Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine Querschnitts-Untersuchung der Beziehung zwischen Dankbarkeit, Stress und Lebenszufriedenheit und der abfedernden Wirkung von Dankbarkeit auf das Stressempfinden. 23 Hochschulstudenten füllten retrospektive Fragebögen zu dispositioneller Dankbarkeit, Stressempfinden und Lebenszufriedenheit sowie zur Anzahl der erlebten stressigen Lebensereignisse aus. Die Daten wurden mittels Korrelationen und multipler hierarchischer Regression analysiert. Die Ergebnisse der Analysen zeigten signifikante Zusammenhänge zwischen Dankbarkeit, Stress und Lebenszufriedenheit. Aufgrund einer zu geringen Stichprobengröße sind die Interpretationen der Regressionsanalyse nicht statistisch gesichert. Ansonsten stimmen die Ergebnisse mit früheren Forschungsergebnissen überein, die den positiven Zusammenhang von Dankbarkeit und Lebenszufriedenheit belegen sowie den negativen von Stress und Lebenszufriedenheit.
Zusammenfassung:
Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine Querschnitts-Untersuchung der Beziehung zwischen Dankbarkeit, Stress und Lebenszufriedenheit und der abfedernden Wirkung von Dankbarkeit auf das Stressempfinden. 23 Hochschulstudenten füllten retrospektive Fragebögen zu dispositioneller Dankbarkeit, Stressempfinden und Lebenszufriedenheit sowie zur Anzahl der erlebten stressigen Lebensereignisse aus. Die Daten wurden mittels Korrelationen und multipler hierarchischer Regression analysiert. Die Ergebnisse der Analysen zeigten signifikante Zusammenhänge zwischen Dankbarkeit, Stress und Lebenszufriedenheit. Aufgrund einer zu geringen Stichprobengröße sind die Interpretationen der Regressionsanalyse nicht statistisch gesichert. Ansonsten stimmen die Ergebnisse mit früheren Forschungsergebnissen überein, die den positiven Zusammenhang von Dankbarkeit und Lebenszufriedenheit belegen sowie den negativen von Stress und Lebenszufriedenheit
Schlüsselwörter: Dankbarkeit, Stress, Lebenszufriedenheit, Stresspuffer
1. Einleitung
In unserer schnelllebigen und digitalen Welt scheint es immer deutlicher, dass wir die Stressoren des heutigen Lebens weniger unter unserer Kontrolle haben als gedacht. Arbeitsbedingungen ändern sich, der Körper wird unerwartet krank, jemand hält nicht, was er verspricht. Es gibt unzählige Ereignisse, die häufig zu erhöhtem Stressempfinden führen. Die meisten davon können wir schlecht bis gar nicht beeinflussen. Doch was können wir tun?
Uns nach Innen wenden und eine neue Sicht auf die stressigen Situationen finden. So fanden Sirois & Wood (2017) in einer Langzeitstudie mit Stichproben zweier chronischer Krankheiten, Arthritis und entzündliche Darmerkrankungen, heraus, wie dispositionelle Dankbarkeit (Dankbarkeit als Eigenschaft) negativ mit depressiven Symptomen (r’s von -.43 bis -.50) korreliert und darüber hinaus nach einem halben Jahr sogar niedrigere depressive Symptome vorhersagt. Eine deutliche Wirkung von Dankbarkeit bei Menschen, die mit einer stressigen Gesamtsituation leben. Dispositionelle Dankbarkeit bezieht sich auf eine Tendenz, die positiven Aspekte des Lebens wahrzunehmen und zu schätzen (Wood et al. 2010), d. h. die täglichen Lebenserfahrungen positiv zu interpretieren, basierend auf einer allgemein dankbaren Reaktion auf die Lebensumstände. Auch in der positiven Psychologie fand eine Gruppe Forscher um Seligman heraus, dass von allen 24 VIA-Charakterstärken die Dankbarkeit stärker mit der Lebenszufriedenheit zusammenhängt (r = .43) als alle anderen Stärken außer Optimismus. Dies deutet darauf hin, dass Dankbarkeit eine größere Varianz in der Lebenszufriedenheit erklären kann als Eigenschaften wie Liebe, Vergebung, soziale Intelligenz und Humor (Park, Peterson & Seligman, 2004).
Allerdings wurde bisher wenig untersucht, ob das Erleben von Dankbarkeit als Stresspuffer fungiert (nur Deichert et al., 2019). Ziel der aktuellen Studie war es daher, die Beziehung zwischen Dankbarkeit, Stress und Lebenszufriedenheit zu untersuchen, und zu testen, ob dispositionelle Dankbarkeit die akuten negativen Folgen von stressigen Lebensereignissen auf das Stressempfinden abpuffert. Der Beitrag dieses Artikels ist das Replizieren von Korrelationen zwischen Dankbarkeit, Stress und Lebenszufriedenheit und die Lernerfahrung des Autors für zukünftige Forschung.
