Im Rahmen der Masterarbeit soll das ökonomische Potenzial alternative Luftfahrtkonzepte analysiert und anhand eines Umsetzungsprojekts validiert werden. In auf Bezug auf die Covid-19 Pandemie ist zu erforschen, welche alternativen Mobilitätskonzepte für die Luftfahrt bestehen und wohin sie sich entwickeln könnte. Ziel ist, bedarfsgerechte Alternativen zur konventionellen Luftfahrt zu ermitteln und Leitlinien für den Flottenaustausch zu erstellen.
Auch das Sicherheitsgefühl der Flugreisenden wurde durch die Pandemie erheblich beeinflusst. Die Einstellung der Reisenden selbst ist eine wichtige Hürde bei der Rückkehr zur Normalität. Während dieser Pandemie wurden fortschrittliche Online-, Mobil- und Informationstechnologien eingesetzt, um die Welt am Laufen zu halten. Es ist schwierig, sich vorzustellen, dass diese neu gewonnene Erfahrung mit innovativen Fernarbeitstechnologien und Online-Schulungsmöglichkeiten die Unternehmen weltweit nicht in eine neue Phase der technologischen Innovation, Evolution und Revolution führen wird. Was dazu führen könnte, dass dauerhafte Geschäftsreisen um fünf bis acht Prozent zurückgehen werden.
Die nächste Normalität wird sich zweifellos einstellen, wenn die sich die COVID-19-Pandemie verlangsamt hat oder auflöst. Die Frage bleibt jedoch, wie wird das neue Mobilitätskonzept der Luftfahrt für die Zukunft aussehen?
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemdarstellung
1.2 Thema und Ziel der Masterarbeit
1.3 Methodisches Vorgehen
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Geschichte der Luftfahrt
2.2 Wirtschaftliche Bedeutung des Luftverkehrs
2.3 Luftfahrt vor der Pandemie
3 Luftfahrt in der Pandemie
3.1 Auswirkungen auf den Flugverkehr
3.2 Auswirkungen auf die Passagierluftfahrt
3.3 Auswirkungen auf den Luftfrachtverkehr
3.4 Auswirkungen auf die Unternehmen der Luftfahrtindustrie
3.5 Umgebungsmodell der Luftfahrt während der Coronakrise
4 Lufthansa AG
4.1 Entstehungsgeschichte
4.2 Flottenstruktur und wirtschaftliche Kennzahlen
4.3 Strategische Ausrichtung des Unternehmens vor Corona
4.4 Strategische Ausrichtung des Unternehmens während Corona
5 Methoden der empirischen Untersuchung
5.1 Ziel der Untersuchung
5.2 Formen der Datenerhebung
5.3 Vorgehensweise
5.3.1 Durchführung Experteninterviews
5.3.2 Qualitative Inhaltsanalyse
5.4 Ethische Aspekte
5.5 Güte der Untersuchung
6 Ergebnisse der Handlungsoptionen der Lufthansa
6.1 Identifikation der Handlungsspielräume
6.2 Analyse der Handlungsoptionen
6.2.1 Personenbezogene Maßnahmen
6.2.2 Organisatorische Maßnahmen
6.3 Bewertung der Handlungsoptionen
7 Strategieentwicklung
7.1 Handlungsempfehlung
7.2 Kritische Reflexion
7.3 Fazit
8 Literaturverzeichnis
9 Anhang-A
9.1 Interviewleitfaden 1:
9.2 Interviewleitfaden 2:
9.3 Interviewleitfaden 3:
9.4 Interviewleitfaden 4:
9.5 Interviewleitfaden 5:
10 Anhang B- Evaluierung
10.1 Evaluierung der Handlungsoptionen 1:
10.2 Evaluierung der Handlungsoptionen 2:
10.3 Evaluierung der Handlungsoptionen 3:
10.4 Evaluierung der Handlungsoptionen 4:
10.5 Evaluierung der Handlungsoptionen 5:
II. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:Entwicklung des weltweiten Personenverkehrs, 1945-2020 (Quelle IATA, 2020).
Abbildung 2: Auswirkungen früherer Krankheitsausbrüche auf die Luftfahrt (Quelle: IATA 2020)
Abbildung 3: Anzahl der Kurzarbeiter in Deutschland von 1991 bis 2019 (Quelle: Statista 2021)
Abbildung 4: Täglich gemeldete Neuinfektionen und Todesfälle mit dem Coronavirus in Deutschland (Quelle: Statista 2021)
Abbildung 5: Anzahl der Flüge in der weltweiten Luftfahrt von 2014 bis 2020 (in Millionen)
Abbildung 6: Passagiere auf Verkehrsflughäfen in Deutschland bis
Abbildung 7: Entwicklung der Anzahl weltweiter Flugzeugstarts im Zuge des Coronavirus-Ausbruchs
Abbildung 8: Entwicklung der Anzahl Flüge im Zuge des Coronavirus-Ausbruchs auf deutschen Flughäfen
Abbildung 9: Flugzeugbewegungen auf deutschen Flughäfen bis April
Abbildung 10: Anzahl der innerdeutschen Flugstrecken in den Jahren 2019 und 2020. 28 Abbildung 11:Prognostizierter Rückgang der Flugpassagiere durch das Coronavirus nach Regionen
Abbildung 12: Prognostizierter Rückgang der Flugpassagiere in Europa durch COVID- 19 nach Ländern
Abbildung 13: Rückgang der angebotenen Passagierkilometer im weltweiten Flugverkehr
Abbildung 14: Rückgang der ausgelasteten Passagierkilometer im weltweiten Flugverkehr
Abbildung 15: Passagierauslastung im internationalen Flugverkehr nach Regionen
Abbildung 16: Passagierverkehr auf deutschen Flughäfen bis April
Abbildung 17: Umfrage zu den Sorgen von Flugreisenden in Zeiten von Corona 2020
Abbildung 18: Umfrage zu geplanten beruflichen oder privaten Flügen in den nächsten drei Monaten
Abbildung 19: Luftfrachtverkehr: Weltweites Transportvolumen 2004-
Abbildung 20: Monatlich verkaufte Frachttonnenkilometer im Flugverkehr nach Regionen bis
Abbildung 21: Monatlich angebotene Frachttonnenkilometer im Flugverkehr nach Regionen bis
Abbildung 22: Monatliche Kapazitätsauslastung im Frachtflugverkehr nach Regionen bis
Abbildung 23: Entwicklung Luftfrachtumschlag von ausgewählten Flughäfen in Europa
Abbildung 24: Luftfrachtverkehr auf deutschen Flughäfen bis März 2 02 1
Abbildung 25: Staatliche Hilfen für ausgewählte Airlines aufgrund der Corona-Krise
Abbildung 26: Prognostizierte Nettoverluste der weltweiten Airlines durch COVID-19 nach Regionen
Abbildung 27: Prognostizierte Umsatzeinbußen der weltweiten Airlines durch COVID- 19 nach Regionen
Abbildung 28: Prognostizierte Umsatzeinbußen der Airlines in Europa durch COVID- 19 nach Ländern
Abbildung 29: Prognostizierte Umsatzeinbußen der weltweiten Airports durch COVID- 19 nach Regionen
Abbildung 30: Potenziell durch COVID-19 gefährdete Jobs bei Airlines in Europa
Abbildung 31: Geplanter Stellenabbau bei Airlines aufgrund der Corona-Krise im Jahr
Abbildung 32: Weltweiter Umsatz mit Passagieren im Flugverkehr von 2004-
Abbildung 33: Konzeptueller Rahmen für das flughafenbasierte Screening von Reisenden auf Infektionskrankheiten (Quelle: Kahn 2013, S. 369)
Abbildung 34: Vorausgesagte Anzahl der kumulativen SARS-CoV-2-Infektionstage über den Reisezeitraum unter verschiedenen Teststrategien (Quelle: Kiang 2021, S. 4)
III. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Auswirkungen auf das Luftverkehrswachstum
Tabelle 2: Prognostiziertes Umgebungsmodell der Luftfahrt
Tabelle 3: Konzernflotte der Lufthansa
Tabelle 4: Ausgewählte wirtschaftliche Kennzahlen des Lufthansa-Konzerns
Tabelle 5: Zusammenfassung der Auswirkungen auf den Flugverkehr
Tabelle 6: Zusammenfassung der Auswirkungen auf die Passagierluftfahrt
Tabelle 7: Zusammenfassung der Auswirkungen auf den Luftfrachtverkehr
Tabelle 8: Zusammenfassung der Auswirkungen auf die Unternehmen der Luftfahrtindustrie
1 Einleitung
Die heutige Gesellschaft ist hypermobil. Die Luftfahrtindustrie hat in den letzten Jahren ein stetiges Wachstum erlebt, das vor allem auf die weltweit wachsende Nachfrage im Tourismus zurückzuführen ist. Demnach ist die Luftfahrtindustrie in vielen Teilen der Welt ein bedeutsamer Entwicklungssektor, der zur sozialen Entwicklung und zum Wirtschaftswachstum beiträgt. Im Luftfahrtsektor sind Millionen von qualifizierten Arbeitskräften beschäftigt, die direkt oder indirekt mit der Wertschöpfungskette des Sektors verbunden sind. Der Luftverkehrssektor bildet einen entscheidenden Bestandteil der Tourismuswirtschaft. Außerdem sorgt er für den schnellen Transport von Touristen und Gütern wie etwa medizinischer Versorgung, Lebensmitteln und anderer bedeutsamer Güter auf der ganzen Welt. Ungeachtet seiner kritischen Rolle ergibt sich durch den Luftverkehr eine Erleichterung des Personen- und Güterverkehrs (Dube & Nhamo 2020, S. 2).
