Die Hausarbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob die Janusz-Korczak-Pädagogik gegenwärtig umsetzbar wäre und wo sich dabei Grenzen und reformpädagogische Bezüge in der heutigen Gesellschaft erkennen lassen.
In der Arbeit wird demnach der Thematik Grenzen der Pädagogik Janusz Korczak nachgegangen. Dabei wird zunächst die Biografie Janusz Korczak dargestellt. Außerdem wird die pädagogische Sichtweise von Janusz Korczak thematisiert, wobei das Bild des Kindes und das Bild des Erziehers näher erläutert werden. Des Weiteren wird Janusz Korczaks kritisches Denken über die Norm-Erziehung dargestellt.
Um die theoretische Konzeption Janusz Korczak zu verdeutlichen, wird die praktische Umsetzung der Pädagogik ebenfalls dargestellt. Zudem werden Konventionen thematisiert, welche die Menschen- sowie die Kinderrechte sichern. Demnach werden Konsequenzen der Janusz Korczak Pädagogik in Bezug auf die gegenwärtige Umsetzbarkeit dargestellt.
Biographische Daten Janusz Korczak
Janusz Korczaks pädagogische Sichtweise
Kritik an der „Norm-Erziehung“
Praktische Umsetzung der Janusz Korczak Pädagogik
Umsetzung am Beispiel des Waisenhauses „Dom Sierot“ und des „Nasz Dom“
Umsetzung am Beispiel des Schulexperiment
Konventionen zur Sicherung von Rechten
Europäische Menschenrechtskonvention
UN-Kinderrechtskonvention
Janusz Korczak Pädagogik in Bezug auf die gegenwärtige Umsetzbarkeit
Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Einleitung
„Die Welt reformieren heißt, die Erziehung reformieren…“ (Korczak, zitiert nach Beiner 2011, 23). Diese Aussage von Janusz Korczak in seinen Jugendjahren beschreibt die Anfänge in der von ihm später aufgestellten Reformpädagogik. Janusz Korczak ist ein sehr interessanter Reformpädagoge, da er ohne damals bestehende Menschen- oder Kinderrechte, schon die Rechte der Kinder eingefordert hat. Sein pädagogisches Credo besagt, dass Kinder nicht erst zu Menschen werden, sondern bereits welche sind und man aufgrund dessen die Kinder als gleichberechtigte Menschen ansehen sollte (vgl. Beiner 2011, 33). Dies spiegelte sich in der von ihm aufgestellten Pädagogik und deren praktischen Umsetzung seiner Waisenhäuser wieder. Ich habe mich für dieses Thema entschieden, da ich Janusz Korczaks Bild vom Kind sehr interessant finde und ich gerne wissen würde, welche Grenzen die Janusz Korczak Pädagogik in einer gegenwärtigen Umsetzung mit sich führen würde. Janusz Korczak stellt eine Reformpädagogik auf, die er praktisch ebenfalls umsetzt. Die praktische Umsetzung ist ein Beispiel für eine gelungene Reformpädagogik seiner Konzeption. Aber ist diese Konzeption auf die heutige Gesellschaft anwendbar und wo lassen sich Bezüge zu seiner reformpädagogischen Konzeption herstellen? Im Folgenden wird demnach der Thematik Grenzen der Pädagogik Janusz Korczak nachgegangen. Dabei wird zunächst die Biografie Janusz Korczak dargestellt. Außerdem wird die pädagogische Sichtweise von Janusz Korczak thematisiert, wobei das Bild des Kindes und das Bild des Erziehers näher erläutert wird. Des Weiteren wird Janusz Korczaks kritisches Denken über die Norm- Erziehung dargestellt. Um die theoretische Konzeption Janusz Korczak zu verdeutlichen, wird die praktische Umsetzung der Pädagogik ebenfalls dargestellt. Außerdem werden Konventionen thematisiert, welche die Menschen- sowie die Kinderrechte sichern. Demnach werden Konsequenzen der Janusz Korczak Pädagogik in Bezug auf die gegenwärtige Umsetzbarkeit dargestellt. Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob die Janusz Korczak Pädagogik gegenwärtig umsetzbar wäre und wo sich dabei Grenzen und reformpädagogische Bezüge in der heutigen Gesellschaft erkennen lassen.
