Identifikationsnummer
POS Point-of-Sale
PWC PricewaterhouseCoopers
QR-Code Quick Response Code
S. Seite
SMS Short Message Service
sog. sogenannte
TV Television
UK United Kingdom
USA United States of America
usw. und so weiter
VR Bank Volks- und Raiffeisen Bank
z. B. zum Beispiel
V. Abstract
Das Ziel dieser Abschlussarbeit ist es herauszufinden wie die Kundenakzeptanz für Mobile Payment von deutschen Banken erhöht werden kann. Hierzu werden folgende Forschungsfragen gestellt. Zum einen: Welche Bedürfnisse haben deutsche Kunden bei der Bezahlung mit dem Smartphone am Point of Sale? Zum anderen: Worauf baut die Zufriedenheit der Chinesen mit der Applikation WeChat auf? Und wie lassen sich diese Erkenntnisse auf den deutschen Mobile Payment Markt übertragen? Daraus ergibt sich folgende Arbeitshypothese: Wenn das Mobile Payment Marketing der deutschen Banken besser wäre, dann würden auch mehr deutsche die Innovation nutzen. Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden zwei Online-Befragungen durchgeführt. Die Kundenbedürfnisse sollen mit Hilfe von deutschen Studierenden ermittelt werden. Die Kundenzufriedenheit dürfen international Studierende WeChat-Nutzer beschreiben. Die Antworten aus den Fragebögen zeigte, dass die breite Akzeptanz der Einzelhändler einen Schlüsselbereich der Kundenzufriedenheit darstellt. Somit sollten die deutschen Banken nicht weiter auf die Zukunft hoffen. Wenn die Kundenakzeptanz für Mobile Payment erreicht werden soll, müssen die Banken auch Händler in ihre Marketingstrategie einbetten. Auch die fehlenden Kenntnisse zur Anwendung und die Bedenken zum Datenschutz führen derzeit zur Ablehnung von Mobile Payment. Aus diesem Grund sollten die deutschen Banken ihre Kunden auf moderne Art und Weise über Mobile Payment informieren und die Anwendung mit jedem Smartphone ermöglichen.
1 Abgrenzung des Themas und Aufbau der Arbeit
1.1 Abgrenzung des Themas
2500 Jahre nach Erfindung der Münzen und ca. 1000 Jahre nach Herausgabe des ersten Geldscheins ereilt uns eine neue technische Revolution. (Schneider et al. 2018) Die Welt des Bezahlens ändert sich auch im stationären Handel am sog. Point of Sale kurz POS. (Hierl 2017, Vorwort) Wer sich die letzten Jahre daran gewöhnt hat mit der EC- oder Kreditkarte im Laden zu zahlen, kann diese in Zukunft stecken lassen. Die Bezahlkarten werden zu digitalen Karten und wandern ins Smartphone. (Schneider und Atzler 2018)
In der zugrundeliegenden Bachelor-Thesis soll ermittelt werden, wie deutsche Banken es schaffen, die Kundenakzeptanz von Mobile Payment zu steigern. Dabei richtet die Arbeit ihren Blick auf den Pionier aus Fernost. Die Applikation WeChat aus China mit ihrem Bezahldienst WeChat Pay dient als Vorbild für die erfolgreiche Verbreitung von Mobile Payment. (Liu 2018, Vorwort) Allerdings ist für die Verbraucher auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Datenschutz sehr wichtig. (Häring 2018, S. 7–10) Wenn, in der folgenden Arbeit von Mobile Payment gesprochen wird, ist einzig die Bezahlung mit dem Smartphone am Point-of-Sale im stationären Handel gemeint. In der Literatur finden sich für den Begriff Mobile Payment oder auch Digital Payment viele Interpretationen. Von „Instant Payment, Blockchain, P2P Payment“ (Mosen et al. 2016, Vorwort) oder online /stationär basierten Zahlungen ist die Rede. (Hierl 2017, S. 143–144) Ziel dieser Abschlussarbeit ist ausschließlich die Entwicklung einer Marketingstrategie für die deutschen Banken. Ausgestaltungen wie die Infrastruktur der Apps verbessert werden könnte, oder gar die Entwicklung einer neuartigen Applikation nach dem Vorbild WeChat, ist nicht vorgesehen. Diese Arbeit soll diffizil ermitteln welche Kundenbedürfnisse für Mobile Payment bei den Deutschen vorliegen. Zur Erfüllung der Kundenwünsche sollen die Erfolgsfaktoren von WeChat analysiert werden. Ausgehend von diesen Erkenntnissen ist es das Ziel eine umsetzbare Marketingstrategie für die deutschen Banken zu entwickeln. In dieser Thesis wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist. Als Arbeitshypothese dieser Abschlussarbeit ist demnach die Aussage: „Wenn das Mobile Payment Marketing der deutschen Banken besser wäre, dann würden auch mehr deutsche die Innovation nutzen.“ zu interpretieren.
1.2 Aufbau der Arbeit
Nachdem WeChat Pay eine Form von Mobile Payment ist, allerdings in dieser Arbeit eine exponierte Stellung einnimmt, werden die Begriffe zur Einordnung zunächst differenziert beschrieben. Anschließend erfolgt eine strategische Konzeption unter Einbringung des Diffusion-Modell von Rogers. Hier werden die ersten Marketingmaßnahmen der deutschen Banken am Beispiel der HypoVereinsbank betrachtet, und die Entwicklung von Mobile Payment in verschiedenen Ländern. Diese Betrachtung dient dazu sich nicht zu sehr auf China und Deutschland zu fokussieren, sondern auch andere Märkte zu berücksichtigen. Zur Ergänzung der Literatur wird eine empirische Untersuchung sowohl am chinesischen Markt als auch am deutschen Standort vorgenommen. Die zentralen Kundenbedürfnisse werden dabei unter Einbezug des Kano-Modells ermittelt. Nach Auswertung beider Fragebögen werden die Ergebnisse gegenübergestellt. Die gesammelten Erkenntnisse münden in einer Marketingstrategie für deutsche Banken, welche auf die Kundenbedürfnisse abgestellt ist. Abgerundet wird die Arbeit durch ein Fazit und einem Ausblick für die nächsten möglichen Schritte.
2 Begriffliche Einordnung
Zunächst werden die üblichen Varianten am deutschen Markt von Mobile Payment beschrieben. Anschließend erfolgte eine Betrachtung der App WeChat mit dem Fokus WeChat Pay.
