Obwohl es bereits seit dem Altertum gewisse Kenntnisse über die
tumorreduzierende Wirkung von Pflanzen und Mineralien gab, konnte erstmals
der Breslauer Neurologe Heinrich Lissauer im Jahr 1865 in einer
wissenschaftlichen Arbeit über positive Effekte einer Chemotherapie bei
chronischer myeloischer Leukämie (CML) berichten.1 Zwei Patienten mit CML
zeigten Zeichen einer Teilremission, nachdem sie mit Kaliumarsenit (Fowler'sche
Lösung) behandelt worden waren, ein Effekt, der 1931 durch C. E. Forkner
wiederentdeckt wurde.2 1892 berichtete William B. Coley über antineoplastische
Effekte von Bakteriengiften (ein Bakterientoxin–Cocktail namens "Coley's Toxin")
auf verschiedene Tumoren, entdeckt als eine Nebenwirkung von postoperativen
Wundinfekten bei Sarkompatienten.
Mit der Entwicklung von Salvarsan (1909) gilt Paul Ehrlich als Begründer der
modernen Chemotherapie, obgleich diese Substanz weniger antineoplastische als
vielmehr antibakterielle Wirkung hatte.3,4 Einen mehr biologischen Weg wählte
sein Freund und zugleich Konkurrent Emil von Behring, der bereits zwanzig
Jahre zuvor mit der Serumtherapie den Grundstein der heutigen Immuntherapie
gelegt hatte.5
Die Entwicklung von Senfgas (Lost) durch Alfred Gilman im 1. Weltkrieg richtete
das Augenmerk auf eine Substanz, die neben der Wirkung als Reiz– und
Kampfgas auch starke myelosuppressive Effekte aufwies (u.a. reduzierte
Lymphozytenzahl). Um die Giftigkeit zu reduzieren, wurden Schwefel– und später
Stickstofflostverbindungen hergestellt, die allerdings immer noch sehr toxisch
waren. Die ersten klinischen Arbeiten über die Anwendung von Stickstofflost bei
Lymphomen und soliden Tumoren wurden erst nach dem 2. Weltkrieg
veröffentlicht.6 [...]
1. Lissauer H. Zwei Fälle von Leucaemie. Berl Klin Wochenschr. 1865;2:403-405
2. Forkner C, Scott, TF. Arsenic as a therapeutic agent in chronic myeloid leukemia.
JAMA. 1931;97:3
3. Die Behandlung der Syphilis mit dem Ehrlichschen Präparat 606. 82. Versammlung
Deutscher Naturforscher und Aerzte. Königsberg; 1910:1889-1924
4. Ehrlich P, Hata, S. Die experimentelle Chemotherapie der Spirillosen. Berlin: Julius
Springer; 1910
5. Behring E. Über das Zustandekommen der Diphtherie-Immunität und der Tetanus-
Immunität bei Thieren. DMW. 1890;16:1113-1114
6. Goodman L, Wintrobe, MM, Dameshek, W, Goodman, MJ, Gilman, A, and McLennan,
MT. Nitrogen Mustard Therapy. Journal of the American Medical Association. 1946:126-
132
Inhalt
Erstes Kapitel
Einführung und Fragestellung
1.1. Geschichte der Chemotherapie
1.2. Fragestellung
1.3. Herstellung monoklonaler Antikörper
1.4. Herstellung chimärer Antikörper (am Beispiel von Rituximab)
1.5. Eigenschaften des CD20-Antigens
1.6. Apoptose
Zw eites K apite l . Ma teria l und Methoden
2.1. Reagenzien
2.2. Zytostatika
2.3. Antikörper
2.4. Caspase–Inhibitoren
2.5. Zelllinien
2.6. Arbeitsmaterialien
2.7. Software
2.8. Rezepte der Gebrauchlösungen
2.9. Zellkultur
2.10. Zellseparation mit Ficoll-Hypaque
2.11. Zellzählung
2.12. Das Durchflusszytometer (FACS).
2.13. Apoptosemessung mit 7–AAD, JC–1 und Annexin
2.14. Auswertung der Apoptosemessungen
2.15. Messung der CD20–Bindungskapazität
2.16. Western Blotting
Drittes Kapitel. Ergebnisse
3.1. Dosisfindung von Rituximab und Untersuchung der Apoptose
3.2. Untersuchung der komplementabhängigen Zytotoxizität (CDC)
3.3. Kombinationen von Rituximab mit Zytostatika
3.4. Untersuchung der Caspasen mittels Western Blots (DOHH2)
Viertes Kapitel. Diskussion.