Der jüngste Ausbruch des Coronavirus COVID-19 und die entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen zur Eindämmung dessen Ausbreitung haben auf globaler Ebene deutliche Auswirkungen auf die menschliche Mobilität. Die Luftfahrtindustrie reagiert nicht nur empfindlich auf Pandemien, sondern auch auf Belastungen wie wirtschaftliche Abschwünge, Naturkatastrophen und politische Instabilität. In der wissenschaftlichen Arbeit von Dube und Nhamo (2020) zeigen diese auf, dass mehrere Ereignisse in der Geschichte des globalen Luftverkehrssektors die Anfälligkeit gegenüber verschiedenen Katastrophen verdeutlichen. Unter anderem wird die Anfälligkeit des Sektors für Krankheiten und Pandemien wie das SARS-Virus im Jahr 2003, die Vogelgrippe H5N1 im Jahr 2006 und die Schweinegrippe H1N1 im Jahr 2009 genannt. Weitere Krisen, die eine Herausforderung für die Luftfahrtindustrie darstellten, waren die Ölkrise im Jahr 1973, der Iran-Irak-Krieg in den frühen 1980er Jahren, die Golfkrise in den frühen 1990er Jahren, die asiatische Finanzkrise im Jahr 1997, die Terroranschläge vom 11. September 2001 und die Finanzkrise von 1998 und 1999 (International Air Transport Association 2020, S. 6).
Angesichts der Anfälligkeit der Branche für verschiedene Schocks ist ihre Resilienz und Widerstandsfähigkeit zur Bewältigung einer Krise in vielen Aspekten fraglich (ebd. 2020, S. 2 f.).
Der Reise- und Tourismussektor stellt einen bedeutenden Übertragungsweg für die Ausbreitung verschiedener Krankheiten dar. Die globale Mobilität bietet eine ideale Grundlage für die Verbreitung von Viren über die ganze Welt. Zwar gehört der Luftfahrtsektor zu den am stärksten betroffenen Wirtschaftssektoren von COVID-19. Jedoch spielte er auch eine zentrale Rolle bei der Ausbreitung der Krankheit in den frühen Tagen der Pandemie. Angesichts dieser Erkenntnis müssen in der Luftfahrtindustrie Gesundheits- und Sicherheitsprotokolle eingeführt werden, so z. B. die Desinfektion von Flugzeugen, um eine Krankheitsübertragung durch Moskitos an Bord zu verhindern. Die Situation wird komplexer, wenn Menschen die Krankheitsüberträger sind. Ungeachtet der Initiativen zur Stärkung der Fähigkeit der Luftfahrtindustrie, mit Bedrohungen für ihr Geschäft umzugehen, bricht die Branche oft unter dem Druck verschiedener Schocks ein. Dies führt zu einem Zusammenbruch von Fluggesellschaften, zu Liquidationen und in einigen Fällen müssen Fluggesellschaften von der Regierung wirtschaftlich gerettet werden (Dube & Nhamo 2020, S. 3).
Das folgende Beispiel verdeutlicht, in welcher Lage sich der deutsche Luftfahrtgigant Lufthansa befindet. Durch die Coronakrise ist die Lufthansa ins Wanken geraten. Pro Stunde verliert die Lufthansa eine Million Euro durch den Stillstand des Luftverkehrs. Etwa 700 der rund 760 Flugzeuge stehen momentan am Boden und nur etwa 3000 anstelle von sonst 350.000 Passagieren fliegen täglich mit Lufthansa und ihren Konzerntöchtern. Von den insgesamt 130.000 Mitarbeitern befinden sich mehr als 80.000 in Kurzarbeit. Um diese Krise zu bewältigen, verhandelt die Lufthansa mit der Bundesregierung über Staatshilfen in Milliardenhöhe. Insgesamt ist die Rede von rund zehn Milliarden Euro. Die Staatshilfen ermöglichen es dem Unternehmen jedoch, die Zeit zu nutzen, um ein tragfähiges Sanierungskonzept zu erstellen (Luther-Lawfirm 2020).
Anhand dieses Beispiels wird offensichtlich, dass die Branche bei der Entwicklung einer angemessenen Resilienz im Allgemeinen nicht finanziell belastbar ist. Der Luftfahrtsektor ist auf Hilfe angewiesen, um die immer wiederkehrenden Kosten durch Katastrophen sowie andere interne und externen Schocks tragen zu können. COVID-19 bringt große Herausforderungen für den Luftfahrtsektor mit sich.
Durch Grenzschließungen und restriktive Maßnahmen wird versucht, die Pandemie einzudämmen und Vorbereitungen auf ihre Folgen zu treffen. Frühe Prognosen zeigen, dass die Auswirkungen von COVID-19 auf den Luftverkehr und andere Bereiche der Tourismusindustrie erheblich sind (Dube & Nhamo 2020, S. 3 f.). Daher besteht die Notwendigkeit, die Auswirkungen der Pandemie auf verschiedene Sektoren der Wirtschaft zu verfolgen und zu überwachen. Durch diesen Prozess ergeben sich Informationen, die für die Politik notwendig sind, um entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können. Es ist daher von Bedeutung, ein Verständnis dafür zu schaffen, wie sich die Pandemie entwickelt, da sich Industrien auf der ganzen Welt auf die Arbeit während einer Pandemie vorbereiten. Politische Rahmenbedingungen werden gesetzt, um diesen neuen Normalzustand zu gewährleisten und die betriebliche Nachhaltigkeit der verschiedenen Wirtschaftssektoren sicherzustellen. Es besteht die allgemeine Ansicht, dass durch die Pandemie verschiedene globale Volkswirtschaften zu einem Neustart auf einem neuen Weg gezwungen werden (ebd. 2020, S. 3 ff.).
1.1 Problemdarstellung
Der Mensch ist hypermobil geworden. In der heutigen Kultur werden Mobilität und Konsum von Entfernung in einem Maße aufgewertet, das zu einer irrationalen Nutzung von Verkehrsmitteln führt. Es geht nicht mehr um praktische Gründe, sondern vielmehr um symbolische Werte, Emotionen und die Definition der eigenen Identität. Gesellschaftliche Phänomene wie der Trophäentourismus oder das unverhältnismäßige Fliegen haben sich in der westlichen Konsumkultur etabliert. Fliegen ist zur sozialen Norm geworden. Doch während der Coronakrise wird diese Norm auf ein Minimum reduziert, was erhebliche Folgen für die Luftfahrtindustrie hat.
Des Weiteren zeigt die Coronakrise, dass die deutsche Luftfahrt zwar kurzfristig gut aufgestellt ist, Liquidität für einige Monate zurückgelegt hat und durch den Bund mit Bürgschaften über die Runden gebracht werden kann. Es wird aber auch deutlich, dass die Luftfahrtindustrie in Bezug auf langfristige Planung und die Abfederung von externen Schocks noch Potenzial birgt, sich weiterzuentwickeln. Es ist daher sinnvoll, ein tragfähiges Sanierungskonzept zu entwickeln, in dem die bisherigen Probleme der zentralen Luftfahrtakteure unabhängig aufgezeigt werden und das damit handlungsleitend sein kann. Hierdurch wird es ermöglicht, systemrelevante Unternehmen unabhängiger von externen Einflüssen zu machen, indem eine langfristige Perspektive gefördert wird.
