Vor dem Hintergrund des Endes des französischen Kolonialreiches und dem Scheitern der französischen Bemühungen seine Kolonien in alternativen Organisationen an sich zu binden, erscheint es von außen betrachtet erstaunlich, wenn nicht sogar paradox, dass es bereits in den 50gern zur Gründung diverser frankophoner Organisationen und bereits in den 60gern zu erneuten Annährungsversuchen aus den ehemaligen Kolonien an Frankreich kam, die als erste Schritte auf dem Weg der Institutionalisierung der heutigen Francophonie begriffen werden können. Die heutige Organisation stellt hinsichtlich ihrer Größe, Organisationslogik und ihre Zielsetzung einen politischen Akteur dar, dessen Handlungsspektrum sich weit über rein sprachlich-kulturelle Aspekte hinaus entwickelt hat.
Die vorliegende Referatsausarbeitung, soll im ersten Teil ausgehend vom Ende des zweiten Weltkriegs einen Überblick der Entwicklung der institutionellen Frankophonie und ihrer Zielsetzungen geben, wobei auch die Rolle der beteiligten politischen Akteure unter besonderer Berücksichtigung Frankreichs am Rande erwähnt werden wird.
Nachdem die Genese der Funktionsweise und Zielsetzung der heutigen Francophonie herausgearbeitet wurde, sollen im Anschluss die Strategien der Francophonie im Bereich der Wirtschaftsentwicklung und der Demokratie und Menschenrechte kurz beleuchtet und kritisch eingeschätzt werden. Im Schlussteil sollen die im vorherigen Teil aufgeworfenen Aspekte kurz zusammengefasst und bewertet werden. Da frankophone Literatur zu diesem Thema der Organisation meist sehr nahe steht, soll die Analyse und Darstellung soweit möglich auf den Originaldokumenten beruhen.
Inhalt
1. Einleitung
2. Begriffsklärung
3. Die politische Genese der Francophonie
3.1 Zur Entwicklung zwischen 1945- 1970
3.1.1 Impulse aus der Peripherie
3.1.2 Die ACCT
3.2 Herausbildung der heutigen Francophonie durch die Gipfelpolitik
3.2.1 Die Institutionalisierung der Francophonie 1986-1997
3.3 Zusammenfassung
4. Die Francophonie heute; Zwei Schlaglichter
4.1 L’espace économique francophone
4.2 Demokratie und Menschenrechte innerhalb der Francophonie
5. Schluss
6. Literaturverzeichnis
7. Anhang
1. Einleitung
Vor dem Hintergrund des Endes des französischen Kolonialreiches und dem Scheitern der französischen Bemühungen seine Kolonien in alternativen Organisationen an sich zu binden, erscheint es von außen betrachtet erstaunlich, wenn nicht sogar paradox, dass es bereits in den 50gern zur Gründung diverser frankophoner Organisationen und bereits in den 60gern zu erneuten Annährungsversuchen aus den ehemaligen Kolonien an Frankreich kam, die als erste Schritte auf dem Weg der Institutionalisierung der heutigen Francophonie[1] begriffen werden können. Die heutige Organisation stellt hinsichtlich ihrer Größe, Organisationslogik und ihre Zielsetzung einen politischen Akteur dar, dessen Handlungsspektrum sich weit über rein sprachlich-kulturelle Aspekte hinaus entwickelt hat.
Die vorliegende Referatsausarbeitung, soll im ersten Teil ausgehend vom Ende des zweiten Weltkriegs einen Überblick der Entwicklung der institutionellen Frankophonie und ihrer Zielsetzungen geben, wobei auch die Rolle der beteiligten politischen Akteure unter besonderer Berücksichtigung Frankreichs am Rande erwähnt werden wird.
Nachdem die Genese der Funktionsweise und Zielsetzung der heutigen Francophonie herausgearbeitet wurde, sollen im Anschluss die Strategien der Francophonie im Bereich der Wirtschaftsentwicklung und der Demokratie und Menschenrechte kurz beleuchtet und kritisch eingeschätzt werden. Im Schlussteil sollen die im vorherigen Teil aufgeworfenen Aspekte kurz zusammengefasst und bewertet werden. Da frankophone Literatur zu diesem Thema der Organisation meist sehr nahe[2] steht, soll die Analyse und Darstellung soweit möglich auf den Originaldokumenten beruhen.