2.1 Mobile Payment
Die Bezahlung der Ware im Laden erfolgt mittels verschiedener Verfahren kontaktlos mit dem Smartphone. Dabei gelten die gleichen Sicherheitsstandards wie bei den haptischen Kredit- oder EC Karten. Je nach Verfahren erfolgt die Übertragung der Bezahldaten. Dort werden nur die Notwendigen Daten für die Zahlung weitergegeben. Alle persönlichen Daten bleiben auf dem Smartphone. Bei Zahlungen über 25 € wird in der Regel die Eingabe des Karten PINs am Terminal verlangt. Beträge unter dieser Schwelle können schnell und ohne PIN abgewickelt werden. Somit ist das Verlustrisiko sehr begrenzt. (Volksbanken Raiffeisenbanken 2019) Die Verlustgefahr durch Diebstahl des Geldbeutels ist wesentlich höher. Laut einer EZB Studie trägt der deutsche ca. 103 € im Potomanie mit sich. Was dem Vierfachen entspricht. (Bankenverband 2017). Im Folgenden werden die wichtigsten Durchführungswege für den deutschen Markt beschrieben: (Hierl 2017, S. 149)
- Near Field Communication (NFC)
Hierbei kommunizieren das Smartphone und das Kartenlesegerät beim Händler. Es ist eine einfache Variante, der sich viele Banken bedienen. Kunden müssen ihr Smartphone lediglich an den Kartenreader halten und die Bezahlung wird mittels „Tap and Go“1 bestätigt. (Wirecard 2019b)
- So bieten die Sparkassen, Genossenschaftsbanken, Deutsche Bank und zahlreiche andere Banken dieses Verfahren unter dem Label „Mobiles Bezahlen“ an. Hier können Kunden ihre digitale EC und Kreditkarte hinterlegen. Mit Ausnahme der Deutsche Bank und somit auch die Postbank bieten das Verfahren nur mit Kreditkarte zur Hinterlegung an. Dies senkt aber wieder den Komfort der Kunden, da viele die EC Karte für den täglichen Einkauf nutzen. (Schneider 2018)
- Apple Pay und Google Pay
Wer mit seinem Apple Gerät Mobile Payment nutzen möchte braucht eine Kreditkarte und eine kooperierende Bank. Apple hat eine eigene Wallet App, welche auch mit der NFC Technik ausgestattet ist. Die Freigabe der Bezahlung erfolgt dann via Touch ID oder Face ID. (Apple 2019) Eingeführt wurde Apple Pay in Deutschland Ende 2018 mit der HypoVereinsbank. Aber auch andere Banken wie die Deutsche Bank oder N26 bieten mittlerweile Apple Pay an. Für Google gilt dieselbe Wallet Technik. (Schneider 2018) Nur das sich Google die bekannte Near Bank PayPal als Partner gesucht hat. Bei Zahlungen mit Google Pay kann man sein PayPal Konto verlinken und ist somit unabhängig von einer Bank. (paypal.com 2019)
Grundsätzlich lässt sich die NFC Technik gut verbreiten, da mit der Umstellung auf kontaktlose Kartenzahlung viele Händler solche Geräte bereits besitzen. Allerdings ist es für Verbraucher und Verkäufer kompliziert geworden, da Android und Apple unterschiedliche Verfahren verwenden, die dann wieder ungleich ausgestaltet sind, bei den einzelnen Banken. (Hierl 2017, S. 149–150)
- Quick Response Code (QR-Codes)
Hier werden die Zahlungsdaten grafisch über einen QR-Code dargestellt. Diesen QR-Code kann sowohl das Smartphone als auch der Händler auf seiner Rechnung erzeugen. Es kann für eine kartenbasierte Strategie als auch für eine kontenbasierte Anwendung genutzt werden. Bei der kontenbasierten Anwendung wird der fällige Betrag direkt vom Girokonto des Kunden eingezogen. In Deutschland versucht sich die Technik auch langsam im Zahlungsverkehr. Einige Rechnungen, bspw. von Behörden, sind mit solchen QR-Codes ausgestattet zum Scannen mit der Banking App. (Hierl 2017, S. 150)
- PAYBACK Pay
Dort können Kunden bei aktuell neun Händlern in Deutschland (Penny, DM usw.) mit der eigenen PAYBACK App bezahlen. Hierbei wird die Bankverbindung (kontobasiert) in der App hinterlegt. Durch Freigabe mit dem PIN oder Fingerabdruck, kann der QR-Code abgelesen werden. Die Nutzung wird mit Bonus Punkten belohnt. (PAYBACK 2019) Aktuell dürfte dies der Marktführer im Bereich Mobile Payment mit ca. 100.000 Usern2 sein. (Schneider 2018)
- WeChat Pay
Auch WeChat Pay bedient sich hauptsächlich dieser Technik. Die genaue Ausgestaltung wird im unter dem Punkt 2.2 WeChat erläutert. (Wirecard 2019a)
Die Technik bietet den großen Vorteil, dass es keine Bank als Anbieter benötigt. Zudem lässt es sich komfortabel in eigene Apps integrieren. Dies ist auch für den Handel angenehm, da es für Omni-Channel Strategien einsetzbar ist und somit nicht nur am POS. Als Nachteil wird die langsamere Geschwindigkeit im Gegensatz zur NFC Technik gesehen. Auch Banken haben kein Interesse an einer Technik, ohne ihre Teilhabe an der Wertschöpfungskette. (Hierl 2017, S. 150)
- Händler Apps
Weiter gibt es von zahlreichen Händlern noch Apps mit ihren Bonusprogrammen. Die Händler ziehen den offenen Betrag dann entweder per Lastschrift ein oder das Guthaben muss vorher wie früher bei den Prepaid Karten aufgeladen werden. (Schneider 2018)
2.2 WeChat
Chatten, Momente teilen oder Bezahlen. Die chinesische Internetfirma Tencent hat eine App entwickelt, die alle westlichen Dienste wie WhatsApp, Facebook oder auch Google in den Schatten stellt. Hierzulande reden alle noch vom „Internet der Dinge“. Im Reich der Mitte ist es bereits seit Jahren Realität, welche sich weltweit ausbreitet. WeChat lässt sich in die Kategorie der Instant-Messenger Dienste einordnen und ist in 200 Ländern und 20 Sprachen erhältlich. Bisher ist es allerdings nur in China Marktführer. Die App startete 2011 als Nachrichtendienst wie WhatsApp und entwickelte sich in den letzten Jahren zur sozialen Medienplattform mit vermeintlich unendlichen Funktionen. Eine neue Stufe von der Kommunikation von Menschen zur Verbindung mit Gegenständen macht dieses Angebot bisher so einzigartig. (Liu 2018, V - 3)
Entwickler von WeChat ist die chinesische Firma Tencent Holdings Ltd. Gegründet wurde die Firma bereits bei der ersten Internetwelle 1998, im chinesischen Silicon Valley der Stadt Shenzhen. Heute befindet sich der Hauptsitz allerdings in der Steueroase den Kaimaninseln. Gelistet wird die AG an der Hong Kong Stock Exchange und zählt mit einer Marktkapitalisierung von 422,78 Mrd. US$ (Stand 05/2019) (Börsennews.de 2019) zu den zehn wertvollsten Unternehmen weltweit. Die Unternehmung beschäftigt über 30.000 Mitarbeiter und hat auch ein eigenes Forschungs- und Entwicklungsinstitut. Dabei wurde Tencent vom ersten Tag an von ausländischen Investoren unterstützt. Hauptaktionär ist seit 2001 der südafrikanische Medienkonzern Naspers. Der Umsatz von Tencent steigt jährlich um zweistellige Wachstumsraten von 2016 zu 2017 um 54 %. Im Jahr 2017 belief sich der Umsatz auf 274 Milliarden Hong Kong Dollar, entspricht ca. 35 Mrd. US$. (finanzen.net GmbH 2019). Unter dem Schirm der Holdings Ltd. befinden sich eine Vielzahl von Firmen. Das chinesische Facebook Qzone, WeChat, diverse Bezahldienste darunter WeChat Pay, Unterhaltungsmedien, Informationsdienste, Tools und Plattformen. (Liu 2018, S. 12–17)
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Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: WeChat Logo (Google Play Store)
Der Weg zu WeChat (siehe Abbildung 1) führt über den AppStore des jeweiligen Smartphones. WeChat ist für alle gängigen Systeme (Android, Apple, Windows) erhältlich und lässt sich in China nutzen. Dies ist bei zahlreichen amerikanischen Diensten nicht möglich. Durch eine staatliche Software lassen sich Dienste wie Facebook etc. in China nicht benutzen. Die App ist kostenfrei und hat laut Google Play Store über 100.000.000 Downloads mit dem Werbe Slogan „WeChat ist mehr als nur ein Messenger App oder Social Media App – es ist ein Lebensstil für eine Milliarde Nutzer auf der ganzen Welt.“ (Google Play Store) Wer WeChat nutzen möchte, muss sich mit seiner Handynummer registrieren. Für den Bezahldienst WeChat Pay in der App ist noch eine Verifizierung mit dem echten Namen nötig. Dies hat die chinesische Regierung erlassen. Anschließend bekommt man eine WeChat – ID als Code von Buchstaben und Zeichen. Weiter wird noch ein persönlicher QR-Code erstellt. Mit diesem Code kann man sich mit Freunden verbinden. Sowohl auf den Plattformen als auch persönlich, wenn man Gegenseitig die QR-Codes fotografiert. Auch das Bezahlen wird später über diesen persönlichen QR-Code abgewickelt. Anschließend bietet sich die Möglichkeit öffentliche und ein privates Konto zu erstellen. Mit öffentlichen WeChat Konto präsentiert man sich auf Plattformen, schaltet Marketingkampagnen, bietet Produkte und Dienstleistungen an. Dabei bietet WeChat jedem Unternehmen die Möglichkeit für Onlineshops, dem stationären Handel und ein günstiges / effizientes CRM3 System an. Denn 80 % der chinesischen Smartphone Besitzer haben WeChat. Dabei hinterlassen alle ihre Daten im Netz. Somit lässt sich WeChat für Unternehmen auch als einzigartige Marketingplattform nutzen. Im privaten Konto befinden sich unter anderem die Chatfunktionen, teilen von Momenten, Spiele und der Bezahldienst WeChat Pay. (Liu 2018, S. 3–6) Der Bezahldienst wird im Folgenden näher beleuchtet:
