Wer ist die wirkliche Mutter des Kindes und wonach soll dies entschieden werden? Diese Frage wird in dem 1944/45 von Bertolt Brecht verfassten Werk Der kaukasische Kreidekreis behandelt. Deshalb soll im Folgenden auf die Frage nach der wahren Mutterschaft innerhalb des Werkes eingegangen werden, wobei die Mutterfiguren genauer betrachtet, charakterisiert sowie miteinander verglichen werden sollen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Mutterfiguren in Der kaukasische Kreidekreis
2.1 Charakterisierung der Mutterfiguren
2.1.1 Grusche Vachnadze
2.1.2 Natella Abaschwili
2.1.3 Vergleich der Mutterfiguren
2.2 Wie wird der Mutterbegriff durch das Werk gezeichnet?
2.3 Wann steht die wahre Mutterschaft fest?
3 Schlussfolgerung
4 Literaturverzeichnis
4.1 Primärliteratur
4.2 Sekundärliteratur
4.3 Internetquellen
5 Eigenständigkeitserklärung
1 Einleitung
„Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.“1
Diese heute geltende rechtliche Regelung der Mutterschaft ist im Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch festgelegt, jedoch bestehen die Begriffe der Mutter und der Mutterschaft aus weitaus mehr als nur der rechtlichen Komponente: Auch der biologische sowie der soziale Faktor der Mutterschaft sind dafür ausschlaggebend, wie eine Mutter definiert wird und wer als Mutter gilt. Biologisch gesehen gilt, wie auch schon im rechtlichen Sinne, als Mutter diejenige Person, aus deren Eizelle das Kind entsteht und der soziale Aspekt der Mutterschaft beschäftigt sich damit, wer das Kind erzogen und zu wem das Kind eine Bindung aufgebaut hat. Auch im Duden werden heutzutage sowohl der biologische als auch der emotionale beziehungsweise soziale Aspekt der Mutterschaft berücksichtigt: Die Mutter ist eine „Frau, die ein oder mehrere Kinder geboren hat“ oder eine „Frau, die in der Rolle einer Mutter ein oder mehrere Kinder versorgt, erzieht“.2
Durch diese verschiedenen Faktoren, die zur Definition der Mutterschaft beitragen, werden keine klaren Grenzen gezogen, die darüber entscheiden was oder wen man nun als Mutter bezeichnen kann. Eine Rolle spielt dies etwa bei der Leih- oder auch der Pflegemutterschaft sowie bei der Adoption, denn in diesen Bereichen reicht es nicht mehr aus zu sagen, dass die Erzeugerin des Kindes automatisch die Mutter ist.
Wer ist die wirkliche Mutter des Kindes und wonach soll dies entschieden werden? Diese Frage wird in dem 1944/45 von Bertolt Brecht verfassten Werk Der kaukasische Kreidekreis behandelt. Deshalb soll im Folgenden auf die Frage nach der wahren Mutterschaft innerhalb des Werkes eingegangen werden, wobei die Mutterfiguren genauer betrachtet, charakterisiert sowie miteinander verglichen werden sollen.
2 Mutterfiguren in Der kaukasische Kreidekreis
Die Frage nach der wahren Mutterschaft in Der kaukasische Kreidekreis wird in Bezug auf den Gouverneurssohn Michel Abaschwili gestellt, der zu Beginn des Dramas noch ein Säugling ist und durch den Ausbruch des Krieges von seiner biologischen Mutter zu dem Küchenmädchen des Hofes, Grusche Vachnadze, gelangt.
Die leibliche Mutter des Kindes, Natella Abaschwili, muss bei dem Aufruhr aus der Stadt fliehen, um den Feinden zu entkommen. Ihr Mann, der Gouverneur, wurde zu diesem Zeitpunkt bereits von den Angreifern hingerichtet. Bei der Vorbereitung auf die Flucht ist Natella hauptsächlich damit beschäftigt, ihre teuren Gewänder einpacken zu lassen, wodurch sie in der Eile ihr eigenes Kind auf dem Boden liegend zurücklässt.
Bei Grusche handelt es sich um die Protagonistin des Werkes, gleichzeitig stellt sie auch die wichtigste Mutterfigur in dem Geschehen dar. Bei dem Aufruhr wird Grusche das von der Mutter zurückgelassene Kind in die Arme gedrückt. Grusche bringt es nicht über das Herz, Michel zurückzulassen und nimmt ihn deshalb an sich, um ihn vor den Angreifern und dem damit verbundenen sicheren Tod zu schützen, denn auf das Kind wurde ein Kopfgeld ausgesetzt, da es sich bei ihm um den Alleinerben des Gouverneurs handelt. Zunächst verfolgt Grusche nur den Plan Natella Abaschwili einzuholen, um ihr das Kind zurückzugeben. Als ihr dies aber nicht gelingt und sie auch nicht mit der Rückkehr der Gouverneursfrau rechnet, nimmt sie Michel als ihr eigenes Kind an und wird somit zu seiner Ziehmutter.