Zusammenfassung / Summary.
Literaturnachweis
Schriftliche Erklärung
Lebenslauf
Danksagung
Erstes Kapitel.
Einführung und Fragestellung.
Geschichte der Chemotherapie. Fragestellung. Herstellung monoklonaler Antikörper. Eigenschaften des CD20–Antigens. Herstellung chimärer Antikörper (Rituximab). Apoptose. Intrazelluläre Signalwege der Apoptose.
1.1. Geschichte der Chemotherapie.
Obwohl es bereits seit dem Altertum gewisse Kenntnisse über die tumorreduzierende Wirkung von Pflanzen und Mineralien gab, konnte erstmals der Breslauer Neurologe Heinrich Lissauer im Jahr 1865 in einer wissenschaftlichen Arbeit über positive Effekte einer Chemotherapie bei chronischer myeloischer Leukämie (CML) berichten.1 Zwei Patienten mit CML zeigten Zeichen einer Teilremission, nachdem sie mit Kaliumarsenit (Fowler'sche Lösung) behandelt worden waren, ein Effekt, der 1931 durch C. E. Forkner wiederentdeckt wurde.2 1892 berichtete William B. Coley über antineoplastische Effekte von Bakteriengiften (ein Bakterientoxin–Cocktail namens "Coley's Toxin") auf verschiedene Tumoren, entdeckt als eine Nebenwirkung von postoperativen Wundinfekten bei Sarkompatienten.
Mit der Entwicklung von Salvarsan (1909) gilt Paul Ehrlich als Begründer der modernen Chemotherapie, obgleich diese Substanz weniger antineoplastische als vielmehr antibakterielle Wirkung hatte.3,4 Einen mehr biologischen Weg wählte sein Freund und zugleich Konkurrent Emil von Behring, der bereits zwanzig Jahre zuvor mit der Serumtherapie den Grundstein der heutigen Immuntherapie gelegt hatte.5
Die Entwicklung von Senfgas (Lost) durch Alfred Gilman im 1. Weltkrieg richtete das Augenmerk auf eine Substanz, die neben der Wirkung als Reiz– und Kampfgas auch starke myelosuppressive Effekte aufwies (u.a. reduzierte Lymphozytenzahl). Um die Giftigkeit zu reduzieren, wurden Schwefel– und später Stickstofflostverbindungen hergestellt, die allerdings immer noch sehr toxisch waren. Die ersten klinischen Arbeiten über die Anwendung von Stickstofflost bei Lymphomen und soliden Tumoren wurden erst nach dem 2. Weltkrieg veröffentlicht.6 Moderne Abkömmlinge des Stickstofflost sind das Cyclophosphamid (1958) und die Nitrosoharnstofe (1967).
In den folgenden Jahren begann eine rasante Entwicklung neuer Zytostatika. Zunächst wurde 1947 durch S. Farber mit den Folsäureantagonisten die neue Wirkstoffgruppe der Antimetabolite etabliert.7 1952 folgte mit dem Purinanalogon 6–Mercaptopurin das erste vollsynthetische Zytostatikum,8 ein Jahr später wurde mit Busulfan das erste Alkylans in die Klinik eingeführt. Daraufhin wurden weitere Wirkprinzipien und zahlreiche neue Wirkstoffe entdeckt. Teilweise handelte es sich um synthetische Substanzen (etwa Hydroxyharnstoff, Cyclophosphamid, Cytosin–Arabinosid oder Nitrosoharnstoffe), teils um zytostatisch wirksame Antibiotika (z.B. Actinomycin D, Daunorubicin, Bleomycin). Auch Hormone erwiesen sich als antineoplastisch wirksam. So setzte Charles B. Huggins bereits 1941 Östrogen gegen das Prostatakarzinom ein. Das Antiöstrogen Tamoxifen wurde 1962 als Kontrazeptivum entworfen, blieb für diese Indikation jedoch erfolglos. Im Jahr 1973 erfolgte erstmals eine Zulassung zur Therapie des Mammakarzinoms.
Nachdem 1971 die beiden Podophyllotoxine Etoposid (VP–16) und Teniposid (VM– 26) entwickelt wurden, gab es über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten keine wesentlichen Neuerungen in der Entwicklung von Zytostatika. Erst 1994 wurden die zytostatisch wirksamen Inhaltsstoffe der pazifischen Eibe (Paclitaxel, Docetaxel) isoliert und seither halbsynthetisch hergestellt.