Biographische Daten Janusz Korczak
Janusz Korczak wurde am 22. Juli 1878 oder 1879 geboren. Sein genaues Geburtsjahr ist unklar, da es keine Dokumente gibt, welche etwas über sein Geburtsjahr aussagen. Jedoch schrieb Janusz Korczak am 21. Juli 1942 in einer seiner Schriften, dass er morgen dreiundsechzig oder vierundsechzig werden würde (vgl. Dauzenroth 1981, 13). Genau könne er dies nicht sagen, da sein Vater über mehrere Jahre keine Geburtsurkunde für ihn ausstellen lies. Janusz Korczak, Sohn einer jüdischen Familie wurde in Warschau geboren und hieß gebürtig Henryk Jozefowicz Goldszmit (vgl. Beiner 2011, 15). Henryk Goldszmit hatte während seiner Gymnasialzeit schon die ersten Gedanken, die Welt und die Erziehung verbessern zu wollen (vgl. Beiner 2011,23). Er selbst schrieb in einer seiner Schriften, dass die Schulen seiner Zeit streng und langweilig waren (vgl. Beiner 2011, 20). Mit sechszehn Jahren interessierte sich Henryk Goldszmit für bekannte Reformpädagogen, wie zum Beispiel Pestalozzi. Zu dieser Zeit stellte Henryk Goldszmit seine erste pädagogische Erkenntnis auf: „Die Welt reformieren heißt, die Erziehung reformieren.“ (Korczak, zitiert nach Beiner 2011, 23). Er stellte demnach fest, dass sich die Welt nur durch Erziehung ändern lasse. Des Weiteren stellte sich heraus, dass Henryk Goldszmit schriftstellerische Talente besitzt. Trotz seines Talents begann er 1898/99 mit einem Medizinstudium an der Universität in Warschau. Während der Semesterferien betreute er hilfsbedürftige Kinder in Sommerkolonien. Im Jahre 1899 stellte er sein pädagogisches Credo auf, welches besagt, dass Kinder nicht erst zu Menschen werden, sondern bereits welche sind“ (vgl. Beiner 2011, 33). Mit dem pädagogischen Credo forderte Janusz Korczak die Menschenrechte des Kindes ein. Die Emanzipation des Kindes wurde zu seiner selbstgewählten Lebensaufgabe. Er suchte dabei nach besseren Lebensbedingungen für Kinder und hinterfragte kritisch Erziehungspraktiken (vgl. Beiner 2008, 19). Im Jahre 1900 veröffentlichte Henryk Goldszmit unter seinem Pseudonym Janusz Korczak seine ersten Texte und wurde dabei öffentlich bekannt (vgl. Beiner 2008, 151). Janusz Korczak wurde 1905/6 als Militärarzt in den russisch-japanischen Krieg eingezogen. Nach dem Kriegseinzug entschloss sich Janusz Korczak für ein Auslandsstudium an der Universität Berlin (vgl. Dauzenroth 1981, 79). Demnach wurde Janusz Korczak Arzt, Schriftsteller und Erzieher. Er entschied sich mit fast dreißig Jahren gegen eigene Kinder. Mit dieser Entscheidung ging seine Entscheidung für den Dienst am (Waisen-)Kind einher. Gründe für seine Entscheidung könnten laut Beiner seine Kindheitserlebnisse als unterprivilegiertes Kind mit einem psychisch kranken Vater oder sein Zusammenleben mit den hilfsbedürftigen Kindern in den Sommerkolonien sein. Außerdem hatte Janusz Korczak die Idee mit Hilfe einer „Schule des Lebens“ eine Humanisierung der Gesellschaft anzustreben (vgl. Beiner 2011, 82). Demnach entstand seine Entscheidung aufgrund seiner kritischen Reflexion sowie seinem sozialen Engagement (vgl. Beiner 2008, 17). Im Jahre 1910 entschied sich der Verein „Hilfe für Waisen“ ein neues Waisenhaus in der Warschauer Krochmalna Straße 92 zu bauen, dabei wurde Janusz Korczak der Leiter des Hauses. Ein Jahr später proklamierte er das erste Mal ein Kinderrecht: Das Recht des Kindes auf Fürsorge basierend auf der Würde eines jeden Menschen (vgl. Beiner 2011, 72). Mit der offiziellen Einweihung des Waisenhauses Dom Sierot entstand eine Reformierung der damaligen Internatserziehung. Mit der Veröffentlichung des Erziehungsmodells von Janusz Korczak „Wie man ein Kind lieben soll“ im Jahre 1920, stellte er seine pädagogische Sichtweise dar, wobei er vertiefend die von ihm eingeforderten und