WeChat Pay ist mit einer Nutzerzahl von über 300 Mio. der meist verwendete Bezahldienst in China. Die Handhabung ist so bequem, dass beinahe jedes auch noch so kleine Geschäft das Verfahren anbieten kann. Auch für den Kunden ist das System selbsterklärend. In der App kann man in dem Bezahldienst unter „Meine Brieftasche“ sein Girokonto verlinken. So lässt sich bis zu 1000 Yuan (135 €) Guthaben kostenfrei aufladen. Bei höheren Beträgen ist ein Bearbeitungsentgelt von 0,1 % an Tencent zu entrichten. Sollte das Guthaben nicht ausreichen, wird der fällige Betrag unmittelbar vom Girokonto eingezogen. Für den Händler ist die Einrichtung so mühelos, dass es auch kleine Läden wie Bäcker, Essenständen usw. verwenden. Nötig ist hierzu nur ein öffentliches Konto und die Entscheidung für eine der vier folgenden Ausführungsvarianten. (Liu 2018, S. 119–123)
1. Quick Pay
Hier erzeugt, die App einen QR-Code, welcher am Smartphone Bildschirm angezeigt wird. Der Verkäufer scannt mit einem speziellen Gerät den Code ein. WeChat überprüft die Daten im Hintergrund. Ggf. muss der Kunde seinen WeChat Code zur Bestätigung eingeben oder bei hohen Beträgen eine SMS bestätigen. Stimmen alle Daten überein bekommt die Händler die Zahlung auf sein WeChat Konto gutgeschrieben und der Kunde bekommt eine Bestätigung. Somit ist es sehr komfortabel und lässt sich gut im stationären Handel implementieren. (Liu 2018, S. 130–134)
2. QR-Code scannen
Hier gibt zwei Möglichkeiten für Läden. Zum einen gibt es einen festen QR-Code oder durch Erzeugung eines QR-Codes. Der Kunde scannt dann den QR-Code mit seinem Handy ab. Somit ist der Ablauf spiegelverkehrt zu Quick Pay. Der vorerzeugte QR-Code ist für alle Käufe möglich, bei welchem Preis und der Verkaufsort feststehen. Beispielsweise für Tickets oder Warenautomaten. Der direkt erzeugte QR-Code bietet Flexibilität. Diese Methode findet bei Rechnungen Anwendung, wie in Kaufhäusern, Restaurants usw. Das Warensystem kreiert mit einer WeChat Software einen QR-Code auf der Rechnung. Der Kunde scannt den Code wieder mit seinem Smartphone ein. Anschließend teilt WeChat Pay dem Warensystem den Kauf mit. Beide erhalten eine Bestätigung und die Ware ist bezahlt. (Liu 2018, S. 135–139)
3. Zahlung über öffentliches WeChat Konto
Firmen, die ein öffentliches Konto besitzen, können dort direkt Produkte vertreiben und auch Angebote und Gutscheine schalten. Dies kann sowohl ein Onlineshop oder auch der stationäre Handel sein. Beim Anklicken des Produkts kommt direkt mit WeChat Pay bezahlen oder man scannt wieder mit dem Handy den QR-Codes des Ladens ein. Nach Auswahl des Produkts ist wieder die Zahlung mit WeChat Pay möglich. Auch mit Freunden lässt sich der Link teilen. (Liu 2018, S. 140–142)
4. Integrieren von WeChat Pay in andere Apps
Wie jede Kreditkarte lässt sich auch die Bezahlmethode WeChat Pay in den Onlineshop einbauen. Hierzu gibt es einfache Schnittstellen, um die Bezahlmetode anbieten zu können. (Liu 2018, S. 142–145)
Tencent macht wie aus dem Messenger Dienst, auch aus dem Bezahldienst noch viel mehr. Weitere Möglichkeiten werden nur genannt und nicht näher beschrieben: Überweisung an WeChat Freunde, Aufladen von Handyguthaben, online Vermögensverwaltung, virtuelle Währung Q-Coins für InApp Käufe, Zahlungen für den Haushalt (Wasser, Strom), Smart City (Online Bürgeramt Verwaltung), Kauf von Reisetickets (Bus, Zug), Kreditrückzahlung, Spenden über Tencent, Didi Chuxing (zentrales Taxibezahlsystem), Geld empfangen, digitales Geschenk „rotes Paket“ und vermutlich sind die Grenzen noch lange nicht erreicht. (Liu 2018, S. 146–153) Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es Tencent schafft mit der App WeChat ein Ökosystem zu schaffen. In den Großstädten muss man die App nicht mehr verlassen, um sein tägliches Leben zu bestreiten. Für jede Lebenslage bietet WeChat die passende Funktion. (Häring 2018, S. 148) Aktuell lässt sich die Frage, ob ein solch umfangreicher Dienst in Europa vorstellbar ist mit Nein beantworten. (Liu 2018, Vorwort) Dies liegt an dem Datenschutzbewusstsein der westlichen Welt. Auch wenn wir mit unserer derzeitigen Nutzung von Alexa, Smartphone und Social Media endlos viele Daten erzeugen, so ist WeChat doch noch eine andere Hausnummer. WeChat hat zwar ein Zertifikat für eine internationale Norm für Datensicherheit erhalten. Es gibt aber zurecht viele Kritiker, die das endlose Datensammeln und verkaufen an die Firmen und den Staat für ihre Zwecke verurteilen. Wie oben beschrieben hat der chinesische Staat erlassen, dass eine Anmeldung bei WeChat Pay nur mit der echten Identität möglich ist. Somit kann die Regierung die Daten aus dem Zahlungsverhalten, welche in ein Bonitätssystem mündet, vereinen mit ihrem Sozialpunktesystem. Das chinesische Sozialpunkte System bewertet jeden Bürger nach seiner Tugendhaftigkeit. In Kombination mit den Zahlungsverkehrsdaten lässt sich ein komplett gläserner Bürger erstellen. Als Folge bekommt jemand mit einem guten Rating Sozialleistungen und einen Arzttermin. Ein schlechter Bürger bekommt keinen Universitätsplatz für seine Kinder. Dieses Interesse der Regierung hat auch die Ausbreitung von WeChat Pay und dem Konkurrenten Alipay explodieren lassen. Nachdem WeChat und Alipay in den Städten häufiger verwendet wird als Bargeld, haben sie nun die Zahlungsabwicklung von MasterCard und Visa übertroffen. (Häring 2018, S. 147–150)
3 Strategische Konzeption
Nach der Erläuterung der unterschiedlichen Möglichkeiten von Mobile Payment, folgen nun die strategischen Grundlagen für die zugrundeliegende Arbeit.
3.1 Diffusionsmodell nach Rogers (1962)
Es ist nichts schwieriger zu planen, zweifelhafter an Erfolg, nichts schwieriger zu managen als die Schaffung neuer Dinge… Immer wenn seine Feinde die Fähigkeit haben, den Innovator anzugreifen, tun sie dies mit der Leidenschaft der Partisanen, während die anderen ihn träge verteidigen, weil der Innovator und seine Partei gleichermaßen verwundbar sind. Niccolo Machiavelli, The Prince (1513). (Rogers 2003, S. 1)
Die Weisheiten aus dem 16. Jahrhundert lassen sich immer noch auf die heutige Welt übertragen. Eine Theorie, die im letzten Jahrhundert zur Markteinführung von Innovationen beschrieben wurde und in keinem Lehrbuch fehlen darf, ist das Diffusionsmodell von Everett M. Rogers aus dem Jahr 1962. (daswirtschaftslexikon.com 2015)
Zur möglichen Anwendung dieses Standardwerks ist zunächst zu klären, ob es sich bei Mobile Payment um eine Innovation von Zahlungsmitteln handelt. Homburg definiert Produktinnovationen so: „Unter einer Produktinnovation verstehen wir jedes Produkt (bzw. jede Produktidee), das (die) von den Kunden als neu wahrgenommen wird.“ (Homburg 2017, S. 562) Hierbei wird unter unterschieden zwischen Innovationen, die der Markt oder eine neue Technologie hervorbringt. Dabei geht man bei den Marktinnovationen auf unerfüllte Kundenwünsche ein. Hingegen sind bei technologisch getriebenen Innovationen neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorhanden. (Homburg 2017, S. 562–563) Bezogen auf Mobile Payment bietet sich folgende Schlussfolgerung. Die Bezahlmöglichkeit mit dem Smartphone gibt es in den USA seit 2014 und in Deutschland war der Rollout4 der deutschen Banken im Laufe des Jahres 2018. Bis dahin war die Bezahlung am POS nur mit Bargeld oder der Plastikkarte möglich. (Schneider et al. 2018) Somit wird Mobile Payment von den Kunden als Neuerung wahrgenommen, die es bislang nicht gab. Unerwünschte Kundenbedürfnisse dürften zumindest in Deutschland nicht zur Entwicklung geführt haben, nachdem deutsche ihr Bargeld lieben. Auch die Anzahl der Kartenzahlungen haben sich in den letzten Jahren nur schleppend entwickelt am Markt. (Schneider et al. 2018) Dafür gründet die Entwicklung auf einer neuen technischen Möglichkeit, die das Smartphone und die weltweite Vernetzung mit dem Internet bietet. Mit diesen Erkenntnissen lässt sich Mobile Payment als Innovation bezeichnen oder wie das Handelsblatt schreibt: „Speerspitzen einer technologischen Revolution“ (Schneider et al. 2018) Damit kann das Diffusionsmodell von Rogers für Mobile Payment herangezogen werden.