Im theoretischen Teil werden zum einen Forschungen und Perspektiven auf Dankbarkeit, Stress und Lebenszufriedenheit dargestellt und zum anderen konkret drei Theorien zur Erklärung der Wirkungsweise von Dankbarkeit vorgestellt. Im empirischen Teil wird zunächst die Methode, aufgeteilt in Vorgehen, Instrumente und Plan zur Datenanalyse, erläutert und dann die Ergebnisse der vorliegenden Studie präsentiert. In der Diskussion geht der Autor erst einmal in die Selbstkritik und zeigt mögliche Limitationen seiner Arbeit auf und kommt dann auf die Implikationen dieser zu sprechen.
2. Theoretischer Teil
2.1. Stress, Dankbarkeit und Lebenszufriedenheit
Menschen werden im Laufe ihres Lebens mit unzähligen herausfordernden Situationen und Stressoren konfrontiert, die sich oft negativ auf ihre Gesundheit auswirken können (Weinstein, et al., 2009). Allerdings gibt es bemerkenswerte inter- und intraindividuelle Unterschiede in den Reaktionen auf solche Lebensereignisse. Dankbarkeit als psychologische Eigenschaft kann als Schutzfaktor in Bezug auf solche schwierigen Lebensereignisse wirken. In diesem Zusammenhang hat die Forschung gezeigt, dass Dankbarkeit negativ mit dem subjektiven Stressempfinden verbunden ist (Lee, et al., 2018). Darüber hinaus, dass Dankbarkeit im Laufe der Zeit zu sinkenden Stressniveaus führt (Wood et al., 2008b; c). In einer aktuelleren Studie, die ein Tagebuch-Design verwendete, wurde festgestellt, dass Stress und Wohlbefinden bei Personen, die sich an tägliche Ereignisse erinnerten, für die sie dankbar waren, weniger stark korrelierten als bei Personen, die sich nicht an solche Ereignisse erinnerten (Krejtz et al. 2016).
Wood, Froh und Geraghty (2010) entwickelten eine Theorie zur Erklärung dieser Effekte von Dankbarkeit. Zunächst argumentierten sie, dass dankbare Menschen eine kognitive Linse haben, die bestimmt, wie sie die Welt wahrnehmen. Diese Linse würde dazu führen, dass sie Hilfe als wertvoller, externe Ressourcen als zugänglicher und Positives in unangenehmen Erfahrungen wahrnehmen. Darüber hinaus postulieren sie, dass Dankbarkeit Teil einer umfassenderen Lebensorientierung ist, die darauf abzielt, das Positive in der Welt wahrzunehmen und zu schätzen. Auch andere Autoren beschreiben, wie dankbare Menschen die Welt im Allgemeinen als einen angenehmeren Ort betrachten und sich die Zeit nehmen, sich auf die positiven Aspekte des Lebens zu konzentrieren (Adler & Fagley, 2005; Watkins et al., 2003).
In diesem Sinne haben eine Reihe von empirischen Studien gezeigt, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen Dankbarkeit und Lebenszufriedenheit besteht, und in einigen Forschungsarbeiten wird Dankbarkeit sogar als ein robuster Prädiktor für Lebenszufriedenheit angesehen (Emmons & McCullough, 2003; Boehm et al., 2011; Watkins et al., 2003; Wood et al., 2007; Wood et al., 2008a). Somit könnte Dankbarkeit als eine adaptive psychologische Strategie betrachtet werden, mit der Menschen ihre alltäglichen Erfahrungen interpretieren und gleichzeitig deren Wert bewusster spüren. Darüber hinaus haben ein paar Autoren die positive Wirkung von Dankbarkeit auf die Lebenszufriedenheit nachgewiesen (Boehm et al., 2011).
Lebenszufriedenheit selbst wurde von Diener, Oishi und Lucas (2003) als die globale kognitive Bewertung der Zufriedenheit der Menschen mit ihrem eigenen Leben definiert. Als positive Erfahrung könnte Dankbarkeit die negativen Auswirkungen anderer Ereignisse im Leben der Menschen verändern und zu einer höheren Lebenszufriedenheit führen.
2.2. Theorien zur Dankbarkeit
Um genauer die Wirkungsweise von Dankbarkeit zu verstehen schauen wir zunächst einmal auf eine Studie von Wood et al. (2007), die den Zusammenhang von Dankbarkeit und Coping-Strategien untersuchte. In zwei Stichproben wurde gezeigt, dass Dankbarkeit mit drei großen Kategorien von Coping zusammenhängt:
- Erstens suchten und nutzten dankbare Menschen mit größerer Wahrscheinlichkeit sowohl instrumentelle als auch emotionale soziale Unterstützung.
- Zweitens verwendeten dankbare Menschen Bewältigungsstrategien, die sich dadurch auszeichneten, dass sie sich dem Problem näherten und damit umgingen: z.B. durch aktive Bewältigung, Planung und positive Reinterpretation der Situation, einhergehend mit dem Versuch, das Potenzial für den eigenen persönlichen Wachstum zu finden.