Erst in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts begann das "immunologische Zeitalter" in der klinischen Therapie und führte die Wege von Behring und Paul Ehrlich zusammen. Einerseits wurden Zytokine zur Immunmodulation synthetisiert und klinisch eingesetzt (etwa GM–CSF zur Stimulation der Granulopoese), andererseits fanden erstmals 1986 monoklonale Antikörper den Weg zur Anwendung am Patienten (OKT3 zur Immunsuppression nach Organtransplantation).
1995 wurde unter dem Namen Panorex® der erste monoklonale Antikörper zur Behandlung eines Tumorleidens zugelassen, gerichtet gegen das Oberflächenprotein 17–1A von Colonkarzinomzellen. Rituximab ist seit 1997 der erste Antikörper, der zur Lymphomtherapie eingesetzt wird.
1.2. Fragestellung.
Rituximab ist als wirksame Einzelsubstanz zur Behandlung von Patienten mit niedrig– und hochmalignen Non–Hodgkinlymphomen etabliert worden. Die erreichten Ansprechraten der Studie von McLaughlin entsprachen mit 48% in etwa einer Monotherapie mit herkömmlichen Zytostatika. In Kombination mit einer Standardchemotherapie (CHOP) bei Patienten mit niedrigmalignen B–NHL konnte Rituximab die Ansprechraten verbessern und die Überlebenszeit verlängern. Eine detaillierte Übersicht der klinischen Studien mit Referenzen findet sich in Tab. 12 des Diskussionsteils.
Der Wirkmechanismus von Rituximab ist von mehreren Arbeitsgruppen untersucht worden, bleibt aber immer noch unklar. Es wurden komplementabhängige Zytotoxizität (CDC), komplementabhängige zelluläre Zytotoxizität (CDCC), antikörperabhängige Zytotoxizität (ADCC) und die Induktion von Apoptose als mögliche Wirkmechanismen postuliert (Details und Referenzen siehe Tab. 11 des Diskussionsteils).
Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass Rituximab die Sensitivität von Zelllinien gegenüber Zytostatika erhöht.9-11 In dieser Arbeit wurden CD20–positive Zelllinien und erstmals neoplastische ex–vivo –Lymphozyten auf CDC und Apoptose nach Inkubation mit Rituximab untersucht. In späteren Versuchen wurde der Antikörper außerdem mit vier in der Lymphomtherapie gebräuchlichen Zytostatika kombiniert und dabei nach bestimmten Aktivierungsmustern der Caspasen gefahndet. Die Experimente lassen sich in vier Teilfragestellungen unterteilen:
I. Intrinsische Zytotoxizität von Rituximab. Finden einer ausreichenden Dosierung, Untersuchung der apoptotischen und nekrotischen Wirkung auf CD20- positiven Zellinien (DOHH2, WSU-NHL, Raji) und auf ex-vivo -Lymphozyten (HCL, CLL).
II. K om ple m entabhängige Z yt o toxizität ( CDC ) von Rituxi m a b. Untersuchung an CD20-positiven Zellinien (DOHH2, WSU-NHL, Raji) und ex- vivo -Lymphozyten (CLL) mit Durchführung von Kinetik-Versuchen.
III. Wirkung von Rituximab in Kombination mit Zytostatika (Drug sensitization). Kombination von Rituximab mit klinisch gebräuchlichen Zytostatika (Bendamustin, Cladribin, Doxorubicin, Mitoxantron) bei DOHH2, WSU–NHL und CLL. Untersuchung, ob die Gegenwart sublytischer Komplementdosen (ermittelt unter II.) den Effekt verstärken kann.
IV. Aktiviert Rituximab einzeln oder in Kombination mit Zytostatika bestimmte Caspasen bei DOHH2-Zellen?
Messung der Apoptose und zusätzliche Western Blots von Caspase 3, 7, 8, 9, PARP und p53 für alle vier verwendeten Zytostatika.
1.3. Herstellung monoklonaler Antikörper.
Die Herstellung monoklonaler Antikörper basiert auf der fortlaufenden Sekretion von IgG durch immortalisierte Hybridomzellen, einer Technik, die 1975 von Georges Köhler und César Milstein entwickelt wurde.12 Nach mehrfacher Immunisierung eines Wirtstieres (in der Regel einer Maus) mit dem Zielantigen werden sensibilisierte B–Zellen aus dem Milzgewebe des Tieres mit immortalisierten Myelomzellen derselben Spezies hybridisiert. Aufgrund einer Enzymmangelmutation der Myelomzellen (meist HGPRT–Mangelmutanten) erfolgt eine spezifische Selektion der erfolgreich fusionierten Hybridzellklone. Die Weiterzucht im HAT–Medium ermöglicht die Auswahl eines Klons, welcher spezifische Antikörper gegen die gewünschte Zielstruktur produziert.
