Es stellt sich die Frage, ob und inwiefern eine Wandlung des männlichen Geschlechterstereotyp in gegenwärtigen Disney-Märchenadaptionen stattgefunden hat. Die Ausarbeitung setzt sich demgemäß mit der Analyse der zentralen männlichen Figur des Prinzen in Disney-Filmadaptionen des 21. Jahrhunderts, die auf klassischen Volksmärchen basieren, auseinander.
Wie wird die Figur des Prinzen in ausgewählten Volksmärchen sowie den jeweiligen korrespondierenden Disney-Filmadaptionen dargestellt? Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede bestehen zwischen der Darstellung der Prinzenfiguren? In welcher Hinsicht und in welchem Maße hat ein Wandel der Figur des Prinzen stattgefunden?
Volksmärchen erfreuen sich auch über 200 Jahre nach der Erstveröffentlichung der bekannten Sammlung von traditionellen Kinder- und Hausmärchen der Brüder JACOB GRIMM und WILHELM GRIMM (1812a) einer stetigen Beliebtheit. Die Popularität der märchenhaften Erzählungen zeigt sich unter anderem in den zeitgenössischen intermedialen Adaptionen, insbesondere audiovisuellen Umsetzungen. Entsprechend dieser Beliebtheit haben auch die Filmunternehmen Walt Disney Pictures und Walt Disney Animation Studios im 21. Jahrhundert mehrere animierte Zeichentrick- und Realfilmadaptionen umgesetzt, die auf den klassischen Volksmärchen basieren.
Der weibliche Geschlechterstereotyp in den gegenwärtigen Märchenadaptionen von der Walt Disney Company hat sich dabei im Vergleich zu den traditionellen Märchenfassungen wesentlich verändert. Von Passivität und Erlösungsbedürftigkeit in den literarischen Grundlagen ist das emanzipierten Disney-Rollenbild der Märchenprinzessinnen des 21. Jahrhundert nunmehr geprägt von Unabhängigkeit und Selbstbewusstsein. In den konservativen Volksmärchen, auf denen rezente Disney Filmadaptionen basieren, ist es indes überwiegend eine männliche Figur, die in der Rolle des erlösenden Helden die Handlung entscheidet, ungeachtet dessen, dass Frauen oftmals als Protagonistinnen auftreten.
1. Einleitung: Es war einmal ein Prinz …
2. Die Figur des Prinzen im Volksmärchen
3. Der klassische Märchenprinz – Zur Darstellung der Figur in ausgewählten Volksmärchen
3.1. Der Prinz im Volksmärchen Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich
3.2. Der Prinz im Volksmärchen Rapunzel
3.3. Der Prinz im Volksmärchen Dornröschen
3.4. Der Prinz im Volksmärchen Aschenputtel
3.5. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Märchenprinzen
4. Der Disneyprinz des 21. Jahrhunderts – Zur Darstellung der Figur in Filmadaptionen der Walt Disney Company
4.1. Naveen – The Princess and the Frog (2009)
4.2. Flynn Rider – Tangled (2010)
4.3. Phillip von Ulstead – Maleficent (2014)
4.4. Kit – Cinderella (2015)
4.5. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Disneyprinzen
5. Vom Märchen- zum Disneyprinzen
6. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung: Es war einmal ein Prinz …
Volksmärchen erfreuen sich auch über 200 Jahre nach der Erstveröffentlichung der bekannten Sammlung von traditionellen Kinder- und Hausmärchen der Brüder Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (1812a) einer stetigen Beliebtheit. Die Popularität der märchenhaften Erzählungen zeigt sich unter anderem in den zeitgenössischen intermedialen Adaptionen, insbesondere audiovisuellen Umsetzungen. Entsprechend dieser Beliebtheit haben auch die Filmunternehmen Walt Disney Pictures und Walt Disney Animation Studios im 21. Jahrhundert mehrere animierte Zeichentrick- und Realfilmadaptionen umgesetzt, die auf den klassischen Volksmärchen basieren. Der weibliche Geschlechterstereotyp in den gegenwärtigen Märchenadaptionen von der Walt Disney Company hat sich dabei im Vergleich zu den traditionellen Märchenfassungen wesentlich verändert. Von Passivität und Erlösungsbedürftigkeit in den literarischen Grundlagen ist das emanzipierten Disney-Rollenbild der Märchenprinzessinnen des 21. Jahrhundert nunmehr geprägt von Unabhängigkeit und Selbstbewusstsein. In den konservativen Volksmärchen, auf denen rezente Disney-Filmadaptionen basieren, ist es indes überwiegend eine männliche Figur, die in der Rolle des erlösenden Helden die Handlung entscheidet, ungeachtet dessen, dass Frauen oftmals als Protagonistinnen auftreten. Es stellt sich damit einhergehend die Frage, ob und inwiefern auch eine Wandlung des männlichen Geschlechterstereotyp in gegenwärtigen Disney-Märchenadaptionen stattgefunden hat. Die vorliegende Ausarbeitung setzt demgemäß sich mit der Analyse der zentralen männlichen Figur des Prinzen in Disney-Filmadaptionen des 21. Jahrhunderts, die auf klassischen Volksmärchen basieren, auseinander. Die zu Grunde liegenden Fragestellungen lauten dabei:
• Wie wird die Figur des Prinzen in ausgewählten Volksmärchen sowie den jeweiligen korrespondierenden Disney-Filmadaptionen des 21. Jahrhunderts dargestellt?
• Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede bestehen zwischen der Darstellung der Prinzenfiguren?
• In welcher Hinsicht und in welchem Maße hat ein Wandel der Figur des Prinzen stattgefunden?
Um die zentralen Fragestellungen dieser Ausarbeit beantworten zu können, ist es notwendig, die Darstellung der Figur des Prinzen in traditionellen Volksmärchen und den jeweils korrespondierenden rezenten Disney-Filmadaptionen zu erforschen. Diese Betrachtung bildet die Grundlage der Analyse. Hinsichtlich des begrenzten Umfanges dieser Ausarbeitung beschränkt sich die Untersuchung auf vier Disney-Filme des 21. Jahrhunderts, die auf klassischen Volksmärchen der Brüder Grimm (1812a) sowie Charles Perrault (1697) basieren.
Die Ausarbeit ist in insgesamt vier Abschnitte unterteilt. Theoretische Grundlage bildet im ersten Teil ein Umriss der Figur des Prinzen in Volksmärchen. Im zweiten Teil wird als Ausgangspunkt die Darstellung der Prinzenfigur in vier Volksmärchen analysiert sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Darstellung herausgearbeitet. Grundlage der Untersuchung bilden dabei die Volksmärchen Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich, Rapunzel, Dornröschen und Aschenputtel von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (1812a). Daran anknüpfend werden im dritten Abschnitt die Prinzenfiguren in den Filmadaptionen der Walt Disney Company untersucht, die mit den zuvor beleuchteten Volksmärchen korrespondierenden. Als Grundlage werden die animierten Filme The Princess and the Frog (2009) und Tangled (2010) sowie die Realfilmadaptionen Maleficent (2014) und Cinderella (2015) herangezogen. Der vierte Abschnitt führt die beiden Untersuchungen zusammen und zeigt den Wandel vom Märchen- zum Disneyprinzen auf. Im letzten Teil schließen ein Fazit sowie weiterführenden und offen gebliebenen Fragestellungen die Arbeit.
2. Die Figur des Prinzen im Volksmärchen
Als Ausgangspunkt für die Untersuchung im darauffolgenden Teil wird ein theoretischer Überblick über die Figur des Prinzen im Volksmärchen gegeben. In Anbetracht des eingeschränkten Umfanges der Arbeit werden ausschließlich grundlegende Gesichtspunkte und relevante Aspekte der Figur beleuchtet.