- Drittens waren dankbare Menschen umgekehrt weniger geneigt, sich verhaltensmäßig zurückzuziehen, die Existenz des Problems zu leugnen oder durch maladaptiven Substanzkonsum zu entkommen.
Stress entsteht, wenn Ereignisse als bedrohlich eingeschätzt werden und die Bewältigungsressourcen übersteigen (Lazarus & Folkman, 1984). Wenn dankbare Menschen mehr positive Coping-Einschätzungen machen, dann würden sie weniger wahrscheinlich Stress erleben. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Coping teilweise erklären kann, warum dankbare Menschen weniger gestresst sind.
An zweiter Stelle schauen wir auf Dankbarkeit mit der Brille der Broaden-and-Build-Theorie (Fredrickson, 2001). Diese besagt, dass positive Emotionen das momentane Denk- und Verhaltensrepertoire des Einzelnen erweitern. Das heißt, sie ermöglichen ihm, bei Bedarf kreativ und flexibel zu denken und zu handeln. Dadurch wird die Grundlage für soziale, kognitive, physische und psychologische Ressourcen des Einzelnen gelegt. Negative Emotionen hingegen engen das momentane Denk- und Verhaltensrepertoire des Einzelnen ein und zwingen ihn zu schnellen Entscheidungen und Handlungen. Positive Emotionen haben eine solche Wirkung nicht. Im Gegensatz zu negativen Emotionen erweitern positive Emotionen wie Freude, Interesse, Zufriedenheit und Liebe das Denk- und Handlungsrepertoire des Einzelnen und helfen ihm, mehr Ideen und Handlungen zu entdecken und damit Kreativität und kognitive Fähigkeiten zu verbessern (Fredrickson & Branigan, 2005). Als positive Emotionen ermutigen beispielsweise Interesse und Neugier den Einzelnen, zu forschen, neues Wissen und neue Erfahrungen zu sammeln und diese für die Persönlichkeitsentwicklung zu nutzen. Zufriedenheit hilft dem Einzelnen, den gegenwärtigen Moment zu genießen und neue Perspektiven auf sich selbst und die Welt zu entwickeln, indem er das, was er in diesem Moment erlebt, integriert. In dem Sinne spricht Fredrickson (2004) davon, dass auch Dankbarkeit eine positive Emotion ist, die das Denk- und Verhaltensrepertoire erweitert und dementsprechend den Weg für den Aufbau persönlicher Ressourcen und die Steigerung des Wohlbefindens ebnet.
An dritter Stelle werfen wir ein Blick auf die Gruppe von Forschern um Watkins. Diese beschrieben (2003) drei charakteristische Verhaltensweisen von Personen mit dankbaren Eigenschaften. Sie meinten, dass dankbare Menschen dazu neigen, (i) ein Gefühl der Genügsamkeit zu erleben, (ii) ein Auge für die kleinen Dinge im Leben zu haben und (iii) andere Menschen in ihrem Leben bewusst zu schätzen. Insgesamt wird die Eigenschaft Dankbarkeit als eine allgemeine Tendenz angesehen, kleine bis große Wohltaten zu erkennen, Genügsamkeit zu erleben und alles in der Welt, sowohl menschlich als auch nicht-menschlich, mit dankbaren Gefühlen und dem Ausdruck dieser Gefühle anzuerkennen. Aus dieser Theorie heraus entwickelten Sie den "Gratitude, Resentment and Appreciation Test”
In einer aktuellen Studie von 2019 untersuchte Deichert et al., ob diese drei verschiedenen Aspekte der Dankbarkeit — appreciation of others, simple appreciation, und sense of abundance (Unterskalen von GRAT) — gleichwertig als Stresspuffer fungieren und negative psychische wie physische Reaktionen auf Lebensereignisse abmildern. Dazu ließen sie 180 College-Studenten Fragebögen ausfüllen, die ihrer dispositionelle Dankbarkeit, depressiven Symptomen und körperlichen Beschwerden sowie das Ausmaß der erlebten stressigen Lebensereignisse ermittelten. Deren Anzahl hatten sie mittels Checkliste erhoben.
Wie erwartet, korrelierte Dankbarkeit negativ zu Stress-Symptomen und Dankbarkeit positiv zu seinen Unterskalen. Im nächsten Schritt untersuchten sie, ob Aspekte der Dankbarkeit die Beziehung zwischen dem Erleben von belastenden Lebensereignissen und depressiven Symptomen sowie körperlichen Beschwerden moderierten. Ihre Ergebnisse deuteten darauf hin, dass appreciation of others (AO) den Zusammenhang zwischen Lebensereignissen und depressiven Symptomen moderierte.
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- Arbeit zitieren
- Christoph J. Koerber (Autor:in), 2021, Dankbarkeit als Stresspuffer. Inwiefern kann Dankbarkeit als Puffer für stressige Lebensereignisse dienen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1277987
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