Hört ein Laie der Literatur den Begriff der sentimental comedy wird ihm dieser mit
großer Sicherheit fremd und unbekannt sein. Beginnt manch einer eventuell darüber
nachzudenken, was darunter zu verstehen ist, wird er vielleicht bemerken, dass er
eigentlich einen Widerspruch in sich selbst trägt. Derjenige wird sich fragen, wie
denn Komödien, die in der Regel lustig und unterhaltsam sein sollen, überhaupt
gefühlvoll und rührselig (was das Wort sentimental beinhaltet) sein können? Der
Begriff spricht für sich und man erkennt schnell, dass man es hier mit einer ganz und
gar „unkomischen Komödienkonzeption“ (Nünning, Vera und Ansgar 1998: 96) zu
tun hat, die viel mehr darauf abzielt „die Zuschauer durch […] beispielhafte Tugend
[…] zu belehren“ (Ebd.) als sie zu unterhalten und zum Lachen zu bewegen.
Ein Literaturkenner jedoch verbindet mit diesem Schlagwort sicherlich eine breite
Fülle von Aspekten. Er wird diese spezielle Erscheinungsform der Komödie dem im
18. Jahrhundert zu findenden Dramentyp, dem drama of sensibility, unterordnen und
auf dieser Basis den prägnanten kulturgeschichtlichen Hintergrund benennen können.
Das 18. Jahrhundert brachte zwar keine Stücke mit hohem literarischen Rang zu
Tage (vgl. Nünning, Vera und Ansgar 1998: 85), trotzdem sind diese Stücke sehr
wertvoll und „aufschlussreich, als sie Einblick in die damalige ‚Mentalität’ geben“
(Ebd.).
Die benannte Zeit war besonders geprägt von einem sich rasch vollziehenden
ökonomischen Wandel und dem damit einhergehenden Beginn der industriellen
Revolution, welche nicht nur eine „Ausprägung kapitalistischer Strukturen“
(Nünning 2005: 82) mit sich brachte, sondern auch Veränderungen im sozialen
Gefüge. Besonders die Mittelschicht profitierte von diesem enormen wirtschaftlichen
Wachstum. So ergaben sich viele Verdienstmöglichkeiten und eine consumer culture
mit neuen Chancen der Freizeitgestaltung (vgl. Ebd.) konnte sich herausbilden. Die
Nachfrage an literarischen Ratgebern mit Regeln für die angemessenen
Umgangsformen dieser neu entwickelten Bevölkerung wuchs. Man kannte kultivierte
Umgangsformen als den ‚wahren’ Ausdruck empfindsamer Gefühle an (vgl. Ebd.:
83) und schätzte „Emotion, Sensitivität, Wohlwollen sowie Mitgefühl“ (Ebd.) als die
„natürlichen Eigenschaften“ (Ebd.) des Menschen. In den Vordergrund rückte jetzt
also die menschliche Gefühlswelt, was ein charakteristisches Merkmal dieser so
genannten Kultur der Empfindsamkeit (culture of sensibility) darstellt.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die sentimental comedy
- Der Versuch einer Definition
- Gattungsspezifische Merkmale
- The Conscious Lovers
- Sir Richard Steele (1672-1729)
- Handlungsablauf und zentrale Themen in der sentimentalen Komödie The Conscious Lovers
- Schlussbetrachtung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der sentimental comedy, einer besonderen Form der Komödie, die im 18. Jahrhundert entstand. Ziel ist es, die Entstehung und Entwicklung dieser Gattung zu beleuchten, ihre spezifischen Merkmale zu analysieren und anhand des Beispiels von Sir Richard Steeles The Conscious Lovers zu verdeutlichen.
- Die Entstehung der sentimental comedy im Kontext der Kultur der Empfindsamkeit
- Die Abgrenzung der sentimental comedy von der comedy of manners
- Die Bedeutung von Tugend, Moral und Gefühl in der sentimental comedy
- Die Rolle von Tränen und poetischer Gerechtigkeit in der sentimental comedy
- Die Darstellung von Figuren aus der Mittelschicht in der sentimental comedy
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der sentimental comedy ein und stellt die Relevanz dieser Gattung im Kontext der literarischen Entwicklung des 18. Jahrhunderts heraus. Sie beleuchtet die Entstehung der sentimental comedy als Reaktion auf die kulturellen und gesellschaftlichen Veränderungen der Zeit, insbesondere die Ausbreitung der Kultur der Empfindsamkeit.
Das zweite Kapitel widmet sich der Definition und den gattungsspezifischen Merkmalen der sentimental comedy. Es wird die Abgrenzung von der comedy of manners vorgenommen und die Bedeutung von Tugend, Moral und Gefühl in dieser Gattung hervorgehoben. Die Rolle von Tränen und poetischer Gerechtigkeit sowie die Darstellung von Figuren aus der Mittelschicht werden ebenfalls beleuchtet.
Das dritte Kapitel analysiert Sir Richard Steeles The Conscious Lovers als Beispiel für die sentimental comedy. Es werden die Handlung des Stückes, die zentralen Themen und die Figuren dargestellt und in Bezug zu den gattungsspezifischen Merkmalen der sentimental comedy gesetzt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die sentimental comedy, die Kultur der Empfindsamkeit, die comedy of manners, Tugend, Moral, Gefühl, Tränen, poetische Gerechtigkeit, Sir Richard Steele, The Conscious Lovers.
- Citation du texte
- Anja Kopf (Auteur), 2006, Die Sentimental Comedy am Beispiel von Richard Steeles 'The Conscious Lovers', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127421
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