Die dabei gebildeten Antikörper haben stets denselben Idiotyp und bestehen aus Protein, das der Art der Ursprungszellen entspricht, also etwa Eiweiß von Maus, Kaninchen (rabbit) oder Ziege (goat).
Die diagnostische Anwendbarkeit wurde früh erkannt und umfasst die Verwendung zur Reinigung und Darstellung von Proteinen, zur Zellcharakterisierung (etwa in der Immunhistochemie, in Zellkulturen oder mit dem FACS, s.u.), zur HLA–Typisierung, Immunszintigraphie u.v.m.
Konsequenterweise wurde auch der therapeutische Einsatz monoklonaler Antikörper versucht. Der erste zu diesem Zweck zugelassene Antikörper OKT3 (OrthoClone®) ist ein Maus-IgG2-Antikörper gegen den CD3-Rezeptor und wurde 1986 von der FDA zur Behandlung von Transplantatabstoßungen zugelassen. Therapeutisch limitierend ist der Umstand, dass die wiederholte Zufuhr von Maus-Antikörpern bei demselben Patienten starke Immunantworten durch Bildung von HAMA (humane Anti-Maus-Antikörper) hervorruft, die in schweren Fällen anaphylaktische Reaktionen hervorrufen können, in jedem Fall jedoch die Halbwertszeit des Antikörpers auf ein bis zwei Tage herabsetzen.
Mit Hilfe der Gentechnik wurde dieses Problem gelöst. Durch Kopplung von Sequenzabschnitten der Antikörpergene von Mensch und Maus können entweder chimärisierte oder humanisierte Antikörper rekombinant hergestellt werden.
Bei der Chimärisierung enthalten die gesamten variablen antigenbindenden Strukturen formal xenogenes (artfremdes) Eiweiß, die konstanten Regionen
bestehen aus menschlichem Protein (Herstellung chimärer Antikörper s.u.). Es besteht also volle Bindungsaffinität des Antikörpers. Bei der Humanisierung enthalten nur noch die hypervariablen Bindungsregionen des variablen, antigenbindenden Fab–Teils Mausprotein, der Rest besteht aus humanen Domänen.
1.4. Herstellung chimärer Antikörper (am Beispiel von Rituximab).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 – Struktur von Rituximab.
Grundsätzlich muss zunächst, wie oben beschrieben, ein monoklonaler Antikörper gegen die gewünschte Zielstruktur etabliert werden.
Für Rituximab bedeutete dies die Identifikation eines Klons mit der Bezeichnung 2B8, der spezifisches IgG gegen menschliches CD20 sezerniert (Herstellung s.o.). Von der variablen Region der murinen Leichtkette wurde cDNA hergestellt und in ein Expressionsplasmid eingefügt, direkt vor eine Sequenz zur Codierung der
menschlichen n-Leichtkette (s. Abb. 1). Genauso wurde mit der schweren Kette
verfahren: Hier wurde die cDNA der murinen variablen Region der Schwerkette vor eine Sequenz für die konstante Domäne von menschlichem IgG1 insertiert und das Plasmid in chinesischen Hamsterovarialzellen zur Expression gebracht.
Die erfolgreich transfizierten Zellen produzierten daraufhin einen vollständig glykosylierten, chimären, monoklonalen Antikörper der Subklasse IgG1 mit Spezifität für CD20. Er besitzt an der Fc-Region eine Bindungsstelle für Komplement. Definitionsgemäß ist er nach üblichen Angaben zu etwa 25%
murinen Ursprungs und zu 75% menschlicher Herkunft. Da jedoch teilweise erhebliche Sequenzhomologie zwischen Säugetierantikörpern verschiedener Spezies besteht, kann die wahre Homologie durchaus größer sein und nur durch Vergleich von Proteinsequenzen ermittelt werden.
Der Antikörper wurde von der Entwicklungsfirma IDEC Pharmaceuticals Inc. in Anlehnung an den Ursprungsklon IDEC-C2B8 ("C" für "chimär") genannt und ist heute mit dem Wirkstoffnamen Rituximab als MabThera® und Rituxan® im Handel. Die FDA-Zulassung erfolgte im Jahr 1997, in Europa ist es seit 1998 zugelassen.
