Diese Arbeit beschäftigt sich mit den konfessionellen Spannungen innerhalb des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation als eine Ursache des Dreißigjährigen Krieges.
Die Ursachen des Krieges liegen in vielen unterschiedlichen Aspekten, die zum einen den Ausbruch des Krieges erklären, aber zum anderen den Bestand der Konflikte über den langen Zeitraum begründen. Bevor der Dreißigjährige Krieg seinen offiziellen Anfang mit dem Prager Fenstersturz 1618 findet, hatten sich in Europa und im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation politische, dynastische, konfessionelle und auch innenpolitische Spannungen aufgebaut.
Um die Fragestellung zu beantworten, wird zuerst auf das Reformationszeitalter eingegangen, um die Grundlagen der folgenden konfessionellen Spannungen begreiflich zu machen. Im zweiten Abschnitt der Arbeit wird auf die aufkommenden Spannungen eingegangen, die aufgrund der neuen Konfession entstanden sind. Hier wird der Zusammenhang von Politik und Religion verständlich gemacht. Der Augsburger Religionsfrieden bildet hier den Schluss.
Der nächste Abschnitt bewerten den geschlossenen Frieden und beleuchtet die Konflikte, die aus diesem hervorgegangen sind. Der Fokus liegt hierbei auf dem Magdeburger Sessesionstreit, welcher wichtige Institutionen für den Erhalt des Friedens lahm legte. Daraus entstanden die Katholische Liga und die Protestantische Union, dessen Teilhabe am Kriegsausbruch im letzten Kapitel mit beleuchtet wird.
II Konfessionelle Entwicklungen bis 1555
2.2 Der Augsburger Reichstag von 1530
III Folgen der Reformation von 1530 bis 1555
3.1 die politischen Zusammensetzung des reiches
3.2 Das angespannte Jahrzehnt vor dem Frieden
3.3 Der Augsburger Religionsfrieden
IV Die konfessionelle Polarisierung ab 1570
4.1 katholischen Erneuerung
4.2 Die Problematisierung und Auswirkungen des Magdeburger Sessionsstreites
4.3 Katholische Liga und die protestantische Union
V Eskalationsphase
5.1 Der Jürlich-Klevische Erbfolgestreit
5.2 Die Konfessionelle Unterschiede in Böhmen
VI Fazit
VII Literaturverzeichnis
VIII Quellenverzeichnis
I Einleitung
Die Ursachen des Krieges liegen in vielen unterschiedlichen Aspekten, die zum einen den Ausbruch des Krieges erklären, aber zum anderen den Bestand der Konflikte über den langen Zeitraum begründen. Bevor der dreißigjährige Krieg seinen offiziellen Anfang mit den Prager Fenstersturz 1618 findet, hatten sich in Europa und im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation politische, dynastische, konfessionelle und auch innpolitische Spannungen aufgebaut.[1]
Um den Ramen dieser Arbeit nicht zu sprengen, konzentriert sich diese auf die konfessionellen Einflüsse und Spannungen, die den dreißigjährigen Krieg auslösten. Die Arbeit geht demnach der Fragestellung nach: Welche Konfessionellen Motive führten zum dreißigjährigen Krieg?
Um die Fragestellung zu beantworten wird zu erste auf Das Reformationszeitalter eingegangen, um die Grundlagen der folgenden konfessionellen Spannungen begreiflich zu machen. Im zweiten Abschnitt der Arbeit wird auf die Aufkommenden Spannungen eingegangen, die aufgrund der neuen Konfession entstanden sind. Hier wird der Zusammenhang von Politik und Religion verständlich gemacht. Der Augsburger Religionsfrieden bildet hier den Schluss des Kapitels. Der nächste Abschnitt bewertet den geschlossenen Frieden und beleuchtet die Konflikte, die aus diesem hervorgegangen sind. Der Fokus liegt hierbei auf dem Magdeburger Sessesionstreit, welcher wichtige Institutionen für den Erhalt des Friedens lahm legte. Daraus entstanden die katholische Liga und die Protestantische Union, dessen Teilhabe am Kriegsausbruch im letzten Kapitel mit beleuchtet wird.