Die Erarbeitung solcher Handlungsempfehlungen bietet in Zeiten von Krisen eine Perspektive, ermöglicht eine bessere Planbarkeit der Risikoabwehr für die Luftfahrtakteure und reduziert das Handlungsvakuum, wie es in der akuten Phase von COVID-19 zu beobachtbar ist. Solche Handlungsempfehlungen sollten auf einer breit abgestützten Luftfahrtstrategie für Deutschland basieren, damit sie effizient und effektiv ausgerichtet werden und dadurch die Resilienz für das Luftfahrtsystem und seine Unternehmen erhöhen können. Eine derartige Luftfahrtstrategie sollte auf der Basis einer Luftfahrtvision mit wissenschaftlich etablierten Methoden entwickelt werden und verschiedene Szenarien enthalten. Damit könnte sie für alle Luftfahrtakteure, das heißt nicht nur für Airlines oder Airports, sondern auch für Dienstleister und weitere zentrale Netzwerkakteure zu einer Leitlinie in der Krise werden. Darüber hinaus ist diese Forschung essenziell, um mittels aufgezeigter Entwicklungen Transparenz für weitere Anspruchsgruppen wie Politik, Gesellschaft und Wissenschaft zu schaffen. Essenziell ist dabei, dass die Strategie auch eine solide objektive Datenbasis zur Relevanz und zum Wert der beteiligten Akteure sowie der Auswirkung von externen Einflüssen aufzeigen kann. Gerade das Fehlen einer Handlungsstrategie in Pandemien ist einer der Gründe, weshalb die Luftfahrtindustrie von der Coronakrise überrascht wird. Daher gilt es, für die bestehende Forschung das neue Wissen zusammenzufassen, um einen allgemeinen Beitrag zu leisten. Auf diese Weise können in weiteren thematischen Diskussionen soziale, politische und wirtschaftliche Parallelen entdeckt werden. Themen wie Systemrelevanz und die globale Bedeutung der Luftfahrt werden kontrovers diskutiert. Durch ein neutrales, objektiviertes Modell könnten in Krisenzeiten Entscheidungen wie diejenige zur finanziellen Unterstützung von systemrelevanten Akteuren unterstützt werden, wobei ebenfalls sichergestellt werden könnte, dass diese auf Basis einer langfristigen Perspektive getroffen werden.
1.2 Thema und Ziel der Masterarbeit
Aufgrund der Aktualität des Themas ist die wissenschaftliche Literaturdichte zum Coronavirus und dessen Auswirkungen auf die Luftfahrt sehr gering. Mit der vorliegenden Masterarbeit soll in Erweiterung des bestehenden Forschungsstandes darauf abgezielt werden, die bisherigen Probleme zusammenzufassen, die das Coronavirus SARS-CoV-2 sowohl für die Fluggesellschaften als auch für die gesamte Luftfahrtindustrie verursacht hat.
Die langfristigen Auswirkungen dieser Krise sind ungewiss. Gegenwärtig kann keine Aussage dahingehend getroffen werden, wie sich der Flugverkehr und das Reiseverhalten der Passagiere letztlich verändern werden. Mit dem Vorangegangenen soll in dieser Thesis dokumentiert werden, welche globale Rolle die Luftfahrtindustrie und ihre Wertschöpfungskette innehaben. Dabei sind die Auswirkungen von COVID-19 zu berücksichtigen. Der Fokus dieser Arbeit liegt darauf, einen Einblick zu liefern, wie Fluggesellschaften ihren Betrieb neu ausrichten können, um die Luftverkehrswirtschaft vor einem drohenden Zusammenbruch zu bewahren und einen widerstandsfähigen und nachhaltigeren Wirtschaftssektor für die Zukunft zu gestalten. Ziel ist es, die mögliche Entwicklung des Luftverkehrs in der nahen Zukunft zu erklären. Interessant ist in diesem Zusammenhang nicht nur die Frage nach etwaigen Diskrepanzen zwischen traditionellen Luftfahrtkonzepten und Alternativen, sondern auch, aus welchen Umständen sie entstehen. Die Erkenntnisse der Untersuchung tragen dazu bei, alternative Strategien für das Luftverkehrssystem zu entwickeln und bestehende Strukturen kritisch zu hinterfragen.
1.3 Methodisches Vorgehen
Die vorliegende Masterthesis ist wie folgt gegliedert. Die Einleitung der Arbeit diente als kurze Erläuterung des gewählten Themas, wobei die Ziele der Forschung dargelegt wurden. Um ein umfassendes Verständnis zu schaffen und die relevanten theoretischen Grundlagen im Rahmen der Thematik verständlich darzustellen, werden in Kapitel 2 und 3 die Ergebnisse aus Literatur- und Onlinerecherche zusammengetragen. Des Weiteren sind themenverwandte wissenschaftliche Arbeiten, Fachliteratur und Handbücher ein wesentlicher Bestandteil der Recherche. Zunächst dient ein kurzer historischer Rückblick auf die Entwicklung der Luftfahrt sowie die Vorstellung des Unternehmens Lufthansa dazu, die Relevanz des Themas zu verdeutlichen und die wirtschaftliche Bedeutung des Luftverkehrs zu erklären. Kapitel 3 ist als Umgebungsmodell für die derzeitige Lage der Luftfahrt aufzufassen. Es wird im Detail erläutert, wie sich die Coronakrise auf die einzelnen Sektoren der Luftfahrt auswirkt und inwieweit sich Prognosen für die Zukunft der Luftfahrt ermitteln lassen. In Kapitel 4, dem empirischen Teil der Arbeit, werden die ausgewählten Methoden, die zur Erhebung und Auswertung der Daten im Zuge der Untersuchung genutzt wurden, vorgestellt.
Anschließend werden die Ergebnisse der durchgeführten Experteninterviews anhand der beschriebenen Methoden ausgewertet und im darauffolgenden Kapitel 5 dargestellt. Aus den gesammelten Ergebnissen wird in Kapitel 6 eine Strategie für den Betrieb des Luftverkehrssystems in der Post-COVID-19-Welt entwickelt. Anhand der daraus resultierenden Leitlinien wird ersichtlich, welche Ergebnisse sich für die Zukunft implizieren lassen. In Kapitel 7, Diskussion und Ausblick, werden die gesammelten Ergebnisse nochmals aufgegriffen und gegeneinander abgewogen, sodass Raum für weitere anschließende Diskurse entsteht.
2 Theoretischer Hintergrund
In diesem Kapitel wird die Entwicklung der Luftfahrt in einer Pre-COVID-Gesellschaft thematisiert. Dabei geht es um die historische Entwicklung des industriellen Luftverkehrs, die für den globalen Personen- und Güterverkehr als fundamentale Grundlage dient. Nachfolgend werden konkrete technische Entwicklungen betrachtet, die zu einer Veränderung des Luftverkehrs geführt haben. Darüber hinaus werden geschichtliche Ereignisse aufgeführt, die die Luftfahrt in Wanken gebracht haben, um die wirtschaftliche Bedeutung des Luftverkehrs und seine Anfälligkeiten gegenüber exogenen Schocks nachvollziehen zu können. Ziel dieses Kapitels ist es, ein grundlegendes Verständnis zu schaffen und den theoretischen Kontext der Masterarbeit zu beleuchten. Mit den nachfolgenden Ausführungen soll eine Brücke für den Begründungszusammenhang zwischen einer nachhaltigen Neuorientierung der Luftfahrt durch Pandemien und wirtschaftlicher Resilienz gebildet werden.
2.1 Geschichte der Luftfahrt
Um einen Überblick über die Luftfahrt zu erhalten, ist es sinnvoll, die Geschichte der Luftfahrt näher zu beleuchten. Die Entwicklung des Luftverkehrs wird meist in Form von Meilensteinen dargestellt. Um diese Meilensteine umfassend verstehen zu können, ist es essenziell, die technologische Entwicklung der Luftfahrt zu betrachten, da die rasante Entwicklung des Luftverkehrs erst durch den technologischen Fortschritt möglich wurde (Mensen 2013, S. 26). Mit diesem Hintergrundwissen wird dann im nächsten Kapitel auf den Ist-Zustand der Luftfahrt in der Coronapandemie und die damit verbundene neue Normalität eingegangen.
- 1783 Erste Flugversuche mit Heißluft- und Gasballons der Gebrüder Montgolfier in Frankreich.
- 1884 Erstes voll lenkbares Luftschiff mit Elektroantrieb in Frankreich.
- 1900 Erster Zeppelin LZ-1.
- 1903 Erste Flüge mit einem Motorflugzeug (der Kitty Hawk) durch die Brüder Wright in den USA.
- 1910 Flugplanmäßiger Passagierdienst mit Luftschiffen. Unter Luftschiffen werden Luftfahrzeuge verstanden, die zwar leichter sind als Luft, aber bereits mit Hilfe eines eigenen Antriebs gelenkt werden können.
- 1915 Erstes Ganzmetallflugzeug von Hugo Junkers.