2. Begriffsklärung
Bei den Begriffen francophonie und francophone handelt es sich um Termini, die bereits seit 1880 gebraucht werden und sich seit ihrer Kreation stark gewandelt haben[3]. Während der französische Geograf Onéisme Reclus mit den Begriffen noch die Assimilationsmöglichkeiten der Mitglieder von Sprachfamilien benannte, die „unsere Sprache“ sprechen oder in Zukunft „mit uns teilen“ würden, erfuhren die mit den Begriffen verbundenen Konzepte seit dem Ende des Empire Colonial starke Veränderungen[4].
Um diesbezügliche Ambivalenzen vorab auszuklammern, soll mit Hilfe der Definition Kolbooms die für diese Arbeit relevante Dimension der Frankophonie abgegrenzt werden[5].
Kolboom unterscheidet zwischen der linguistischen Frankophonie (a), der geolinguistischen Frankophonie (b), sowie der institutionellen Frankophonie (c) und der geopolitischen Frankophonie(d). Während sich a und b auf die die globale Gemeinschaft der frankophonen Sprecher beziehen, erfassen c und d die verschiedenen Stadien der Entwicklung bis zur heutigen Francophonie. Die institutionelle, bzw. geopolitische Frankophonie setzt sich zum einem aus diversen Nichtregierungsorganisationen zusammen (assoziative Frankophonie), der intergouvernementalen Frankophonie mit supranationaler Dimension (ACCT[6]), sowie der rein intergouvernementalen Frankophonie (Gipfelkonferenzen der Staatschefs)[7].
Eine weitere Problematik, die vorab geklärt werden muss, ist der Unterschied zwischen Francophonie und Frankophonie. Mit Frankophonie sollen in dieser Arbeit die Dimensionen a und b, mit dem Begriff Francophonie die Dimensionen c und d, bzw. die heutige internationale Organisation benannt werden. Während des Institutionalisierungsprozesses der Francophonie kam es zu diversen Namenswechseln, die ich hier nicht im Detail wiedergegeben werden sollen. Festzuhalten ist jedoch, dass seit 2005 durch die Überarbeitung der Charta, die bis dato Organisation internationale de la Francophonie genannte Gesamtorganisation in Francophonie umbenannt wurde und seitdem nur noch die zentrale, dem Generalsekretär unterstellte Verwaltung Organisation internationale de la Francophonie heißt[8]. In der folgenden Arbeit soll die frz. Schreibweise der referierten Strukturen beibehalten werden, um Missverständnissen vorzubeugen.
3. Die politische Genese der Francophonie
3.1 Zur Entwicklung zwischen 1945- 1970
Nach dem Ende des 2. Weltkriegs kam es in den französischen Kolonien zu wachsenden Unabhängigkeitsbewegungen, denen von Seiten Frankreichs mit verschiedenen politischen Programmen entgegengewirkt wurde. So wurde das französische Kolonialterritorium 1946 zunächst in die Union française und 1958 in die Communauté française überführt[9]. Am Ende dieser Entwicklung stand schließlich das Jahr 1960, das damals auch als „année africaine“ bezeichnet wurde, in dem die französischen Kolonien im subsaharischen Afrika ihre definitive Unabhängigkeit von Frankreich erlangten.
Hätte man vor diesen historischen Veränderungen eine Definition des Wortes Frankophonie gesucht, wäre sie deckungsgleich mit dem Empire Colonial gewesen. Es handelte sich um ein auf die Kolonialmacht zentriertes Gebilde mit Frankreich als kulturellem und politischem Zentrum
Die folgende Darstellung soll einen Überblick über die verschiedenen Faktoren geben, die bei dem Zustandekommen der ACCT eine Rolle spielten und die Zielsetzung der neuen Organisation beschreiben.
3.1.1 Impulse aus der Peripherie
Nachdem das französische Kolonialreich mit der Unabhängigkeit der jungen afrikanischen Staaten endgültig zerfallen war, setzte Frankreich zunächst auf die Strategie durch bilaterale Verträge (insgesamt über 200), um sich seinen Einfluss im wirtschaftlichen und militärischen Bereich in den neuen jungen Staaten zu sichern, bzw. zu erhalten[10]. Was das Ziel einer internationalen Organisation anging, hielt sich die politische Führung Frankreichs, namentlich Charles de Gaulle, nach den oben erwähnten Fehlschlägen jedoch zunächst offiziell zurück, um nicht den Verdacht neokolonialer Bestrebungen zu provozieren. Frankreich erreichte durch seine Verhandlungen mit den einzelnen afrikanischen Staaten, dass seine Militärpräsenz kaum geschmälert wurde und dass bevorzugte Handelsverträge geschlossen wurden[11].