Der Begriff Konfession bezieht sich auf den Gegenstand der abendländischen christlichen Kirche und die unterschiedlichen Aufspaltungen und Differenzierungen derer. In der Geschichtswissenschaft sind die Prozesse der Konfessionalisierung ein wichtiges Forschungsgebiet, besonders da die Zusammenhänge zwischen Kirche, Saat, Gesellschaft und Kultur im Mittelalter und in der frühen Neuzeit nicht von einengender zu trennen sind. Auf Grund dessen wird der Begriff Konfessionalisierung in der Geschichtswissechaft nicht nur als Abspaltungen der katholischen Kirche gesehen, sondern als Einflussfaktor für die Umstrukturierung von Saat, Kultur, Rechtsleben und Wissenschaft.[2]
Im Rahmen der Literatur und Quellenrecherche hat sich ergeben, dass die Literatur zu dem Thema sehr umfangreich ist. Es existieren sowohl zahlreiche Monografien als auch Beiträge in Sammelbänden. Ein international bekanntes und umfangreiches Überblickswerk zu dem Thema, bietet die Ausarbeitung von Peter H. Willson: Der dreißigjährige Krieg: Eine europäische Tragödie. Der Autor geht weit ins 16. Jahrhundert zurück, um die Entstehung des Krieges zu erklären. Wilson hat neben diesem Buch auch Zahlreiche andere Publikationen rund zum Thema des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation veröffentlichter und hat sich auf die Frühneuzeitliche deutsche Geschichte, insbesondere die politische, militärische, soziale und kulturelle Geschichte des Heiligen Römischen Reiches zwischen 1495 und 1806 spezialisiert.[3]
Relevante Forschungskontroversen zu dem Thema finden sich oft in Bezug auf die protestantische Union und katholische Liga. Die Forschung ist sich hier größtenteils uneinig, über Schuldfrage der beiden Bündnisse im Bezug auf den Ausbruch des dreißigjährigen Krieges. Diese Problematik wird vor allem in der Literatur: Union und Liga 1608/09 Konfessionelle Bündnisse im Reich-Weichenstellungen zum Religionsfrieden untersucht.[4] Zudem werden die Rollen der Kaiser und ihre Regierungsstile in der Literatur unterschiedlich bewertet, wenn es um die Ergründung der Ursachen des dreißigjährigen Krieges geht. Auch die Quellenlage zu dem Thema ist sowohl digital als auch analog umfangreich und größtenteils aufgearbeitet worden. So wurden die Quellen, die im Organal in der altdeutschen Frakturschrift vorliegen in die heutige lateinische Schreibweise übertragen. Zudem liegen den Quellen oftmals Zusammenfassungen bei, den es den Leser/ der Leserin erleichtern einen Überblick über die oft mehrere Seiten lange Quellen zu gewinnen.[5]
II Konfessionelle Entwicklungen bis 1555
2.1 Konfessionsspaltung
Um die Querelen zwischen den christlichen Glaubensparteien verstehen zu können, benötigt es einen historischen Rückblick auf die Konfessionsspaltung der römisch-katholischen Kirche. Das Jahr 1517 ist das Jahr, in dem Martin Luther 95 Thesen gegen den Ablasshandel anschlug und damit der beginnenden Spaltung zwischen Protestantismus und dem Katholizismus nachträglich ein Symbol gab. Die Abspaltung des Protestantismus manifestierte sich mit der Exkommunizierung Luthers im Jahr 1521.[6]
Nach dem Thesenanschlag setzte sich eine Glaubensdebatte in Gang, die weit über die Frage des Ablasshandels hinausging. Am 15. Juni 1520 sollte Luther und seinen Anhängern die Bannandrohungsbulle Exsurge Domine auferlegt werden, wenn sie nicht innerhalb von 60 Tagen ihre Anschauungen über die römisch-katholische Kirche widerrufen. Der Zusammenhang zwischen Glauben und Politik wurde deutlich, als Luther sich im Jahr 1520 mit seiner Adelsschrift an den neuen Kaiser Kahl V. und dem deutschen Adel wandte. Damit wollte er die Einberufung eines Nationalkonzils