- 1917 Die Deutsche Luftreederei (AEG, HAPAG, DEUTSCHE BANK, ZEPPELIN) nimmt den Luftverkehr auf.
- 1919 Erste Atlantiküberquerung der amerikanischen Marine mit drei Flugbooten, von denen nur eines Lissabon erreichte. Erste deutsche Luftlinie zwischen Berlin und Weimar. Gründung der (alten) IATA (International Air Traffic Association).
- 1920 Erste regelmäßige Flugverbindungen von Deutschland nach Kopenhagen und Amsterdam.
- 1924 Erste Atlantiküberquerung eines Luftschiffes, regelmäßiger Überseeverkehr mit Luftschiffen.
- 1926 Erste Instrumentenflüge. Gründung der Deutschen Lufthansa (aus der Deutschen AeroLloyd AG und der Junkers Luftverkehr AG).
- 1927 Erste Atlantiküberquerung im Alleinflug durch Charles A. Lindbergh.
- 1928 Havanna-Abkommen (Pan American Convention on Commercial Aviation) zur Festlegung der staatlichen Lufthoheit (analog der CINA).
- 1929 Warschauer Abkommen. Internationale Reichspost-Fluglinien: London, Paris, Kopenhagen, Stockholm, Berlin. Kontinentaler Verkehr, der von den Luftverkehrsgesellschaften in Pool-Kooperationen abgewickelt wurde.
- 1932 Erster Einsatz des Großflugzeuges Ju 52 (260 km/h, 15-17 Passagiere).
- 1936 Erste Nachtflüge im Passagierdienst.
- 1937 Zeppelin-Katastrophe in Lakehurst (USA), Ende des kommerziellen Einsatzes von Luftschiffen.
- 1939 Erstes Flugzeug mit Strahltriebwerk, Heinkel 178.
- 1949 Erstflug eines Strahlflugzeuges für den zivilen Verkehr, der britische DeHavilland Comet.
- 1953 Fluglinienverkehr über den Nordpol.
- 1958 Ersteinsatz des Langstrecken-Strahlverkehrsflugzeuges Boeing B707.
- 1968 Ersteinsatz des City Jets, der Boeing B737.
- 1970 Ersteinsatz des Großraumflugzeuges Boeing B747-100.
- 1976 Ersteinsatz des Überschall-Verkehrsflugzeuges BAC/Aerospatiale Concorde.
- 1976 Ersteinsatz der Airbus-Flugzeugmuster A300-B2 und A300-B4.
- 1983 Erstes ziviles Verkehrsflugzeug mit Zwei-Mann-Cockpit (Airbus A310).
- 1985 Erstes ziviles Verkehrsflugzeug (Airbus A320) mit Sidestick, Fly- by-Wire-Steuerung und Display-Cockpit.
- 2006 Erstflug des Airbus-Flugzeugmusters A380-800.
- 2010 Indienststellung des Airbus A380-800 bei der Deutschen Lufthansa.
2.2 Wirtschaftliche Bedeutung des Luftverkehrs
Um die wirtschaftliche Bedeutung des Luftverkehrs zu erklären, sollte vorab die Frage geklärt werden, welche betriebswirtschaftlichen Eigenschaften Fluggesellschaften besitzen und welche Marktstruktur ein Luftfahrtsystem typischerweise aufweist. Luftfahrtgesellschaften wie die Lufthansa zeichnen sich durch zwei Eigenschaften aus: durch den hohen Fixkostenanteil und die Nichtlagerbarkeit ihrer Dienstleistung. Der hohe Anteil an Fixkosten entsteht beispielsweise durch die zeitintensive Wartung von Flugzeugen oder auch Parkgebühren. Die laufenden Fixkosten einer Fluggesellschaft für nichtbetriebene Flugzeuge sind erheblich. Darum sind Flugzeuge kapitalintensive Investitionsgüter, die die Airline langfristig binden. Dies gilt sowohl, wenn die Flugzeuge im Besitz der Airline selbst sind als auch wenn sie über Leasinggeber finanziert werden. Was eine Airline grundsätzlich unflexibel für sich ändernde Marktbedingungen macht, ist die Tatsache, dass kurzfristige Optimierungen des operativen Betriebs nur im Rahmen der strategisch getroffenen Investitionsentscheidung stattfinden können. Transporte sind als Dienstleistungen nicht lagerfähig, das heißt, dass sie nicht zu einer beliebigen Zeit produziert, gelagert und später gegebenenfalls auf nachfolgende Preisanpassungen der Nachfrage angepasst werden können. Jedes Flugzeug, das am Boden bleibt, verursacht einen unmittelbaren Ertragsausfall; dasselbe gilt für einen durchgeführten Flug, dessen Sitzplätze nicht (vollständig) verkauft werden können. Im Nachhinein können die Produktionskosten für einen Flug nicht zurückgewonnen werden. Dies bedeutet, dass keine Kapazitäten für schlechte Zeiten geschaffen werden. Nicht besetzte Flugsitze bedeuten unwiederbringliche Ertragsausfälle (Noto, Linden, Müller, Wittmer, Puls 2020, S. 3).
Die Luftfahrtsysteme in Europa oder den USA zeichnen sich typischerweise durch Fluggesellschaften mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen aus. An vorderster Stelle stehen die großen Linienfluggesellschaften, die ihre Transportwege heutzutage größtenteils zu einem Netzwerk konfiguriert haben (deshalb auch Netzwerkcarrier (NWC) genannt). Die Netzwerkcarrier bündeln ihre Ströme an Passagieren über zentrale Verkehrsknoten, die sogenannten Hubs. Dies ermöglicht den großen Fluggesellschaften, Umsteigeverbindungen zwischen Destinationen zu schaffen, die auf direktem Wege eine zu kleine Nachfrage aufweisen. Somit kann eine große Vielfalt an Destinationen mit hoher Frequenz angeboten werden, die im Direktverkehr unrentabel wären. In der Luftfahrt werden die Verbindungsmöglichkeiten eines Netzwerks oft unter dem Begriff der Konnektivität zusammengefasst.
Mit der Konnektivität eines Netzwerks werden Größenvorteile beschrieben. Im Umkehrschluss bedeutet dies allerdings, dass Netzwerke auf eine gewisse Größe von Passagierströmen und Anzahl von Flügen angewiesen sind, um wirtschaftlich nachhaltig betrieben werden zu können. Ein solches Netzwerks kann bei einem zu geringen Volumen an Passagierströmen nicht beliebig angepasst werden. Unterschreitet ein Netzwerk eine kritische Masse, werden Netzwerk- und Größenvorteile zu Nachteilen mit einer Abwärtsspirale. Fehlende Passagierströme und unbedachte Eingriffe können negative Konsequenzen nach sich ziehen. Grundsätzlich sind Netzwerke als komplexe Systeme zu sehen, deren kritische Masse schwierig zu bestimmen ist (ebd. 2020, S. 4).
Neben den großen Fluggesellschaften existieren die Low-Cost-Carrier (LCC). Darunter fallen kleinere Fluggesellschaften, mit denen der Nischen- und Regionalmarkt abgedeckt wird. Oftmals bieten diese Fluggesellschaften direkte Verbindungen zwischen zwei Destinationen an oder führen Linienflüge im Namen der großen Fluggesellschaften durch. Das letzte Luftfahrtsystem bilden die Leisure-Carrier, die ebenfalls Verbindungen zwischen zwei bestimmten Zielen anbieten. Meistens handelt es sich hierbei um Fluggesellschaften, die in der Tourismusbranche tätig sind. Sie vermarkten ihre Sitzplätze selbst oder kontingentweise über Reiseveranstalter (ebd. 2020, S. 4).
Abschließend ist anzumerken, dass sich die eben beschriebenen Geschäftsmodelle in den vergangenen Jahren einander angenähert und durchmischt haben, wodurch sich eine eindeutige Abgrenzung und Klassifizierung nach den oben genannten Geschäftsfeldern zunehmend schwieriger gestaltet. Im weiteren Verlauf dieses Kapitels wird basierend auf den betriebswirtschaftlichen Eigenschaften von Fluggesellschaften die wirtschaftliche Bedeutung des Luftverkehrs erläutert (ebd. 2020, S. 4 f.).