1.5. Eigen sc haf t en de s CD 20- An t igen s.
Die Auswahl des CD20-Antigens als Ziel einer kommerziellen Antikörpertherapie basiert auf mehreren Eigenschaften dieses Moleküls, das früher unter der Bezeichnung B1 bekannt war. Der B–Zell–Marker ist als Zelloberflächenprotein leicht zugänglich und existiert in drei Isoformen (33, 35 und 37 kD), funktionell wurde er als Kalziumkanal beschrieben.13,14 CD20 wird in nahezu allen Stadien der Entwicklung gesunder B-Lymphozyten exprimiert (von der Prä–B–Zelle bis hin zum Plasmazellvorläufer)15 und 93% aller B-Zell-Lymphome sowie 99% aller CLLs exprimieren CD20, wenn auch in unterschiedlich starker Ausprägung.16 Plasmazellen selbst sind CD20-negativ15,17, ebenso Pro-B-Zellen, T–Lymphozyten, Monozyten und nicht zuletzt CD34-Stammzellen, so dass Rituximab ohne Wirkung auf diese Zellen bleibt.16,18,19
Im Gegensatz zu CD19 (dem bekanntesten B–Zellmarker) ist die Expression von CD20 auch nach Antikörperbindung stabil und es wird nicht internalisiert.20 Es gibt keine löslichen CD20-Moleküle im Blut, was das Risiko von Immunkomplexbildung und Antikörperverbrauch gering hält.21
1.6. Apoptose .
Obwohl der Begriff der Apoptose erst vor 30 Jahren geprägt wurde, hat diese besondere Form des Zelltodes doch eine lange Geschichte. Schon im 2. Jahrhundert nach Christus beobachtete Galenus Galen die Regression larvaler und fetaler Strukturen während der Ontogenese. Im Jahr 1842 entdeckte Carl Vogt, dass Zellen durch "programmierten" Tod sterben können. Doch erst Kerr,
Wyllie und Currie bildeten den Begriff der Apoptose in Anlehnung an die griechische Bezeichnung für das Herabfallen der Blätter von den Bäumen.
Apoptose hat große Bedeutung für die Gewebshomöostase. Nicht nur die fetale Entwicklung benötigt die zielgerichtete Entfernung von Zellen aus dem Gewebsverbund, sondern auch im fertigen Organismus leiten durch Mutation oder virale Infektion geschädigte Zellen ein Programm zum kontrollierten Zelltod ein, ähnlich einem zellulären Suizid. Ebenso werden autoaggressive T-Lymphozyten im Thymus durch Apoptose entfernt.
Das privilegierte Merkmal der Apoptose, welches die eigenständige Benennung rechtfertigt, ist das Fehlen jeglicher entzündlicher Gewebsreaktion auf den Zerfall der Zellen. Im Gegensatz hierzu ist die Nekrose, etwa als Folge extremer chemischer oder physikalischer Einwirkung, durch eine starke Entzündungsreaktion gekennzeichnet. Obwohl die Noxen in beiden Fällen identisch sein können (ein Strahlenschaden etwa kann sowohl Apoptose auslösen, als auch Nekrosen verursachen), setzt der Vorgang der Apoptose eine gewisse verbliebene Intaktheit der Zelle voraus. Es handelt sich hier nämlich um einen aktiven, energieverbrauchenden Vorgang mit einer Vielzahl von morphologischen Veränderungen (siehe Tab. 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1 – Merkmale der Apoptose.
Ein besonderes klinisches Interesse bekam die Apoptose für die Krebsforschung, deren pathophysiologische Konzepte lange Zeit zu einseitig auf dem gesteigerten Wachstum maligner Zellen basiert hatten und dem Zelltod weniger Bedeutung zumaßen. Es zeigte sich, dass gerade solche Krebsarten, die sich klinisch niedrigmaligne verhalten (etwa Non–Hodgkin–Lymphome wie die CLL),
treffender durch ein Zuwenig an Apoptose, als durch ein Zuviel an Wachstum charakterisiert werden können.
Natürlich rückten nach den morphologischen auch die molekularen Vorgänge der Apoptose ins Zentrum der Forschungsinteressen, in der Hoffnung auf gezielteres therapeutisches Eingreifen bei bösartigen Neubildungen. Insbesondere die intrazelluläre Transduktion apoptotischer Signale ist hierzu von besonderem Interesse.