aufgestellten Kinderrechte thematisiert (vgl. Beiner 2011, 109). Janusz Korczak eröffnete 1919 mit Maria Falska ein zweites Waisenhaus, dieses trug den Namen Nasz Dom (vgl. Beiner 2011, 120). In den beiden Waisenhäusern wurde die pädagogische Theorie nach Janusz Korczak ausgelebt. Aufgrund des Überfalls der deutschen Wehrmacht, auf Polen am ersten September 1939 entstanden schrittweise Veränderungen für die Waisenhäuser (vgl. Beiner 2011, 246). Die Kinder aus dem Waisenhaus wurden zunehmend beschimpft und belästigt (vgl. Dauzenroth 1981, 31). Janusz Korczak kämpfte dennoch weiterhin um die Rechte der Kinder (vgl. Beiner 2011, 248). Ende 1940 musste das Dom Sierot ins Ghetto umsiedeln (vgl. Beiner 2011, 250). Die Kinder durften nur das mitnehmen, was sie tragen konnten (Dauzenroth 1981, 37). Janusz Korczak ging betteln, um seinen Kindern im Waisenhaus noch ein Rest an unbekümmerten Leben sichern zu können (vgl. Dauzenroth 1981, 39). Ab dem 22. Juli 1942 begann die systematische Judenvernichtung und am 28. Juli war der Abmarsch der Kinder aus dem Waisenhaus. An der Spitze des Marschzuges ging Janusz Korczak mit zwei Kindern auf dem Arm (Dauzenroth 1981, 40). Augenzeugen berichteten, dass Faschisten die Kinder mit Peitschen trieben. Janusz Korczak erhielt auf dem Weg zum Umschlagsplatz einen Briefumschlag. In diesem stand, dass er von der Deportation befreit wäre, doch Janusz Korczak ließ seine 200 Kinder nicht allein. Janusz Korczak und seine Kinder wurden ins Vernichtungslager nach Treblinka deportiert (vgl. Dauzenroth 1981, 79).
Janusz Korczaks pädagogische Sichtweise
Bild des Kindes
Janusz Korczaks pädagogische Sichtweise basiert auf seinem pädagogischen Credo. Dies besagt, dass Kinder nicht erst zu Menschen werden, sondern bereits Menschen sind (vgl. Beiner 2011, 33). Diese Sichtweise steht dem damaligen Erziehungsbild gegenüber, da er erstmalig Rechte für Kinder einfordert. Kinder sind nach Janusz Korczak, Mitglieder einer unterdrückten Bevölkerungsgruppe, einer sogenannten benachteiligten Klasse. Diese Unterdrückung äußert sich anhand der Unfreiheit, Stimm-, Rechts- und Besitzlosigkeit (vgl. Beiner 2008, 12). Janusz Korczak möchte mit Hilfe seiner Pädagogik die strukturelle Gewalt durch eine strukturelle Partnerschaft anhand von demokratischen Umgangsformen ersetzen. Die praktische Umsetzung seiner Theorie wird an den Beispielen der Waisenhäuser veranschaulicht (vgl. Beiner 2008, 20). Der Pädagoge hat 1919, also 70 Jahre vor der Veröffentlichung der UN-Kinderrechte, drei Grundrechte für Kinder verfasst. Die Anerkennung der Kinderrechte sollen den Erwachsenen ebenbürtig sein (Beiner 2011, 110). Das erste Recht des Kindes, ist das Recht auf den Tod. Dies besagt, dass ein Kind personale Freiheiten besitzen soll (vgl. Beiner 2008, 25). Demnach soll das Kind frei über die eigene Person verfügen und einen freien Willen zur handelnden Tat ausüben können (vgl. Beiner 2008, 27). Janusz Korczak fordert die Auslassung der Bevormundung durch Erzieher und das Zutrauen an Handlungsfähigkeit (vgl. Beiner 2008, 28). Der Pädagoge sagt, dass die Erwachsenen aus Furcht, der Tod könnte ihnen das Kind entreißen, dem Kind das Leben entreißen (vgl. Beiner 2008, 25). Die Aussage thematisiert, dass die Erwachsenen nicht wollen, das ihr Kind stirbt und dabei dem Kind nicht erlauben zu leben. Damit ist gemeint, dass versucht wird, ein Kind vor allen möglichen Gefahren zu schützen und dabei dem Kind die Handlungsfreiheit genommen wird (vgl. Beiner 2008, 25). Die Bevormundung und die Überfürsorge führt, laut Korczak, zu einer geringeren motorischen Entwicklung sowie zu einer verminderten geistigen Selbstständigkeit. Der Pädagoge meint jedoch mit seinem ersten aufgestellten Recht eines Kindes nicht, dass er eine erzieherische