Der Verkehrssektor kann als einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige angesehen werden. Die globale Vernetzung bildet den Hauptmotor des weltweiten wirtschaftlichen Wachstums. Mobilität als Dienstleistung in Form von internationalen und interkontinentalen Verbindungen bereitzustellen, kann für eine Volkswirtschaft große Vorteile bedeuten. Der Flugverkehr umfasst im Allgemeinen alle
Dienstleistungsprozesse, die dem Destinationswechsel von Personen, Fracht und Post auf dem Luftwege dienen. Er führt zu einer Produktivitätssteigerung der Volkswirtschaft. Dies geschieht durch das Erfüllen von Transport- und Mobilitätsbedürfnissen arbeitsteiliger Wirtschaftssektoren. Darüber hinaus trägt er durch seine direkten und indirekten Einkommens- und Beschäftigungswirkungen zur Volkswirtschaft bei. Im Jahr 2019 haben rund 227 Millionen Passagiere den deutschen Luftverkehr genutzt und insgesamt 4,8 Millionen Tonnen Luftfracht sind ein- und ausgeladen worden. Mit dem Luftfahrtsektor werden überdies mehr als 800.000 Arbeitsplätze in Deutschland gesichert. Der deutsche Luftfahrtsektor bildet eine wesentliche Säule der Verkehrspolitik, weil er als Treiber des Fortschritts gilt und ein bedeutender Wirtschaftsfaktor mit Blick auf den Im- und Export von Gütern ist. Die Unternehmen der Luftverkehrswirtschaft und Luftfahrtindustrie tragen jährlich über 60 Milliarden Euro zur Wertschöpfung in Deutschland bei (Luftverkehrsgipfel 2020, S. 1).
Verkehrsminister Scheuer äußert in diesem Zusammenhang:„Es liegt im Interesse von Wirtschaft, Arbeitnehmern und Verbrauchern, den Luftverkehrsstandort Deutschland in seinerLeistungsfähigkeit undQualität aufrecht zu erhalten, das Know-How der Branche mit ihrenFachkräften zu sichern und seine nachhaltigen Effekte auf dieWertschöpfung undBeschäftigung zufördern. Die Luftverkehrswirtschaft ist unverzichtbarfür den Wirtschaftsstandort Deutschland.“ (Luftverkehrsgipfel 2020, S. 1)
Neben den direkten wirtschaftlichen Effekten kann die Bereitstellung von Mobilität für einen Staat weitere Vorteile mit sich bringen. Sofern die entstehenden Vorteile für die Allgemeinheit nutzbar sind, kann es wertvoll sein, die Standortattraktivität und die Wertschöpfungskette mit einer gut funktionierenden Luftfahrt zu kombinieren. Dann ist es auch vertretbar, wenn der Staat ein solches System fördert oder gegebenenfalls unterstützt. Die Bereitstellung von Mobilität für Wirtschaft und Bürger kann also ein staatliches Ziel darstellen, das mit Kosten verbunden sein darf, wenn durch diese ein breiter volkswirtschaftlicher und gesellschaftlicher Nutzen geschaffen wird. Wie andere Verkehrsträger kann damit auch die Luftfahrt zu Gunsten der Allgemeinheit als öffentlicher Verkehrsträger vom Staat unterstützt werden (Noto, Linden, Müller, Wittmer, Puls 2020, S. 6).
Der Luftverkehr ist von besonders großer Bedeutung für den Gütertransport von hochwertigen, kurzlebigen oder verderblichen Produkten über größere Distanzen (z. B. Ersatzteile, Arzneimittel, Zeitungen, Obst, Blumen etc.). Flughäfen haben die Aufgabe, für solche Warengruppen infrastrukturelle Einrichtungen (z. B. auch Kühlhäuser) bereitzustellen. Des Weiteren existieren neben den direkten und indirekten Effekten auch induzierte sowie katalytische Effekte. Erstere sind Spillover-Effekte auf einzelne Unternehmen und Sektoren, die nicht direkt im Luftfahrtsystem tätig sind, aber dennoch von dessen Auswirkungen profitieren. Letztere umfassen Effekte wie die Ausgaben ankommender Touristen im Land oder die Anziehung neuer Firmen aufgrund der Standortattraktivität. Ebenfalls dazu gehören Effekte wie Struktur-, Kompetenz-, Netzwerk- und Image-Effekte, die in aller Regel nicht durch Zahlen quantifiziert werden können, aber dennoch als sehr bedeutsam gelten (Lübben & Seeliger 2019, S. 3).
Im Bereich der Passagierbeförderung stehen Aspekte wie Sicherheit, Wirtschaftlichkeit, Häufigkeit, Schnelligkeit, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit im Vordergrund. Die Bedeutung des Luftverkehrs für die Volkswirtschaft lässt sich anhand einiger Variablen wie der Bruttowertschöpfung, den Beschäftigungszahlen der Luftverkehrsbranche, den beförderten Personen oder der beförderten Fracht pro Zeitintervall (z. B. pro Monat oder Jahr) darstellen. Die große volkswirtschaftliche Bedeutung der deutschen Luftfahrt sowie der Landesflughäfen mitsamt ihren Fluggesellschaften und Zulieferbetrieben gilt als unbestritten. Deutschland ist eine stark exportorientierte Wirtschaft, die auf eine gute internationale und interkontinentale Anbindung für Güter- und Personentransporte angewiesen ist. Laut dem Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft betrug die Wertschöpfung durch exportierte und importierte Güter im Jahr 2017 rund 2.310 Milliarden Euro, was einem BIP-Anteil von gut 71 % entspricht. Die Anzahl der direkten, indirekten und induziert Beschäftigten im gesamten deutschen Luftfahrtsystem wird mit 848.700 angegeben (ebd. 2019, S. 12). Zur Luftverkehrsbranche zählen generell:
- Luftverkehrsgesellschaften und Flugdienste aller Art, zum Zwecke des Personen-, Fracht- und Posttransports.
- Flugplätze als Quellen und Senken des Luftverkehrs mit entsprechender organisatorischer, technischer und betrieblicher Infrastruktur.
- Flugsicherungsorganisationen mit entsprechenden Diensten zur Gewährleistung eines sicheren und wirtschaftlichen Flugbetriebs auf den Flugbetriebsflächen der Flugplätze und bei der Nutzung des Luftraumes.
- Öffentliche Dienste, Sicherheitsdienste etc. zur Abwehr von Gefahren.
- Dienstleistungsunternehmen wie Reisebüros, Versicherungen, Hotels und Restaurants, Fahrzeugvermietungen, Speditionen und Frachtdienste, Kurierdienste etc., die den Transportprozess unterstützen, ergänzen oder erweitern.
- die Hersteller- und Zulieferungsindustrie.
- die Ausrüstungs- und Wartungsbetriebe sowie die technisch-/betriebliche Infrastruktur.
- Öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Organisationen, Institutionen, spezifische Interessenverbände und Gewerkschaften.
Diese Bereiche lösen über das Transportwesen hinaus Multiplikatoreffekte aus. Im Hinblick auf die Arbeitsplätze, das Lohnniveau und die Bruttowertschöpfung führt dies zu einer Produktivitätssteigerung in bestimmten Regionen. Bisher lässt sich anhand der transportspezifischen Daten keine Aussage über die Arbeitszeitersparnis bei Geschäftsreisenden oder die Urlaubsfreude bei Touristen treffen.
Auch zu den negativen Effekten ist keine Aussage dahingehend möglich, ob die durch den Transportprozess ermöglichten oder ausgelösten Wirkungen objektiver oder subjektiver Art sind (Mensen 2013, S. 9).
In der Regel sind alle Verluste wie Fluglärm, Schadstoffimmissionen oder Verspätungen im Luftverkehr, die die Allgemeinheit betreffen, schlecht zu quantifizieren. Die sich überlappenden Sachverhalte und die globale Vernetzung mehrerer Prozessbeteiligter verursachen komplexe Vorgänge, die kaum voneinander abgegrenzt werden können. Aufgrund der Komplexität des Luftfahrtsystems und der damit verbundenen globalen Verzweigung gestalten sich Schätzungen zur Wertschöpfung schwierig. Wie oben angedeutet existiert eine gewichtige Schwierigkeit im Hinblick auf die Feststellung, welche einzelnen Unternehmen zu welchem Anteil indirekt zur Volkswirtschaft beitragen. Je nach definiertem Bezugsrahmen können die Daten untertrieben oder auch übertrieben sein. Die Beurteilung der Systemrelevanz einzelner Unternehmen, Dienstleister und Infrastrukturen für den volkswirtschaftlichen Nutzen ist nur schwer vorzunehmen (Mensen 2013, S. 10 f.).
Abschließend kann also die Aussage getroffen werden, dass es trotz vieler konstruktiver Ansätze bislang an einer objektiven Datenbasis zur Berechnung der volkswirtschaftlichen Bedeutung des gesamten deutschen Luftfahrtsystems fehlt.
Neben der wirtschaftlichen Bedeutung hat der Luftverkehr auch soziale Auswirkungen. Durch die uneingeschränkte Mobilität der Menschen im geschäftlichen und privaten Bereich ergeben sich persönliche Begegnungen mit Menschen anderer Staaten und Kulturen. Die damit verbundene politische und gesellschaftliche Integrationsfunktion fördert das multikulturelle Verständnis (Mensen 2013, S. 11).