Diffusion ist der Prozess in welcher eine Innovation kommuniziert wird mit bestimmten Kanälen im Zeitverlauf unter den Mitgliedern in einem sozialen System. (Rogers 1983, S. 5)
Die Kernelemente bei der Diffusion einer neuen Idee sind somit (1) die Innovation (2) die Kommunikationskanäle, (3) die Zeit und (4) soziale Systeme. (Rogers 2003, S. 36)
Bei Rogers Theorie wird somit nicht nur das Individuum auf der Microebene betrachtet, sondern auch die Makroebene durch den Einbezug der sozialen Systeme. Den Übernahmeprozess auf der Microebene beschreibt Rogers in fünf Stufen:
1. Wissen (Knowledge) tritt ein, wenn das Individuum die Innovation wahrnimmt und versteht wie diese funktioniert. (Rogers 2003, S. 169) Dabei kann man zwischen drei Typen von Wissen über die Innovation unterscheiden: „ Awareness-knowledge“ die Information darüber, dass es existiert. Das Wissen über die Existenz kann die Einzelnen dazu motivieren in Stufe 2 und 3 überzugehen: „How to knowledge“ und „ principles knowledge“. Dabei ist How to knowledge also das Wissen über die Anwendung über Innovation sehr entscheidend. Ist das Wissen nicht weiter ausgeprägt oder scheitert die erste Anwendung, kann es zu einer Abwendung von der Innovation führen. Principles knowledge dagegen beschreibt das Grundlagenwissen über die Innovation. (Rogers 2003, S. 172–173)
2. Überzeugung (Persuasion) tritt ein, wenn das Individuum eine günstige oder eine ungünstige Haltung zur Innovation entwickelt hat. (Rogers 2003, S. 169) Das Individuum möchte herausfinden welche Vor- und Nachteile die Innovation für ihn hat. Diese Informationen würden oft von Experten bereitgestellt werden, aber stattdessen sucht das Individuum meist nach einer subjektiven Meinung seiner Vergleichsgruppe (Freunde, Kollegen, Vorbilder). Die persönlichen Erfahrungen mit der Adoption der Innovation sind überzeugender. (Rogers 2003, S. 174–176)
3. Entscheidung (Decision) findet statt, wenn ein Individuum sich in einer Aktivität befindet, die zu einer Entscheidung führt. Es kann sich für die Übernahme (Adoption) oder Ablehnung der Innovation entscheiden. (Rogers 2003, S. 169)
4. Implementierung (Implementation) passiert dann, wenn das Individuum die Innovation in Gebrauch nimmt. (Rogers 2003, S. 169) Dabei hat sich über die Jahre der Forschung von Rogers herausgestellt, dass es in der Implementierungsphase noch einen weiteren wichtigen Aspekt gibt. Die sog. „ Re-Invention“, definiert das Ausmaß, in dem eine Innovation im Zuge Ihrer Einführung von dem Nutzer verändert wird. Die frühen Adoptoren werden somit vom passiven Nutzer zum Gestalter der Innovation. Damit geht Rogers davon aus, dass die Übernahmerate und deren Nachhaltigkeit steigt, je höher der Grad an Re-Invention ist. Somit lässt sich sagen, je flexibler die Innovation an die Kundenbedürfnisse angepasst wird, desto schneller breitet sie sich aus. (Rogers 2003, S. 180–183)
5. Bestätigung (Confirmation) findet statt, wenn eine Person die Verstärkung einer bereits getroffenen Innovations-Entscheidung anstrebt. (Rogers 2003, S. 169) Wie Leon Festiger schon 1957 beschrieb: „Sucht ein Verbraucher ein inneres kognitives (gedankliches) Gleichgewicht (Konsonanz).“ Dabei wird der Adopter versuchen Informationen zu erlangen, die seine Entscheidung bestätigen und Informationen zu vermeiden, die widersprüchlich sind. Überwiegen die Dissonanten Information allerdings, kann es trotzdem zu einem Abbruch der Nutzung führen. (Homburg 2017, S. 62–64) Rogers unterscheidet hier in zwei Typen vom Abbruch: (1) Ersetzen (Replacement) der Übernehmer revidiert seine Entscheidung und wechselt zu einer für ihn besseren(neuen) Innovation. (2) Ernüchterung (Disenchantment) Der Verbraucher ist enttäuscht von der Innovation und nutzt diese nicht weiter. (Rogers 2003, S. 190–191)
Wie oben beschrieben lässt sich Rogers Standardwerk nicht nur auf das einzelne Individuum und seinen Übernahmeprozess anwenden, sondern auch auf der Makroebene. Dabei stellt sich die zentrale Frage wie sich eine Innovation innerhalb eines sozialen Systems ausbreitet. Man kann den Diffusionsprozess auch als Teil des Lebenszyklusmodells sehen. Die Verbreitung der Innovation reicht klassisch im S-Kurvenverlauf bis zur Reifephase mit dem Schnittpunkt des Absatzmaximums. (Siehe Abbildung 3) Dabei betrachtet das Diffusionsmodell meist nur den Zeitpunkt des erstmaligen Kaufs. (daswirtschaftslexikon.com 2015)
Bei der Einführung neuer Produkte sind nicht alle Teilnehmenden am Markt sofort gleichermaßen über die Innovation informiert. Vor allem diese Kommunikation ist von besonderer Bedeutung. Wie oben schon beschrieben, glaubt der Kunde eher Mund zu Mund Kommunikation als Experten. Diese können von Meinungsführern (Opinion Leaders) und Meinungsfolgern (Follower) sein. Die Meinungsführer übernehmen die neuen Produkte, weil sie besonders aufmerksam sind und sich einen Imagegewinn erhoffen. Die Follower kaufen dagegen als Imitatoren. Sie kaufen also erst wenn sie die Innovation schon in einem gewissen Maße verbreitet hat. (Homburg 2017, S. 593) Somit ist es essenziell zu verstehen wie potenzielle Adoptoren Neuerungen wahrnehmen und diese als Meinungsführer übernehmen. (Rogers 2003, S. 266) Ausgehend davon ist am Anfang des Diffusionsprozess eine sehr geringe Steigung der Übernehmer zu beobachten. Erst bei Erreichen der sog. „kritischen Masse“ verbreitet sich die Neuerung überprotonal im sozialen System. Erst zum Ende flacht die Übernahme wieder ab, wenn auch die letzten Nachzügler die Innovation annehmen. Betrachtet man den Adoptionsverlauf auf nicht kumulierter Basis, ergibt sich eine glockenförmige Normalverteilung. Rogers beschreibt unter Einbeziehung des Mittelwerts und der Standardabweichung dabei unterschiedliche Übernehmer. (Rogers 2003, S. 280–287)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: S-Kurve der Diffusion und Adopterkategorien, eigene Darstellung in Anlehnung an (Rogers 2003, 11, 281)
Für Mobile Payment gibt es bereits Untersuchungen in welcher Kategorie des Diffusionsprozess die einzelnen Länder sich befinden. Deutschland befindet sich noch in der Phase der Innovatoren. Diese zeichnen sich aus durch eine hohe Risikobereitschaft und eine gute Vernetzung aus. Welche die Innovation in die sozialen Systeme tragen können. (Rogers 2003, S. 182–183) Dabei steht Deutschland von der ermittelten Prozentzahl kurz vor dem Übergang zu den frühen Adoptoren. Sie sind anerkannt und zählen zu den Meinungsführern. Somit nehmen sie die Schlüsselrolle ein, ob eine Innovation sich erfolgreich verbreiten wird. (Rogers 2003, S. 283) Der chinesische Markt dagegen hat schon die kritische Menge überschritten und befindet sich bei der frühen Mehrheit. Sie gehören nicht zu den Meinungsführern, sondern zu den Meinungsfolgern. Allerdings verfügen sie über viele soziale Kontakte, was die Verbreitung weiter begünstigt. China hat Deutschland somit schon wichtige Meilen an Verbreitungsweg voraus.
https://www.statista.com/study/41122/fintech-report-digital-payments/
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Abbildung 3: Durchdringungsrate, Innovationsdiffusion von Mobile Payment am POS (Striapunia 2018)
3.2 Markteinführungsstrategie der deutschen Banken am Beispiel der HVB
Wie oben schon beschrieben wurde, haben die deutschen Banken schon die ersten Meter zur Einführung von Mobile Payment hinter sich. Welche Strategie die Banken dabei verfolgten soll im nächsten Absatz am Beispiel der HypoVereinsbank beschrieben werden.