erreichen, welches gegen die Missbräuche der katholischen Kirche vorgehen sollte. Die Kernpunkte der Adelsschrift waren, dass die Heilige Schrift Priestern und Laien gleichermaßen zugänglich gemacht werden sollte und dass die Transsubstantionen als Kernstück der Messe gegenstandlos werden. Dies bedeutet, dass die Verwaltung der Sakramente durch die Priester obsolet sein und die strenge Hierarchie der römisch-katholischen Kirche damit aufgebrochen werden würde. Der dritte Kernpunkt der Forderungen Luthers war die Reformierung der Buße, die in Luthers Vorstellungen auf Taufe und Abendmahl zu reduzieren sei und damit den Ablasshandel abschaffen würde[7]
Bei der Vorladung Luthers zum Wormser Reichstag am 17. und 18. April 1521 von Kaiser Karl V. wurde schon eine Spaltung der Reichstände deutlich. Einige von den Fürsten prangerten ebenfalls die Missstände der römisch-katholischen Kirche an und standen auf der Seite Luthers. [8] Das hatte nicht unbedingt nur religiöse Ansichten zu verantworten. Mithilfe der neuen Interpretationen des christlichen Glaubens erhofften sich diverse Fürsten im Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation zum einen mehr Macht, da die Kirche ihre Vormachtstellung zu Teil einzubüßen hätte. Zum anderen hatte es auch wirtschaftliche Hintergründe. Das Geld, welches die Kirche mithilfe des Ablasshandels durch die Reformation nicht mehr einnehmen würde und die asketische Lebensweise, die Luther für die Klöster forderte, hätte Einfluss auf die Wirtschaft und den Reichtum der Bürger*innen gehabt.[9] Die Quellen geben nicht genau Auskünfte über die Zahlen der Lutheranhänger unter den Fürsten an und auch nicht, ob ihre Unterstützung Luthers wirklich wirtschaftlichen Ursprungs war. Mit Betrachtung auf die wachsende Anhängerschaft trotz der harten Kritik Luthers an der reichen Bevölkerung lassen sich wirtschaftliche Intensionen durchaus vermuten.
Der junge Kaiser konnte es sich nicht leisten, die zu dieser Zeit stark ausgeprägte teutsche Liberalität der Fürsten anzugreifen und konnte nur schwer gegen den konfessionellen Wechsel einzelner Fürsten vorgehen.[10]. Zu diesem Reichstag erschienen besonders viele Fürsten, um den jungen Kaiser persönlich kennenzulernen und um die angespannte Lage um Luther zu entschärfen. Die römische Kurie erhoffte sich durch die Verurteilung Luthers ein schnelles Aus der Reformationsbewegung.[11] Am Wormser Reichstag von 1521 wurde die Bulle mit dem kaiserlichen Wormser Edikt am 8. Mai unterschieben und am 26. Mai nach der Geleitfrist Luthers amtlich gemacht und damit die Reichsacht über Luther und seine Anhänger verhängt.[12] Das bedeutete, dass Luther ab da an als rechtlos galt, dass es verboten war ihn zu beherbergen und zu versorgen. Außerdem wurde die Auslieferung Luthers gefordert. Auch Anhänger Luthers sollten nach diesem Edikt verfolgt werden.[13] Nur mit Hilfe von Kurfürst Friedrich des Weisen von Sachsen konnte Luther auf die Wartburg flüchten, wo er unter einem neuen Namen lebte und an der Übersetzung der Bibel arbeitete.[14]
Da Karl der V. durch den außenpolitischen Konflikt mit Frankreich um die Vormachstellung in Italien eingebunden war, hatte die Revolutionsbewegung günstige Voraussetzungen zu wachsen. In den folgenden Reichstagen 1523 und 1524 wurden Lösungen für den konfessionellen Konflikt gesucht. Unteranderem war noch unklar, wie das Wormser Edikt konkret umgesetzt werden sollte. Die Anhänger Luthers, für die ebenfalls die Reichsacht galt, waren zum Teil einflussreiche Fürstentümer, mit denen diplomatisch umzugehen war. Es kam an diesen Reichstagen zu keinen Ergebnissen, die zu konkreten Lösungen geführt hätten. Ergebnislos auch deswegen, da der Kaiser nicht anwesend war, um diplomatisch in die Debatte einzugreifen. Sein Bruder Ferdinand I., sein Vertreter, konnte das Wormser Edikt ebenfalls nicht durchsetzen, da er die neugläubigen Fürsten im Kampf gegen die Türken an seiner Seite benötigte.[15]
