Anlässlich des im kommenden Herbst stattfindenden Bildungsgipfels wird die Bildungspolitik von der Öffentlichkeit derzeit mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Mit plakativen Sprüchen wie „Wohlstand für alle heißt heute Bildung für alle“ plädieren Politiker für einen bes-seren Zugang zur Bildung für alle Bevölkerungsschichten. ‚Bildung für alle’ schließt hierbei insbesondere auch diejenigen Kinder und Jugendlichen mit ein, deren Wurzeln im Ausland zu finden sind, denn die Teilhabe an der Bildung gilt für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund als wegbereitend für eine erfolgreiche Integration und zugleich als entscheidend, um am ‚Wohlstand für alle’ teilhaben zu können. Dennoch wird gerade Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund eine mangelnde Schulbildung immer mehr zum Verhängnis und das Ziel ‚Bildung für alle’ scheint bislang unerreicht.
An aktueller Brisanz gewinnt die Diskussion um die Bildung mehrsprachiger Schüler mit Migrationshintergrund nicht zuletzt durch den Bildungsbericht für Deutschland, der diesen Kindern und Jugendlichen eine deutliche Benachteiligung im deutschen Bildungssystem bescheinigt. Prinzipiell steht ihnen der Zugang zu den Bildungsangeboten zwar offen, doch legen die Erkenntnisse des Bildungsberichts die Vermutung nahe, dass die scheinbare Chancengleichheit nicht genutzt werden kann oder vielmehr als Rechtfertigung der Bildungsinstitute dient, der Bildung nichtdeutscher Schüler nicht im Wege zu stehen. Es stellt sich somit die Frage, wo die Gründe für dieses Bildungsdesiderat zu suchen sind und welchen Hindernissen Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund auf ihrem Bildungsweg gegenüber-stehen. Neben mangelnder Motivation und kultureller Differenzen beruht die Argumentationsgrundlage vornehmlich auf defizitären Sprachkenntnissen, die nichtdeutschen Schülern zur Last gelegt werden, weshalb das Feld der sprachlichen Bildung ins Zentrum dieser Arbeit gestellt wird.
Das Anliegen dieser Arbeit ist die Analyse der Bildungschancen von Kindern und Jugend-lichen mit Migrationshintergrund unter besonderer Berücksichtigung ihrer Mehrsprachigkeit.Zwar gilt die europäische Sprachenvielfalt und die Fähigkeit, in mehreren Sprachen zu kommunizieren, gemeinhin als erstrebenswert und es lässt sich auch in bildungspolitischen Diskursen der zunehmend hohe Stellenwert einer mehrsprachigen Ausbildung der Kinder und Jugendlichen erkennen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem – ausgewählte Aspekte einer systemischen Benachteiligung
- Bildung als Aspekt für die Integration in die Gesellschaft
- Menschen mit Migrationshintergrund als heterogene Gruppe
- Bildungsbeteiligung und Schulerfolg der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund
- PISA-Resultate
- Die Bildungsbeteiligung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund
- Sonderschule als Ausländerschule
- Mögliche Einflussfaktoren auf den Schulerfolg
- Zur Mehrsprachigkeit von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund
- Mehrsprachigkeit und Spracherwerb
- Begriffsbestimmung von Mehrsprachigkeit
- Erstspracherwerb
- Formen des Zweitspracherwerbs
- Erwerbsarten der Zweitsprache
- Die, zentralen Hypothesen' des Zweitspracherwerbs
- Die Transferhypothese
- Die Identitätshypothese
- Die Interlanguagehypothese
- Grenzen der zentralen Zweitspracherwerbshypothesen
- Interdependenz- und Schwellenhypothese und deren Kritik
- Mehrsprachigkeit bei Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund
- Der Zweitspracherwerb von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund
- Die Diskussion um die doppelte Halbsprachigkeit
- Spracherwerbsphänomene des mehrsprachigen Sprachgebrauchs
- Sprachmischung
- Interferenz
- Spezifischer Sprachbesitz und Sprachgebrauch in der Familie als Einflussfaktor
- Pflege der Herkunftssprache
- Spezifischer Sprachbesitz
- Diskussion: Das Sprachvermögen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund als Bildungsvoraussetzung
- Mehrsprachigkeit im deutschen Bildungssystem
- Die monolinguale Ausrichtung des Unterrichts
- Schul- und bildungsspezifische Schriftsprachlichkeit
- Lehrerbildung im multilingualen Kontext
- Entscheidungsstellen in der Bildungslaufbahn
- Selektion durch Sprachdefizite bei der Einschulung
- Empfehlung Sonderschule
- Eignungsempfehlung für weiterführende Schulen
- Problematik der Sprachstandsdiagnose
- Abschließende Diskussion
- Schluss und Ausblick
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Magisterarbeit befasst sich mit der Analyse der Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund unter besonderer Berücksichtigung ihrer Mehrsprachigkeit. Ziel ist es, die Herausforderungen und Chancen der Mehrsprachigkeit im deutschen Bildungssystem zu beleuchten und die Bedeutung der sprachlichen Ressourcen dieser Kinder für ihren Bildungserfolg zu erörtern.
- Systemische Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem
- Bildungsbeteiligung und Schulerfolg von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund
- Mehrsprachigkeit als Ressource und Herausforderung im Bildungsprozess
- Sprachliche Voraussetzungen und Defizite von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund
- Die Rolle der Schule und der Lehrerbildung im Umgang mit Mehrsprachigkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die aktuelle Debatte um die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Kontext des Bildungsgipfels und des Bildungsberichts für Deutschland beleuchtet. Sie stellt die Problematik der Benachteiligung dieser Kinder im deutschen Bildungssystem dar und führt die zentrale Fragestellung der Arbeit ein: Inwieweit ist das Sprachvermögen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund als Bildungsvoraussetzung zu sehen?
Im zweiten Kapitel werden die Herausforderungen und Chancen der Mehrsprachigkeit im deutschen Bildungssystem beleuchtet. Es werden die theoretischen Grundlagen der Mehrsprachigkeit und des Spracherwerbs erörtert, wobei die verschiedenen Erwerbsarten der Zweitsprache und die zentralen Hypothesen des Zweitspracherwerbs im Fokus stehen. Die Diskussion um die doppelte Halbsprachigkeit und die spezifischen Spracherwerbsphänomene des mehrsprachigen Sprachgebrauchs werden ebenfalls behandelt.
Das dritte Kapitel befasst sich mit der Frage, wie die Mehrsprachigkeit von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem berücksichtigt werden kann. Es werden die monolinguale Ausrichtung des Unterrichts, die schul- und bildungsspezifische Schriftsprachlichkeit und die Lehrerbildung im multilingualen Kontext analysiert. Die Entscheidungsstellen in der Bildungslaufbahn, wie die Selektion durch Sprachdefizite bei der Einschulung, die Empfehlung Sonderschule und die Eignungsempfehlung für weiterführende Schulen, werden ebenfalls kritisch beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die Mehrsprachigkeit, das deutsche Bildungssystem, die Integration, die Bildungsbeteiligung, der Schulerfolg, die Sprachstandsdiagnose, die Lehrerbildung und die Herausforderungen der Inklusion.
- Quote paper
- Carmen Fabrizek (Author), 2008, Die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund unter Berücksichtigung ihrer Mehrsprachigkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127311
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