Die HypoVereinsbank hat sich für die Variante Apple Pay entschieden. Damit behilft sie sich der NFC Technik, welche allerdings nur für Apple Nutzer in Frage kommt. (Schneider und Atzler 2018) Damit sind 85 % der möglichen Kunden vom Konsum ausgeschlossen. (Saller 24.04.2019) Dieses Manko ist die HypoVereinsbank aber bewusst eingegangen. Die Marketingstrategie sollte Awareness5 für Mobile Payment bei den Kunden schaffen. Sowohl für welche die schon Kunden bei der HVB sind als auch für Personen, die bei anderen Banken ihr Girokonto haben, welches Apple Pay nicht unterstützt. Ziel war es mit der Kampagne auch Kunden vor allem im Raum München zu gewinnen. (Saller 24.04.2019) Für diese Strategie setzte die HypoVereinsbank auf starke Brands6 für die Einführung der Innovation. Zum einen Apple als internationale Marke und den Partner den FC Bayern München als beliebten Fußballverein. (Saller 24.04.2019) Dabei war das Vorgehen für die Markteinführung von Apple Pay klar von Apple bestimmt worden. Das Marketingteam durfte nur Vorschläge machen und Apple entschied welche Mittel zum Tragen kamen. (Saller 24.04.2019) Diese starre Vorgaben von Apple und auch die Gefahr nur noch Dienstleister von Apple zu sein und damit die eigenen Kunden irgendwann zu verlieren schräkt momentan noch viele Banken ab. (Schneider und Atzler 2018) Neben der HypoVereinsbank nahmen noch weitere Banken die Widrigkeiten in Kauf, um ihren Kunden diese Bezahlmethode anzubieten. Hierrunter vielen die Deutsche Bank, N26 und einige weiter Banken folgten. (Schneider und Atzler 2018) Apple machte auch bis zu Letzt ein Hehl daraus, welche Bank den Launch7 für Apple Pay Deutschland durchführen durfte. (Saller 24.04.2019) Zur Bekanntmachung von Apple Pay wurde auf das beliebte Werbemittel Premarketing gesetzt - verpackt als Coming Soon Kampagne. Hier wurden unter anderem die sozialen Medien wie Instagram genutzt. Auch hier hatten alle Kreditinstitute die gleichen Vorgaben von Apple. Damit sollte ein großer Spannungsbogen erzeugt werden, an welchem Tag Apple Pay nun wirklich erscheint. Anschließend wurde eine Außenwerbungskampagne gefahren. In ganz München wurde Apple Pay by HypoVereinsbank mit dem Slogan „Servus Apple Pay“ bespielt. Sowohl an U-Bahnen, City Lights8 oder eben der Heimat des FC Bayern München die Allianz Arena. Hier wurde das gesamte Stadion mit der Technik ausgestattet und Werbung platziert. (Saller 24.04.2019) Der Launch wurde pressewirksam in der Allianz Arena vollzogen. Hier spazierten die CEOs vom FC Bayern und der HypoVereinsbank durch die Arena und testeten unter den Augen der Presse das Bezahlverfahren. (Schneider und Atzler 2018) Die HypoVereinsbank wollte damit zwei Joker auf ihrer Seite ziehen. Zum einen Apple Pay als erste eingeführt zu haben und nicht die Deutsche Bank und als zweite die Reichweite des FC Bayern München zu nutzte machen. Leider verflog der erste Hype nach ein paar Tagen, da die HypoVereinsbank nicht das Budget für einen TV-Spot hatte. (Saller 24.04.2019) Als Zielgruppe definierte die HypoVereinsbank Mobile Affine Kunden, welche eine Kreditkarte besitzen. Diese konnten sie in ihren Bestand mittels CRM filtern und mit E-Mail Kampagnen etc. ansprechen. Bei den Nichtkunden wollte die HVB vor allem iPhone Besitzer ansprechen. Hier wurde auch Trageting und programmierte Werbung zur Hilfe genommen. (Saller 24.04.2019) Die CEO von Apple Deutschland Tim Cook zeigte sich begeistert von der Markteinführung von Apple Pay in Deutschland mit der HypoVereinsbank. (Saller 24.04.2019) Auch die HypoVereinsbank war mit dem Start äußerst zufrieden. Allerdings zeigt sich mittlerweile, dass die Registrierungen leicht stagnieren. Die HVB möchte hier als Gegenmaßnahme im Laufe des Jahres 2019 und im Jahr 2020 noch Marketingmaßnahmen platzieren, auch weil diese mit Apple vertraglich vereinbart sind. Allerdings sollen diese nicht mehr vergleichbar sein mit dem Umfang zum Start. (Saller 24.04.2019) Experten sahen für die erfolgreiche Verbreitung von Mobile Payment in Deutschland den Start von Apple Pay als essenziellen Bestandteil. (Schneider und Atzler 2018) Nachdem die deutschen dem neuen Bezahlverfahren gerne auf die Erfahrungsberichte anderer setzten, bevor sie sich für eine Innovation entscheiden, lohnt sich nachfolgend ein Blick über den Tellerrand. (Saller 24.04.2019)
3.3 Derzeitige Nutzung von Mobile Payment
Mobile Payment wird in verschiedenen Ländern aktuell sehr unterschiedlich genutzt. Die zugrundeliegende Arbeit vergleicht den chinesischen Marktführer mit den unterschiedlichen deutschen Möglichkeiten. Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass auch andere Länder Mobile Payment äußerst erfolgreich eingeführt haben. Neben kulturellen Unterschieden gibt es auch noch andere Faktoren, die zu einer derzeit unterschiedlichen Marktdurchdringung führen. Ein klassisches Beispiel in Europa ist Schweden. Die Nordlichter gelten als Vorreiter im Punkto mobiles Bezahlen. Hier werden heute ca. 80 % der Zahlungen mobile erledigt. Findige Gründer entwickelten 2012 die App Swish. Diese wird von den schwedischen Banken in der breite unterstützt. Mittlerweile zahlt statistisch jeder Smartphone Besitzer in Schweden mit dieser App. (Hierl 2017, S. 325–327) Ein ausschlaggebender Grund für die hohe Nutzungsquote von Mobile Payment und das regelrechten verschwinden des Bargelds ist die Geldpolitik des Landes. Die schwedische Zentralbank beschloss 2007 sich aus der Bargeldversorgung zurückzuziehen. Die Anzahl der Geldautomaten sank dramatisch, da die Versorgung der Bürger mit Bargeld für die Banken zu teuer geworden war. Erst 2018 wurde dank einer Petition von Bürgern ein Gesetz verabschiedet, dass der nächste Geldautomat nicht mehr als 25 km vom Wohnort entfernt sein darf. (Häring 2018, S. 126–128) Es war ein künstlicher Eingriff der Zentralbank in den Lebenszyklus des Bargeldes. Die Sättigung des Produkts Bargeld wurde durch Verknappung des Gutes Geld wesentlich schneller herbeigerufen, als es normalerweise der Fall gewesen wäre. Ein Hinweis darauf ist die erfolgreiche Bürgerpetition, zur Erhöhung der Bargeldversorgung. (Häring 2018, S. 127–128) Die dadurch steigende Rate der Smartphone Zahlungen am POS lässt sich mit der Befriedigung von Verbraucherbedürfnissen erklären. Im Vorliegenden Fall liegt das Bedürfnis Zahlung einer Ware vor. (Homburg 2017, S. 32–33) Diese Bedürfnisbefriedigung machte sich vor vielen Jahren schon Henry Ford zu Nutze. Die Menschen mussten sich fortbewegen. Das Vorankommen mittels Kutschen, Eisenbahn oder zu Fuß dauerte sehr lange und war meist unbequem. Somit war die Nachfrage nach Autos sehr hoch. Doch das Automobil war zu dieser Zeit zu teuer für den normalen Bürger. Ford erfand daraufhin die Fließbandproduktion und konnte durch Ausnutzung des Erfahrungskurvengesetzes die Produktionskosten um 75 % in 14 Jahren senken. Damit schaffte er eine unglaubliche Steigerung des Marktanteils von 10 % auf 55 %. (Homburg 2014 // 2012, 123 - 12) Bezieht man diese Erkenntnisse auf die Nutzung von Mobile Payment in Schweden, liegt das Ergebnis sehr nahe. Verbraucher können nur unbequem an Bargeld gelangen und die Versorgung ist sehr teuer. Bringt man größere Beträge zur Bank wird man verdächtigt kriminell zu sein. Die App Swish ist kostenfrei und wird von der Zentralbank gerne gesehen, da somit angeblich die Kriminalität gesenkt wird. Als Folge bieten die Geschäfte nur noch Mobile Payment als Zahlungsmethode an, um nicht kriminell zu wirken. Verbraucher zahlen mit Swish, da ihr Bedürfnis nach Zahlung der Ware am einfachsten befriedigt wird. Es geht schnell, die Händlerakzeptanz ist vorhanden und es ist kostenfrei. Eine schnelle Steigerung des Marktanteils ist die Folge (Hierl 2017, S. 327)