Die neuen Impulse der Reformation erreichten alle sozialen Gruppen, deren Antrieb die zahlreichen Flugblätter waren, welche im Jahr 1520 bis 1526 mit bis zu 11000 Drucken verbreitet wurden.[16] Eine neue Revolutionsbewegung kam auf, welche sich auf Grund der konfessionellen Veränderungen auch politische Erneuerungen einforderte. Bereits im 15. Jahrhundert hatten die Bauern Bündnisse geschaffen, mit denen sie einheitlich für mehr Rechte gegenüber ihren weltlichen und geistlichen Herrschaften kämpfen wollten. Den Bauern fehlte der Zusammenhalt in der Masse, der vor der Reformation nicht zustande kommen wollte. Durch die Flugblätter, die von Luther übersetze Bibel und vor allem durch sein selbstbewusstes Auftreten gegenüber den Landesherren, kam ein einheitlicher revolutionärer Ansporn auf.[17]
Die Bauern forderten in zwölf Artikeln, die sich auf das Evangelium beriefen, neue Rechte. Sie sprachen sich unter dem Denkmantel der konfessionellen Revolution für die Abschaffung der Leibeigenschaft und für die Reduzierung der Frohdienste aus. Außerdem forderten sie freieren Zugriff auf die natürlichen Ressourcen wie Holz oder Wild. Zu erkennen ist das daran, dass nur Artikel eins und zwei einen tatsächlichen Bezug zum Christentum aufweisen. In denen fordern die Bauern die freie Wahl ihres Pfarrers und Unterstützung für diesen von den Landesherren.[18] Die Artikel zeigen, wie politisch die konfessionelle Bewegung dieser Zeit war und welche Macht die konfessionelle Spaltung schon ca. hundert Jahre vor Ausbruch des dreißigjährigen Krieges auf die Mentalität der Bevölkerung hatte. Die neuen Konfessionen gab eine ganze Ständegesellschaft den Antrieb, für ihre Rechte zu kämpfen. Es zeigte sich, wer die Kontrolle über die Situation behalten sollte. Nur einige Wochen, nachdem die Bauern zu den Waffen gegriffen hatten, wurde der große Aufstand in Thüringen von 1525 von dem lutherisch gesinnten Philipp von Hessen und dem erzkatholischen Georg von Sachen brutal niedergeschlagen. [19] Obwohl der Aufstand der Bauern vereitelt wurde, so prägte er dennoch die weltlichen Fürsten nachhaltig. In den 1520iger Jahren räumten immer mehr Obrigkeiten und die halbautonomen Landesstädte Freiheiten für den evangelischen Glauben ein. Dabei ging es vorrangig darum, sich vor neuen Aufständen der Bauern zu schützen und auch darum, den weiteren Weg in Richtung kommunaler Einheit und Autonomie zu ebnen.[20]
Am Speyer Reichstag von 1526 überwog wie seit 1521 das Thema der Glaubensspaltung. Die geistlichen Fürsten wollten in dieser angespannten Zeit keinen Reichstag ohne den Kaiser führen, den sie als Beschützer des katholischen Glaubens verstanden. Karl V. sagte ein Jahr zuvor den Reichstag in Augsburg ab, da er die Ansicht vertrat, dass kircheninterne Angelegenheiten nur durch Kaiser und Papst zu regeln seien. Was die weltlichen Fürsten anbelangte, so waren sie noch nicht eindeutig einer der beiden Konfessionen zuzuordnen. Die Verhandlungen waren durch das gegenseitige Misstrauen zwischen geistigen und weltlichen Fürsten und zwischen den Kurfürsten und den Städten geprägt. Jede Seite fürchtete um Einbußen ihrer Macht.[21] Auf dem Reichstag wurde trotz diesen Spannungen einstimmig beschlossen, dass jeder Landesherr die Religion des eigenen Landes bestimmen durfte.