2.1. Figuren im Volksmärchen
Mit dem umfassenden Begriff des Märchens werden weitestgehend europäische Volksmärchen assoziiert. Diese Form des Märchens wurde insbesondere von den Sprachwissenschaftlern Jacob Grimm und Wilhelm Grimm geprägt, die zum Anfang des 19. Jahrhunderts eine Sammlung von europäischen volkstümlichen Kinder- und Hausmärchen veröffentlichten (vgl. Neuhaus 2017: 3f; Grimm/Grimm 1812a). Unspezifische oder stereotypische Beschreibungen von Figuren sind dabei ein wesentliches Merkmal von Volksmärchen (vgl. Neuhaus 2017: 7). Volksmärchenfiguren sind entsprechend von einer Flächenhaftigkeit gekennzeichnet (vgl. ebd.: 12). Gefühlsaspekte oder Körpereigenschaften von Handlungsträgern werden nicht konkretisiert und Charaktereigenschaften werden erst durch die Aktionen der Figuren erfahrbar. Das Innenleben der eindimensionalen Figuren sowie deren soziale Beziehungen sind daher von untergeordneter oder keiner Relevanz (vgl. Lüthi 2017: 33f). Somit findet folglich „keine Psychologisierung der Figuren“ (Neuhaus 2017: 12) statt. Zentrale Märchenfiguren können daraus resultierend auch immer nur einem Merkmalspaar, wie zum Beispiel dem Guten oder dem Bösen, zugeordnet werden (vgl. ebd.). Das Handlungsschema des Dreischritts ist ferner die typische Erzählstruktur von Volksmärchen. Bei dieser narrativen Dreigliedrigkeit stellt sich ein heldenhafter Charakter einer existenziellen Notsituation, die alleinig durch eine Prüfung überwunden werden kann. Abschließend kommt es für die zentrale Märchenfigur zu einem positiven Ausgang der Situation (vgl. Lüthi 2017: 28f). Zentrale Figuren in Volksmärchen sind prototypisch angelegt und gehen auf traditionelle Gesellschaftsstrukturen oder mythologische Hintergründe zurück (vgl. Märchenatlas o.J. a).
2.2. Die Märchenfigur des Prinzen
Der Prinz, häufig auch als Königssohn betitelt, ist eine der häufig auftretenden Figuren im Volksmärchen. Der Prinz, genauso wie beispielsweise die Figur der Prinzessin oder des Königs, entstammt aus traditionellen Sozialstrukturen und hat somit eine „gesellschaftliche Rollenzuschreibung“ (Neuhaus 2017: 7) inne. Die Prinzenfigur ist dabei der bedeutendste und handlungstragende Heldentyp im Volksmärchen (vgl. Märchenatlas o.J. a). Sowohl durch sein junges Alter als auch durch seine handlungsentscheidende Rolle, grenzt sich die Prinzenfigur von der älteren Figur des Königs ab. Als männlicher Gegenpart zur adligen Figur der Prinzessin ist die Prinzenfigur ebenfalls oftmals von Schönheit, Attraktivität und edler Kleidung gekennzeichnet. Genauso wie die Figur der Prinzessin ist der Prinz zudem bestrebt, eine Ehe einzugehen (vgl. Märchenatlas o.J. b). Ein zentrales Motiv, was beispielsweise mit der Prinzenfigur einhergeht, ist entsprechend das des reichen und adligen Prinzen, der eine arme junge Frau aus niedrigerem Stand heiratet (siehe Aschenputtel; Grimm/Grimm 1812e). Der ‚Märchenprinz‘ verkörpert auch bis heute im allgemeinen Sprachgebrauch das „Bild oder [die] Vorstellung des idealen Mannes“ (DWDS o.J.), der für eine Partnerschaft geeignet ist (vgl. Dudenredaktion o.J.). Die Figur des Prinzen kann in drei zentrale Typen gegliedert werden. Der aktive Prinzentyp ist eine handlungstragende Heldenfigur. Zumeist wird der junge Prinz von dem König, auf Grund einer Mangel- oder Notsituation, mit der Lösung einer Herausforderung oder mit der Suche nach einer geeigneten Braut beauftragt. Durch das Überwinden einer oder mehrerer Prüfungen kommt es für den heldenhaften Prinzen zum glücklichen Ausgang. Häufig geht dieser mit einer Hochzeit und Krönung zum König einher. Der passive Prinzentyp ist dementgegen eine handlungsentscheidende Figur. Er tritt in der Rolle eines Befreiers oder Erlösers auf. Bei diesem Prinzentyp handelt es sich nicht um den Protagonisten. Stattdessen ist der Prinz derjenige, der die zentrale Heldenfigur des Märchens, eine Prinzessin oder eine Frau aus niedrigerem Stand, aus einer Notsituation errettet. Oftmals gelangt er durch Zufall in die Erlösersituation. Als dritter Prinzentyp kann der verzauberte Prinz festgehalten werden. Hierbei ist der Märchenprinz derjenige, der durch einen Zauber in ein tierisches Wesen verwandelt wurde. Um seine Menschengestalt zurückzuerlangen, ist er ist auf eine weiblichen Heldenfigur angewiesen. Einzig diese vermag durch ihre Liebe oder die gemeinsame Heirat den Fluch zu brechen und den verzauberten Prinzen aus seiner Notsituation zu erlösen (vgl. Märchenatlas o.J. b).