Wie oben bereits erwähnt kann der Luftverkehr ebenfalls von politischer Bedeutung sein. Nationen, die beim Import von Gütern auf ausländische Verkehrsträger angewiesen sind, können die eigenen Bedürfnisse oder Interessen nicht angemessen wahrnehmen. Innerhalb des Luftverkehrs schützt sie nur das eigene Luftverkehrsinstrumentarium davor, zum Objekt fremder Interessen zu werden. Vereinzelt streben Staaten nach Unabhängigkeit im Verkehrswesen. Diese Transportautokratie hat in der Vergangenheit den Aufbau nationaler Fluggesellschaften zur Folge gehabt, die staatliche Subventionen genossen. Eine Folge davon ist die Gewährleistung einer nationalen und eigenverantwortlichen Gestaltung von Lufttransporten (Mensen 2013, S. 10).
Doch durch die Globalisierung und Liberalisierung des Luftverkehrs wurde dieses Vorhaben nahezu aufgegeben. Heutzutage liegt der weltweite Trend in der Privatisierung von Luftverkehrsgesellschaften und der Bildung von internationalen Allianzen. Jene Kooperationen besitzen unterschiedliche Rechtsformen im verkehrlichen und betrieblichen Bereich. Ebenfalls sichtbar sind diese Kooperationen im Bereich von Flugplätzen, sowohl unter Flugplatzbetreibern selbst als auch im privatrechtlichen Bereich. Beispielsweise werden bei der Planung neuer Flugplätze private Investoren gesucht (ebd. 2013, S. 10).
2.3 Luftfahrt vor der Pandemie
Nachdem zuvor erläutert wurde, auf welchen Bedeutungsebenen der Luftverkehr agiert, soll im Folgenden dargestellt werden, durch welche exogenen Schocks die Luftfahrt ins Wanken geraten kann. Abschließend werden diese Einflüsse zusammengefasst und tabellarisch aufgelistet, um eine bessere Übersicht zu erlangen.
Der Normalzustand bei der Entwicklung des Luftverkehrs ist seit 1970 ein stetiger Anstieg der Beförderungsleistung in den Passagierkilometern. Die großen Hersteller Airbus und Boeing prognostizieren jährliche Zuwachsraten von 4-5 % bis 2038. Jedoch lässt sich zeigen, dass die Coronakrise weitaus stärkere Auswirkungen hat als die bisherigen Ereignisse (Gollnick & Weder 2020, S. 1).
Anmerkung der Redaktion: Diese Abbildung wurde aus urheberrechtlichenGründenentfernt.
Abbildung 1:Entwicklung des weltweiten Personenverkehrs, 1945-2020 (Quelle IATA, 2020).
Bereits in den 1970er Jahren zeichnete sich ein signifikanter Rückgang der Beförderungsleistung ab. Eine Ölkrise im Oktober 1973, ausgelöst durch einen Preisanstieg von 400 % und einen Rückgang der Produktion von 240 %, reduzierte das Wachstum des Luftverkehrs bis 1975 (Rimmer 2020, S. 120).
Eine weitere Rezession, ausgelöst durch die Anfangsphase des Iran-Irak-Krieges in den Jahren 1980 bis 1988, brachte das Wachstum des Luftverkehrs ebenfalls zum Stillstand. Darauffolgend stiegen im Golfkrieg Anfang der 1990er Jahre die Preise für Kerosin um mehr als das Doppelte. Selbst nachdem sich die Lage wieder entspannt hatte, beklagten Fluggesellschaften wie Eastern Airlines, Pan American und Midway immer noch ein Einnahmeproblem. Der Transatlantikverkehr wurde um 50 % reduziert, was dazu führte, dass sich einige Airlines davon nicht erholen konnten. Der Weltluftfrachtverkehr war indes nicht beeinträchtigt, da der Luftverkehrsmarkt von den Kriegshandlungen nicht räumlich betroffen war, obwohl der Luftraum durch die Kriegshandlungen in der Golfregion eingeschränkt wurde. In den Jahren 1998-99 ergaben sich durch die asiatische Finanzkrise deutliche Auswirkungen auf die Luftfahrt in Indonesien, Malaysia, Singapur und Thailand. Die globalen Auswirkungen waren zu dieser Zeit jedoch nicht spürbar, da Asien noch nicht Motor der Weltwirtschaft war (ebd. 2020, S. 120 f.).
Erst die Anschläge vom 11. September 2001 haben in der zivilen Luftfahrt Sperrungen ganzer kontinentaler Lufträume über mehrere Tage ausgelöst, die zudem einen der weltweit führenden Wirtschaftsräume betrafen. Angst und Unsicherheit in Bezug auf weitere Terroranschläge bewirkten einen weltweiten Rückgang der Fluggastzahlen über zwei Jahre. Daraufhin wurden Maßnahmen ergriffen, wie etwa das Einführen von SkyMarshalls bei Flügen im Inland, verschließbare Cockpit-Türen und intensive Sicherheitskontrollen. Die Luftfahrt versuchte damit, das Sicherheitsgefühl der Passagiere wieder herzustellen. Ungeachtet dieser Initiativen des Luftverkehrssystems suchten dennoch viele Fluggesellschaften in den USA staatliche Hilfen für ihr wirtschaftliches Überleben. Der amerikanische Staat verabschiedete einen Gesetzesentwurf im Kongress, in dem Kredite und Garantien für die Luftfahrt vorgesehen waren, um die Lebensfähigkeit der Industrie zu gewährleisten (Gollnick & Weder 2020, S. 14). In den Jahren 2002 und 2003 kam die Ausbreitung des SARS-Virus zu dieser Reihe von Krisen hinzu. Fluggesellschaften mit einer hohen Präsenz im asiatischpazifischen Raum waren davon stark betroffen. Ausgehend von den südchinesischen Provinzen verbreitete sich das Virus um die ganze Welt. Von der SARS-Epidemie waren insgesamt 29 Länder mit 8400 Fällen betroffen.
Das Virus forderte 916 Menschenleben und hielt sich weniger als ein Jahr. Dennoch hatte SARS eine größere Auswirkung als der Irakkrieg (Rimmer 2020, S. 120 f.).
Diese Beinahe-Pandemie führte zu einem Rückgang der Flüge um 3 %, kostete die Luftfahrtindustrie 7 Milliarden US-Dollar und verringerte die Zahl der ankommenden und abfliegenden Touristen aus Australien. Resultierend aus der globalen Finanzkrise war in den Jahren 2008 bis 2010 ebenfalls eine rückläufige Entwicklung der Passagierzahlen zu verzeichnen. Die zivilen Luftfahrtmärkte im asiatisch-pazifischen Raum, in Europa und Nordamerika waren von der Finanzkrise betroffen, die sie schätzungsweise 16 Milliarden US-Dollar kostete (ebd. 2020, S. 120 ff.). Der Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull verursachte im Jahr 2010 einen tagelangen Rückgang des Flugverkehrs in Europa mit einem Ausfall von rund 100.000 Flügen, was rund 48 % des normalen Aufkommens der Zeit entsprach (Gollnick & Weder 2020, S. 15).
2013 stellte Sarah Begley in Anlehnung an SARS vorausschauend fest, dass die nächste Pandemie eine globale Rezession auslösen werde. Die mildere und kurzlebige Vogelgrippe im Jahr 2013 war jedoch keine Pandemie. Das MERS-Virus hat oftmals einen tödlichen Verlauf der Krankheit, löste im Jahr 2015 aber ebenfalls keine Pandemie aus. Obwohl der MERS-Virus im ersten Monat zu eine, starken Rückgang der Passagierkilometer im Verkehr führt, von und innerhalb Südkoreas, reduzierte es sich innerhalb von sechs Monaten wieder auf das Niveau vor dem Ausbruch (IATA, 2020b).
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die grundlegende Erwartungshaltung auf Basis der vorherigen äußeren Einflüsse auf die Luftfahrt davon ausgeht, dass die Nachfrage nach dem Luftverkehr weiterhin steigen würde. Das diese Steigerungsrate jemals abflachen könnte, lag außerhalb der Vorstellungen. Dennoch ist ein Muster aus der Vergangenheit erkennbar: Krankheiten wie SARS, Vogelgrippe, MERS und COVID häufen sich. Gleichwohl waren SARS 2003, Vogelgrippe 2013 und MERS 2015 zeitlich und räumlich begrenzt und verursachten rückblickend lediglich leichte Dellen in einer insgesamt weiter ansteigenden Kurve. Naturkatastrophen wie der Ausbruch des isländischen Vulkans und eine weltweite Wirtschaftskrise führten zu erheblichen Einbrüchen des Luftverkehrswachstums. COVID-19 hat dagegen zu einem Absturz des Luftverkehrswachstums geführt und damit auf drastische Weise gezeigt: der Einbruch der Passagierzahlen um mehr als 98 % hat alle anderen bisherigen Krisen um unvorstellbare Dimensionen übertroffen (Giemulla 2020, S. 28).