Fürsorge ablehnt, sondern lediglich ein Übermaß an Behütung und Aufsicht. Das Kind benötigt laut dem Pädagogen Freiraum, um seine eigene Erfahrung erleben zu können. (vgl. Beiner 2008, 26). Das zweite Recht, ist das Recht auf den heutigen Tag. Mit diesem Recht, ist gemeint, dass jeder Augenblick eines Kindes wertgeschätzt und ernst genommen werden soll (vgl. Beiner 2008, 34). Außerdem sei die Arbeit des Wachsens eines Kindes von enormer Wichtigkeit (vgl. Beiner 2008, 33). Mit dem zweiten Recht verdeutlicht der Pädagoge die Gefahr, im Interesse der Zukunft eines Kindes, seine Gegenwart zu vernachlässigen (Beiner 2011, 112). Ein Kind soll den jeweiligen Tag genießen dürfen und nicht ausschließlich auf die spätere Zukunft vorbereitet werden. Mit diesem Recht, ist demnach aber ebenfalls gemeint, dass ein Erzieher kein Recht hat, das zukünftige Schicksal eines Kindes zu beeinflussen (vgl. Beiner 2008, 32). Es soll lediglich die Gegenwart befriedigt werden (Beiner 2011, 112). Janusz Korczaks Aussage „Wer die Kindheit überspringen will und dabei in die fernliegende Zukunft zielt - wird sein Ziel verfehlen“ (Korczak, zitiert nach Beiner 2011, 113) verdeutlicht, dass die Arbeit des Wachsens eines Kindes von enormer Wichtigkeit, für das gegenwärtige sowie für das zukünftige Leben ist. Er verdeutlicht, dass das Ernstnehmen der kindlichen Gefühle und Denkens in seiner Pädagogik einen großen Stellenwert besitzt (vgl. Beiner 2011, 113). Das dritte Recht, welches Janusz Korczak aufstellt, ist das Recht des Kindes, das zu sein, was es ist. Mit diesem Recht geht das Recht auf Individualität und Anerkennung des Anderssein einher. Laut Janusz Korczak geht es bei diesem Recht nicht darum, wie das Kind sein soll, sondern wie das Kind sein kann. Dabei sollte der Erwachsene die Perfektionsbestrebung nach einem vollkommenen Kind aufgeben (vgl. Beiner 2008, 35). Des Weiteren soll ein Kind in seiner Individualität anerkannt werden. Mit der individuellen Anerkennung geht ebenfalls das Recht auf Achtung des kindlichen Kummers einher. Der Pädagoge traut dem Kind zu, das Gute anzustreben und das Böse zu überwinden. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Kinder als Menschen mit Rechten, vergleichbar mit dem eines Erwachsenen angesehen werden (vgl. Beiner 2008, 36). Janusz Korczak sagt: „Erlaube den Kindern, Fehler zu machen und frohen Mutes nach Besserung zu streben.“ (Korczak, zitiert nach Beiner 2008, 37). Der Pädagoge verdeutlicht somit, dass man Kindern die eigene Erfahrungssammlung zutrauen soll (Beiner 2011,114) und außerdem unerwünschte Anlagen als Wesensmerkmale eines Menschen akzeptieren soll (Beiner 2008, 37). Im Jahre 1929 hat Janusz Korczak seine drei aufgestellten Rechte zu einer gemeinsamen Basis zusammengefasst. Das Recht des Kindes auf Achtung ist als Reaktion zum allgemeinen Zustand des Verhältnisses der jüngeren zur älteren Generation entstanden (vgl. Beiner 2008, 39). Der Pädagoge kritisiert die Erwachsenen, da diese die Kinder als zu gering und zu schwach einschätzen. Kinder gelten nach Janusz Korczak in der Norm-Erziehung als arm, materiell abhängig und schwach (vgl. Beiner 2008, 60). Als Beispiel nennt Janusz Korczak Verbote und Bevormundung wie: „Lass das“, „Bleib hier“ oder „Es ist kalt, du musst eine Jacke anziehen“. Als Legitimation der Erwachsenen wird das Unwissen eines Kindes genannt, doch der Pädagoge sagt, dass die Kinder aus Erfahrungen lernen sollen und daraufhin die Einstellung und das Handeln immer wieder weiterentwickeln (vgl. Beiner 2008, 56). Seine aufgestellten Rechte warnen demnach vor Überfürsorge, ausschließlicher Zukunftsorientierung und überhöhten Idealen (Beiner 2011, 114). Nach Janusz Korczak muss man ein Kind als eine vollwertige eigenständige Person respektieren und