[22] Dieser Fortschritt auf Seiten der Anhänger Luthers wurde auf dem zweiten Reichstag zu Speyer 1529 durch die Aufhebung des Beschlusses von Karl V. und den katholischen Ständen wieder zunichtegemacht. Die Lutheraner legten gegen diesen Entschluss eine Protestatio ein, die formell gesehen einen juristischen Einspruch darstellte.[23] Die neugläubigen Parteien begründeten ihren Protest damit, dass dieses Ergebnis nicht einstimmig gefällt worden war, sondern nur ein Mehrheitsbeschluss der Katholiken gewesen war. Die Reichstage waren bis dahin mit einem Zwang auf Einstimmigkeit bei der Beschlussfassung dominiert worden, da man es vermied, gegen den Willen bedeutender Stände zu entscheiden. Die Minderheit der Reformbefürworter empfanden daher den Mehrheitsbeschluss nicht als rechtskräftig.[24] Johann d. J. von Sachsen, Markgraf Georg von Brandenburg, Ernst von Braunschweig-Lüneburg, Landgraf Philipp von Hessen, Prinz Wolfgang von Hessen und Prinz Wolfgang von Anhalt-Köthen unterschrieben die Protestatio, welche dann auch auf dem Reichstag verlesen wurde. Da ihr Protest nichts bewirkte, begannen Johann d. J. von Sachsen, Philipp von Hessen und die Städte Nürnberg, Straßburg und Ulm eine militärische Allianz zur Verteidigung ihrer Glaubensfreiheit zu bilden. Sie hatten sich jedoch verpflichtet, bis zum nächsten Reichstag keine Gewalt in Namen der Glaubensfrage zu verüben.[25]
2.2 Der Augsburger Reichstag von 1530
Der Kaiser Karl V. kehrte nach neunjähriger Abwesenheit wieder in das Heilige Römischen Reichs deutscher Nation zurück und berief den Augsburger Reichstag 1530 ein.[26] Das Ausschreiben zum Reichstag nach Augsburg war sehr diplomatisch formuliert und kündigte an, dass der Kaiser sich der Religionsproblematik unvoreingenommen stellen würde.
Damit solchs dester besser und heilsamlicher geschehen müg und solle, die zwietracht hinzulegen, widerwillen zu lassen, vergangne irsal Cristo unserm seligmacher zu ergeben und vieles anzukeren, alle ains jeglichen gutbedunken, opinion und meynung zwischen und selbst in liebe und gütlichkeyt zu hören, zu verstehen und zu erwegen, die zu eyner eynigen cristlichen warrhyt zu bringen und zu vergleichen, alles, so zu baiden theilen […][27]
Die Ausschreibungen zu dieser Zeit wurden meistens gedruckt und die Anrede, der Ort und die Zeit wurden freigelassen und konnten dann handschriftlich ergänzt werden. Deswegen kann davon ausgegangen werden, dass dieses Schreiben, welches an den Kurfürsten von Sachsen adressiert war, in der gleichen Formulierung auch an die anderen Abgeordneten des Reichstages ging.[28] Dass diese höfliche Formulierung auch gegenüber den neugläubigen Ständen verwendet wurde, ist der angespannten konfessionellen aber auch der außenpolitischen Situation zuzuschreiben. Gerade zur Jahreswende 1529/30 hatte das Reich den Ansturm der Osmanen auf Wien verhindern können.[29] Die Türken waren mit ihrem aggressiven militärischen Vordringen unter der Führung Suleimans des Prächtigen eine stehts präsente politische und religiöse Bedrohung gewesen.[30] Die Einheit des Reiches war eine notwendige Voraussetzung, um gegen die vordringende Macht im Osten vorgehen zu können. Die Protestanten weigerten sich jedoch, vor einer Klärung bezüglich eines akzeptablen Religionsfriedens im eigenen Land, sich an der Abwehr der Türken zu beteiligen.[31]
Die Anhänger Luthers überreichten dem Kaiser Karl V. am 25. Juni eine schriftliche Zusammenfassung ihrer religiösen Anschauungen, die Confessio Augustana, welche hauptsächlich von Philipp Melanchthon verfasst worden war.[32] Diese wurde von dem Kaiser nicht anerkannt. Die protestantischen Reichsstände hatten ab der Protestatio einen schwierigen Stand in den Ausschüssen gehabt. Die Altgläubigen verstanden sich als alleiniger Reichstag, der die Protestanten als Bittsteller ansah, welche sich freiwillig vom Reichstag abgesondert hatten. Auch nach der Ablehnung der Confessio Augustana verließen die protestantischen Fürsten, teilweise ohne Erlaubnis, den Reichstag. Dies hatte 1530 mit der Anwesenheit des Kaisers eine andere Bedeutung als ein Jahr zuvor und musste als Affront gegen Karl V. aufgefasst werden.[33]