Anhand der folgenden Grafiken wird die Häufigkeit veranschaulicht, in der verschiedene Virusvarianten auftreten. Hiermit soll zugleich das nächste Kapitel einleitend unterstützt werden.
Anmerkung der Redaktion: Diese Abbildung wurde aus urheberrechtlichenGründenentfernt.
Abbildung 2: Auswirkungen früherer Krankheitsausbrüche auf die Luftfahrt (Quelle: IATA 2020)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Auswirkungen auf das Luftverkehrswachstum
3 Luftfahrt in der Pandemie
Im vorherigen Kapitel wurde deutlich, dass die Luftfahrt in der Vergangenheit bereits einige unterschiedliche Schocks kompensieren musste, von denen sie sich aber schnell erholen konnte. In diesem Kapitel wird nun der gegenwärtige Stand der Forschung für die neue Normalität der Luftfahrt aufgezeigt. Durch die Ausbreitung des Coronavirus wird die Luftfahrt vor nie dagewesene Herausforderungen gestellt. Im Folgenden werden die Auswirkungen der aktuellen Coronapandemie zunächst im Allgemeinen thematisiert und im Anschluss innerhalb der einzelnen Sektoren des deutschen Luftfahrtsystems genauer erläutert.
Noch bis vor wenigen Monaten blickte die Luftfahrtbranche zuversichtlich in die Zukunft. Wie im letzten Kapitel bereits erwähnt prognostizierten Analysten ein jährliches Umsatzwachstum von 4-5 %. Im Dezember 2019 wurde ein neues Coronavirus in der chinesischen Region Wuhan entdeckt. Selbst als die Auswirkungen von Corona für jeden spürbar waren, sahen viele Beobachter kaum langfristige Folgen für die Luftfahrtbranche. Der Aktienkurs vieler börsenorientierter Fluggesellschaften reagierte zunächst kaum auf die Einschränkungen in Asien durch das Virus. Als am 11. März 2020 das Coronavirus zur Pandemie erklärt wurde, veränderte sich die Situation grundsätzlich. Der Luftverkehr befindet sich seit Beginn der weltweiten Reisewarnungen aufgrund der Coronapandemie wie kaum eine andere Branche in der Krise. Der erste Lockdown führte zu massiven Umsatz- und Gewinnrückgängen bei allen Unternehmen der Luftfahrtbranche im ersten Quartal 2020. Mit jedem Tag, an dem Flugzeuge weltweit am Boden blieben, verschlechterten sich die Umsatzaussichten für das Gesamtjahr 2020 weiter (Union Investment, 2020).
In den ersten beiden Quartalen brach der Luftverkehr teilweise um 95 % ein und kam somit fast vollständig zum Erliegen. Aufgrund der Reisewarnungen konnten deutsche Fluggesellschaften über mehrere Monate hinweg fast keinen Passagierflüge abwickeln. Die Tochterunternehmen der Lufthansa (Condor, TUIfly, Austrian Airlines) stellten zeitweise den gesamten Flugbetrieb ein. zusätzlich ist ein Rückgang der Passagiergastzahlen pro Flug zu verzeichnen.
Den Kontrast dazu bildet die Luftfracht, die weniger stark von der Pandemie betroffen ist. Jedoch kann sie die stark gefallenen Passagierzahlen nicht kompensieren, weshalb viele Fluggesellschaften staatliche Hilfen in Form von Zuschüssen und Krediten in Anspruch nahmen. Deutschlands größte Fluggesellschaft, die Lufthansa AG, wird durch den Bund mit einer Eigenkapitalerhöhung von 9 Milliarden Euro unterstützt (Reuther 2020, S. 1).
Aus den Prognosen der IATA (International Air Transport Association) für das Jahr 2020 geht hervor, dass ein Rückgang von 63 % bei den Passagierzahlen zum Vorjahr erwartet wird. Dies bedeutet für die Fluggesellschaften 113 Millionen Passagiere weniger als im Vorjahr, was rechnerisch einen Ertragsverlust von 17 Milliarden Euro ergibt. Davon macht der Einnahmerückgang von Verkehrsflughäfen in Deutschland allein rund 3,6 Milliarden Euro aus, da diesen ebenfalls 95 % der Einnahmen aus Gebühren, Entgelt und dem Nicht-Luftfahrt-Sektor entfallen. Die deutschen Verkehrsflughäfen sind gesetzlich dazu verpflichtet, den Betrieb aufrechtzuhalten, was Fixkosten in Höhe von 740 Millionen Euro produzierte (ebd. 2020, S. 2).
Die Passagiere fehlen sowohl im Flugverkehr als auch auf fehlten ebenfalls bei den Flughäfen. Im Jahr 2019 war ein Passagierwachstum von 2 % zu verzeichnen, in der ersten Jahreshälfte von 2020 brachen die Zahlen um 66 % ein. Die Auswirkungen des Coronavirus waren in allen Verkehrssegmenten der Luftfahrt spürbar und betrafen den innerdeutschen, -europäischen wie auch den interkontinentalen Luftverkehr. Viele Flughäfen mussten schnell reagieren, um den negativen Folgen entgegenzuwirken. Das Resultat waren Schließungen von Betriebsflächen und Terminalbereichen, mit entsprechenden Konsequenzen für die ansässigen Einzelhandelsgeschäfte und deren Beschäftigte. Nahezu alle Unternehmen der Luftverkehrswirtschaft nutzten die Kurzarbeit, um ihre Mitarbeiter in der Krise halten zu können. In Summe war zu Beginn der Krise von Fluggesellschaften und Flughäfen für rund 83.000 Arbeitnehmer Kurzarbeit angemeldet. Wird die Kurzarbeit in einen allgemeinen Kontext für Deutschland gesetzt, so wird erkenntlich, dass zu Beginn der Pandemie die Auswirkungen für jeden Wirtschaftssektor spürbar waren (ebd. 2020, S. 2 f.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Anzahl der Kurzarbeiter in Deutschland von 1991 bis 2019 (Quelle: Statista 2021).
Aufgrund der Aufhebung von Reisewarnungen für viele europäische Staaten erholte sich der Luftverkehr langsam, lag jedoch noch immer hinter den Erwartungen der Analysten. Ein Grund dafür war eine neue Corona-Welle im Herbst, die zur Folge hatte, dass vielerorts wieder Reisewarnungen ausgesprochen wurden. Im Zuge dessen wurde über mögliche Quarantäneregelung nach Einreise mit dem Flugzeug diskutiert. Daraus resultierte ein Vertrauensverlust in die Luftfahrt seitens der Passagiere und somit wurden im September 2020 rund 81 % weniger Passagiere als im Vorjahr verzeichnet (ebd. 2020, S. 2 f.).
Täglich gemeldete Neuinfektionen und Todesfälle mit dem Coronavirus (COVID-19) in Deutschland seit Januar 2020 (Stand: 11. Juni 2021)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Täglich gemeldete Neuinfektionen und Todesfälle mit dem Coronavirus in Deutschland (Quelle: Statista 2021)
Das Vertrauen der Reisenden ist unerlässlich für die Erholung und den Fortbestand des Luftfahrtsystems. Die Luftfahrtgesellschaften benötigen Zeit, um das bisherige Geschäftsmodell umzustrukturieren und das Vertrauen der Passagiere zurückzugewinnen. Um dieses Vorhaben zu unterstützen, wurden regulatorische Maßnahmen getroffen. Die EU-Kommission hat den staatlichen Institutionen einen größeren rechtlichen Spielraum eingeräumt, um den Flughäfen und Fluglinien finanziell zur Seite stehen zu können.
Teilweise mussten Fluggesellschaften Flüge absolvieren, um ihre Start- und Landerechte an den Flughäfen zu behalten. Diese Regelung wurde jedoch aufgehoben, sodass im anstehenden Winterflug keine Leerflüge zu Stande kommen. Eine Vielzahl dieser Maßnahmen ist essenziell, um die deutsche Luftverkehrswirtschaft in der Pandemie zu stabilisieren. Dabei bildet die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen eine zentrale Voraussetzung für die Erholung der gesamten zivilen Luftfahrt (ebd. 2020, S. 3).