anerkennen, da es die gleiche Würde wie ein Erwachsener besitzt (vgl. Beiner 2008, 57). Die Zitate „Unter den Kindern gibt es genauso viele schlechte Menschen wie unter den Erwachsenen“ (Dauzenroth 1981, 28) und „Mitgefühl sollte es für Gute und Böse, für Menschen und Tiere, ja selbst für einen abgeknickten kleinen Baum oder für einen kleinen Stein geben“ (Korczak 2015, 134) verdeutlichen das Janusz Korczak keinen Unterschied zwischen einem Kind und einem Erwachsenen sieht und es bei Kindern, sowie bei Erwachsenen, Menschen gibt, welche nicht dauerhaft richtig handeln. Janusz Korczak sieht demnach ein Kind und einen Erwachsenen als ebenbürtig und gleichberechtigt an (Beiner 2011, 110). Das Recht auf Kindesachtung beinhaltet somit die Achtung der Unwissenheit eines Kindes, die Achtung der Erkenntnisarbeit, der Misserfolge, der Tränen, des Eigentums eines Kindes, der Geheimnisse eines Kindes, sowie die Achtung der schweren Arbeit des Wachsens (Beiner 2011, 181). Das Bild des Kindes basiert letztlich auf freiem und gleichberechtigtem Zusammenleben in einer Erziehungsgemeinschaft (Beiner 2008, 14).
Bild des Erziehers
„Alle Tränen sind salzig. Wer das begreift, kann Kinder erziehen; wer das nicht begreift, dem gelingt es nicht, sie zu erziehen“ (Korczak, zitiert nach Beiner 2011, 208). Mit dieser Aussage verdeutlicht der Pädagoge, dass Kinder sowie Erwachsene die gleichen Gefühle besitzen und diese beidseitig geachtet werden sollen. Das Bild des Erziehers resultiert aus dem Bild des Kindes. Ein Erzieher muss einem Kind Freiraum geben, damit dieses selbstbestimmend handeln kann (vgl. Beiner 2008, 26). Ein Kind darf demnach nicht bevormundet und vor Misstrauen behütet werden (vgl. Beiner 2008, 28). Des Weiteren geht aus den von Janusz Korczaks aufgestellten Rechten des Kindes hervor, dass ein Erzieher kein Recht auf zukünftige Schicksalsbeeinflussung eines Kindes hat und dieser lediglich die Verantwortung für den jeweiligen Tag trägt (vgl. Beiner 2008, 32). Außerdem soll ein Erzieher ein Kind ernst nehmen, wertschätzen und gleichberechtigt behandeln (vgl. Beiner 2008, 36). Die zuvor genannten Rechte eines Kindes sind eng mit demokratischen Prinzipien in der Erziehung verknüpft. Dies lässt sich an der praktischen Umsetzung der Waisenhäuser erkennen. Unter den demokratischen Prinzipien lassen sich Werte wie die der Gerechtigkeit, Brüderlichkeit, gleichen Rechte und Pflichten einordnen (vgl. Beiner 2008, 11). Der Pädagoge strebt eine strukturelle Veränderung der Umgangsweisen der Erzieher und der gesamten Erziehungsorganisation an (Beiner 2008, 12). Mit Hilfe dieser strukturellen Veränderung möchte Janusz Korczak eine partnerschaftliche Umgangsweise zwischen Kind und Erzieher herstellen. Dabei verneint er die damals herrschenden autoritären Erziehungsmethoden und bejaht einen gleichberechtigten emanzipierenden Umgang zwischen Erzieher und Kind (vgl. Beiner 2008 12). „Wir wollen das Kind nicht kneten und ummodeln, sondern wir wollen es verstehen und uns mit ihm verständigen“ (Korczak, zitiert nach Beiner 2008, 52). Ein Erzieher hat demnach, laut Janusz Korczak, die Aufgaben die Kinder zu beobachten, zu evaluieren und zu dialogisieren (vgl. Beiner 2008, 14). Des Weiteren muss ein Erzieher personal, individuell und situativ handeln können und dem Kind als einem lebendigen Gegenüber begegnen (Beiner 2008, 21). Um ein erzieherisches Verhältnis ermöglichen zu können, müssen sowohl Erzieher als auch Kind zu ihren jeweiligen Rechten und Bedürfnissen kommen. Dies bedeutet, dass eine bedingungslose gleichberechtigte Akzeptanz beider Seiten gegeben sein muss. Das Grundprinzip der Pädagogik Janusz Korczak basiert auf der Bereitschaft des Erziehers, sich in Zusammenarbeit mit den Kindern zu bilden und zu erziehen (Beiner 2008, 53).