3. Der klassische Märchenprinz – Zur Darstellung der Figur in ausgewählten Volksmärchen
In diesem Teil der Ausarbeitung wird die Darstellung der Figur des Prinzen in vier klassischen Volksmärchen nach Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (1812a) analysiert. Die Rolle des Märchenprinzen wird dabei jeweils auf das physische Aussehen und die Rezeption durch andere Figuren untersucht. Darüber hinaus liegt der Fokus auf den genannten Charaktereigenschaften der Prinzenfigur sowie vorhandene Beziehungen und Interaktionen mit anderen Figuren.
3.1. Der Prinz im Volksmärchen Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich
Das Volksmärchen Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich steht an erster Stelle der Kinder- und Hausmärchen von der Brüder Grimm (1812b). In diesem Volksmärchen handelt es sich um den Figurentyp des verzauberten Prinzen. Der namenlose Prinz tritt unmittelbar zu Beginn der Erzählung erstmalig auf (vgl. Grimm/Grimm 1812b: 1). Dabei handelt es sich zunächst um den Prinzen in der tierischen Gestalt eines Frosches. Weshalb der Prinz verzaubert wurde, wird nicht aufgeklärt. Die Protagonistin, die den Prinzen von seinem Fluch erlösen kann, ist die Figur der Königstochter. Erst am Märchenende wird der Zauber des Prinzen gebrochen und seine Identität als Prinz wird enthüllt (vgl. Grimm/Grimm 1812b: 4). Der glückliche Ausgang des Märchens wird die angedeutete anstehende Hochzeit zwischen dem Prinzen und der Prinzessin markiert. Zu Handlungsbeginn taucht der Prinz in Froschgestalt aus einem Brunnen auf, als der Königstochter beim Spielen ihre Goldkugel ins Wasser fällt. Der Prinz erklärt sich bereit, der Prinzessin ihre Kugel wiederzubringen. Die Prinzessin muss dem Frosch dafür im Gegenzug versprechen, dass sie ihn mit zum Schloss nimmt, mit ihm das Essen und den Tisch teilt und ihn in ihrem Bett schlafen lässt. Die Prinzessin willigt ein und der Frosch bringt ihr die Goldkugel aus dem Brunnenwasser zurück. Die Königstochter geht heim und vergisst darauf das Versprechen. Am Abend erscheint der Prinz an der Schlosstür. Der König hört die Geschichte und besteht darauf, dass seine Tochter ihr Versprechen einhält. Widerwillig bekennt sich die Königstochter zu ihrem Versprechen. Der Prinz fordert sie daraufhin auf, ihn wie versprochen mit ins Bett zu nehmen. Der Prinzessin missfällt dies sehr:
„Die Königstocher erschrak, als sie das hörte, sie fürchtete sich vor dem kalten Frosch, sie getraute sich nicht, ihn anzurühren, […]“
(Grimm/Grimm 1812b: 4)
Als Reaktion auf seine Forderung wird der Frosch von der Prinzessin wütend gegen eine Wand geworfen. Ebenda wird der Prinz erlöst und verwandelt sich zurück in seine Menschengestalt. Am darauffolgenden Tag nimmt der Prinz die Prinzessin mit fort in seiner Kutsche. Dabei zerbrechen dem Diener des Prinzen, dem eisernen Heinrich, vor Freude über die Erlösung des Königssohns drei Eisenketten, die er sich aus Kummer um das Herz gelegt hatte (vgl. ebd.: 1ff).
Die Prinzenfigur wird explizit als „schöner, junger Prinz“ (ebd.: 4) beschrieben. Weitere äußerliche Merkmale werden zu seiner Menschengestalt nicht erwähnt. In Gestalt des Froschs beschreibt die Prinzessin den Prinzen als unausstehlich, unbedarft (vgl. ebd.: 2) und fürchterlich (vgl. ebd.: 4). Nach seiner Verwandlung in einen Menschen wird der Prinz von der Prinzessin wertgeschätzt und geliebt. Eine treue Beziehung wird auch zwischen dem Prinzen und seinem Diener angedeutet (vgl. ebd.).