In anderen Industrieländern wird der Lebenszyklus des Bargelds nicht so stark von der Zentralbank beeinflusst. Hier setzt sich Mobile Payment eher als Innovation durch wie sich beispielsweise Spotify und die CD sich zueinander verhalten. Viele Bürger hören Musik mittels Streamingdienste, aber auch CDs werden noch verkauft und sogar die Schallplatte hat ein Comeback. (Tschmuck 2016)Beispielhaft ist hier das vereinigte Königreich. Die Briten gelten in vielen Gesichtspunkten als Vorreiter und sind neuer Technik sehr aufgeschlossen. Somit wurde dort das Bezahlen mit dem Handy schon diskutiert, als Smartphones den Markt noch gar nicht dominiert hatten. Auch in Großbritannien werden die verschiedenen Mobile Payment Methoden wie in Deutschland angeboten. Nur gibt es die Möglichkeit dort schon teilweise seit 2011. Auch konnten sich einige Start Ups erfolgreich etablieren und werden teilweise von den großen Banken wie der HSBC unterstützt. (Hierl 2017, S. 243–255) Die Mobile Payment Zahler in UK belaufen sich heute bereits auf 3,9 Millionen Menschen und werden laut Prognose von Statista auf 6,2 Millionen bis 2023 ansteigen. Im Vergleich dazu hat Deutschland nur 1,9 Millionen, die am POS mit dem Smartphone bezahlen. Spannend ist allerdings, dass in dem vereinigten Königreich vor allem wohlhabende Menschen Mobile Payment benutzen. Dagegen ist in Deutschland die Verteilung zwischen den Einkommen sehr ähnlich. Den größten Umsatz in US$ mit Mobile Payment machen derzeit die USA. Mit 2,477 Millionen an Zahlungen. Sie liegen sogar um über ein doppeltes höher als in China. Dafür ist die Zahl der Nutzer in China um ein Vielfaches höher. In China benutzten fast 451 Millionen Menschen Mobile Payment. Das ist ca. neunmal so viel wie Europäer und Amerikaner zusammen (Striapunia 2018). China ist somit ein Zwitterland. Einerseits hat man wie unter 2.2 bei WeChat schon beschrieben ein klares Wohlwollen der Regierung für Mobile Payment, um den Bürger besser überwachen zu können. Auch in den ländlichen Gebieten forciert der Staat die Nutzung von E-Commerce9, um das Wachstum zu steigern. (Hua 2018) Andererseits ist die Versorgung mit Bargeld in China sehr gut. Vor allem in den Großstädten finden sich zahlreiche Geldautomaten und Banken, die Bargeld auszahlen und annehmen. Auch in Geschäften wird meist Bargeldzahlung und Mobile Payment angeboten. (S - Payment 2019) Somit ist es in China nicht die reine Alternativlosigkeit wie bei den Schweden, die solch hohe Nutzungsraten erklären lässt. Die deutsche Bundesbank hält sich zurück mit Empfehlung für bestimmte Zahlungsweisen. Sie sieht sich eher als Überwacher und Schützer von Verbrauchern. Aus diesem Grund fehlt es den deutschen Banken an einem zentralen Anschub für Mobile Payment von öffentlicher Seite. (Deutsche Bundesbank 2018) Demzufolge soll in den folgenden Kapiteln erläutert werden, was die Chinesen antreibt Mobile Payment favorisiert zu verwenden und wie sich dies auf den deutschen Markt übertragen lässt.
4 Empirische Forschung
Für Unternehmen stellt die Marktforschung eine Grundlage für eine erfolgreiche Arbeit dar. Wichtig ist es hierbei die tatsächlichen Marktgegebenheiten zu betrachten und sich nicht nur auf interne Vermutungen zu stützen. (Homburg 2017, S. 250) Aus diesem Grund wurde für diese Arbeit auch eine empirische Forschung entwickelt. Sie soll neben der vorhandenen Literatur dabei helfen eine geeignete Strategie mit Primärdaten (Homburg 2017, S. 263) für Mobile Payment zu entwickeln.
4.1 Quantitative Forschung
Die Hypothese der zugrundeliegenden Arbeit ist: Wenn das Marketing für diese Innovation besser wäre, würden die Deutschen Mobile Payment mehr nutzen. Im Rahmen dieser Thesis hat sich der Autor für eine „Stichprobe mittels Teilerhebung“ (Homburg 2017, S. 299) entschieden. Im Kontext der Vorbildfunktion von WeChat und der Anforderungen der deutschen Kunden wurden zwei „standardisierte Online Befragungen“ (Homburg 2017, S. 269) mit Hilfe der Webseite www.umfrageonline.com erstellt. Zunächst wurde eine „explorative Studie“ (Homburg 2017, S. 260) für den deutschen Verbraucher entwickelt. Dabei wurde eine bewusste Auswahl von Teilnehmern mittels „Quotenverfahren“ (Homburg 2017, S. 306) befragt.
Als Zielgruppe wurden Studierende definiert. Sie stellen aufgrund ihres Alters eine eher innovationsoffene Zielgruppe dar. Weiter würden sie sich nach Rogers Theorie als Adoptoren eignen. Rogers beschreibt sie als gut in soziale Netzwerke verankert und anerkannt. Studierende haben viele Kontakte zu unterschiedlichen Generationen und werden aufgrund ihres Wissens häufig um Rat gefragt. (btl-creative.com 2019) Die Befragung soll eine „breit gefächerte Zielgruppe“ (Homburg 2017, S. 299) darstellen und somit Rückschlüsse für die Gesamtheit der möglichen Konsumenten in Deutschland bieten. Anschließend wurde noch eine „deskriptive Studie“ (Homburg 2017, S. 260) zur Messung der Zufriedenheit und Nutzung von WeChat Pay entwickelt. Auch hier erfolgte wieder eine bewusste Auswahl von Teilnehmenden mittels „Quotenverfahren“. (Homburg 2017, S. 306) Allerdings beschränkte man sich auf die Befragung einer „eng gefassten Grundgesamtheit“ (Homburg 2017, S. 303). Die Teilnehmenden hier sind eine elitäre Gruppe an Menschen, welche entweder Ausländer sind, welche in China studiert haben oder Chinesen, die in Deutschland an der FS studieren. Diese Personen können nur einen Anhaltspunkt für das Verhalten von Chinesen liefern. Ihre Sichtweise der Dinge ist aufgrund der sozialen Stellung und der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel, nicht direkt vergleichbar mit beispielsweise einem einfachen Fabrikarbeiter in China. Allerdings wurden für einzelne Thesen bewusst noch einmal auf eine Erhebung von Primärdaten (Homburg 2017, S. 263) gesetzt. Sie sollen die schon vorhandenen Sekundärdaten (Homburg 2017, S. 263) ergänzen. Die Befragung für WeChat Nutzer wurde in englischer Sprache durchgeführt.
Bei beiden Umfragen waren die zentralen Erkenntnisobjekte die Kundenzufriedenheit und die Kundenbedürfnisse. Zur Ermittlung der Kundenbedürfnisse wurde folgendes Modell verwendet.