Kritik an der „Norm-Erziehung“
„Wir wollen das Kind nicht kneten und ummodeln, sondern wir wollen es verstehen und uns mit ihm verständigen“ (Korczak, zitiert nach Beiner 2008, 52). Mit diesem Zitat nach Janusz Korczak wird deutlich, dass er als Reformpädagoge gegen die damals herrschende Normerziehung eines Kindes ist. Seine pädagogische Sichtweise spricht den Kindern ebenbürtige Menschenrechte zu, wie die eines Erwachsenen (vgl. Beiner 2011, 110). Der Pädagoge bemängelt, dass dem Kind aufgrund mangelnder Lebenserfahrung eine geringere Würde und Wertigkeit zugesprochen wird (vgl. Beiner 2008, 57). Der Pädagoge strebte eine strukturelle Veränderung der Erziehungsorganisation an, da er der Meinung ist, dass Kinder eine unterdrückte Bevölkerungsgruppe sind und sich dies an deren Besitzlosigkeit, Unfreiheit und Stimmlosigkeit äußert. Nach Janusz Korczak herrscht eine strukturelle Gewalt als Umgangsform innerhalb eines Erziehungsverhältnis zwischen Kind und Erzieher (vgl. Beiner 2008, 12). Des Weiteren kritisierte der Pädagoge, dass man Kinder als Objekt nach fest beschriebenen Regeln erziehen würde (vgl. Beiner 2008, 21). Außerdem kritisiert er die Überfürsorge der Erwachsenen, die ausschließliche Zukunftsorientierung und die überhöhten Ideale (Beiner 2011, 114). Janusz Korczak bemängelt außerdem, dass die Erwachsenen in einen Wahn der Perfektion und Planung verfallen sind (vgl. Dauzenroth 1981, 63) und sich dies in der Erziehung sichtbar zeigt. In seiner Erzählung über eine Familie, in der jedes Familienmitglied individuelle Schwierigkeiten mit jeweiligen Lebenssituationen hat und diese Schwierigkeiten innerhalb der Familie von mindestens einem Familienmitglied klein geredet werden, verdeutlicht Janusz Korczak seine Aussage „Alle Tränen sind salzig. Wer das begreift, kann Kinder erziehen, wer das nicht begreift, dem gelingt es nicht, sie zu erziehen (Korczak, zitiert nach Beiner 2004, 435). Anhand dieses Beispiels verdeutlicht der Pädagoge, dass die Gefühle in der heutigen Gesellschaft klein gesprochen werden und diesen zu wenig Achtung entgegengebracht werden. Mit diesem Beispiel unterstreicht der Pädagoge, dass alle Menschen, Erwachsene sowie Kinder die gleiche Achtung entgegengebracht werden sollte, ohne einen Unterschied zwischen einem Erwachsenen und einem Kind herzustellen (vgl. Beiner 2004, 434). Janusz Korczak gehörte keiner politischen Partei an, da er antikommunistisch eingestellt war (Dauzenroth 1981, 17) und somit die kapitalistische Gesellschaftsordnung kritisiert hat (vgl. Beiner 2011, 23). Letztlich sieht Janusz Korczak ein Kind als ein Geheimnis an, da man laut dem Pädagogen, ein Kind nicht völlig erfassen kann, demnach gibt es diagnostische Grenzen (vgl. Beiner 2008, 101). Janusz Korczak sieht dieses dialogische Begleiten als Basis gegenseitiger Achtung (vgl. Beiner 2008, 105).
- Citation du texte
- Sheila-Celina Könitzer (Auteur), 2020, Die Grenzen der Janusz-Korczak-Pädagogik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1275101
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