Obwohl in dieser Hinsicht von Seiten Frankreichs zunächst kein Impuls für die Entwicklung einer neuen Organisation ausging, hatte das auslaufende Empire bis 1954 in West- und Äquatorial- Afrika knapp 100 Kulturzentren installiert[12].
Bereits kurz nach der Unabhängigkeit der Kolonien setzten sich mehrere afrikanische Politiker für eine neue Solidarität zwischen den französischsprachigen Ländern und Frankreich ein. Aus Sicht der Geschichtsschreibung der OIF waren es Lépold Sédar Senghor (Senegal),Habib Bourguiba (Tunesien), Hamani Diori (Niger), sowie der Prinz Norodom Sihanouk (Kambodscha), die sich für erneute Beziehungen zu Frankreich, basierend auf gemeinsamen kulturellen und linguistischen Affinitäten einsetzten[13]. Als Gründe für diese vor dem Hintergrund der jungen Staatsgründungen etwas paradox erscheinenden Initiative, führten sie unter anderem an, dass die neu gegründeten Länder weder kulturell, politisch noch ökonomisch auf diese abrupt eintretende Unabhängigkeit vorbereitet gewesen seien und das das erneute Heranrücken an Frankreich daher als sinnvoll erachtet würde[14]. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die Bemerkung Erfurts, der darauf hinweist, dass alle drei oben genannten in der politischen Klasse Frankreichs etabliert waren, was ihr Bestreben erklären könnte[15]. Abgesehen von den afrikanischen Bestrebungen, weisen Kolboom und Erfurt auf zwei weitere internationale Akteure hin, die in der Darstellung der Francophonie nur am Rande auftauchen. Bei den weiteren Promotoren einer internationalen Solidarität der Frankophonie handelte es sich um den frankophonen Teil Belgiens und Québec. In beiden Ländern setzten sich in dieser Zeit die frankophonen Bevölkerungsgruppen für ihre gesellschaftliche Emanzipation ein, wobei sie die gemeinsame Sprache als Symbol für ihre Ziele verwendeten. Um in diesem Streben nach mehr Anerkennung und politischem Gewicht innerhalb ihres Landes voranzukommen, setzte sich die frankophone Minderheit in Belgien schon in dieser frühen Phase der Frankophonie für verstärkte internationale Beziehungen zu Frankreich, Québec und Afrika ein. Auch in Québec gab es zu Beginn der 60ger Jahre eine Emanzipationsbewegung, die durch die Politik der liberalen Regierung unter Lesage nach mehr Unabhängigkeit und Geltung strebte[16]. Von dem oben beschriebenen politischen Prozessen begünstigt kam es bereits während des Auflösungsprozesses des französischen Kolonialreiches zu Gründung diverser nicht Regierungsorganisationen, deren Ziel es war die Zusammenarbeit zwischen frankophonen Ländern in verschiedenen Bereichen zu verstärken. Als Beispiel für westlich initiierte Projekte sind die bereits 1952 gegründete Association internationale des journalistes de la presse de langue francaise (AIJPLF) zu nennen, die sich für die weltweite Zusammenarbeit der französischen Medien einsetzte oder die Association des Universités partiellement ou entièrement de langue francaise (AUPELF), die bis heute unter dem Namen Agence universitaire de la Francophonie (AUF) existiert. Eine weitere wichtige Organisation in diesem Entwicklungsprozess war die Organisation commune africaine et malgache (OCAM). Die 1961 in dieser Organisation verbundenen Staaten gaben einen wichtigen Impuls für die Gründung der ACCT, die im nächsten Abschnitt dargestellt werden soll.
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, das unmittelbar nach der Dekolonialisierung ein großes Interesse in einigen frankophonen Staaten Afrikas, Belgien und Québec an einer multilateralen Kooperation bestand, die zwar auch politisch motiviert war, ihren Ausdruck aber zunächst in einer Anzahl von Organisationen fand, die sich vor allem der Verbreitung der französischen Sprache verschrieben hatten[17]. Aus dieser internationalen Kooperation entstand ein assoziatives Gebilde[18], das sich durch eine Vielzahl privaten und teilstaatlichen Organisationen auszeichnete, welche die Ausgangsbasis für die weitere Institutionalisierung bildeten..