Die beiden Mutterfiguren des Kindes treffen erst am Ende des Werkes, als der Krieg bereits beendet ist, aufeinander. Natella Abaschwili will in ihren Palast und zu ihrem ehemaligen Leben zurückkehren und benötigt dazu ihren Sohn, da dieser als einziger über das Vermögen des verstorbenen Gouverneurs verfügen kann. Natella sucht deshalb nach Michel und löst, als dieser gefunden wird, einen Sorgerechtsstreit aus, bei dem geklärt werden soll, wer die wahre Mutter des Kindes ist. Beide Mutterfiguren sehen sich als die rechtmäßige Erziehungsberechtigte, weshalb das Gericht über den Verbleib des Kindes entscheiden soll.
2.1 Charakterisierung der Mutterfiguren
2.1.1 Grusche Vachnadze
Grusche Vachnadze ist am Hofe des Gouverneurs als Küchenmädchen angestellt. Im Werk wird Grusche als treue, wenn auch einfache und naive Person charakterisiert. Brecht selbst beschreibt in seinen Notizen, dass er mit Grusche eine Figur schaffen wollte, die:
einfältig sein [sollte] […]. Sie sollte […], willig statt gut, ausdauernd statt unbestechlich [sein] und so weiter und so weiter. Diese Einfalt sollte keineswegs `Weisheit´ bedeuten […], jedoch ist sie durchaus vereinbar mit praktischer Veranlagung, selbst mit List und Blick für menschliche Eigenschaften. - Die Grusche sollte, indem sie den Stempel der Zurückgebliebenheit ihrer Klasse trägt, weniger Identifikation ermöglichen und so als in gewissem Sinne tragische Figur […] objektiv dastehen.3
Die „einfältige“ und naive Art Grusches macht sich beispielsweise dadurch bemerkbar, dass sie dem Kindermädchen während des Aufruhrs glaubt, als dieses ihr das Baby „für einen Moment zum Halten“4gibt, obwohl es offensichtlich ist, dass das Kindermädchen nur die Verantwortung für das Kind abgeben will, um sich selbst in Sicherheit bringen zu können. Daraufhin wird sie von der Köchin des Palasts als „eine gute Seele“, jedoch aber nicht „die Hellste“ bezeichnet. (DKK, 31) Diese Beschreibung spiegelt, ganz nach Brechts Vorstellung, eine durch ihre „Einfalt“ etwas „zurückgeblieben“ wirkende Grusche wider. Laut der Köchin ist dieses unterwürfige und gehorsame Verhalten typisch für Grusche: „Wenn man zu dir sagt: du läufst nach dem Salat, du hast die längsten Beine, dann läufst du.“ (DKK, 32) Durch diese Charakterisierung durch die Köchin wird Grusches „williges“ und gehorsames, beinahe unterwürfiges Wesen verdeutlicht.
Als „ausdauernd“ tritt Grusche bei der Flucht auf, die mit vielen Anstrengungen und Mühen verbunden ist, denn sie gibt trotz dieser nicht auf. Während der Flucht bleibt Grusche beständig und beklagt sich niemals über die schlechten Umstände. Für sie kommt es nicht infrage, das Kind einfach zurückzulassen und die Flucht damit abzubrechen.
Abgesehen von den in Brechts Notizen festgehaltenen Charakterzügen Grusches, lassen sich weitere durch ihr Verhalten beobachten:
[...]
1Deutsches Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): § 1591 Mutterschaft, Version ab 1. Januar 2002.
2„Mutter“ auf Duden online. URL: https://www.duden.de/node/100190/revision/100226 (Aufgerufen am 14.09.2020)
3Hecht (Hrsg.): Materialien zu Brechts „Der Kaukasische Kreidekreis“. Frankfurt am Main 1966. S. 32.
Im Folgenden werden zwei verschiedene Auflagen zitiert, weshalb bei dieser Literatur in den Fußnoten zur Unterscheidung die komplette Quellenangabe genannt wird.
4Brecht: Der kaukasische Kreidekreis. S. 31.
Im Folgenden zitiert unter DKK, alle Seitenangaben im laufenden Text beziehen sich auf diese Ausgabe.
- Citar trabajo
- Anónimo,, 2020, Mutterbilder in Bertolt Brechts "Der kaukasische Kreidekreis", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1273951
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