III Folgen der Reformation von 1530 bis 1555
3.1 die politischen Zusammensetzung des reiches
Um die Problematisierung des Reformationszeitalters und die Auswirkungen auf die Politik begreifen zu können, lohnt sich ein Exkurs in das staatliche Konstrukt des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, um dieses im Zusammenhang mit Reformation und Religion im Allgemeinen zu erfassen. Die konfessionellen Ursachen des dreißigjährigen Krieges stehen im engen Zusammenhang mit der politischen Ordnung. Da die Reichspolitik sehr komplex ist, wird nur auf das wesentliche Konstrukt eingegangen, das später im Zusammenhang mit dem Augsburger Religionsfrieden und dem Magdeburger Sessionstreit relevant sein wird.
Der Kaiser ist der oberste Landesherr des Reiches. Ihm unterstellt sind in einer Stufenfolge von Zuständigkeiten und Befugnissen die weltlichen und geistlichen Fürsten. Sie sind der kaiserlichen Autorität untergeordnet und sind ebenfalls untereinander durch Lehnseide in einer Hierarchie verpflichtet. Es wird demzufolge unterschieden in reichsunmittelbare Reichsstände, die dem Kaiser direkt unterstellt waren und den reichsmittelbaren Lehnsherren, die einer sekundären Instanz unterstanden.[34] Die Fürsten waren dem Reichsverband unterworfen. Zu diesem zählte der Kaiser selbst als Oberhaupt, der Reichstag mit seinen Beschlüssen und die Gesetze des Reichsgerichts.[35] Der Kaiser hatte in Zeiten der Reformation keine absolutistische Macht. Seit der Goldenen Bulle von 1356 war dieser an die Partizipation der Reichsstände gebunden.[36] Die Landeshoheiten im Reich hatten im Vergleich zu anderen Monarchien in Europa eine autonome Herrschaftsposition. Die Gründe hierfür liegen auf der einen Seite darin, dass es sich im Reich um eine Wahlmonarchie durch die Kurfürsten handelte und auf der anderen Seite hatte der Kaiser keine Grundlagen, um eine zentrale Verwaltungs- und Exekutivinstitution aufzubauen. Dadurch blieb ihm nur die Position als oberster Landesherr, dessen Entscheidungen stehts von den Reichsständen abhängig waren. Der Ursprung liegt darin, dass das Lehn und die Regalien den Lehnsherren zufiel und nicht dem Kaiser.[37]
Es wird in weltliche und geistliche Reichsfürsten unterschieden, sowie in geistliche und weltliche Kurfürsten, in die Reichsgrafen, Reichsprälaten und Reichstädte, die Teil der Reichstage sind, jedoch unterschiedlich gewichtetes Stimmrecht besitzen. Die geistigen Landesherren waren häufig Bischöfe, die in ihrer Diözese, genau wie die weltlichen Fürsten, Territorialobrigkeiten darstellten und ebenso Steuern einzogen und Verordnungen erließen. Die Reichstädte waren reichsunmittelbar und deren Landeshoheit war der Stadtrat, welcher die Reichsstädte überwiegend selbst regierte.[38]
Der Reichstag gliedert sich in drei Kurien, die sich in die Kurfürsten, die Fürsten und die Reichstädte aufteilten und unter sich tagten. Sollte es zu einem Beschluss kommen, kamen jeweils immer nur zwei Kurien zusammen und besprachen sich, bis alle drei Ausschüsse zu einer Einigung kamen. Meist sprachen die Kurfürsten erst mit den Fürsten und dann wurden später die Reichstädte miteinbezogen.[39]