4.2 Das Kano - Modell
Grundlage für die Fragebögen war das Kano Modell. Der Professor Noriaki Kano entwickelte an der Tokyo University of Science 1978 ein Kundenzufriedenheitsmodell. Es basiert auf die von Frederick Herzberg schon in späten 1950er Jahren entwickelte Motivationsmodell. Die Zwei–Faktor–Theorie beschreibt sog. Hygienefaktoren und Motivatoren. Herzberg stellt damit Zufriedenheit und Unzufriedenheit nicht als gegensätzliche Ausprägungen dar, sondern als eigenständige Faktoren. Damit gelangt man zur Erkenntnis, dass keine Unzufriedenheit nicht automatisch zur Zufriedenheit führt. Kano hat sich mit seinem Modell zur Ermittlung von Kundenwünschen und Kundenzufriedenheit der Erkenntnisse aus der Arbeitsmotivation bedient. Er definierte fünf Eigenschaften die Kundenanforderungen besitzen können.
- Basismerkmale: Sie werden vom Kunden vorausgesetzt, aber nicht offen kommuniziert. Es wird erwartet, dass diese Eigenschaften beim Produkt vorhanden sind. Fehlen diese Merkmale ist der Kunde unzufrieden. Ein Vorhandensein der Merkmale steigert die Zufriedenheit nicht. (microtool.de)
- Leistungsmerkmale: Hierbei handelt es sich um Eigenschaften, die der Kunde ausdrücklich verlangt. Fehlen diese Eigenschaften ist der Kunde unzufrieden. Werden die Merkmale übertroffen, kann die Zufriedenheit entsprechend steigen. Sie werden auch als Qualitätsmerkmale beschrieben. (microtool.de)
- Begeisterungsmerkmale: Hier geht es um den tatsächlichen Kundennutzen. Kunden setzen diese Eigenschaften nicht voraus. Eine kleine Steigerung der Leistung macht eine überproportionale Entwicklung möglich. Nicht erfüllen wird aber auch nicht als störend empfunden. (microtool.de)
- Unerhebliche Merkmale: Sie befähigen weder zur Zufriedenheit noch zur Unzufriedenheit der Kunden. (microtool.de)
- Rückweisungsmerkmale: Sind diese Eigenschaften vorhanden ist der Kunde unzufrieden. Wenn das Merkmal aber nicht vorhanden ist, wird der Kunde auch nicht zufrieden. (microtool.de)
Somit lässt sich sagen, dass die Basismerkmale von Kano mit den Hygienefaktoren von Herzberg vergleichbar sind und die Leistungs- und Begeisterungsmerkmale mit den Motivatoren. (microtool.de)
Mit dieser Methode lassen sich die subjektiven Kundenwünsche für ein Produkt oder Dienstleistung ermitteln. Die aktuelle Kundenzufriedenheit lässt sich mit dieser Methode nicht messen. Hierfür gibt es andere Fragestellungen. Zur Ermittlung der Kundenwünsche werden bei der Kano – Methode zwei verschiedene Fragevarianten gestellt: Zum einem die funktionale Frage. Hier wird abgefragt was der Kunde denkt, wenn ein gewisses Produktmerkmal vorhanden ist. Zum anderen die divisionale Frage: Wie empfindet es der Kunde, wenn ein gewisses Produktmerkmal nicht vorhanden ist. (Klopp 2012)
Ein Beispiel für die funktionale Frage ist: Wenn Deine Bank Werbung (z. B. im TV, Banner, etc.) machen würde, was denkst du darüber? Gleiches für die divisionale Frage: Wenn Deine Bank KEINE Werbung (z. B. im TV, Banner, etc.) machen würde, was denkst du darüber?
Die Teilnehmenden können auf diese Fragestellungen mittels einer fünf-stufigen Skala antworten. (Klopp 2012)
Die Stufen lauten:
- Das würde mich sehr freuen. (Klopp 2012)
- Das setze ich voraus. (Klopp 2012)
- Das ist mir egal. (Klopp 2012)
- Das würde ich evtl. noch in Kauf nehmen. (Klopp 2012)
- Das würde mich sehr stören. (Klopp 2012)
Nach Abschluss der Umfragen werden diese schematisch anhand der Tabelle 1 ausgewertet. Sie dient dazu die gewünschten Produktmerkmale herauszustellen. (Klopp 2012)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Die Kano Auswertungstabelle, eigene Darstellung in Anlehnung an (Klopp 2012)
Die einzelnen Buchstaben beschreiben dabei, welcher Kategorie diese Frage von den Befragten zugeordnet worden ist.
- A (Attraktive) = Begeisterungsfaktor (Klopp 2012)
- M (Must be) = Basisfaktor (Klopp 2012)
- O (One-dimensional) = Leistungsfaktor (Klopp 2012)
- I (indifferent) sind indifferente Produktmerkmale. Die Befragten sind sich nicht einig. Somit lässt sich schlussfolgern, dass das Produktmerkmal nicht relevant ist. (Klopp 2012)
- R (Reverse) ist eine reverses Produkteigenschaft. Es zeigt an, dass diese Eigenschaft nicht gewünscht ist und führt bei Vorhandensein sogar zur Unzufriedenheit. (Klopp 2012)
- Q (Questionsable) es deutet darauf hin, dass die Frage von den Teilnehmern falsch verstanden wurde und muss somit ausgeschlossen werden. (Klopp 2012)
Anschließend werden die Ergebnisse in wie in Tabelle 2 mittels Häufigkeitsverteilung dargestellt. Hier ein fiktives Beispiel mit 100 Teilnehmenden zum Thema Werbung: (Klopp 2012)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Häufigkeitstabelle, eigene Darstellung in Anlehnung an (Klopp 2012)
Daraufhin muss bestimmt werden, welcher Kategorie die gefragte Produkteigenschaft entspricht. Je nach Antwort der Teilnehmenden gibt es verschiedene Möglichkeiten der Auswertung: (Klopp 2012)
- Modus Regel: Diese wird verwendet, wenn es eindeutig ist, welcher Kategorie dieses Produktmerkmal entspricht. Im obigen Beispiel ist es die Kategorie A (Attraktive) der Begeisterungsfaktor. Es kann aber vorkommen, dass es kein eindeutiges Ergebnis gibt. Dann kommt die nachfolgende Variante zu tragen. (Klopp 2012)
- Die Entscheidungsregel: Es kann sein, dass viele Probanden das Merkmal als Begeisterungsmerkmal und als Basismerkmal einstufen. Allerdings ist es für die Kundenzufriedenheit essenziell herauszufinden, um welchen Faktor es sich handelt. Ein Basismerkmal wird nämlich keine Zufriedenheit erzeugen. Siehe Hygienefaktoren von Herzberg. (Klopp 2012)
„Wenn (M + A + O) > (I + Q + R), dann wähle das Maximum von M, A oder O.
Wenn (M + A + O) < (I + Q + R), dann wähle das Maximum von I, Q oder R.“
Formel 1: Die Entscheidungsregel: (Klopp 2012)
- Bewertung nach Zufriedenheitskoeffizienten: Mittels dieser Kennziffer lässt sich identifizieren, inwieweit sich die Zufriedenheit steigern lässt durch die Existenz eines Merkmals oder ob damit nur Unzufriedenheit vermieden wird. Diese Koeffizienten nennt man dann „Zufriedenheitsstiftung“ (Klopp 2012) oder „Unzufriedenheitsstiftung“ (Klopp 2012). Berechnet werden die Koeffizienten folgendermaßen: (Klopp 2012)
Formel 2 Zufriedenheitskoeffizienten (CS) Zufriedenheitsstiftung (CS+) Unzufriedenheitsstiftung (CS-), eigene in Anlehnung an (Klopp 2012)
Das Ergebnis der Zufriedenheitsstiftung liegt zwischen Null und Eins. Je näher das Ergebnis des Koeffizienten bei der Null liegt, desto geringer ist der Einfluss auf die Zufriedenheit der Kunden. Dementsprechend sorgt ein Ergebnis nahe der Eins für eine relativ hohe Zufriedenheit der Kunden. (Klopp 2012)
Das gleiche lässt sich auch bei der Unzufriedenheitsstiftung ableiten, nur mit negativem Vorzeichen. Es gibt an, wie viel Unzufriedenheit ein Nichtvorhandensein eines Produktmerkmals hervorruft. Die Bandbreite der Ergebnisse liegt zwischen Minus Eins und Null. Ein Wert nahe der Null zeigt, dass es nur wenig Unzufriedenheit stiftet. Liegt das Ergebnis aber Nahe der Minus Eins, so sorgt es für eine hohe Unzufriedenheit der Kunden. (Klopp 2012)
4.3 Durchführung der Befragungen
Nach den theoretischen Grundlagen zum Thema Mobile Payment und den grundlegenden Modellen für diese Arbeit, werden nun die Hauptakteure jedes Unternehmens befragt à die Kunden. Wie schon beschrieben wurden zwei Unterschiedliche Fragebögen erstellt. Zunächst wird der deutsche Fragebogen zur Ermittlung der Kundenbedürfnisse von deutschen Studierenden beschrieben. Anschließend wird die Vorgehensweise bei dem englischen Fragebogen für die Zufriedenheit von Studierenden die WeChat benutzt haben erläutert. Häufig wird zur Ermittlung des Fragekatalogs vor allem unter Verwendung des Kano – Modells eine Vorstudie durchgeführt. (Klopp 2012) Für diese Bachelor Thesis wurde allerdings auf eine solche Vorstudie verzichtet. Gründe hierfür waren die umfangreiche Literatur, der begrenzte Umfang dieser Thesis und der vorgegebenen Prozessschritte der Diffusion nach Rogers Modell.