Mit dem CD95–Rezeptor wurde 1989 erstmals ein Zelloberflächenrezeptor beschrieben, der in der Lage ist, Apoptose auszulösen.22 Inzwischen wurden auch andere sog. "Todesrezeptoren" entdeckt (TRAIL–R1–4, TNF–RI/II, CD30, CD40 u.a.), nach wie vor ist aber das CD95–System am besten erforscht und kann als Modell für die Vorgänge bei der Apoptose dienen.
In Abb. 2 sind die drei derzeit bekannten apoptotischen Signaltransduktionswege dargestellt. Sie führen alle über die Bildung von Todessubstraten zur Einleitung der Apoptose (gemeinsame Endstrecke), wobei die Bildung der Todessubstrate größtenteils von Caspasen abhängig ist. Es gibt zwei mögliche Wege der Caspasenaktivierung: einen direkten (im Bild links, Typ I) und einen mitochondrialen (rechts, Typ II). Der Signalweg vom Typ II benutzt das Mitochondrium als Verstärker und Modulator. Die Moleküle der Familien Bcl–2 und Bcl–xL wirken aktivierend bzw. hemmend auf diesen Signalweg. Der dritte Weg führt über die mitochondriale Ausschüttung von AIF (Apoptose– induzierender Faktor) unabhängig von Caspasen zur Bildung von Todessubstraten und ist bislang nur unvollständig aufgeklärt.
Caspasen sind Proteasen mit der Aminosäure Cystein im aktiven Zentrum. Aufgrund ihrer Eigenschaft, andere Proteine stets an einem Aspartatrest zu spalten, wurden sie "Cystein–Aspartasen" oder kurz "Caspasen" genannt. Sie sind bei den beiden CD95–abhängigen Apoptosewegen (Typ I und II) an der Induktion von Apoptose beteiligt. Die Blockierung der Caspasen führt in den meisten Fällen zu einer Unterbindung der Apoptose. Die Caspasen werden als inaktive Vorstufen synthetisiert (Procaspasen) und dann üblicherweise durch andere Caspasen mittels proteolytischer Spaltung aktiviert. Einzig die Caspase 8 (Initiatorcaspase) wird bei CD95–vermittelter Apoptose autolytisch aktiviert und führt dann zur
Spaltung von Caspase 3 (direkt), sowie von Caspase 9 (über das Mitochondrium), so dass diese Proteasen als Effektorcaspasen bezeichnet werden. Die Caspase 7 ist eng mit der Caspase 3 verwandt und hat ähnliche Funktion.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 – Schema der intrazellulären Signaltransduktionswege bei der Apoptose im CD95–System (vereinfacht nach Krammer22).
Links die Aktivierung der Apoptose bei Typ I (Caspase 8 aktiviert direkt die Caspase 3), rechts die Verstärkung über das Mitochondrium (Typ II). Hier führt die Spaltung von BID zur Aktivierung des Mitochondriums, welches Cytochrom C abgibt und somit zur Caspasenaktivierung führt. Die Proteine der Familie Bcl–2 wirken aktivierend, die der Familie Bcl–xL hemmend auf diesen Apoptoseweg.
Zweites Kapitel.
Material und Methoden.
Reagenzien. Zytostatika. Antikörper. Caspase–Inhibitoren. Zelllinien. Arbeitsmaterialien. Software. Rezepte der Gebrauchslösungen. Zellkultur. Zellseparation mit Ficoll. Zellzählung. Das Durchflusszytometer (FACS). Apoptosemessung mit 7AAD, JC–1 und Annexin. Auswertung der Apoptosemessungen. Messung der CD20–Bindungskapazität. Western Blotting.
2.1. Reagenzien.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2. Zytostatika.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3. Antikörper.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.4. Caspase–Inhibitoren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.5. Zelllinien (Ursprungsklon).
DOHH2 (immunoblastisches B-NHL)23 DSMZ, Braunschweig WSU-NHL (nodulär–histiozytäres Lymphom)24 DSMZ, Braunschweig Raji (Burkitt-Lymphom) DSMZ, Braunschweig
2.6. Arbeitsmaterialien.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.7. Sof t ware .
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.8. Re z ep t e der Gebrau c h s lö s ungen .
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.9. Zellkultur.
Die Zelllinien DOHH2, WSU–NHL und Raji wurden in RPMI 1640–Medium bei 37°C und 5% CO2 kultiviert. Das Medium wurde 3x pro Woche erneuert.
[...]
- Citar trabajo
- Daniel Sommerlad (Autor), 2003, In vitro-Studien zur Apoptose durch Rituximab, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12758
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