Das Reichskammergericht war neben dem Reichshofrat das oberste Gericht des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation. Es war für Klagen gegen die Reichsunmittelbaren zuständig, weil diese ansonsten ihr eigener Richter gewesen wären. Dabei konnte es sich um Rechtsstreitigkeiten zwischen zwei Reichsunmittelbaren handeln oder auch zwischen ihnen und ihren Untertanen. Das Reichskammergericht wurde Anfang der frühen Neuzeit ins Leben gerufen, um Konflikte zu entschärfen, die ansonsten zu Kriegen geführt hätten. Neben dem Reichskammergericht existierte der Reichshofrat, der ähnliche, teilweise sogar gleiche Zuständigkeiten wie das Reichskammergericht hatte. Dieser wurde allein durch den Kaiser erhoben. Er war Gericht, Beraterkreis und Regierungsbehörde zugleich. Wenn es sich um konfessionelle Konflikte handelte, die sich Ende des 16. Jahrhunderts mehr und mehr anhäuften, wählten die evangelischen Parteien vorzugsweise das Reichskammergericht aus. Dieses galt als neutralere Instanz, weil es nicht vom Kaiser zusammengesetzt worden war.[40]
3.2 Das angespannte Jahrzehnt vor dem Frieden
Die religiösen Spannungen nahmen seit der Reformation zu und beeinträchtigten die Funktionen der Reichsverfassung. Die Reichstage zu Speyer und zu Augsburg 1529/30 waren erste Indizien, wohin die konfessionelle Spaltung des Landes noch führen könnte. Die Mehrheit des Reichtages bestätigte das Wormser Edikt und erklärte, dass es einen Widerstand gegen den Friedensbruch der Protestanten geben müsse. Das legitimierte Karl V. dazu, mit Waffengewalt und mit Unterstützung der altgläubigen Fürsten gegen die Protestanten vorzugehen. Die Antwort der Protestanten darauf war der Schmalkaldische Bund, ein Verteidigungsbündnis unter Führung Kursachsens und Hessens.[41]
Das Reich befand sich in einer kritischen Lage. Es bestand die Gefahr eines Krieges zwischen den Religionsparteien im eigenen Land.[42] Die Reichstage in den 1540er Jahren waren einerseits von Diplomatieversuchen von Seiten des Kaisers und seines Stellvertreters Ferdinand I. geprägt und andererseits vom militärischen Vorgehen des Kaisers. Die evangelischen Reichsstände lehnten auch in diesen Jahren ab, an den Sitzungen der einzelnen Kurien teilzunehmen oder verließen diese frühzeitig. In diesen Sitzungen ging es teilweise um Steuerfragen, aber vorrangig um den Umgang mit den Türken.[43] Die nicht nachlassende Bedrohung war ein willkommenes Druckmittel der evangelischen Stände, die sich bewusst waren, dass der Kaiser auf ihre Hilfe angewiesen war. Es kann durchaus behauptet werden, dass ohne die außenpolitischen Spannungen mit den Türken oder auch den Franzosen den Anhängern Luthers früher Einhalt geboten worden wäre. Der Kaiser hatte bis 1546 versucht die Spannungen im Reichstag auf diplomatischen Wegen zu lösen. Ende des Jahres 1546 fuhr er dann eine andere Strategie. Diese konnte er vor allem deswegen realisieren, da es 1545 zu einem Waffenstillstand mit den Osmanen kam.[44] Er beschloss mit militärischer Gewalt gegen die evangelischen Stände vorzugehen, um die kaiserliche Macht gegenüber den Reichsständen zu verdeutlichen. Dazu verhängte er die Reichsacht über Johan Friedrich von Sachsen und Philipp von Hessen und führte den Schmalkaldischen Krieg gegen den Schmalkaldischen Bund, um die Religionskonflikte mit Waffengewalt final zu beenden. [45] Nachdem der Kaiser diesen Sieg errungen hatte, der auch der Unterstützung des Papstes zu verdanken war, erließ er zu Festlegung der Religionsfrage das Augsburger Interim im Jahr 1548. Es galt als Übergangslösung und richtete sich an die Protestanten. Im Groben ging es um Regelungen der Glaubensausführung, die zu einer Rekatholisierung der evangelisch gewordenen Gebiete führen sollte. Damit sollte die Vertiefung