4.3.1 Mobile Payment (Deutsch)
Die Forschungsarbeit wurde im Zeitraum vom 28.02.2019 – 22.04.2019 durchgeführt. Die Umfrage wurde in zwei Teile unterteilt. Der erste Teil befasst sich mit der klassischen Ist-Befragung. Beim zweiten Teil wurden die Fragen nachdem Kano-Modell skizziert. Die Vorgehensweise in den einzelnen Abschnitten wird Nachfolgenden erläutert.
- Auswertung des Ist-Zustands: Nachdem es sich bei der Zielgruppe Studierenden, um eine nahezu homogene Zielgruppe handelt unter dem Gesichtspunkt des Alters, des Einkommens und dem höchsten Bildungsabschluss, wurden zuerst andere statistische Größen erfasst. Die Teilnehmenden konnten mittels Einfachauswahl ihren Studiengang und die Hausbank festlegen. Anschließend wurden einige Fragen zur Bekanntheit von Mobile Payment mittels Fragen mit Mehrfachauswahl und Freitext ausgewählt. Ferner durften die Studierenden noch Einschätzungen zu ihrem Nutzerverhalten über eine Bewertungstabelle und eine Drop-Down10 Matrix ergänzen. (UmfrageOnline.com)
- Auswertung der Anforderungen: Ziel war es herauszufinden, was den Befragten in diversen Kategorien zum Thema Mobile Payment Marketing wichtig wäre. Die Themenblöcke handeln von der Beratungssituation der Bank, der Werbung von der Hausbank, die Applikation als solche, die Situation bei den Händlern und das wichtige Thema dem Datenschutz. Die Studierenden konnten auf die jeweils funktionalen und dysfunktionalen Fragen mit den beschriebenen Antwortmöglichkeiten der Kano Theorie ihre Wünsche äußern oder keine Meinung haben. Ergänzt wurden die Blöcke noch durch Ja/Nein Fragen. Abschließend wurden noch soziodemographische Daten abgefragt und ein Freitextfeld für Anmerkungen zur Verfügung gestellt. (UmfrageOnline.com)
Somit wurde in der Befragung nicht nur die Bedürfnisse der Kunden abgefragt, sondern auch wie die aktuelle Zufriedenheit gedeutet werden kann. Ziel ist es mit Hilfe des Diffusion-Modell von Rogers die richtigen Stellschrauben für eine erfolgreiche Verbreitung der Innovation Mobile Payment zu finden.
Die Befragung wurde mittels Online Link per E-Mail und diverse Social-Media-Kanäle (WhatsApp, Instagram, Facebook) verbreitet. In Facebook wurde sog. Survey Gruppen von Studierende beigetreten, um eine hohe Reichweite an Studierenden zu erlangen. Auch die Portale SurveyCircle und PollPool wurden genutzt. Für eine gute Qualität der Umfrageergebnisse (Homburg 2017, S. 303) wurde auch darauf geachtet, nicht nur Studierende aus dem BWL-Zweig zu erlangen, sondern auch aus anderen Studiengängen.
4.3.2 Mobile Payment (Englisch)
Die zweite Befragung erfolgte im Zeitraum vom 17.03.2019 – 20.04.2019. Wie schon beschrieben wurde hier nur eine kleine Zielgruppe an Studierende befragt. Diese sind schon User des Vorbilds WeChat. Auch diese Online – Umfrage wurde in zwei Teile unterteilt. Ziel war es vergleichbare Ergebnisse zu erlangen. Allerdings ist diese Umfrage mehr auf die Kundenzufriedenheit abgestellt. Dennoch wurden Teile des Kano-Modells für einige Fragestellungen angewandt. Nachdem die Bachelor Thesis in deutscher Sprache verfasst wird, wird auch die Erläuterung des Fragebogens und deren Erkenntnisse auf Deutsch beschrieben. Die Umfrage selbst wurde allerdings in englischer Sprache verfasst.
- Auswertung des Ist-Zustands: Auch hier kamen aufgrund der homogenen Gruppe andere statistische Größen zum Tragen. Die Testpersonen konnten mittels Einfachauswahl ihren Studiengang festlegen. Anschließend wurden einige Fragen zur Bekanntheit von Mobile Payment mittels Fragen mit Mehrfachauswahl und Freitext ausgewählt. Weiter wurden die Probanden zu WeChat direkt befragt. Hierzu wurden Ja/Nein Fragen, Mehrfach- und Einfachauswahlfragen und ein Eingabefeld verwendet. Danach durften die Studierenden noch Einschätzungen zu ihrem Nutzerverhalten über eine Bewertungstabelle und eine Drop-Down Matrix ergänzen. (UmfrageOnline.com)
- Auswertung der Zufriedenheit: Nachdem die Umfrage an die internationalen Studierenden mehrheitlich auf deren Zufriedenheit abgestellt war und weniger auf die Wünsche bezüglich der App, wurde das Kano Modell nur für zwei Sequenzen verwendet. Zum einen bezogen auf die Wünsche beim Umgang der Händler mit der Technik und in Bezug auf den Datenschutz. Zur weiteren Ermittlung der Zufriedenheit wurden noch weitere Ja/Nein Fragen gestellt. Diese wurden noch ergänzt durch eine Bewertungstabelle und eine grafische Bewertungsskala. Abschließend wurden wieder soziodemografische Daten wie Geschlecht, Alter, Heimatland und Einkommen erfragt. Auch wurde hier wieder ein Freitextfeld zur Verfügung gestellt. (UmfrageOnline.com)
Das vorrangige Ziel dieser Umfrage ist somit nicht, im vollen Umfang zu begründen, warum WeChat Personengruppen übergreifend derartige Nutzerzahlen vorweist. Vielmehr geht es darum Ableitungsmöglichkeiten für den deutschen Markt zu entwickeln. Wie schon unter 3.3 beschrieben, steht der deutsche Markt am Anfang. Die Erfolgsgeheimnisse des Vorreiters am Mobile Payment Markt zu betrachten, kann für die deutsche Diffusion sehr hilfreich sein.
Die Befragung wurde mittels Internetlink über soziale Netzwerke wie Facebook, WhatsApp Gruppen und über WeChat selbst verbreitet. Auch die FS leitete den Link an ihre chinesischen Studierenden weiter.
[...]
1 Gleichbedeutend mit antippen und gehen (linguee.de.)
2 Gleichbedeutend mit Nutzer (linguee.de)
3 Gleichbedeutend mit Customer Relationship Management (CRM) (Holland 2018)
4 Übersetzung: Markteinführung (linguee.de.)
5 Gleichbedeutend mit Bewusstsein, Aufmerksamkeit (linguee.de)
6 Gleichbedeutend mit Marke, Norm, Markenartikel (linguee.de.)
7 Gleichbedeutend mit Markteinführung, Start, Einführung (linguee.de.)
8 Gleichbedeutend mit beleuchtender Vitrinen Werbung an unterschiedlichen Standorten (Duden.de)
9 Gleichbedeutend mit elektronischem Geschäftsverkehr (linguee.de.)
10 Bleichbeutend mit herunterfallen, absetzen (linguee.de.)
- Arbeit zitieren
- Selina Saller (Autor:in), 2019, Wie können deutsche Banken die Kundenakzeptanz für Mobile Payment steigern? Das Vorbild WeChat, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1278437
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