3.2. Der Prinz im Volksmärchen Rapunzel
Das Volksmärchen Rapunzel steht an zwölfter Stelle der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm (1812c). Bei der Figur des Prinzen handelt es sich um den passiven Prinzentyp, der als Befreier der Protagonistin aus ihrer Notsituation auftritt. Der namenlose Prinz, der als Königssohn und junger König betitelt wird, tritt erst zur Mitte der Erzählung zum ersten Mal auf (vgl. ebd.: 40). Er ist nicht der Protagonist des Märchens, sondern Rapunzel, eine junge Frau aus niedrigerem Stand. Entsprechend dem passiven Prinzentyp trifft er durch Zufall im Wald auf den treppenlosen Turm, in dem Rapunzel von einer Fee festgehalten wird. Der Prinz fühlt sich angezogen durch den Gesang von Rapunzel und verliebt sich unmittelbar in sie. Dabei muss er zunächst feststellen, dass er keine Lösung weiß, wie er zu Rapunzel gelangen kann:
„Da aber keine Thüre im Thurm war und keine Leiter so hoch reichen konnte, so gerieth er in Verzweiflung, doch ging er alle Tage in den Wald hin, […]“
(Grimm/Grimm 1812c: 41)
Eines Tages sieht der Prinz mit an, wie die Fee eine Geheimformel spricht, durch die Rapunzel ihr langes Haar zum Hinaufklettern herablässt. In einer anderen Nacht kommt der Prinz erneut zum Turm und imitiert die Worte der Fee. Beim ersten Aufeinandertreffen verliebte sich Rapunzel ebenfalls in den Königssohn. Folglich besucht der Prinz jeden Tag aufs Neue Rapunzel im Turm. Die gemeinsame Zeit wird als „lustig und in Freuden“ (ebd.: 41) empfunden. Alsbald erfährt indes die Fee von der geheimen Liebschaft, da Rapunzel schwanger wird. Zur Bestrafung schneidet die Fee Rapunzels langes Haar ab und verweist sie in eine Einöde. Dort werden auch die Zwillingskinder von Rapunzel und dem Prinzen geboren. Der nichtsahnende Prinz kommt an diesem Abend erneut zum Turm. Durch eine List lässt die Fee ihn wie einst Rapunzel herauf. Die Fee verspottet den Königssohn und bezeichnet ihn als „Bösewicht“ (ebd.: 42). Der Prinz findet sich in einer aussichtslosen Situation wieder:
„Da wurde der Königssohn ganz verzweifeld, und stürzte sich gleich den Thurm herab, das Leben brachte er davon, aber die beiden Augen hatte er sich ausgefallen, traurig irrte er im Wald umher, aß nichts als Gras und Wurzeln und that nichts als weinen.“
(Grimm/Grimm 1812c: 41)
Durch einen erneuten Zufall trifft der Prinz Jahre später auf Rapunzel und ihre Kinder in der Einöde. Er erkennt sie an ihrer Stimme und sie ihn wiederum an seinem Aussehen. Die Liebe zwischen den beiden besteht noch immer und Rapunzel kann dem Prinzen durch ihre Freudentränen das Augenlicht zurückgeben (vgl. ebd.: 38ff).
Der Prinz ist die handlungsentscheidende Figur in der Erzählung. Er befreit Rapunzel indirekt zweimal. So ist der Prinz, durch die geheime Liebschaft, dafür verantwortlich, dass die Fee Rapunzel aus dem Turm verweist. Neben der Gefangenschaft im Turm ist Rapunzel auch allein in der Einöde ‚gefangen‘. Auch hieraus errettet der Prinz indirekt Rapunzel, indem er ihre Einsamkeit durch sein Eintreffen beendet.
