In seinem Werk „Mind, Self and Society“ (welches posthum herausgebracht wurde und eigentlich eine Sammlung von Meads Studenten ist) versucht George Herbert Mead das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft näher zu bestimmen. Wichtig ist dabei unter anderem die Frage, wie genau sich die individuelle Identität sowie der Verstand des Menschen im Zusammenhang mit seinem sozialen Milieu entwickelt. Von Bedeutung ist hierbei vor allem die Frage, ob das Individuum die Voraussetzung für eine Gesellschaft ist, die sich auf seinem Verhalten gründet, oder ob umgekehrt die Gesellschaft die entscheidende Bedingung für die Entstehung von Individuen (d.h. von denkenden Wesen mit Selbstbewusstsein und Selbstidentität), die unterschiedlich sind, obwohl sie in der gleichen Gesellschaft aufwachsen. Dies bedeutet folgendes zu fragen:
„Wie können wir Universalität, die allgemeine Formulierung, die jede Interpretation der Welt begleiten muß, erreichen und doch weiterhin Nutzen ziehen aus den Unterschieden, die dem Individuum als unverwechselbarem zugehören.“ (Küsgen 2006, 194) Meads Theorie sagt im Großen und Ganzen, dass der Mensch nicht als vernünftiges Wesen (wohl als vernunftbegabt, aber nicht im Besitz der Vernunft und der Fähigkeit zur Reflexion) und mit einem „Selbst“ ausgestattet auf die Welt kommt. Mead begreift das Selbst in diesem Zusammenhang als etwas, das die Fähigkeit hat, sich selbst reflexiv zu sehen, d.h. als Objekt: „The self has the characteristic that it is an object to itself“ (Mead 1967, 136). [...]
Der Begriff des generalisierten Anderen in
G.H. Meads „Mind, Self and Society“
verfasst von: Christine Porath
In seinem Werk „Mind, Self and Society“ (welches posthum herausgebracht wurde und eigentlich eine Sammlung von Meads Studenten ist) versucht George Herbert Mead das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft näher zu bestimmen. Wichtig ist dabei unter anderem die Frage, wie genau sich die individuelle Identität sowie der Verstand des Menschen im Zusammenhang mit seinem sozialen Milieu entwickelt. Von Bedeutung ist hierbei vor allem die Frage, ob das Individuum die Voraussetzung für eine Gesellschaft ist, die sich auf seinem Verhalten gründet, oder ob umgekehrt die Gesellschaft die entscheidende Bedingung für die Entstehung von Individuen (d.h. von denkenden Wesen mit Selbstbewusstsein und Selbstidentität), die unterschiedlich sind, obwohl sie in der gleichen Gesellschaft aufwachsen. Dies bedeutet folgendes zu fragen:
„Wie können wir Universalität, die allgemeine Formulierung, die jede Interpretation der Welt begleiten muß, erreichen und doch weiterhin Nutzen ziehen aus den Unterschieden, die dem Individuum als unverwechselbarem zugehören.“ (Küsgen 2006, 194)
Meads Theorie sagt im Großen und Ganzen, dass der Mensch nicht als vernünftiges Wesen (wohl als vernunftbegabt, aber nicht im Besitz der Vernunft und der Fähigkeit zur Reflexion) und mit einem „Selbst“ ausgestattet auf die Welt kommt. Mead begreift das Selbst in diesem Zusammenhang als etwas, das die Fähigkeit hat, sich selbst reflexiv zu sehen, d.h. als Objekt: „The self has the characteristic that it is an object to itself“ (Mead 1967, 136).
Erst in der Interaktion und Kommunikation mit anderen Menschen, d.h. in der Gesellschaft selbst und nur dort, kann sich ein Selbst entwickeln und mit diesem auch das Individuum. Dazu ist es notwendig, dass der Mensch in einem sozialen Zusammenhang handelt und die Reaktionen seiner Mitmenschen erfasst. Dies muss zunächst (d.h. am Anfang, wenn man die Entwicklung des Selbst genetisch betrachtet) als rein „co-operative activity“ (ebd., 144) verstanden werden, die vermittelt durch Sprache oder allgemeiner durch Gesten und Symbole stattfindet. Damit diese sozialen Aktivitäten funktionieren, ist es notwendig, dass alle Teilnehmer diese Gesten und Symbole verstehen, d.h. dass diese im Großen und Ganzen die gleiche Bedeutung für alle interagierenden Teilnehmer haben müssen. Aber diese gemeinsame Bedeutung entsteht gerade dadurch, dass immer eine gewisse Reaktion auf eine Äußerung folgt, die sowohl von der Person, die die Gesten (oder sprachlichen Zeichen) äußert, als auch von der Person, die diese erfasst, verstanden wird sowie dass die Reaktionen als zur Äußerung gehörend gerechnet werden und dass diese Verbindung (von Inhalt bzw. Reaktion und Zeichen) internalisiert wird. „Such a response is its meaning, or gives its meaning“ (ebd. 145).
In gewissem Maße kann dieser Prozess auf die Entwicklung des Selbst übertragen werden. Der Mensch, der in sozialen Zusammenhängen agiert, erfährt sich selbst nur vermittelt durch die Reaktionen, welche seine Mitmenschen ihm gegenüber zeigen. Mit Hilfe dieser Reaktionen erfährt der Mensch (dies ist vor allem bei Kindern der Fall), ob seine eigenen Einstellungen und Handlungen gesellschaftlich akzeptiert werden und ob er sich, vom Standpunkt seiner Mitmenschen aus, richtig verhalten hat. Auf diese Weise lernt er die Werte und Normen der Gesellschaft, in der er lebt oder aufwächst.
Darüber hinaus erfährt der Mensch auch etwas von dem Platz, den er selbst in der Gesellschaft oder einer sozialen Struktur hat, d.h. darüber, welche Rolle ihm zugeteilt wird und an welche gewisse Erwartungen geknüpft sind.
Ein Kind, das mit solchen Erfahrungen konfrontiert wird, muss diese zunächst zu einer Einheit verbinden, die ihm ein Bild davon verschafft, wie es sich selbst (in der Gesellschaft) verstehen soll. Dazu muss das Kind jedoch gleichzeitig die Normen und Werte der Gesellschaft, bzw. die Erwartungen, die an ihn herangetragen werden, akzeptieren und diese als zu seiner Identität gehörend auffassen, genauso tut es das in Hinsicht auf die Erwartungen an andere Menschen. Auf diese Weise lernt der Mensch sozusagen über sich selbst in den sozialen Zusammenhängen zu reflektieren bzw. eine Identität und überhaupt ein Selbst zu etablieren. Dies bedeutet, dass er sich diese nicht selbst schafft, sondern diese in der Gesellschaft und in der Interaktion mit anderen Menschen entsteht.
Um sich selbst als autonomes Selbst zu verstehen bzw. zu sehen, ist nach Meads Auffassung keine innere Sichtweise erforderlich, sondern eine Sicht, die reflektiert, wie andere Menschen mich sehen und mir gegenüber reagieren oder handeln. Da es nur möglich ist, andere Menschen als Objekt (d.h. objektiv und von außen) zu beobachten und zu erfassen – ein innerer Zugang zu anderen Menschen ist ja für uns nicht möglich – bedeutet dies, dass man sich selbst als Objekt betrachten muss.
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- Citation du texte
- Christine Porath (Auteur), 2007, Der Begriff des "generalisierten Anderen" in G.H. Meads "Mind, Self and Society", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127485