des evangelischen Glaubens im Land bis zu einem finalen Konzil über die Glaubensfragen unterbunden werden. In Süddeutschland gelang es dem Kaiser, das Interim durchzusetzen, aber es regte sich auch Widerstand. Moritz von Sachsen, der im Schmalkaldischen Krieg noch an seiner Seite gekämpft hatte, da er die Kurwürde verspochen bekam, verhalf den Protestanten zur Gegenwehr, weil er den protestantischen Glauben stark bedroht sah. [46] Er ging ein Bündnis mit dem Herzog von Mecklenburg und Brandenburg, dem Landgrafen von Hessen und dem Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach ein. Mit Unterstützung Frankreichs überraschten sie den Kaiser im Frühjahr 1552 mit einem militärischen Aufmarsch in Innsbruck. Der Kaiser floh nach Villach und aus seiner defensiven Lage heraus war er gezwungen, den Passauer Vertrag mit den Protestanten zu schließen. Dieser machte die Errungenschaften des Schmalkaldische Krieges und des Augsburger Interims wieder zunichte.[47] Die Ereignisse zogen den Rücktritt des Kaisers nach sich, der 1555/56 abdankte und die Kaiserkrone nach Abstimmung der Kurfürsten an seinen jüngeren Bruder Ferdinand I. übergab.[48]
3.3 Der Augsburger Religionsfrieden
Die 1540iger Jahren waren entscheidende Lehrjahre für Kaiser und Reich gewesen. Sie zeigten, dass der Religionskonflikt nicht mit militärischer Gewalt und mit einseitigen auferlegten konfessionellen Bestimmungen zu lösen war. Der Versuch einer radikalen Rekatholisierung führte dazu, dass sich mächtige Fürsten, wie Moriz von Sachsen gegen den Kaiser stellten. Der Augsburger Religionsfrieden von 1555 schaffte eine neue Zeit des Friedens. Dieser sollte das Konfliktpotential, welches zwischen den beiden Glaubensgruppen und ihren politischen Akteuren entstanden war, entschärfen.[49]
Am Augsburger Reichstag 1555 wurde sich das Ziel gesetzt, einen dauerhaften Religionsfrieden zu schaffen. Die Verhandlungen sollten schon im Jahr 1552 beginnen, allerdings versuchte der Kaiser Karl V. dies hinauszuzögern, da er vermeiden wollte, dass der Religionsfrieden unter seinen Namen geschlossen wurde. Im Gegensatz zu den Jahren davor wurden die Verhandlungen nicht durch die Abwesenheit des aktuellen Kaiser Karl V. gelähmt. Die Kriege des Jahrzehnts hatten in allen ein Wunsch nach Frieden ausgelöst.[50]
Nach den Angaben des österreichischen Staatsarchivs umfasst die Urkunde des Augsburger Religionsfriedens 34 Seiten auf Pergament. Die Prinzipien des Friedens sind dort festgehalten worden, wie auch die vielen Ausnahmebestimmungen und Vorbehalte, die in die Urkunde mit eingearbeitet wurden und noch zu Konflikten führen sollten.[51]
Der wichtigste Punkt war es, einen dauerhaften Frieden zu schaffen. Es wurde deswegen im Allgemeinen auf den Landesfrieden eingegangen, aber auch explizit auf die Friedensregelungen in Religionsstreitigkeiten. Militärische Gewalt mit religiösen Ursprüngen sollte zudem gänzlich verboten werden. [52]
§ 14 [Landfriedensformel] Setzen demnach, ordnen, wollen und gebieten, dass fernerhin niemand, welcher Würde, Standes oder Wesens er auch sei [...], den andern befehden, bekriegen, fangen, überziehen, belagern [...], sondern ein jeder den andern mit rechter Freundschaft und christlicher Liebe entgegentreten soll. § 17 [Ausschluss Andersgläubiger] Doch sollen alle anderen, die den obengenannten beiden Religionen nicht angehören mit diesem Frieden nicht gemeint, sondern gänzlich ausgeschlossen sein. [53]
- Citation du texte
- Anonyme,, 2021, Welche konfessionellen Motive führten zum Dreißigjährigen Krieg?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1274217
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