Der kurze Überblick über die aktuelle Lage der Luftfahrt dient als Hintergrundwissen für die folgenden Unterkapitel. Um ein tieferes Verständnis zu schaffen, werden die Auswirkungen der Pandemie auf die einzelnen Segmente der Luftverkehrswirtschaft betrachtet. Die nachstehenden Statistiken enthalten Informationen über Passagier- und Frachtverkehr in der Luft, z. B. zu den größten Airlines, Flughäfen und Flugzeugbauern, sowie zur Entwicklung des Passagierflugverkehrs. Die Statistiken sollen einerseits dabei helfen, die Informationen greifbarer zu machen, und andererseits das Vorhaben unterstützen, ein alternatives und resilientes Konzept für die Luftfahrt zu entwickeln.
3.1 Auswirkungen auf den Flugverkehr
In diesem Unterkapitel werden die Auswirkungen des Coronavirus auf den Flugverkehr beschrieben. Dabei sind das Datenmaterial und die Statistiken über die Anzahl der weltweiten Flüge sowie die Entwicklung der Anzahl weltweiter Flugzeugstarts im Zuge des Ausbruchs des Coronavirus von entscheidender Bedeutung für die nachfolgenden Prognosen. In der Phase vor der Pandemie stieg die Zahl der jährlichen Flüge stetig an. Im Jahr 2019 wurden rund 47 Millionen Flüge in der weltweiten Luftfahrt verzeichnet. Im darauffolgenden Jahr reduzierte sich die Anzahl der weltweiten Flüge aufgrund der Coronapandemie jedoch auf etwa 22 Millionen Flüge (Keller 2021, S. 59).
Anzahl der Flüge in der weltweiten Luftfahrt von 2014 bis 2020 (in Millionen)
Anzahl der weltweiten Flüge bis 2020
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Anzahl der Flüge in der weltweiten Luftfahrt von 2014 bis 2020 (in Millionen).
Der weltweit erste Linienflug für Passagiere fand im Jahr 1914 im US-Bundesstaat Florida statt. Für eine Strecke von 35 Kilometern benötigte das Flugzeug damals 20 Minuten. Seitdem führten zahlreiche technische Entwicklungen und erschwinglicher werdende Flugpreise zu einer stetig wachsenden Anzahl an Flugpassagieren. Der Flughafen Frankfurt am Main ist gemessen an der Anzahl der abgefertigten Passagiere der größte in Deutschland und wurde im Juli 1936 fertiggestellt. In der folgenden Statistik ist die Anzahl der Passagiere auf den Verkehrsflughäfen in Deutschland in den Jahren 2015 bis 2020 abgebildet. In Frankfurt am Main wurden im Jahr 2020 knapp 1,9 Millionen Passagiere verzeichnet. Aufgrund der Coronavirus-Krise gab es jedoch an allen deutschen Flughäfen im Jahr 2020 deutlich weniger Flugpassagiere (Keller 2021, S. 60).
Anzahl der Passagiere auf den Verkehrsflughäfen in Deutschland in den Jahren 2015 und 2020
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Passagiere auf Verkehrsflughäfen in Deutschland bis 2020.
Aufgrund des Coronavirus und der damit einhergehenden Reisebeschränkungen ergab sich bei vielen Airlines eine Reduktion oder sogar ein Stillstand ihrer Flüge. So wurden in der Woche vom 21. Januar 2021 weltweit rund 50 % weniger geplante Flugzeugstarts verzeichnet. In der folgenden Abbildung 7 sind die weltweiten Flugzeugstarts über den Zeitraum vom 6. Januar 2020 bis zum 21. Januar 2021 dargestellt und in Relation zum Vorjahr gesetzt (ebd. 2021, S. 60 f.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Auswirkungen der Coronakrise sind global spürbar. So wurden in der Woche vom 4. Januar 2021 in Deutschland knapp 77 % weniger geplante Flugzeugstarts als in der Vorjahreswoche dokumentiert. In den USA starteten in dieser Woche rund 42 % weniger Flüge und in Chinas größtem Flughafen Hong Kong wurden knapp 88 % weniger Flüge verzeichnet. In der nachfolgenden Tabelle ist die Entwicklung der Flugzeugstarts durch den Ausbruch des Coronavirus nach Ländern abgebildet (ebd. 2021, S. 61).
In der nächsten Statistik werden einige deutsche Flughäfen dargestellt, die im Zuge der Coronavirus-Krise einen geringeren Flugbetrieb aufwiesen. Am Flughafen München hoben am 15. Dezember 2020 rund 86 % weniger Flugzeuge ab als am 17. Dezember 2019. Am Stuttgarter Flughafen wurde der Flugbetrieb mehrere Wochen lang komplett eingestellt; hier befanden sich zahlreiche Maschinen dauerhaft am Boden. Am 15. Dezember 2020 gab es in Stuttgart rund 75 % weniger Flüge als im Vorjahr. Der Bund der deutschen Flughäfen gab im November 2020 bekannt, dass er die deutschen erlassen. Mit der nachfolgenden Statistik sind die Flugzeugbewegungen auf deutschen Flughäfen während der Coronakrise veranschaulicht. Im April 2020 sank die Anzahl der Flugzeugbewegungen auf deutschen Flughäfen gegenüber März 2019 um rund 84 % (ebd. 2021, S. 65).
Abbildung 8: Entwicklung der Anzahl Flüge im Zuge des Coronavirus-Ausbruchs auf deutschen Flughäfen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Seit Beginn der Coronapandemie ist der weltweite Luftverkehr stark eingeschränkt. Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, wurden vielerorts Reisebeschränkungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Flugzeugbewegungen auf deutschen Flughäfen bis April 2021.
Wie in der vorherigen Statistik bereits angedeutet wurde das innerdeutsche Flugangebot wegen der Coronakrise deutlich reduziert. Im November und Dezember des Jahres 2020 existierten nur noch 38 innerdeutsche Flugstrecken und damit 15 weniger als im Vorjahr.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Anzahl der innerdeutschen Flugstrecken in den Jahren 2019 und 2020.
3.2 Auswirkungen auf die Passagierluftfahrt
In diesem Unterkapitel werden die Auswirkungen im Zuge der Coronakrise auf die Passagierluftfahrt thematisiert. Statistiken wie der prognostizierte Rückgang der Flugpassagiere durch die Coronakrise helfen dabei, ein Verständnis von der prekären Lage der Luftfahrt zu erlangen. Die Fluggesellschaften haben aufgrund von COVID-19 bereits weniger Passagierkilometer angeboten. Jedoch deutet die tatsächliche Auslastung der Passagierkilometer auf einen Wandel im Luftverkehrssystem hin. Nach einer Prognose des Airports Council International vom 8. Dezember 2020 werden durch das Coronavirus in Europa rund 71 % weniger Flugpassagiere erwartet. Der weltweite Rückgang an Flugpassagieren liegt bei etwa 64 % (Keller2021, S. 67 f.).
Prognose zum Rückgang der weltweiten Anzahl der Flugpassagiere durch das Coronavirus* nach Regionen im Jahr 2020
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 11:Prognostizierter Rückgang der Flugpassagiere durch das Coronavirus nach Regionen 2020.
In Zahlen ausgedrückt beträgt der prognostizierte Rückgang der Flugpassagiere im Jahr 2020 aufgrund des Coronavirus in Deutschland 132 Millionen. Das Vereinigte Königreich verzeichnet knapp 194 Millionen weniger Flugpassagiere und Spanien hat rund 160 Millionen Flugpassagiere weniger als im Vorjahr 2019 (Stand Dezember 2020) (Keller 2021, S. 69)
Prognosen zum Rückgang der Anzahl Flugpassagiere in Europa durch das Coronavirus nach ausgewählten Ländern im Jahr 2020 (Stand: Dezember 2020; in Millionen)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Passagierrückgang in Mio.
Abbildung 12: Prognostizierter Rückgang der Flugpassagiere in Europa durch COVID-19 nach Ländern.
Der Ausbruch des Coronavirus verursachte vor allem, dass die Anzahl der angebotenen Passagierkilometer (engl. ASK = Available Seat Kilometers) der weltweiten Airlines im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um knapp 57 % zurückging. Des Weiteren lässt sich in der folgenden Statistik ein Rückgang in Europa von 62 % erkennen. Bei einem Vergleich dieser Zahlen mit den Zahlen aus der Statistik für die Anzahl der ausgelasteten Passagierkilometer wird ersichtlich, dass im Jahr 2020 bei einer Reduzierung von 62% der angebotenen Passagierkilometer in Europa nur rund 70 % genutzt wurden (ebd. 2021, S. 71).
[...]
- Arbeit zitieren
- Louis Cassel (Autor:in), 2021, Ökonomische Analyse alternativer Strategien für die Luftfahrt in der Coronakrise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1273978
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