3.3. Der Prinz im Volksmärchen Dornröschen
Das Volksmärchen Dornröschen steht an 50. Stelle der Kinder- und Hausmärchen von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (1812d). In diesem Volksmärchen handelt es sich hinsichtlich um den Figurentyp des passiven Prinzen. Er tritt in der Handlungsmitte zum ersten Mal auf (vgl. ebd.: 227) und wird als Königssohn betitelt. Das Märchen handelt von dem Schicksal der Königstochter Dornröschen, die gleichsam Protagonistin der Erzählung ist. Sie wurde von einer Fee zu ihrer Geburt dazu verflucht, in ihrer Jugend in einen hundertjährigen todesähnlichen Schlaf zu fallen. Der namenlose Prinz kann sie durch sein Handlungseingreifen aus einer Verwünschung erlösen und die Prinzessin somit aus ihrer Notsituation retten. Gemäß des passiven Prinzentyps wird der Königssohn zufällig zum Erlöser. Auf der Durchreise durch ein Königreich erfährt er von der verwunschenen Prinzessin. Obwohl der Prinz sie niemals persönlich gesehen, entschließt er sich dazu, sie zu retten. Von den anderen Königssöhnen, die versuchten, Dornrösschen zu retten, hebt er sich besonderes ab. Er ist einzige Prinz, dem es gelingt, unversehrt durch die Dornenhecke zu gelangen, von der die Prinzessin bewacht wird. Alle anderen Prinzen vor ihm verstarben bei dem Versuch. Als der Prinz an die Dornen herantritt, verwandeln sich diese unerwartet in Blumen und geben ihm den Weg frei. Diese Art und Weise, wie der Prinz zu Dornröschen gelangt, ist weniger heldenmütig. Vielmehr wird ihm die zufällige Fügung zu Teil, dass er unwissentlich der einzige Prinz ist, der unversehrt durch die lebensgefährliche Dornenhecke schreiten kann. Nichtsdestotrotz erweist sich der Prinz in diesem Sinne als unerschrocken, als dass er sich in seiner Absicht, die Prinzessin zu erlösen, nicht durch die tödlichen Versuche der vorherigen Prinzen hat abbringen lassen. Er riskiert somit heldenhaft sein Leben, ohne im Voraus sicherstellen zu können, ob er die Königstochter retten kann. Er gelangt zum Schlossturm, in dem die Prinzessin verzaubert im Schlaf liegt:
„Da war der Königssohn so erstaunt über ihre Schönheit, daß er sich bückte und sie küßte, und in dem Augenblick wachte sie auf.“
(Grimm/Grimm 1812d: 228)
Durch den Kuss des Prinzen erwacht die Prinzessin und ist von der Verwünschung erlöst. Schlussendlich heiratet der Prinz Dornröschen und „sie lebten vergnügt bis an ihr Ende“ (ebd. 228f), wodurch der glückliche Ausgang der Erzählung durch die Ehe zwischen dem Prinzen und der Königstochter gekennzeichnet wird (vgl. ebd. 225ff).
3.4. Der Prinz im Volksmärchen Aschenputtel
Das Volksmärchen Aschenputtel steht an 21. Stelle der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm (1812e). Der Figurentyps des Prinzen ist dem passiven Prinzen zuzuordnen. Der namenlose Prinz tritt zur Mitte der Erzählung zum ersten Mal auf (vgl. ebd.: 94). Der Prinz nimmt dabei die Rolle als Erlöser und Retter der Protagonist Aschenputtel, ein Mädchen aus niedrigerem Stand, ein. So ist der Prinz derjenige, der Aschenputtel als wahre Braut erkennt und ihr somit aus ihrer Notsituation erlöst. Gleichsam ist der Prinz auch der Beschützer von Aschenputtel, da er sie durch die Erlösung vor weiteren Erniedrigungen durch ihre zwei Stiefschwestern und der Stiefmutter rettet. Aschenputtel wird entsprechend durch ihre positiven Wesenszüge mit dem Prinzen belohnt. Der Prinz wird insgesamt als handlungsentscheidender Retter hervorgehoben, da erst er einen glücklichen Ausgang der Geschichte ermöglicht.
Zur Handlungsmitte beschließt der König einen dreitägigen Ball für seinen Sohn, den Prinzen, stattfinden zu lassen. Fremdbestimmt von seinem Vater soll der Prinz bei dieser Gelegenheit eine zukünftige Ehefrau finden. In der ersten Ballnacht tanzt der Prinz mit den beiden Stiefschwestern von Aschenputtel. Beide beschreiben den Prinzen als den „allerschönste[n] auf der Welt“ (ebd.: 92). In der zweiten Ballnacht fährt Aschenputtel zum Königsschloss. Der Prinz verhilft Aschenputtel bei ihrer Ankunft persönlich aus dem Wagen und führt sie in den Ballsaal, in dem Glauben, dass sie eine Prinzessin sei. Angetan von ihr, ohne etwas über sie zu wissen, ist sich der Prinz umgehend seiner Liebe zu ihr sicher:
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- Anónimo,, 2022, Märchenhafte Disneyprinzen im 21. Jahrhundert. Zur Darstellung des Prinzen in Volksmärchen und in zeitgenössischen Walt Disney-Filmadaptionen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1273835
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