3.1.2 Die ACCT
Gegen Ende der 60ger Jahre verstärkte sich das oben dargestellte Bestreben die bis dato dezentralen Kooperationen in einer zentralen Organisation zusammenzuführen. Die OCAM regte 1968 die Gründung einer communauté spritiuelle de nations qui emploient le francais, que celui-ci soit langue nationale, langue officielle ou bien language d’usage[19], die eine Erweiterung der Kooperation schaffen sollte[20]. Frankreich, das sich seit dem Ende der Dekolonialisierung von den Bestrebungen der frankophonen Staaten zu einer gemeinsamen Organisation distanziert hatte, änderte 1967 seinen politischen Kurs als De Gaulle sich mit seinem historischen Ausspruch „Vive le Québec libre!“ demonstrativ hinter dessen Emanzipationsbestrebungen stellte[21]. Diese Umorientierung hatte zufolge, dass sich Frankreich wenig später in der ACCT engagierte, um Québec zu unterstützen.
Mit der Gründung dieser neuen, Organisation, der einige Spannung zwischen Quebec und Kanada vorausgingen, wurde 1970 in Niamey (Niger) erstmals eine zentrale Institution des Austauschs und der Kooperation für die gesamte Frankophonie etabliert[22]. Im Vergleich zu den vorherigen Organisationen handelte es sich bei der ACCT um eine internationale Institution, deren Mitglieder souveräne Staaten und nichtsouveräne Regierungen (z.B. Québec) waren, die eine supranationale Struktur hatte, was einen großen Machtzuwachs für die institutionelle Frankophonie bedeutete[23]. Aus der Charta, die 1970 von 18 der 21 Mitglieder unterschrieben wurde, lässt sich die neue Zielsetzung der Institution ablesen. In ihr wurde erstmals neben der kulturellen Kooperation auch die coopération multilatérale dans les domaines[…]aux sciences et aux techniques, et par là au rapprochement des peuples. angestrebt[24]. Neben dem so definierten Streben nach Kooperation wurde jedoch gleichzeitig in der Charta Wert auf die absolute Neutralität der neuen Organisation hinsichtlich ihrer politischen und ideologischen Ziele gelegt. Während die ACCT der ersten Jahre noch an ihren geringen Kompetenzen, bzw. der Abstraktheit ihrer Aufgaben und den wenig umfangreichen Durchsetzungsmöglichkeiten ihrer Beschlüsse litt, avancierte sie doch zum zentralen Element der Entwicklung der politischen Francophonie[25] . Als Grund für die relative Schwäche führt Kolboom ihren supranationalen Charakter an, der es ihr ermöglichte, durchaus nicht im Interesse einzelner Mitgliedsstaaten zu handeln (vor allem Frankreich), was dazu geführt haben könnte, dass sie mit einem, angesichts ihrer umfangreichen Funktionen, kleinen Budget von 2,5 Millionen Dollar ausgestattet war. Obwohl in der Fachliteratur kaum konkrete Handlungen der ACCT erwähnt werden, zeigt sich ihre Relevanz im weiteren Verlauf der Institutionalisierung der politischen Frankophonie an der Tatsache, dass bereits fünf Jahre nach ihrer Gründung aus ihren Reihen der Vorschlag für ein Gipfeltreffen der frankophonen Staaten kam.
[...]
[1] Begriffsklärung unter Gliederungspunkt 2.
[2] Vgl.Erfurt (2005), S.20. 8Vgl. Erfurt (2005), S. 9.
[4] Nach Reclus in Kolboom (2009); S.21
[5] Vgl. Koolboom (2002), S. 10f.
[6] Agence de coopération culturelle et technique
[7] Vgl. Koolboom (2002), S. 10 ff.
[8] Dazu ausführlich: Kolboom (2008), S. 514.
[9] Vgl. Koolboom (2002), S. 22.
[10] Vgl. Dereaumaux (2008), S 38.
[11] Vgl. Erfurt ( 2005), S. 124f.
[12] Vgl. Erfurt (2005), S. 124.
[13] http://www.francophonie.org/doc/doc-historique/chronologie-oif.pdf
[14] Vgl. Senghor (1980), S 242.
[15] Vgl. Erfurt (2005), S. 123.
[16] Vgl. Erfurt (2005), S. 126.
[17] Vgl. Kolboom (2008). S. 510.
[18] Vgl. 2. Begriffsklärung
[19] Vgl. Dereaumaux (2008), S. 42.
[20] Vgl. Kolboom (2008). S. 501.
[21] Vgl. Kolboom (2002) S. 25.
[22] Vgl Erfurt (2005), S 17.
[23] Vgl. Kolboom (2002), S. 26.
[24] http://www.ladocumentationfrancaise.fr/dossiers/francophonie/charte70.shtml
[25] Vgl. Miguet (1996), S. 28.
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